FACH WERK 2018 - Kanton Bern

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FACH WERK 2018 - Kanton Bern
2018
FACH
  WERK
DAS MAGAZIN DER DENKMALPFLEGE DES K ANTONS BERN
L A REVUE DU SERVICE DES MONUMENTS HISTORIQUES
DU CANTON DE BERNE
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
2   EDITORIAL                                                                                                                                                       INHALT | SOMMAIRE   3

    Fachwerk 2018                                                                                      Inhalt | Sommaire

                     Liebe Leserin, lieber Leser             Chère lectrice, cher lecteur,
                                                                                                                           4     AKTUELL | ACTUEL
                     Wir alle sind stolz auf die Bauernbe­   Les fermes du canton de Berne
                     triebe im Kanton Bern, erfreuen uns     réjouissent le regard, avec leurs                                   Bauernhäuser | Maisons rurales
                     an den Rapsfeldern, den Äckern,         champs de colza, leurs terres la­                               4   Der Umbruch in der Landwirtschaft und
                     den Kühen, den prächtigen Bauern­       bourées, leurs troupeaux de vaches                                  die Auswirkungen auf bäuerliche Bauten
                     häusern. Dass heute viele Bauern­       et leurs maisons cossues. Voir beau­                           14   Wohnen im Bauernhaus – zehn Beispiele |
                     betriebe aufgeben müssen und die        coup d’entre elles obligées de ces­                                 Habiter dans une ferme – dix exemples
                     Landwirte ihre Existenzgrundlage        ser leur activité et les agriculteurs                          26   Vivre le patrimoine
                     verlieren, beschäftigt mich sehr.       perdre ainsi leur base d’existence,
                     Dies wirkt sich letztendlich auch auf   cela me préoccupe sérieusement.                                30   Revision Bauinventar 2020 |
                     die bäuerlichen Bauten aus. Einst       Et ce n’est pas sans conséquences                                   Révision recensement architectural 2020
                     waren sie der Stolz gar mancher         sur les bâtiments. Ces exploitations,
                     Generationen von Landwirten – und       qui ont fait la fierté de générations     Köniz
                     nun sind sie plötzlich nicht mehr zu    d’agriculteurs, les voilà soudain

    Michael Gerber
                     retten.                                 désertées pour toujours.
                                                                                                                           32    BERICHTE | RAPPORTS
                     Der Strukturwandel in der Landwirt­     Le changement structurel que con­
                     schaft ist eine grosse Herausforde­     naît l’agriculture met les paysans                             32   Pionierwerk bei Hagneck setzt neue Massstäbe
                     rung für die Bäuerinnen und Bauern.     face à un défi de taille. Cependant,                           34   Sanierung zweier Fussgängerbrücken in Lyss
                     In den Gesprächen, die wir für          les discussions que nous avons                                 36   Minimale Eingriffe – maximaler Denkmalwert in Muri
                     dieses Heft geführt haben, haben        eues durant la préparation de ce                               38   Ein überraschender Fund in Thörishaus
                     wir aber nicht nur von schwierigen      numéro nous ont non seulement                                  40   Heidenstöcke in Niederönz
                     Rahmenbedingungen erfahren,             éclairés sur cette dure réalité, mais                          42   Sous la poussière, le décor à Renan
                     sondern auch von innovativen Ideen,     encore fait découvrir des idées
                     unerschrockenem Willen und              novatrices, une volonté inébranlable
                     grossem Elan, neue Wege zu be­          et une puissante motivation à
                     schreiten.                              explorer de nouvelles voies.

                                                                                                       Hagneck
                                                                                                                           44    OBJEKTE | OBJETS
                     Der Kanton Bern hat einen einzig­       Les fermes bernoises sont un
                     artigen Bestand an bäuerlichen          pa­trimoine unique. La restauration                            57   ENTDECKUNG | DÉCOUVERTE
                     Bauten. Die Restaurierung und Um­       et la réaffectation de fermes ou
                     nutzung von Bauernhäusern oder          de bâtiments agricoles forment une                             58   ZAHLEN | CHIFFRES
                     von bäuerlichen Bauten macht ei­        part importante du travail de nos
                     nen wesentlichen Anteil der Arbeit      conseillers techniques. C’est pour                             60   VERLUSTE | PERTES
                     unseres Teams der Bauberatung           nous une chance de pouvoir évaluer
                     aus. Wir schätzen uns glücklich,        de tels projets de transformation.                             61   EINBLICKE | APERÇUS
                     dass wir derartige Umbauprojekte        Car cela signifie qu’un bâtiment
                     begleiten dürfen. Dies bedeutet,        historique va continuer à être utilisé,                        62   PUBLIK ATIONEN | PUBLICATIONS
                     dass ein Baudenkmal weitergenutzt       et ça, c’est la meilleure des protec­
                     wird – und das ist sein bester          tions.                                                         64   TERMINE | CALENDRIER
                     Schutz.
                                                             Michael Gerber                                                 66   PERSONELLES | PERSONNEL
                     Michael Gerber                          Chef du Service des monuments
                     Kantonaler Denkmalpfleger               historiques                               Muri                 67   IMPRESSUM
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
4   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                                                  ACTUEL | MAISONS RURALES              5

    Der Umbruch in der Landwirtschaft und                                                                                                                                                                                         «Die Entwicklungen
                                                                                                                                                                                                                                  in der Landwirtschaft
    die Auswirkungen auf bäuerliche Bauten                                                                                                                                                                                        sind herausfordernd
    Mit welchen Herausforderungen sehen sich Bauern und Bäuerinnen                                                                                                                                                                und dynamisch.»
                                                                                                                                                                                                                                  Hans Jörg Rüegsegger
    heute konfrontiert? Und was bedeutet dies für die Bauernhäuser?
    Diesen herausfordernden Fragen widmet sich das Fachwerk 2018.

    In den vergangenen 20 Jahren hat         die bäuerlichen Bauten – und damit       01  Der gut unterhaltene Weiler Holzmühle
    sich die Landwirtschaft in der Schweiz   einen wichtigen Teil unserer Baukul­          bei Jegenstorf bietet ein intaktes inneres
    stark verändert. Als Folge des neuen     tur: Bauernhäuser werden verlassen            und äusseres Ortsbild.
    Verfassungsartikels zur Landwirtschaft   oder umgenutzt.                          02  Die vier Gehöfte vereinen Bauten aus

    ging die Anzahl der Landwirtschafts­                                                   vier Jahrhunderten und dienen noch

    betriebe in der Schweiz seit der Jahr­   Nachgefragt: Sicht der Bauern                 heute hauptsächlich der Landwirtschaft.
                                                                                      03  Hans Jörg Rüegsegger und Andreas
    tausendwende jährlich um 1,9 Prozent     Hans Jörg Rüegsegger, Grossrat und
                                                                                           Wyss, Präsident und Geschäftsführer
    zurück. Der Rückgang betrifft vor al­    Präsident des Berner Bauern Verban­
                                                                                           des Berner Bauern Verbandes.
    lem die kleinen und mittleren Betrie­    des, Andreas Wyss, Geschäftsführer
    be, während die Zahl der grossen
    ­                                        des Berner Bauern Verbandes, Fritz                                                         02                                                                                        03
    Betriebe zunimmt. Die landwirt­schaft-   Rothen, Geschäftsführer von IP-
    li­che Nutzfläche blieb dabei in etwa    Suisse sowie Ulrich Stähli, Grossrat
    stabil, die Zahl der in der Landwirt­    und Bauer, geben in unserem Beitrag                                                        betriebe bedeutet. Sie berichten im           wirtschaftlichen Bauten. Es ist nicht       Umbauprojekt ist die Denkmalpflege
    schaft Beschäftigten ging hingegen       Auskunft darüber, was der Struktur­                                                        Gespräch mit Michael Gerber, dem              erstaunlich, dass die Restaurierung         aber nur einer von vielen verschiede­
    zurück. Der Strukturwandel trifft auch   wandel für die Berner Landwirtschafts­                                                     kantonalen Denkmalpfleger, über die           und die Modernisierung von Bauern­          nen Akteuren. Grundlegend sind bei
                                                                                                                                        Herausforderungen, mit denen sich             häusern oder von anderen landwirt­          allen Umbauvorhaben unter anderem
                                                                                                                                        die Bauern und Bäuerinnen heute               schaftlichen Bauten aktuell einen we­       die Vorgaben des Raumplanungsge­
                                                                                                                                        auseinandersetzen müssen. Dazu ge­            sentlichen Anteil der Arbeit der Bau-       setzes zum Bauen ausserhalb der
                                                                                                                                        hören auch die Weiternutzung, Um­             beratung der Denkmalpflege ausma­           Bauzonen.
                                                                                                                                        nutzung oder Neunutzung der land­             chen. Bei den Überlegungen zu einem

