Wortlautprotokoll des Grossen Rates des Kantons Graubünden
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506 3. Dezember 2012 Wortlautprotokoll des Grossen Rates des Kantons Graubünden Montag, 3. Dezember 2012 Eröffnungssitzung Vorsitz: Standespräsidentin Elita Florin-Caluori Protokollführer: Domenic Gross Präsenz: anwesend 120 Mitglieder entschuldigt: – Sitzungsbeginn: 14.00 Uhr Eröffnungsansprache Situation geboten. Zwei Punkte sollen dies verdeutli- chen: Der Verkehr und die Energie. Standespräsidentin Florin-Caluori: Die letzten Wochen, Erstens: Der Verkehr. Der Strassenbau und die RhB ja Monate beschäftigte uns unter anderem die wohl hef- stellen eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftli- tig diskutierte Abstimmung über das TAG. Wie noch nie che Entwicklung in unserem Kanton dar - und auch zuvor in Graubünden wurde in einer Sachvorlage mit deren Projekte waren teilweise umstritten. Zum Beispiel verschiedenen Aussagen grössere Verwirrung gestiftet im Autoverkehr: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhun- und um die Gunst der Stimmen geworben. Unabhängig derts gab es in Graubünden grosse Widerstände gegen vom Ausgang dieser Abstimmung konnte ich heraushö- die Einführung des Automobils. Am 17. August 1900 ren, dass etwas Konsensfähiges in der Politlandschaft, in verbot die Kantonsregierung das Fahren mit Automobi- der Tourismus-Branche und in der Wirtschaft vorhanden len auf sämtlichen Strassen des Kantons Graubünden. war, nämlich: Alle wollen unseren Tourismus stärken Das Verbot wurde erst 25 Jahre später in einer Volksab- und fördern, alle stehen mit Engagement hinter unserem stimmung am 21. Juni 1925 aufgehoben, also erst vor 87 Wirtschaftsmotor. Jahren. Wenn wir heute unser Strassennetz betrachten, Doch wie ist nun das Abstimmungs-Resultat zu interpre- unsere Erschliessungen nach Norden, Süden, in die tieren? Bedeutet das Resultat eine Absage an zentralisti- Täler, so ist es fast unglaublich, welche Entwicklung sche Lösungen oder glaubt man, es ginge dem Touris- stattgefunden hat. Und trotzdem muss die Verkehrssitua- mus immer noch gut genug, als dass es Effizienz in den tion in und zu unserem Kanton sorgfältig analysiert Strukturen oder mehr Marketingmittel bräuchte? Wie werden. Die Aussage gemäss Botschaft neuer Verkehrs- auch immer, wollen wir die Wettbewerbsfähigkeit erhal- verbindungen – ich zitiere: „Der Kanton Graubünden ten, wird es auf Dauer nicht genügen, das Erreichte bloss zählt zu den als schlechtesten erreichbaren Regionen der zu verwalten. Es muss ein Ruck durch die Branche ge- Schweiz.“ – muss dringend und in kürzester Zeit der ben. Gerade jetzt nach diesem klaren Resultat dieser Vergangenheit angehören. Abstimmung ist es von grosser Bedeutung, dass die Auch im öffentlichen Verkehrsbereich stellen wir solche wichtigen Akteure im Tourismus, in der Wirtschaft und Entwicklungen fest. Eine Pioniertat war der Bau der in der Politik am gleichen Strick in die gleiche Richtung Rhätischen Bahn. Angefangen hat sie ganz klein von ziehen. Graubünden ist auf Taten und eine starke Stimme Landquart nach Davos im Jahr 1889. Bald aber über- nach aussen angewiesen. Die verschiedenen Partner nahm sie die Verkehrserschliessung im ganzen Kanton haben nämlich die Fähigkeit entwickelt, schnell, pragma- und bis 1914 wurden nach und nach alle bisherigen tisch und unbürokratisch zukünftige Lösungen zu erar- Strecken in Betrieb genommen. Bemerkenswerte Kunst- beiten und umzusetzen. Dabei denke ich an die verschie- bauten sind zum Wahrzeichen der Bündner Staatsbahn denen Branchenverbände des Tourismus, den Bündner geworden, die Berninalinie wurde ins UNESCO- Gewerbeverband oder auch Graubünden Ferien. Weltkulturerbe aufgenommen und die Vereinalinie als Aber, geschätzte Damen und Herren, hat denn Graubün- wichtige Verbindung nach Süden erstellt. Diese rasante den noch Pioniergeist wie vor 100 Jahren, so dass unser Entwicklung des öffentlichen Verkehrs, die Erneuerun- Wirtschaftsmotor weiterhin auf Volltouren laufen wird? gen und Verbesserungen der Infrastrukturen sind auch Ich sage aus Überzeugung – Ja. Wir dürfen uns nämlich heute noch von grösster Bedeutung, wichtig für unseren auch rückbesinnen, auf das, was im Verkehr und bei der Tourismus, wichtig für unsere Arbeitsplätze, wichtig für Stromproduktion erreicht wurde. Der Pionier- und unseren Wohlstand. Selbsterhaltungsgeist unserer Vorfahren hat uns eine Die gesamte Verkehrserschliessung darf darum als einen entscheidende Grundlage für die heutige wirtschaftliche der Lebensnerve bezeichnet werden. Grosse und kleine Schritte zur Verbesserung der Verkehrssituation inner-
3. Dezember 2012 507 kantonal und in die benachbarten Metropolen sind mit XXIV. Olympische Winterspiele Graubünden 2022 klugen und pionierfähigen Entscheiden zu fördern und (Botschaften Heft Nr. 11/2012-2013, S. 697) zu treffen. Dabei denke ich an: Porta Alpina, Wolfgang- tunnel, die Sanierung der Albulalinie oder Verbesserun- Standespräsidentin Florin-Caluori: Wir starten mit der gen der Linienführungen nach Zürich und in die Ost- Traktandenliste und zwar mit dem ersten Geschäft, schweiz, aber auch neue Verbindungen Richtung Gott- XXIV. Olympische Winterspiele Graubünden 2022. hard-Region oder Verbindungen nach Süden müssen Vereidigungen haben wir heute keine, es sind alle die weiterverfolgt werden. Betrachtet man nämlich die Ge- hier sitzen bereits vereidigt. Wir gehen wie folgt vor: schichte, müssen auch vordergründig verrückte Ideen Zuerst diskutieren wir zum Eintreten. Ich bitte Sie alle, diskutiert werden können. Ihre Voten zum Eintreten zu halten. Detailfragen werden Der zweite Punkt, welcher auch Pioniertaten forderte in der Detailberatung diskutiert. Wir behandeln dann und auch in Zukunft Pioniertaten fordern wird ist der auch den Grundsatzantrag beim Eintreten. Zuerst stim- Energiebereich. Die Wasserkraftnutzung zur Stromer- men wir aber ab, Eintreten ja oder nein und dann Grund- zeugung elektrisiert die Bündner Bevölkerung seit über satz ja oder nein. Dann kommen wir zur Detailberatung 100 Jahren. Sie hat Graubünden Fortschritt, Wohlstand, gemäss Botschaft und werden das abschnittweise mitein- Arbeit und Erleichterung im Alltag gebracht. Das erste ander beraten und am Schluss stehen dann die Anträge. Kraftwerk der Schweiz entstand erst vor 133 Jahren und Gibt es Einwände zum Vorgehen? Ist nicht der Fall. zwar in St. Moritz. Und kaum eine Region der Alpen Somit gebe ich dem Kommissionspräsidenten Grossrat erlebte von 1950 bis 1970 einen derartigen Boom von Vetsch das Wort. neuen Anlagen wie Graubünden. Der Kraftwerkbau war eine herausragende technische Leistung, die dank tau- sender –meist italienischer – Arbeiter möglich war. Ja Eintreten schon damals klang es wie heute und ich zitiere Max Frisch: „Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Men- Antrag Kommission und Regierung schen.