ZUP 92Zürcher Umweltpraxis - Kanton Zürich
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Kanton Zürich Baudirektion ZUP 92 Zürcher Umweltpraxis Dezember Monat 2016 2018 Familiengärten Gärtnern ohne Gift dank Tipps und Tricks Seite 35 Bauen und Raumplanung Freiräume machen Siedlungen lebenswert Seite 13 Zustand Wasser und Gewässer Mikroverunreinigungen, Klima und Bevölkerungsdruck belasten Seite 31
Editorial Mehr hinter der Fassade, als man denkt 3 Luft / Klima Massnahmen zum Klimawandel im Kanton Zürich 5 Biosicherheit Vollzug hinter Gittern 9 Umweltdaten Wer hört morgens noch die Lerche? 11 Raum / Landschaft Zürcher Umweltpraxis (ZUP) Informations-Bulletin der Umweltschutz- Den Lebensraum von morgen gestalten 13 Fachverwaltung des Kantons Zürich 25. Jahrgang Verkehr / Planung Inhalt Veloschnellrouten lohnen sich 17 Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den am Anfang jedes Beitrags genannten Personen bzw. bei der Verwaltungsstelle. Verkehr / Naturschutz Dimmbare Strassenleuchten Redaktion, Koordination und Produktion Leitung der Gesamtproduktion: für Insekten und Fledermäuse 19 Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Zürich (KofU), Baudirektion Postfach, 8090 Zürich Nachhaltig Bauen Telefon 043 259 24 17, kofu@bd.zh.ch Kanti Uetikon: Provisorium Redaktorin: Isabel Flynn, isabel.flynn@bd.zh.ch mit Vorbildfunktion 21 Redaktionsteam Bauen / Energie Daniel Aebli (Tiefbauamt/Lärm) Daniela Brunner (AWEL Amt für Abfall, Was- Erste grossflächige Solarfassade ser, Energie und Luft/Betriebe) des HBA 25 Isabel Flynn (Redaktorin, KofU) Franziska Heinrich (ALN/Amt für Landschaft und Natur) Wasser / Naturgefahren Thomas Hofer (Statistisches Amt) Gefahrenkarten: Sarina Laustela (Stadt Uster) Thomas Maag (BD/Kommunikation) 20 Prozent gefährdete Gebiete 27 Alex Nietlisbach (AWEL Amt für Abfall, Was- ser, Energie und Luft/Energie) Wasser Nicole Schwendener-Perret (KofU) Wie soll ein Wasserbauprojekt ablaufen? 29 Erscheinungsweise Drei- bis viermal jährlich. Gedruckt bei der Wasser Zürcher Druckerei ROPRESS Wie steht es ums Wasser Abonnements und die Zürcher Gewässer? 31 Die ZUP ist kostenfrei erhältlich (gedruckt oder / und elektronisch) unter: www.umwelt- schutz.zh.ch l Zürcher Umweltpraxis; Naturschutz / Stoffe kofu@bd.zh.ch. Dort oder per Mail sind auch Familiengarten: Gärtnern Adress- und Abonnemtsänderungen möglich. mit Tipps und Tricks statt mit Gift 35 Nachdruck Die in der Zürcher Umweltpraxis (ZUP) Naturschutz erscheinenden Beiträge sind unter Quellen- angabe zur weiteren Veröffentlichung frei. 75 Jahre Natur- und Landschaftsschutz Bei Kontaktnahme (Tel. 043 259 24 18) stehen im Kanton Zürich 39 auch die verwendeten Grafiken zur Verfügung. Belege sind erbeten an die Koordinations- stelle für Umweltschutz des Kantons Zürich, Impressum 2 Postfach, 8090 Zürich. Vollzugshinweise 4 Quelle Publikationen, Vermischtes, Veranstaltungen 41 Freiräume werden im Siedlungsgebiet immer wichtiger und sollten giftfrei bewirtschaftet werden. Sämtliche erschienenen ZUP-Beiträge finden Sie Quelle: moz278, Flickr CC (CC BY-NC-ND 2.0) über die Artikelsuche auf www.umweltschutz.zh.ch/zup Hier können Sie auch direkt auf Themenhefte und Themen- schwerpunkte zugreifen. Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Refutura mit dem blauen Engel, klimaneutral und mit erneuerbarer Energie www.umweltschutz.zh.ch/zup
Editorial 3 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Mehr hinter der Fassade, als man denkt Gewässer haben einen hohen emotionalen Wert für uns. Es zieht uns zur Er- holung an ihre Ufer. Gewässer sind aber auch von grosser Bedeutung als Trinkwasserreserve sowie als Lebensraum. Doch wie geht es unseren Gewässern? Der Bericht «Zustand Wasser und Gewässer» (Seite 31) gibt regelmässig Auskunft darüber. Und im Interview mit Pius Niederhauser, Sektionsleiter Oberflächengewässer, wird klar, allein von Auge können wir die Gewässerqualität nicht beurteilen. Viele Gewässerbelastungen stammen aus der Verwendung von Medikamenten, Haushaltschemikalien sowie Pflanzenschutzmitteln. Gerade bei Letzteren ginge es oft mit viel weniger – wenn man weiss, wie. Darum schreibt die Stadt Zü- rich ihren Pächtern nicht nur vor, die Familiengärten biologisch zu bewirtschaf- ten, sie zeigt ihnen auch, wie man mit Tipps und Tricks erfolgreich ohne Gift Isabel Flynn Redaktorin «Zürcher Umweltpraxis» gärtnern kann (Seite 35). Koordinationsstelle für Umweltschutz Generalsekretariat Baudirektion Das grosse Bedürfnis nach einem «eigenen» Familiengarten ist Symbol dafür, Telefon 043 259 24 18 dass es uns Menschen nicht nur ans Wasser zieht, sondern auch ins Grüne. Der Isabel.flynn@bd.zh.ch neue Raumplanungsbericht hält als wesentliche Aufgaben der Raumplanung www.umweltschutz.zh.ch fest, zwar dafür Freiflächen zur Verfügung zu stellen, aber auch Naherholungs- Hotspots vor zu viel Nutzungsdruck zu schützen (Seite 13). Grünraum im bebauten Gebiet spielt auch bei künftigen Klimaveränderungen eine wichtige Rolle als Schattenspender mit angenehmem Mikroklima. Gemäss Klimaprognosen werden Sommer wie der letzte in rund 40 Jahren die Regel sein. Der kantonale Massnahmenplan Klima soll Anpassungen an künftige Ver- änderungen vorantreiben und gleichzeitig mit geeigneten Massnahmen Treib- hausgasemissionen reduzieren (Seite 5). Nachhaltig und zukunftsgerichtet zu bauen, ist ein Weg, CO2-Emis- sionen zu verringern. Zwei neue Bauten haben diesbezüglich Vorbildcharakter: das erste kantonale Gebäude mit einer grossflächigen Photovoltaikfassade (Sei- te 25) sowie der ausgeklügelte Provisoriumsbau der Kantonsschule Uetikon in Modulbauweise aus einheimischem Holz (Seite 21). Beide Artikel illustrieren: Oft steckt mehr hinter der Fassade, als man auf den ersten Blick erkennt. Ich wünsche Ihnen ein zukunftsgerichtetes 2019! Herzlich Isabel Flynn Redaktorin Zürcher Umweltpraxis www.umweltschutz.zh.ch/zup