                                                                                                                                             VERFASSUNGSARTIKEL 104                   Förderung der bäuerlichen Betriebe          im Kanton Bern sank die Zahl der Land­
                                                                                                                                             ZUR LANDWIRTSCHAFT                       durch Direktzahlungen unter der             wirtschaftsbetriebe allein im Jahr 2016
                                                                                                                                                                                      Voraussetzung eines ökologischen            um 207 auf 10'684. Diese Zahlen bele­
                                                                                                                                             Am 9. Juni 1996 setzte das Schweizer     Leistungsnachweises. Besonders ge­          gen den Strukturwandel, der in der
                                                                                                                                             Stimmvolk ein Zeichen für die Neuaus­    fördert werden naturnahe, umwelt-           Landwirtschaft gegenwärtig stattfindet.
                                                                                                                                             richtung der Landwirtschaft. Die Ab­     und tiergerechte Produktionsformen.         Besonders gravierend ist die Verände­
                                                                                                                                             stimmung war der Schlusspunkt einer      Das neue Landwirtschaftsgesetz trat         rung beim Milchpreis. Schweizer Land­
                                                                                                                                             langjährigen Kontroverse um Über­        am 1. Januar 1999 in Kraft und löste        wirte erhielten zu Beginn der neunziger
                                                                                                                                             produktion und Protektionismus: «Der     jenes aus dem Jahr 1951 ab. Die Neue­       Jahre für ihre Produkte weit mehr als
                                                                                                                                             Bund sorgt dafür, dass die Landwirt­     rungen für die Landwirtschaft in den        ihre Kollegen im benachbarten Ausland.
                                                                                                                                             schaft durch eine nachhaltige und auf    folgenden Jahren waren von grosser          Mit der Agrarreform verringerte sich der
                                                                                                                                             den Markt ausgerichtete Produktion       Tragweite. Preis- und Absatzgarantien       Preisabstand deutlich. Insbesondere
                                                                                                                                             einen wesentlichen Beitrag leistet zur   wurden abgeschafft, der Käsefreihandel      der tiefe Milchpreis bewirkt, dass auch
                                                                                                                                             sicheren Versorgung der Bevölkerung,     eingeführt, die Milchkontingentierung       die Milchproduktion vielerorts aufgege­
                                                                                                                                             zur Erhaltung der natürlichen Lebens­    aufgehoben, die Märkte für landwirt­        ben wird. Gemäss Agrarbericht 2017
                                                                                                                                             grundlagen und zur Pflege der Kultur­    schaftliche Produkte mehr und mehr li­      betrifft dies täglich zwei Betriebe in der
                                                                                                                                             landschaft sowie zur dezentralen Be­     beralisiert. In der Folge hat sich gemäss   Schweiz.
                                                                                                                                             siedlung des Landes», so definiert der   Bundesamt für Statistik die Anzahl der
                                                                                                                                             Artikel 104 der Bundesverfassung die     Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz
                                                                                                                                             Aufgaben der Landwirtschaft. Zu den                                                  Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft,
                                                                                                                                                                                      von 77'730 im Jahr 1997 auf insgesamt
                                                                                                                                                                                                                                  www.blw.admin.ch und Bundesamt für Statistik,
                                                                                                                                             be­g leitenden Massnahmen gehört die     52'263 im Jahr 2016 verringert. Auch        www.bfs.admin.ch

    01
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
6   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                               ACTUEL | MAISONS RURALES      7

    04  Fritz Rothen, Geschäftsführer
         von IP-Suisse.
    05  Die Tierhaltung wird heute in der
         Regel in einen externen Neubau
         ausgelagert.

                                              schreibt, der hat mittel- und langfris­   satz und Pflanzenschutz. «Man kann
                                              tig mehr als ein Problem zu lösen.» Ei­   nicht mehr einfach das Tagesge­
                                              nerseits seien die Ansprüche hoch,        schäft erledigen, sondern muss sich
                                              jene der Gesellschaft, der Konsumen­      auch langfristigen Themen wie der
                                              tinnen und Konsumenten und der Po­        Weiterentwicklung des Betriebs, der
                                              litik an die Landwirtschaft, anderer­     Infrastruktur, den Bauten, dem Stall,
                                              seits gelte es die Entwicklung in der     der Buchhaltung und der Alterspen­
                                              Landwirtschaft selber zu beachten,        sion widmen», erläutert Rüegsegger.
                                              die immer mehr Unter­nehmertum ver­       Auch Fritz Rothen, Geschäftsführer
                                              langt. «Im Kanton Bern sind heute         von IP-Suisse, stellt fest, dass sich
                                              rund 10 bis 15 Prozent der Bauernbe­      der Beruf des Bauern in den letzten     06                                          07
                                              triebe unternehmerisch top unter­         20 Jahren stark verändert hat. «Tech­
                                              wegs, also buchhalterisch oder wirt­      nisierung und Digitalisierung sind
                                              schaftlich so aufgestellt, dass sie       auch in der Landwirtschaft weit fort­
                                              Cashflow erwirtschaften und somit         geschritten. Praktisch jede Fütterung   Einzigartige bäuerliche Baukultur im Kanton Bern
                                              auch investieren können», so Rüegs­       wird heute über Computer gesteuert.
                                              egger. «Bei vielen anderen fehlt                                                  Der Kanton Bern hat einen einzig-           untergebracht waren. Die Menge        Vorgängern zu unterscheiden sind.
                                              schlicht die Wertschöpfung aus der                                                artigen Bestand an traditionellen           Vieh, die man besitzen durfte, be­    Viele Bauernhäuser sind aufgrund
                                              Produktion, was nicht einfach zu lö­      «Technisierung und Di­                  bäuerlichen Bauten.                         stimmte die Grösse einer Scheune      ihrer bemerkenswerten Bauqualität
    04                                        sen ist.»                                                                                                                     oder des Stalls.                      als erhaltens- oder schützenswerte
                                              Landwirte müssen sich heute mit           gitalisierung sind auch                 Für den Bauernhausforscher                  Strukturelle Veränderungen zogen in   Baudenkmäler im kantonalen Bauin­
    Die Kurzreportagen ab Seite 16 illust­    komplexen Themen beschäftigen. Da-        in der Landwirtschaft                   Heinrich Christoph Affolter sind die        der Landwirtschaft immer wieder       ventar verzeichnet. Ihr Bauschmuck
    rieren, wie in Bauernhäusern zeitge­      zu gehören Nachhaltigkeit, Ressour­                                               prachtvollen Einzelhöfe, Weiler und         bauliche Neuerungen nach sich. Die    und ihre Ausstattung zeugen vom
    mäss gewohnt wird. Die Besitzerinnen      ceneffizienz, Raumplanung, Boden-         weit fortgeschritten.»                  Dörfer «Zeugen einer jahrhunderte­          bewährten Grundformen, Konstrukti­    reichhaltigen kulturellen Erbe des
    und Besitzer geben Einblick in ihr Um­    und Wassernutzung, Antibiotikaein­        Fritz Rothen                            langen Vorherrschaft der Landwirt­          onen und Materialien wurden dabei     Kantons Bern: Äusserer Schmuck
    bau- oder Restaurierungsprojekt und                                                                                         schaft innerhalb des bernischen             über lange Zeit immer wieder ange­    wie Inschriften, Malereien oder
    erzählen von den jeweiligen Fragestel­                                                                                      Wirtschaftsgefüges.» Die voluminö­          wendet. Sie zeugen auch von der       Schnitzereien und Gestaltungsele­
    lungen und Lösungen und auch da­                                                                                            sen Berner Bauernhäuser, die bis ins        hochstehenden bernischen Bau­         mente im Inneren wie Öfen, Böden
    von, was sie mit ihrem Haus verbindet.                                                                                      20. Jahrhundert nach ähnlichem              handwerkstradition. Noch in den       oder Wandtäfer mit eingebauten
                                                                                                                                Konzept erbaut wurden, beschreibt           1950er Jahren baute man traditio­     Buffets sind für diese Bauten ge­
    Der Bauernbetrieb als Unternehmen                                                                                           Affolter als grosse Betriebe, in denen      nelle Bauernhäuser, die vom Typus     nauso prägend wie die markante
    Die Folgen der Strukturveränderung                                                                                          sowohl Kühe als auch Maschinen              her kaum von ihren 200-jährigen       äussere Erscheinung selbst.
    und des tiefen Milchpreises sind im
    ländlich geprägten Kanton Bern of­
    fensichtlich. «Viele Bauern hören ein­
    fach auf mit Melken, Milchviehställe
    werden heute kaum noch gebaut»,
    bestätigt Grossrat Ulrich Stähli. Diese                                                                                     06  Berner Oberland: Bauernhaus von 1784
                                                                                                                                     in Erlenbach im Simmental.
    Entwicklung werde noch zunehmen,
                                                                                                                                07  Mittelland: Grossbauernhaus von 1783
    ist er überzeugt. Hans Jörg Rüegseg­
                                                                                                                                     in Köniz.
    ger, Präsident des Berner Bauern Ver­
                                                                                                                                08  Emmental: Ehemaliges Kleinbauernhaus
    bandes, betont, dass die Entwicklung
                                                                                                                                     von 1805 in Lauperswil.
    im Bereich der Landwirtschaft her­                                                                                          09  Berner Jura: Bauernhaus la Brise von
    ausfordernd und sehr dynamisch ist.                                                                                              1624/27 in Renan.
    «Wer sich nicht jetzt darum kümmert,
    seinen Betrieb zu entwickeln und sich
    unternehmerischen Grundsätzen ver­        05                                                                                                                            08                                    09
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
8   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                                         ACTUEL | MAISONS RURALES        9

