WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
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WOHNENPLUS P.b.b. GZ 02Z032231 M, Wohnen Plus, Singerstraße 8/10, 1010 Wien FA C H M A G A Z I N F Ü R D I E Z U K U N F T D E S W O H N E N S 4|2018 Smarter Weg STANDPUNKT Ziel ist Wohnzufriedenheit und zu Leistbarkeit faire Wohnversorgung MEIN WOHNEN PLUS Leistbarkeit in der Krise? Das Wohnzimmer im Wohnzimmer Weniger ist oft mehr im Low-cost-Angebot INTERNATIONAL Smarte Bilanz beim Pionier in Wien Grundrisse für kleine Budgets Gemeinschaftliche Wohnmodelle als Chance
WOHNENPLUS FACHMAGAZIN FÜR DIE ZUKUNFT DES WOHNENS 4|2018 STANDPUNKT 2 Ewald Kirschner Ziel ist Wohnzufriedenheit und faire Wohnversorgung 4 WOHNSYMPOSIUM 4 Zwischen Angebot und Ideologie | Plus Standard-Wohnen 8 Voneinander lernen – Besichtigungstour als Vorprogramm PLUSPUNKTE 10 Kurzmeldungen aus der Wohnbaubranche in Österreich MEIN WOHNEN PLUS 12 Das Wohnzimmer im Wohnzimmer | Architektin Lisa Zentner THEMA 13 Smarter Weg zu Leistbarkeit im sozialen Wohnbau 14 Leistbarkeit in der Krise? Herausforderung für Bauträger 19 „Leistbarkeit ist in der Privatwirtschaft durchaus möglich” | Interview mit Andreas Holler 12 20 23 Weniger ist oft mehr | Projekte von Low-cost-Anbietern Smarte Bilanz beim Pionier des Wiener Wohnbauprogrammes FORSCHUNG 26 Gemeinschaftliche Wohnmodelle als Chance PRO UND CONTRA 28 Fertigteil oder Maßanzug? | Positionen von Erich Benischek versus Bettina Götz INTERNATIONAL 29 Grundrisse für kleine Budgets | Sabine Richter aus Berlin PROFIL 32 Kleinigkeiten mit großer Wirkung | Innovationen der Wohnungsgenossenschaft St. Pölten 23 WOHNEN PLUS TRENDS 34 Planen | Bauen | Wohnen | Innovationen PROFIL 36 Bewohner-Service als Gesamtsystem | Sozialbau AG RÜCKBLICK 38 Total digital – oder doch ganz normal | Freitag-Akademie AUSBLICK 39 Smart housing? Modelle für Wohnbau mit Zukunft AVISO 40 63. Wohnsymposium zum Wohnen im Klimawandel | Schwerpunkt-Themen 2019 | Freitag-Akademie für Führungskräfte | 29 Medienpartner 2018 | Impressum Coverfoto: Pionier des Smart-Wohnbauprogramms, das Wohnregal der Heimbau im Wiener Sonnwendviertel Foto: Robert Newald WOHNENPLUS . 4|2018 1
STANDPUNKT Ziel ist Wohnzufriedenheit und faire Wohnversorgung Ewald Kirschner, Generaldirektor der Gesiba, macht Mut zum großvolumigen Wohnbau, denn nicht nur Wien wächst. Der knappe Baugrund zwingt zu kompakten Lösungen. Für ihn schließen kluge städtebauliche Konzepte leistbaren Wohnraum selbstverständlich mit ein – denn gute Architektur muss nicht teuer sein, wie er im Interview erläutert. GISELA GARY S Foto: Weinwurm ie haben eine langjährige Erfah- rung im sozialen Wohnbau – wel- che Themen sind wirklich neu für Sie? Ist das Thema leistbarer Wohn- raum nicht schon längst ein Dauerthema? Kirschner: „Durchaus – wir brauchen auf Projekt zu Projekt entscheiden zu können Ewald Kirschner: „Da haben Sie Recht, jeden Fall mehr Mut zum großvolumigen und deshalb halte ich nichts von strikten aber dennoch, die Parameter haben sich Wohnbau – hier gibt es immer noch Vor- Vorgaben, die zum Teil überzogen sind verändert, so wie auch die Demografie. behalte, wobei wir ja das beste Beispiel wie sie es bspw in puncto Haustechnik Aber gerade in Wien, da hatten wir im- mitten in Wien haben: den Wohnpark Alt oder Brandschutz durchaus gibt. Gute mer schon einen starken Zuzug. Was aber Erlaa, der mit 3.200 Wohnungen und einer funktionale Architektur muss nicht teuer sicher neu als Herausforderung hinzuge- 98prozentigen Wohnzufriedenheit sensa- sein – das sieht man auch bei den Ge- kommen ist, ist das knappe Bauland. Der tionell gut funktioniert. Aber auch die Sa- meindebauten der Stadt Wien aus den Stadtentwicklungsplan 2025, Step, ver- nierung hat einen hohen Stellenwert und 20er Jahren. Ich will das bisherige Niveau langt einen Grünflächenanteil von 50 Pro- muss vorangetrieben werden – da braucht halten – und ich bin davon überzeugt, zent – da muss uns klar sein, dass wenn es vor allem politische Signale, die auch dass das mit klugen städtebaulichen Kon- wir 8.000 bis 10.000 Wohneinheiten in in Hinsicht auf unsere vereinbarten Kli- zepten auch möglich ist.“ Wien pro Jahr bauen wollen/sollen, dass maschutzziele dringend notwendig sind.“ der Baugrund zukünftig noch knapper Wie definieren Sie Wohnqualität? werden wird. Eine andere Entwicklung Welche Rahmenbedingungen wünschen Kirschner: „Das ist sicher für jeden ein betrifft jedoch die Baukosten – in den Sie sich für die gemeinnützigen Bau- wenig anders. Aber wir sehen bei Alt Er- vergangenen eineinhalb Jahren sind die- träger, um die Ansprüche an Ökologie, laa, wie die Wohnqualität seit mehreren se um gut 15 Prozent gestiegen. Da wird Leistbarkeit und soziale Nachhaltigkeit Generationen geschätzt wird – und dann es nicht leicht sein, leistbaren Wohnraum mit hoher Qualität weiterhin erfüllen zu gibt es offensichtlich auch keine Fluktu- flächendeckend anbieten zu können, da können? ation und keine Probleme. Eine kleine brauchen wir neue Ansätze.“ Kirschner: „Klarheit – vor allem. Aber ich Wohnung mit einem klug geschnittenen denke, wir können in Österreich nicht kla- Grundriss kann aber ebenso qualitätsvoll Das heißt, dass mehr in die Sanierung gen. Aber natürlich, ich finde, man muss sein wie ein Generationen-wohnen-Pro- fließen muss – und auch in Hochhäuser? als Bauträger die Möglichkeit haben, von jekt mit vielen Gemeinschaftsräumen. 2 WOHNENPLUS . 4|2018
STANDPUNKT Aber der Standard heute, mit Freiflächen nug? Können Sie sich eine Ausweitung tung der Wohnbauförderung wäre sicher bei jeder Wohnung, Anbindung an öffent- der Wohnbauförderung vorstellen? gut – aber dazu fehlen vermutlich die Mit- liche Verkehrsmittel etc., da sind wir mit Kirschner:„Die Wohnbauinitiative wurde tel, wobei natürlich die Zweckbindung da Sicherheit in puncto Wohnqualität bereits als zweite Schiene parallel zum geförder- schon helfen würde.“ Vorreiter in Europa.