Zukunftsperspektiven des Walliser Tourismus - Jubiläumsschrift zum 70. Geburtstag von Wallis Tourismus - RW ...

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Zukunftsperspektiven des Walliser Tourismus - Jubiläumsschrift zum 70. Geburtstag von Wallis Tourismus - RW ...
Zukunftsperspektiven des Walliser Tourismus

Jubiläumsschrift zum 70. Geburtstag von Wallis Tourismus

                 Gottlieb Duttweiler Institut, 2007
Zukunftsperspektiven des Walliser Tourismus - Jubiläumsschrift zum 70. Geburtstag von Wallis Tourismus - RW ...
Impressum
Unabhängiges Thesenpapier des Gottlieb Duttweiler Instituts
im Auftrag von Wallis Tourismus, der Dachorganisation des Walliser Tourismus.
Autoren: Katja Girschik, Karin Frick, David Bosshart
Redaktion: Alain Egli
Rüschlikon Mai 2007
Bildkonzeption, Layout, Produktion:Wallis Tourismus.

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Zukunftsperspektiven des Walliser Tourismus - Jubiläumsschrift zum 70. Geburtstag von Wallis Tourismus - RW ...
Vorwort
   Vorwort

    Feste soll man feiern, wie sie fallen! Die Dachorganisation   können. Klar jedoch, dass wir uns mit diesen
    für den Walliser Tourismus feiert heuer seinen 70.            Veränderungen befassen müssen! Technologische Anpass-
    Geburtstag. Früher bekannt als Walliser Verkehrsverband,      ungen überhäufen sich in immer rasanterem Rhythmus.
    seit 1996 umbenannt in Wallis Tourismus, wird sich unsere     Schneller, besser, billiger gilt nicht nur für die
    Dachorganisation mit Bestimmtheit auch weiterhin mit          Informations- und Kommunikationstechnologie, sie tref-
    Veränderungen zu befassen haben. Sicherlich sei an einem      fen auch auf unsere Mobilität und die Verkehrsmittel zu.
    runden Geburtstag auch der eine oder andere                   Wirtschaftspolitische Ereignisse verändern die emotionelle
    (wehmütige) Rückblick erlaubt. Als Interessenvertreter        Reisekarte in steter Regelmässigkeit. Kaum ein Wirt-
    einer der wichtigsten Branchen unseres wunderschönen          schaftszweig reagiert so sensibel auf solche Veränderungen
    Kantons gehören die Sensoren unserer Organisation aber        wie der Tourismus. Welche Bedeutung haben die neuen
    in die Zukunft gestreckt. Grund genug das Gottlieb            Megatrends von morgen für unsere touristischen
    Duttweiler Institut zu beauftragen, uns mögliche Szena-       Leistungsträger, das Wallis und seine Bevölkerung? Dies zu
    rien aufzuzeigen, in welche Richtung sich der Walliser        erörtern gilt es in der nachfolgenden Studie. Bei dieser
    Tourismus in Zukunft bewegen könnte. Die vorliegende          Gelegenheit möchten wir es nicht unterlassen, der Loterie
    Studie befasst sich mit den globalen Megatrends, die auch     Romande unseren Dank auszusprechen und ebenfalls zu
    am Wallis nicht spurlos vorbei gehen werden. Soziale          ihrem Geburtstag zu gratulieren. Zum Anlass ihres 70.
    Veränderungen finden statt und werden sich sehr stark auf     Geburtstages hat sie sich bereit erklärt die Kosten für das
    den Tourismus von morgen auswirken. Immer mehr ältere         vorliegende Werk zu übernehmen. Herzlichen Dank und
    Menschen, längere Arbeitszeiten und die zunehmende            viel Glück zum Geburtstag.
    Orientierung an immateriellen Werten zeichnen sich
    heute schon ab. Klimaerwärmung ist Tatsache geworden.                           Urs Zenhäusern, Direktor Wallis Tourismus
    Offen steht, wie lange sie dauern wird und wie hoch die
    künftigen Durchschnittstemperaturen ansteigen werden.
    Unklar und kontrovers noch die Meinung, wie wir mit
    unserem Verhalten diesen Prozess wesentlich beeinflussen

                                                                                                                            3
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Mehr  als
   Mehr       Matterhorn
        als Matterhorn und Raclette und Raclette
     Thesen und Perspektiven zur Zukunft des Tourismus’ im Kanton Wallis

      7      Einleitung

      9      Mächtigste Treiber und Trends
      9      Sozioökonomische Veränderungen
     11      Technologische Veränderungen
     12      Wirtschaftspolitische Veränderungen
     13      Klimatische Veränderungen

     19      Szenarien als Orientierungspunkte
     19      Szenario 1: «Death Valais»
     22      Szenario 2:Wallis der Nischen
     26      Szenario 3:Wallis Inc.
     31      Szenario 4: Eco-Valley Wallis

     39      Fazit und Empfehlungen : Das Wallis und die Walliser

     43      Anhang

                                                                           5
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Einleitung
    Einleitung

     Die Kunden werden immer unberechenbarer, das Klima            Methode
     auch, die Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft,          Grundlagen dieses Papiers sind Fachliteratur, Desk-
     Politik und Technologie sind zunehmend dynami-                Research und qualitative Interviews mit Experten, die in
     scher, und der Markt für Ferien und Reisen steht in           Absprache mit Wallis Tourismus ausgewählt und im März
     einem rasanten Wandel. Davon ist auch der Kanton Wallis       2007 befragt wurden. Ihre Antworten fliessen in Trend-
     betroffen.                                                    überblick und Szenarien ein. Alle Erkenntnisse wurden
     Der Dachverband Wallis Tourismus wagt aus Anlass seines       mit GDI-Trendanalysen zu einer Gesamtschau zusam-
     70-Jahre-Jubiläums einen Blick nach vorne. Die vorlie-        mengeführt und weiterentwickelt.
     genden Überlegungen zur Zukunft des Tourismus’ im
     Kanton Wallis sollen der Branche neue Perspektiven und
     Strategien aufzeigen: Wie sehen die Trends und Ent-
     wicklungen der kommenden 15 Jahre aus? Wohin führt
     der gegenwärtig eingeschlagene Weg ? Wo bestehen
     Entwicklungsmöglichkeiten? Wie müssen die strategi-
     schen Weichen gestellt werden? Welche Bedürfnisse und
     Wünsche haben die Gäste von morgen?
     Vier gänzlich verschiedene Szenarien zeigen strategische
     Handlungsoptionen. Als Basis dient eine Analyse des
     Walliser Ferienmarkt von heute: Was verändert sich, wel-
     ches sind die treibenden Faktoren? Ziel ist, eine konstruk-
     tive Diskussion über zukunftsgerichtete Strategien zu
     initiieren. Damit richtet sich diese «Versuchsbohrung in
     die Zukunft» nicht nur an die Leistungserbringer des
     Tourismus’ im Wallis, sondern an die gesamte Bevölkerung
     des Kantons.