    10  Die alten Ställe werden heute häufig
         nicht mehr genutzt und stehen leer.
                                                    12  Im Ökonomieteil des 200-jährigen
                                                         Bauernhauses in Holzmühle wurden drei
                                                                                                                                                                                                       «Das Raumplanungsgesetz
         Auch am Keltenweg in der Holzmühle              unterschiedlich grosse Wohneinheiten                                                                                                          untersagt eine gewerbliche Nutzung
         wurde die Tierhaltung in einen Freilauf­        eingebaut.
         stall ausgelagert. Der alte Stall stand    13  Die ehemaligen Ställe im Erdgeschoss                                                                                                          in der Landwirtschaftszone.»
         deshalb leer.                                   wurden zu Maisonette-Wohnungen                                                                                                                Ulrich Stähli
    11  Ulrich Stähli, Grossrat und Bauer.              ausgebaut.

                                                                                                 zung in der Landwirtschaftszone.» Ei­
                                                                                                 nige Marktnischen sind im Bestand
                                                                                                 umsetzbar, etwa der Betrieb eines
                                                                                                 Hofladens oder der Einbau einer
                                                                                                 Fischzuchtanlage. «Langsam sind die
                                                                                                 Nischen aber voll», so Stähli.

                                                                                                 Nutzung und Unterhalt als grosse
                                                                                                 Herausforderung
                                                                                                 Die Frage, wie man die landwirtschaft­
                                                                                                 lichen Bauten weiternutzen kann,
                                                                                                 bereitet dem Berner Bauernverband
                                                                                                 Sorgen. «Der Gebäudepark in der
                                                                                                 Landwirtschaft, der in den nächsten
                                                                                                 20 Jahren ausser Betrieb geht, ist ge­
                                                                                                 waltig», stellt Andreas Wyss fest.
                                                                                                 «Wenn es keine gut umsetzbaren Lö­
                                                                                                 sungen gibt, dann haben wir in 20 bis
                                                                                                 25 Jahren mit den Emmentaler Bau­
    10                                                                                           ernhäusern die gleiche Situation wie
                                                                                                 mit den kleinen Scheunen im Ober­
                                                                                                 land», ist Andreas Wyss überzeugt.
    Dies braucht zwar weniger Personal              dest einen eingestreuten Liegebe­            Der Unterhalt eines Bauernhaus­
    und die Arbeit ist vielleicht weniger           reich aufweisen. Freilaufställe oder         dachs ist teuer, weiss Andreas Wyss.
    streng, aber der wirtschaftliche Druck          Anbindehaltung mit Auslauf sind er­          «Niemand kann es sich leisten, ein
    ist extrem. Wer überleben will, muss            wünscht. Die Tierhaltung wird des­
    sich anpassen.»                                 halb in der Regel in einen externen
                                                    Neubau ausgelagert.» Der Bauer sei
    Neue Freilaufställe – leere Ställe              diesbezüglich hin- und hergerissen,                                                   12                                                           13
    im Bauernhaus                                   ergänzt Fritz Rothen. «Er müsste die
    Wenn ein Bauer seinen Betrieb mit               notwendigen Anpassungen vorneh­
    den traditionellen Bauten weiterent­            men, Läger anpassen, Teilspalten­                                                     Dach zu unterhalten, wenn das Haus      nächsten Generation grössere Bau­        Ulrich Stähli. Auch Hans Jörg Rüeg­
    wickeln will, steht er häufig vor dem           böden neu einfügen, Fenster vergrös­                                                  nicht auch wirtschaftlich genutzt       stellen. Meist liegt das aber daran,     segger und Andreas Wyss halten eine
    Problem, dass dies auf Grund der                sern.» Ein Neubau rechne sich meist                                                   wird. Wenn in einem Bauernhaus nur      dass keine Rückstellungen gemacht        Wohnnutzung in vielen Fällen für die
    Vorgaben im Bereich des Tierwohls               besser.                                                                               gerade eine Wohnung genutzt wird,       werden können, weil zu wenig Geld        wahrscheinlich beste Lösung. «Viele
    kaum machbar ist. Für Andreas Wyss,                                                                                                   vielleicht von der Generation, die am   vorhanden ist», ergänzt Hans Jörg        Höfe sind ausgezeichnet erschlossen
    Geschäftsführer des Berner Bauern               Das bedeutet, dass die alten Ställe                                                   Ende das Bauern aufgab, dann wird       Rüegsegger.                              oder liegen sogar mitten im Dorf, so
    Verbandes, ist klar, dass die klassi­           nicht mehr genutzt werden und leer                                                    das Dach irgendwann zu wenig unter­                                              dass ein Ausbau Sinn macht – auch in
    sche landwirtschaftliche Nutzung und            stehen. Ulrich Stähli weist darauf hin,                                               halten und kaputtgehen. Schon bei       Umnutzung zu Wohnraum –                  Bezug auf die aktuell geforderte Ver­
    Entwicklung eines Betriebes mit Kü­             dass viele Bauernhäuser landwirt­                                                     einem kleinen Schopf ist es nicht       Bauen ausserhalb der Bauzonen            dichtung. Aber raumplanerisch wer­
    hen, Schweinen oder Hühnern inner­              schaftlich grundsätzlich nur noch                                                     schön anzusehen, wenn er zusam­         Als beste Möglichkeit zur Weiternut­     den Probleme auf uns zu kommen»,
    halb der bestehenden Volumen prak­              schlecht nutzbar sind. «Weder für den                                                 menfällt, aber wenn bei den grossen     zung des Ökonomieteils erweist sich      ist Andreas Wyss überzeugt. «Wir
    tisch unmöglich ist. «Die Läger in den          Gemüseanbau noch für sonst etwas.                                                     Bauernhäusern die Dächer einkni­        in vielen Fällen die Umnutzung zu        denken, dass die Bestrebungen, die
    alten Anbinde-Ställen sind zu kurz,             Man hat die Möglichkeit, beispiels­                                                   cken, ist das landschaftlich und op­    Wohnraum. Darin sind sich die Betei­     auf Bundesebene laufen, nämlich
    die Krippen zu tief, es ist zu wenig            weise eine Schreinerei einzubauen.                                                    tisch schlimm.» Der Unterhalt eines     ligten einig. «Dort, wo die Erschlies­   eine Flexibilisierung für die Kantone
    Licht vorhanden», erklärt Wyss. «Stall­         Allerdings untersagt das Raumpla­                                                     Bauernhauses ist jedoch aufwendig.      sung gut ist, erachte ich eine Wohn­     anhand des Planungsansatzes, um
    neu- und -umbauten müssen zumin­                nungsgesetz eine gewerbliche Nut­            11                                       «Wer nicht dranbleibt, überlässt der    nutzung durchaus als sinnvoll», meint    auch Wohnraum ausserhalb der Bau­
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
10   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                                     ACTUEL | MAISONS RURALES               11

     «Es empfiehlt sich, die Denkmal­                                                                                                                                                                                 14  Auf die bestehende Stalldecke stellte
                                                                                                                                                                                                                           man einen ein- bis zweigeschossigen
     pflege frühzeitig zu kontaktieren.»                                                                                                                                                                                   Aufbau.
                                                                                                                                                                                                                      15  Hinter den Gimwänden eingestellte Glas-
     Michael Gerber
                                                                                                                                                                                                                           fronten lassen spezielle Räume entstehen.
                                                                                                                                                                                                                      16  Michael Gerber, Kantonaler
                                                                                                                                                                                                                           Denkmalpfleger.

