Journal - Alltag und seine - Lebensgemeinschaft Eichhof
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Juni 2017 · Ausgabe Nr. 48 J o ur na l Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunktthema: Weitere Themen: 10 Jahre Eichhof-Orchester Alltag und seine verschiedenen Facetten Mein Rentneralltag auf dem Eichhof Ein Zirkus-Theater-Projekt der besonderen Art
Menschen Handwerk Lebensfreude Inhaltsverzeichnis Grußwort von Georg Rothmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Handwerk Schwerpunkt „Alltag und seine verschiedenen Facetten“ Kinder der Franziskus-Schule zu Besuch auf dem Eichhof – Ausflug in die Bäckerei .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Alltag am Kreisel – das Herz des Eichhofs, hier pulsiert das Leben … . . . . . . 4 Wer sind die KÜ/SER auf dem Eichhof? .. . . . . . . . . . . . . . . 31 Aus dem Alltag aussteigen, Produktionsschritte Kraft für den Alltag bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 der Zubereitung eines gemischten Salats . . . . . . . . . . . . . 32 Ein Samstag in der Wohngruppe Haus 3 . . . . . . . . . . . . . . 6 Naturbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Das „Bewohnerteam“ in Haus 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Lebensfreude Orientierung auf einen Blick – Unsere Tafel in Haus 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Immer wieder samstags im Café des Eichhof-Bioladens … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Der Alltag – Fluch oder Segen!? .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Aus der Schreibwerkstatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Alltag eines BeWo-Betreuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Menschen Auch Arztbesuche gehören dazu – Alltag in Haus 2 . . . 13 „Wo ist denn der Tiger?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Alltag – Was ist das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Verantwortung zwischen Fürsorge Elf Tage Alltag – FSJ auf dem Eichhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 und Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Mein Rentneralltag auf dem Eichhof .. . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Rhythmische Einreibungen nach Wegman / Hauschka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Haus 9 ist kein Hotel … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Abschied von Tim Kluge-Wilkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Haus 10 „op jück“ .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Die Eröffnung des Friedgartens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Alltag im Förderbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Zehn Jahre Eichhof-Orchester! .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Der strukturierte Arbeitsalltag eines Beschäftigten in der Kreativwerkstatt . . . . . . . . . . 24 Lebensfreude Alltag und Freizeit(koordination), „Immer jood drop!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 wie verträgt sich das? .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Ein Zirkus-Theater-Projekt der besonderen Art .. . . . . . . 52 Der Bewohnerbeirat zum Thema Alltag .. . . . . . . . . . . . . . 26 Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 „Es könnt’ alles so einfach sein, ...