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Mächtigste          Treiber
   Mächtigste Treiber und Trends und Trends
     Die Zukunft des Walliser Tourismus’ wird von einer           nierten zu. Diese Zielgruppe hat überdurchschnittlich viel
     Vielzahl unterschiedlicher, nicht selten gar gegenläufiger   Geld und Zeit – die wichtigsten Güter potenter
     Faktoren beeinflusst. Hier die relevantesten:                Nachfrager. Und die vermögender Alten sind hedonistisch
                                                                  geprägt: Sie reisen gerne und viel, sind vielseitig inter-
     Sozioökonomische Veränderungen                               essiert, essen gerne gut, begeistern sich für ausgesuchte
                                                                  Weine, möchten geistreich unterhalten werden und
     Die Arbeitszeit nimmt zu                                     mögen sich bewegen, aber nicht überanstrengen.
     Die Erwerbstätigen der westlichen Welt werden wieder         Gesundheit und körperliches Wohlbefinden stehen für sie
     mehr und länger arbeiten müssen. Die Freizeit nimmt ab,      im Zentrum.
     die Reisen werden kürzer, näher gelegene Destinationen
     attraktiver. Da auch die Arbeit auf Abruf zunimmt, werden    Die neue Familie
     Ferien kurzfristiger und spontaner geplant, die grossen      Die klassische Familie mit Mutter,Vater und zwei Kindern
     Sommerferien, den traditionellen Skiurlaub gibt es nicht     ist schon lange nicht mehr die vorherrschende
     mehr. Für gestresste Arbeitsnomaden werden die Ferien zu     Familienform. Die Patchwork-Family umfasst ganze
     einer wichtigen Regenerationsphase:Von einer reizüber-       «Familiennetze» mit Kindern, Eltern, Grosseltern,Tanten,
     sättigten Generation als Zeit des Rückzugs und der           geschiedenen Ehepartnern und gleichgeschlechtlichen
     Selbstbestimmung eingesetzt, um die knapper werdende         Lebenspartnern. Der Begriff der Familie muss neu
     Freizeit gezielt zur Befriedigung grundlegender Bedürf-      definiert werden, denn es gibt nicht mehr nur junge
     nisse zu nutzen – von der Gesundheitspflege bis zur          Familien. So kann eine 45-Jährige mit ihrem Säugling,
     Partnersuche.                                                ihrer 80-jährigen Mutter und deren 65-jährigen zweiten
                                                                  Ehemann in die Ferien fahren. Diese Familien haben
     Die Menschen werden älter                                    unterschiedlichste Bedürfnisse, die alle innerhalb der glei-
     Die Menschen leben immer länger. 2020 wird ein Drittel       chen Destination befriedigt werden sollen – und sie
     der europäischen Bevölkerung über 50 Jahre alt sein, aber    wollen vom Familientarif profitieren.
     auch in Japan oder Australien nimmt die Zahl der Pensio-

                                                                                                                             9
Champex-Lac

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Feminisierung des Reisens                                  Werte – was gut ist und gut tut. Und so will man auch in
Frauen werden im Tourismus zu einem wichtigen              den Ferien kein weiteres Spektakel erleben, sondern
Kundensegment. Immer öfter entscheiden sie sich für        Erfahrungen machen: Kontakt mit realen Menschen, statt
einen Lebensweg ohne Familie, die ununterbrochene          mit uniform geschulten Dienstleistungserbringern; das
Erwerbstätigkeit gibt ihnen die ökonomische Möglichkeit    Lokale, Regionale, Spezifische erfahren.
zum Reisen – vermehrt allein oder mit anderen
Frauen. Frauen wollen sich auf Reisen wohl fühlen:         Technologische Veränderungen
Wellness, Beauty, Fashion, Design, Kultur, Bildung,
soziale Kontakte, auch Partnersuche, sind Services, die    Immer leistungsfähigere Informationstechnologien
sie ansprechen. Frauen sind zudem die treibenden Kräfte    Verbreitung, Verfügbarkeit und Leistungsvermögen von
der Lohas (Lifestyle of Health and Sustainability), die    Informations- und Kommunikationstechnologien wach-
ihren Lebensstil nach gesundheitsbewussten und ökologi-    sen weiter. Dadurch informieren sich Kunden immer
schen Kriterien ausrichten. Für sie müssen auch Ferien     schneller, besser und billiger über Reiseangebote und
ethisch und ökologisch korrekt und verantwortbar           ihre Qualität. So zeigen interaktive Landkarten, wie das
sein. Die Hälfte aller verheirateten Frauen über 65 sind   nächste Urlaubsziel aussieht und welche Angebote es dort
Witwen.                                                    gibt. Online-Bewertungssysteme und Blogs ermöglichen
                                                           es, eine Destination, ein Hotel, ein Restaurant schon
Immaterielle Werte                                         vor Reiseantritt auf Herz und Nieren zu prüfen.
Je älter die zwischen 1946-1964 geborenen Babyboomer       Qualitätsabfälle werden unerbittlich abgestraft ; die
werden, desto weniger hängt ihr Glück von materiellen      Freundlichkeit und Servicebereitschaft des Personals aber
Werten ab.Vielmehr strebt diese «Generation Gold» nach     auch sofort einer potentiellen Weltöffentlichkeit zur
persönlichen Erfahrungen und spannenden sozialen           Kenntnis gebracht. Übersetzungsassistenten stehen rund
Beziehungen. Einen hohen Stellenwert haben bei ihnen       um die Uhr zur Verfügung, und GPS-Tracking führt die
intakte Familien, Gemeinschaften, Vertrauen, Moral und     Gäste selbst in die entlegendsten Gegenden.
Religion. Die Neuen Alten suchen vermehrt substantielle

                                                                                                                  11
Renaissance der Eisenbahn                                    St. Gallen sollen nach Eröffnung dieses Astes der
Immer restriktivere Sicherheitsbestimmungen machen           Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (NEAT) jährlich bis
Fliegen zur Tortur und verhelfen der Eisenbahn zu einem      zu 400 000 zusätzliche Feriengäste ins Wallis reisen – eine
Comeback. Auch Umweltbedrohung, Rohstoffknappheit            Zunahme von zehn bis zwanzig Prozent. Dadurch wird
und Dauerstau auf den Verkehrsachsen lassen das Reisen       mit Mehrumsätzen von rund 60 Mio. Franken und
mit der Eisenbahn wieder attraktiv erscheinen, im konti-     gegen tausend zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Touris-
nentalen Verkehr gehört die Zukunft dem Zug – zum            musbranche gerechnet.
Vorteil der Schweiz, die eines der weltbesten öffentlichen
Verkehrsnetze hat : pünktlich, sauber und mit spek-          Wirtschaftspolitische Veränderungen
takulären Streckenführungen, die schon an sich einen
hohen touristischen Wert aufweisen – man denke nur an        Der Osten gewinnt an Bedeutung
den Glacierexpress zwischen Zermatt und St. Moritz.          Die asiatischen Märkte boomen. Reichtum und Macht
Kunden sehen das Reisen und vor allem die Mobilität im       verschieben sich zunehmend nach Osten. In Indien und
Zeichen der «total costs»: die steigende Sensibilisierung    China entsteht eine schnell wachsende Mittelklasse, die
verlangt nach durchgängiger Transparenz. Was sind die        reisen will und sich dies auch leisten kann. Laut Schät-
wirklichen Kosten, die beim Reisen anfallen?                 zungen der WTO sollen im Jahr 2020 rund 100 Millionen
                                                             Chinesen pro Jahr Urlaub im Ausland verbringen.
Bessere Erreichbarkeit dank Lötschbergtunnel
Wenn die Schweiz das verkehrstechnische Herz Europas         Die politischen Unsicherheiten nehmen zu
ist, dann stellt das Wallis eine seiner Herzklappen dar.     Die politischen Unsicherheiten nehmen weltweit zu und
Mit der Eröffnung des Lötschbergbasistunnels im              behindern interkontinentale Reisen. Die Schweiz, das
Dezember 2007 verbessert sich die Erreichbarkeit des         Wallis, mit schon heute hohem Anteil inländischer und
Wallis per Eisenbahn zudem markant; Oberwallis und           grenznaher Gäste, kann zusätzlich profitieren. Aber auch
Mittelwallis profitieren von signifikanten Reisezeit-        Gäste aus Asien reisen vermehrt in die Schweiz, weil sie
verkürzungen. Gemäss einer Studie der Universität            ihre Sicherheit und Stabilität schätzen.