                                                                                                                                 der Landwirtschaftszone nur be­           pflege habe der Strukturwandel ei­
                                                                                                                                 schränkt umgenutzt werden dürfen,         gentlich nur am Rand etwas zu tun.
                                                                                                                                 bleiben sie meist originaler erhalten     «Wenn der Landwirtschaftsbetrieb
                                                                                                                                 als die schützenswerten Bauten. «Der      aufgegeben wird, geschieht das nicht
                                                                                                                                 Substanzverlust ist bei den schüt­        wegen des Denkmalschutzes, son­
                                                                                                                                 zenswerten Baudenkmälern unter            dern weil die Infrastruktur zu klein ist
                                                                                                                                 Umständen höher als bei den erhal­        und effiziente Abläufe nicht möglich
                                                                                                                                 tenswerten, das ist eigentlich para­      sind. In 1000 Fällen ist die Denkmal­
                                                                                                                                 dox», erläutert Michael Gerber, der       pflege an einem halben beteiligt.» Das
                                                                                                                                 kantonale Denkmalpfleger. «Trotzdem       stellt auch Michael Gerber fest: «Die
                                                                                                                                 müsste man wohl erneut darüber dis­       Denkmalpflege ist erst dann betrof­
                                                                                                                                 kutieren, ob ‘vollständige Umnutzung’     fen, wenn es um die Umnutzung von
                                                                                                                                 nicht nur bei schützenswerten Bauten      Bauten geht, die im Bauinventar er­
                                                                                                                                 gelten soll, sondern grundsätzlich bei    fasst sind. Und auch hier sind zuerst
                                                                                                                                 Inventarobjekten. Der Artikel im Raum-    die Vorgaben des Raumplanungsge­
                                                                                                                                 planungsgesetz bezweckt den Erhalt        setzes zu beachten. Für die Abklä­
                                                                                                                                 von überdurchschnittlich qualitätvol­     rung der Zonenkonformität und die
                                                                                                                                 ler ländlicher Baukultur. Und das liegt   Ausstellung der Baubewilligung sind
                                                                                                                                 im Interesse von uns allen.» Unabhän­     dabei in jedem Fall das Amt für Ge­
                                                                                                                                                                           meinden und Raumordung AGR und             16
                                                                                                                                                                           die Gemeinden als Baubewilligungs­
                                                                                                                                 «Historische Häuser                       behörde zuständig und nicht die
                                                                                                                                                                           Denkmalpflege.» Aufgabe der Denk­          ern wichtig ist. «Wenn man sieht, wie
                                                                                                                                 sind in der Regel einzig-                 malpflege ist es, im Rahmen des Bau-       die Bauernfamilien heute arbeiten,
                                                                                                                                 artige Bauten, jedes                      bewilligungsverfahrens die bedeut­         müsste wohl auch der Bauernverband
                                                                                                                                                                           same Bausubstanz des Baudenkmals           vermehrt eine beratende Rolle ein­
                                                                                                                                 ist ein Ausnahmefall.»                    zu bezeichnen. «Es empfiehlt sich, die     nehmen.» Fritz Rothen stellt fest, dass
                                                                                                                                 Michael Gerber                            Denkmalpflege frühzeitig zu kontak­        vielen Bauern und Bäuerinnen eigent­
     14                                                             15                                                                                                     tieren, so dass diese Punkte bereits in    lich nicht klar ist, was die Denkmal­
                                                                                                                                                                           die ersten Überlegungen zum Um­            pflege genau macht. «Es besteht eine
                                                                                                                                                                           bauprojekt einfliessen können», be­        Abwehrhaltung. Wer aber einmal mit
     zonen möglich zu machen, der rich­        mente und Zonenpläne der Gemeinde         Ausnahme ist gemäss Raumpla­            gig von diesen Überlegungen verfolgt      tont Gerber. Eine sorgfältige Bestan­      der Fachstelle zu tun hatte, ist in der
     tige Weg ist.» Natürlich müssten ge­      die Rahmenbedingungen. In der Re­         nungsgesetz Artikel 24d, Absatz 2       die Revision des Raumplanungsge­          desaufnahme am Anfang der Planung          Regel positiv eingestellt. Erwünscht
     wisse Rahmenbedingungen etwa              gel können Bauernhäuser in der Bau­       bei schützenswerten Baudenkmälern       setzes, 2. Etappe (RPG 2) das Ziel,       liefert einen Überblick darüber, was       sind klare Vorgaben und Erreichbar­
     betreffend Erschliessung gegeben          zone vollständig zu Wohnzwecken           möglich, bei der höheren Bewertungs-    den Kantonen beim Bauen ausser­           modernisiert, erneuert und erhalten        keit, damit die Bauherrschaft zügig
     sein. «In den hintersten ‘Chrächen’ im    umgenutzt werden.                         kategorie also. Wenn ein Umbaupro­      halb der Bauzonen mehr Spielraum          werden soll. «Wir setzen Leitplanken,      mit dem Umbau vorankommt.» Auch
     Emmental, in abgelegenen Seitentä­                                                  jekt dem Erhalt des Baus dient und      zu geben, damit sie besonderen Be­        an denen sich das Umbauprojekt ori­        eine breite Information über gelun­
     lern im Oberland ist es nicht bei jeder   Raumplanungsgesetz Artikel 24d,           hohe Qualität aufweist, kann ein Bau­   dürfnissen besser Rechnung tragen         entieren soll und definieren gemein­       gene Restaurierungen sei sinnvoll.
     Liegenschaft möglich, die Zufahrt zu      Absatz 2                                  ernhaus vollständig zu Wohnzwecken      können. Der Bundesrat wird voraus­        sam mit der Bauherrschaft und den          «Vielfach fehlt das Bewusstsein für
     unterhalten», erläutert Wyss.             Die meisten Bauernhäuser stehen je­       umgenutzt werden. «Der Schutzas­        sichtlich 2018 über die Botschaft RPG     Baufachleuten die Möglichkeiten und        unsere Baukultur, die tollen Bauten,
                                               doch in der Landwirtschaftszone. Für      pekt kann ein Steilpass sein für die    2 entscheiden.                            den Spielraum. Dieser ist auch ab­         die im Kanton Bern stehen. Von der
     Je nach Standort eines Gebäudes           sie sieht das eidgenössische Raum­        bessere Nutzung eines Gebäudes,                                                   hängig von den Bedürfnissen der Ei­        Qualität unserer Baukultur hat man
     gelten andere baurechtliche Voraus­       planungsgesetz bisher eine Erwei­         das ist vielen Bauherrschaften gar      Strukturwandel und Denkmalpflege          gentümerinnen und Eigentümer.»             auch etwas.»
     setzungen, welche die Art und das         terung der Wohnnutzung nur be­            nicht bewusst», erklärt Andreas Wyss.   «Wir können den Strukturwandel nicht
     Mass seiner Nutzung regeln. Im Kan­       schränkt vor. Es ist daher grund-                                                 aufhalten, sondern müssen uns da­-        Gute Beratung ist gefragt                  Für Ulrich Stähli ist Denkmalpflege ein
     ton Bern definieren in den Bauzonen       sätzlich nicht zulässig, in eine Scheu-   Da die erhaltenswerten Bauten – also    mit auseinandersetzen», ist Andreas       Hans Jörg Rüegsegger ist überzeugt,        besonders emotionales Thema: «Man
     das Baugesetz und die Bauregle­           ne eine Wohnung einzubauen. Eine          die tiefer eingestuften Gebäude – in    Wyss überzeugt. Mit der Denkmal­          dass die direkte Beratung für die Bau­     lässt sich nicht gerne dreinreden,
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
12   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                ACTUEL | MAISONS RURALES     13

     «Wir können den Strukturwandel nicht aufhalten,                                            17  Hofladen in Madiswil.
                                                                                                18  Shrimp-Produktion im ehemaligen          Die Denkmalpflege
     sondern müssen uns damit auseinandersetzen.»
                                                                                                                                              im Baubewilligungsprozess
                                                                                                     Schweinestall in Burgdorf.
     Andreas Wyss