“ ten Wohnbau ins Leben gerufen. Das war sicher eine gute Idee. Wir haben Projekte Was halten Sie von der Idee, die Einkom- Der soziale Wohnbau kommt zusehends in beiden Systemen mit Erfolg realisiert. men der Mieter regelmäßig zu überprü- unter Druck – die Baukosten sind ein Ich finde es auch gut, dass die Initiative fen, um die Leistbarkeit in Relation zum Grund, aber auch die überteuerten Bau- fortgeführt wird, denn diese wirkt auch Einkommen behalten zu können? gründe. Sehen Sie hier einen politischen gegen die gestiegenen Grundstücksprei- Kirschner: „Ganz ehrlich? Gar nichts! Wie Willen zur Veränderung? se und ermöglicht kostengünstigen soll das funktionieren? Was ich jedenfalls Kirschner: „Ja, das ist korrekt – hier gibt Wohnraum. In diesem Zusammenhang wichtig finde, ist, dass wir uns mit den es einen dringenden Handlungsbedarf, Fördersystemen in der Zukunft ausein- ” aber ich bin davon überzeugt, dass wir andersetzen und dass hier jeglicher Miss- uns in die richtige Richtung bewegen. brauch abgewendet wird.“ Dazu zählen für mich die Ansätze zur Wohnungspolitik ist Baulandreservierung für den geförder- angewandte Sozialpolitik, wohnen ist Fair living ist das oberste Prinzip – das ten Wohnbau ebenso wie auch die neue Unternehmensziel der Gesiba. Was darf Widmungskategorie `geförderter Wohn- ein Grundbedürfnis des Menschen. ich mir darunter vorstellen? bau` in der Wiener Bauordnung. Die Der soziale Frieden kann nur Kirschner: „Für uns gilt das Fairness-Prin- Grundkosten werden dadurch im geför- zip vorbehaltlos unseren Kunden, unse- derten Wohnbau mit 188 Euro pro Quad- gehalten werden, wenn wir für eine ren Mitarbeitern und unseren Partnern ratmeter Bruttogrundfläche begrenzt. Gut hohe Wohnzufriedenheit gegenüber. Dazu zählen Offenheit, Trans- „ finde ich auch die Förderungsdauer von parenz und Vertrauen. Eigentlich ein fast 40 Jahren und den Ansatz, dass die sowie für eine faire Wohnversorgung Prinzip, das für gemeinnützige Bauträger Wohnungen weder mit Gewinn vermie- selbstverständlich ist – oder sein sollte. tet noch verkauft werden dürfen – damit sorgen. Denn schließlich geht es um Menschen. ist der Spekulation ein Riegel vorgescho- Wohnungspolitik ist angewandte Sozial- ben.“ politik, wohnen ist ein Grundbedürfnis bedauere ich es sehr, dass die Wohn- des Menschen. Der soziale Frieden kann Die Wohnbau-Initiative ist ein gutes In- bauinvestitionsbank, WBIB, nicht zu nur gehalten werden, wenn wir für eine strument zur Realisierung von mehr und Stande gekommen ist – ein Fehler, der hohe Wohnzufriedenheit sowie für eine leistbaren Wohnbauten – aber ist das ge- alle Bundesländer betrifft. Eine Auswei- faire Wohnversorgung sorgen.“ WOHNENPLUS . 4|2018 3
WOHNSYMPOSIUM Zwischen Angebot und Ideologie S Fotos: Robert Newald Kauf oder Miete scheidet die eit 2002 ist im Wohnungsgemein- Einerseits hochpolitisch – anderseits sehr nützigen-Gesetz explizit festgehal- emotional, wie Sophie Karmasin, Motiv- Geister – beim 62. Symposium ten, dass gemeinnützige Bauträger forscherin, betonte. „Wir entscheiden zur Zukunft des Wohnens gab Wohnungen auch mit Mietkaufop- nicht rational – 90 Prozent unserer Ent- tion anbieten müssen. Diese Eigen- scheidungen treffen wir intuitiv, emotio- es eine Fülle an Informationen, tumsbegründungs-Möglichkeit veränderte nal und impulsiv.“ Im Detail betrachtet, sehr unterschiedliche Ansätze die Mieterlandschaft in Österreich – aber verblüffte Karmasin mit dem Forschungs- aus den Bundesländern, und natürlich auch die Geschäftsmodelle der ergebnis, dass wir einerseits immer älter GBV. In Österreich leben rund 50 Pro- werden und anderseits 50 Prozent der zum Teil hitzige Diskussionen. zent der Bevölkerung zur Miete und 50 Jungen bis 29 noch zu Hause wohnen. Prozent im Eigentum. Naturgemäß gibt es Karmasin ist davon überzeugt, dass die eine starkes Stadt-Land-Gefälle – am Land hohen Mietpreise wie auch die überteuer- GISELA GARY steht das Eigentum immer noch hoch im ten Preise für Eigentum der Grund für das Kurs. Das Thema Kauf oder Miete ist je- beliebte Hotel Mama sind. „Überraschend doch mehr als eine ideologische Frage, ist dann für mich dennoch, dass in einer wie beim 62. Symposium zur Zukunft des Befragung 85 Prozent angaben, dass eine Wohnens deutlich wurde. Tagungsort war eigene Immobilie zu besitzen, ihr Lebens- die Aula im evangelischen Realgymnasi- ziel ist. Das hat für mich mit Macht zu tun. um im 22. Bezirk, gleich daneben gibt es Mit Eigentum erweitere ich meinen Akti- eine Volksschule und darüber ein Wohn- onsradius und natürlich mein Prestige. Da heim (siehe auch Reportage über die Be- geht es nicht um ökonomische Argumen- sichtigungstour auf Seite 8). te – sondern um Sicherheit, Eigentum gibt 4 WOHNENPLUS . 4|2018
WOHNSYMPOSIUM Michael Chalupka begrüßte die Teilnehmer als Hausherr Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer Wien, Rechtsanwalt Michael Rudnigger – des Evangelischen Realgymnasiums Donaustadt wetterte gegen das „Eigentums-Schönreden“. „Mieter ist flexibler“ und Ort des 62. Symposiums zur Zukunft des Wohnens, er ist Geschäftsführer der Diakonie Bildung. Sicherheit. Zudem existiert immer noch der Wunschtraum nach der bürgerlichen Traumfamilie – und dass man etwas zum Vererben haben möchte.“ Keine Wahlmöglichkeit Rechtsanwalt Michael Rudnigger verwies auf die Problematik, sobald es Schulden oder eine Privatinsolvenz gibt: „Bei Mie- te kein Problem, mit Eigentum kann es dann rasch eng werden.“ Das Thema Verschuldung für Immobilien beschäftigt auch die Ökonomin Elisabeth Springler. Die BFI-Professorin deutete das Potenti- al einer Blase an – denn Kredite werden mit einer immer längeren Laufzeit genom- men, die Preise sind rasant gestiegen, die Gehälter jedoch nicht. Doch auch für Springler geht es um Sicherheit als Moti- vator für Eigentum: „Für niedrige Einkom- mensklassen, die zu guten Zinsen Kredite aufgenommen haben, ergibt sich langsam „Immobilienbesitz ist das Lebensziel der Österreicher“ – Motivforscherin Sophie Karmasin ein Ungleichgewicht.“ Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte gehen müssen?“ Doch auch bezüglich der wohnung ist der Bewohner flexibel, er be- der Arbeiterkammer Wien, wetterte ge- Mietkaufoption übte Rosifka Kritik und nötigt keinen Kapitalbedarf und braucht gen das Eigentums-Schönreden: „Das ist heizte die Diskussion erst so richtig an, er sich auch nicht um die Instandhaltung doch nicht die Realität! 40 Prozent der sprach sich für eine gesetzliche Regelung sorgen,“ betonte der Geschäftsführer. österreichischen Haushalte haben weni- aus, die verbietet, dass eine Wohnung, die Martina Haas, Geschäftsführerin der ger als 32.000 Euro Jahreseinkommen – über eine Mietkaufoption erworben wur- GWS, Alpenländische Gesellschaft für diese Menschen haben nicht einmal eine de, später teuer weiterverkauft wird. Mi- Wohnungsbau in Graz, ist hingegen Wahlmöglichkeit. Eine hohe Mietquote chael Gehbauer, WBV-GPA, plädierte für komplett auf Eigentum fokussiert – je- ist für unsere Wirtschaft wichtig. Warum die freie Wahl – er hält nichts von einem doch in leistbaren Varianten: „Für eine 50 leben in der Schweiz fast 50 Prozent in Zwang, er will als Bauträger eine freiwil- Quadratmeter Wohnung werden 50.000 Miete? Warum gibt es dort einen großar- lige Miet-Kauf-Option jeweils entscheiden Euro an Eigenmittel benötigt. Im Schnitt tigen Kündigungsschutz und eine Rege- können: „Wenn geförderte Wohnungen schaffen wir 2.109 Euro pro Quadratme- lung, dass wenn die Hypothekarzinsen auf den freien Markt kommen, schwächt ter.“ Aber natürlich, räumte sie ein, gibt gesenkt werden, auch die Mieten runter das den sozialen Rückhalt. Mit einer Miet- es dafür nur gerade Baukörper und eine WOHNENPLUS . 4|2018 5
