2020 Geschäftsbericht - WIR HELFEN MENSCHEN - Samariterstiftung
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2 INHALT GESCHÄFTSBERICHT 2020 Inhaltsverzeichnis Vorwort der Stiftungsrats-Vorsitzenden Niemanden zurücklassen ......................................................................................................................................... 3 Berichte aus dem Vorstand Geschäftsbereich I – Grundsatzfragen, Theologie und Seelsorge, Personal: Dem Leben zugewandt ............................................................................................................................................ 4 Geschäftsbereich II – Eingliederungshilfe: Prägende Erfahrungen eines Jahres ......................... 7 Geschäftsbereich III – Altenhilfe und Pflege: Trotz Ausnahmezustand Zukunft gestalten 10 Aus den Regionen Altenhilfe Esslingen: Verschiedene Generationen .................................................................................... 14 Altenhilfe Reutlingen: Kreative Ideen und fachliche Entwicklung ................................................. 15 Altenhilfe Leonberg/Stuttgart: Führungsverantwortung gemeinsam tragen .......................... 17 Altenhilfe Göppingen: Jetzt auch mit ambulantem Dienst ................................................................ 18 Altenhilfe Ostalb: Fachliche und personelle Neuerungen .................................................................. 20 Altenhilfe Tübingen/Gäu: Bei laufendem Betrieb .................................................................................... 21 Behindertenhilfe Ostalb: Menschenwürde auch in Krisenzeiten erhalten ................................. 22 Behindertenhilfe/Sozialpsychiatrie Münsinger Alb: Chancen in der Krise ......................................... 24 Sozialpsychiatrie Schwäbisch Hall: Neue anspruchsvolle Projekte .................................................. 26 Sozialpsychiatrie Esslingen: Nichts ist so beständig wie der Wandel ........................................... 28 Die Samariterstiftung in Zahlen Die Standorte ......................................................................................... 29 Die aktuellen Bauprojekte .......................................................................................................................................... 30 Schwerpunktthemen Diakonische Unternehmenskultur: Himmlischer Kompass durch die irdische Krise ................ 32 Audit Beruf und Familie: Familienfreundliches Unternehmen ......................................................... 36 Professionalisierung des Einkaufs: Kosten sparen und Nachhaltigkeit fördern ....................... 37 Jahreschronik 2020 ......................................................................................................................................................... 39 Personalia ............................................................................................................................................................................. 50 Die Organe der Samariterstiftung: Vorstand, Stiftungsrat, Stiftungsversammlung ..................... 51 Häuser, Einrichtungen und Dienste Altenhilfe und Pflege .................................................................................................................................................. 52 Pflege-Ausbildung ....................................................................................................................................................... 54 Eingliederungshilfe ..................................................................................................................................................... 54 Die Beteiligungen der Samariterstiftung .......................................................................................................... 55 Impressum Der Geschäftsbericht wird herausgegeben vom Vorstand der Samariterstiftung Verantwortlich: Pfarrer Frank Wößner, Vorstandsvorsitzender Redaktion: Gerhard Fezer, Referent für Öffentlichkeitsarbeit Samariterstiftung, Schlossweg 1, 72622 Nürtingen Telefon 0 70 22 / 505-0, Telefax 0 70 22 / 505-255 hauptverwaltung @ samariterstiftung.de www.samariterstiftung.de
GESCHÄFTSBERICHT 2020 VORWORT 3 Vorwort der Stiftungsrats-Vorsitzenden Jedes unserer Häuser, jede einzelne Einrichtung und jeder unserer Dienste ist etwas Besonderes Niemanden zurücklassen in der Gemeinde vor Ort. Wir arbeiten in enger Verbindung zu den Menschen im Wohnquartier in neun Landkreisen und fördern ein gemeinsam Liebe Leserinnen gestaltetes Zusammenleben. und Leser, Über 3000 Menschen arbeiten in der Samariter- zu Beginn der Corona- stiftung, darunter 2100 in der Altenhilfe und 800 Pandemie vor mehr als in der Eingliederungshilfe. Sie kommen aus 47 einem Jahr ist das Nationen, die zu Betreuenden und Pflegenden Motto „Leave no one wahrscheinlich aus genauso vielen Nationen. behind“ – lass nieman- Das Thema kultursensible Pflege spielt deshalb den zurück – ausgeru- eine wichtige Rolle in der täglichen Arbeit der fen worden. Seitdem Stiftung. Unsere inhaltlichen Konzepte setzen haben wir erlebt, dass auf offene Häuser, auf Begegnung und Einbin- zahlreiche Menschen über sich hinausgewachsen dung in das Gemeinwesen. sind, zur Bewältigung beigetragen und Verantwor- Gerade in der Krise hat sich gezeigt, wie wertvoll tung für andere Menschen übernommen haben. die Quartiersarbeit ist, in der gute Nachbarschaf- ten füreinander sorgen und den Kontakt zu den Welche Bedeutung Pflege in unserem Gesund- Menschen halten, egal ob digital oder analog. heitssystem hat, ist in der Pandemie noch einmal Im Mittelpunkt dabei steht für uns auch, dass wir eindrücklich klar geworden. Die Menschen in Stadt niemanden in Einsamkeit zurücklassen wollen. und Land müssen sich darauf verlassen können, dass sie unabhängig von Ort und Geldbeutel Zu- Wir sind auf gesellschaftliche Solidarität angewie- gang zu guter Versorgung und guter Pflege haben. sen, denn nur Veränderung kann Sicherheit für alle Generationen schaffen, gerade jetzt, in der Es gab pandemiebezogen immer wieder Gesten Zeit, in der meine Generation, die sogenannten der Wertschätzung; diesen Gesten müssen nun Babyboomer, ins Alter kommt. die harten Fakten im Sinne von Gesetzen folgen. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie Dies ist eine Herausforderung für die Politik auf haben wir auch mit der demografischen Krise zu allen Ebenen. kämpfen. Die heutigen Zahlen machen deutlich, dass Pflegebedürftigkeit nicht nur in der Mitte der Mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwick- Gesellschaft angekommen ist, sondern sie auch lungsgesetz hat die Bundesregierung ihre pflege- maßgeblich prägt. Da wir die zweitälteste Gesell- politische Arbeit für diese Legislaturperiode nun schaft der Welt sind, kann es nicht verwundern, beendet. Ob damit die Reform der Pflegeversi- wenn auch der Pflegebedarf weiter zunimmt. cherung mit der Deckelung des Eigenanteils und die Regelung zur Verbesserung der Gehälter Unsere 3000 Mitarbeitenden der Samariterstif- zufriedenstellend geregelt wurde, wird sich in der tung arbeiten tagtäglich an passgenauen pro- Zukunft erst zeigen. fessionellen Strukturen, um den ihnen anvertrau- ten Personen so weit wie möglich ein selbstbe- Im Land hat sich die neue Landesregierung in stimmtes Leben und Arbeiten zu ermöglichen. ihrem Koalitionsvertrag für eine bezahlbare und Stellvertretend für den gesamten Stiftungsrat qualitativ hochwertige Pflege ausgesprochen. möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Vor allem sollen die Versorgungsstrukturen Mitarbeitern für ihre herausragende Arbeit bedan- sektorenübergreifend weiterentwickelt werden. ken. Dies gilt natürlich auch für die vielen enga- Dass dies wichtig ist, zeigt sich auch in den Ange- gierten Ehrenamtlichen, die das Leben in den Ein- boten der Samariterstiftung, wo es immer schwie- richtungen einfach bunter, lebendiger und vielfäl- riger wird, zwischen ambulant, teilambulant, tiger machen! Herzlichen Dank! teilstationär und stationär strikt zu trennen. Brigitte Lösch