                                                                                                                                              01  Familie Berner plant den Umbau ihres        1       5
                                                                                                                                                                                                                          Fachbericht
                                                                                                                                                   eigenen Hauses. Sie beauftragt
                                                                                                                                                   eine Architektin, das Bauvorhaben zu
                                                                                                                                                   realisieren.
                                                                                                                                              02  Da ihr Haus im Bauinventar des Kantons
                                                                                                                                                   Bern als K-Objekt erfasst ist, nimmt
                                                                                                                                                   Familie Berner Kontakt mit der Denkmal­
                                                                                                                                                   pflege auf.
                                                                                                                                              03  D ie Architektin erstellt das Bauprojekt                      
                                                                                                                                                   mit allen Unterlagen, die für die Eingabe   2       6
                                                                                                                                                   des Baugesuchs erforderlich sind.
                                                                                                                                              04  Im Auftrag der Familie Berner reicht
                                                                                                                                                   die Architektin das Baugesuch mit allen
     17                                                                                         18                                                 erforderlichen Dokumenten bei der
                                                                                                                                                   Gemeinde ein.
                                                                                                                                              05  D ie Gemeinde prüft das Baugesuch und

     schon gar nicht, wenn es um das pri­           «Patentrezepte können wir leider            Dafür setzt sich die Denkmalpflege in              leitet dieses falls notwendig an weitere
                                                                                                                                                   Amts- und Fachstellen weiter. Die Denk­-                      
     vate Eigentum geht. Verhandlungsge­            nicht anbieten», erklärt Michael Ger­       Zusammenarbeit mit der Bauherr­
                                                                                                                                                   malpflege erstellt einen Fachbericht.       3       7
     schick ist gefragt. Bei den Bauern ist         ber. «Historische Häuser sind in der        schaft und den Baufachleuten ein.
                                                                                                                                              06  D ie Gemeinde bewilligt das Baugesuch.
     dies vielleicht noch stärker der Fall,         Regel einzigartige Bauten, jedes ist
                                                                                                                                                   Die Bauarbeiten beginnen.
     da sie meist seit Generationen in ih­          ein Ausnahmefall. Wie ein Oldtimer
                                                                                                                                              07  D ie Denkmalpflege berät die Familie
     rem Bauernhaus wohnen, das Haus                benötigt ein altes Haus besondere                                                              Berner und die Architektin während der
     von den Gross- oder Urgrosseltern              Pflege, Ersatzteile 'ab Stange' funk­                                                          Bauarbeiten. Für denkmalpflegerische
     erbaut wurde. Da ist bei Bauwilligen           tionieren meist nicht, wenn es gelin­                                                          Massnahmen können finanzielle Beiträge
     meist viel Herzblut dabei und Aufla­           gen soll, die Seele des Hauses zu er­       Pour lire le texte intégral de                     ausbezahlt werden.
     gen der Denkmalpflege werden als               halten.» Neue und massgeschneiderte         l’article en français sur Internet:           08  Das Bauprojekt wird fertiggestellt und
                                                                                                                                                                                                                 
                                                                                                                                                                                               4       8
     problematisch angesehen.»                      Lösungen sind deshalb gefordert.            www.be.ch/fachwerk.                                durch die Gemeinde abgenommen.
                                                                                                                                                   Familie Berner zieht in ihr umgebautes
                                                                                                                                                   Haus ein.

                                                                                                                                                  Quelle: www.jgk.be.ch/jgk/de/index/
                                                                                                                                                  baubewilligungen/baubewilligungen/
          LA MUTATION DE L’AGRICULTURE                                                                                                            ebau.html
                                                     des paysans bernois, Fritz Rothen,          se trouvent généralement en zone
          ET SES EFFETS SUR LES                      directeur d’IP-Suisse, et Ulrich Stähli,    agricole, et la loi sur l’aménagement
          CONSTRUCTIONS RURALES                      député au Grand Conseil et paysan,          du territoire laisse peu de liberté
                                                     expliquent les défis auxquels doivent       d’étendre l’affectation à des fins d’habi-
          L’adoption du nouvel article constitu­     faire face les paysans bernois.             tation. Des dérogations ne sont
          tionnel sur l’agriculture en 1999 a                                                    accordées que pour des bâtiments
          entraîné une diminution du nombre          Les prescriptions sur le bien-être des      méritant protection en raison de leur
          d’exploitations agricoles de l’ordre de    animaux obligent à construire de            intérêt historique.
          1,9 pour cent par année. Cette muta­       nouveaux bâtiments, parce qu’adapter
          tion structurelle n’est pas sans effets    ceux qui existent est souvent impos­        Le Service des monuments historiques,
          sur les bâtiments : des fermes sont        sible ou coûte trop cher. Les ancien­       dans les procédures d’autorisation
          abandonnées ou affectées à un autre        nes étables ainsi vidées sont en            de transformer, a pour tâche de défi­
          usage. Hans Jörg Rüegsegger,               attente d’un autre usage. Dans bien         nir la substance bâtie de valeur histo­
          député au Grand Conseil et président       des cas, la meilleure réaffectation         rique. Avec les propriétaires et les
          de l’Union des paysans bernois,            possible est une transformation en          spécialistes, il s’efforce de trouver
          Andreas Wyss, directeur de l’Union         logement. Mais les bâtiments ruraux         des solutions adaptées à chaque cas.
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
14   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                ACTUEL | MAISONS RURALES   15

     Wohnen im Bauernhaus – zehn Beispiele
     Zehn Kurzreportagen illustrieren, wie heute in Bauernhäusern zeitgemäss
     gewohnt wird. Die Themen Energie und Licht stehen dabei im Vordergrund.

     Die Beispiele in diesem Beitrag zei­   rung dazu. Ein wichtiges Thema bei            schwinden und ist deshalb meist
     gen, dass Modernisierung und Erhalt    der Restaurierung von Bauernhäu­              nicht möglich. Durch eine zusätzli­
     der Bausubstanz nicht nur verein-      sern und speziell bei der Umnutzung           che innere Wärmedämmschicht sind
     bar sind, sondern aussergewöhnli­      des Ökonomieteils zu Wohnzwecken              die heutigen energietechnischen An­
     che Wohnqualität hervorbringen. Die    ist die Belichtung. Gerade im Bereich         forderungen an den Einzelbauteilen
     Besitzerinnen und Besitzer geben       des Tenns ermöglichen die beste­              aber erfüllbar.
     Einblick in ihr persönliches Umbau-    henden Fassadenöffnungen gross­               Die Denkmalpflege begleitet die Res­
     oder Restaurierungsprojekt und er­     zügigen und hellen Wohnraum. Hin­ter          taurierung oder Umnutzung von Bau­
     zählen von den Fragestellungen und     Gimwänden eingestellte Glasfronten            ten, die im Bauinventar erfasst sind.
     Lösungen, die gefunden wurden –        lassen spezielle Schlaf- oder Arbeits­        Aufgabe der Denkmalpflege ist dabei,
     aber auch von schwierigen Entschei­    räume entstehen.                              frühzeitig die historisch bedeutsame
     dungen und davon, was sie mit ihrem    Bezüglich der energetischen Sanie­            Bausubstanz zu bezeichnen. Oft sind
     Haus verbindet.                        rung stehen das Dach und die Fens­            bei historischen Bauten neue und
     Der Einbau einer neuen Küche und       ter im Vordergrund. Die Aussendäm-            mass­geschneiderte Lösungen gefor­
     die Modernisierung der Nasszellen      mung bringt die historische Ober­             dert. Davon berichten die ausgewähl­
     gehören zu fast jeder Altbau-Sanie­    fläche eines Baudenkmals zum Ver­             ten Beispiele.

                                              HABITER DANS UNE FERME :                    battoir, les ouvertures de la façade se
                                              DIX EXEMPLES                                prêtent particulièrement bien à la créa­
                                                                                          tion de séjours spacieux et lumineux.
                                              Comment vivre dans une ancienne fer­-       Pour l’assainissement énergétique, la
                                              me : c’est ce que montrent nos dix brefs    toiture et les fenêtres sont des éléments
                                              reportages. Le confort moderne et la        primordiaux. Il n’est généralement pas
                                              conservation de la substance bâtie his­     possible d’appliquer une isolation exté­
                                              torique ne sont pas incompatibles. Plus     rieure sur un bâtiment classé. En re­van­
                                              que cela, les deux réunis peuvent pro­      che, une couche supplémentaire d’iso­
                                              duire une qualité d’habitation hors du      lation thermique à l’intérieur permet de
                                              commun. Les propriétaires nous pré­         satisfaire aux exigences actuelles.
                                              sentent leur projet de transformation ou
                                              de restauration et expliquent leur démar­   Le Service des monuments historiques
                                              che et les solutions qu’ils ont trouvées.   a pour tâche de définir la substance de
                                                                                          valeur des bâtiments figurant dans l’in­
                                              Dans presque chaque restauration se         ventaire. Il faut souvent des solutions
                                              posent le problème de l’aménagement         nouvelles et adaptées à chaque cas.
                                              d’une nouvelle cuisine et celui de la mo­   C’est ce que montrent les exemples pré­
                                              dernisation des salles d’eau. Autre thème   sentés ici.
                                              important : l’éclairage. Dans un ancien

     01

                                            01  Die Modernisierung der Nasszellen und    02  Gemütliche Gaststube in der Alpwirt­
                                               der Einbau einer neuen Küche gehören          schaft Le Bois Raiguel oberhalb von
                                               zu fast jeder Altbau-Sanierung dazu.          Près d’Orvin.                            02
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
16   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                                         ACTUEL | MAISONS RURALES            17