Recht und Vollzug 4 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 eBaugesucheZH hat ersten Schattenwurfregelung für Neue Regelungen für den Umgang Anwendungstest bestanden Hochhäuser in Vernehmlassung mit gefährlichen Organismen eBaugesucheZH ist auf gutem Weg. Die Innenentwicklung ist das tragende Das Eidgenössische Departement für Das letzte Halbjahr wurde genutzt, um Prinzip der Raumplanung, um die wei- Umwelt, Verkehr, Energie und Kommu- die Webapplikation noch spezifischer tere Zersiedelung der Landschaft zu nikation (UVEK) will die so genannte auf die Bedürfnisse der Gemeinden, vermeiden. Auch Hochhäuser sollen Einschliessungsverordnung für Orga- Gesuchsteller und Planer auszurichten. ihren Beitrag dazu leisten. Der Regie- nismen, die missbräuchlich verwendet Mit Zürich und Winterthur sowie Ver- rungsrat hat einen Vorschlag zur Flexi- werden können, neuen Anforderungen tretern des VZGV wurden Workshops bilisierung der Schattenwurfregelung anpassen. Am 18. Oktober 2018 hat es durchgeführt. Zentrale Themen waren für Hochhäuser erarbeitet. Die Ver- eine Teilrevision in die Vernehmlassung Struktur und Benutzerführung der elek- nehmlassung zur geplanten Verord- geschickt. Sie dauert bis am 1. Februar tronischen Baugesuchseingabe sowie nungsanpassung dauert vom 30. No- 2019. das Dokumentenhandling zwischen vember 2018 bis 29. März 2019. www.uvek.admin.ch der Plattform, den Gemeinden und der Regierungsratsbeschluss Nr. 1055/2018 unter l Artikel «Vollzug hinter Gittern», Seite 9 kantonalen Leitstelle für Baubewilli- www.rrb.zh.ch gungen. Erläuternder Bericht unter www.vernehmlassung. Lichtemissionen: zh.ch, Stichwort «Schattenwurf». Ende August konnten künftige Anwen- keine Verordnungsänderung der im zweitägigen Probebetrieb erst- Arbeitsgruppe Bedürfnisse und An seiner Sitzung vom 21. November mals eigene, einfache bis hochkomple- Risiken von Mobilfunk 2018 hat der Bundesrat beschlos- xe Baugesuche elektronisch erfassen. Bundesrätin Doris Leuthard, Vorste- sen, auf eine Änderung der Natur- und Projektleiter, Architekten, ein Vertreter herin des Departements für Umwelt, Heimatschutzverordnung (NHV) zu des Hauseigentümerverbands sowie Verkehr, Energie und Kommunikati- verzichten, welche den Schutz von Bauverwalter und Ingenieure aus den on (UVEK), hat entschieden, eine Ar- Arten und Lebensräumen vor Licht- Pilotgemeinden bewerteten die Be- beitsgruppe einzusetzen, die über den emissionen verbessern würde. Dabei dienbarkeit der Applikation insgesamt Bereich Mobilfunk und Strahlung dis- stützte er sich auf einen Bericht des positiv. Die detaillierten Rückmeldun- kutieren wird. Sie soll insbesondere Eidgenössischen Departements für gen lieferten wertvolle Anhaltspunkte, Bedürfnisse und Risiken beim Aufbau Umwelt, Verkehr, Energie und Kom- wo noch Änderungen und Ergänzun- von 5G Netzen analysieren und bis munikation (UVEK). Dieser war zum gen notwendig und erwünscht sind. Mitte 2019 einen Bericht mit Empfeh- Schluss gelangt, dass die geltenden Mit Blick auf die Bedienerfreundlichkeit lungen dazu verfassen. Das Bundes- Bestimmungen ausreichen. In Erfüllung sind weitere Optimierungen und Ver- amt für Umwelt (BAFU) wird die Ar- des Postulats 09.3285 «Lichtemissi- einfachungen in der Navigation vorge- beitsgruppe leiten. on und Artenvielfalt» von Nationalrätin sehen, die letztlich auch der Qualität www.bafu.admin.ch Tiana Angelina Moser (GLP/ZH) hatte der Baugesuche zugutekommen. Die der Bundesrat 2013 einen ersten Be- Umsetzung dieser Erkenntnisse er- Klimaschutz: Montrealer Protokoll richt mit dem Titel «Auswirkungen von folgt mit dem Ziel, eBaugesucheZH im Der Bundesrat hat im Oktober 2018 künstlichem Licht auf die Artenvielfalt Sommer 2019 in den sieben Pilotge- eine Änderung des Montrealer Proto- und den Menschen» genehmigt. meinden zu testen. Zeitgleich werden kolls, das sogenannte Kigali-Amend- www.admin.ch/news die Schnittstellen zu den Bausoftware- ment, genehmigt. Mit der Ratifikation l Artikel «Dimmbare Strassenleuchten für Insek- Programmen implementiert, damit sie des geänderten Protokolls verpflichtet ten und Fledermäuse», Seite 19 bis zum Pilotbetrieb an die Plattform sich die Schweiz zu weiteren Massnah- angebunden werden können. men im Klimaschutz, indem zusätzlich Verkaufsstatistik von Pflanzen- www.ebaugesuche.zh.ch 18 teilhalogenierte Fluorkohlenwasser- schutzmitteln in der Schweiz stoffe geregelt werden. Das Bundesamt für Landwirtschaft Umweltschutzamt AWEL ist jetzt www.admin.ch/news (BLW) veröffentlichte im Juli die Statis- nach ISO 14001 zertifiziert l Artikel «Massnahmen zum Klimawandel im tik für den Verkauf von Pflanzenschutz- Die Schweizerische Vereinigung für Kanton Zürich», Seite 5 mittel im Zeitraum von 2008 bis 2016. Qualitäts- und Management-Systeme Insgesamt sind die vermarkteten Men- SQS hat die Zertifizierung des Amts Koordinationsgruppe gegen gen seit 2008 nahezu unverändert bei für Abfall, Wasser, Energie und Luft Umweltkriminalität rund 2200 Tonnen pro Jahr. Schwefel, AWEL nach ISO 9001 (Qualität) erneu- National und international können Paraffinöl, Glyphosat und Folpet sind ert. Zusätzlich ist das AWEL neu auch Umweltdelikte nur effektiv bekämpft nach wie vor die Spitzenreiter. Bei den nach ISO 14001 (Umwelt) zertifiziert. werden, wenn alle betroffenen Stellen Herbiziden, insbesondere bei Glypho- Wichtig war, dass die Umweltziele eng und aufeinander abgestimmt zu- sat, wird ein deutlicher Rückgang der der verschiedenen Massnahmenpläne sammenarbeiten. Darum hat der Bun- vermarkteten Mengen beobachtet. Auf verwendet werden konnten, die Be- desrat die Schaffung einer Koordinati- der anderen Seite wird eine Zunahme wertung des Amts also weit über den onsgruppe gegen Umweltkriminalität der vermarkteten Mengen an Insektizi- jährlichen Papier- und Stromverbrauch beschlossen. Darin sind alle mit dem den verzeichnet, was auf das Auftreten hinausgeht. Das AWEL verfügt nun seit Thema befassten Stellen auf Bundes- eines neuen Schädlings zurückzufüh- Ende August 2018 über ein integrales ebene vertreten. Zudem werden Ver- ren ist. Managementsystem, in dem nicht nur treterinnen und Vertreter der kantona- www.blw.admin.ch die Arbeitsprozesse geregelt, sondern len Polizeikorps, Staatsanwaltschaften l Interview «Wie steht es ums Wasser und die auch die Umwelt-, Sicherheits- und Fi- und Umweltämter zur Teilnahme einge- Zürcher Gewässer», Seite 31 nanzaspekte integriert sind. laden. www.awel.zh.ch, manuel.haeberli@bd.zh.ch www.admin.ch www.umweltschutz.zh.ch/zup