“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Impressum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Der Panorama-Park-Ausflug … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Menschen Handwerk Lebensfreude Grußwort von Georg Rothmann „Der Alltag frisst mich auf, …“ … mag so mancher von uns gelegentlich denken. Denn der Start in den Tag beginnt oft schon mit dem ungeliebten Wecker. Danach folgt oft der tägliche morgendliche Ablauf, den die meisten von uns vor ihrem Arbeitsbeginn schon erledigen. Aufstehen, waschen, anziehen, schnell mit dem Hund raus, frühstücken, den Tisch abräumen und die Küche aufräumen. Zwischendurch Zähneputzen, das Pausenbrot nicht vergessen und eventuell meinem Nachbarn helfen oder noch schnell einen Kollegen abholen und zur Arbeit begleiten. Es folgen der Arbeitsalltag und danach die kurze Phase von freier Zeit. Aber auch die Freizeit ist bei vielen von uns geplant. Dazu gehören soziale, kulturelle und sportliche Betätigungen genauso wie der Haushalt, die Wäsche, der Einkauf, der Arztbesuch und vieles mehr. Im Tages- und Wochenrhythmus bildet der Alltag durch sein wiederholendes Muster eine hilfreiche Struktur und Orientierung. Doch meist nehmen wir ihn nicht mehr als etwas Besonderes wahr. Das Wochenende, die Feiertage, die Festtage und Urlaubstage bilden den Gegensatz zum Alltag. Auf sie freuen wir uns oft Tage und sogar Wochen vorher. In dieser Ausgabe des „Eichhof Journal“ haben wir den Alltag als unser Schwer- punktthema in den Vordergrund gerückt. Bei der Vorbereitung innerhalb der Redaktion hatten wir mit einer Hand voll Artikeln zu diesem Thema gerechnet. Doch der Alltag auf dem Eichhof ist sehr voll, und so finden Sie nun 18 Einblicke in scheinbar Alltägliches. Sie erleben Menschen, die sich fragen was Alltag überhaupt ist. Andere wiederum fragen sich, „ist er Fluch oder Segen?“. Einige berichten, dass sie den Alltag schön finden und ihn sehr brauchen. Die Wohngemeinschaft aus Haus 10 versüßt sich den Alltag mit der Planung des nächsten Ausflugs. Ein Rentner berichtet über die Freiheit, seinem Alltag einen persönlichen Rhythmus geben zu können und scheint seine Mitte gefunden zu haben. Mit Hilfe des Glaubens steigen einige aus ihrem Alltag kurz aus, um daraus Kraft für den weiteren Alltag zu sammeln. Halten Sie Ihren Alltag für einige Zeit an und lesen Sie, wie es anderen mit ihrem Alltag ergeht. Dabei wünsche ich Ihnen viel Freude. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 3
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Alltag am Kreisel – das Herz des Eichhofs, hier pulsiert das Leben … von Carola Fabrizius und Bernhard Tebbe Was bedeutet dir der Kreisel auf dem Eichhof? Davina M.: „Es ist ein schöner Kreisel, der blüht. Da kann man sich gemütlich Heinke S.: „Den finde ich gut, den Kreisel. Dass man zusammen hinsetzen und quatschen.“ zwischendrin Pause machen kann oder einfach am Kreisel sitzen kann, das finde ich super!“ Jens H.: „Zum Treffen in der Gruppe, wenn Ausflüge anstehen. Bin da in Joana T.: „Cool! Kann ich mich meiner Pause, wenn ich länger drau- mit meinen Freunden unter- ßen bleibe, wenn ich nach der Arbeit halten; Treffpunkt ausmachen. meine Freunde da sitzen sehe.“ Dann höre ich noch Musik an dem Kreisel mit meinen Kopf- hörern. Kaffeekränzchen wäre schön. Oder auch mal grillen.“ Katja L.: „Da ist der Maibaum – so schön geschmückt! Kannst dich mit Leuten unterhalten. Frische Luft holen. Der ist schön sauber. Kannst auch sitzen und Leute beobachten.“ Lena S.: „Der ist sehr schön, der Kreisel! Mit den Bänken, Peter F.: „Ich höre zu. Wenn dem Baum …“ gebaut wird, schaue ich zu.