“ Pioniergeist bezüglich Energie ist heute und in Eintreten Zukunft gefragter denn je. Wir stehen vor einer Energiewende – weg vom Atom- Vetsch (Klosters Dorf); Kommissionspräsident: Mit der strom. Graubünden als Wasserschloss hat dabei zu- vorliegenden Botschaft wollen wir die Diskussion über kunftsweisende Möglichkeiten, bei denen es gilt die die Durchführung von Olympischen Winterspielen im regionalen volkswirtschaftlichen und energiewirtschaft- Jahre 2022 in Graubünden, sowie den Paralympics 2022 lichen Vorteile der Wasserkraft umzusetzen. Zum Bei- führen. Wir möchten die Grundsatzdiskussion zum vor- spiel kein unnötiges Verhindern schon bei der Planung liegenden Sachgeschäft im Eintreten führen und dann von Kraftwerken, Projekte zur Optimierung von Kraft- spezifische Fragen in der Detailberatung klären. Deshalb werken zu fördern oder frühzeitige Strategien beim werden wir, wie die Standespräsidentin Ihnen bereits Heimfall der Wasserkraftwerke anzustellen. Zudem mitgeteilt hat, im Anschluss an die Eintretensdebatte, können wir Zeichen, aktive Zeichen und Projekte bezüg- sofern Eintreten beschlossen wird, die Botschaft ab- lich erneuerbarer Energie oder Energieeffizienz setzen schnittsweise gemäss der römischen Nummerierung und umsetzen, z.B. die Förderung von Fotovoltaikanla- beraten. Diese Detailberatung erfolgt dann ab IV. „Tech- gen oder Windkraftwerken. Wir dürfen ohne weiteres nische Machbarkeit“ Seite 712 der Botschaft. Als Grund- sagen, dass die Energiewende im Kanton Graubünden lage der vorliegenden Botschaft dienten verschiedene nicht auf Pioniergeiststufe steht, jedoch viele kleine und technische und finanzielle Machbarkeitsstudien. Eine grössere Schritte sind nötig und geben unserer jüngeren vom Bundesrat eingesetzte interdepartementale Arbeits- Generation in unserem Kanton wichtige und notwendige gruppe des Bundes kommt zum Schluss, dass diese Perspektiven. Geschätzte Damen und Herren ich komme Machbarkeitsstudie seriös durchgeführt und die gemäss zum Schluss. Wie verrückt muss es gewesen sein, als vor dem aktuellen Projekt anfallenden Kosten transparent 100 Jahren entschieden wurde, die Albulabahn oder die ausgewiesen wurden. Gemäss Botschaft soll der Kanton Kraftwerke Brusio zu bauen. Heute sind wir diesen Graubünden, respektive der Grosse Rat, einen Verpflich- „Verrückten“ von damals dankbar. Heute entscheiden tungskredit von acht Millionen Franken für die Kandida- auch wir über ein grosses Projekt, das Projekt Olympiade tur zur Durchführung der Olympischen Winterspiele im 2022. Wie wir es auch bezeichnen, als Innovation, als Kanton Graubünden genehmigen. Für die Durchführung Pioniertat oder als Chance für Graubünden, wichtig ist, der Spiele soll der Kanton Reserven im Finanzhaushalt dass wir bei dieser komplexen Vorlage eine konstruktive in der Höhe von 300 Millionen Franken zur Finanzie- Diskussion führen, die Chancen den Gefahren gegen- rung des kantonalen Anteils an den Kosten für Infra- überstellen und im Interesse für unseren gesamten Kan- struktur und Sicherheit bilden. Der Grosse Rat soll aber ton klug und zukunftsweisend entscheiden. nicht abschliessend darüber befinden, ob die Einreichung Somit erkläre ich die Session als eröffnet. der Kandidatur zur Durchführung Olympischer Winter- spiele gemäss dem vorliegenden Konzept der Botschaft gemacht werden soll. Dieser Entscheid wird von den Partnern Bund, Kanton, Swiss Olympic und den Ge- meinden Davos und St. Moritz gefällt, nach Vorliegen weiterer Erkenntnisse aufgrund von Vorprojekten und Projekten.
508 3. Dezember 2012 Wenn wir als Grossrätinnen und Grossräte dieser Vorla- Moritz und Davos lassen Spiele praktisch mit kleinen ge zustimmen, kann die bündner Bevölkerung im Grund- Eingriffen in die Landschaft zu. Graubünden 2022 löst satz auch darüber entscheiden. Das ist wichtig, können gezielte Investitionen aus und hilft Graubünden als Le- doch die vorgesehenen Spiele nur durchgeführt werden, bens- und Wirtschaftsraum langfristig attraktiv zu erhal- wenn die Mehrheit der Bevölkerung des Austragungs- ten. Nachhaltigkeit und Zukunftswirkung stehen in dem kantons und der Einwohner der Durchführungsorte hin- Konzept seit dem ersten Tag an erster Stelle. Umfassen- ter so einem Anlass steht. Die bündner Bevölkerung de Innovationsprogramme entfalten Wirkung im ganzen kann also an der Volksabstimmung vom 3. März 2013 Kanton. Die bisher getätigten Abklärungen zur Mach- entscheiden, ob eine Kandidatur für die Olympischen barkeit lassen bewusst Spielraum für Innovationen und Winterspiele eingereicht werden soll oder nicht. Gleich- weitere Verbesserungen. Bis zu den Spielen dauert es zeitig stimmt der Stimmbürger damit auch der Durchfüh- noch fast zehn Jahre. Das duale Konzept graue Gross- rung der Spiele bei einer Vergabe des IOC nach Grau- stadt plus weisser Bergort dominierte vergangene Aus- bünden zu oder lehnt diese ab. Behandeln wir jetzt also tragungen Olympischer Winterspiele. Und es wird auch ein Finanzgeschäft, welches dann durch den Stimmbür- 2014 in Russland und 2018 in Südkorea zum Einsatz ger genehmigt werden soll? Nein, nebst den Finanzen kommen. Anders das Konzept Graubünden. Alle Diszip- geht es um ganze andere Werte, welche Olympische linen sollen in der Region St. Moritz und Davos mit Spiele haben. Olympische Winterspiele gehören welt- Klosters und Lantsch ausgetragen werden. Die Durch- weit zu den wichtigsten sportlichen Grossereignissen führung Olympischer Winterspiele in zwei Bergtälern und stehen im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Ihre zwingt uns zu einigen Konzeptänderungen. Vor allem Durchführung stellt für den organisierenden Gastgeber- die Zuschauerkapazitäten werden kleiner sein als bei staat eine grosse Herausforderung dar. Wer Olympische anderen Konzepten. Das Olympiaprojekt ist gemäss Winterspiele organisieren kann hat die einmalige Chan- Bundesrat auch ein Entwicklungsprogramm für die ce, seine Leistungsfähigkeit der Weltöffentlichkeit unter Schweiz. Es geht der Frage nach, wie die Bergbevölke- Beweis zu stellen. Nach innen trägt ein solcher Grossan- rung in den nächsten 30 Jahren leben wird und wie es lass dazu bei, die nationale Identität zu stärken. Nach mit dem Tourismus weitergeht. Die Zusage des Bundes aussen wiederum ist mit dessen erfolgreicher Durchfüh- von einer Milliarde Franken ist sicher sehr viel Geld, rung ein beträchtlicher Imagegewinn verbunden. Olym- aber unter diesem Blickwinkel nachvollziehbar, dass der pische Winterspiele in Graubünden sind eine echte Bund damit in die Zukunft investieren will. Es geht also Chance in gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, ökologi- nicht nur um St. Moritz, Davos und den Kanton Grau- scher und sportlicher Hinsicht für die Schweiz und das bünden, es betrifft die ganze Schweiz. Für die Schweiz Bündnerland. Winterspiele sind ein Generationenprojekt sind damit diese Olympischen Winterspiele 2022 eine und bieten die Möglichkeit näher zusammenzurücken einmalige Chance sich mit jenen Werten zu präsentieren, und wichtige Fragen für die Zukunft gemeinsam anzuge- die die Schweiz stark gemacht haben: Bescheidenheit, hen. Präzision, Sicherheit, Verlässlichkeit, intakte Natur, Wir wollen die Olympischen Spiele 2022 mitten in der sowie die Fähigkeit sich in den engen räumlichen Gege- einzigartigen Bergwelt Graubündens durchführen und benheiten anzupassen. Uns Bündnern wird damit grosses entschliessen uns zu Gunsten der ursprünglichen Idee der Vertrauen seitens des Bundes zugesprochen und man Winterspiele: Wir wollen weisse Spiele. Wir wollen die traut es uns auch zu, dass wir Olympische Spiele durch- Spiele dort, wo der Wintersport geboren ist. Damit keh- führen können. ren wir bewusst vom Weg bisheriger olympischer