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Liberalisierung und Privatisierung gehen weiter            die Schneegrenze bis ins Jahr 2050 um bis zu 350
Die wirtschaftliche Integration Europas schreitet voran.   Höhenmeter ansteigt.1
Die Schweiz gerät vermehrt unter Druck, sich den gesetz-   Gleichzeitig werden die Schneemengen aufgrund der
lichen Rahmenbedingungen der EU anzupassen. Der            erwarteten Zunahme der Winterniederschläge in
Staat zieht sich zunehmend aus den öffentlichen            Lagen über 2000 Metern zunehmen. Dies kann für
Bereichen zurück, Liberalisierung und Privatisierung       Skipisten und andere touristische Infrastruktur zur
gehen weiter. Strukturerhaltende Massnahmen und            Bedrohung durch Lawinen führen. Überdies steigt mit
Subventionen finden immer weniger Unterstützung und        auftauendem Permafrost und Rückzug der Gletscher die
werden abgebaut; Eigeninitiative und Pioniergeist werden   Gefahr von Bergstürzen und Erdrutschen; Verkehrswege
hingegen belohnt.                                          sind gefährdet, Tourismusorte schwerer erreichbar,
                                                           Wander-, Bergtour- und Kletterrouten von Steinschlag
Klimatische Veränderungen                                  bedroht.
                                                           Überhaupt treten Extremereignisse durch die Veränderung
Allgemeine Entwicklung                                     des Niederschlagsregimes häufiger auf: Hitzewellen,
Die globale Erwärmung hat gravierende Auswirkungen         Trockenheit oder heftige Niederschläge gefolgt von
auf das Klima in der Schweiz, reagieren doch gerade        Hochwassern. Längerfristig verschwinden kleinere
die sensiblen Zonen der Alpen stark auf Störungen          Gletscher, das Landschaftsbild verliert an Attraktivität,
des ökologischen Gleichgewichts. Auch in den Bergen        Flora und Fauna verändern sich in nicht absehbarem
wird es im Sommer generell heisser und trockener,          Ausmass.
im Winter wärmer und nässer. So geht das Beratende         Neben allen Risiken bietet die Klimaerwärmung für den
Organ für Fragen der Klimaänderungen (OcCC) in             alpinen Tourismus auch Chancen. Insgesamt sind die
der Schweiz bis zum Jahr 2050 von einer Erwärmung          zahlreichen und vielfältigen Folgen die Klimaveränderung
um rund zwei Grad Celsius in Herbst, Winter und            für den Walliser Tourismus der wohl wichtigste
Frühjahr aus sowie um knapp drei Grad Celsius              Einflussfaktor, weshalb ihren Auswirkungen hier etwas
im Sommer. Die Experten erwarten darum, dass               mehr Platz eingeräumt wird.

                                                           1 Der Unsicherheitsbereich liegt bei 1 bis 5 Grad Celsius.

                                                                                                                        13
Wintersport nur noch in grossen Höhen                       der Alpen. Immerhin dürfte die Wintersaison aber schon
Auch der Walliser Winter wird weniger schneesicher.         bei einem geringen Temperaturanstieg wesentlich kürzer
Schon heute sehen sich die Betreiber von Skigebieten mit    ausfallen.
einer kürzeren Saison und einem Anstieg der Schnee-
grenzen konfrontiert. Langfristig werden nur die grossen,   Schneesport wird noch kapitalintensiver
finanzkräftigen Destinationen mit Skigebieten über 1800     Je weniger Schneefall, desto grösser die künstlich zu
Metern überleben. Mittelgrosse Skiorte in mittleren         beschneiende Fläche – mit steigendem Aufwand an
Lagen (1500-1600 Meter über Meer) sind demgegen-            Technik und Kapital. Denn Wasserknappheit, hohe Luft-
über die grossen Verlierer der Klimaerwärmung, weil sie     temperaturen, geringe Luftfeuchtigkeit und andere
für die Erneuerung ihrer Infrastruktur keine Investoren     klimabedingte Veränderungen setzen der Beschneiung
finden.                                                     physikalische Schranken. Weitere Kosten verursachen als-
Berechnungen der OECD sagen voraus, dass viele              dann veränderte Pistenverläufe, Gletscher-Abdeckungen,
europäische Skiorte wegen des klimabedingten Schnee-        Beschneiungsanlagen, Speicherseen oder neue Permafrost-
mangels werden schliessen müssen: in Deutschland nahezu     Verankerungen – wobei das Wallis mit seinen hohen Ber-
alle, in Österreich immerhin 70 Prozent. Die schwei-        gen von solchen kostspieligen Fundamentssanierungen bei
zerischen Skigebiete hingegen gelten dank ihrer             Masten und Bergbahnstationen besonders betroffen ist.
Höhenlage als weniger gefährdet: Nur gerade ein Zehntel     So wird der Klimawandel beachtliche Investitionen ver-
der schneesicheren Skiregionen wäre bei einem               langen, allein um den Umsatz zu halten. Experten zufolge
Temperaturanstieg um ein Grad Celsius gefährdet, beim       sollten die Wintersportorte noch etwa die Dauer eines
Extremfall einer viergrädigen Erwärmung wären es die        Investitionszyklus’ Zeit haben – also ca. 25 Jahre –, um sich
Hälfte aller Gebiete. Im Wallis wiederum müssten nur        auf die klimatischen Veränderungen einzustellen.
zehn der heute 49 Orte aufgegeben werden, weshalb gilt:
Das Wallis bliebe dank seiner neun über 3000 Metern über    Schneesport wird exklusiv
Meer reichenden Skiregionen selbst bei einer starken        Mit steigender Schneegrenze werden Skiorte unter 1700
Klimaerwärmung eines der schneesichersten Skigebiete        Metern aufgegeben, sind Bergbahnen in höhere Lagen

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Herbststimmung im Val Ferret

              15
doch oft zu teuer. Diese Gebiete müssen sich neu orien-      profitiert der Immobiliensektor. Die im Zuge der
tieren, Skifahren wird aus dem Angebot gestrichen. Die       Globalisierung und Deregulierung voranschreitende
Nachfrage der SchneesportlerInnen verlagert sich dadurch     Reichtumsverlagerung führt zur radikalen Ökono-
auf einige wenige hochgelegene, schneesichere Locations,     misierung der Natur.Vermögende Private sammeln (nicht
die ihr Angebot hochpreisig verkaufen können – Skiferien     nur) immer mehr Kunst, sondern auch immer mehr
sind wieder ein Zeichen sozialer Distinktion, und der        Natur. Welchen Wert haben Investitionen in unberührte
Winterzauber, in einer tief verschneiten Landschaft Ski zu   Natur? Was ist der Besitz von schneesicheren Bergen,
fahren, Skitouren zu machen oder zu wandern, wird zum        Gletscher, Flüsse und Wälder Wert?2 Nachdem in den
exklusiven Erlebnis.                                         letzten Jahrzehnten vermehrt Schlösser, Kirchen, Regier-
Als Massensport hingegen wird der Schneesport länger-        ungsgebäude und historische Bauten privatisiert und
fristig an Bedeutung verlieren. Schon heute trifft Vico      umgenutzt wurden, stellt sich die noch viel radikalere
Torrianis Hit «Alles fährt Ski» (1963) auf die multikul-     Frage, was die Privatisierung der Natur für Folgen haben
turelle Bevölkerung der Schweiz nicht mehr zu. Bald ler-     könnte. Es steht ausser Zweifel, dass irrationales
nen Kinder gar nicht mehr Skifahren, weil sich in der        Investorenpotenzial vorhanden ist.
nahen Umgebung keine Gelegenheit dazu bietet.
Alternative Kurse – z.B. im Klettern – ersetzen das tradi-   Sommertourismus
tionelle Skilager für Schulkinder.                           Heute hängt der Erfolg der meisten Tourismusorte im
                                                             Wallis von der Wintersaison ab, vor allem die Bergbahnen
Goldige Zeiten für die Immobilienbranche                     sind entscheidend darauf angewiesen. Mit den zu
Die zunehmende Exklusivität des Wintersports lässt die       erwartenden klimatischen Veränderungen wird der
Nachfrage nach Ferienwohnungen in schneesicheren             Sommertourismus an Bedeutung gewinnen. Denn die
Destinationen steigen. Das führt zu mehr Zweitwohnung-       Klimaerwärmung bringt eine neue Kategorie von
en, wenn die gesetzliche Regulierung gelockert werden.       Sommertouristen hervor : Menschen, die zuvor mit ihrer
Oder aber die Übernachtungspreise steigen wegen der          Familie nach Italien ans Meer gefahren sind, die Hitze am
steigende Zahlungsbereitschaft der Kunden. In jedem Fall     Strand nun aber nicht mehr ertragen. Sobald es in den

                                                             2 Die bekanntesten Investoren sind etwa Ted Turner oder Douglas Tompkins.

16
Städten, den oberitalienischen und den niederrheinischen
Ebenen brütend heiss ist, wird die traditionelle Fahrt in die
Sommerfrische wieder aktuell.
Während die unsicheren Witterungsverhältnisse in den
Bergen heute ein Nachteil für alpine Aktivitäten sind,
führt die Klimaveränderung zu stabilen Schönwetterlagen
und verlängert den Bergsommer mit seinen angenehmen
Temperaturen bis in den Spätherbst.