“ Philipp B.: „Ich find den gut. Ja.“ Ralf B.: „Nach Feierabend sitzen wir viel am Kreisel; weil es gesellig ist, wenn einige da sitzen.“ Thomas B.: „Da sitzen die Menschen vom Eichhof und unterhalten sich oder sit- zen rum und genießen das Wetter, wenn das schön ist. Und sie hören Vögel, wenn mal welche im Baum sitzen. Wenn Veranstaltungen sind, ist da der Treffpunkt!“ 4 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude Aus dem Alltag aussteigen, Kraft für den Alltag bekommen von Annette Brittner » gefreut. Die Sonne schien, die Vögel Wie glücklich ist ein Mensch, zwitscherten. der Freude findet an den Weisungen des Herrn … « Er gleicht einem Baum, der am Wasser steht; Es hat gut getan, zusammen unter Jahr für Jahr trägt er Frucht. dem Baum zu sitzen, miteinander zu singen und zu beten. Ein bisschen wie Urlaub im Alltag. Und am nächs- Mit diesen Worten aus dem 1. Psalm Frau Wüst überlegte mit uns, was es ten Tag mit Kraft und Segen wieder haben wir die Andacht mit Pfarrerin bedeutet, wenn wir Früchte tragen: arbeiten zu gehen. Das ist schön! Katrin Wüst begonnen. Und saßen ❚❚ Musik machen – und andere kön- dabei am Eichhof-Kreisel, unter dem nen dazu singen oder tanzen bunt geschmückten Maibaum. Wir ❚❚ Zuhören – und der andere kann haben uns hingestellt, die Arme nach erzählen, wird getröstet, wenn er oben gestreckt – und waren ein biss- traurig ist. chen wie Bäume: Fest auf der Erde Dann gab es Seifenblasen! Wir ha- stehend, im Wind sich hin und her ben zugeschaut, wie sie zum Him- bewegend. mel gestiegen sind und uns darüber Termine der nächsten Andachten … … finden jeweils um 19 Uhr im Gemeinschaftsraum in Haus 11 statt. 20. September 2017 18. Oktober 2017 15. November 2017 13. Dezember 2017 Jeder ist herzlich eingeladen!z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 5
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Ein Samstag in der Wohngruppe Haus 3 von Linda Wulfert Der Jahreszeitentisch Ostern 2017 s ag Warten , tt s Also Frühstücken r mi auf das Frühstück ag ge rn e Vo it t das m ac he ich Philipp Krämer m Vo r Sebastian Flohe ag s Also, it t gs Einkaufsli rm Zimmer putzen und i tta ste erstell Vo rm en dann noch staubsaugen Vo Philipp Krä ch Sebastian Flohe mer gs Miles ist zu Besu gs Ich a p Krämer tta it t Ph ilip Mi r m Vo bine - Malen mit Sa er - ch g s Philipp Kräm ch s Naittag Also, das ist mein N a it t a neues blaues Fahrrad - Besuch bei den Kühen m ch g s m Naitta Philipp Krämer Sebastian Flohe m 6 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude gs it t a Also, rm Zimmer s Stühle hochstellen Vo putzen u gs Küchenmeister ag da n n noc nd i tta it t gehört zum Samstag h staubs rm rm augen Vo David Guthau sen Vo Sebastia Sabine Häkes n Flohe bby - Zeichnen ist ein Ho s Da habe ich de ch g s Sabine Häkes t t ag n Tisch Naitta Mi für das Mittag essen m kann das allein s Ich habe die Schälchen gedeck t e ag Desiree Herrm ann it t aus dem Schrank geholt M Claudia Hochm Claudia Hochmuth uth - ch s Das ist mein Gartenbau Naittag m Christiane Groell ch - - ch g s Spazierengehen Nattags Freizeit Naitta m i draußen v war schön erb ringen m Christiane Groell David Sch und Dav id Schoneweg oneweg Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 7