Win- In der Kommission haben wir uns dementsprechend terspiele ab. Wir stellen uns bewusst der Begrenztheit intensiv mit den Chancen und Risiken von Olympischen unserer Bergwelt und respektieren Mensch und Natur. Spielen befasst. Die Mehrheit der Kommission ist Wir sind überzeugt, dass die Zeit reif ist für grundsätzli- Olympischen Spielen gegenüber positiv gestimmt. Den che Veränderungen, für ein neues Denken und Innovati- Schlüssel dieser Vorlage sieht man aber im Aufzeigen onen, die die Zukunft von Bergwelt und Wintersport der Nachhaltigkeit und den für den Kanton Graubünden ernst nimmt. Wir überraschen die Welt mit Olympischen verkraftbaren finanziellen Verpflichtungen. Einig ist Spielen inmitten unserer Bergwelt. Da wo der Winter zu man sich auch darüber, dass man sich in der jetzigen Hause ist. Diese Berge definieren den Rahmen für Phase nicht in Details verlieren darf. Wir diskutieren Olympische Spiele einer neuen Generation. Echt und jetzt aufgrund einer sehr guten Machbarkeitsstudie, sorgfältig mit Respekt für Mensch und Natur. So leben welche wie erwähnt vom Bund als seriös und transparent wir Gastfreundlichkeit. Der Wintersport kehrt zu seinen beachtet wird. Die Mehrheit der Kommission ist sich Wurzeln zurück. Bei uns wird Zukunft entstehen. Grau- einig, dass bereits der Kostenaufwand von acht Millio- bünden 2022 ist eine Investition in die Zukunft unseres nen Franken des Kantons für die Kandidatur aufgrund Kantons und unseres Landes als Lebens-, Wirtschafts- der Medienpräsenz und die Signale an unsere Gäste gut und Erholungsraum. investiert sind. Ein wichtiger Teil der Abklärungen hat Die Idee Olympische Winterspiele im Kanton Graubün- die Präsentation der Studie über die volkswirtschaftliche den durchzuführen polarisiert dennoch. Die Gegner Bedeutung von Olympischen Spielen für den Kanton orientieren sich an vergangenen Spielen in Grossstädten Graubünden ergeben. Olympia wird den wachstums- und befürchten Umweltzerstörung, Bauruinen und eine schwachen Kanton Graubünden weiterbringen und es hohe Verschuldung. Das Konzept Graubünden 2022 wird ein grosser Ruck durch den Kanton gehen. zeigt aber in eine andere Richtung. Die verkehrstech- Graubünden wird volkswirtschaftlich einen grossen nisch und touristisch gut erschlossenen Regionen St. Nutzen ziehen. 1,47 bis 1,8 Milliarden Franken wäre die
3. Dezember 2012 509 Bruttowertschöpfung, ausgelöst durch Olympische Spie- 2022“, dabei sind die Regeln des IOC, der letztlich ein- le im Kanton Graubünden. Auch gesamtschweizerisch zigen relevanten Instanz bei Olympia, glasklar: Wenn es wird Olympia wirtschaftliche Effekte bewirken. Ge- eine Kandidatur geben sollte heisst sie weder „Graubün- samthaft geht man von einer Bruttowertschöpfung von den 2022“ noch „Schweiz 2022“ noch „St. Moritz – 3,84 bis 4,11 Milliarden Franken aus. Natürlich werden Davos 2022“ sondern ausschliesslich „St. Moritz 2022“, die volkswirtschaftlichen Effekte nach den Spielen nicht das ist die Wahrheit, alle anderen Titel verwendet man zu 100 Prozent anhalten. Aber sie dürften sich auf einem nur jetzt im Vorfeld, um die Entscheidungsträger, näm- höheren Niveau als heute fortsetzen. Zu den langfristigen lich die Bündner Bevölkerung und das Schweizer Parla- volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Spiele und zum ment, zu überzeugen. Für St. Moritz muss man sich Thema Nachhaltigkeit wird ein Bericht erst gegen De- überhaupt nicht schämen, im Gegenteil, aber es gehört zember erwartet. Die Mehrheit der Kommission sieht einfach dazu ehrlich und transparent zu sein. Der zweite aber mit der Idee von NIV – gleich Nachhaltigkeit, In- Etikettenschwindel kommt weniger direkt und weniger novation, Vermächtnis – einen guten Ansatzpunkt. Mit plump daher, aber es steht im Raum, seit Monaten bei diesem Konzept soll im Rahmen der Olympischen Win- dieser Diskussion, nämlich diese Idee, dass wir hier von terspiele Graubünden 2022 durch Kombination von kleinen, von feinen, von bescheidenen Spielen, sogar Nachhaltigkeit mit gezielter Innovation ein Vermächtnis, vom Ende des Gigantismus sprechen. Nun, meine Da- sprich langfristige Werte, geschaffen werden. Einerseits men und Herren, wenn Sie sich ernsthaft mit allen Zah- sollen die Spiele nachhaltig durchgeführt und anderer- len, mit allen Indikatoren dieser Kandidatur auseinander- seits langfristige Werte für den Kanton Graubünden und setzen kann man nicht ernsthaft behaupten wir sprechen für die Schweiz generiert werden. Wir sind also noch hier von kleinen Spielen. Erstens ist das Budget ähnlich gespannt auf diesen Bericht, aber auch sehr zuversicht- gross wie die Budgets vergangener Spiele, wo man ja lich. nicht ernsthaft gesagt habe das seien kleine Spiele. Zwei- Im Weiteren liegt es sehr stark an uns selber, an den tens ist's sonnenklar und unbestritten, dass die Anzahl verschiedenen Branchen im Kanton Graubünden, was Disziplinen, die Anzahl Wettkämpfe, auch die Mindest- wir aus den Spielen machen und wie viele innovative anzahl von Gästen, Zuschauern, Funktionären, Medien- Produkte und Dienstleistungen geschaffen werden kön- leuten vorgeschrieben ist vom IOC, alles Zahlen die nen. Betreffend den finanziellen Risiken ist die Mehrheit nicht auf kleine Spiele irgendwie hinweisen und auch der Kommission zur Übereinstimmung gekommen, dass wenn man unsere eigenen Zahlen ansieht, im Verkehr, in mit der vorliegenden, klaren Abgrenzungen zwischen allen Bereichen kann man das nicht sagen. Man kann Kandidatur, an welcher sich der Kanton Graubünden mit vielleicht sagen, diese Spiele seien, wenn sie durchge- acht Millionen beteiligt, der Organisation und Durchfüh- führt werden, kleiner als es Sotschi sein wird, okay, aber rung der Spiele, welche Bundessache sind und der Kos- es sei das Ende des Gigantismus, wie es Bundesrat Mau- ten für Infrastruktur und Sicherheit, für welche der Kan- rer sagt, ist einfach nicht richtig. ton Reserven in der Höhe von 309 Millionen Franken Nun aber zur Hauptargumentation der SP: Warum wir bilden soll, damit für den Kanton eine maximale Kosten- der Meinung sind, dass Olympia das falsche Instrument sicherheit erreicht wird. Die Mehrheit der Kommission zur Entwicklung der Bündner Volkswirtschaft ist. Es ist sich einig und überzeugt, dass nicht in die Zukunft zu gibt aus unserer Sicht acht Hauptargumente dafür. Ers- investieren, das weit grössere Wagnis ist. Die einmalige tens: Olympia legt tourismuspolitisch den falschen Fo- Chance ist zu packen. Ich bitte Sie, geschätzte Damen kus, fast alle sind sich eigentlich einig, das Wachstums- und Herren, im Namen der einstimmigen Kommission potential des Bündner Tourismus liegt insbesondere auch auf die Vorlage einzutreten. bei einem Umbau des klassisch saisonalen Wintertou- rismus hin zu einem Ganzjahrestourismus und bei mehr Pult: Sie wissen es ja, jetzt spricht die Vertretung der Sommer. Olympia legt hingegen den Fokus voll auf den anderen 43 Prozent. Die Votantinnen und Votanten aus Winter, also eher der falsche Schwerpunkt. unserer Fraktion werden diesen Nachmittag erläutern, Zweitens: Olympia fokussiert zudem zu einseitig auf die warum diese Olympischen Spiele zu grosse Belastungen bereits stärkste Destination Graubündens, auf St. Moritz. für die Umwelt, für unsere Bündner Bevölkerung und für Gemäss der letzten Untersuchung der