4 BERICHTE AUS DEM VORSTAND GESCHÄFTSBERICHT 2020 Geschäftsbereich I Eine Corona-Anmerkung ist mir aber doch Grundsatzfragen, noch wichtig. Unsere Konzepte sind konse- Theologie und Seelsorge, Personal quent ausgerichtet auf die Menschen, auf die Sozialräume (Quartiere), auf ein buntes und Dem Leben vielfältiges Miteinander, das Selbstbestimmung und Lebensqualität gerade auch für alte Men- zugewandt schen und für Menschen mit Assistenzbedarf möglich macht. Wir setzen deshalb auf offene Häuser, auf Begegnung, auf Einbindung in das Ein weiterer Gemeinwesen, auf Ausrichtung am Gemein- Geschäftsbericht wohl. Corona als Krankheit – das war sofort auf in Corona-Zeiten. dem Schirm. Corona als Geißel des (gemein- Ein Jahr, in dem uns samen) sozialen Lebens und Lernens – das kam Corona beschäftigt erst nach und nach ins Bewusstsein. hat und zu schaffen Gleichwie: Die Samariterstiftung wird alles tun gemacht hat. Auch. (und tut es auch in der Pandemie schon), um Gab es zu Beginn zu den offenen, dem Leben zugewandten noch eine Art Schock- Konzepten zurückzukehren. Das sind wir den starre mit Fokussie- Menschen schuldig und uns selbst auch! rung auf das eine Und ich bin wirklich zutiefst dankbar für alles, Thema, so kehrten doch zur Mitte des was sichtbar und unsichtbar in unseren Sama- Jahres auch die anderen Themen wieder riterstiften, in unseren Häusern und Einrich- zurück ins Blickfeld. Die Mission der Sama- tungen gerade auch in der Pandemie an ge- riterstiftung bleibt dieselbe in der Pande- meinsamem Leben, an begleitender Acht- mie wie jenseits der Pandemie: Wir helfen samkeit, an befreiender Leichtigkeit von den Menschen. Für mehr als 4 000 Menschen Kolleginnen und Kollegen möglich gemacht war es nach wie vor wichtig, gut gepflegt, worden ist. Mögen dem Beifallklatschen kon- begleitet, betreut zu werden. krete, wertschätzende Taten folgen, die von gesellschaftlichem Respekt getragen sind! Was unsere Mitarbeiter/-innen in dieser Zeit geleistet haben (und noch leisten), war phä- Und jetzt schüttle ich das Kaleidoskop. Ein- nomenal. Der Endlosmarathon der Führungs- drücke aus einem bewegten Stiftungsjahr. Die personen zwischen Verordnungsflut und Ar- Zertifizierung als gemeinwohlorientiertes beitsschutzdschungel, der kollegiale Zusam- Unternehmen hat die Samariterstiftung zum menhalt der Teams, das tragfähige Samariter- zweiten Mal erfolgreich absolviert. Damit brin- Wir – das und anderes hat geholfen durchzu- gen wir zum Ausdruck, dass Gemeinwohlori- halten. Heute haben wir meist ordentliche entierung und Nachhaltigkeit Themen sind, die Impfquoten und hoffen, dass sich noch mehr wir aktiv verfolgen. Erstmals haben wir ein stra- Kolleginnen und Kollegen werden impfen tegisches Ziel „nachhaltige Samariterstiftung“ lassen. Wir wissen aber – leider – auch, dass implementiert. In Neresheim bauen wir das die Impfung nicht vor Infektionen schützt. Wir erste in Bau und Nutzung klimaneutrale Wohn- sind zwar jenseits von Eden, aber nicht jenseits haus für Menschen mit Assistenzbedarf. der Pandemie. Dennoch soll der Geschäftsbe- Ebenfalls fertiggestellt ist die Berechnung des richt kein Corona-Bericht werden. Das Thema CO2-Fußabdrucks der Samariterstiftung. Um wird immer wieder aufblitzen, aber der Blick auch in der externen Kommunikation am Puls soll in das Ganze der Stiftung gehen. Der Ge- der Zeit zu bleiben, haben wir den Internet- schäftsbericht gleicht einem Kaleidoskop, das auftritt komplett neu aufgesetzt mit verbes- Ihnen die Möglichkeit gibt, das bunte Bild der serter Funktionalität und attraktivem Layout. Samariterstiftung aus 2020 (und bis heute) wahrzunehmen. Dabei viel Freude und gute Auch an der diakonisch-werteorientierten Entdeckungen! Ausrichtung der Samariterstiftung arbeiten
GESCHÄFTSBERICHT 2020 BERICHTE AUS DEM VORSTAND 5 Entwurf für eine Karte aus der Serie „Diakonie ist ...“ wir weiter. Das Konzept der ethischen Fall- Wie schon bisher ist die ganz große Aufgabe besprechungen haben wir nochmals überar- nach wie vor, gut qualifiziertes Personal in beitet. Mit dem „Himmelsgeflüster“ haben ausreichender Anzahl zu haben und zu be- wir ein niederschwelliges Angebot in der inter- kommen. Unsere zahlreichen Maßnahmen nen Kommunikation etabliert. Und seelsorger- haben wir nochmals gebündelt und zueinan- liche Begleitung sowie Gottvertrauen als der ins Verhältnis gesetzt: Was ist prioritär? Lebensressource waren darüber hinaus ein Was hilft schnell und was nachhaltig? – Dauerthema in der Pandemie. Und bald wird Bei unseren Akquise-Programmen im es eine sanfte diakonische „Kampagne“ geben Ausland haben wir schon angepasst. Von der mit wunderschönen „Diakonie ist …“-Karten (kurzfristig) bedarfsorientierten Anwerbung für Inspiration und Reflexion. Mehr zum Thema haben wir umgestellt auf eine (langfristige) diakonisches Profil finden Sie im Artikel von kontinuierliche Akquise. Nach längeren Analy- Irina Ose ab Seite 32. sen haben wir die Philippinen als weiteres Herkunftsland ausgewählt. Wir freuen uns auf Unser Employer-Branding-Prozess ist abge- die zukünftigen Kolleginnen und Kollegen, die schlossen und die Umsetzung läuft. Am 14. weit reisen, um hier mit uns die Mission der Juni 2021 ist unsere neue Karriereseite als Samariterstiftung mit Leben zu füllen! Kernelement der externen Kampagne an den Hierher gehört auch die Weiterentwicklung Start gegangen. Auch die interne Arbeit läuft unserer Fortbildungsangebote samt den aktuell an. Es geht um Unternehmenskultur. digitalen Zugängen („SamBildung“) und die Es geht darum, wie wir sind und wohin wir Modularisierung der Angebote für Kolleginnen uns entwickeln wollen. Es geht um kulturelle und Kollegen, die neu in Führungsaufgaben Passung: Wen suchen und brauchen wir und kommen. wen eher nicht? Es geht um das Samariter- Wir. Das braucht einen langen Atem. Aber es Auch die Neuordnung des Einkaufs in der hat – theologisch gesprochen – auch eine Stiftung haben wir in Angriff genommen. Hier große Verheißung. geht es darum, systematisch Skalierungseffek-