                                                                17
18
Szenarien
    Szenarien als als     Orientierungspunkte
                  Orientierungspunkte

     Wie weiter, welche Optionen bestehen, und was, wenn           bei sind – so das erste Szenario und auch der gegenwärtig
     man gar nichts ändert? Die nachfolgenden Szenarien            eingeschlagene Weg. Die regionale Vogelstrauss-Politik
     zeigen vier mögliche Hauptstränge von Entwicklungen           wird begleitet von einer Abschottung der Schweiz, was das
     auf – als bewusst überzeichnete Fiktion, die zum frucht-      Land zu einem isolierten, regulierten Markt mit wenig
     baren Nachdenken und Diskutieren anregen soll.                Binnenwettbewerb verkommen lässt. Das Angebot orien-
                                                                   tiert sich allein an der inländischen Nachfrage, und die
     Szenario 1: «Death Valais »                                   Strukturen sind intransparent : Wer von welchen
                                                                   Subventionen und Fördermassnahmen profitiert ist unklar,
     Kernidee : Das Wallis blockiert sich politisch, verpasst      ebenso wie die verfügbaren Mittel am effizientesten
     Entwicklungen, wird zweitklassig und verliert dadurch         eingesetzt werden könnten.
     Profil, Gäste und schliesslich Arbeitsplätze. Der
     Kanton gerät in eine Zerreissprobe.                           Bremsklotz Föderalismus
     Die grossen Entwicklungen der kommenden 15 Jahre              Gemeindegrenzen bestimmt das Denken, jede Kommune
     werden überregional, national, ja sogar international sein.   hält sich für die Welt. So wird der Föderalismus, eine wich-
     Die Abhängigkeiten nehmen zu und es gibt kein                 tige und international oft kopierte Errungenschaft der po-
     Ausserhalb mehr. Alle Stufen der touristischen Wert-          litischen Schweiz, im Wallis zum Bremsklotz. Die Akteure
     schöpfungskette – Reisemittler, Veranstalter, Transport-      orientieren sich am politisch Machbaren statt am sozial
     und Gastgewerbe – unterliegen einem steigenden globalen       und wirtschaftlich Wünschbaren und Möglichen. Der Wil-
     Konkurrenzdruck. Sie reagieren darauf mit Expansions-         le zur Veränderung ist gering, die Abwehrreflexe sind stark.
     und Konzentrationsstrategien, die zunehmend mit inter-        Auch die Tourismusbranche hält an ihren traditionell
     nationalen Investitionen, Fusionen und Kooperationen          gewachsenen, kleinteiligen Strukturen fest. Die Ent-
     umgesetzt werden.                                             scheidungsträger sind einzig ihren Partikularinteressen
     Die Walliser verkennen diese Bewegungen, verlieren den        verpflichtet und können sich auf keine gemeinsamen
     Anschluss, weil die überheblichen Akteure nicht merken,       Ziele einigen. Ein politischer oder gesellschaftlicher
     dass die goldenen Zeiten des alpinen Tourismus längst vor-    Konsens über gemeinsame Strategien fehlt gänzlich.

                                                                                                                             19
Was folgt, ist die totale Regulierung. Verschiedene           gasse. Nur die grossen und finanzstarken Destinationen
Interessengruppen erreichen, dass ihre Anliegen in            wie Zermatt, Saas-Fee, Crans-Montana, Leukerbad und
Gesetzen und Verordnungen festgeschrieben werden. Die         Verbier können in der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur des
gesamte Branche ist gelähmt, die Kräfte total zersplittert,   Wallis noch überleben und sich im höherpreisigen Luxus-
jeder kämpft ums eigene Überleben. Vernetzte Angebote         Segment behaupten.
gibt es kaum, jeder Kurverein, jedes Hotel, jede Bergbahn     Die Gäste bemerken das Ausbleiben der Investitionen erst
versucht, das eigene Angebot zu verkaufen; Alleingänge        kaum, doch mit der Zeit veraltet die Infrastruktur
sind alltäglich, Orte verschulden sich und gehen Konkurs.     unübersehbar. Innovationen werden so spät übernommen,
                                                              dass die Kunden nicht mehr dafür zu bezahlen bereit sind.
Tödlicher Kostendruck                                         Die Standards sinken auf «genügend», ein Angebot im
Alle Destinationen wollen alles anbieten, wodurch sie für     zweitklassigen Mittelfeld wird zur Regel. Kunden auf der
die Gäste kaum mehr unterscheidbar sind. Das Wallis als       Suche nach einem guten Preis-Leistungsverhältnis reisen
Ganzes verliert an Profil. Neid dominiert, weil man nur       nach Österreich, wo sie sich billigere Bergferien mit
noch darauf schaut, was der andere macht. Für die Kunden      einem besseren Angebot gönnen.
sind hohe Such- und Informationskosten die Folge,
weshalb sie sich klarer positionierten Destinationen mit      Niedergang eines Me-too-Anbieters
integrierten Services zuwenden.                               Der internationale Wettbewerb im Tourismus verschärft
Die staatliche Subventionierung zweitklassiger Destina-       sich. Das Image des sauberen, qualitativ hoch stehenden
tionen provoziert politischen Widerstand. Der Zwang zum       Ferienlandes Schweiz verblasst, ihr Ansehen fällt zurück.
Sparen wächst, der Tourismus reagiert mit verschärften        Die Schweiz verliert seinen Status als DAS Land für erst-
Kostenkontrollen, Personalkosten werden gedrückt,             klassigen, alpinen Tourismus.
Investitionen verschoben. Dann folgen Preiserhöhungen         Das Wallis wird zum Me-too-Anbieter mit verbauten
und Leistungsabbau, die Betriebe orientieren sich primär      Berghängen, veralteten Seilbahnen und herutergekomme-
an den Kosten. Die ganze Tourismusbranche ist in einem        nen Hotels. Die Gletscher haben sich zurückgezogen,
Nullsummenspiel blockiert, befindet sich in einer Sack-       Schnee findet sich nur noch in hohen Lagen, die

20
Weinstock in Salgesch
in der Region
Sierre-Anniviers

           21
Landschaft verliert an Attraktivität. Felsstürze, Murgänge   ●   Abstieg in die Mittelmässigkeit.
und Überschwemmungen nehmen zu, weil sich niemand            ●   Sinkende Margen, weil das mittelmässige Angebot nur
um die Konsequenzen der Klimaerwärmung schert.                   noch über den Preis vermarktet werden kann.
Erste Destinationen und Bergbahnen müssen Konkurs            ●   Das Wallis ist unterbewertet und wird nach dem
anmelden. Arbeitsplätze gehen verloren, die Walliser             Vorbild von Andermatt sukzessive von internationalen
Seitentäler leeren sich. Die Bevölkerung drängt zur Indu-        Beteiligungsgesellschaften aufgekauft.
strie im Rhonetal oder pendelt nach Bern und Zürich zur
Arbeit. Die Differenzen zwischen Ober- und Unterwallis       Szenario 2: Wallis der Nischen
verstärken sich weiter. Der wirtschaftliche Niedergang von
grossen Regionen stellt den Kanton vor eine politische       Kernidee: Das Wallis macht seine Vielfalt zum
und soziale Zerreissprobe.                                   Verkaufsargument, unzählige kleine Anbieter
                                                             bewirtschaften unzählige Nischen. Dank einem
« Death Valais »                                             gemeinsamen Internetauftritt kann jeder Ort seine
                                                             Einzigartigkeit effizient vermarkten.
Chancen                                                      «Typisch Wallis – einfach anders» lautet der Slogan von
●Wenige Konflikte, da kaum Eingriffe ins «Business as        Wallis Tourismus. Nicht von ungefähr : Die Walliserinnen
 Usual».                                                     und Walliser sind markant und eigenwillig, Individualisten,
●Vergangenheitsorientierte Entwicklung vermittelt das        die sich in kein Schema pressen lassen wollen. Die his-
 Gefühl von Stabilität.                                      torisch gewachsene Struktur spiegelt sich in der fragmen-
●Keine Gefahr, auf den falschen Trend zu setzen.             tierten Ferienregion: Jede Gemeinde hat ihren eigenen
                                                             Kur- oder Verkehrsverein, der seit langer Zeit mit seinem
Risiken                                                      Hausberg und kleinstem Marketingbudget autonom für
●Der konjunkturelle Aufschwung zementiert den Status         ein paar wenige Kunden einen «eigenen» Tourismus
 Quo und Selbstzufriedenheit. Strukturelle Anpass-           entwickelt; jeder kämpft für sich. Da wahren selbst
 ungen werden verschlafen, der Anschluss wird verpasst.      Fachleute den Überblick nur mit Mühe.