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Das „Bewohnerteam“ in Haus 7 von Beate Altenhenne In Haus 7 gibt es seit 2012 regelmäßige Treffen der Bewohnerinnen und Bewohner roten Ball hat. Dies macht das Zuhö- zur Bewohnerteamsitzung, kurz Bewohnerteam genannt. ren, Ausredenlassen und Sprechen in Die Termine der Treffen werden im im Vorfeld allen Bewohnerinnen und der Runde leichter und jeder hat reih- Bewohnern bekannt gegeben und fast immer nehmen alle an den Treffen teil. um die Gelegenheit sich zu äußern. Anfangs fanden die Treffen nach der Jeder hat die Möglich zu sagen, wie es Auf der Tagesordnung stehen Kaffeerunde statt bis ein Bewohner ihm geht und ob er sich gut oder nicht Themen wie zum Beispiel: die gute Idee hatte, dass wir Kaffee- so gut in der Gruppe fühlt. Wir versu- ❚❚ Das Protokoll vom letzten Bewoh- trinken und Reden doch miteinander chen Konflikte oder Probleme zu be- nerteam verbinden könnten. Seit dem treffen sprechen und kurzfristige Lösungen ❚❚ Aktuelle Themen die den Eichhof wir uns jeden vierten Dienstag beim zu finden. In der Runde benutzen wir oder unser Haus betreffen Kaffeetrinken und reden über be- einen roten Ball, der von Person zu ❚❚ Regeln im Umgang miteinander stimmte / aktuelle Themen oder über Person weitergereicht wird. Es spricht ❚❚ Was ist Gewalt? Umgang mit Ge- Probleme innerhalb der Gruppe. immer nur die Person, die auch den walt ❚❚ Freizeitplan: Was wollen wir erle- ben? Ideensammlung ❚❚ Urlaubsplan: Wohin fahren wir? Mit Bus, Zug oder Auto? Zimmer- aufteilung ❚❚ Wir Brunchen: Wer möchte was essen? ❚❚ Veränderungen und Anschaffun- gen in Haus 7 Die Bewohnerteamsitzung in Haus 7 wird als wertvolle Bereicherung für das gemeinsame Miteinander emp- funden. z 8 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude Orientierung auf einen Blick – Unsere Tafel in Haus 7 Tagesstruktur sicht- und greifbar gemacht mit Hilfe einer Magnettafel von Ursula Wodicka Alltag bedeutet Freunde treffen, Hobbys nachgehen. Aber auch, Frühstück machen, den Müll rausbringen und Betten beziehen! Es gibt also viel zu tun! Wie packen wir es an? Mit Planung! Und dafür haben wir in Haus 7 unsere Magnet tafel. Diese wird täglich, direkt nach dem Abendbrot und mit Unterstüt- zung aller Bewohner aktualisiert. Jeder hat auf unserer Tafel seinen Platz, erkennbar am jeweiligen Foto. So ist für jeden Bewohner und jede Bewohnerin unserer Wohn- gruppe zu erkennen, wie sein / ihr Tagesablauf aussieht, sowohl die Aufgaben als auch die vergnüg- lichen Termine mit Hilfe entspre- chender Fotos oder handgemachter Piktogramme. Bei der täglichen Aktualisierung un- serer Tafel ist zu beobachten, dass die Bewohner und Bewohnerinnen diese sehr aufmerksam verfolgen und auch mitgestalten. Keine Auf- gabe wird vergessen, auf das Er- scheinen der Freizeitaktivitäten wird größten Wert gelegt. Wird mal ein Foto vergessen, so kann man sicher sein, dass es auffällt und auf Kor- rektur bestanden wird. Auch wird darauf hingewiesen, wenn die Aktu- alisierung der Tafel Verspätung hat. Und das ist auch gut so. Die Mag- nettafel gibt Orientierung auf einen Blick. Nicht zuletzt bietet sie täglich Gelegenheit Aufgaben- und Ange- botsplanung zu überdenken und ge- gebenenfalls neu zu gestalten. So ist dieses Planungswerkzeug zu einem festen Bestandteil unseres Tagesab- laufs geworden. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 9