6 BERICHTE AUS DEM VORSTAND GESCHÄFTSBERICHT 2020 te besser zu nutzen, Abläufe zu verschlanken angepasst. Zweitens sind die Vorbereitungen und den operativen Aufwand deutlich zu für die Nachfolgeregelung im Vorstand an- reduzieren. Begonnen haben wir mit den gelaufen. Dr. Eberhard Goll wird im Oktober großen Bereichen Lebensmittel, Wäsche und 2022 in den Ruhestand gehen, Jürgen Schlep- Reinigung. Mit externer Begleitung und unter ckow folgt im Januar 2023. In einem vom Beteiligung der internen Fachleute haben wir Stiftungsrat eingesetzten Besetzungsausschuss analysiert, Qualitäten definiert und schließlich wurden die Ausschreibungen beraten und die mit transparenten Vorgaben ausgeschrieben. Eckpunkte festgezurrt. Die Wahl der neuen Der erste große Block – der Lebensmittel- Vorstandsmitglieder wird im Jahr 2022 Einkauf – ist bereits umgesetzt. Hier werden erfolgen. wir den Status quo Schritt für Schritt weiter optimieren mit einer professionellen Einkäufe- 2020 war für die Samariterstiftung ein äußerst rin. bewegtes Jahr. Wir dürfen stolz zurückblicken auf das, was wir gemeinsam geleistet haben, Das auf drei Jahre angelegte Audit berufund- was durch das Samariter-Wir möglich gewor- familie haben wir erfolgreich abgeschlossen den ist. Alle haben dazu einen wichtigen Bei- und die Rezertifizierung wird Mitte Juli eben- trag geleistet. Mit Blick nach vorn gilt, was falls gemeistert sein. auch das vergangene Jahr geprägt hat: Mit- einander erreichen wir am meisten; empa- Die mit Partnern auf den Weg gebrachte Wan- thisch sind wir am besten; lösungsorientiert derausstellung „Die Kunst der Nächsten- entwickeln wir uns zukunftsfähig. Danke an liebe“ adressiert die Frage nach der Würde alle, die dabei sind bei der Umsetzung unserer des Menschen und unseren Umgang mit dem Mission. Danke an alle, die uns dabei wohl- Anderssein. Sehr empfehlenswert! wollend begleiten! Frank Wößner Die vernetzte und vernetzende Arbeit im Vorstandsvorsitzender Quartier und im Sozial- und Lebensraum ha- ben wir mit der Stiftung Zeit für Menschen als „zivilgesellschaftlicher Brücke“ trotz der Corona-Einschränkungen mit neuen Forma- ten, viel Kreativität und noch mehr Ausdauer aufrechterhalten. Das Thema Digitalisierung haben wir in ver- schiedenen Ebenen auf der Agenda. Ganz praktisch im Tun (z. B. Ausbau der WLAN- Infrastruktur), konzeptionell in der Abstim- mung der Themen für die gesamte Stiftung (Prioritäten, Zeitpunkte, Ressourcen) und durch innovative Projekte mit externen Part- nern unter dem Aspekt der Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur. Zwei wichtige Entscheidungen sind ebenfalls in Vorbereitung. Erstens wird aktuell der Ent- wurf für eine Satzungsänderung erarbeitet. Hier braucht es einige Anpassungen, um den aktuellen Anforderungen zu genügen. In die- sem Kontext wird auch eine Geschäftsordnung Seife, Handcreme, Engel: Zeichen des Dankes an für den Stiftungsrat erstellt und die Geschäfts- die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihr ordnung für den Vorstand entsprechend Engagement während der Corona-Pandemie
GESCHÄFTSBERICHT 2020 BERICHTE AUS DEM VORSTAND 7 Geschäftsbereich II arbeiten, sind zum Beispiel: Eingliederungshilfe • eine Kultur des Vertrauens im Umgang miteinander und Prägende Erfahrungen • Vereinbarungen, bei denen möglichst keiner verliert und niemand über den eines Jahres Tisch gezogen wird“. Mehr schreibe ich nicht über meine Gefühle. Zwei Erfahrungen Blitzlicht finanzielle Entwicklung aus dem Jahr 2020 haben sich mir be- Wirtschaftlich ist die Eingliederungshilfe insge- sonders eingeprägt: samt mit einem blauen Auge durch die „Coro- na-Zeit“ gekommen. Spürbar war der Rück- 1. Mit dem Beginn gang der Produktionserlöse um 1,7 Millionen der Corona-Pandemie Euro. Dafür gab es keinen Ausgleich aus öffent- musste jede große lichen Mitteln. Dennoch konnten die Lohnzah- oder kleine Organi- lungen an die Beschäftigten beibehalten wer- sationseinheit ihre den. Das wurde durch öffentliche Fördermittel Prozesse verändern zur Sicherung der Arbeitsentgelte der Beschäf- und anpassen. Teilweise waren wöchentli- tigten unterstützt. Finanziell einschneidend che Veränderungen notwendig. Mit der war auch der Belegungsrückgang der Tages- Verordnung des Landes am 18. März 2020, kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie um § 1, überschrieben mit „Untersagung der mehr als 25 Prozent, der aufgrund der räumli- Beschäftigung in Werkstätten für behinder- chen Corona-Vorgaben unumgänglich war. te Menschen und angegliederten Förder- Auch hier gab es – zumindest bis Ende 2020 – stätten“, begann für alle Beteiligten ein öffentliche Ausgleichszahlungen. massiver Eingriff in die Organisationsho- Kosten, die entstehen, weil wegen Abstands- heit. Der Einsatz unserer Mitarbeitenden, regeln oder Quarantäne kleinere Gruppen mit um Bewohnerinnen und Klienten zu schüt- höherem Personaleinsatz zu bilden waren, zen und gleichzeitig Einschränkungen in oder der Aufwand für zusätzliche Schutzaus- Grenzen zu halten, war außerordentlich. rüstung wurden in der Eingliederungshilfe Ich kann das gar nicht genug loben und bisher nicht erstattet. Um die Abgeltung die- allen Beteiligten dafür danken! ser zusätzlichen Kosten gab es ein sehr uner- Da bin ich gern ein Samariter. quickliches Hin- und Herschieben der Verant- Viele empfanden das Füreinander-Einste- wortung zwischen dem Land und den kommu- hen als eindrücklichste positive Erfahrung. nalen Spitzenverbänden. Das Land übernimmt nun Verantwortung und bezuschusst die 2. Mitten in diesen großen Anstrengungen Stadt- und Landkreise mit 14 Millionen Euro. erfuhren wir, teilweise erst mit Blick in Die kommunalen Spitzenverbände sehen das unsere Buchhaltung, dass Landkreise über gleichzeitig als obere Grenze anerkennungs- Monate Zahlungen reduzierten oder sogar fähiger Mehrkosten an, sind bisher also nicht ganz einstellten. Begründung: wir erfüllten bereit zur Mitfinanzierung. die vertraglichen Leistungen nicht mehr oder nur unvollständig. Das wurde nach Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes viel Intervention dann wieder korrigiert. Diese Erfahrungen gingen zeitlich einher mit Voriges Jahr habe ich geschrieben: „Für einem aufwändigen Umsetzungsschritt des eine gute Entwicklung der Natur braucht es Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Seit Januar dringend auch einen Klimawandel unter 2020 wurden die sogenannten existenzsi- den Menschen. Indizien dafür, dass wir in chernden Leistungen aus den Leistungen der Samariterstiftung daran grundsätzlich ausgegliedert und über die Grundsicherung