WOHNSYMPOSIUM Ökonomin Elisabeth Springler warnte vor einer Michael Gehbauer, WBV-GPA, plädiert für „freie Wahl der „Leistbares Eigentum“ bevorzugt Martina Haas, neuen Immobilienblase. Bauträger – ob Miete oder Miet-Kauf-Option“ Geschäftsführerin der GWS, Graz Thomas Malloth, Sachverständiger für das Immobilienwesen, sprach sich gegen das Errichten von Eigentum durch Die politische Debatte gemeinnützige Bauträger aus. Kauf oder Miete – da liegen Welten zwischen Johann Singer und Ruth Becher. Einigkeit bei den politischen Kontrahenten bestand Balkonlinie und eben keine architektoni- lediglich in puncto Befristung – beide sprachen sich für längerfristige schen Extras. Mietverträge aus. Mit Thomas Malloth, Sachverständi- ger für Immobilienwesen, verfielen die „Eigentum ist wichtig, ich trete dafür „Eigentum hat seine Berechtigung Teilnehmer des Symposiums endgültig in ein, dass es in den kommenden zehn und natürlich soll jeder frei entschei- hörbares Murmeln. Er erläuterte den Wil- Jahren eine klare Steigerung der Ei- den dürfen – aber besser wäre, wenn len der Regierung, Eigentum zu forcieren, gentümer gibt. Eigentum ist Teil der der Mietsektor gestärkt wird, denn als positiv: „Das bedeutet, der Regierung Selbstständigkeit, der Altersvorsorge der trägt letztlich zu einer stärkeren ist die Privat- und Individualautonomie – aber natürlich, es muss auch im Kaufkraft bei. 30 Jahre lang hohe Kre- wichtig – Eigentum ist eine stabilisierende Mietbereich einen Interessensaus- ditkosten zahlen zu müssen, wirkt da Komponente. Aber klar, es muss beides gleich und eine gute Mischung von eher kontraproduktiv. Wichtig ist uns geben – Miete und Kauf, mit einer klaren vielen Angeboten geben. Eigentum jedoch, dass auf Ressourcenschonung Rollenverteilung.“ Er sprach den Gemein- ist keine ideologische Frage – jeder geachtet wird und sozialer Wohnbau nützigen die Rolle, Eigentum zu errichten, will doch ein Haus haben. Für mich gebaut wird – und da sehe ich das jedoch ganz klar ab. stellt sich nicht die Frage, Kauf oder Eigentum nicht. Dazu wären Miet- Die politische Debatte rundete das Miete, sondern, so wie es auch im obergrenzen auf 35 bis 40 Jahre gut. Symposium ab – und bestätigte den Ein- Regierungsprogramm steht, vielmehr Wenn mehr Mietwohnungen gebaut druck des Tages: Das Thema Kauf oder verstärkt auf bodenschonende Wohn- werden, könnte man etwa, wenn sich Miete scheidet die Geister – siehe dazu bauten zu setzen.“ nach 25 bis 30 Jahren alles refinanziert nachstehenden Infokasten wie auch die hat, einen Preisschutz einführen.“ Statements der Tischdiskussionen auf Sei- Johann Singer, te 7. In jedem Fall steht aber der dringen- Bautensprecher der ÖVP und Bürger- Ruth Becher, de Bedarf an leistbarem Wohnraum wei- meister der Gemeinde Schiedlberg in Bereichssprecherin für Wohnen und terhin zur Diskussion, doch diese kann Oberösterreich Bauten der SPÖ nur politisch gesteuert werden. 6 WOHNENPLUS . 4|2018
WOHNSYMPOSIUM Lebensentscheidungen auf dem Prüfstand Für die Tischgespräche war auf die Frage „Wie kann die Politik die bestmögliche Wohnungswahl unter- stützen?“ eine griffige Antwort gesucht. Der Sieger erhielt ein kurzes Interview in der Tageszeitung „Der Standard“ (siehe Beilage) – und einen gebühren- den, tobenden Applaus des Publikums. Die Slogans wurden jeweils im Plenum präsentiert, im Anschluss wurde über die besten Sager abgestimmt. Tisch 4 | 13 Punkte Tisch 5 | 9 Punkte Tisch 2 | 8 Punkte Platz 1 Platz 2 Platz 3 Siegerslogan: Slogan: Slogan: Klare, einfache Regeln Ausreichendes Mehr Fairness durch Angebot geförderter niedrige Wohnkosten Mietwohnungen Präsentation: Heribert Thurner, Obmann der Genossenschaft Präsentation: Präsentation: Altmannsdorf und Ronald Schlesinger, Florian Huemer, Hetzmannsdorf Wohnservice Wien Weinrauch Rechtsanwälte Tisch 1 | 3 Punkte Tisch 3 | 5 Punkte Tisch 6 | 5 Punkte Slogan: Slogan: Slogan: Wohnbauförderung Wohnbau gleichwertig Calculate first – mit Augenmaß und bedarfsgerecht Onlinerechner für kaufen oder mieten Präsentation: Präsentation: Alfred Janecek, Präsentation: Evelyn Susanne Obman-Stellvertreter der Margarete Czerny, Ernst-Kirchmayr, Alpenland, St. Pölten Donauuniversität Krems Raumplanerin Tisch 7 | 4 Punkt Tisch 8 | 2 Punkte Tisch 9 | 4 Punkte Slogan: Slogan: Slogan: Haus und Hans im Glück Transparenz und Diversitäten Bedarfsgerechtigkeit unterstützen Präsentation: Christian Zenz, Präsentation: Präsentation: Bundesministerium Corinna Riedler, Armin Hanschitz, für Digitalisierung und Arbeiterkammer Fonds Soziales Wien Wirtschaftsstandort Niederösterreich Tisch 10 | 1 Punkt Tisch 11 | 5 Punkte Slogan: Slogan: Vorrang für Bewohner Bewährtes stärken und weiterentwickeln Präsentation: Präsentation: Gerlinde Gutheil-Knopp- Doris Molnar, Vorstand Kirchwald, GBV-Verband Neues Leben WOHNENPLUS . 4|2018 7