Credit Suisse zum die öffentlichen Finanzhaushalte von Bund, Kanton und Schweizerischen Tourismus schneidet St. Moritz zu- Gemeinden mit sich bringen würden und wir werden sammen mit Zermatt bezüglich Marktpositionierung und erklären warum sie auch das falsche Mittel sind, um Angebot schweizweit mit Abstand am besten ab, Chap- unseren Kanton Graubünden, um unseren Tourismus und peau St. Moritz. Aber ist es da aus einer gesamtkantona- um allgemein das Schweizer Berggebiet zu entwickeln. len Sicht sinnvoll, ausgerechnet diese Destination werbe- Bevor ich aber damit beginne, möchte ich noch eine technisch noch mehr gegenüber allen anderen zu privile- grundsätzliche Kritik äussern. Ich finde es sehr bedauer- gieren? Dies darf bezweifelt werden. lich, dass bei diesem Projekt von Anfang an, bewusst Drittens: Mit Olympia, mit dem Olympia-Fokus wird oder unbewusst, zwei nicht ganz unbedeutende Etiket- auch das eigentliche Problem unserer Hauptdestinationen tenschwindel passiert sind. Der erste Schwindel betrifft ausgeblendet und in der Wirkung vielleicht sogar ver- den Titel des Projekts. Auf dem Deckblatt unserer Bot- schärft. Das grösste Problem für den Tourismus des schaft sowie auf allen Unterlagen, die in diesem Zusam- Oberengadins, auch von Davos, ist ja nicht ein Marke- menhang in unserem Kanton verteilt werden, steht im- tingproblem. Wir müssen nicht der Welt erklären, dass mer „Graubünden 2022“. Auf allen Unterlagen, die auf es St. Moritz oder Davos gibt, dies ganz im Gegensatz zu Bundesebene verteilt werden steht immer „Schweiz Lillehammer, das kannte niemand vor den Olympischen
510 3. Dezember 2012 Spielen. Wir haben vielmehr ein Kostenproblem, das ist rung, die im Rahmen dieser Botschaft und dieses Projek- unser Wettbewerbsproblem, und wenn wir jetzt neue tes formuliert wurden, sind zu einem sehr grossen Teil Infrastrukturen bauen, Geld dafür aufnehmen müssen, richtig, auch aus unserer Sicht richtig. Wie Sie wollen Kapitalkosten erzeugen, Betriebskosten erzeugen, ver- auch wir die nachhaltige Entwicklung in ihren drei Di- schärft das tendenziell eher das Kostenproblem als dass mensionen, die Förderung der Innovation, die Moderni- es lindert. sierung, nicht den Ausbau, die Modernisierung der Viertens: Olympia ist der falsche Imageträger für St. Bündner Beherbergungsinfrastruktur, die Verbesserung Moritz und auch für Graubünden. Amerikanische Multis des Preis-Leistungs-Verhältnisses unserer Leitbranche, wie Mc Donald´s, Coca Cola werben vorallem bei den gezielten Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie Olympia, und dies konterkariert doch bis zu einem ge- die Förderung des Breitensports vorantreiben. Die Ziele wissen Grad die Exklusivität der Marke St. Moritz. Und sind richtig, wir sind aber im Gegensatz zu Ihnen klar es ist auch nicht das, was wir mit der Marke Graubünden der Meinung, dass Olympia das falsche Mittel ist, um erreichen wollten, nämlich Authentizität, wahr, wohltu- diese Ziele zu erreichen. Und deshalb, geschätzte Damen end, weitsichtig sind die offiziellen Kernwerte. Dies lässt und Herren, schlagen wir Ihnen vor, diese Vorlage an die sich nicht wirklich mit den Werten der uns allen bekann- Regierung zurückzuweisen, damit die Regierung dem ten Fast Food-Kette in Einklang bringen. Parlament ein alternatives Entwicklungskonzept vorle- Fünftens: Olympia schafft allenfalls neue Angebote, ja, gen kann, das den tatsächlichen Bedürfnissen und Prob- aber erfahrungsgemäss keine wiederkehrende neue lemen unseres Tourismus und unserer Volkswirtschaft Nachfrage für den Tourismus, dabei stimmt doch was gerechter wird. Wir sind in dem Sinn für Eintreten, aber Hanspeter Danuser unablässig sagt, Graubünden hat eben anschliessend für die Rückweisung der Vorlage mit schon heute eher ein Nachfrage- als ein Angebotsprob- den Ihnen vorliegenden, ausformulierten Aufträgen an lem. Neue Nachfrage ist aber nicht durch die Aller- die Regierung. Seien Sie mutig meine Damen und Her- weltswerbung mit den fünf Ringen zu mobilisieren, ren, getrauen Sie sich dem Konformitätsdruck standzu- sondern durch den steten Aufbau von Stammgästen, die halten, stimmen Sie unserem Rückweisungsantrag zu. unsere spezifischen Stärken schätzen, St. Moritzer Ex- klusivität, Engadiner und Davoser Qualität sowie allge- Hartmann (Champfèr): Unsere Vorfahren waren noch meine Bündner Vielfalt und Authentizität. Der Gigan- Pioniere, sie führten 1928 und 1948 die Winterspiele tismus der Spiele schadet diesen Werten und vergrault durch. Seither haben sich die Spiele total verändert, sie tendenziell auch bestehende Stammgäste. sind zu gigantischen Spielen geworden. Denken wir an Sechstens: Olympia schafft im Beherbergungsbereich Sotschi, Vancouver und Turin, alle finden so kann es ja Überkapazitäten und damit weitere Probleme für die nicht weiter gehen. Niemand hat den Mut einfache Spie- Hotellerie, das haben alle Spiele gezeigt, man baut mas- le zu organisieren, jeder will den anderen übertreffen. siv aus bezüglich Zimmer und Betten, man füllt die auch Mit der Kandidatur Winterspiele in Graubünden bieten während der Olympischen Spiele, und dann trifft diese wir dem IOC eine Alternative an, zurück, ich betone, Überkapazität auf einen sinkenden, rasant sinkenden zurück zu weissen Spielen in den Bergen. Wir haben nun Markt. Das verschärft die Probleme unserer Hotellerie, die Gelegenheit, der Schweiz, der ganzen Welt zu zei- es löst sie nicht. gen, dass in Zukunft solche Spiele der richtige Weg ist. Siebtens: Olympia heizt tendenziell auch die Bodenprei- Wie überzeugen wir unsere Bündnerinnen und Bündner? se im Oberengadin und in Davos noch mehr ein, dabei Es dürfen keine Aussagen gemacht werden, die nicht verzeichnen gerade das Oberengadin und Davos schon eingehalten werden. Mit einem Ja am 3. März 2013 heute eine Überhitzung des Immobilienmarktes, die zeigen wir der Schweizer Bevölkerung, dass wir nur rekordhohen Bodenpreise sind seit Jahren ein vordringli- bereit sind Spiele durchzuführen, die gemäss dem vorge- ches volkswirtschaftliches Problem, nicht nur ein sozia- gebenen Dossier ausgearbeitet werden und keine finan- les, ein volkswirtschaftliches Problem dieser Region und zielle Risiken eingehen wollen. Diese Spiele sollen nicht Olympia würde hier eher eine Verschärfung statt Linde- nur sportlicher Art, sondern auch ein gesellschaftliches rung bringen, wie auch die Erfahrungen von London Projekt von nationaler Bedeutung und internationaler jetzt im Sommer gezeigt haben. Ausstrahlung sein. Die Kosten für die Kandidatur entste- Und achtens: Olympia verursacht unserer Ansicht nach hen aus dem Kanton acht Millionen, St. Moritz als Host- neben den enormen direkten Kosten, sie werden noch City fünf Millionen, und Davos zwei Millionen Franken. Thema sein, für die Steuerzahlenden, eine Milliarde Durch die Durchführung der Spiele wird der Kanton 300 beim Bund, mehrere hundert Millionen beim Kanton, Millionen Franken aus den Reserven zweckgebunden viele Millionen bei den Gemeinden, aber neben diesen beantragen. Es werden keine, es werden keine Defizite direkten Kosten verursacht Olympia auch relativ hohe für die Spiele bezahlt. Die Verantwortung der Durchfüh- Opportunitätskosten im ganzen Kanton, das heisst auf rung trägt der Bund, der gemäss Bundesratsantrag an das Ökonomen-Sprache nichts anderes, als dass all derjenige Bundesparlament eine Milliarde Franken bereitstellen Nutzen, der in den Projekten und Ideen gesteckt hätte, wird. Mit der Olympiakandidatur werden Gelder und die man aber nicht macht wegen der einseitigen Kon- Projekte vorgezogen, die allen Regionen unseres Kan- zentration auf das Grossprojekt Olympia, auch nicht tons langfristig zu Gute kommen. Heute geht es in erster anfallen kann. Zum Schluss doch noch ein paar positive Linie darum, dass das Bündner Volk bereit ist, der Kan- Worte über die jetzt erledigte Arbeit der Promotoren. Die didatur 2022 zuzustimmen. Diese einmalige Chance Ziele, die auch unser geschätzter Kommissionspräsident müssen wir auch für unsere Jugend anpacken. Bundesrat genannt hat, die Ziele der Promotoren und der Regie- Ueli Maurer erwartet, dass das Bündnervolk die Spiele