                                                                                                                                Une qualité qui se révèle payante
                                                                                                                                L’auberge et fromagerie d’alpage           un taux d’occupation élevé la pre­              Pour la rénovation de la salle d’au­
                                                                                                                                du Bois Raiguel est située dans un         mière saison déjà. « Au Bois Raiguel,           berge et l’aménagement des chamb­
                                                                                                                                cadre idyllique, le paysage juras-         tout ce qui est servi à table est produit       res d’hô­tes, on a utilisé du bois de la
                                                                                                                                sien au-dessus des Prés d’Orvin.           sur place ». C’est la règle d’éthique de        région. « Les éléments neufs doivent
                                                                                                                                                                           Marcel Bühler, et les hôtes peuvent             être en harmonie avec la maison. Les
                                                                                                                                « Il y avait autrefois vingt-neuf fro­     s’en rendre compte par eux-mêmes.               vieilles poutres donnent un cachet
                                                                                                                                ma­geries d’alpage sur la chaîne du                                                        que nous apprécions beaucoup. » La
                                                                                                                                Chasseral, aujourd’hui, il n’y en a plus   En plus des quarante vaches, le bé­             toiture, les fenêtres et les sols sont
                                                                                                                                que trois. » Marcel Bühler, le proprié­    tail de l’exploitation comprend des             isolés, l’étable et la fromagerie cor­
                                                                                                                                taire, a repris l’exploitation de ses      bœufs, des veaux et des cochons.                respondent aux standards modernes.
                                                                                                                                parents en 2004. Ces dernières an­         Marcel Bühler produit du Gruyère                Une chaudière à bois chauffe l’eau et
                                                                                                                                nées, il l’a modernisée, et depuis 2017,   AOP, d'aut­res fromages et fait saler           les pièces de toute la maison. Il n’y a
                                                                                                                                elle peut même héberger des hôtes          et fumer la viande de porc. Un grand            que pour la lumière et la machine à
                                                                                                                                pour la nuit. Le propriétaire en est       jardin potager fournit les salades pour         traire que l’on dépend encore du cou­
                                                                                                                                convaincu : « Le tourisme est une au­      le restaurant. « La qualité doit être ir­       rant électrique. BAF
                                                                                                                                baine pour le Jura bernois. » Les cinq     réprochable. Cela demande un gros
                                                                                                                                nouvelles chambres en tout cas, équi­      travail, mais c’est un investissement
                                                                                                                                pées d’une salle de bains, ont connu       pour l’avenir. »
     03                                       04

     «Die Wohnungen haben einen Charme, den ein Neubau nicht hat»
     Wohnqualität, Ökologie und Ästhe-        «Beim Umbau und bei der Fassaden-         gen der Gebäudeversicherung und
     tik: Die Details stimmen, auch hin-      sanierung habe ich in allen Teilen auf    der Denkmalpflege in Einklang zu
     ter der neuen Fassadenverkleidung.       Ökologie, Regionalität und Nach­          bringen, berichtet der Bauherr. Doch
                                              haltigkeit geachtet», sagt Kipfer, der    in der Zusammenarbeit vor Ort habe
     «Das Haus ist sehr solide gebaut»,       als Zimmermann arbeitet und dane­         man geeignete Wege gefunden, bei­
     sagt der Eigentümer Michael Kipfer.      ben den landwirtschaftlichen Betrieb      spielsweise für den Brandschutz oder
     «Ein heutiger Neubau würde nicht         führt. Er hat das dazu benötigte Holz     für das Stubentäfer, das er nach der
     mehr so alt», betont er mit Ehrfurcht    im eigenen Wald geschlagen und ei­        Innendämmung sorgfältig an die neu­-
     gegenüber den damaligen Erbauern.        nen grossen Teil der Holzarbeiten         en Raummasse angepasst hat.
     Die Inschrift am Stubenofen trägt das    selbst ausgeführt.
     Baudatum 1884 und die Initialen von      Ein kleines Meisterstück ist die hin­     Ein besonderer Anziehungspunkt in
     Kipfers Vorfahren. Die Eltern des Bau-   terlüftete neue Schindelverkleidung       der Stube ist der alte Sandsteinofen,
     herrn hatten den Ökonomieteil und das    der Fassade, für die er anspruchs­        der, angeschlossen an die Zentral­
     Dach erneuert. Nun war der Wohnteil      volle Detaillösungen austüftelte. In      heizung, nun angenehm temperiert
     unterhaltsbedürftig geworden; zudem      der Planungsphase sei es zuerst           ist. «Die Wohnungen haben einen
     sollte die grosse Wohnung in zwei        nicht einfach gewesen, die eigenen        Charme, den ein Neubau nicht hat»,
     Etagenwohnungen unterteilt werden.       Vorstellungen mit den Anforderun­         resümiert Kipfer. ESM
                                                                                                                                06                                                                                         07

                                              03  Michael Kipfer vor dem Sandstein­-                                                                                      06  M arcel Bühler produit du Gruyère AOP
                                                   ofen von 1884.                                                                                                             et d’autres sortes de fromages.
                                              04  D ie erneuerte Fassadenverkleidung                                                                                      07  Pour l’aménagement des chambres
                                                   besteht aus 83'000 Holzschindeln.                                                                                          d’hôtes on a utilisé du bois de la région.
                                                   Die Diamantquader-Ecklisenen          Bolligen, Hofacher 472                                                            08  L a ferme d’alpage a été construite en
                                                                                         Massnahmen: Sanierung Fassade,                                                                                                     Cortébert, Les Prés-de-Cortébert 219
                                                   wurden originalgetreu erneuert.                                                                                            1735 par la ville de Bienne.
                                                                                         Umbau EG und OG                                                                                                                    Mesures : Aménagement de chambres d’hôtes
                                              05  Das Täfer wurde erhalten und an
                                                                                         Bauherrschaft: Michael Kipfer                                                                                                      Maître de l’ouvrage : Marcel Bühler
                                                   die Innendämmung angepasst.           Planung: Margrit Aebi                                                                                                              Service des monuments historiques :
                                                                                         Denkmalpflege: Peter Ernst                                                                                                         Laurie Lehmann et Olivier Burri

     05                                                                                                                         08
FACH WERK 2018 - Kanton Bern
18   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                                    ACTUEL | MAISONS RURALES         19

     09  D ie Fassade im Erdgeschoss und die   11  Familie Zürcher im offenen Wohn-
          Laube mussten erneuert werden.           und Küchenbereich.
     10  Im ehemaligen Tenn befindet sich
          die moderne Küche.

     09                                                                                  10                                            12                                                                             13