WOHNSYMPOSIUM Foto: Robert Newald Exklusive Besichtigungstour (von links nach rechts) mit Cilly Wiltschko, WBV-GPA, Alfred Petritz, Migra, Elisabeth Kapfenberger, Direktorin des Realgymnasiums, und Architektin Sne Veselinovic Voneinander lernen Die Besichtigungstour, als Vor- programm zum 62. Symposi- um zur Zukunft des Wohnens, führte durch die evangelische Schule in der Maculangasse im 22. Bezirk in Wien, mit Neuer Großzügige Freiflächen laden zum Spielen und Garteln ein – Halbunterirdischer Turnsaal – der aber dennoch Mittelschule und Realgymna- im Hintergrund das Wohnheim plus Volksschule. über viel Tageslicht verfügt. sium, über das Wohnheim und Veselinovic geplanten sogenannte „Spiel- die darunter situierte Volks- straße“ – den Gangbereichen: „Da wird schule. Ein Spaziergang durch gelesen, gelernt oder auch nur gemütlich herumgelungert. Also es spielt sich bei ein ungewöhnliches Projekt. uns keineswegs alles nur in den Klassen ab und das finde ich hervorragend.“ Die Philosophie der Schule liegt in der Viel- GISELA GARY falt an pädagogischen Ansätzen, es soll nicht nur nach einer Ideologie gelehrt werden. Offenes Lernen war bereits in D ie Kombination ist nicht alltäg- der Ausschreibung als Forderung formu- Elisabeth Kapfenberger erläutert das pädagogische Konzept – lich – unten Schule, oben Wohn- liert wie auch dass es keine monofunk- dem die Architektur optimal folgte. heim für temporäres Wohnen tionale Bereiche geben soll. Die Klassen und gleich daneben noch eine sind in Cluster eingeteilt, es gibt mehre- unter der Erde sind, dennoch Licht in den Schule. Doch die Idee dahinter ist vor re Jahrgänge, die gemeinsam in einem Turnsälen.“ Über die Freiflächen kommt allem eine: Voneinander lernen steht im Cluster untergebracht sind. „Das hat den man zur Volksschule und zum Wohnheim. Zentrum bei dem Projekt an der Maculan- Vorteil, dass die Kleinen von den Großen straße/Ecke Wagramer Straße. Sne Vese- lernen – und umgekehrt“, erläutert Vese- Viel Tageslicht linovic ist die Architektin der Gebäude: linovic. Auffallend hell und freundlich ist Die Volksschule der Stadt Wien wurde von Das evangelische Gymnasium für rund die Schule – die Farben waren auch der der Wohnbauvereinigung für Privatange- 600 Schüler, die Volksschule für 225 Schü- Architektin wichtig, als Orientierung für stellte, WBV-GPA, errichtet. Schule und ler und das Wohnheim mit 113 Einhei- die Schüler. Über das Stiegenhaus gelangt Wohnheim in einem Haus, das klingt un- ten von 25 bis 45 Quadratmeter Größe, man entweder auf Terrassen oder auch gewöhnlich – Cilli Wiltschko von der WBV- plus Freiflächen. Elisabeth Kapfenberger, in den Garten, der großzügig mit Sport- GPA erklärte dazu: „Multifunktionalität Direktorin der evangelischen Schule mit platz und Anbauflächen angelegt ist. Die ist die Zukunft der Stadt, davon sind wir Neuer Mittelschule und Gymnasium, be- beiden Sporthallen sind halb eingegraben überzeugt. Wir haben mit solchen Kombi- richtete stolz von den Erlebnissen mit den – der ganze Stolz von Veselinovic: „Klug nationen bereits Erfahrung – das ist über- Kindern wie mit der von Architektin Sne geplant, gibt es, obwohl wir hier schon haupt kein Problem.“ Für die Architektin 8 WOHNENPLUS . 4|2018
WOHNSYMPOSIUM Handy spielen, ausruhen oder lernen – alles ist erlaubt und erwünscht in der coolen Schule. ren Flächen der Volksschule darunter in cher – die allesamt beeindruckt von dem Einklang bringen.“ Veselinovic staffelte Konzept und den Gebäuden waren. Noch die gartenseitigen Stockwerke nach oben dazu, wo sich Architektin Veselinovic erst- hin, damit die Klassen darunter viel Ta- mals auf´s Schulparkett wagte – das aber geslicht haben. mit nachhaltigem Erfolg. Bauherr des Wohnheims ist die Migra, Alfred Petritz, Geschäftsführer der Migra, zeigt stolz die Wohnungen mit Terrasse: „Die Nachfrage war gewaltig – das hat uns selbst überrascht. Aber der gesamte Gebäudekomplex ist auch sehr ausgetüf- telt geplant – so sind die Schule und das Wohnheim beispielsweise so ineinander war das Projekt eine besondere Heraus- verschränkt, dass beide Einheiten einen forderung: „Wir haben hier komplett un- Lift benützen können.“ Die Besichtigungs- terschiedliche räumliche Anforderungen. tour endete in der multifunktionalen Aula Ich musste die kleinstmögliche räumliche der evangelischen Schule – mit einem Struktur des Wohnheims mit den größe- Mittagsimbiss. Schön, das Fazit der Besu- Architektin Sne Veselinovic ist die Planerin aller Gebäude. WOHNENPLUS . 4|2018 9
PLUSPUNKTE PLUS MARIETTA ADENBERGER PUNKTE Foto: Wohnservice Wien/Ludwig Schedl Wiener Gemeindebauchor und der Verlust sozialer Netze, moniert In Wien werden wieder Gemeindewoh- die AK. „Große Immobiliengesellschaf- nungen gebaut. Die ersten 120 davon ten, die über hundert Wohnungen ver- sind in der Fontanastraße in Favoriten fügen, sollen diese nur mehr unbefristet in Arbeit – sie sollen Ende nächsten Jah- vermarkten dürfen“, fordert AK-Wien-Prä- res fertig sein. Rund 300 weitere sind ab sidentin Renate Anderl, die allerdings ein- kommendem Jahr am Handelskai 214 räumt, dass für vermietende Privatperso- anstelle einer Garage in Planung. Auch nen bei einem Eigenbedarf die Befristung die Seestadt Aspern zieht mit: Ab Herbst weiter möglich sein soll. 2019 wird die gemeinsame Tochtergesell- schaft von Gesiba und Wiener Wohnen, Wigeba, 75 Wohneinheiten auf Baufeld Compliance für Gemeinnützige Foto: Herbst/pov H4 errichten – mit Größen zwischen 35 Unternehmen mit Gemeinnützigkeitsstatus und 70 Quadratmetern. Vergeben wer- haben aufgrund ihrer im Wohnungsge- den sie unbefristet zu einer Bruttomie- meinnützigkeitsgesetz formulierten sozia- te von 7,50 Euro je Quadratmeter. Die len Verantwortung eine herausgehobene Immo-Oscar für Studentenheim Pläne stammen von Wimmer + Partner gesellschaftspolitische Stellung. Das bereits Eine der Trophäen des ersten FIABCI Architekten. 4. Forum Aufsichtsrat der Wohnen Plus Prix d´Excellence Austria ging an ei- Insgesamt sollen bis 2020 rund 4.000 Akademie setzte sich mit dem Thema nen gemeinnützigen Bauträger. WBV- neue Gemeindewohnungen auf Schiene Compliance auseinander. Strukturierte Pro- GPA-Chef Michael Gehbauer nahm im sein, heißt es aus dem Büro von Wohn- zesse und definierte Verantwortlichkeiten Oktober den Preis für die in Zusam- baustadträtin Kathrin Gaal. Damit dürfte machen die Einhaltung von Gesetzen, menarbeit mit Lang Consulting und F2 der 1. Wiener Gemeindebauchor bald Verordnungen und internen Richtlinien Architekten errichteten PopUp dorms Zuwachs bekommen. Er feierte heuer leichter. Worauf der Aufsichtsrat dabei Seestadt in der Kategorie Wohnen/ übrigens sein zehnjähriges Jubiläum, was in der Praxis besonders achten muss, er- Neubau entgegen. Die Jury lobte das mit zwei Konzerten im Herbst zelebriert klärten die Aufsichtsrat-Experten Andreas Studentenheim für seine Nachhaltig- wurde. Seit 2008 ist der Chor mit viel Sommer und Bernd Scherz. Im November keit auf mehreren Ebenen und hob die Herz bei der Sache und ist immer wie- widmete sich ein Spezial-Seminar der Bi- flexibel nutzbaren, kostengünstigen der bei zahlreichen Auftritten im Wiener lanzanalyse, das Dezember-Thema sind Räume sowie die Zwischennutzung ei- Burgtheater oder beim Internationalen die Aufgaben und Haftung von Organen nes Bauplatzes hervor. Adventsingen im