8 BERICHTE AUS DEM VORSTAND GESCHÄFTSBERICHT 2020 finanziert. Diese Umstellungen allein erforder- Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen ten schon einen immens hohen Abstimmungs- noch im Jahr 2021 ist völlig unrealistisch. bedarf in der Leistungsabrechnung und bei Derzeit wird eine weitere Vereinbarung von den Sozialdiensten. Übergangsregelungen ins Jahr 2022 in der Vertragskommission geprüft. Das Bedarfsermittlungsinstrument Begleitprojekt zur BTHG-Umsetzung Das neue Bedarfsermittlungsinstrument für Baden-Württemberg (BEI_BW) wurde auch Die Samariterstiftung beteiligt sich an einem 2020 noch nicht flächendeckend angewandt. breit aufgesetzten BTHG-Umsetzungsbeglei- Die Ergebnisse der Bedarfsermittlung bzw. der tungs-Projekt des Diakonischen Werks Würt- durch die Leistungsträger durchzuführenden temberg (DWW), bei dem mittels einiger Gesamtplanung entscheiden mit über unser Pilotprojekte in den verschiedenen Leistungs- künftiges Leistungsangebot. Auch Mitte 2021 bereichen verhandlungsreife Unterlagen erar- ist nur ein kleinerer Teil unserer Bewohner/-in- beitet werden. Wir sind „Pilot“ für den Bereich nen und Klienten/-innen im Bereich der ambu- Werkstätten für Menschen mit psychischen lanten Assistenzleistungen mit dem neuen Ins- Erkrankungen im Landkreis Schwäbisch Hall. trument bzw. dessen Anwendung in Kontakt Zur Sicherstellung der komplexen und vielfäl- gekommen. tigen Abstimmungsprozesse (innerhalb der Stiftung, im Kontext der Diakonie und unter Rahmenvertrag abgeschlossen den verschiedenen Leistungserbringern in den Landkreisen) wurde zum Jahreswechsel in der Seit Januar 2021 ist der Rahmenvertrag zwi- Samariterstiftung eine projektbezogene schen den 44 Stadt- und Landkreisen und den Arbeits- und Kommunikationsstruktur einge- Verbänden der Leistungserbringer rechtskräf- richtet. Diese zeigt sich im bisherigen Prozess tig abgeschlossen. Er ist die Grundlage für ein als sehr wirksam und effektiv. Die Grundstruk- neues Leistungs- und Vergütungssystem. Bei tur des DWW-Projekts arbeitet mit Kerngruppe der Umsetzung – jeder Leistungserbringer und Referenzgruppen. Damit können das braucht neue Leistungs- und Vergütungsver- Wissen und die Erfahrungen der „Piloten“ in einbarungen mit dem zuständigen Leistungs- eine breitere interne Öffentlichkeit gebracht träger des Standortlandkreises – stehen sich und die Arbeitsprozesse simultan aufgesetzt zwei Zielsetzungen konträr gegenüber: Die werden. Dies hat sich im ersten Halbjahr 2021 einen (der Kommunalverband für Jugend und so bewährt, dass wir stiftungsintern ein ähnli- Soziales sowie manche Landkreise und man- ches Vorgehen installiert haben. Die internen che Leistungserbringer) streben eine Umstel- „Piloten“ sind dabei das Wohnangebot lung auf ein möglichst ähnliches System wie Gartenstraße in Aalen und der sogenannte bisher an. Die anderen greifen die Intention binnendifferenzierte Bereich in Grafeneck. des Bundesteilhabegesetzes auf und wollen mehr Teilhabe auch durch das Vergütungs- Strategiekreis gegründet system ermöglichen. Das ist auch die Haltung der Samariterstiftung. Dazu sollen die Leis- Das Liga-BTHG-Projekt ist mit der Einigung auf tungsvereinbarungen auf einem Zeitbedarf den Landesrahmenvertrag beendet. Die Liga basieren und auch individuelle Bestandteile der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württem- enthalten können. Der Rahmenvertrag bietet berg befasst sich nun im neu gegründeten diese Möglichkeit. „Strategiekreis Eingliederungshilfe“ mit den Die Gemengelage ist jedoch durch die Bestim- aktuellen politischen Themen rund um das mung der 44 Stadt- und Landkreise als Träger Thema Umsetzung des Bundesteilhabegeset- der Eingliederungshilfe außerordentlich kom- zes: Wie sieht das Leben von Menschen mit plex. Die Arbeit an der Umstellung bindet vie- Behinderung bei uns im Land wirklich aus und le Ressourcen – auch in der Samariterstiftung. was sollte sich ändern? – Ich vertrete im Stra- Eine vollständige Umsetzung der neuen tegiekreis die diakonischen Träger im Auftrag
GESCHÄFTSBERICHT 2020 BERICHTE AUS DEM VORSTAND 9 der Fachverbände Behindertenhilfe und Psy- der nach den Vorgaben der Energieeinspar- chiatrie. verordnung erstellt wurde. Bei der Prüfung des Standards wird gefragt: Wie hoch ist der Blick in die Abteilung Informationstechnik Gesamtenergiebedarf der Immobilie, wie gut ist die Wärmedämmung der Gebäudehülle? – Im Rahmen der Coronakrise wurden die tech- Das Bauen gemäß KfW-55-Standard wird von nischen Grundlagen und Rahmenbedingun- der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gen für mobiles Arbeiten in der Stiftung finanziell gefördert, um einen Anreiz zu erheblich ausgeweitet. Mehr als 30 Prozent geben, höhere Kosten in Kauf zu nehmen. zusätzliche Notebooks und Mobiltelefone Im Bauprojekt Neresheim wurde, unterstützt wurden angeschafft und für den mobilen durch externe Beratung, besonderer Wert auf Einsatz zuhause installiert und konfiguriert. den Umgang mit dem CO2-Ausstoß gelegt. Weiteren Mitarbeitenden, die nur sehr spo- Die Wohngebäude sind so geplant, dass sie im radischen Zugriff von zuhause auf das „Sama- Betrieb über die Jahre eine CO2-positive Bilanz riter-Netz“ benötigen, wurde eine daten- haben. Sie werden also mehr CO2 kompensie- schutzrechtlich sichere und einfache Möglich- ren, als sie verursacht haben. keit über eine Vielzahl unterschiedlicher eige- ner Endgeräte ermöglicht. Jürgen Schlepckow Mit Beginn der Kontaktbeschränkungen Vorstand Eingliederungshilfe entfielen fast alle Besprechungsmöglichkeiten. So wurde intensiv nach einer schnell umsetz- baren Möglichkeit für Videotelefonie gesucht. Da stiftungsweit bereits eine große Anzahl Häuser auf einer zentralen Voice-over-IP-Um- gebung der Firma Cisco zusammengeschaltet sind, fiel die Wahl auf das Produkt „Webex Meetings“, ebenfalls aus dem Hause Cisco. Es bietet eine optimale Integrationsmöglich- keit in die bereits bestehende Plattform. In diesem Zuge wurden auch Videokonferenz- räume für mehrere Teilnehmer in einigen Regionen geschaffen, die in Zukunft noch ausgebaut werden sollen. Zugleich wurde in einigen Pilothäusern eine WLAN-Infrastruktur aufgebaut, die eine gleich- zeitige Nutzung von öffentlichem Internet für Bewohner/-innen und Klienten/-innen und eine zukünftige Nutzung des „Samariter-Net- zes“ für mobile Dokumentationsarbeitsplätze vorsieht. Bauen und der Klimaschutz Wir befinden uns immer noch in einer Phase mit einem im Vergleich zu früheren Jahren verdreifachten Bauvolumen. Bei allen Wohn- gebäuden, die sich im Bau und in der Planung befinden, wird energetisch der „KfW-55-Stan- dard“ erfüllt. Das bedeutet einen jährlichen Bedarf an Primärenergie, der nur 55 Prozent des Energiebedarfs eines Neubaus entspricht,