Luft / Klima 5 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Massnahmen zum Klima- wandel im Kanton Zürich Die Auswirkungen des Das heisse und trockene Sommerhalbjahr 2018 gab ein Vorgefühl, wie sich ein normaler Sommer in wenigen Jahrzehnten anfühlen könnte. Klimawandels werden auch Quelle: ©ashtproductions, adobe.stock.com im Kanton Zürich immer deutlicher. Der Kanton hat deshalb Massnahmen- pläne beschlossen, die zur Verminderung der Treib- Der Kanton verfolgt beim Klimawan- Massnahmenplan Verminderung hausgase und zur Anpas- del eine Doppelstrategie. So setzt er der Treibhausgase sung an den Klimawandel sich einerseits dafür ein, den Ausstoss Im Kanton Zürich wurden 2015 rund 6,2 führen. von Treibhausgasen zu vermindern. Für Millionen Tonnen Treibhausgase aus- das wichtigste Treibhausgas CO2 ist gestossen. Treibhausgase fallen vor Niels Holthausen Verantwortlicher Klimaschutz seit 2010 im kantonalen Energiegesetz allem bei den Gebäuden, im Verkehr und -anpassung ein Reduktionsziel verankert. Auf die- und in der Industrie an. Doch auch in Telefon 043 259 43 20 ses Ziel arbeitet der Kanton mit unter- der Landwirtschaft und in der Abfall- niels.holthausen@bd.zh.ch schiedlichen Massnahmen und Aktivi- und Abwasserbehandlung entstehen Nathalie Hutter täten hin und leistet damit einen Beitrag Treibhausgase. Der Massnahmenplan Projektleiterin Klimaschutz zum Klimaschutz. «Verminderung der Treibhausgase» Telefon 043 259 32 80 Der Klimawandel zeigt aber schon heu- gibt einen Überblick über die bishe- nathalie.hutter@bd.zh.ch te negative Auswirkungen, die weiter rigen kantonalen Aktivitäten zum Kli- Abteilung Luft zunehmen werden. Mit Massnahmen maschutz in all den genannten Berei- AWEL, Amt für Abfall, Wasser, Energie und zur Anpassung können die damit zu- chen und enthält insbesondere 28 neue Luft Baudirektion Kanton Zürich sammenhängenden Risiken vermindert Massnahmen. www.klima.zh.ch werden. Anteile Treibhausgasemissionen l Hinweise, Veranstaltungen und Publikationen, Seite 4, 41, 43, 47 Massnahmenpläne als im Kanton Zürich 2015 Legislaturziel Die Doppelstrategie hat auch Eingang in die Legislaturziele 2015 – 2019 des Re- gierungsrats gefunden. Diese sehen die Festsetzung von zwei Massnahmen- plänen zum Klimawandel vor. Unter der Federführung der Baudirektion und unter Einbezug der zuständigen Fach- stellen wurden die Massnahmenpläne «Verminderung der Treibhausgase» und «Anpassung an den Klimawandel» er- stellt. Dabei geht es vor allem um Mass- nahmen, die der Kanton umsetzt. Aber auch andere Akteure – zum Beispiel die Gemeinden – werden in vielen Mass- Die Massnahmen des Kantons Zürich nahmen einbezogen. setzen in allen Bereichen an, in denen Treibhausgase entstehen. Quelle: AWEL, Luft www.umweltschutz.zh.ch/zup
Luft / Klima 6 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Massnahmenbeispiele Gebäude Die meisten Treibhausgase entstehen bei der Verbrennung fossiler Energie- träger wie Erdöl und Erdgas, so zum Beispiel für die Wärmeerzeugung für Gebäude. Ergänzend zu bestehen- den Aktivitäten wie energierechtlichen Vorschriften oder Förderprogrammen zielen die neuen Massnahmen daher darauf ab, die Nutzung fossiler Energie- träger weiter zu reduzieren. Beispielsweise ist geplant, im Rahmen von Pilotprojekten zu erproben, wie fos- sile Heizungen mit einer kleinen Luft/ Wasser-Wärmepumpe ergänzt werden können. Es wird zudem geprüft, ob bei grösseren Öl- und Gasheizungen re- gelmässig eine Betriebsoptimierung verlangt werden soll. Daneben werden aber auch Empfehlungen ausgearbei- Ausgerechnet im Wasserschloss Schweiz wird das Wasser im Sommer tet, wie Holz als Bau- und Werkstoff ver- knapp – so wie diesen Sommer in vielen Bächen, Flüssen und Seen (im Bild: Tüftalerbach, Mönchaltorf). mehrt zum Einsatz kommen kann. Ziel Quelle: AWEL, GS ist es, damit treibhausgasintensive Bau- stoffe zu ersetzen. Handlungsmöglichkeiten Massnahmenbeispiele Industrie Treibhausgase Methan und für einzelne Bereiche Weiteres Potenzial zur Reduktion von Lachgas reduzieren Einen Einstieg ins Thema bietet die Treibhausgasen besteht in Industrie und In der Landwirtschaft spielen vor allem Broschüre «Klimawandel im Kanton Gewerbe. Der Massnahmenplan sieht die Treibhausgase Methan (CH4) und Zürich». Sie zeigt Folgen und Ursachen unter anderem vor, Unternehmen über Lachgas (N2O) eine wichtige Rolle. Sie des Klimawandels auf und gibt einen Angebote zur Verbesserung der Res- entstehen in der Nutztierhaltung, bei der Überblick über bestehende und neue sourceneffizienz zu informieren. Auch Boden- oder bei der Hofdüngerbewirt- Massnahmen des Kantons (unten links). werden Handlungsansätze erarbeitet, schaftung. In diesen Bereichen werden Wer sich für einen bestimmten Sektor wie der Einsatz von elektrisch betrie- daher auch diverse Massnahmenansät- oder Bereich interessiert, dem bieten benen Industrie-, Bau- und Landwirt- ze geprüft und weiterentwickelt. Aus- neun Themenblätter weitere Informa- schaftsmaschinen in Unternehmen und serdem werden Landwirte künftig über tionen. Sie zeigen für verschiedene bei der öffentlichen Hand begünstigt Energieberatungsangebote informiert. Fachbereiche die wesentlichen Auswir- werden kann. Einen weiteren Ansatzpunkt bieten kungen des Klimawandels und Hand- Moorböden, in denen grosse Mengen lungsmöglichkeiten zur Anpassung Unterschiedliche Ansatzpunkte Kohlenstoff langfristig gespeichert wer- und zur Verringerung der Emissionen im Verkehr den können. Um die Freisetzung des auf. Über Links gelangt man zu weite- Ein wichtiger Verursacher von Treib- Kohlenstoffs in Form von Treibhausga- ren Informationen zur Umsetzung (un- hausgasen ist der Verkehr. Hier setzt der sen zu verhindern, sollen ergänzende ten rechts). Kanton bisher schon Rahmenbedingun- Moorflächen gesichert und wiederver- gen, vor allem durch die Förderung von nässt werden. kurzen Wegen in der Siedlungsentwick- In der Abfallbehandlung entstehen lung und Verkehrsplanung oder durch Treibhausgase vor allem bei der Keh- ein geeignetes Infrastrukturangebot richtverwertung, aber auch in den Ab- für den öffentlichen Verkehr und den wasserreinigungs- und Vergärungsan- Veloverkehr (siehe Artikel «Veloschnell- lagen. Deshalb sind auch diese Anlagen routen lohnen sich», Seite 17). Gegenstand des Massnahmenplans. Der Massnahmenplan sieht zudem die Eine Massnahme setzt beispielsweise Prüfung von Massnahmen für einen bei Neu- und grösseren Umbauten von CO2-armen Güterverkehr vor. Diese Abwasserreinigungsanlagen an: Damit werden anschliessend in Zusammen- sollen Methan-Emissionen, die bei der Download unter www.klima.zh.ch arbeit mit den betreffenden Akteuren Schlammbehandlung entstehen, ver- schrittweise umgesetzt. Ausserdem sol- mindert werden. len günstige Voraussetzungen für Elek- trofahrzeuge geschaffen werden. Dafür Massnahmenplan Anpassung an wird unter anderem Informationsmate- den Klimawandel rial erarbeitet, das den Gemeinden zur Klimaänderungen sind bereits eingetre- Beratung von Eigentümern und Investo- ten und werden sich weiter verstärken. ren bei Neu- und Umbauten dienen soll. Wie stark, ist abhängig von den welt- weiten Bemühungen zur Reduktion der Treibhausgase. Die Auswirkungen sind www.umweltschutz.zh.ch/zup