Rathaus zu hören. und am 30. Jänner 2019 geht es in der Von 50 Einreichungen wurden in Aufsichtsrat-Akademie um Risikomanage- der Grand Hall am Erste Campus in ment und das interne Kontrollsystem IKS. Wien noch vier weitere Projekte aus- Gegen befristete Mietverträge gezeichnet: Havienne appartements au Die Arbeiterkammer setzt sich dafür ein, bord in Wien (Altbau), das C&P Immo- dass Befristungen von Mietverträgen Natur trotz Neubau bilien AG Headquarter in Graz (Büro), weitgehend untersagt werden. Laut Statis- Wie eine Stadt trotz neuer Bauprojekte Hotel Schani Wien (Hotel) und das tiken des Mikrozensus 2017 sind bereits grüner werden kann, diskutierten un- Sammlungs- und Forschungszentrum rund drei von vier neuen gewerblichen längst Experten auf einer Veranstaltung, der Tiroler Landesmuseen in Hall (Spe- Mietverträgen im Schnitt auf etwa fünf organisiert von der Internationalen Bau- zialimmobilien). Die tollen Projekte Jahre befristet. In Wien sind es sogar sie- ausstellung Wien (IBA Wien) und dem zeigten, dass der gesellschaftliche Nut- ben von zehn. Auch bei den bestehenden Futurelab der TU Wien. Alles vor dem zen von Immobilien verstärkt in den Verträgen nimmt der Befristungsanteil Hintergrund, dass es in den Städten im- Fokus rücke, so FIABCI-Austria Präsi- laufend zu. Schon jeder zweite aufrechte mer mehr Hitzetage gibt. Die bekannte dent Eugen Otto. Im Mai 2019 nehmen Mietvertrag ist in Österreich somit befris- deutsch-niederländische Stadtplanerin die fünf Sieger nun auch am internati- tet – etwa 650.000 Menschen sind davon Helga Fassbinder, die für eine Renaturie- onalen FIABCI World Prix d‘Excellence betroffen. Die Konsequenzen: Erzwun- rung der Städte eintritt, verwies darauf, in Moskau teil. gene Umzüge, damit verbundene Kosten dass „Entsiegelung durch dichten Neu- 10 WOHNENPLUS . 4|2018
PLUSPUNKTE Wiener Projektentwicklung Kallco gelun- gen. Gemeinsam wolle man in den nächs- ten Jahren rund 1.400 Wohnungen im leistbaren Segment umsetzen. Die WAG reüssiert mit aktuell 22.800 Wohnungen, einem Umsatz von rund 130 Millionen Euro und einem Bau- und Instandhal- tungsvolumen in Höhe von 70 Millionen Euro im Jahr 2017. Foto: Gert Zechner Aufgepeppter Schlichtbau Wohngebäude aus den 1950ern sind schöner als ihr vorauseilender Ruf. Das bau“ möglich sei. Als aktuelles Beispiel Wiener Sonnwendviertel, das die BWS beweist ein Projekt in Bremerhaven, das nannte sie das von ihr und dem 2016 Wien begleitet hat, die Baugruppe „Bi- heuer mit dem Deutschen Bauherren- verstorbenen Architekten Harry Glück kes&Rails“, die mit der Familienwohn- preis und dem Bremer Wohnbaupreis initiierte Bauprojekt „Biotope-City“, das bau beim Hauptbahnhof 18 Wohnungen ausgezeichnet wurde. Die Städtische derzeit auf den ehemaligen Coca-Co- errichtet hat, oder das Projekt „Gleis 21“ Wohnungsgesellschaft Bremerhaven hat la-Gründen in Wien entsteht. Blattgrün der Schwarzatal. Zur Partizipation wurde einer unattraktiven Wohnanlage neues sei immer noch die effizienteste und ein eigener Leitfaden entwickelt, der auf Leben eingehaucht und ihr einen völlig kostengünstigste Methode, um Gebäude www.smartcities.at abrufbar ist. neuen Stil verpasst: Verglaste Laubengän- zu kühlen. Wie Gebäudebegrünung ge- ge, großzügige Balkone, Mietergärten, lingt, darüber informiert der Info-Con- Solarpaneele am Dach und ein begrün- tainer namens „Mugli“, ein Projekt der Ausbau der Chefetage ter Innenhof machen den ehemaligen Kompetenzstelle für Bauwerksbegrünung In der oberösterreichischen WAG-Gruppe typischen Schlichtbau zum Hingucker. „Grünstattgrau“. Das begrünte Anschau- ist die Geschäftsführung breiter gewor- Ein zentrales Element der Revitalisierung ungsobjekt tourt derzeit durch Österreich den. Gerald Aichhorn wurde zum Nach- sind die vor Wind und Wetter geschütz- und betreibt fleißig Bewusstseinsbildung. folger von Wolfgang Schön bestellt, der ten „Living Streets“ – zu Wohnstraßen www.gruenstattgrau.at per Ende März 2019 in Pension geht. Aich- umfunktionierte Laubengänge, die eine horn war zuletzt Geschäftsführer der IHC lebendige Nachbarschaft fördern sollen. Holding & Consulting GmbH. Ebenfalls Ein heller Gemeinschaftsraum dient als Mitbestimmung im Wohnbau zum Mitglied der Geschäftsführung be- zusätzlicher Treffpunkt. Die Baukosten Mitbestimmung bei Sanierungen oder in stellt wurde Horst Irsiegler, derzeit Leiter beziffern die Verantwortlichen auf rund der Planung von Bauvorhaben – das wol- des Assetmanagements der WAG. Damit 1.700 Euro pro Quadratmeter – das sei len gemeinnützige Bauträger Wohnungs- werde man ein bewährtes Geschäftsmo- rund 30 bis 50 Prozent günstiger, als es suchenden und Mietern verstärkt bieten. dell fortsetzten, so Reinhard Schwendt- ein Neubau gewesen wäre. Für die geför- Karl Wurm und Alfred Graf vom Öster- bauer, Vorstand der Raiffeisenlandesbank derten Wohnungen zahlen die Mieter 5,60 reichischen Verband gemeinnütziger OÖ und WAG-Aufsichtsrats-Vorsitzender, Euro pro Quadratmeter. Auch bei den Be- Bauvereinigungen betonen, dass Partizi- der auch Expansionspläne ankündigte: triebs- und Energiekosten kann gespart pation zwar mit Aufwand verbunden sei, „Die neuen Märkte in Wien und Graz sol- werden: Den am Haus erzeugten Strom bringe aber langfristig Vorteile: Entste- len weiter intensiviert werden.“ In Wien bietet die StäWog über eine Tochtergesell- hende nachbarschaftliche Beziehungen sei der Markteintritt mit dem Ankauf der schaft als Mieterstrom an. können zu einer hohen Identifikation mit dem Wohnumfeld beitragen. Einige Positivbeispiele: Das Moder- nisierungsvorhaben der Schwarzatal in der Wiener Meißauergasse war auf hohe Skepsis gestoßen. Dank der Entwicklung eines altersgerechten Konzepts mit den Bewohnern konnte aber viel Verstim- mung aus dem Weg geräumt werden. Auf einen weiteren Erfolg kann die Salz- burg Wohnbau beim Sanierungsprojekt “Steigflug” zurückblicken. Beim Wiener Projekt “In der Wiesen” von Volksbau, BWSG, ÖVW, EBG und Eisenhof in Wien Liesing können die künftigen Bewohner bei den Gemeinschaftsgärten mitplanen. Foto: Bernd Perlbach Noch einen Schritt weiter in Punkto Par- tizipation gehen Baugruppen wie das Projekt „KooWo“ bei Graz, „SOVieSo“ im WOHNENPLUS . 4|2018 11