10 BERICHTE AUS DEM VORSTAND GESCHÄFTSBERICHT 2020 Geschäftsbereich III hinter den ursprünglich einmal genannten Altenhilfe und Pflege 700 Euro pro Monat zurückbleibt. Leider konnte man sich auch nicht dazu entschlie- Trotz Ausnahmezustand ßen, endlich den „Sockel-Spitze-Tausch“ vor- zunehmen und die Pflegeversicherung auf eine die Zukunft gestalten echte Teilkasko-Versicherung umzustellen. In der Samariterstiftung gibt es schon einige Häuser, bei denen der monatliche Eigenbei- 2020 wird in der Pfle- trag mittlerweile schon die 3 000 Euro über- gebranche als Jahr steigt. Die Koppelung zwischen Versorgungs- der Pandemie in die vertrag und der Anwendung eines Tarifvertra- Geschichte eingehen. ges oder kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien Inzwischen wissen ist für die Branche positiv, für die Samariter- wir allerdings auch, stiftung hat er keine Auswirkungen. dass es das Jahr des Beginns der Covid-19- Thema allgemeinverbindlicher Tarifvertrag Infektionen war, aber leider nicht wie er- Für größere Aufregung sorgten im Frühjahr hofft das Jahr, in dem 2021 die Auseinandersetzungen um einen wir diese überstanden hatten. Bis heute be- allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die schäftigt uns das Virus noch immer täglich. Altenpflege. Einige kleinere Verbände, darunter Ständig machen wir neue Erfahrungen, ler- die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Arbeiter- nen dazu und neue Virus-Varianten kennen. Samariter-Bund (ASB), hatten mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) einen Tarif- Trotz allem gab es im Berichtsjahr und bis in vertrag ausgehandelt. Die kirchlichen Verbände, die letzten Juni-Tage 2021 auch viele andere Caritas und Diakonie, waren aufgefordert, die- Themen. Zum einen auf der politischen sem Tarifvertrag zuzustimmen, damit er dann Ebene in Bund und Land: für die ganze Branche, einschließlich der priva- ten Träger, als Mindestbedingung gelten sollte. Pflegereform: Herumdoktern an Symptomen Die zuständige Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas stimmte dagegen: Durch die Allge- Über das Gesetz zur Weiterentwicklung der meinverbindlichkeit dieses Tarifvertrags sah sie Gesundheitsversorgung (GVWG) hat der den Fortbestand ihres eigenen – auch in der Bundestag kurz vor Ende der Legislaturperiode Diakonie praktizierten – Systems der Arbeits- noch eine Pflegereform beschlossen. Von den rechtssetzung („Dritter Weg“) gefährdet; außer- vielversprechenden Eckpunkten, die Gesund- dem befürchtete sie, künftig Probleme mit der heitsminister Jens Spahn im November 2020 Anerkennung ihrer höheren Personalkosten zu veröffentlicht hatte, blieb leider nicht mehr all- bekommen, wenn der allgemeinverbindliche zu viel übrig. Offensichtlich waren die Interes- Tarifvertrag ein niedrigeres Niveau hätte. – Da- sen in der Regierung sehr heterogen, so dass mit war dieser auch von Bundesarbeitsminister sich eine Einigung über Monate hinzog und Heil favorisierte Weg nicht mehr gangbar. letztlich wohl nur auf dem kleinsten gemeinsa- Über die Pflegereform (das GVWG) gilt nun ab men Nenner möglich war. Statt der seit Jahren dem 1. September 2022 die oben erwähnte geforderten und in Programmen mehrerer Zulassungsvoraussetzung, dass die Pflegeein- Parteien enthaltenen grundsätzliche Reform richtungen für ihre Mitarbeitenden Tarifverträ- der Pflege ist nun zum wiederholten Mal ein ge oder kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien Herumdoktern an einzelnen Symptomen ge- anwenden. Dies hat den Vorteil, dass die güns- worden. Es gibt eine prozentuale Begrenzung tigeren Regelungen bei Caritas und Diakonie der Eigenanteile für die Bewohner/-innen der nun weiterhin gelten und der Dritte Weg stationären Pflege, die allerdings mit 5, 25, 45 erhalten bleibt. Im Zusammenhang mit der und 70 %, gestuft nach den Jahren, deutlich Diskussion, dass Pflegekräfte besser bezahlt
GESCHÄFTSBERICHT 2020 BERICHTE AUS DEM VORSTAND 11 werden müssten, hat das Statistische Bundes- dabei sein. Durch den veränderten Personal- amt darauf hingewiesen, dass die Gehälter mix mit mehr Assistenz- und Hilfskräften sind von Pflegefachkräften in Pflegeheimen seit Organisationsentwicklungsprozesse erforder- 2010 um mehr als 38 Prozent gestiegen sind. lich, um nach Umsetzung dann auch gut In der Gesamtwirtschaft waren es im selben weiterarbeiten zu können. Zeitraum nur 21 %. Problematisch sind die starken Unterschiede zwischen den Bundes- Zusätzliche Fachkraftstellen ländern sowie auch zwischen kirchlichen und freigemeinnützigen Trägern auf der einen und Seit 2019 können über das Pflegepersonal- privaten Trägern auf der anderen Seite. Die stärkungsgesetz (PpSG) zusätzliche Fach- Gehälter in der Diakonie in Württemberg (und kraftstellen beantragt werden. Diese müssen damit auch in der Samariterstiftung) liegen im nicht von den Bewohnerinnen und Bewoh- bundesweiten Vergleich an der Spitze. nern bezahlt werden, sondern werden über die Pflegekassen finanziert. Voraussetzung für Personalbemessungsverfahren die Genehmigung ist vor allem die vollständi- ge Besetzung aller vereinbarten Stellen. Bisher Über die Pflegereform kommt es nun auch haben wir in der Stiftung in neun Pflegehäu- endlich zur Umsetzung des Personalbemes- sern zusätzliche Fachkräfte im Einsatz. sungsverfahrens für vollstationäre Pflegeein- Seit dem 1. Januar 2021 ist im Vorgriff auf das richtungen. Auf der Basis des Gutachtens von neue Personalbemessungs-Instrument die Ein- Professor Heinz Rothgang aus Bremen gelten stellung zusätzlicher Pflegehilfskräfte (ein- vom 1. Juli 2023 an bundesweit einheitliche jährig ausgebildet) möglich. Auch die Kosten Personalanhaltswerte für Pflegehilfs- und Pfle- für diese Stellen werden von der Pflegeversi- gefachkräfte. Sie erhöhen sich mit den Pflege- cherung getragen. Das ist im Gesundheitsver- graden der Bewohner/-innen. Auch die Auftei- sorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz lung der Arbeit auf die Pflegemitarbeitenden (GPVG) geregelt. Damit hätten wir die Mög- mit verschiedenen Qualifikationen wird vorge- lichkeit, für die Stiftung insgesamt 47 Vollstel- geben. Im Bundesdurchschnitt ergibt sich len zu beantragen. Für einige Häuser haben daraus ein personeller Mehrbedarf von 38 %. wir bereits einen Antrag gestellt oder sind in Dieser entfällt fast ausschließlich auf ausgebil- Vorbereitung. Aufgrund des Mangels an dete Pflegehilfskräfte. Fachkräfte werden da- Pflege(fach)kräften ist es uns leider noch nicht durch entlastet, dass sie Aufgaben an die Kolle- möglich, davon mehr Gebrauch zu machen. ginnen und Kollegen delegieren können und Mit der Beantragung ist ein relativ hoher Ver- so mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben waltungsaufwand verbunden. Die Personal- haben. Da die Personalschlüssel in Baden-Würt- steuerung wird immer komplexer. Zum Glück temberg bisher schon Personalmengen zulas- ist vorgesehen, diese Förderprogramme für sen, die über den errechneten Soll-Werten lie- zusätzliche Stellen ab dem 1. Juli 2023 in das gen (für ein Haus mit 100 Plätzen sind im Land allgemeine Vertragsrecht zu integrieren. bis zu 52 Vollstellen möglich, im neuen System lediglich maximal 46 Stellen), werden wir als Nach der Landtagswahl Samariterstiftung (und mit uns viele diakoni- sche und caritative Träger in Württemberg) Nach der baden-württembergischen Land- nicht sehr stark von den neuen Vorgaben pro- tagswahl im März 2021 und der Regierungs- fitieren. Zum Glück genießen wir Bestands- bildung waren wir gespannt, was sich im schutz. Deutlich wird daran, dass es erhebliche Koalitionsvertrag von Grünen und CDU an Unterschiede in den Arbeitsbedingungen in Regelungen für die Pflege finden würde. Dort den einzelnen Bundesländern gibt. Von gleich- sind tatsächlich einige interessante Aussagen wertigen Verhältnissen kann bisher überhaupt zu lesen, u. a. zur Digitalisierung, zur Förde- nicht die Rede sein. Wenn es möglich ist, rung der Kurzzeitpflege und zur Ausbildung würden wir gern bei der modellhaften Einfüh- von Pflegehilfskräften, die künftig einjährig rung des neuen Personalbemessungssystems und generalistisch sein soll.