3. Dezember 2012 511 übernimmt, da der Bund einen Austragungspartner sucht Jahre im Voraus auszuüben vermögen und um den Er- und Graubünden prädestiniert ist für eine solche Aufga- neuerungsprozess, welcher damit ausgelöst werden kann. be. Es braucht wieder einmal den Pioniergeist unserer Aus meiner beruflichen Tätigkeit habe ich beispielsweise Ahnen vorzuleben. Bei mir brennt das Olympische Feuer gesehen, welche Investitionen dank sportlichen Grossan- schon heute und ich habe genügend Öl, so dass es bis lässen in Flughäfen getätigt wurden. So werden bei- zum Schluss durchbrennen wird. In der Detailberatung spielsweise derzeit die Flughäfen Brasiliens im Hinblick habe ich noch einige Fragen, die nach meiner Meinung auf die Olympiade und Fussballweltmeisterschaft voll vergessen gegangen sind. Selbstverständlich bin ich für modernisiert und dies nicht durch Staatsinvestitionen, Eintreten. sondern durch private Investoren. Ähnliches konnte man auch bei den Flughäfen in Polen und der Ukraine im Caduff: Olympische Spiele in Graubünden Ja oder Nein. Vorfeld der Europameisterschaft feststellen. Diese Inves- Die Frage spaltet unseren Kanton. Es gibt sie, die Grün- titionen hätten wohl ohne diese Grossanlässe nicht statt- de gegen dieses Vorhaben. Es gibt jedoch ebenso viele gefunden oder nur zu einem viel späteren Zeitpunkt. gute Gründe, welche für das Vorhaben sprechen. Für Insofern erachte ich den Antrag der SP als etwas illuso- mich persönlich war der Entscheid nicht einfach. Nach risch. Wenn wir die gleichen Investitionen in unsere Abwägen des Dafür und Dagegen kam ich jedoch zum Verkehrsinfrastruktur, die gleichen Bundesmittel für Schluss, Olympische Spiele sind mehr als eine Chance diese Infrastruktur ohne Olympia auslösen könnten, wäre zu betrachten und weniger als ein Risiko. Ja, die Risiken das toll. Wenn Investoren auch ohne das Magnet Olym- gibt es und diese Risiken müssen adressiert werden und pia zu investieren bereit wären, auch das wäre toll und man muss versuchen, die Risiken zu minimieren. Ob der schön. Nur die Wirklichkeit dürfte eine andere sein. Mit Kanton Graubünden oder gar die Schweiz dank Olympi- einem Nein zur Olympiade geben wir ein falsches Sig- schen Spielen einen Imagegewinn erzielen kann, weiss nal. Graubünden will keine Erneuerung seiner Infrastruk- ich nicht. Ob die PR die Werbung, welche dank Olympi- tur. Graubünden fehlt der Wille in seinen Tourismus zu schen Spielen erzielt werden kann im Vergleich zu den investieren. Und wenn in der Hotellerie investiert wird, Kosten verhältnismässig sind oder nicht, kann ich nicht dann wird selbstverständlich für die Olympischen Win- beurteilen. Was die Durchführung von Olympischen terspiele investiert, aber das hilft nachher nicht nur dem Spielen jedoch definitiv ist, es ist ein Impulsprogramm Wintertourismus, sondern das hilft generell dem Touris- für die Wirtschaft des Kantons Graubünden. Und für mus, ob das in der Zwischensaison, im Winter oder im mich ist eins klar, nach der Zweitwohnungsinitiative, Sommer ist. nach dem Scheitern der Tourismusfinanzierung benöti- Vom Impulsprogramm Olympische Spiele kann der gen wir ein Impulsprogramm für unseren Kanton. Ich ganze Kanton profitieren. Offensichtlich sind der Nutzen glaube, dass ein Anlass wie die Olympischen Spiele die und das Potenzial für die Austragungsorte. Jedoch es Kraft hat, um einen Innovations- und Erneuerungspro- ergeben sich auch Chancen und Potenziale für die übri- zess in Graubünden auszulösen. Für die Erneuerung der gen Regionen des Kantons. Diese sind jedoch nicht so Verkehrsinfrastruktur sind wir auf Unterstützung des offensichtlich und müssen aufgezeigt werden. Ich erwar- Bundes angewiesen. Im harten Verteilkampf um Bundes- te von der Regierung, dass sowohl im Vorfeld der Ab- investitionen für die Verkehrsinfrastruktur haben wir stimmung dieses Potenzial pro aktiv aufgezeigt wird. eher eine Chance, wenn diese Investitionen im Zusam- Und auch bei einem Ja des Bündner Stimmvolkes im menhang mit den Olympischen Spiele stehen. Andern- März des nächsten Jahres muss den Regionen aufgezeigt falls rücken unsere Projekte, unsere bündner Projekte, werden, wo sich Chancen und Potenziale aus den Spielen weit nach hinten auf der Prioritätenliste. Ich erachte es ergeben. Und zwar sollte die Regierung diese Potenziale auch als realistisch und wahrscheinlich, dass durch das klar skizzieren und für alle Regionen pro aktiv aufzei- Projekt Olympische Spiele Erneuerungs- und Innovati- gen. Ob dies in Form eines Berichts oder eines Konzepts onsinvestitionen im Tourismus stattfinden. Und gerade oder wie auch immer geschehen soll, ist nicht so ent- in diesem Bereich haben wir Nachholbedarf, wollen wir scheidend. Wichtig ist einzig und allein, dass die Poten- nicht noch mehr an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. ziale für alle Regionen aufgezeigt werden. Ich bitte den Olympische Winterspiele 2022 sind ein positives Signal Regierungsrat hier auch entsprechend eine Protokoller- an potenzielle Investoren, welche ansonsten vielleicht klärung abzugeben, ob er dazu bereit ist. Ob die Potenzi- andere Destinationen für ihre Investition bevorzugen. Ich ale genutzt werden, ob der Kanton dank Olympischen habe Verständnis für viele Punkte welche Kollege Pult Spielen einen nachhaltigen Erneuerungsprozess einleiten hervorgebracht hat. Nur bei dem einen Punkt mit dem kann. Kostenproblem teile ich seine Meinung nicht ganz. Ob der Effekt der Olympischen Spiele auch nach 2022 Wenn ich richtig verstanden habe, argumentiert er, dass anhält, das hängt von den einzeln Akteuren in den Regi- dank den Investitionen das Kostenproblem sich verschär- onen ab. Die kantonale Politik kann die Rahmenbedin- fen würde. Wäre der Umkehrschluss dann, man sollte gungen schaffen, kann die Potenziale und Chancen auf- überhaupt nicht investieren im Tourismus. Das Argu- zeigen. Ob diese jedoch genutzt werden und damit ein ment verstehe ich nicht ganz. Ich habe durchaus Ver- nachhaltiger Effekt für die Wirtschaft und den Touris- ständnis, wenn man moniert, es sei wahnsinnig wie viel mus erzielt werden kann, entscheidet jeder einzelne Mittel für einen Anlass von zwei Wochen ausgegeben Akteur. Ich glaube daran, und ich glaube auch daran, werden. Für mich geht es nicht um diese zwei Wochen dass unsere Regionen diese Chance wahrnehmen wür- per se, sondern um die Kraft, welche diese zwei Wochen den. Ich bin für Eintreten und unterstütze das Projekt Olympia Graubünden 2022.