22
Das zweite Szenario macht das Heterogene und Verquere         Auf diesem Internet-Auftritt präsentieren selbstver-
zur einzigartigen Stärke. Seine vielen unabhängigen           ständlich alle Verkehrsvereine und Hotels ihre Angebote,
Anbieter heben den Walliser Tourismus deutlich vom            doch die Eintrittsschwellen in den Tourismus liegen viel
globalisierten, uniformierten Massentourismus ab. Um die      tiefer: Künstler und Bergführerinnen präsentieren sich als
Vielfalt aber zum erfolgreichen Unterscheidungsmerkmal        Independents einem breiten Publikum. Jede Familie mit
zu machen, muss sie in ein verständliches Angebot über-       einem ungenutzten Zimmer kann original Walliser Bed &
setzt werden. Deshalb werden die Marketing-Anstren-           Breakfast anbieten.
gungen aller Tourismusorganisationen zusammengefasst          Solche Klein- und Kleinsthotels profilieren sich, indem sie
und von einer professionell geführten Vermarktungsagen-       den Gästen ein zweites Zuhause bieten: in Ruhe lesen,
tur überregional koordiniert. Weil sich sämtliche             einfach mal sein und geniessen, die schöne Umgebung
Leistungsträger und Destinationen beteiligen, reicht das      erkunden. Gerade Familienbetriebe können durch eine
Budget für eine professionelle und wirksame Vermarktung       persönliche Beziehung zum Gast lukrative Nischen
des Wallis. – So viel Kooperation ist für das Überleben als   besetzen – wenn sie am Markt genügend professionell auf-
Region nötig.                                                 treten. In der Nische des Luxussegments etablieren sich im
                                                              ganzen Wallis «Boutique Hotels» mit 25 bis 35 exklusiv
Nischenplayer                                                 eingerichteten Zimmern, familiärem Rahmen und per-
Dörfer, Hotels und jegliche Art von Kleinstunternehmer        sönlichem Service.
können als unabhängige Nischenanbieter bestehen. Damit        In der wachsenden Vielfalt der Nischenangebote verliert
sie in der immensen Vielfalt der Angebote gefunden wer-       der klassische Wintersport zunehmend an Bedeutung. Die
den, erhält jeder auf einer gemeinsamen Web-Plattform         Masse fährt nicht mehr Ski, sondern geht ihren höchst
Platz zur Selbstdarstellung. So werden die Kunden für ihre    unterschiedlichen, speziellen und ausgefallenen Freizeit-
Suche nach diesen Nischenplayern mit einem einmaligen,        interessen nach. Durch die neue Angebotsvielfalt wird das
qualitativ hoch stehenden Angebot belohnt. Interaktive        Sommer- wie auch das Winterprogramm abwechslungs-
Tools helfen zudem, Entdeckungen zu bewerten und              reicher und damit auch unabhängiger von klimatischen
weiter zu empfehlen.                                          Veränderungen.

                                                                                                                       23
Kulinaria als Image-Träger                                    sirup, feine gebrannte Wasser wie Abricotine und Wil-
Auch im Walliser Weinbau verhindert die Kleinteiligkeit       liamine. Diese Produkte sind nur begrenzt verfügbar,
eine Vermarktung im grossen Stil. Die historisch bedingt      saisonal oder lokal – genau die Ursprünglichkeit, die die
enge Parzellierung der Rebberge erlaubt es nicht,             Gäste suchen. Indem die Landwirtschaft die biologische
eine grosse Nachfrage zu befriedigen.Als Nischenanbieter      Vielfalt zu erhalten hilft, findet sie eine aussichtsreiche
hingegen können diese Betriebe ihre Produkte über             Nische – und schafft in der Kombination mit dem Touris-
die gemeinsame Kommunikationsplattform an Liebhaber           mus Authentizität als nachhaltigen Mehrwert.
verkaufen und so das Wallis als kulinarisch interessante      Das gilt auch für die Gaststätten des Nischen-Wallis’:
Destination positionieren helfen. Hierzu eignet sich          Neben Gault-Millau-Restaurants umfasst das Angebot
Wein besonders gut, vereinigen sich in diesem emo-            auch kleinere Lokale, die alte Gerichte neu interpretieren
tionalen Produkt doch verschiedene Themen: Kultur,            und die Gäste zu kulinarischen Entdeckungsreisen ein-
Geschichte, Geselligkeit, Natur, Landschaft, Klima, soziale   laden. Alle Restaurants bieten qualitativ hoch stehende,
Distinktion. Die Walliser Weine werden an einmaliger          regionale Genüsse an, die auch ökologische und ästheti-
Höhenlage und an atemberaubend steilen Hanglagen              sche Ansprüche befriedigen – nicht nur im obersten
angepflanzt. Die daraus entstehende Landschaft ist ein-       Preissegment.
drücklich – genau wie die Varietät der angepflanzten
Rebsorten.                                                    Die neuen Luxus-Nischen
Doch nicht nur seine Weine festigen den Ruf des Wallis’       Auch die grossen Destinationen mit hohem
als lukullische Destination, die Region produziert zahl-      Bekanntheitswert wie Zermatt, Saas-Fee, Leuker-
reiche weitere Spezialitäten. Natürlich behalten Raclette     bad, Crans-Montana und Verbier sind im globalen
und Fondue ihren Stellenwert als geselliges Essenserlebnis    Massstab Nischenplayer. Diese Hotspots können ihre
par excellence. Daneben hat das Wallis aber noch viel mehr    Spitzenposition im alpinen Tourismus mit der
an lokalen Produkten zu bieten: saftige Aprikosen, frische    Fokussierung auf hochwertige Angebote weiter ausbauen.
Erdbeeren, kostbaren Munder Safran, aromatischen              Auch unterhalb der traditionellen exklusiven Premium-
Alpkäse, Walliser Trockenfleisch, Roggenbrot, Holunder-       und Superpremium-Angebote öffnen sich neue Luxus-