Luft / Klima 7 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Auch im Kanton Zürich sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits heute spürbar. Quelle: AWEL, Luft mehr und mehr auch im Kanton Zürich werden, indem das Lokalklima stärker lichen Planungen berücksichtigen kön- spürbar: Höhere Temperaturen, zuneh- in Planungsinstrumenten und Rechts- nen. mende Sommertrockenheit, Verände- grundlagen verankert wird. Das Ziel Viele Landwirtschaftsbetriebe sind auf rungen von Lebensräumen sowie der einer klimaangepassten Stadtentwick- Bewässerung aus Oberflächengewäs- Tier- und Pflanzenwelt können vieler- lung soll zum Beispiel in den kantona- sern angewiesen. Weil davon ausge- orts beobachtet werden. len Richtplan aufgenommen werden. gangen werden muss, dass künftig in Schon heute erfüllen verschiedene Gemeinden und Städte werden mit In- den Sommermonaten weniger Wasser Stellen des Kantons Zürich Aufgaben, formationsmaterial zur klimaangepass- verfügbar sein wird, werden Informati- die auch zur Anpassung an den Kli- ten Gestaltung von Grün- und Freiflä- onen zu effizienten landwirtschaftlichen mawandel beitragen. Mit zunehmen- chen unterstützt. Möglichkeiten einer Bewässerungsverfahren in Aus-, Wei- der Klimaänderung sind jedoch weitere Verbesserung des Strassenraumkli- terbildungs- und Beratungsangebote Massnahmen oder Änderungen in der mas werden geprüft. Bei kantonalen des Strickhofs aufgenommen. Es wird bisherigen Praxis nötig. Der Massnah- Neu- und Umbauten sowie grösseren zudem abgeschätzt, wie sich die nutz- menplan zur Anpassung an den Klima- Aussenraumgestaltungen und Areal- bare Wassermenge in den nächsten wandel umfasst 30 neue Massnahmen, entwicklungen wird der Schutz des Lo- Jahrzehnten entwickeln wird. mit denen der Kanton Zürich in den kalklimas künftig bei der Entwicklung nächsten Jahren für den Klimawandel fit des Projekts beziehungsweise im Pla- … sowie im Forstbereich und für gemacht werden soll. Neben verschie- nungs- und Bauprozess berücksich- Gemeinden denen Massnahmen in den Bereichen tigt. Zudem sind verschiedene Sensi- Auch die waldbaulichen Empfehlungen Landwirtschaft, Wald, Naturschutz, bilisierungsmassnahmen geplant, um für Forstbetriebe werden aktualisiert, Wasser und Gewässer, Naturgefahren, die Bevölkerung vor Hitzewellen auf und es wird die Produktion klimaange- Energie, Siedlungsentwicklung und Ge- die Gefahren hinzuweisen und Verhal- passten Pflanzmaterials für die Wald- sundheit geht es auch um die Informati- tensempfehlungen zu geben. verjüngung sichergestellt. Da der Klima- on und Unterstützung von Städten und wandel manche Neobiota begünstigt, Gemeinden bei eigenen Anpassungs- … gegen Folgen der Trockenheit … soll deren Monitoring intensiviert wer- planungen. Dies ist nämlich für viele ein Um die Folgen zunehmender Sommer- den. Wenn invasive Neobiota sich stark neues Thema. trockenheit zu vermindern, wird un- auszubreiten drohen, werden sie be- tersucht, welche Lebensräume und kämpft. Breites Massnahmenspektrum Arten davon besonders bedroht sind Darüber hinaus sollen Gemeinden mit gegen die Hitze … und welche Massnahmen zu ergreifen zielgruppengerechten Angeboten bei Die Massnahmen setzen an verschie- sind, um sie zu schützen. Die Land- der Planung eigener Anpassungsaktivi- denen Stellen an. Der zunehmenden wirte sollen gezielt über die erwarte- täten unterstützt werden. Hitzebelastung vor allem in Siedlungs- ten klimatischen Änderungen informiert gebieten soll beispielsweise begegnet werden, damit sie dies in ihren betrieb- www.umweltschutz.zh.ch/zup
Luft / Klima 8 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Umsetzung der neuen Mittlere Sommertemperatur – Messung und Simulation Massnahmen angehen 12 Die neuen Massnahmen werden in den 10 nächsten Jahren umgesetzt. Dabei wird Temperaturabweichung (°C) der Kanton bei vielen Massnahmen Ge- 8 meinden, Verbände, den Bund und an- dere relevante Akteure in geeigneter 6 Weise miteinbeziehen. Denn die Her- 4 ausforderung des Klimawandels zu be- wältigen, ist eine Aufgabe, die nur ge- 2 meinsam gelingen kann und Beiträge 0 auf allen Ebenen erfordert. Die Anpassung an den Klimawandel ist -2 zudem eine Daueraufgabe. Daher plant -4 der Kanton, in regelmässigen Abstän- den eine neue Situationsanalyse vorzu- -6 nehmen, auf deren Basis dann jeweils 1880 1920 1960 2000 2040 2080 der Anpassungsbedarf für die nächsten Abweichung vom Durchschnitt der Jahre 1981– 2010 im Schweizer Mittel Jahre ermittelt wird. Auch beim Mass- Messungen nahmenplan Verminderung der Treib- Möglich mit Klimaschutz (Bandbreite der Simulationen) Möglich ohne Klimaschutz (Bandbreite der Simulationen) hausgase sind eine Standortbestim- mung und wo nötig Folgemassnahmen Die Sommertemperaturen steigen. Nur durch eine umfassende Senkung des weltweiten vorgesehen. Treibhausgasausstosses würde die Temperatur dem grünen Kurvenverlauf folgen. Quelle: Klimaszenarien CH2018 (MeteoSchweiz / ETH) INTERVIEW Grad Celsius gestiegen – das heisst, von Paris 2015 sieht eine umfassende «Die neuen Klimaszenarien die Schweiz erwärmt sich deutlich Senkung des weltweiten Treibhausgas- helfen Anwendern, die rich- stärker als der weltweite Durchschnitt. ausstosses vor. Damit könnten wir die tigen Entscheidungen für die Steigt der CO2-Ausstoss weltweit wei- Hälfte der Klimaveränderungen in der Zukunft zu treffen.» ter wie bisher, werden wir die Verände- Schweiz bis 2060 vermeiden. rungen noch viel stärker spüren. Auf welche Auswirkungen müs- Und wie sind die Aussichten für sen wir uns im Kanton Zürich die nächsten Jahrzehnte? einstellen? Die Klimaszenarien CH2018 zeigen Die genannten Veränderungen betref- vier klare Hauptveränderungen für die fen auch Zürich. Ohne Klimaschutz Schweiz: erwarten wir 2060 in Zürich Tempera- 1. Trockenere Sommer und längere turen wie sie heute in Locarno normal Trockenperioden sind. Haben wir heute im Durchschnitt 2. Mehr Hitzetage mit heissen Tagen weniger als zehn Tage pro Jahr mit und Nächten Temperaturen über 30 Grad Celsius, 3. Heftigere Niederschläge werden es Mitte des Jahrhunderts 4. Schneeärmere Winter mehr als doppelt so viele Hitzetage Die Auswirkungen der Klimaverände- sein. Gleichzeitig ist mit mehreren Tro- rungen zeigen sich damit in vielen Be- pennächten pro Jahr zu rechnen. Dr. Andreas Fischer, Projektleiter der reichen. Wir gehen davon aus, dass Schweizer Klimaszenarien CH2018, ohne globale Klimaschutzmassnah- Die Hitzesommer scheinen sich Bundesamt für Meteorologie und men die Temperatur in der Schweiz zu häufen. Nehmen auch sonst Klimatologie MeteoSchweiz bis 2060 um weitere zwei bis drei Grad die Extreme zu? Telefon 058 460 96 63, andreas.fischer@meteoschweiz.ch, Celsius steigt. Ja, davon müssen wir ausgehen. Ne- www.klimaszenarien.ch ben vermehrten Hitzeextremen werden Wie weit können wir noch beein- Starkniederschläge in Zukunft merklich flussen, wie stark die Erwärmung häufiger und intensiver auftreten, als Herr Fischer, Sie haben kürz- ausfällt? wir es heute erleben. Ausserdem stei- lich neue Klimaszenarien für die Klar ist: Die Temperaturen in der gen die Höchsttemperaturen erheblich Schweiz veröffentlicht. Wie steht Schweiz werden weiter steigen. Wenn stärker als die Durchschnittstempera- es um das Klima in der Schweiz? wir es allerdings schaffen, umfassen- turen. In bevölkerungsreichen städti- Der Klimawandel ist in der Schweiz de Klimaschutzmassnahmen umzu- schen Gebieten in tiefen Lagen nimmt klar feststellbar. Die Temperatur ist setzen, dann können wir den Anstieg damit die Hitzebelastung am meisten seit Beginn der Messungen um zwei bremsen. Das Klimaschutzabkommen zu. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Biosicherheit 9 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Vollzug hinter Gittern Seit fünf Jahren ist in Zürich-Affoltern mit der Protected Site eine europaweit einmalige Forschungsanlage für Freisetzungsversuche mit Gentechpflanzen in Betrieb. Bund und Kanton Gentechweizen auf der Protected Site in Zürich-Affoltern während der Samenreife. tragen mit ihren regel- Das blaue Netz verhindert, dass Vögel Samen verschleppen. Quelle: Bernadette Guenot, BAFU mässigen Kontrollen gemeinsam zur Gewähr- leistung der Biosicherheit bei. Barbara Wiesendanger «Betreten verboten! Auf diesem Gelän- lich, sondern auch für die agronomi- Wissenschaftliche Mitarbeiterin de finden Versuche mit gentechnisch sche Betreuung der Felder und die Ko- Sektion Biosicherheit veränderten Pflanzen statt.» Der zwei ordination der Versuche. Zudem führt Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Meter hohe Gitterzaun, an dem das Agroscope auf der Anlage selbst Tests AWEL Baudirektion Kanton Zürich Schild mit diesen Worten hängt, steht mit Gentechpflanzen durch, in denen es Telefon 043 259 39 17 in Zürich-Affoltern, unweit der Gebäude deren Nutzen und Risiken für die hiesige barbara.wiesendanger@bd.zh.ch der Forschungsanstalt Agroscope. Umwelt und Landwirtschaft prüft. www.biosicherheit.zh.ch Die Protected Site bleibt auch nach fünf Autor: Benno Vogel Europaweit einmalig Betriebsjahren etwas Ungewöhnliches. Das drei Hektar grosse Gelände, das Die Aufgaben jedoch, die das Amt für l Hinweise, Seite 4 der Zaun umgibt, ist in dreierlei Hinsicht Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL ungewöhnlich: Erstens befinden sich im Zusammenhang mit der Überwa- dort die einzigen Felder der Schweiz, chung des Betriebs zu erledigen hat, auf denen derzeit – trotz des geltenden werden zur Routine. Moratoriums – Gentechpflanzen wach- sen dürfen (siehe Zusatzinfo Moratori- Gentechnik hinter Schloss um Seite 10). Zweitens ist das Gelän- und Riegel de mehrfach gegen unrechtmässige Die Protected Site startete im März Eingriffe gesichert und streng bewacht; 2014. Eineinhalb Jahre zuvor hatte das neben dem Zaun gibt es Überwa- Schweizer Parlament die Gelder für chungskameras, Alarmanlage und Si- Betrieb, Sicherung und Bewachung cherheitspersonal mit Wachhunden. der Anlage bewilligt, um die Forschung Und drittens ist das Gelände eine For- mit Gentechpflanzen zu unterstützen. schungsanlage namens «Protected Die Politik reagierte damit darauf, dass Site», die europaweit einmalig ist, weil militante Gentechnikgegner frühere sie Forschenden eine mit öffentlichen Versuche in Lindau, Zürich und Pully Geldern finanzierte Infrastruktur bietet, behindert und teilweise zerstört hatten. um Gentechpflanzen im Freiland zu un- Der Start der Protected Site fand in der tersuchen (siehe Infotext rechts). EU, wo Versuche mit Gentechpflanzen ebenfalls unter Vandalismus leiden, viel Fünf Jahre Protected Site Beachtung. Eine Nachahmung gibt es Die Betreiberin der Protected Site ist bisher aber nicht. Agroscope, das Kompetenzzentrum Mehr Informationen erhältlich unter: des Bundes für landwirtschaftliche For- www.protectedsite.ch schung. Es hat den Betrieb vor fünf Jah- ren gestartet und ist seither nicht nur für die Sicherung der Anlage verantwort- www.umweltschutz.zh.ch/zup
Biosicherheit 10 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Vier Versuche mit hohen Inspektionen hinterm Gitterzaun Sicherheitsstandards … Pflicht ist nach geltendem Recht auch, dass Freisetzungsversuche räumlich Wer auf der Protected Site Gentech- und zeitlich zu begrenzen sind. Ob die- pflanzen im Freilandversuch testen will, se Vorschrift und die damit einherge- braucht vorab eine Bewilligung des henden Auflagen auf der Protected Bundesamts für Umwelt (BAFU). Bisher Site eingehalten sind, kontrolliert eine sind vier Gesuche dazu eingegangen, vom Bund eingesetzte Begleitgrup- die alle bewilligt worden sind: zwei mit pe, in der neben dem BAFU auch das Weizen und je eines mit Kartoffeln und AWEL, Grün Stadt Zürich sowie eine Apfelbäumen. Als zuständige Fachstel- Behörden-externe Fachperson vertre- le des Standortkantons hat das AWEL ten sind. 23-mal war diese Begleitgrup- zu allen vier Gesuchen Stellung be- pe während der letzten fünf Jahre vor zogen und dabei jeweils nicht nur auf Ort – dem Vier-Augen-Prinzip entspre- ortspezifische Besonderheiten hinge- chend fast immer zu zweit. Dass bei die- wiesen, sondern auch konkrete Aufla- sen Inspektionen nie gravierende Män- gen für einen hohen Sicherheitsstan- dard beim BAFU beantragt. gel zutage traten, ist nicht zuletzt auch Alarmanlage und Überwachungs- Agroscope zu verdanken, die als Betrei- kameras … … zur Krankheitsabwehr und für berin der Versuchsanlage ihren Pflich- höheren Ertrag ten nachkam und eng mit der Begleit- In der Feldsaison 2018 waren alle vier gruppe kooperierte. Versuche noch in Gang. Bei einem Ver- such mit Weizen wollen die Forschen- In fünf Jahren nie ein Notfall den herausfinden, ob die veränderten Nicht nur die strengen Auflagen und Pflanzen wie erhofft dickere Körner bil- deren konsequente Umsetzung sorg- den und somit eine Ertragssteigerung ten die letzten fünf Jahre dafür, dass die bewirken könnten. Bei Weizen, Kartof- Versuche auf der Protected Site räum- feln und Apfelbäumen testen die For- lich und zeitlich begrenzt blieben, auch schenden zudem Gentechvarianten, das Ausbleiben von heftigen Unwettern die so verändert sind, dass sie sich sel- und Sabotageakten halfen. Der von ber gegen Krankheiten wehren können Agroscope koordinierte Notfallplan, in und damit zur Ertragssicherung beitra- den das AWEL eng eingebunden ist, gen sollen. Die Krankheiten, die im Fo- musste bisher nie aktiviert werden. kus stehen, sind Mehltau beim Weizen, Feuerbrand bei den Apfelbäumen und Moratorium Kraut- und Knollenfäule bei den Kartof- Seit der Annahme der Volksinitiative feln. «für Lebensmittel aus gentechnikfreier Bei allen vier Versuchen finden zudem Landwirtschaft» im Jahr 2005 unter- Tests zu möglichen unerwünschten steht der Anbau von Gentechpflanzen … Zaun, Hund und Videoüberwachung … Umweltwirkungen der Gentechpflanzen in der Schweiz einem befristeten Ver- statt. Dies ist Pflicht, da nach geltendem bot. Das ursprünglich auf fünf Jahre Recht Freisetzungen nur dann zulässig angelegte Moratorium ist vom Parla- sind, wenn sie einen Beitrag zur Erfor- ment dreimal verlängert worden und schung der Biosicherheit leisten. dauert bis Ende 2021. Betroffen ist die Nutzung von Gentechpflanzen in Land- und Forstwirtschaft sowie im Garten- bau. Nicht verboten sind Freisetzungs- versuche für Forschungszwecke. Sie müssen jedoch vom Bund bewilligt werden. 2018 gab es vier Versuche, die alle auf der Protected Site in Zürich stattfanden. … sowie die Infotafel am Gitterzaun sichern die Protected Site vor unrechtmässigen Besuchern. Quelle: Barbara Wiesendanger www.umweltschutz.zh.ch/zup