     Mit viel Herzblut zum Vorzeigeobjekt                                                                                              Moderne Wohnungen mit speziellem Ambiente
     Als der heutige Besitzer auf seinem        verwenden zu können», erzählt Ros­                                                     Das imposante Bauernhaus im            des Berner Bauernhauses zu zerstö­      schränkt. Der Einbau von weiteren
     Schulweg jeweils am Bauernhaus             marie Zürcher. Mit viel Einsatz und                                                    Sumpf wartete während mehr als         ren.» So entstanden drei nebeneinan­    Wohnungen bis unter den Dachgie­
     in der Riedmatt vorbeiging, wäre           Fingerspitzengefühl haben Zürchers                                                     20 Jahren auf seine neue Bestim-       derliegende Maisonette-Wohnungen.       bel war deshalb – zum Bedauern der
     es ihm nie in den Sinn gekommen,           den Umbau in Angriff genommen.                                                         mung.                                  Die dafür zuständige Architektin emp­   Besitzer – nicht gestattet.
     einmal dort zu wohnen.                     Die unterstützende Arbeit der Zim­                                                                                            finden Reussers als Glücksfall. Sie
                                                merleute bei der umfangreichen Re­                                                     Zum Haus mit Grundmauern aus dem       habe es hervorragend verstanden, Al­    Bei einem ersten Versuch, Wohnun­
     «Mein Mann und ich träumten schon          staurierung sei für sie enorm wichtig                                                  17. Jahrhundert gehörte auch ein       tes im Rahmen der Grundsätze der        gen in den Ökonomieteil einzubauen,
     als Teenager von einem eigenen al­         gewesen. Dafür wurden diese täglich                                                    Bauernbetrieb. Die Milchproduktion     Denkmalpflege mit Modernem und          fand sich für die Besitzer kein gang­
     ten Haus», verrät Rosmarie Zürcher.        mit Mittagessen und Znüni verwöhnt.                                                    stellten Reussers bei der Übernahme    Neuem zu verbinden. Söller und Ein­     barer Weg. So lagen die Pläne bis
     Trotzdem wollte die junge Familie                                                                                                 1993 ein. Den heute reinen Ackerbau­   fahrt werden nach wie vor als Lager-    2014 auf Eis. «Beim jetzigen neuen
     damit noch etwas zuwarten. Doch            Nach dem Hauskauf war das junge                                                        betrieb führen sie im Nebenerwerb.     und Abstellraum für landwirtschaft­     Anlauf fand man recht schnell eine für
     dann ging es plötzlich schnell, fast       Paar von allen Seiten vor der Denk­                                                    «Im dadurch leerstehenden Stall und    liche Gerätschaften genutzt.            alle Seiten gangbare, gute Lösung».
     zu schnell: Die Brüder Zürcher erhiel­     malpflege gewarnt worden: Diese                                                        dem Heulagerraum konnten wir im                                                Reussers schätzen die Gemütlichkeit
     ten die Möglichkeit, das Bauernhaus        werde sich überall einmischen und                                                      Jahr 2015 drei Wohnungen einbauen,     Die Umnutzung des Ökonomieteils zu      des alten Hauses. «Manchmal scheint
     in der Riedmatt und das dazugehö­          Forderungen stellen. Doch die Zu­                                                      welche wir seither vermieten. Es war   Wohnzwecken war nur Dank der Aus­       uns, das uralte Gebälk wolle uns von
     rige Land zu erwerben. «Wir waren          sammenarbeit entwickelte sich an­                                                      uns wichtig, moderne Wohnungen mit     nahmeregelung im Artikel 24d, Absatz    längst vergangenen Zeiten und von all
     am Haus interessiert, mein Bruder          ders. Zürchers finden nur lobende                                                      einem speziellen Ambiente zu errich­   2 des Raumplanungsgesetzes mög­         den Menschen erzählen, die hier ge­
     am Land. Deshalb liessen wir uns           Worte für den zuständigen Baube­                                                       ten, ohne den typischen Charakter      lich. Die Ausbaufläche ist jedoch be­   lebt haben.» DOS
     die Gelegenheit nicht entgehen.» Ein       rater und seine Unterstützung. Das       11
     Glücksfall für das Gehöft!                 gemeinsam ausgearbeitete Projekt
                                                führte zu einem grossartigen Resul­                                                                                           12  N eue Küche und Erschliessung
                                                                                                                                                                                 im ehemaligen Tennbereich.
     Das Gebäude hatte zu diesem Zeit­          tat. Auch der ehemalige Besitzer freut
                                                                                                                                                                              13  Samuel und Maja Reusser.
     punkt bereits anderthalb Jahre leer        sich darüber. Das Interesse der Bau­
                                                                                          Eggiwil, Riedmatt 743, Aeschau                                                      14  Im ehemaligen Stall und dem
     gestanden und war teilweise in de­         herrschaft an der alten Substanz und      Massnahmen: Umbau Wohnteil und                                                         Heu­lagerraum befinden sich heute
     solatem Zustand. Es bedurfte einer         der Geschichte des Hauses ist überall     Erweiterung im Tenn                                                                                                          Hindelbank, Sumpf 3
                                                                                                                                                                                 Wohnungen.
     umfassenden Sanierung. «Unter an­          spürbar und ihre Begeisterung für das     Bauherrschaft: Rosmarie und Roland Zürcher                                                                                   Massnahmen: Ausbau Ökonomieteil
                                                                                          Planung und Bauleitung:                                                                                                      Bauherrschaft: Maja und Samuel Reusser
     derem haben wir 200 Stunden lang           Ergebnis des Umbaus ansteckend.           Zimmerei Hirschi AG, Trub                                                                                                    Architekten: baupunktbern GmbH, Bern
     in Handarbeit altes Holz von dicken        DOS                                       Denkmalpflege: Stephan Zahno                                                                                                 Denkmalpflege: Isabella Meili-Rigert
     Pechschichten befreit, um es wieder
                                                                                                                                       14
20   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                                               ACTUEL | MAISONS RURALES            21

     Süsses Wohnen in der Scheune
     Mit dem Einzug einer Confiserie        nen Deckungsbeitrag an den Hotel­              Bauten ist für alle Beteiligten an­
     mit Café und dem Einbau von Loft-      betrieb abwirft», erklärt Thomas Ru­           spruchsvoll. Man kennt zu Beginn
     wohnungen konnte für die mäch-         fener, Präsident der Bären AG.                 die Lösung noch nicht im Detail und
     tige Scheune des «Bären» ein be-       Mit dem Einzug der Solothurner Con­            muss auf Unvorhergesehenes reagie­
     reichernder neuer Nutzungsmix          fiserie Suteria im Erdgeschoss und             ren. Das strapaziert manchmal die
     gefunden werden.                       dem Einbau von fünf Maisonette-                Nerven», beschreibt Rufener die Bau­
                                            Wohnungen im Ober- und Dachge­                 zeit. «Der geradlinigste Weg ist nicht
     Im Erdgeschoss der 1910 erbauten       schoss konnte ein Nutzungsmix ge­              immer der beste, oft kommt man auf
     «Bäreschür» waren einst die Pferde­    funden werden, der sowohl für das              Umwegen zu einem guten Resultat.»
     stallungen untergebracht, im offenen   Gebäude als auch für das zentrums­             Eine Wohnung steht dem Hotel Bären
     Dachraum lagerte das Futter. Eine      nahe Areal bereichernd ist. Die Aus­           für temporäre Aufenthalte zur Verfü­
     neue Nutzung der Scheune war für       senhülle mit ihren bautechnischen              gung. Die restlichen Wohnungen wa­
     die Bären AG, Besitzerin der Liegen­   Feinheiten blieb dabei erhalten. Da­           ren rasch an örtliche Firmen für deren
     schaft, schon lange ein Thema. Das     hinter wurde ein schlichter neuer Bau­         «Long-stay»-Gäste vermietet.
     Gebäude wurde als Garage und La­       körper eingefügt. Die modernen Loft­           «Die Rückmeldungen sind durchwegs
     gerraum zwar nach wie vor genutzt,     wohnungen sind erstaunlich hell und            positiv. Es wurde eine qualitätsvolle
     der Dachraum stand jedoch leer.        bieten unkonventionellen Wohnraum.             Basis für die Zukunft erstellt», ist Tho­
     «Unser Ziel war eine Lösung, die ei­   «Die Restaurierung von historischen            mas Rufener überzeugt. BAF
                                                                                                                                          18                                         19

                                                                                                                                          Dem Dorf etwas zurückgeben
                                                                                                                                          In einem stattlichen Bauernhaus            gut erhalten und es gefiel uns schon       Obergeschoss. In den Wohn- und
                                                                                                                                          im Zentrum von Mattstetten ent-            immer», erklärt Fritz Rothen. «Es wäre     Schlafräumen blieb viel Originalsub­
                                                                                                                                          stand neuer zeitgemässer Wohn-             undenkbar gewesen, hätte dieser            stanz erhalten. Die neuen Wohnungen
                                                                                                                                          raum. Die Bauherrschaft leistet            ortsbildprägende Bau, ein Stück Matt-      im Ökonomieteil wurden in Massiv­
                                                                                                                                          damit auch einen Beitrag zur               stetter Kulturgut, plötzlich gefehlt»,     bauweise und als Holzbaukonstruk­
                                                                                                                                          Schonung des Kulturlandes.                 ergänzt Maria Rothen.                      tion in die Gebäudehülle integriert.
                                                                                                                                                                                     Der Umbau wurde zum Familienpro­           «Das ist moderne Holzbaukunst», be­
                                                                                                                                          Maria und Fritz Rothen, die selber         jekt: Sohn Samuel Rothen, Architekt        tont Samuel Rothen.
                                                                                                                                          seit 1991 in Mattstetten leben, kann­      und Immobilienmanager, übernahm            Als anspruchsvoll, aber auch lehr­
                                                                                                                                          ten das markante Bauernhaus im             die ersten Planungsschritte. Das           reich, erwies sich gemäss Samuel
                                                                                                                                          Dorfzentrum gut, als es zum Verkauf        Projekt für die Renovierung der be­        Rothen die Zusammenarbeit mit der
                                                                                                                                          stand. Alte Häuser liegen den beiden       stehenden Wohnung und den Aus­             Denkmalpflege. «Wir haben viel über
                                                                                                                                          am Herzen, nicht erst seit sie ihr eige­   bau des Ökonomieteils in zwei gross­       das Haus erfahren. Auf Grund neuer
                                                                                                                                          nes Stöckli mit viel Engagement re­        zügige Wohnungen realisierten zwei         Erkenntnisse mussten wir aber auch
                                                                                                                                          noviert haben. Mit der Idee, das Ge­       Architekturbüros im Team. Die ehe­         immer wieder umdenken und nach
                                                                                                                                          bäude sanft zu renovieren und für          malige Rauchküche wurde geöffnet           neuen Lösungen suchen. Die Heraus­
     15                                                                                    16                                             Wohnraum zu nutzen, entschieden            und erhielt so zusätzliche Lichtquel­      forderung lag darin, sich vorzustellen,
                                                                                                                                          sie sich zum Kauf. «Das Haus war           len, eine Galerie erschliesst neu das      was alles möglich ist.» BAF