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Nischen. Denn auch Leute mit mittleren und tieferen          Chancen und Risiken eines Wallis’ der Nischen
Einkommen suchen Mehrwert und fragen vermehrt
hochwertige Produkte und Erlebnisse nach. Sie wollen         Chancen
sich wenigstens in den Ferien die Luxusträume er-            ●Nischenanbieter werden gefördert und unterstützt,
füllen, die sie sich im Alltag nicht leisten können. Die      ihre Eigenart zu pflegen und weiter zu entwickeln, da-
bekannten Top-Destinationen differenzieren ihre Luxus-        durch nimmt insgesamt die Unverwechselbarkeit des
angebote aus; die einen öffnen sich nach unten mit «Klasse    Wallis zu.
für die Masse» und die anderen entwickeln sich nach oben     ●Die bestehenden Hotspots können ihre Position als
weiter mit Ultrapremium-Angeboten für die Superreich-         Anbieter von neuen Luxus-Nischen ausbauen während
en. Für den Erfolg entscheidend ist, dass alle diese          auch andere Anbieter aus dem Wallis davon profitieren
Produkte nach dem Prinzip der Knappheit angeboten             können.
werden.                                                      ●Die Vielfalt der unabhängigen Anbieter zieht Individual-
                                                              Reisende und Connaisseurs an, die das Besondere
Niche-Appeal als Verkaufsargument                             suchen und abseits der grossen Holiday Hubs Ferien
Das Wallis positioniert sich als Ort der Nischenanbieter      machen wollen.
mit allen Abstufungen, von Hochtouren bis zum beque-         ●Dank ihrer Internet-Präsenz können die Nischen-
men Rollstuhlwanderweg, vom Übernachten in der ein-           anbieter besser gefunden werden, sie können ihre
fachen Berghütte bis zum Ultraluxus-Boutique-Hotel.           Qualität besser entwickeln.
Die Nischen müssen konsequent gepflegt und weiterent-        ●Nischenangebote können Gäste emotional stärker
wickelt werden, nur so wächst der Niche-Appeal. Jeder         binden und profitieren überdurchschnittlich von Mund-
Anbieter, der unabhängig und einzigartig sein will, muss      zu-Mund-Propaganda.
seine Einzigartigkeit klar definieren und weiterentwickeln   ●Die Kommunikation, die Vermarktung und die
– egal ob Hotel oder Produzent von Walliser Roggenbrot.       Qualitätskontrolle der Nischenangebote werden von den
Unabhängigkeit und Heterogenität werden zum schlagen-         Konsumenten vorgenommen.
den Verkaufsargument.

                                                                                                                    25
Risiken                                                       Vermarktungsgesellschaft Wallis Inc. Lokale oder regio-
●Die Vielfalt der Nischen überfordert die Leistungs-          nale Tourismusorganisationen gibt es nicht mehr, denn die
 anbieter.                                                    kritische Masse auf dem globalen Tourismusmarkt kann
●Die Vielfalt überfordert unerfahrene Touristen und           nur mittels Grösse erreicht werden. Das Wallis will
 wirkt beliebig.                                              als Global Player mitspielen. Das Wallis setzt daher
●Gemeinsamkeiten gehen unter in der Vielfalt.                 vollständig auf den Preis als Verkaufsargument. Einige
                                                              wenige international tätige Anbieter entwickeln Proto-
Szenario 3: Wallis Inc.                                       typen von Ferienwelten, die sie weltweit vermarkten –
                                                              eine Massenproduktion von Feriendestinationen; im
Kernidee : Preis- und Margendruck zwingen zur Stan-           globalen Konkurrenzkampf sind Synergien über-
dardisierung, eine professionelle internationale Ver-         lebenswichtig.
marktungsgesellschaft bewirtschaftet das Wallis
effizient für den Massentourismus, die Rendite steht          Ferienwelten und Hot Spots
im Zentrum.                                                   In der Schweiz entstehen drei Ferienwelten, Economies
Oberwallis, Unterwallis, Kantons- und Gemeindegrenzen,        of scale und scope sollen die hohen Schweizer Arbeits-
das alles interessiert den globalen Tourismusmarkt            und Bodenkosten ausgleichen: Zürich und Agglomera-
nicht. Der internationale Kunde will Schweizer Berge          tion, Graubünden und Wallis sind die Schweizer Ferien-
sehen – und das kann er auch in der Innerschweiz oder         welten. Innerhalb dieser Regionen findet eine örtliche
im Bündnerland, wenn er im Wallis nicht die gewün-            Verdichtung von verschiedenen Attraktionen statt: Shop-
schte Dienstleistung bekommt. Die geografische oder           ping, Museen, Wasserparks, Gourmetrestaurants, Wellness
kulturelle Dimension der Destination ist völlig irrelevant,   werden auf einige wenige Hot Spots konzentriert.
da beliebig austauschbar. Die internationale Kundschaft       Auch im Wallis kaufen Beteiligungsgesellschaften die
interessiert sich nur für Preis und Leistung.                 attraktivsten Orte auf. Der globale Tourismus funktio-
Dieser Preisdruck führt im dritten Szenario zu einem          niert nur auf der Basis von 24/7/365, Nebensaisons gibt
Zusammenschluss aller Walliser Destinationen zur              es nicht. Geschlossene Hotels, Restaurants oder Läden

26
Leukerbad - Morgenstimmung im Aussenbad der Lindner Alpentherme

                                                             27
werden von den Gästen nicht akzeptiert. Weil Wallis Inc.      Hybride Hotels erhöhen die Vielfalt. So wachsen Gasthöfe
ihre alpinen Ferien-Resorts nach Renditekriterien führt,      mit Kliniken, Schulen und Museen zusammen;
gibt sie unprofitable Destinationen auf.                      Ferienclubs verfügen über Handwerksstätten und
Gross-Hotels nach dem Benchmark von globalen                  temporäre Arbeitsplätze. Diese künstlich geschaffenen
Destinationen werden zu vertikal integrierten Dienstleis-     Ferienwelten können flexibel auf die Anforderungen
tungszentren, welche die Gäste vor Ort rundum betreuen.       einer Klientel reagieren, die stetig Neues sucht und unter-
Alle Zusatzangebote und Aktivitäten wie Skiabonne-            halten sein will.Attraktive Kombinationen von Aktivitäten
mente, Ausflüge oder Autoverleih werden über das Hotel        sollen die Gäste bei Laune halten: Shoppen in Genf,
organisiert und gebucht. Ein professioneller 24-Stunden-      Berge sehen in Zermatt, Skifahren in Verbier, Well-
Kinderhütedienst ist selbstverständlich, auch im Sommer.      nessen in Leukerbad, ein Weingut besuchen im Rhone-
                                                              tal. Diese Art des Reisens benötigt als Drehscheibe
Holiday Hubs und Hybride Hotels                               eine solide Hotelinfrastruktur im Rhonetal, von wo sich
Diese alpinen Ferienwelten bauen eine optimale                die Ausflugsziele in den Tälern in Tages-Trips errei-
Dienstleistungskette auf, die massgenau auf die Bedürfnisse   chen lassen.
der Gäste zugeschnitten ist. Die Kunden wollen Bequem-        Das massentaugliche Angebot spricht auch das
lichkeit und persönliche Betreuung, sich um nichts            Kundensegment der Teen- und Twenagers an: Junge
kümmern müssen, umsorgt werden, wie im Hotel Mama.            Rucksack-Touristen reisen mit immer grösserem
Die Holiday Hubs unterscheiden sich primär in der             Budget, Spass, Sport und Nachtleben stehen dabei im
Exklusivität (Preis) und im Angebotsmix. Im Fokus stehen      Mittelpunkt. Die Berge sind prädestiniert für Sportarten
Beauty, Sport und Kultur. Der Fokus liegt auf Angeboten       wie Mountainbiken, Canyoning, River-Rafting, Para-
und Aktivitäten, die Indoor oder innerhalb der Ressorts       gliding, Deltasegeln oder Fallschirmspringen. Sportliche
durchgeführt werden können – denn schlechtes Wetter           Grossanlässe ziehen – neben dem medialen Interesse –
stört den reibungslosen Betrieb. Zudem machen                 zusätzliche Gäste an. Und die Städte im Rhonetal bieten
Ferienanlagen unter einem Dach unabhängig von poten-          ein attraktives, abwechslungsreiches Nightlife an. Grosse
tiell negativen Auswirkungen der Klimaveränderung.            internationale Hersteller, Händler und Dienstleister von