Umweltdaten 11 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Wer hört mor- gens noch die Lerche? Bei Shakespeare spielte die Lerche die Rolle der Tagesverkünderin. Doch wo ist diese früher alltägliche Vogelart heute noch anzu- treffen? Wo plant der Kan- Früher war die Feldlerche ein «Allerwelts-Vogel». Mit dem Verlust von Kleinstruk- ton Zürich Massnahmen turen und Insekten im Landwirtschaftsgebiet wird sie jedoch immer seltener. Quelle: BirdLife Schweiz zur Verbesserung des Um- weltzustands, was wurde in den letzten Jahren er- reicht? Antworten gibt der neueste Umweltbericht. Der Umweltbericht 2018 hält fest, dass Pflanzenschutzmittel gezielter … Christina Bühler, Projektleiterin Umwelt- die Biodiversität im Kanton weiter ab- Um die negativen Folgen für die Viel- bericht; Nadine König nimmt. Die bisherigen Anstrengungen falt von Tieren und Pflanzen zu verrin- Koordinationsstelle für Umweltschutz haben zwar punktuell zu Erfolgen ge- gern, soll die Verwendung von Pflan- Koordination Bau und Umwelt Baudirektion, Kanton Zürich führt. So hat sich beispielsweise das zenschutzmitteln in der Landwirtschaft Telefon 043 259 49 07 Moor-Veilchen dank der Wiederherstel- professionalisiert und damit auch ein- christina.buehler@bd.zh.ch lung von Riedwiesen beim Katzensee geschränkter erfolgen. Massnahmen www.umweltschutz.zh.ch l Umweltbericht wieder angesiedelt. Für eine Trendwen- für einen gezielteren Einsatz von Pflan- de reichen die bisherigen Massnahmen zenschutzmitteln sind auch von grosser aber nicht aus. Fast die Hälfte aller Le- Bedeutung, wenn es um die Qualität der bensraumtypen ist bedroht. Bei vielen Gewässer geht. Bei Regen werden die Arten sinkt die Anzahl der Individuen Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln nach wie vor stark. Davon betroffen sind sowie deren Abbauprodukte leicht aus- viele für das Kulturland typische Arten. gewaschen und gelangen in die Gewäs- ser (siehe Interview «Wie steht es ums «Allerwelts-Vogel» wird rar Wasser und die Zürcher Gewässer» Ein Beispiel dafür ist die Feldlerche. Seite 31). Der Kanton Zürich unterstützt Früher war sie ein «Allerwelts-Vogel», deshalb Projekte zur Effizienzsteige- in den letzten zehn Jahren ist ihr Be- rung beim Einsatz von Pflanzenschutz- stand aber um mehr als die Hälfte ein- mitteln. gebrochen. Dies hängt damit zusam- men, dass nach wie vor Kleinstrukturen … Dünger effizienter einsetzen wie Hecken, Säume und wenig genutzte Die bei der landwirtschaftlichen Tier- Randflächen verloren gehen und damit haltung und beim Düngen anfallenden gleichzeitig die Lebensräume für zahl- Stickstoffemissionen sind nach wie reiche Arten verschwinden. Nur das Be- vor hoch. Der Kanton Zürich setzt sich wahren oder die Wiederherstellung sol- deshalb mit dem Einsatz von Schlepp- cher spezifischer Lebensräume kann schläuchen bei der Gülleausbringung, die Artenvielfalt im Kulturland schützen. der Abdeckung von Güllelagern oder Neben dem Verlust kleinräumiger Struk- mit Abluftreinigungsanlagen bei gros- turen ist das verringerte Nahrungsange- sen Tierhaltungsbetrieben für die Ver- bot für Vögel und Amphibien ein Grund minderung von Stickstoffemissionen für den Rückgang der Artenvielfalt im ein. Kulturland. Die in der Landwirtschaft eingesetzten Dünger und Pflanzen- schutzmittel verringern das Nahrungs- angebot für Insekten und damit auch für Vogelarten wie die Feldlerche. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Umweltdaten 12 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 100 Prozent der Hochmoore leiden unter zu hohen Stick- Auf Strassen und Plätzen wird es im Sommer stoffeinträgen. Arten, welche auf diesen nährstoffarmen immer heisser. Die Bedeutung von Begrünung Lebensraum angewiesen sind, geraten stark unter Druck. und Beschattung nimmt zu. Quelle: Olivier Brandes Quelle: Christina Bühler «Düngung aus der Luft» schadet Wie auch dieser Sommer wieder gezeigt Umweltbericht 2018 Biodiversität, Wasser und Klima hat, nehmen Hitzeperioden im Sommer Der Umweltbericht 2018 informiert Zwei Drittel der Stickstoffemissionen zu. Dies betrifft besonders auch die kompakt und einfach verständlich über stammen aus der Landwirtschaft, der Menschen im städtischen Lebensraum, den Zustand der Umwelt im Kanton Rest aus Verbrennungsprozessen wie da sich dort die Wärme länger in den be-Zürich. Er beinhaltet Themen wie Sied- dem Verkehr oder Feuerungen. tonierten Flächen und Gebäuden spei- lungsentwicklung, Land- und Wald- Neben der Beeinträchtigung von Ge- chern kann. Beschattung, Begrünung wirtschaft, Rohstoffe und Abfall, Lärm, wässern und Grundwasser gleicht der und geeignete Bebauung, welche eine Luft, Strahlung, Klimawandel und Ener- hohe Stickstoffeintrag einer «Düngung Durchlüftung zulässt, werden künftig gie, Wasser, Boden, Biodiversität und aus der Luft» und führt zu unerwünsch- noch wichtiger, damit der Mensch sich Landschaft. Der Umweltbericht infor- tem Nährstoffeintrag in nährstoffarme im Siedlungsgebiet wohl fühlen kann. miert über die Umweltziele des Kan- Biotope wie Hochmoore – wodurch Die Landwirtschaft hat sich auf länge- tons Zürich und deren Zielerreichung, diese seltenen Lebensräume verändert re Trockenheitsphasen mit punktuell gibt engagierten Menschen aus Praxis und geschädigt werden. Zudem wird hohen Niederschlagsmengen einzu- und Wissenschaft eine Stimme, be- dadurch die Versauerung von Waldbö- stellen. Massnahmen zur Anpassung richtet über erfolgreiche Ansätze und den beschleunigt, womit die Vitalität der an den Klimawandel in den Bereichen darüber, wo weiterhin grosser Hand- Bäume vermindert wird. Landwirtschaft, Wasserwirtschaft oder lungsbedarf besteht. Zu viel Stickstoff im Umlauf beeinträch- Raumplanung sind daher grundlegend. Der Umweltbericht wurde von der Ko- tigt neben Wasser, Boden und Luft auch ordinationsstelle für