MEIN WOHNEN PLUS Foto: Czaja Das Wohn- der Inneneinrichtung mit. Sie betreibt der Wohnung bildet, sind die übrigen ein Architekturbüro im Sonnwendvier- Räume durch eine raumhohe Schrank- tel, in dem sie auch Kurse und Seminare wand aus durchgefärbtem, schwarzen zimmer im anbietet, und wohnt gerademal 100 Me- ter Luftlinie von ihrem Studio entfernt. MDF vom Hauptraum abgetrennt: Bad, Toilette, Schlafzimmer. Und sogar für ei- Wohnzimmer „Ich kannte dieses Projekt schon nen kleinen, komplett leer belassenen, von der Wettbewerbsphase an und asketisch gestalteten Übungsraum hat wusste: Wenn jemals der Zeitpunkt da sich noch Platz gefunden. ist, meine Altbauwohnung im vierten „Die MDF-Schränke waren ein Son- Die Wiener Architektin Lisa Bezirk aufzugeben und in einen barri- derwunsch. Ich wäre ehrlich gesagt Zentner wohnt seit drei Jahren erefreien Neubau zu ziehen, um einen nur ungern in eine fixfertige Gipskar- neuen Lebensabschnitt zu starten, dann ton-Wohnung eingezogen. Schließlich im „Wohnzimmer“ genannten ” jetzt.“ Gesagt, getan. Seit 2014 bewoh- Komplex im Sonnwendviertel. nen sie und ihr Mann Wolfgang Kathan In gewisser Weise „ eine 94 Quadratmeter große Dachge- Am meisten schätzt sie die Großzügigkeit der Räume. schoß-Mietwohnung mit 48 Quadrat- metern Terrassenflächen, auf denen in komme ich in dieser Wohnung Und dass sie sich als Gestalterin der warmen Jahreszeit Kräuter, Toma- wunderbar zur Ruhe. ten, Oleander gedeihen. Es ist eine von in den Innenausbau einbringen insgesamt 427 Wohnungen, welche die konnte. Bauträger Neues Leben, Neue Heimat, will man sich als Architektin und Ge- EBG und Mischek unter der eigens für stalterin auch noch irgendwo einbrin- WOJCIECH CZAJA dieses Bauvorhaben gegründeten Dach- gen.“ Es sei ein wirklich tolles Projekt, marke „win4wien“ errichtet und mittels in dem viele innovativen Konzepte an- Brücken zu einer zusammenhängenden gewandt und ausprobiert wurden, meint Stadt in der Stadt verbunden haben. Die Zentner, darunter etwa ein Kino, einen D er Tisch, sagt sie, sei aus Zir- Planung dafür stammt von Klaus Kada, Theatersaal, ein Marktstand, eine riesi- benholz. Das beruhige den Studio Vlay mit Lena Streeruwitz und ge Gemeinschaftsküche und sogar eine Herzschlag. Daher sei das Holz Riepl Kaufmann Bammer Architektur. Schwimmhalle mit angeschlossenem bei den in den Alpen lebenden Wellness-Center. Über eine eigene Fa- Bauern und Bergleuten von jeher auch Schönes Raumgefühl cebook-Gruppe wird die Benützung der so beliebt gewesen. „Und ja… In gewis- „Im Altbau hat man ein schönes Raum- Räumlichkeiten koordiniert. „Das sind ser Weise komme ich in dieser Wohnung gefühl aufgrund der großen Raumhö- tolle Einrichtungen, die beweisen, wel- tatsächlich wunderbar zur Ruhe. Es ist he“, so Zentner. „Hier hingegen stellt che Qualität man im Wohnbau erzielen die beste Wohnung, in der man sich vor- sich die Großzügigkeit durch die Zim- kann. Schade finde ich es nur, dass das stellen kann, alt zu werden.“ Lisa Zent- merachsen, Fensterflächen und weit in Schwimmbad leider erst um 13 Uhr auf- ner ist Architektin und Consulterin. Die die Ferne reichenden Ausblicke dar. Ich sperrt. Das versperrt vielen, die in der 54jährige betreute und prüfte bereits möchte dieses Gefühl nie wieder mis- Früh zum Tagesstart gerne ein paar Län- viele, viele Wettbewerbe und wirkte sen.“ Während die Wohnküche mit Ess- gen ziehen würden, den Zugang. Solche beim Wiener Geriatriekonzept von 2008 tisch, Stahlregalen und einigen präzise organisatorischen Details müssten noch bis 2016 als Leiterin und Koordinatorin platzierten Kunstwerken das Zentrum optimiert werden.“ 12 WOHNENPLUS . 4|2018
THEMA Foto: Robert Newald Leistbarkeit ist die DNA des sozialen Wohnbaus. Doch wie kann sie beibehalten werden, in Zeiten des Kostendrucks bei Bauträgern und der stagnierenden Einkommen bei Bewohnern? Sind die „goldenen Zeiten“ vorbei? Müssen die Gemeinnützigen alleine die schwerer gewordene Verantwortung für leistbares Wohnen schultern, oder ist auch die Politik gefragt? Sind Initiativen wie das Smart-Wohnbau- programm erfolgreich? Kurzum: Welcher Weg ist denn wirklich ein Smarter Weg zu Leistbarkeit und wer muss dazu welchen Beitrag leisten? Und – was ist das eigentlich genau: Leistbarkeit? Der aktuelle Stand der Diskussion wie auch Best-Practice-Beispiele und visionäre Ansätze für neue Zugänge zu kostengünstigem Wohnraum für Bauträger als auch Bewohner, spiegeln ein buntes Bild wider, das zeigt, dass leistbares Wohnen ohne Verlust der gewohnten Qualitäten durchaus umsetzbar ist. WOHNENPLUS . 4|2018 13
THEMA Leistbarkeit in der Krise? Zwar steht Österreich im europäischen Vergleich noch gut da, doch sind auch hier neue Lösungen gefordert. Trotz einer Vielzahl an smarten Wegen – leistbarer Wohnraum ist mehr denn je die größte Herausforderung der Bauträger. MAIK NOVOTNY Foto: Robert Newald Wohnhausanlage„Wohnregal“ im Wiener Sonnwendviertel, ein ambitioniertes Projekt der Heimbau, geplant von Geiswinkler Architekten. H eute könnten wir das nicht Pro Kind werden 371 Euro, pro weiterem für immer mehr Menschen unleistbar zu mehr finanzieren.“ So ließ sich Erwachsenen 618 Euro dazugezählt. werden. Gleichzeitig steigt der Wohn- ein Bauträger vernehmen, als Ein Aufwand von 25 bis höchstens bedarf für junge Berufsstarter, Senioren, der WohnenPlus-Praxis-Check 30 Prozent des Nettoeinkommens fürs Singles und Alleinerzieher. Einer der im Wiener Sonnwendviertel Station beim Wohnen gilt als Obergrenze der Leist- Gründe, warum die Stadt Wien 2012 das ” Projekt „Wohnregal“ machte, und deutete barkeit. Noch steht Österreich hier im vielsagend in Richtung der Wohnanlagen internationalen Vergleich gut da (siehe zwischen Sonnwendgasse und Helmut- Infokasten Seite 17), doch die Armuts- Wir stehen schon Zilk-Park mit ihrem teils reichhaltigen gefährdung betrifft immer mehr. „Die mit dem Rücken zur Wand. „ Angebot an Gemeinschaftsräumen. Dass durchschnittliche Mietbelastung bei den man sich im geförderten Wohnbau vieles jungen Arbeitnehmer-Haushalten beträgt Aber im internationalen Vergleich nicht mehr leisten könne, was noch vor rund ein Viertel des monatlichen Haus- fünf bis zehn Jahren möglich war, hört haltsnettoeinkommens“, befand schon sind wir im Paradies. man heute immer öfter. Die goldenen 2014 eine Studie der Arbeiterkammer. Im Robert Korab Zeiten, so der Konsens, seien vorbei. privaten Mietsektor belaufe sich diesel- Büro raum&kommunikation Leistbarkeit ist die Essenz des sozi- be auf rund 28 Prozent, im geförderten alen Wohnbaus. Ist diese Leistbarkeit in Segment auf rund 25 Prozent. Das klingt, Smart-Wohnbauprogramm ins Leben rief der Krise? Nicht nur für Bauträger wird als sei man auf der sicheren Seite. Doch – mit einer maximalen Bruttomiete von der Kostenrahmen immer enger, auch für 15 Prozent der Haushalte sei es aus 7,50 Euro, maximal 60 Euro Eigenmit- in der Zielgruppe haben sich die Bedin- finanziellen Gründen zumindest bei län- teln pro Quadratmeter und einem Jah- gungen verändert. 