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Der Alltag – Fluch oder Segen!? von Stephan Bamberg Spätestens, wenn wieder der Wecker klingelt und ich die Augen öffne, Aber: Kein Alltag ohne Feier- / Ur- dann ist er wieder da: Mein ständiger Begleiter, mein Alltag. laubstage und umgekehrt. Oft sind Wie das Murmeltier grüßt er mich täglich wieder aufs Neue! wir sogar ein wenig froh, wieder in den „grauen“ Alltag zurückkehren Und jeden Morgen muss ich mich Alltag wird jedoch von den aller- zu können. Und: Ist der Alltag wirk- wieder derselben Frage stellen: Mit meisten Menschen synonym ver- lich immer nur gleich, oder kann ich welchen Gefühlen werde ich diesen wendet mit z. B. dem Werktag oder es schaffen, mir im Alltag eine kurze neuen Tag angehen? Bringt er mir dem Arbeitstag. Davon unterschei- Zeit der Abwechselung zu nehmen, wieder das tägliche Einerlei, den All- det sich dann der Samstag / Sonntag in der ich dann „schöne“ Dinge tun tagstrott, und fühle ich mich dann oder, in besonderer Weise, der Fei- oder erleben kann. Kann ich offen wie in einem Hamsterkäfig gefangen ertag und der Urlaubstag. Der eine sein für plötzliche, unerwartete Mo- oder wie in einer Tretmühle? Oder steht für den gleichförmigen, lang- mente in meinem Alltag, für Mo- aber kann ich dem heutigen Tag weiligen und als aufgezwungenen mente der Selbstbestimmung? doch irgendwie auch etwas Positives Tages-, Wochen- und Jahresverlauf, Alltag kann also als Fluch oder Segen abgewinnen? Im Sinne von einem die anderen stehen für das aussche- angesehen werden, je nachdem, wie gleichmäßigen, gewohnt-bekannten ren können und der gänzlich frei ge- man ihn am Morgen betrachtet, aber Ablauf in meinem täglichen Leben. staltbaren Abwechslung. Alltag ist immer kommt es auf die innere Hal- Alltag so betrachtet, also als struk- also umso schwerer zu ertragen, je tung an. z turgebend, als eine Art „Leitplanke“, höher der Grad der Fremdbestim- die mich auf geradem Kurs hält! mung ist. Hallo Eichhof, Alltag ist schön! hier ist UKW 100,4, WDR 2 von Severin Steinmeier und Stefan Bamberg Den Alltag als positive Tagesstruktur zu betrachten Stefan: Lieber Severin, im ist für manche Menschen sehr hilfreich und sogar nächsten Eichhof-Journal unbedingt notwendig. im Sommer möchten wir Unser Bewohner Severin Steinmeier äußert sich dazu ganz viele verschiedene Sachen über den Alltag schreiben. in einem kurzen „Interview“ folgendermaßen: Ich möchte Dir auch gerne 4 Fragen zum Thema Alltag stellen: Weisst du was mit Alltag gemeint ist? Severin: Arbeiten, Freizeitgestal- tung, Besuchswochenende, immer dasselbe. Stefan: Was gehört denn zu Deinem Alltag? Severin: Dienstag Walken, Reiten, Spülmaschine einräumen, Kompost, Aufgaben machen. Stefan: Was ist für Dich schön am All- tag? Severin: Krankengymnastik ist schön, Radio hören WDR 2, Haus 11. Stefan: Was ist für Dich doof am All- tag? Severin: Wenn der Kollege mich är- gert, wenn ich krank bin. Stefan: Severin, vielen Dank für das Gespräch! z 10 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude Interview zum Thema Alltag in Haus 11 mit Julia Reppermund Weißt du, was All- Alltag in anderen Häusern auf dem Wie gefällt dir der Alltag in Haus 11? tag bedeutet? Eichhof? Julia: Gut, weil man verschiedene Julia: Das ist das, Julia: Die Übernachtungen. Hier ha- Sachen machen kann und weil man was ich jeden Tag ben wir den Hobbyraum und es kom- telefonieren kann. mache. men immer viele Gäste. Kannst du deinen Alltag in Haus 11 beschreiben? Was machst du täglich in Haus 11? Julia: Aufgaben, Filme gucken, Schla- fen, Essen und Kaffee trinken, Musik hören, Freunde treffen, Spielen, An- ziehen, mich waschen. Was würdest du sagen, was ist am Alltag in Haus 11 anderes als am Alltagsimpressionen aus Haus 11 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 11