Umweltschutz das Klima. Denn die Umwandlung des Verdichtung nach innen darf (KofU) in Zusammenarbeit mit den Äm- Stickstoffs im Boden kann Lachgas er- nicht lauter werden tern der Baudirektion sowie des Amts zeugen, welches als sehr starkes Treib- So wie Vogelgezwitscher meist als an- für Verkehr der Volkswirtschaftsdirek- hausgas gilt. genehm wahrgenommen wird, gilt tion erstellt. Strassenverkehrslärm als unerwünscht. Klimawandel – Massnahmen Anhaltend hoher Lärm kann die Ge- zur Begrenzung und Anpassung sundheit beeinträchtigen. Der Stras- Die Reduktion von Treibhausgasen senverkehrslärm hat auch in den letzten bleibt eine zentrale Herausforderung. Jahren weiter zugenommen. Die Bevöl- Der CO2-Ausstoss pro Kopf konnte in kerungszunahme in städtischen Räu- den vergangenen Jahren zwar weiter men führt einerseits zu mehr Verkehr gesenkt werden, es braucht aber wei- und gleichzeitig auch zu mehr Lärmbe- terhin grosse Anstrengungen, um die troffenen. Vor diesem Hintergrund ist Folgen des Klimawandels zu beschrän- die geforderte Siedlungsentwicklung ken (siehe Artikel «Massnahmen zum nach innen qualitätsvoll umzusetzen. Klimawandel im Kanton Zürich» Seite 5). Neben der Lärmbekämpfung braucht es den Schutz und die Förderung von Ruheinseln – und zwar im Siedlungsge- biet selbst wie auch im Naherholungs- gebiet (siehe Artikel «Den Lebensraum von morgen gestalten» Seite 9). Nicht nur die Feldlerche, auch der Mensch hat Ansprüche an ein geeignetes Umfeld. Der neue Umweltbericht kann bei der KofU Er braucht Lebensräume zum Wohnen (Telefon 043 259 24 17, kofu@bd.zh.ch) und Wirtschaften, aber auch zum Wohl- bestellt oder im Internet unter fühlen und Erholen. www.umweltschutz.zh.ch heruntergeladen werden. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 13 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Den Lebens- raum von morgen gestalten Der Kanton Zürich ist ein attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum und möch- te dies auch in Zukunft Freiräume zur Alltagserholung in der Nähe des Wohnumfelds sind wichtig für die Bevölkerung. Aus raumplanerischer Sicht reduzieren sie zudem das Verkehrs- bleiben. Die Raumplanung aufkommen und damit den Ressourcenverbrauch (Im Bild: Allmend Brunau, Zürich). sorgt für einen Ausgleich Quelle: ARE, Kanton Zürich zwischen den zunehmen- den Ansprüchen an den Raum. Neben der Lenkung des Siedlungswachstums Der Kanton Zürich weist eine hohe Raumplanungsbericht 2017 nach innen wird bei stei- Standortattraktivität auf. Ein Teil der Der Regierungsrat erstattet dem Kan- gender Bevölkerungszahl Standortgunst liegt in der effizienten tonsrat alle vier Jahre Bericht über den der Erhalt und der Zugang räumlichen Organisation begründet. Mit Stand der Raumentwicklung im Kanton zu Freiräumen wichtiger. den grossen Zentren, einem Netzwerk Zürich. Der am 27. Juni 2018 publizier- mittelgrosser Städte und kleinerer Ge- te zehnte Raumplanungsbericht widmet Michael Landolt, Raumplaner und Daniela Wegner, Raumplanerin meinden sowie einer gut ausgebauten sich der qualitätsvollen Siedlungsent- Abteilung Raumplanung Infrastruktur verfügt der Kanton über wicklung nach innen. Darüber hinaus Amt für Raumentwicklung ARE ausgezeichnete Voraussetzungen zum beleuchtet er verschiedene Herausfor- Baudirektion, Kanton Zürich Telefon 043 259 39 77 Wohnen und Arbeiten. derungen, welchen sich die Raumpla- michael.landolt@bd.zh.ch nung aktuell zu stellen hat. Der Bericht www.are.zh.ch Mehr als wohnen und arbeiten zeigt anhand von Projekten und Verfah- Der Kanton Zürich ist jedoch nicht nur ren konkrete Lösungsmöglichkeiten in l Artikel «Kanti Uetikon – Provisorium mit Vorbildfunktion», Seite 21 ein Wirtschaftsmotor und ein attrakti- der Raumentwicklung auf. l Veranstaltungen, Seite 45, 47 ver Wohnstandort. Es sind massgeb- lich auch seine intakten Naturräume, Kanton Zürich Regierungsrat Wälder, Seen und Hügellandschaften, Raumplanungsbericht 2017 die seine Lebensqualität ausmachen. RRB Nr. 630/2018, Vorlage 5470 Bericht des Regierungsrates an den Kantonsrat vom 27. Juni 2018 Sie sind wichtige Ökosysteme, die Tie- ren und Pflanzen Lebensraum bieten. Die Naturräume sorgen für den ökologi- schen Ausgleich und dienen der Erho- lung. Teil davon ist das Kulturland, auf welchem unsere Nahrungsmittel ange- baut werden. Wachsende Bevölkerung Die Bevölkerung des Kantons Zürich wächst. Auch dies ist Ausdruck sei- ner Standortattraktivität und Teil sei- nes Erfolgs. Das Wachstum hilft mit, die notwendige Erneuerung des bauli- chen Bestands und der Infrastrukturen voranzubringen. Die Raumplanung ist Der Raumplanungsbericht 2017 durch das Bevölkerungswachstum je- kann per E-Mail an are@bd.zh.ch doch auch gefordert. Ihre Aufgabe be- kostenlos bestellt werden. Quelle: ARE, Kanton Zürich steht darin, vorauszuschauen und die räumliche Entwicklung in eine nach- haltige Richtung zu lenken, damit auch künftige Generationen von der hohen www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 14 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Standort- und Lebensqualität profitie- Phasen der Siedlungsentwicklung Erholungs-Hotspots ren. Der Erhalt der bestehenden Frei- Freiräume zur Naherholung werden bei räume ist dabei ein entscheidender Er- steigender Bevölkerungszahl wichti- folgsfaktor. ger. Gleichzeitig ist bei stark frequen- tierten Ausflugszielen, sogenannten Innenentwicklung ermöglichen Innen- Erholungs-Hotspots, mit Nutzungs- entwicklung Nur wenn es gelingt, die weitere Zersie- konflikten zu rechnen. Die Naturräume, delung zu begrenzen, können die land- Brachen- in denen sich die Hotspots befinden, schaftlichen Qualitäten des Kantons entwicklung werden durch die grossen Besucher- bewahrt werden. Innenentwicklung vor ströme beeinträchtigt (siehe Beispiel Aussenentwicklung ist deshalb das Siedlungserweiterung Seegräben, Infotext, Seite 15). zentrale Prinzip der kantonalen Raum- ordnungspolitik. Da Industrie- und Gewerbebrachen rar Ihre Siedlungen nach innen zu entwi- werden, verlagert sich das Augenmerk der ckeln, stellt die Städte und Gemeinden Planung zusehends auf die bestehenden Gebietsplanung ausserhalb Wohn-, Misch- und Zentrumszonen. vor grosse Herausforderungen. Um In- Quelle: ARE, Kanton Zürich des Siedlungsraums nenentwicklung zu ermöglichen, müs- Auch weiter weg von den Zentren und sen sie sich intensiv mit dem Bestand ausserhalb des Siedlungsgebiets stel- auseinandersetzen und ihre Entwick- len sich vielfältige planerische Aufga- lungsabsichten formulieren. Eine quali- wirkung aller Anspruchsgruppen sind ben. Ziel ist es, Bauvorhaben ausser- tätsvolle Innenentwicklung erfolgt unter weitere Anstrengungen erforderlich. halb der