12 BERICHTE AUS DEM VORSTAND GESCHÄFTSBERICHT 2020 Aber auch in der Stiftung musste und konnte aller Voraussicht nach noch eine höhere Zahl auch angesichts der erheblichen Ressourcen, die erreichen (bisher schon 242). Dabei nimmt das Krisenmanagement und die Bewältigung die Zahl der Azubis in der Altenpflegehilfe zu. der Corona-Krise erforderte, weitergearbeitet werden. Das war nun wirklich nichts für Jam- Laufende Bauprojekte merlappen. Zum einen haben es unsere Häuser und Dienste hervorragend geschafft, die Versor- Die laufenden Bauprojekte beschäftigen die gung, Betreuung und Pflege der Bewohner/-in- Beteiligten in der Stiftung, bei Architekten/Pla- nen, Tages- und Kurzzeitpflegegäste und Klien- nern und bei den Standort-Gemeinden bzw. ten/-innen der ambulanten Dienste an 365 -Städten intensiv. Es waren und sind oft um- Tagen und in der Regel auch über 24 Stunden fangreiche vertragliche Regelungen vorzube- sicherzustellen. Das ist die Aufgabe der Stiftung, reiten, abzustimmen und zu treffen. Die Stand- der sich alle verschrieben haben und die alle ortgemeinden bringen sich bei den Neubauten Mitarbeitenden mit porentiefer Empathie in aller Regel bei den Begegnungsstätten finan- angehen und umsetzen. Zum anderen wurden ziell mit ein. In Ammerbuch, Gärtringen und die übergreifenden Ziele und die Sicherung Geislingen geht es um Modernisierungen zur der Zukunft aber nicht außer Acht gelassen. Anpassung an die Landesheimbauverordnung. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen: In Geislingen steht dabei auch eine General- sanierung an. Eine Übersicht über die aktuellen Inbetriebnahme neuer Häuser Projekte findet sich auf Seite 30/31. Das Samariterstift am Rathaus in Leonberg Wohnraum für Pflegekräfte wurde im Februar 2020 in Betrieb genommen und dann – mitten in der Pandemie – das Ein wichtiger Baustein zur Personalbindung Samariterstift Neuhausen (Juli 2020), jeweils und -gewinnung ist an vielen unserer Standor- verbunden mit Umzügen ganzer Betriebe (von te der Wohnraum für Mitarbeitende. Neue Zuffenhausen nach Leonberg und vom Wolf- Angebote, in aller Regel durch Anmietung, schlugener Pflegeheim Schroth nach Neuhau- wurden in Weissach und Ostfildern geschaffen. sen). Das Haus in Leonberg ist inzwischen In Tübingen sind wir eng beteiligt an einem weitgehend ausgelastet, die Aufbauarbeit in Projekt zur Schaffung von Wohnraum für Aus- Neuhausen ist noch im Gange. zubildende, der ab September 2021 zur Verfü- gung stehen soll. Generalistische Pflege-Ausbildung Fachliche Entwicklungen Im April 2020 starteten die ersten Auszubilden- den in der neuen generalistischen Pflegeausbil- Zum Glück ist es gelungen, das Kinästhetik- dung. Die Vorbereitungen waren sehr intensiv. Projekt trotz aller Beschränkungen weiterzufüh- Mittlerweile hat der dritte Kurs nach den neuen ren. Die sechs Modelleinrichtungen konnten Vorgaben begonnen. Wir sind mitten im Über- schon spürbare Erfolge verzeichnen. Die wissen- gang vom bisherigen (Altenpflege-Ausbildung) schaftlichen Begleituntersuchungen laufen und auf das neue System der Pflegefachfrauen und werden bis Ende 2021 bzw. Ende Februar 2022 -männer. Langsam funktionieren die Koopera- abgeschlossen. Der Start der zweiten Runde mit tionen mit den Pflegeschulen und den anderen weiteren sechs bis acht Häusern ist in Vorberei- Trägern der praktischen Ausbildung. Neben den tung. – Coronabedingt kam die Einführung des Fachkräften werden im Zuge der neuen Rege- Expertenstandards Beziehungsgestaltung für lungen die Pflegehilfskräfte in separaten Klas- Menschen mit Demenz etwas ins Stocken. sen unterrichtet. Bei den Azubi-Zahlen in der Jetzt wird aber mit Hochdruck daran weitergear- Stiftung war 2020 gegenüber 2019 nicht der beitet. Das gilt auch für andere Jahresziele im Be- befürchtete und in der Branche festzustellende reich Altenhilfe und Pflege, z. B. die Umsetzung Rückgang zu verzeichnen. Es gab sogar eine des neuen Qualitätsprüfungsverfahrens, die Er- Steigerung (von 252 auf 281). 2021 werden wir arbeitung eines Einarbeitungskonzeptes für
GESCHÄFTSBERICHT 2020 BERICHTE AUS DEM VORSTAND 13 neue Pflegedienstleitungen oder die Implemen- weiter ausgebaut, indem auch Fachkräfte aus tierung eines palliativen Versorgungskonzeptes den Philippinen angeworben werden. in einer Modellregion. – Die Agenda 2023 Nachdem die Modelle zum Arbeitszeitma- wurde fertiggestellt und als Broschüre gedruckt. nagement (Rahmendienstplan, Joker- und Sie bildet den Rahmen der fachlichen Entwick- Stand by-Dienste) während der Pandemie lung und der Aktivitäten für die nächsten Jahre. ins Stocken geraten sind bzw. nicht umge- setzt werden konnten, muss nun wieder ein Digitalisierung Schwerpunkt auf dieses Thema gelegt werden. Neue Häuser gut an den Start bringen: Pflegeeinrichtungen werden zukünftig in die Als nächstes steht das Samariterstift Riederich Telematik-Infrastruktur (TI) eingebunden. im Februar 2022 an. Der Umbau in Ammer- Mit zwei Einrichtungen (Haus im Park, Detten- buch soll bereits im dritten Quartal 2021 hausen, Samariterstift Aalen) nehmen wir an abgeschlossen werden, so dass dann wieder einem Modellprogramm teil. Es geht um die der Pflegeheim-Betrieb ohne Beeinträchtigun- Zusammenarbeit mit anderen Akteuren der gen starten und die stark erweiterte Tages- Gesundheitsversorgung, z. B. in Form einer pflege ihren Betrieb aufnehmen kann. In elektronischen Patientenakte, eines elektroni- Geislingen und Gärtringen geht es darum, schen Medikationsplans bis hin zu elektroni- die Umbaumaßnahmen mit möglichst weni- schen Verordnungen. Dabei sind die daten- gen Reibungsverlusten zu „überstehen“. Und schutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. schließlich sind die weiteren Planungen und Bauvorhaben (unter schwierigen Vorzeichen Blick in die Zukunft in der Branche) in Zuffenhausen, Münsingen, Sonnenbühl und Altdorf voranzutreiben. Wenn wir jetzt, Mitte 2021, in die Zukunft Ab Anfang 2022 wird die neue Zuordnung schauen, werden folgende Themen wichtig: der Regionen in der Altenhilfe und Pflege Wir wollen die Pandemie und ihre Folgen umgesetzt. Es gibt dann noch fünf Regio- bewältigen. Alle sind ziemlich belastet von nen: Tübingen/Reutlingen, Esslingen/Stutt- der vielen zusätzlichen Arbeit, zuletzt vor gart, Böblingen, Göppingen und Ostalb. allem durch das Besuchermanagement und Die Strategie, die ambulanten Versor- die Testungen. Die Mitarbeitenden in den gungsangebote zu erweitern, wird in die Häusern, die Ausbrüche von Infektionen zu Tat umgesetzt. Nachdem in Geislingen im bewältigen hatten, schildern eindrucksvoll Herbst 2020 ein ambulanter Dienst (SAMA- die damit verbundenen Erfahrungen und RITER Mobil) gegründet wurde, soll im klagen zum Teil Wochen später noch über Herbst 2021 der nächste in Ostfildern an die psychischen und körperlichen Folgen. den Start gehen. Ab dem 1. Januar 2022 U. a. über das Referat Diakonie und Theolo- wird dann noch die Diakoniestation Tübin- gie bieten wir die Unterstützung bei der gen in die Trägerschaft der Samariterstiftung Aufarbeitung der Geschehnisse an. übergehen. Die Vorbereitungen dafür sind Die Schwierigkeit, geeignete Mitarbeitende bereits im Gange. zu finden, ist Anlass und Ansporn für Modellhafte Implementierung des jüngsten Aktionen zur Mitarbeiter-Bindung und - Expertenstandards Mundgesundheit mit Gewinnung. Ein Augenmerk liegt auf der zwei Einrichtungen (Samariterstift Münsin- Ausbildung von Pflegefach-, Pflegehilfs- und gen und Tagespflege im Dr.