1.563.000 Menschen geren Kälteperioden nicht möglich, die reseinkommen von (damals) nicht mehr waren in Österreich laut Statistik Austria Wohnung angemessen warm zu halten. als 25.690 Euro pro Person oder 38.280 im Jahr 2017 armuts- oder ausgrenzungs- Euro für einen Zweipersonenhaushalt – gefährdet – das sind 18,1 Prozent der Smarte Lösungen beim Nachweis des begründeten Wohn- Bevölkerung. Als Schwelle für Armuts- In Zeiten von steigenden Lebenshal- bedarfs. gefährdung galt 2017 ein Monatseinkom- tungskosten und stagnierenden Einkom- Heute sind knapp 1.500 Smart-Woh- men von 1.238 Euro für Alleinlebende. men droht auch das leistbare Wohnen nungen fertiggestellt. Wie etabliert dieser 14 WOHNENPLUS . 4|2018
THEMA Wohntypus inzwischen ist, zeigte sich im September bei der Wohnmesse, auf der ein Möbelhersteller ein 1:1-Modell einer Smart-Wohnung aufbaute, um zu de- monstrieren, wie diese vorschriftsgemäß mit Standardmöbeln eingerichtet wer- den kann. Im Mai 2018, zur Amtsüber- gabe von Michael Ludwig an die neue Wohnbaustadträtin Kathrin Gáal, startete das neueste Wiener Wohnbauprogramm, das 13.800 geförderte Wohneinheiten bis 2020 auf Schiene bringen will, gekoppelt mit einer Neuregelung der Wohnbauför- derung wie der Streichung der Baukos- tenobergrenze von 1.800 Euro pro Qua- Foto: Robert Newald dratmeter. Ambitioniert – doch genügt das, um den Bedarf abzufedern? Und erreicht das Smart-Wohnbauprogramm wirklich jene, Das „Wohnregal“ verfügt über bunte Boxen, die allen zur Verfügung stehen. Obmann Peter Roitner ist darauf stolz. die den Wohnraum am dringendsten brauchen? Auch beim Praxis-Check im „Bei vielen Wohnbauträgern in Deutsch- men von 2.200 Euro. Werte, die deutlich „Wohnregal“ (Bauträger: Heimbau, Ar- land gilt heute, dass 40 Prozent des Net- unter denen bei normalen geförderten chitekten: Geiswinkler & Geiswinkler), toeinkommens für die Miete abschöpfbar Wohnungen liegen. „Was das für den das aus dem ersten Bauträgerwettbewerb sein muss. Dadurch kommt es zu einer Einzelnen für die Leistbarkeit bedeutet, mit Smart-Wohnungen hervorging, wurde Privatisierung von Gewinnen – mit Kos- hängt jedoch von der Lebenssituation über den Begriff der Leistbarkeit disku- ten, die die Gesellschaft tragen muss.“ ab“, so Roitner. tiert (mehr dazu im Bericht ab Seite 23). Doch wer sind nun die Bewohner „Die enorme Nachfrage zeigt, dass der Smart-Einheiten, und was verdienen Leistbarkeit und Wohnungskrise wir genau das richtige Modell anbie- sie tatsächlich? Heimbau-Geschäftsführer Soziale Durchmischung, wie sie in den ten“, verteidigte der Wohnfonds-Vize- Peter Roitner hat die Zahlen parat: Bei Wohnanlagen mit Smart-Anteil praktiziert geschäftsführer Dieter Groschopf das den Smart-55-Typen beträgt die durch- wird, bleibt eine der wichtigsten Richt- Smart-Programm als richtige Idee zur schnittliche Haushaltsgröße 1,24 Perso- linien. Auch Wolfgang Förster, langjäh- richtigen Zeit. „Mit dem vorgeschriebe- nen und das Haushaltseinkommen netto riger Leiter der Wiener MA 50 (Magis- nen Anteil von einem Drittel ist aller- 1.400 Euro. Bei den Smart-70-Typen sind tratsabteilung für Wohnbauforschung) dings ein Volumen erreicht, dass man es rund drei Personen und ein Einkom- unterstreicht diesen Aspekt in der soeben nicht steigern kann, und die Konditionen sind auch längst am Limit.“ Ein guter Richtwert „Bei einem Medianeinkommen von 1.700 Euro netto kostet eine Smart-Wohnung ein Viertel des Einkommens, selbst, wenn wir günstig bauen“, so Robert Korab vom Büro raum&kommunikation. „Wir stehen schon mit dem Rücken zur Wand. Aber im internationalen Vergleich sind wir im Paradies“. Wichtig sei die soziale Nach- haltigkeit und die Vermeidung von Ghet- tos. Denn bei einem Wohnkostenanteil von 50 Prozent am Einkommen verschär- fe sich die Ungleichheit, weil sich die Menschen auch die Bildung nicht mehr leisten könnten, so Korab. Eine zahlenmäßige Fixierung bei der Bemessung des Aufwands für Wohnen sei angesichts der Ausdifferenzierung der Gesellschaft zwar schwierig, so der Wohnbauforscher Joachim Brech, doch sei der maximale Anteil von 25 Prozent Foto: Buwog am Nettoeinkommen ein guter Richtwert. Auch er sieht Österreich im internationa- len Vergleich noch als Land der Seligen. Dichter Mix aus Eigentum und Miete: Wohnanlage Rivus der Buwog in Wien-Atzgersdorf. WOHNENPLUS . 4|2018 15
THEMA Foto: Andreas Buchberger Smart-Wohnen der Sozialbau AG in Wien-Simmering, Architektur von Lorenz Ateliers. erschienenen Publikation „Das Wiener „Die Wohnungen basieren auf intelligen- und geförderte Wohnungen vereint (Ar- Modell 2 – Wohnbau für die Stadt des ten Komplettlösungen, die gut durch- chitekten: BEHF, Hillinger-Mayrhofer und 21. Jahrhunderts“: „Vor allem in der gegen- dacht und alltagstauglich sind. Kompakte Lorenz Ateliers). In den Bauteilen Rivus I wärtigen Debatte wird hervorgestrichen, Grundrisse sorgen dafür, dass alle Wohn- und II werden ausschließlich Eigentums- dass Wohnen einen Teil der Daseinsvor- flächen optimal genutzt werden können. wohnungen (Quadratmeterpreis zwi- sorge darstellt, also ebenso wie Bildung, Mietkosten für nicht unbedingt nötige schen 3.500 und 4.000 Euro) angeboten, Gesundheit oder öffentlicher Verkehr Flächen werden vermieden“, so die Ar- in Rivus III insgesamt 181 Mietwohnun- nicht zur Gänze den Marktgesetzen un- chitekten. Auch drei Jahre nach Bezug ist gen im Rahmen der Wiener Wohnbau- terliegen kann. Wohnen bildet gemäß hier kein Qualitätsunterschied zum sons- initiative, die im August 2018 übergeben internationalem Recht explizit auch ein tigen geförderten Wohnbau in der Nach- wurden. Der bereits 2017 bezogene Bau- Menschenrecht. Strittig ist nur, wem der barschaft spürbar. teil Rivus Quartus an der Breitenfurter soziale Wohnbau zu Gute kommen soll: Straße wurde als Mix von 30 Eigentums- nach derzeitiger Ansicht der EU-Kommis- Breiter und bunter Mix und 100 Mietwohnungen errichtet. Die sion nur einem kleinen Kreis wirklich Ar- Einen breiter aufgestellten Mix in einem auffällige rote Blechfassade setzt hier ein mer, nach Ansicht vieler NGO und vieler ähnlich groß angelegten Stadtentwick- Zeichen, dass auch im Mietwohnungsbe- Städte auch Haushalten der Mittelschicht, lungsgebiet realisiert die Buwog zurzeit reich trotz sehr hoher Bebauungsdichte um das Entstehen von stigmatisierten So- auf den ehemaligen Unilever-Gründen in ein gewisser Qualitätsanspruch besteht, zialghettos zu verhindern.