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Alltag eines BeWo-Betreuers von Annette Brittner Es ist Montag, das Wochenende war frei. Ausgeruht und mit viel Schwung mer wieder kommt es vor, dass ich starte ich in die neue Woche. Da werde ich bereits am Auto begrüßt, auf dem Weg dorthin aufgehalten kaum, dass ich auf dem Eichhof angekommen bin. werde, um nur mal eben eine kurze Und erhalte die neuesten Nachrichten der vergangenen zwei Tage … Frage zu beantworten. Schon er- reicht mich eine SMS von C. mit der Auf dem Weg ins Büro kommen mir Der Vormittag ist halb vorbei, be- Frage „Wo bleibst Du?“ Also geht’s die nächsten Klienten entgegen; vor ich wieder in meinem Büro bin im Laufschritt weiter, denn natürlich erstmal wird ein Schwätzchen gehal- und mich an den Schreibtisch set- hat jeder ein recht auf die verein- ten über die persönliche Befindlich- zen kann: Mails beantworten, Do- barte Betreuungszeit. Und das wird keit des einzelnen, über das Wetter kumentation der letzten Tage lesen, benötigt: Unterstützung beim Auf- und die Ausflüge, die am Wochenen- Post durchsehen, Hilfepläne be- räumen und Putzen, Erledigung der de unternommen wurden … arbeiten … Und zwischendurch Tele- Wäsche, Zubereitung einer Mahlzeit, Eine halbe Stunde später bin ich dann fonate führen, Arzttermine verein- Einkaufsplanung und vor allen Din- im Büro angekommen, der PC wird baren, mit Kollegen etwas klären, gen Gespräche, das heißt Beratung, eingeschaltet, ich beginne, in Ruhe regelmäßig auch eine Sitzung oder Trost, Zuspruch, Problemlösung, die ersten Mails zu lesen, da klingelt Konferenz. Freude über Gelungenes usw. auch schon das Telefon. Ein besorg- Manchmal zur Frühstückspause, spä- Manchmal sind es nur zwei Klienten, ter Vater ruft an, erste Fragen wer- testens aber zur Mittagszeit schauen die besucht werden, an manchen den geklärt. Danach melde ich mich einzelne Klienten vorbei, erzählen Nachmittagen aber durchaus auch bei dem Klienten, dem es laut Aus- kurz von der Arbeit, haben sich viel- vier oder fünf. sage des Vaters gestern gar nicht gut leicht über einen Kollegen geärgert, ging. Zum Glück handelte es sich nur wollen erfahren, ob es bei den ver- Wenn ich mich dann irgendwann um eine kleine Magenverstimmung, einbarten Betreuungszeiten am erschöpft auf den Heimweg mache, die Nacht war gut und der Bewohner Nachmittag bleibt, oder auch nur Ta- winkt mir garantiert noch irgendein kann wieder fit zur Arbeit gehen. schengeld holen. An konzentriertes Bewohner zu und wünscht mir ei- Aber erstmal treffen sich die Be- Arbeiten ist oft nicht mehr zu den- nen schönen Feierabend. Auch wenn wohner und Mitarbeiter beim Mor- ken, denn bald schon kommen die nicht alles geschafft wurde, fahre genkreis – und dort sind einige, die ersten BeWo-Mitarbeiter zum Dienst, ich doch mit dem guten Gefühl nach schon auf mich gewartet haben. Ich um die Bürozeit für Schreibarbeiten, Hause, auf dem Eichhof willkommen freue mich natürlich, so freudig be- Telefonate, Austausch und / oder Be- zu sein und eine ganz besondere Ar- grüßt zu werden und nach dem Mor- ratung mit mir zu nutzen. beit tun zu dürfen. genkreis noch die eine oder andere Am Nachmittag warten die Klienten So freue ich mich schon wieder auf Neuigkeit zu erfahren … in ihren Wohnungen auf uns. Im- den nächsten Tag! z 12 