-Vöhringer- Hauswirtschaftskräften. Immer mehr Auszu- Heim in Nürtingen) bildende kommen aus dem Ausland. Die Neue Personalbemessung: Organisations- Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von entwicklungs-Prozesse rechtzeitig einleiten; Beruf und Familie gehen in die nächste Bewerbung um eine Teilnahme an Modell- Runde. Das Employer Branding wird seit projekten zur Erprobung des neuen Systems. kurzem nach außen umgesetzt sowie nach und nach dann auch intern. Schließlich wird Dr. Eberhard Goll die Fachkraftgewinnung aus dem Ausland Vorstand Altenhilfe und Pflege
14 AUS DEN REGIONEN GESCHÄFTSBERICHT 2020 Altenhilfe Esslingen Die Häuser der Region: Verschiedene ● Samariterstift Neuhausen ● Dr.-Vöhringer-Heim, Nürtingen Generationen ● Samariterstift im Nachbarschaftshaus, Ostfildern ● Samariterstift Ostfildern In Neuhausen auf den Fildern (Landkreis 393 betreute Menschen Esslingen) steht seit Juli 2020 ein weiteres 411 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Pflegehaus der Samariterstiftung. Die ersten (einschließlich Teilzeitbeschäftigte), 18 Bewohner/-innen waren vom Pflegeheim davon 53 Auszubildende Schroth im drei Kilometer entfernten Nach- ca. 165 ehrenamtlich Engagierte barort Wolfschlugen nach Neuhausen um- gezogen. Der Wechsel von einem älteren 17,306 Millionen Euro Umsatzerlöse Heim, das ausschließlich Doppelzimmer 13,268 Millionen Euro Personalkosten angeboten hat (und damit nicht mehr den heutigen Vorschriften genügte) in den Neubau bedeutete eine große Umstellung. großen Häuser mit breiten Eingangsbereichen und verwinkelten Wegen, mit denen man als Anfangs waren zwei von fünf Hausgemein- Neuling erst nach und nach vertraut wird. schaften bewohnt, im Herbst 2020 öffnete die dritte Gruppe. Inzwischen konnte weiteres Im Alltag freilich wirken sich die Lebensjahre Personal gefunden werden, so dass im August der Gemäuer recht unterschiedlich aus. 2021 nach einer weiteren Qualifizierung von Das Samariterstift im Nachbarschaftshaus Alltagsbegleitungen die vierte 15er-Hausge- und das Samariterstift Neuhausen haben meinschaft in Betrieb geht. Insgesamt 75 Plät- mehrere Hausgemeinschaften, deren Küchen ze bietet das Haus, das mitten in einem neu sowohl von der Lage als auch von der Ausstat- konzipierten „Quartier für Generationen“ er- tung her die Alltagsorientierung optimal för- baut wurde. Die im Samariterstift wohnenden dern. Steht eine Alltagsbegleiterin am Herd, so Menschen verkörpern dabei die ältere Genera- blickt sie in den zentral gelegenen Aufent- tion, während die Nachbarschaft (ein Kinder- haltsbereich und zu den Sofas. Über die Jahre garten, zahlreiche von Familien bewohnte brachten die Hauswirtschaftsleiterinnen viele Reihenhäuser sowie Wohngruppen für Jugend- Anregungen aus der Praxis ein, die zu einem liche) wesentlich jünger ist. „Idealtypus Hausgemeinschaftsküche“ führ- ten, der nun den Fachleuten in der Hauptver- Auch beim Blick auf die Häuser selbst nimmt waltung der Samariterstiftung vorliegt. Sehr man in unserer Altenhilfe-Region Esslingen detailliert wurde die Anordnung und Ausstat- verschiedene Generationen wahr: Da gibt es tung der Geräte fixiert und der Zugang für außer dem Samariterstift Neuhausen (Baujahr Bewohner/-innen erleichtert. 2020) und dem vor zehn Jahren eröffneten Samariterstift im Nachbarschaftshaus (Ostfil- dern-Scharnhauser Park) das Samariterstift Ostfildern im Stadtteil Ruit (Baujahr 1984) und das Dr.-Vöhringer-Heim in Nürtingen-Ober- ensingen (eröffnet 1955). Charme haben beide Haustypen: die moder- nen Einrichtungen, die von Anfang an nach dem Hausgemeinschaftsprinzip mit entspre- chender Raumaufteilung gebaut wurden, ebenso wie die in die Jahre gekommenen
GESCHÄFTSBERICHT 2020 AUS DEN REGIONEN 15 Das Samariterstift Ostfildern und das Dr.- tet werden. Die ersten Ideen dazu stammen Vöhringer-Heim blicken auf eine wesentlich von 2016 und wurden in den vergangenen längere Geschichte zurück. Die ursprüngliche Monaten modifiziert. Durch Fördermittel der Bausubstanz wurde bereits mehrmals verän- Glücksspirale fiel es leichter, den Anfang zu dert und den neuen Konzepten angepasst. machen. Zudem wurden im Haus für einige Aufgaben wie die Erneuerung der Lüftungs- Fenster und Wände neue Vorhänge und technik, Heizungsanlage, Beschattungsmate- Tapeten ausgesucht. rialien tauchen auf und die jeweiligen Lösun- gen stellen sich als sehr kostspielig heraus. Im Samariterstift Ostfildern sind die Handwer- Meistens ziehen sie Folgearbeiten nach sich. ker dabei, einen Friseur- und Fußpflegeraum WLAN lässt sich nur mit Extra-Aufwand reali- zu realisieren. Der Heimbeirat setzte sich stark sieren. Die Herausforderung besteht darin, dafür ein und freut sich auf die neue Wohlfühl- außer den zwingend erforderlichen Baumaß- oase. Wenn demnächst ein geschützter Bereich nahmen auch Renovierungsarbeiten anzuge- eröffnet wird, sind bauliche Maßnahmen beim hen, die dem Haus ein frisches Aussehen ge- Glas-Steg erforderlich, der zum Nachbarhaus ben. Ein guter Maßstab ist dabei, wie Angehö- führt. So kann der angrenzende Dachflächen- rige zukünftiger Bewohner/-innen reagieren, bereich mitgenutzt werden. wenn sie durchs Haus geführt werden: Was spricht sie an? Worauf werden sie aufmerk- Alle „Facelifting-Aktionen“ werden von den sam? Der Blick von außen hilft. Bewohnerinnen und Bewohnern aufmerksamst verfolgt. Baustellen sind per se interessant, Im Dr.