“ Wien-Atzgersdorf. Unter dem Projekttitel ohne sichtbaren Unterschied zu den frei- Rivus I, II, III und Rivus Quartus, der auf finanzierten Bauteilen. Ein Supermarkt, Leistbarkeit und Qualiltät den nahen, allerdings wenig flussartigen, ein Kindergarten und eine Volksschule Trotz dieser Krisenszenarien sind die Liesingbach verweist, sind freifinanzierte werden ebenfalls auf dem Areal errich- Bauträger weiterhin aktiv bemüht, Leist- barkeit und Qualität im Wohnbau im Gleichgewicht zu halten. In den Bau- träger-Wettbewerben mit Smart-Woh- nungs-Anteil wurden zahlreiche Möglich- keiten dieser Typologie ausgelotet, von seriell-flexibler Anordnung wie im Wohn- regal bis zu Grundrissen, die den Anteil an Verkehrsflächen minimieren. Ein weiterer Frühstarter im Programm, kurz nach der Anlage im Sonnwendvier- tel, wurde in Wien-Simmering, 2012 bis 2015 realisiert. 250 der insgesamt 469 Wohneinheiten sind hier smart, die Stadt Wien steuerte 22,3 Millionen von insge- samt 56,5 Millionen Euro Baukosten an Fördermitteln bei. 140 Wohneinheiten Visualisierung: www.oln.at umfasst der vom Büro Lorenz Ateliers für die Sozialbau AG realisierte Bauteil, der auch einen Kindergarten beinhaltet. Alle Smart-Wohnungen wurden mit Loggien, Balkonen oder Terrassen ausgestattet, die Grundrisse auf Nutzbarkeit hin optimiert. Bewegung als integrativer Faktor: Seebogen Aktiv von AH und Neues Leben in der Seestadt Aspern. 16 WOHNENPLUS . 4|2018
THEMA tet. Obwohl nicht gemeinnützig, ordnet die Buwog selbst 90 Prozent ihres Miet- wohnungsbestandes und 85 Prozent ihrer Eigentumswohnungen in die Kategorie „leistbar“ ein (siehe Interview Seite 19). Ein noch bunterer Mix kündigt sich auf dem Baufeld G12A in der Seestadt Aspern an, für das Neues Leben und die Gemeinnützige Siedlungsgenossenschaft Altmannsdorf und Hetzendorf zusammen den Bauträgerwettbewerb gewannen. Visualisierung: Schreiner Kastler Unter dem Titel „seebogen:aktiv“ werden 218 Wohnungen errichtet, darunter 81 ge- förderte Mietwohnungen, 41 Smart-Woh- nungen mit Superförderung, 51 geför- derte Eigentumswohnungen und 45 freifinanzierte Wohnungen (Architekten: Leistbarkeit plus soziale Integration: Die Preyerschen Höfe der Gesiba in Wien-Favoriten. Einszueins und Tillner & Willinger). Die Smart-Wohnungen sollen auf alle Häu- ser über alle Geschosse verteilt werden und in allen Größen angeboten werden. Was ist noch leistbar? Zusätzlich werden „smartfähige Wohnun- Rund 25 Prozent des Nettoeinkom- gen“ konzipiert, die leistbares Wohnen mens müssen hierzulande für Wohn- auch außerhalb des Smart-Wohnbaupro- kosten bezahlt werden. Laut Eurostat gramms ermöglichen sollen. Unter dem liegt Österreich damit deutlich unter Begriff „Smart+“ werden Plug-In-Räume dem EU-Durchschnitt. In Deutsch- im Gangbereich vor den Wohnungen an- land, wo die Wohnungsgemeinnützig- geordnet, die als Waschküchen, Winter- keit 1990 abgeschafft wurde, herrscht gärten oder Kinderwagenräume genutzt heute eklatanter Wohnungsmangel. werden können. Zusätzliche Flex-Einhei- Experten sprechen von einem Defizit ten können bei Bedarf als Arbeitsraum von etwa einer Million Wohneinhei- oder Jugendwohnung temporär dazu ge- ten. 40 Prozent der Haushalte in den mietet werden. Großstädten zahlen mehr als 30 Pro- Grafik: Housing Europe zent für die Miete, das entspricht 8,6 Soziale Integration Millionen Menschen. Dies ergab eine Besondere integrative Funktion kommt von der Hans-Böckler-Stiftung geför- bei seebogen:aktiv – wie der Name schon derte Studie an der Humboldt-Univer- andeutet – dem Sport und der Bewe- sität Berlin. Gut eine Million Haushal- Leistbarkeit in Gefahr: Überlastete Haushalte, die mehr als gung zu. Schon seit Beginn wird mit der te müssen sogar mehr als 50 Prozent 40 Prozent des Einkommens für Wohnkosten aufwenden, Sport-Union kooperiert. Eine Boulder-Bar ihres Einkommens für die Miete auf- im Europa-Vergleich. und ein Yoga-Raum sind vorgesehen, für wenden. Europa-Spitzenreiter der eine Sporthalle wartet man zurzeit noch Nichtleistbarkeit ist London, wo der kosten inklusive Betriebskosten im auf die Zusage des Nutzers. „Aktive Erd- Wohnkostenanteil in manchen Bezir- Durchschnitt um 15 Prozent von 6,70 geschosse“ stellen die Verbindung zum ken bis zu 90 Prozent beträgt. auf 7,60 Euro. Die höheren Steige- angrenzenden, geplanten Südpark mit Mieten steigen, Einkommen nicht. rungsraten waren in diesem Zeitraum seinem Bewegungsschwerpunkt her. Ein Auch der Dachverband Housing Eu- bei privaten Mietwohnungen sowie Standort der Wiener Stadtbibliothek und rope warnt in seinem Bericht 2017 bei Genossenschaftswohnungen zu des Vereins Wien-Xtra Jugendinfo sollen im Kapitel Leistbarkeit davor, dass in verzeichnen. Im Bundesländerver- als Wissens- und Jugendschwerpunkt zu- der ganzen EU die Mietkosten stärker gleich liegt Salzburg mit durchschnitt- sätzlich integrativ wirken. Für das eben- stiegen als die Einkommen und viele lich 9,20 Euro bei allen Hauptmietwoh- falls vorgesehene Konzept Wohnen & Haushalte von Wohnkosten überlas- nungen an der Spitze, das Burgenland Arbeiten mit 13 Büros, Ateliers und Ge- tet seien, vor allem in krisengebeu- ist mit 5,80 Euro am günstigsten. 75 schäftslokalen wird in einem eigenen telten Ländern wie Griechenland. Prozent aller Personen haben Wohn- Verfahren über die Projekthomepage die 11,3 Prozent der EU-Bevölkerung sei kostenanteil am Haushaltseinkommen Nachfrage erhoben. von Überlastung betroffen, bei den von maximal 22 Prozent und liegen Auf soziale Integration als zusätzli- Armutsgefährdeten seien es jedoch damit im „grünen Bereich“. Unter den che Absicherung der Leistbarkeit setzt schon 39,3 Prozent. armutsgefährdeten Personen – rund man auch bei der Wohnanlage Preyer- Doch auch in Österreich ist nicht 18 Prozent der Gesamtbevölkerung sche Höfe auf dem Gelände des ehema- alles rosig. Von 2013 bis 2017 stiegen – müssen drei Viertel bis zu 54 Pro- ligen Preyer’schen Kinderspitals in Wien- laut Statistik Austria („Wohnen 2017“, zent ihres Haushaltseinkommens fürs Favoriten. Dies war bereits Grundlage publiziert im Oktober 2018) die Miet- Wohnen aufwenden. des Bauträgerwettbewerbs. WOHNENPLUS . 4|2018 17
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