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude Auch Arztbesuche gehören dazu – Alltag in Haus 2 von Kai Maltzen Das Thema Alltag umfasst auch bei uns viele Facetten. Die Freizeitgestaltung gehört natürlich dazu, auch muss der Haushalt in Ordnung gehalten und Mahlzeiten zubereitet werden. Es gibt einen weiteren Aspekt, der in letzter Zeit mehr und mehr Raum einnimmt und – ja – mittlerweile auch zu unserem Alltag gehört … es geht um die Arztbesuche. Darauf möchte ich nun näher eingehen. Man macht sich keine Gedanken da- fen, kann der große Tag rüber, was alles zu einem solchen kommen. Wir begleiten Besuch dazugehört. Es fängt schon Bettina Knieps auf ihrem an mit der Frage: Wie kommen wir Weg zu einer Routine- hin? Klassischer Weise nimmt man untersuchung bei der das Auto: Doch im Detail wird es Hausärztin. Manchmal ist Muskelkraft gefragt. knifflig. Ist das gewünschte Eichhof- 08.00 Uhr: Das Pro Fahrzeug noch frei? Ist überhaupt blem mit dem Transport haben wir von den Johannitern und überneh- noch eins frei? Und wenn noch eines in dem Fall so gelöst, dass wir einen men den Transport. Zuhause ange- frei ist: Passt das Fahrzeug zu mir? Krankentransport verordnet bekom- kommen verabschiedet sich Bettina Ist es ein großer Bus? Hat es Auto- men haben. Pünktlich kamen also Knieps ganz herzlich von den beiden: matik oder Gangschaltung? Finde zwei nette junge Leute und holten „Auf Wiedersehen!“ ruft sie immer ich mit dem Bus einen Parkplatz uns ab. Eine Kollegin begleitete den wieder und „Das war schön!“. Nor- beim Arzt? Transport zur Ärztin. Dort wurde die malerweise würde sie jetzt in die Wenn diese Fragen dann beant- Untersuchung durchgeführt. Glückli- Werkstatt gehen, aber heute hat sie wortet sind, geht es an die weite- cherweise gibt es bei der Ärztin nur sich Urlaub für den Rest des Tages ren Schritte der Organisation: Das eine Treppenstufe, die kann auch genommen. Ganz sicher ist sie aber Fahrzeug wird gebucht, die Werk- Bettina Knieps mit Assistenz über- nicht und fragt deshalb mehrfach statt informiert. Was noch? Müssen winden. Daher reicht heute auch die nach: „Schule?“ (Sie meint damit die Therapien oder andere begleiten- Begleitung einer Mitarbeiterin. Sonst Arbeit). Nein, heute nicht mehr ar- den Maßnahmen abgesagt werden? fahren häufig zwei MitarbeiterInnen beiten. Keine Schule! Absprache mit den gesetzlichen Be- mit. Außerdem ist ihr die Ärztin gut 11.30 Uhr: Bettina Knieps ist versorgt treuern? Wer wird den Arztbesuch bekannt und sie lässt eine Untersu- und hat sich in ihr Zimmer zurück- begleiten? Der Bezugsbetreuer? chung zu. Nachteil des Ganzen: Die gezogen. Nun wird der Arztbesuch Oder die medizinische Fachkraft? Anfahrt zur Praxis dauert etwas, im- noch nachbearbeitet. Das heißt die Oder die Rufbereitschaft, aber wer merhin muss bis Bonn gefahren wer- Dokumentation wird geführt, die ge- übernimmt dann an deren Stelle die den. setzlichen Betreuer (Gesundheitsfür- Rufbereitschaft? Das „Begleitformu- 09.30 Uhr: Vor Ort müssen dann noch sorge) und die Werkstatt informiert … lar Arztbesuch“ muss noch ausge- die entsprechenden Dokumente aus- sind Medikamente zu bestellen? Der füllt werden, aus dem hervorgeht, gefüllt werden: Ein weiterer heikler Informationsfluss an alle Kollegen was bei dem Arztbesuch erledigt Moment. Wird der Arzt die Verord- muss auch gesichert werden. Daher werden muss, welche Dokumente nung so ausfüllen, dass sie unseren noch mal Kontrolle, ist