                                            15  D ie Loftwohnungen bieten unkonven­                                                                                                 18  Fritz, Maria und Samuel Rothen
                                                 tionellen Wohnraum.                                                                                                                      vor dem Tenn, welches heute der
                                            16  Thomas Rufener, Präsident der Bären AG.    Langenthal, St. Urbanstrasse 1b                                                               Erschliessung der Wohnungen dient.
                                            17  D ie neugenutzte Bären-Scheune             Massnahmen: Umnutzung, Sanierung                                                         19  Im Ökonomieteil wurden zwei gross­     Mattstetten, Jegenstorfstrasse 33
                                                 be­reichert den Zentrumsraum.              Fassade und Dach                                                                              zügige Wohnungen realisiert.           Massnahmen: Um- und Ausbau
                                                                                            Bauherrschaft: Aktiengesellschaft Bären                                                                                              Bauherrschaft: Maria und Fritz Rothen
                                                                                                                                                                                     20  Das stattliche Bauernhaus prägt das
                                                                                            Langenthal                                                                                                                           Architekten: jermann architekten und
                                                                                            Architekten: Ducksch & Anliker Architekten
                                                                                                                                                                                          Dorfzentrum.
                                                                                                                                                                                                                                 raumplaner ag, Markus Jermann, Zwingen;
                                                                                            AG, Markus Gerber, Langenthal                                                                                                        atelier r architekten GmbH, Samuel Rothen,
                                                                                            Denkmalpflege: Dominique Plüss, Eva Schäfer                                                                                          Mattstetten
                                                                                                                                                                                                                                 Denkmalpflege: Hanspeter Ruch
     17                                                                                                                                   20
22   AKTUELL | BAUERNHÄUSER                                                                                                                                                                                                      ACTUEL | MAISONS RURALES           23

                                                                                                                                        Wohnen mit Bretterkamin
                                                                                                                                        Die Gemeinde Saanen als Eigen-          für Ortsansässige zu schaffen. «Man      ein Dachflächenfenster im Bretterka­
                                                                                                                                        tümerin ging bei einem Bauern-          wollte damit auch der Entvölkerung       min. Die Scheune wurde aufgrund der
                                                                                                                                        haus von 1668 vorbildlich vor und       der Seitentäler entgegenwirken», er­     schlechten Bausubstanz abgebro­
                                                                                                                                        erstellte Wohnraum für Ortsansäs-       zählt Kaspar Westemeier, Fachleiter      chen und in Anlehnung an den Be­
                                                                                                                                        sige.                                   Liegenschaften.                          stand neuaufgebaut. Darin realisierte
                                                                                                                                                                                Das Wohnhaus bestach durch seinen        man zwei moderne 3,5-Zimmerwoh­
                                                                                                                                        Das Bauernhaus «Löchli» im Turbach­     guten Zustand und den hohen Anteil       nungen. «Aus Sicht der Bauherrschaft
                                                                                                                                        tal ist ein typisches Saanenhaus mit    an bauzeitlicher Bausubstanz. Die ori­   waren die Einschränkungen durch die
                                                                                                                                        gemauertem Sockelgeschoss, einem        ginale Raumstruktur mit Rauchküche       Vorgaben der Denkmalpflege sehr
                                                                                                                                        Stubengeschoss in Ständer- und dem      samt Feuerstelle und Bretterkamin        gross», stellt Kaspar Westemeier fest.
                                                                                                                                        Gadengeschoss in Blockkonstruktion.     war vollständig vorhanden. Diese zu      Das Zusammengehen von Alt und Neu
                                                                                                                                        2012 kam das Haus in den Besitz         erhalten und zu nutzen war das Res­      habe aber durchaus seinen Reiz. Die
                                                                                                                                        der Gemeinde Saanen. Der bishe­         taurierungsziel der Denkmalpflege. Im    Mieter fühlen sich jedenfalls wohl im
                                                                                                                                        rige Eigentümer wollte sicherstellen,   Wohnhaus ist heute auf zwei Etagen       Haus. «Durch den Erhalt des Bretter­
                                                                                                                                        dass die Liegenschaft in gute Hände     eine grosszügige 5-Zimmerwohnung         kamins ging zwar Wohnfläche verlo­
                                                                                                                                        fällt. Die Gemeinde plante darauf, im   untergebracht. Der Küchenraum ist        ren, der 'Alphüttli-Style' spricht uns
                                                                                                                                        Wohnhaus und in der 1871 angebau­       das alte und neue Zentrum des Hau­       aber sehr an», meint Klaus Müllener.
                                                                                                                                        ten Scheune zahlbaren Wohnraum          ses. Belichtet wird dieses auch durch    BAF
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     Nachhaltigkeit im Bauernhaus
     Es war Liebe auf den ersten Blick:      schichte erworben und kontaktierte          Im Erdgeschoss wurde der Boden ab­
     Lea Schneider und Remo Mijnssen         deshalb die Denkmalpflege bereits           gesenkt, neu aufgebaut und isoliert.
     waren glücklich, als sie 2012 das       während der Projektphase. So konn­          Den Wohnraum baute man in den Be­
     Bauernhaus in Melchnau kaufen           ten in einem konstruktiven Dialog           reichen des Tenns sowie des Dach­
     konnten.                                Ideen, aber auch Vorbehalte ausge­          stocks aus. Das Dach wurde saniert
                                             tauscht werden. Dabei stellte sich          und verstärkt. Bei der Erneuerung
     «Ursprünglicher Anstoss für unser       heraus, dass die Vorstellungen auf          der Aussenhülle erreichte man eine
     Projekt waren Platzprobleme. Zudem      beiden Seiten ähnlich waren.                sehr hohe Energieeffizienzklasse. Die
     hatten Heizung und Bedachung ihre       Bezüglich Installationen standen für        Modernisierung des Heizsystems und
     Lebensdauer überschritten, die Ge­      die Besitzer ökologische Überlegun­         die Installation einer integrierten
     bäudehülle verlangte nach zeitge­       gen im Vordergrund: Sie strebten            Photovoltaik-Anlage bildeten den Ab­
     mässer Dämmung: Eine Kernsanie­         hohe Standards bezüglich Isolation          schluss der Umbaumassnahmen.
     rung war nötig», schildert Remo         sowie Strom und Wärme aus erneu­
     Mijnssen.                               erbaren Quellen an. «Sehr wichtig war       Der Bauerngarten wird mit viel Lei­
     Die junge Familie war sich der He­      uns auch, den Charakter des Hauses          denschaft gepflegt und die Stallun­
     rausforderung, welche der Umbau         zu bewahren und Altes mit Neuem in          gen des Bauernhofs sind nach wie vor
     für sie bedeutete, bewusst. Sie hatte   Einklang zu bringen, wir wollten einen      in Betrieb. «Wir nutzen sie für unsere
     mit dem Haus auch ein Stück Ge­         nachhaltigen Umbau», betonen sie.           drei Esel», erzählt Lea Schneider. DOS         24                                                                               25

                                             21  Im Bereich der Küche wurde Altes                                                                                              24  Eine modern interpretierte Treppe
                                                  und Neues in Einklang gebracht.                                                                                                  erschliesst das Obergeschoss.
                                             22  Eine integrierte Photovoltaik-Anlage                                                                                          25  D er Bretterkamin blieb erhalten.
                                                  trägt zur Energieeffizienz bei.                                                                                               26  In der neu aufgebauten Scheune       Saanen, Turbachstrasse 110
                                             23  Heller Wohnraum im Dachgeschoss.        Melchnau, Möösliweg 5                                                                    rea­lisierte man zwei moderne          Massnahmen: Ausbau und Sanierung
                                                                                          Massnahmen: Umbau Ökonomieteil                                                                                                  Bauernhaus
                                                                                                                                                                                   3,5-Zimmerwohnungen.
                                                                                          Bauherrschaft: Remo Mijnssen, Lea Schneider                                                                                     Bauherrschaft: Einwohnergemeinde Saanen
                                                                                          Architekten: Furter Architekten, Manuela                                                                                        Architekten: Germann Architektur AG,
                                                                                          Beutler, Langenthal                                                                                                             Schönried
                                                                                          Denkmalpflege: Nicolas de Wurstemberger                                                                                         Denkmalpflege: Fabian Schwarz

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