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global operierenden Marken garantieren mit Sponsoring-       Ausbildung des Tourismuspersonals ist ebenso standardi-
verträgen einen kontinuierlichen Income-Stream, bestim-      siert wie die Walliser Tracht, die von allen Tourismus-
men aber auch die Entwicklung mit.                           angestellten als Uniform getragen wird. Walliser Kultur
                                                             und Tradition werden als Folklore zur Schau gestellt.
Die Grenzen des Wachstums
Allerdings lässt sich die Produktivität im Tourismus nicht   Internationalisierung
grenzenlos steigern, da touristische Güter und Dienstleis-   Beim Ausbau der Übernachtungskapazitäten wird zwar
tungen von jahreszeitlichen Rhythmen sowie ökologis-         wie üblich mit den bekannten Stararchitekten gebaut (wie
chen und sozialen Kreisläufen abhängig sind.                 z.B. Jean Nouvel, Renzo Piano, Norman Foster, Herzog &
Unterschiedliche Winter- und Sommer-Angebote verur-          DeMeuron, Frank Gehry), doch in erster Linie zählt die
sachen hohe Fixkosten, zudem kann der Tourismus als          Rentabilität. Der Immobilienmarkt wird vollständig liber-
standortgebundene Branche nicht einfach Teile der            alisiert, die Baureserven ausgeschöpft. Der Bestand an
Wertschöpfungskette in Billiglohnländer auslagern.           Zweitwohnungen nimmt im ganzen Wallis stark zu. Die
Umso mehr müssen die wenigen Bereiche, bei denen sich        Hotel- und Ferienwohnungskomplexe absorbieren grosse
Grössenvorteile erzielen lassen, konsequent ausgenutzt       Naturflächen, die ursprünglichen Dorfbilder verändern
werden: Die Hotel- und Restaurationsinfrastruktur wird       sich.
massiv ausgebaut und auf Massenabfertigung getrimmt.         Wer im Wallis das Urchige und Authentische sucht, bleibt
Die verschiedenen hotelinternen Systeme werden               nun weg. Im Gegenzug freut sich eine internationale
zunehmend integriert, Abrechnungs- und Buchungssys-          Gästeschar über die Angebote der Wallis Inc.: leistungs-
teme mit Kundendaten zusammengeführt, was ein präzi-         fähige Hotellerie und Gastronomie, die auf ihre Bedürf-
seres Marketing erlaubt. Routineabläufe wie Check-in und     nisse und Wünsche ausgerichtet sind. So bieten die
Check-out werden automatisiert, computergestützt, teil-      Restaurants standardisierte internationale und nationale
weise auch Web-basiert abgewickelt: Die Gäste erledigen      Menüs an, zubereitet von internationalen Küchenteams.
das Check-in-Prozedere schon zu Hause am Computer,           Catering-Unternehmen versorgen kleinere Hotels
was Zeit und Personal an der Reception spart. Die            mit indischen und chinesischen Gerichten. Denn die

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Ringkuhkampf

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asiatischen Gäste können und wollen kein Raclette und          ●   Erfolgreiche Konzepte können leicht multipliziert,
Fondue essen – es sei denn einmal als Selbstversuch.               Prozesse verschlankt, die Effizienz der Abläufe und die
Die Tourismusangestellten verständigen sich ebenso                 Auslastung der Betriebe gesteigert werden.
fliessend auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch   ●   Durchgehender einheitlicher Auftritt von der
wie auf Russisch und Chinesisch. Die Vielsprachigkeit als          Werbekommunikation bis zum Personal.
bekanntes Schweizer Charakteristikum wird zum wichti-          ●   Spektakuläre Architektur (Museen, Hotels, Berghäuser,
gen Differenzierungsmerkmal im fast ausschliesslich                Sportanlagen, Einkaufszentren) setzt Akzente und zieht
englischsprachigen globalen Tourismus.                             Gäste in Scharen an.
Zur Positionierung in der globalisierten Reisewelt             ●   Das Wallis wird zur führenden Europa-Natur-
schliesst sich das Wallis an bekannte internationale und           Erlebniswelt : der ultimative Abenteuer-Park, das Mekka
nationale Destinationen an: als Naturpark von Genf und             der Outdoor-Sportler.
Zürich sowie als Erholungsgebiet für Grossstädte wie Paris
und Mailand. Die Kleinräumigkeit der Schweiz und ihre          Risiken
guten Verkehrsverbindungen werden so zum Wett-                 ●Verlust der Identität und Unverwechselbarkeit.
bewerbsvorteil.                                                ●Raubbau : Übernutzung der natürlichen Ressourcen.
                                                               ●Preisdruck nimmt zu, da andere Differenzierungsmerk-
Chancen und Risiken der Wallis Inc.                             male fehlen.

Chancen                                                        Szenario 4: Eco-Valley Wallis
●Professionalisierung aller touristischen Angebote.
●Infrastruktur, Services, Ausbildung usw. kommen aus           Kernidee : Das Wallis unterwirft sich den weltweit
 einer Hand, können billiger beschafft und flexibler           strengsten Umweltschutzregeln, setzt auf Nachhaltig-
 eingesetzt werden.                                            keit und Exklusivität, wird radikal « grün » – eine
●Qualitätsstandards lassen sich einfacher einhalten und        Green Destination.
 kontrollieren.                                                Der englische Poet Lord Byron stilisierte die Alpen zum

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Ort von persönlicher Herausforderung und Abenteuer,           (sehenswerte Reiseroute), Besucherzentren, Restaurants
der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau be-          und Hotellerie. Der grösste Teil des Parks aber
schrieb sie als heilbringenden Ort für Leib und Seele.        wird konsequent von der Zivilisation abgeschirmt, um
Das zeigt: Fürs schnelle Kennenlernen eignen sich die         Fauna und Flora zu schützen und als Brache zu
Berge schlecht.Viel besser passen sie zu Leuten, die lokale   renaturieren – Radical Nature, mit stark beschränktem,
Traditionen, Kultur und Landschaften erfahren und             streng reglementiertem Zutritt.Wer in die Berge fährt, will
erleben möchten. Solche Gäste entwickeln zum Ort, zur         keine Menschenmassen antreffen. Zugang zu diesem ein-
Landschaft, zu den Menschen individuelle Beziehungen,         maligen Flecken Erde gibt’s denn auch nur gegen hohes
die sie immer wieder zurückkommen lassen.                     Eintrittsgeld, das ultimative Natur-Erlebnis ist Luxus für
Darauf baut das Wallis in diesem vierten Szenario auf.        Vermögende. Wer sich alles kaufen kann und schon alles
Wo sich das Leben der Menschen zunehmend in                   gesehen hat, sucht nach spirituellen, immateriellen
Asphaltwüsten abspielt, wird die unberührte Natur sel-        Erfahrungen.
tener, wertvoller und darum zum sorgfältig geschützten        Gleichzeitig werden die Jagdreviere zusammengelegt und
Gut. Mit seiner einmaligen Bergkulisse und der grössten       als grosse Zonen privater Wildnisse an einige Wenige ver-
Anzahl an 4000er-Gipfeln auf schweizerischem Boden            pachtet. Hier ist auch die Jagd auf Hochwild, Bären oder
positioniert sich das Wallis als erste Green Destination –    Luchse möglich. Gäste aus arabischen Ländern oder aus
Eco-Valley Wallis. Der gesamte Tourismus wird konse-          Russland sind bereit, für solche Aktivitäten viel Geld
quent auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit aus-       auszugeben.
gerichtet, damit die Gäste ihre Sehnsucht nach Natur in       Für seine Gäste aus dem Fernen Osten wiederum knüpft
den Ferien auf ökologisch korrekte Weise befriedigen          das Wallis an die asiatische Tradition der heiligen Berge an,
können.                                                       um dem schnelllebigen Sight-Seeing-Tourismus eine
                                                              langsamere, nachhaltigere Alternative zu bieten. So gelingt
Radical Nature für die Happy Few                              es, auch in Asien und Übersee eine treue Stammkund-
Dazu werden verschiedene Naturparks eingerichtet. In          schaft zu gewinnen.
einem öffentlichen Bereich verfügen sie über Scenic Drive