Bauzonen nicht mehr allein Einbezug von Bevölkerung, Politik und Punktuell sind auch Anpassungen an über Ausnahmeregelungen zu beurtei- Wirtschaft sowie in Abwägung vielfälti- den bestehenden Regulierungen oder – len, sondern aufgrund einer gesamt- ger Interessen. wie im Falle des Mehrwertausgleichge- räumlichen Betrachtung. Die Situati- setzes – neue Instrumente nötig. onsanalyse soll vor dem Hintergrund Bestehenden Werten Sorge tragen der gewünschten räumlichen Entwick- Innenentwicklung gelingt dann, wenn Freiräume – Herausforderung lung in diesem Gebiet erfolgen. Hier bestehende Qualitäten bewahrt und im Siedlungsgebiet könnte das Instrument der Gebietspla- neue geschaffen werden. Die Vielfalt der Eng mit der Siedlungsentwicklung nung, das im Siedlungsgebiet bereits Nutzungen auf engem Raum ist attrak- nach innen verbunden ist die Nach- erfolgreich angewendet wird, wertvolle tiv und spannend, sie kann aber auch frage nach Erholungsräumen. Mit der Dienste leisten. zu Konflikten führen. Informelle und or- steigenden Bevölkerungszahl werden dentliche Planungsverfahren helfen, an die vorhandenen Frei- und Grünflä- Demografische Entwicklung diese Herausforderungen zu bewälti- chen zusätzliche Ansprüche gestellt. und Digitalisierung gen. Innenentwicklung ist anspruchs- Besonders in dicht besiedelten Gebie- Die Bedürfnisse einer älter werden- voll und gelingt nur gemeinsam. ten besteht eine zunehmende Nachfra- den Gesellschaft stellen die Raumpla- Die bestehenden Planungsinstrumente ge nach Freiräumen, die für die alltägli- nung vor neue Herausforderungen. Die reichen in der Regel aus, um die räum- che Erholung und Freizeit zur Verfügung Ansprüche und Anforderungen an den liche Entwicklung zu steuern. Beim Ein- stehen (Foto Seite 16). Wohnraum und das Wohnumfeld än- bezug der Bevölkerung und bei der Mit- dern sich und werden immer vielfälti- ger. Die Ausstattung und Gestaltung Bevölkerungsentwicklung und -prognose von Siedlungen und Wohnquartieren ist im Hinblick auf diese Veränderungen zu 2000 Entwicklung Prognose prüfen und entsprechend anzupassen. 1800 Der technische Fortschritt im Bereich 1600 der Digitalisierung ist ein zweiter wich- 1400 tiger Trend. Die Digitalisierung beein- Bevölkerung 1200 (in 1000) flusst, wie wir uns im Raum bewegen, 1000 ihn nutzen und gestalten. Dank kosten- 800 günstiger Sensoren und deren Vernet- 600 zung ergeben sich neue Möglichkeiten 400 zur effizienteren Steuerung von Versor- 200 gungs- und Verkehrsnetzen, Gebäuden 0 und Siedlungen. Mögliche Effizienz- 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2017 2020 2030 2040 gewinne sind für eine Reduktion des Ressourceneinsatzes und des Flächen- Ländliche Handlungsräume Urbane Handlungsräume Naturlandschaft Urbane Wohnlandschaft bedarfs zu nutzen. Kulturlandschaft Stadtlandschaft Landschaft unter Druck Bis 2040 wird eine Zunahme der Bevölkerung im Kanton Zürich um 23 Prozent erwartet. Städte sowie urbane Wohnlandschaften werden wohl den Grossteil des künftigen Bevöl- kerungswachstums aufnehmen. Quelle: Statistisches Amt, Kanton Zürich www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 15 ZUP Nr. 92 Dezember 2018 Seegräben liegt idyllisch am Pfäffikersee und zieht Erholungssuchende an. Der Erlebnishof lockt noch mehr Menschen hierher, so dass ein Verkehrskonzept nötig wurde. Quelle: links, Roland zh, WikimediaCommons (CC BY-SA 3.0); rechts, ARE, Kanton Zürich Regionale Vielfalt als Stärke Seegräben: Bedrängter Erholungs-Hotspot wahrnehmen Die Gemeinde Seegräben ist aufgrund zentagen überlastet und in der übrigen Das kantonale Raumordnungskonzept ihrer Lage am Pfäffikersee und wegen Zeit nur teilweise belegt ist. setzt für die verschiedenen Handlungs- des Juckerhofs ein beliebtes Ausflugs- räume unterschiedliche Akzente. Es un- ziel, ein sogenannter Hotspot der Er- Besucherströme lenken terscheidet städtische von eher ländlich holung. So wurde der bereits stark fre- Die Gemeinde Seegräben hat mit dem geprägten Gemeinden, da sie nicht die- quentierte Pfäffikersee-Erholungsraum Juckerhof die Verantwortlichkeiten für selben räumlichen Voraussetzungen in den letzten Jahren von immer mehr die verkehrlichen Massnahmen, ins- und teilweise auch unterschiedliche Be- Menschen besucht. besondere den Verkehrsdienst, in einer dürfnisse haben. Vereinbarung festgehalten. Das Ver- Den beschriebenen Herausforderungen Besucherverhalten erheben kehrskonzept zur Bewältigung des müssen sich jedoch alle Zürcher Ge- Ein Nutzungskonzept kann potenzielle Ausflugsverkehrs wurde in den letzten meinden stellen: Das Prinzip der Innen- Konflikte entflechten. Als Grundlage Jahren laufend angepasst. In Abspra- vor Aussenentwicklung, der Umgang dafür untersuchten die Gemeinde See- che mit der Kantonspolizei und dem mit den Nichtbauzonen, der demogra- gräben, die Jucker Farm AG, die Hoch- kantonalen Tiefbauamt wird an Spit- fische Wandel und die Digitalisierung schule für Technik Rapperswil sowie zentagen (Sonntage im Herbst mit sind Themen, die alle angehen. das Amt für Raumentwicklung 2015 schönem Wetter) der Dorfkern abge- Neben den mit der Planung befassten das Verhalten von 2200 Besucherinnen sperrt, der Verkehr umgeleitet und die Behörden von Kanton, Regionen und und Besuchern. Sie kommen vor allem Zufahrt nur noch für Anwohnerinnen Gemeinden sind insbesondere die Wirt- nach Seegräben, um zu «wandern und und Anwohner ermöglicht. Der Jucker- schaft und die Bevölkerung wichtige sich zu erholen» sowie um den Jucker- hof betreibt an einigen Tagen im Herbst Akteure bei der Gestaltung der räumli- hof zu besuchen. einen Shuttlebus, der zwischen dem chen Entwicklung. Als Querschnitt- und Die meisten befragten Personen stam- Bahnhof Aathal und dem Gemeinde- Gemeinschaftsaufgabe ist die Raum- men aus der näheren Umgebung (An- haus zirkuliert. Die Situation hat sich planung auf den Austausch und die fahrtsweg von maximal 30 Minuten mit dadurch verbessert. Ein erweitertes Zusammenarbeit mit allen Anspruchs- dem Auto). Über 70 Prozent der Besu- Angebot an öffentlichem Verkehr oder gruppen angewiesen. Die Verfahren der cher benutzen zur Anreise das Auto. eine Verbesserung der Parkplatzsitu- Raumplanung sind bedarfsorientiert Der grösste Teil davon parkiert auf dem ation in Seegräben werden im Projekt weiterzuentwickeln. Sie fördern den Gemeindeparkplatz in Seegräben, der «Mobilität + Umwelt Pfäffikersee» unter Einbezug aller Interessen und ermögli- im Frühsommer und im Herbst an Spit- Federführung des Amts für Verkehr un- chen einen fairen und transparenten In- tersucht. teressenausgleich und Umgang mitein- ander. www.umweltschutz.zh.ch/zup
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