-Vöhringer-Heim kann zurzeit die Um- und viele Handwerker begegnen den älteren gestaltung des Haupteingangsbereichs mit Menschen sehr zugewandt. dem Terrassenbereich der Cafeteria beobach- Ulrike Schilling Altenhilfe Reutlingen Die Häuser und Dienste der Region: Kreative Ideen und ● Samariterstift Münsingen ● Samariterstift am Laiblinspark, Pfullingen, fachliche Entwicklung mit SAMARITER Mobil – Ambulante Pflege ● Samariterstift am Stadtgarten, Pfullingen 301 betreute Menschen Mit Schwung und guter Laune sowie Musik 232 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der steirischen Harmonika startete der (einschließlich Teilzeitbeschäftigte), Treffpunkt Kutscherhaus im Samariterstift davon 32 Auszubildende am Laiblinspark mit einem Neujahrs-Früh- ca. 110 ehrenamtlich Engagierte schoppen ins Jahr 2020. Die Corona-Pande- mie stellte uns dann alle ab März vor neue 10,204 Millionen Euro Umsatzerlöse ungeahnte Herausforderungen mit ständig 7,377 Millionen Euro Personalkosten sich verändernden Verordnungen bis hin zu einem sehr belastenden Ausbruchsgesche- hen im Dezember. Gerade deswegen war in den „Piloteinrichtungen“ Samariterstift am es wichtig, verschiedene kleine Highlights Stadtgarten und Samariterstift Münsingen mit für die Bewohnerinnen und Bewohner zu Begeisterung bei den Mitarbeitenden, Bewoh- planen. Viele neue kreative Ideen sind nern/-innen und Angehörigen weitergeführt. dadurch entstanden. Die pflegebedürftigen Menschen entwickelten mehr Selbständigkeit, und auch die Anstren- Zugleich wurde die fachliche Entwicklung gung bei einfachen Bewegungsabläufen wur- fortgesetzt und z. B. das Kinästhetik-Projekt de reduziert. Ebenso wurden positive Auswir-
16 AUS DEN REGIONEN GESCHÄFTSBERICHT 2020 kungen auf die Ernährung festgestellt. Die verminderte Belastung der Mitarbeitenden, sei es körperlich oder psychisch, führte zu mehr Zufriedenheit im Berufsalltag. Alle nahmen an einem Grund- und Aufbaukurs teil. In Kooperation der Pfullinger Stiftung ZEIT FÜR MENSCHEN mit dem Treffpunkt Kutscher- haus war ab September die Ausstellung „Demensch“ mit Cartoons von Peter Gaymann im Samariterstift am Laiblinspark und danach noch in einer Schaufensterreihe in der Stadt- mitte zu bewundern. Zwei Vorträge „Humor Ein Cartoon von Peter Gaymann als Türöffner zur Demenz – Schmunzeln er- laubt“ mit Sylvia Kern von der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft und „Mit Demenz im Alltag leben“ mit Margaretha Bross vom Pfle- gestützpunkt Kreis Reutlingen bildeten das Rahmenprogramm. Der Kontakt zu den bürgerschaftlich enga- gierten Gruppen wurde weiter gepflegt mit Caféstüble-Team, Holzwerkstatt, Angehöri- gengruppe und Steuerungsgruppe der Nach- barschaft, einschließlich der „Hallo-Nachbar- Anrufe“ im Quartier Jahnstraße. mmmm Arbeiten während der ersten Corona-„Welle“ – Margrit Vollmer-Herrmann damals noch mit selbstgenähten Stoffmasken Vor vielen Pflegeheimen fanden das Jahr über Grüße einer Pfullinger Schulklasse während des Zaungast- bzw. Balkonkonzerte statt – so auch Besuchsverbots hier im Samariterstift Münsingen
GESCHÄFTSBERICHT 2020 AUS DEN REGIONEN 17 Altenhilfe Leonberg/Stuttgart Die Häuser und Dienste der Region: Führungsverantwortung ● Samariterstift Höfingen ● Samariterstift am Rathaus, Leonberg gemeinsam tragen ● Samariterstift Leonberg ● Seniorenzentrum am Parksee, Leonberg ● Diakonie-Sozialstation Weissach Die Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglich- ● Otto-Mörike-Stift, Weissach keiten in der Altenpflege sind vielfältig. ● Rosa-Körner-Stift, Weissach Doch es ist gar nicht so einfach, Menschen 704 betreute Menschen in der Altenpflege zu gewinnen, die Füh- 476 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rungsverantwortung übernehmen möch- (einschließlich Teilzeitbeschäftigte), ten. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. davon 53 Auszubildende Einer davon ist sicher, dass alle, die in der ca. 280 ehrenamtlich Engagierte Altenpflege arbeiten, eine sehr hohe Ver- antwortung für schutzbedürftige Menschen 22,332 Millionen Euro Umsatzerlöse tragen. In einer Leitungsposition besteht 16,664 Millionen Euro Personalkosten hier ein hoher Belastungsdruck, den Anfor- derungen gerecht zu werden, da die Res- sourcen – vor allem die Personalressourcen untereinander abstimmen können und wenn – häufig sehr knapp sind. Was also tun? sie nicht miteinander konkurrieren. So kann Jobsharing als Bereicherung und Entlastung Jobsharing kann eine Lösung sein, die es man- erlebt werden. In unserem Projekt ist das sehr chen Mitarbeitenden erleichtert, in Führungs- gut gelungen. verantwortung zu gehen. In den vergangenen Jahren haben wir mit diesem Modell Erfahrun- Während der Corona-Pandemie waren Füh- gen im Rosa-Körner-Stift gesammelt. Zwei rungskräfte in besonderem Maße Ansprech- Frauen teilten sich dort die Stelle der Hauslei- personen für die Ängste, Sorgen und Fragen tung. Das gab einer erfahrenen Kollegin die der Mitarbeitenden, der Bewohnerinnen und Möglichkeit, ihr Wissen gezielt weiterzugeben, Bewohner und der Angehörigen. Sie waren und die weniger erfahrene Kollegin hatte die präsent, mussten viel improvisieren, Unsicher- Chance, schrittweise in die Verantwortung der heiten aushalten und sich immer wieder neu Hausleitungsstelle hineinzuwachsen. orientieren. Umso hilfreicher war es, dass es in allen Häu- Das Modell hat gezeigt, wie wichtig und hilf- sern Strukturen gibt, die es ermöglichen, auf reich es sein kann, wenn man sich gegenseitig Leitungsebene in einem Team zu arbeiten. unterstützt, was Sicherheit und Verlässlichkeit Eine solche Stärkung der Leitungsteams vor bewirkt. Gerade während der Pandemie war es Ort macht es nicht nur leichter, eine Krise auf diese Weise möglich, dass auch Führungs- gemeinsam durchzustehen, sondern gibt kräfte einmal durchatmen konnten, da sie die darüber hinaus Perspektiven, um neue Füh- Arbeit vor Ort und ihre damit verbundenen rungskräfte zu gewinnen. Denn so wird deut- Aufgaben gut aufteilen konnten. So hat dieses lich, dass auch auf Leitungsebene Verantwor- Modell mehr als andere Leitungsstrukturen die tung geteilt bzw. gemeinsam getragen wer- Möglichkeit für Führungskräfte gegeben, etwas den kann. besser „abschalten“ zu können, da die Verant- wortung sich mehr verteilt hat. Darüber hinaus hat sich während der Pande- Deutlich wurde während der Modellphase, mie auch die Zusammenarbeit zwischen den dass Jobsharing nur dann gut funktionieren Hausleitungen in der Region intensiviert, was kann, wenn beide Führungskräfte dies wollen, zusätzlich als unterstützend erlebt wird. wenn sie einander stark vertrauen, die gleiche Haltung und Zielrichtung haben, sich gut Angelika Herrmann
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