512 3. Dezember 2012 Hartmann (Chur): Wir haben gehört wie wichtig die wo schon fast alles vorhanden ist, wo man weiss, wie Olympischen Winterspiele für Graubünden sind und man grosse Sportanlässe organisieren muss, wo man welche Chancen sich uns durch diese Spiele eröffnen. nicht wie in Sotchi oder anderen negativen Beispielen Wir haben auch gehört wie wichtig es ist, wieder Pio- ganze Landschaften verschandeln muss, um die Spiele niergeist zu zeigen, dass es nötig ist diese nachhaltigen durchführen zu lassen? Investitionen zu tätigen, dass wir durch die Vorbereitung Auch touristisch ist dieser Grossanlass für uns wichtig. und die Durchführung der Spiele zu Wachstum gelan- Die Verkehrswege in die bündner Tourismusorte werden gen, welches jede Einwohnerin und jeder Einwohner dank Olympia kürzer, die touristischen Infrastrukturen Graubündens positiv zu spüren bekommt. Das alles erneuert und das touristische Angebot erweitert. Dank stimmt und es ist eine grosse Chance für Graubünden den olympischen Winterspielen kann der Tourismus im sich der Welt als offenen, sportlichen, anpackenden, ganzen Kanton nachhaltig gefördert werden. Wie bereits gastfreundlichen, schneesicheren, naturverbundenen, gesagt und gehört, es ist richtig und wichtig, das wir über naturbelassenen Kanton zu präsentieren. Es stimmt auch, Finanzen, Nachhaltigkeit, touristischen Nutzen und dass wir zu diesen für den Kanton so wichtigen Investiti- Infrastruktur reden. Vergessen wir aber nicht um was es onen in den Schienen- und Strassenverkehr nur kommen, wirklich geht, nämlich um Olympische Spiele, um den wenn sie im Zusammenhang mit Olympia stehen. Seien Sport, um die Jugendförderung. Ein Ereignis, das sich wir doch ehrlich, die meisten, der im Zusammenhang mit nur alle vier Winter abspielt und bei dem sich die Welt- Olympia geplanten Investitionen in den Verkehr würden jugend an verschiedenen Wettbewerben und Disziplinen ohne Olympia, wenn überhaupt, erst irgendwann ausge- misst. Wir wollen der Jugend der Welt zeigen, wie schön führt. Sie würden auf die lange Bank geschoben, müss- es in Graubünden ist, wie gut wir organisieren können, ten anderen Investitionsanträgen anderer Regionen Platz wie nachhaltig wir das auf die Beine stellen können. Wir machen und würden, wenn überhaupt, erst realisiert, zeigen, dass wir die Wiege des Wintersports sind und wenn hier im Saal unsere Enkel, oder bei einigen auch dass es für uns eine riesen Chance ist der ganzen Welt zu schon Urenkelinnen sitzen. zeigen, dass wir wirklich gastfreundlich sind. Hier greift dann eben auch der Minderheitsantrag der SP Zusammenfassend kann ich sagen, wenn man sich auf zu kurz, der diese Investitionen zwar will, aber ohne die Olympiavorlage einlässt, alles gut studiert, sich mit Olympia. Die Milliarde des Bundes kommt nur im Zu- den Ideen der Macher auseinandersetzt und diese einer sammenhang mit Olympia. Es wäre realitätsfremd zu kritischen Prüfung unterzieht und dabei alle Chancen glauben, dass man mit dem Kantonsanteil von 300 Milli- und Risiken abschätzt, dann kommt man mit bestem onen wirklich nachhaltige Investitionen für den ganzen Wissen und Gewissen zum Schluss, dass man Ja zu Kanton tätigen kann. Da gebe ich Grossrat Caduff ganz Olympia in Graubünden sagen soll. Apropos Risiken: Recht. Wir diskutieren hier also über Investitionen, Mit weichen Knien hat noch nie jemand die Welt ent- Nachhaltigkeit, Innovation, Vermächtnis, Kosten und deckt. Pioniergeist erfordert Mut. Unsere Vorfahren finanzielle Risiken. Selbstverständlich ist diese Diskus- haben diesen gehabt, als sie z.B. die Albulabahnstrecke sion sehr wichtig. Denn niemand hier im Saal möchte, oder andere für die damalige Zeit mutigen Bauwerke dass während den Spielen ein verkehrstechnisches Chaos erstellten. Ich hoffe, dass wir nun auch den Mut haben, herrscht und nach den Spielen olympische Ruinen und auch etwas Grosses anzupacken. In diesem Sinne bin ich ein finanzieller Scherbenhaufen zurück bleibt. Also muss für Eintreten. man sich im Vorfeld zu Olympia fundiert damit ausei- nandersetzen, damit man solche Schreckensszenarien Kunz (Chur): Die FDP-Fraktion hat sich intensiv mit verhindern kann. Und genau das haben die Olympia- dem Olympiadossier auseinandergesetzt und hat nament- Promotoren getan. Sie wollen nachhaltige und weisse lich zwei Aspekte, die ihr besonders wichtig sind. Und Spiele. Spiele, die keine Ruinen hinterlassen und die das ist die ökologische wie auch die finanzielle Nachhal- Natur nicht ausbeuten. Sie wollen keine gigantischen tigkeit. Natürlich, Grossrat Pult, Olympia, das haben wir Spiele, die in einer grauen Stadt und dann noch irgend- genauso in diesen Worten auch schon gesagt, Olympia wo, stundenweit entfernt, an einem extra für Olympia ist eine grosse Kiste und sie wird einiges auslösen im kahlgeschlagenen Berg stattfinden. Dies ist eben die Kanton aber das wollen wir doch auch. Freuen wir uns grosse Stärke der Kandidatur St. Moritz 2022. In St. auf Zuschauer, die kommen, freuen wir uns auf Gäste, Moritz, in Davos und auf der Lenzerheide sind wir mit- die kommen. Wir haben das grössere Problem in all den ten in der Heimat des Wintersports. Diese Regionen sind Regionen, wo keine Gäste und keine Zuschauer kom- es gewohnt, grosse Sportanlässe zu organisieren. Zu men. Das ist das weitaus grössere Problem. Wenn wir erwähnen sind sicherlich die Skiweltmeisterschaften in das Ganze aus ökologischen Aspekten ansehen, dann ist St. Moritz, Snowboardweltmeisterschaften in St. Moritz es doch ein ganz klares Bekenntnis eben zur Nachhaltig- und Davos, Bobweltmeisterschaften und Weltcup in St. keit und zu einer Absage zum Gigantismus wie ihn Sot- Moritz, Skiweltcup in St. Moritz und auf der Lenzerhei- chi bieten wird und wie ihn Turin geboten hat. Grossrat de oder der Spengler Cup in Davos oder internationalen Pult, das ist doch ein ganz anderes Paar Schuhe, das wir Langlauftag in Davos oder der Engadiner Skimarathon. zeigen wollen. Wir wollen olympische Spiele zeigen bei Dass die Olympischen Winterspiele durchgeführt werden uns in intakter Natur, in intakter Umgebung und der ist eine Tatsache. Unklar ist nur noch, wo sie durchge- ganzen Welt zeigen können, dass wir in der Lage sind, führt werden. Ist es da, wenn wir das Ganze mal global- auch Olympische Spiele in unserem Rahmen darzustel- ökologisch und globalökonomisch betrachten, nicht viel len. Wem anderes als der Schweiz soll das gelingen? besser, wenn die Spiele an einem Ort organisiert werden, Namentlich wenn wir die anderen Kandidaten anschau-