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Strengste Normen                                             und die gesamte Infrastruktur werden zeitgemäss inter-
Schon heute ist die Schweiz bekannt für ihre rigorosen       pretiert und erneuert, passen sich nahtlos in die Natur ein,
Umweltschutz-Vorschriften. In den Alpen hat Nach-            verfügen in der Haustechnik aber dennoch über die
haltigkeit zudem besonders Tradition, denn die               neuesten Technologien. Denn nachhaltiger Tourismus
Ressourcen waren immer knapp, Leben war immer hart.          bedeutet nicht gezwungenermassen Verzicht, sondern
Auch steht die Tourismusbranche in Bezug auf die             Reduce to the Max. Gäste, die den «Lohas» pflegen,
Verminderung von klimaverändernden Emissionen                wollen Komfort und Genuss – aber mit einem gutem
besonders in der Pflicht. Das Wallis nimmt diese Fäden auf   Gewissen.
und wird als Eco-Valley zur Vorreiterin, die Umwelt-
freundlichkeit wird zum wettbewerbsrelevanten Asset.         Revolutionäre Verkehrskonzepte – silence is sexy
                                                             Bettmeralp, Grächen, Riederalp, Saas-Fee, Zermatt und
Ökologisches Bauen für so genannte Lohas                     andere sind vorangegangen, jetzt folgt der Rest der
(= Lifestyle of Health and Sustainability)                   Region: Das Wallis wird autofrei und bietet CO2-emis-
Statt auf energieintensive Zweitwohnungen setzt das          sionsneutrale Ferien in der Stille der Alpen. Der nötige
Wallis auf Null-Energie-Hotels. Strenge Auflagen verhin-     Werkverkehr wird mit Hybridautos erledigt. Die
dern ungebremstes Bauen, Hotels und Ferienwohnungs-          öffentlichen Verkehrsmittel werden massiv ausgebaut, ein
siedlungen müssen verschärften Standards genügen.            Walliser Naturpass berechtigt zu ihrer freien Benützung
Politische Lenkungsmassnahmen wie Nutzungsquoten             samt Bergbahnen.
und Baukontingente lassen innovative Mischformen von         Eine geschlossene Transportkette bringt die Gäste von
Erst-, Zweitwohnungen und Hotels entstehen, die              allen grossen Städten Europas sowie den umliegenden
Auslastung und mit ihr die Wertschöpfung steigen.            Flughäfen komfortabel ins Wallis. Um den Gepäcktrans-
Eine innovative Architektur nimmt Rücksicht auf die          port kümmert sich dabei an Stelle des Gastes die Bahn, die
Rauheit der Landschaft, unterstreicht die Einmaligkeit       alle Koffer an der Haustüre abholt und verfrachtet – eine
eines Ortes und wertet ihn auf. Die baulichen Zeugen der     Erleichterung insbesondere für ältere Gäste und Familien,
Vergangenheit des Wallis werden bewahrt, alle Gebäude        gerade in der materialintensiven Wintersaison.

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Nur Natur beim Wintersport                                  Feriengegend auch durch den Magen erfahren. Jetzt haben
Als Green Destination verzichtet das Wallis auf eine kün-   sie Zeit mit Freunden an einem grossen Tisch zu sitzen,
stliche Beschneiung der Skipisten – sie würde unglaub-      Neues kennen zu lernen, liebevoll zubereitetes Essen und
würdig wirken. Schneesport gibt es nur noch, wo die         Wein zu geniessen, zu diskutieren, zu leben: zu «tafeln»,
Natur ihn erlaubt; getreu dem Slogan «Natural Skiing».      wie ein kaum mehr bekanntes Wort treffend lautet. Ja,auch
Das Angebot umfasst umweltfreundliche, emissionsarme        selbst am Herd zu stehen, ist jetzt gefragt. Unter profes-
Aktivitäten wie Wandern oder Radfahren.                     sioneller Anleitung werden die Zutaten vor dem Kochen
                                                            gesammelt, erjagt und vorbereitet. Durch diese Mit-Arbeit
Good Life                                                   erhält das Essen seinen alten Stellenwert zurück, der
Das Konzept eines umweltverträglichen und nachhaltigen      gemeinsam erarbeitete Genuss wird zum unvergesslichen
Tourismus’ beinhaltet die enge Zusammenarbeit mit           Hochgenuss. Was selbst gejagt, erlegt, zubereitet und ge-
lokalen landwirtschaftlichen Produzenten. Dadurch ist       meinsam gegessen wird, heisst «Memory Food». Das ist
das Eco-Valley Wallis nicht nur Erholungsgebiet für         Essen, das für die Beteiligten nicht nur eine hohe Erlebnis-
Stadtmenschen, sondern auch Erwerbsraum der ansässigen      qualität hat, sondern auch einen nachhaltigen Erinner-
Bevölkerung. Das Wallis wird zur Feriendestination des      ungswert behält, der mit intensiven Glücksgefühlen ver-
Good Life: gutes Essen, auserlesenen Wein, Wellness und     bunden ist.
Bewegung verbunden mit einem ausgesuchten
Kulturangebot – Ferien als Inseln des Genusses und          Alpine Wellness
Bewusst seins. Dies bei weitestgehender Berücksichtigung    Der Kurtourismus unserer Vorväter erlebt derzeit eine
von Saisonalität.                                           Renaissance mit neuer Ausrichtung. Der Trend geht hin
                                                            zu einem selbstverantwortlichen, präventiven und ganz-
Tafeln                                                      heitlichem Verständnis von Körper, Geist und Seele. Hier
Die traditionelle Walliser Küche bietet Gelegenheit, das    kann sich das Wallis als Gegenwelt zum hektischen
gesunde und gesellige Essen als Kulturtechnik wieder zu     24-Stunden Alltag positionieren: als Ort der Ruhe und
pflegen und zu geniessen. Denn die Gäste wollen ihre        Kontemplation. Schweige-, Schlaf- oder Fastenwochen

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Winterlandschaft im Lötschental

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verschaffen den gestressten Menschen eine Auszeit, der            auf «Natur» und nachhaltige Entwicklung. So ist eine
Körper findet seinen natürlichen Rhythmus, regeneriert            klare Wertsteigerung möglich.
sich. «Alpine Wellness» heisst dieses umfassende Konzept      ●   «Grün» ist gut, sympathisch und schafft Aufmerksamkeit.
von Luft, Höhenlage, Licht, Kultur und Ernährung, mit             Das Wallis wird zum globalen Showcase für nachhalti-
dem das Wallis seine Einzigartigkeit verstärkt.                   gen Tourismus und ökologische Ferien.
                                                              ●   Das Wallis wird zur Attraktion und zum Pilger- oder
Das Beste von heute und gestern                                   Natur-Heil-Ort für «grüne Touristen».
Die regionalen Traditionen des Wallis werden aktiv ge-        ●   Die Lebensqualität nimmt für Touristen und Einwohner
pflegt. Es soll kein Reservat errichtet werden, denn es ist       überdurchschnittlich zu.
nicht nur die Natur, die das Wallis unverwechselbar macht,    ●   Touristen, die ökologisch Ferien machen wollen, blei-
es sind vor allem auch die Menschen. Die Einzigartigkeit          ben länger und sind bereit, für ökologische Produkte und
einer Destination hängt nicht vom Angebot ab oder von             Dienstleistungen mehr zu zahlen. Sie streben eine
den Preisen oder von der verrückten Architektur eines             ganzheitliche Regeneration an.
Hotels oder Museums. Es geht um das Verschmelzen von          ●   Die Konzentration auf die Natur, das Ursprüngliche,
Modernität und Tradition. Das Wallis wird nicht zur               Naturgewachsene und Lokale garantiert langfristig
Gegenwelt der modernen Welt, sondern viel beachteten              Unverwechselbarkeit und kann nicht kopiert werden.
Destination, die in Einklang mit der Natur im 21. Jahr-       ●   Eine nachhaltige Infrastruktur braucht smartere Techno-
hundert lebt. Eco-Valley Wallis ist die Green Destination,        logien: Neue Umwelttechnologien werden zuerst im
welche das Beste von gestern und heute für die Welt von           Wallis eingesetzt ; Bergbahnen, Hotels nehmen an
morgen konserviert und kultiviert.                                Pilotprojekten für neue Umwelttechnologie teil und
                                                                  das Wallis entwickelt sich zum Ökotechnologie-Führer.
Chancen und Risiken des Eco-Valley Wallis
                                                              Risiken
Chancen                                                       ●Strenge Umweltvorschriften verlangsamen Verfahren
●Klare Positionierung durch konsequente Ausrichtung            und vertreiben innovative Unternehmen.

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