3. Dezember 2012 513 en, so insbesondere Barcelona. Kann es das sein? Wir ten hinzustellen. Und dafür ist Graubünden prädestiniert. wollen Spiele in unserer Umgebung und das ermögli- Ich bin deshalb mit Überzeugung für Eintreten. Der chen. Kanton Graubünden, wir alle, wir können das. Packen Schauen wir die finanzielle Nachhaltigkeit an und das ist wir’s an. ein ganz wichtiger Aspekt. Wir nehmen 300 Millionen Grossrat Stiffler. Franken aus der Sparkasse. Wir haben dieses Geld be- reits. Wofür verwenden wir es? 180 Millionen davon Stiffler (Davos Platz): Mit einer qualitativ hochwertigen wollen wir in die Verkehrsinfrastruktur investieren, Bewerbung um die Austragung der Olympischen Win- wenn wir mehr Geld ausgeben als dort vorgesehen ist, terspiele 2022 positioniert sich die Schweiz als bester dann werden wir darüber entscheiden. Wir entscheiden Austragungsort für nachhaltige Spiele und bietet eine über dieses Budget und wir werden darüber entscheiden, echte Alternative zu den Entwicklungen in den letzten ob wir mehr Geld ausgeben wollen oder nicht. Das liegt Jahrzehnten. Wir haben jetzt schon viel gehört, was gut in unserer Hand. Die anderen Teile aus diesen 300 Milli- sei und was weniger gut sei. Ich sage ihnen auch, ich onen sind die Kosten für die Sicherheit. Das ist ein As- denke einen solchen Steilpass des Bundes müssen wir pekt den man schwer beurteilen kann. Aber Davos wie einfach aufnehmen und reagieren. Wenn der Bund bereit auch St. Moritz sind einfacher zu kontrollieren, um si- ist, so und so viel Geld in diese Olympischen Winter- cher zu machen als Vancouver oder London. Und selbst spiele zu investieren, dann dürfen wir nicht Nein sagen. wenn wir auf Grund eines äusseren Ereignisses mehr Und ich behaupte, auch wenn man zum Beispiel im Polizei brauchen sollten, dann wird irgendwann einmal Kanton Wallis diesen Steilpass geben würde oder dem der Moment gekommen sein, wo der Bund über das Berneroberland, dann wüsste man genau wie dort das Militär einspringen müsste. Und auch hier haben wir Ganze abläuft. Machen wir doch etwas für unsere Jugend damit das Dach eigentlich nach oben begrenzt und der und die Zukunft für unseren Tourismus. Grossrat Pult Kanton Graubünden geht ein ganz bewusst und klar macht es sich ein bisschen einfach wenn er sagt, St. kalkuliertes Risiko ein. Nichts ist – und das wissen wir Moritz und Davos brauchen solche Spiele nicht oder alle –, nichts ist ohne Risiko, aber wenn man nie etwas solche Werbung nicht. Genau das brauchen wir in St. wagt, wenn wir nie etwas versuchen wollen, dann ge- Moritz und in Davos und auch im Kanton Graubünden. schieht nichts. Unser Tourismus muss weiterkommen. Und wenn wir Ja Meine Vorredner haben völlig zu Recht darauf hinge- sagen zu Olympischen Winterspielen im Jahr 2022, dann wiesen, wo der Kanton Graubünden ohne Olympische machen wir einen richtigen Schritt in die richtige Rich- Spiele im Infrastrukturbereich des Bundes existiert, tung. Wir brauchen diese Werbung sonst steht unser nämlich nirgends. Schauen Sie einmal die Bahninfra- Tourismus eines Tages still. Und es ist nicht so blöd zu strukturprojekte an im FinöV, im FABI: Graubünden ist glauben, dass man Spiele bekommt und Gäste, das bleibt praktisch inexistent. Dank Olympia kommen wir über- immer so wie es ist. Gäste kommen weil sie etwas Neues haupt wieder einmal auf den Radar des Bundes. Herr sehen wollen. Und wenn wir ein bisschen Infrastruktur Grossrat Pult hat davon gesprochen, dass die Olympiade aufbauen und uns verbessern, dann haben wir auch ein nicht der richtige Imageträger ist. Ich bin vollkommen besseres Angebot. Also sagen wir Ja zu Olympia 2022 anderer Meinung. Ich halte die Olympischen Spiele für und gehen wir vorwärts in die richtige Richtung. Ich bin ein hervorragendes Ereignis. Denken Sie oder erinnern für Eintreten und werde das auch unterstützen. Sie sich an die Spiele zurück. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Finalspiele im Eishockey zwischen der USA Müller (Davos Platz): Nachdem Grossrat Stiffler schon und der UDSSR damals in Lake Placid. Absolut geniale eine Seite der Davoser Politlandschaft abgedeckt hat, Spiele, die vielen noch in bleibender Erinnerunge sind. möchte ich mich jetzt zur Verfügung stellen und die Oder nehmen Sie näher zurückliegende Ereignisse, neh- Zweite abdecken. Als Davoser ist man ja sozusagen men Sie den 2. Lauf von Carlo Janka in Vancouver. Was direkt Betroffener der Olympischen Spiele. Zugegeben das für eine Begeisterung ausgelöst hat, wie das die der Gedanke irgendwann aus meiner Wohnung in Davos gesamte Bevölkerung hinter diese Spiele geklemmt hat, treten zu können und mich inmitten des Olympiarum- was das für eine vereinigende sinnstiftende Veranstal- mels wieder zu finden, ist für mich persönlich ein sehr tung war. Ich meine, es ist gerade die Schweiz, es ist schöner Gedanke. Es hört sich verlockend an. Ich habe Graubünden und es ist St. Moritz und wohl in dieser Sport schon immer gemocht und in Davos, ob Spengler- Reihenfolge, Grossrat Pult. cup, ISF Snowboardweltmeisterschaften oder die Gros- Natürlich müssen wir St. Moritz als Host-City, weil das sevents SB-Jam oder O’Neill Evolution etc. die bringen IOC es so verlangt, deponieren. Davon von einem Eti- mich immer noch jedes Jahr raus irgendwo auf den Bol- kettenschwindel zu sprechen, finde ich verfehlt. Natür- gen oder eben in die Eishalle. Ein Ereignis wie St. Mo- lich sind das nicht die Spiele von St. Moritz, natürlich ritz 2022 würde ich deswegen selbstverständlich gerne sind es wahrscheinlich auch nicht die Spiele von Grau- miterleben, trotzdem – und das muss man eben gesagt bünden allein, sondern wir brauchen die Schweiz und haben als Davoser – empfinde ich diese Kandidatur mit wir brauchen alle Träger hier, die hier so mitwirken. In Weitsicht betrachtet als etwas fahrlässig, wenn nicht gar diesem Sinne meine ich, es ist richtig, dass sich die gefährlich für unsere kleine Stadt. Ich möchte Ihnen vier Schweiz diesem grossen Projekt annimmt, dass sich Gründe nennen wieso dies so ist. Erstens, das hat Gross- Graubünden diesem Projekt annimmt. Wenn es jemand rat Pult schon gesagt, deswegen muss ich nicht mehr kann, dann wir. Es ist an der Zeit dem IOC einen glaub- allzu lang darauf eingehen, aber einen Imagegewinn würdigen Gegenentwurf zu den bisher gelebten Konzep- wird es für Davos keinen geben. Wir haben bereits einen
514 3. Dezember 2012 grossen Namen sei es als Wintersportort, sei es als Kon- aus auch eine Weltstadt, sind nur 15 Prozent der Immo- gressort und wie Grossrat Pult auch gesagt hat, die Ge- bilien durch ausländische Investoren gekauft. Was be- schichte der Olympischen Spiele zeigt klar, dass Orte deutet das jetzt für Davos? Dank der Zweitwohnungsini- wie zum Beispiel Vancouver, die bereits einen Namen tiative gibt es heute eine definierte Anzahl an Objekten, hatten, nicht gross profitiert haben davon. Lillehammer die überhaupt von Gästen gekauft werden können. Diese hat das, wobei man da auch klar sehen muss, dass Lille- sind bestehende Zweitwohnungen. Ebenfalls in diese hammer kurz nach den Spielen 40 Prozent seiner Hotel- Kategorie gehören die altrechtlichen Erstwohnungen, die lerie wieder verloren hat, weil die Bankrott gegangen laut Verordnung von der Regelung von der Initiative sind. Man muss auch sehen, dass Lillehammer zwei ausgeschlossen sind. In diesen wohnen heute Davoserin- niegel-nagel-neue Skigebiete zum symbolischen Preis nen und Davoser, also Personen, die in Davos leben und von einem Dollar verkaufen musste, weil eben dieser arbeiten. Gibt es nun dank der Olympiaerwartung eine Imagegewinn, wie Sie ihn nennen möchten, nicht nach- erhöhte Nachfrage von ausländischen Investoren wird haltig war. sich der Druck auf die altrechtlichen Erstwohnungen Zweitens: Ebenfalls nicht nachhaltig sind die Investitio- stark erhöhen. Die logische Folge sind steigende Preise nen. Massenspiele – und ich sage bewusst Massenspiele, und Verdrängung der einheimischen Bevölkerung in die weil die Regierung solche vorschlägt in dieser Botschaft Peripherie. Das heisst im Klartext, dass St. Moritz 2022 – können in einer Region wie Davos nicht nachhaltige für Davos eben auch gefährlich sein kann. Stellen Sie Investitionen auslösen und keine langen Wertschöp- sich vor, im Jahre 2025 hat Davos verschiedenste Sport- fungsketten generieren. In Davos ist es schon heute so, anlagen, diese kann es aber nicht füllen auf Grund des dass wenn wir grosse Bauten haben, dass diese Bauten fehlenden Einzugsbereiches und dafür haben wir läh- dann von unterländischen Firmen gebaut werden. Das mende Sparprogramme in den verschiedensten Berei- heisst ab einer gewissen Grösse und wenn wir überlegen, chen des öffentlichen Lebens. Sparprogramme, die vor dass in Davos Sportanlagen in einem kurzen zeitlichen allem die Aussenfraktionen treffen. Man kann sich über- Abstand gebaut werden müssen, werden diese Auftrags- legen, dass man dann in Glaris keine Schule mehr hat volumen zu gross sein, als dass sie die einheimische oder in Dischma kein ÖV etc. und die Leute, die in Da- Wirtschaft einfach abdecken kann. Das heisst, der gröss- vos eben arbeiten, die können sich eine Wohnung nicht te Teil dieser Wertschöpfung, zumindest vor den Spie- mehr leisten. Und Sie können jetzt gut ein bisschen len, wird den Berg hinunter fliessen. lächeln und sagen, das sind Gerüchte, aber wir haben Drittens: Die Opportunitätskosten gehen zu Lasten der heute schon diese Entwicklung. Wir sind heute schon Allgemeinheit. Auf Seite 716 der Botschaft wird prophe- finanziell in der schwierigen Situation, wo es eben die zeit, dass Graubünden im Nachgang der Spiele über eine Davoser Bevölkerung betreffen kann. Unter diesen Vor- ausgezeichnete Sportinfrastruktur verfügen wird. Dem aussetzungen ist eine Olympiakandidatur wie russisches ist sicher so. Das Problem ist die Finanzierung, das steht Roulette spielen. Und ich möchte Sie bitten, auf dieses auch da, wird nach dem nationalen Sportanlagenkonzept russische Roulette zu verzichten. Wir sollten besser auf NASAK erfolgen. Das heisst es wird aufgeteilt zwischen eine Nachhaltigkeit im bündner Tourismus setzen. Das Bund, Kanton und den Gemeinden. Für Davos heisst das, würde uns allen gut tun und nicht versuchen irgendwel- dass wir insgesamt relativ günstig zu unseren Sportanla- che Massenspiele zu organisieren, wie sie was weiss ich gen kommen. Das Problem ist aber, dass sich die Kosten welche despotischen Staaten brauchen, um sich selbst dieser Sportanlagen erstens summieren und zweitens darzustellen. In diesem Sinne bin ich für Eintreten und werden wir diejenigen sein, die diese Sportanlagen werde die Minderheit Pult unterstützen. nachher betreiben müssen. Sie kennen die heutige finan- zielle Situation von Davos. Es ist möglicherweise etwas Felix: Echte Chancen soll man nutzen, wenn sie sich gar blauäugig und prognostisch zu sagen, dass das 2022 ergeben. Man weiss nicht, wann die nächste kommt. Die möglicherweise besser sein wird. Und glauben Sie mir, Fraktion der BDP beurteilt die Kandidatur für die Olym- als Davoser ist mir der Preis, den wir mit Schulden und pischen Winterspiele 2022 in Graubünden als eine sol- Sparpaketen zahlen müssen für ein paar Freizeitanlagen, che, echte Chance und unterstützt deshalb das Vorhaben schlichtweg zu hoch. geschlossen. Das wirtschaftliche Fortkommen unseres Viertens. Die Kombination der Zweitwohnungsinitiative Kantons ist seit mehreren Jahren unterdurchschnittlich. und der Verordnung und den Olympiaerwartungen wird Der Tourismus als Schlüsselbranche unserer Volkswirt- bezahlbaren Wohnraum vernichten. Die olympischen schaft, namentlich in vielen Talschaften, welche dazu Spiele haben immer auch Auswirkungen auf die Immo- keine echten Alternativen haben, weist seit Jahren rück- bilienbranche, dass ist klar. Und in London haben wir läufige Zahlen aus. Das Budget des Kantons, über das gesehen, dass die Nachfrage reicher Ausländerinnen und wir in dieser Session noch zu beraten haben, zeigt uns Ausländer nach Luxusimmobilien vor den Olympischen auf, dass unsere Staatsrechnung mittlerweile zu über 40 Spielen rapide zugenommen hat. Zuletzt im Mai dieses Prozent von den Beiträgen Dritter geprägt ist und damit Jahres stiegen die Hauspreise im Vergleich zum Vorjahr unsere eigene Handlungsfreiheit immer stärker begrenzt um satte sieben Prozent. Wohnungen ab einer Million wird. Und zu guter Letzt droht uns der Finanzplan nach Pfund haben seit der Finanzkrise mehr als einen Drittel 2014 mit einem jährlichen Defizit in dreistelliger Millio- an Wert gewonnen, hauptsächlich in dieser Vorlaufzeit nenhöhe. Meine Damen und Herren, Graubünden zu Olympia. Mehr als 60 Prozent dieser Luxusimmobi- braucht Impulse. Wenn wir den jungen Menschen in lien in London wurden durch ausländische Investoren unserem Kanton für die Zukunft Perspektiven eröffnen gekauft. Jetzt ein kleines Beispiel: In New York, durch- wollen, müssen wir dafür sorgen, dass unsere Volkswirt-
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