der Eintrag un- benötigt werden, wie die Anschrift Ansprüchen genügt? Oder weigert er ter „Arztbesuche“ nachvollziehbar, des Artes lautet … sich, sich unserer Dokumentation zu ist die neue Medikation auf den dafür An alles gedacht? Nein, der Eintrag widmen? In diesem Fall gibt es keine vorgesehenen Blättern eingetragen. im Kalender fehlt noch. Und auch in Probleme. Sogar die Blutabnahme 12.00 Uhr: Geschafft! Nun kann der der Vorlage für die Tagesordnung gelingt. Ein guter Tag Alltag wieder seinen Lauf nehmen; der nächsten Teambesprechung. 10.30 Uhr: Nun folgt die Rückfahrt. obwohl: Der Arztbesuch gehört ja Sind dann alle Vorkehrungen getrof- Wieder kommen die netten Leute auch zu dazu. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 13
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Alltag – Was ist das? von Norbert Liffmann Ist es heute noch zeitgemäß über Alltag zu sprechen? Gerade in unserer Zeit? auch das Gefühl von Zugehörigkeit, Leuchtturmprojekte allenthalben, immer wieder Neuerungen und Veränderungen damit auch Zufriedenheit mit dem in einem Tempo, dass einem schwindelig werden lässt. So-sein. Aber: Es gibt unterschied- liche Schwingungsmuster, die ge- Viele haben Angst, nicht das Neues- schnell im Wartezimmer noch eine wertschätzt werden wollen. So gibt te zu haben, nicht hip genug zu sein, New-Age-Zeitschrift lesen. es etwa „Lerchen“ und „Eulen“, die etwas zu verpassen. Auch ihre Kin- Was ist Alltag? Und welchen Wert hat Frühaufsteher und die Lange-wach- der müssen da mit, sonst plagt das Alltag? Heute leben wir viele Indivi- Bleiber. schlechte Gewissen. Unvorstellbar dualitäten, die viel Flexibilität erfor- Das Gegenteil von Ruhe und Bewe- scheint es für manche Menschen, dern und so manchen überfordern. gung sind Bewegungslosigkeit und dass man dieses Jahr noch nicht in Wissenschaftlich erwiesen ist jeden- Unruhe. Zwei Phänomene unserer Urlaub war und das Bedürfnis nach falls: Langeweile, dass ist der Pool heutigen Lebenswelten, die viele Ruhe und Gleichklang im eigenen aus dem die Kreativität kommt. Die Menschen mit und ohne Behinderung Gartenstuhl befriedigt, was so man- Ruhephasen sind wichtig, um dem in Unsicherheit und Chaos stürzen. Alexandra Berger, Jens Hehemeyer Jens Hehemeyer beim Weben chen Konsumjüngern zumindest an- Geist Erholung zu geben. Rituale Der Akt der Ruhe ist etwas beson- rüchig erscheint. Und plötzlich ent- wiederum geben Halt, Orientierung deres, etwas außergewöhnlich Kost- steht ein neues Symptom: Der Frei- und Sicherheit. Sie helfen einem da- bares! Wir wissen das alle - in Zeiten zeitstress! bei, durch den Tag, die Woche, das „verdichteter“ Arbeitswelten. Yoga und Ayurveda, Entspannung Jahr zu kommen. Ruhe sollte seinen Platz finden in und Natur für sich entdecken, da- Bewegung und Ruhe gehören un- unserer gemeinsamen Lebenswelt. gegen ist nichts einzuwenden. trennbar zusammen. Daher ist es Einige Menschen auf dem Eichhof Scheinbar findet hier das Bedürfnis für uns in Haus 6 wichtig, die Din- formulieren ihr Bedürfnis nach ei- nach Ruhe und Erfüllung einen Aus- ge in dem Bewusstsein zu tun, den nem solchen Ort der Ruhe so: „Ich druck, der zudem noch trendy ist. richtigen Rhythmus für jeden Men- brauche eine Kapelle, wo ich beten Und eventuell klebt man sein neues schen zu finden und ihm buchstäb- kann!“, sagt etwa Jessica Wilbrandt. Sich-bewusst-sein noch eben zwi- lich Zeit und ein Gefühl von „In- Nach der Arbeit gibt’s in Haus 6 Kaf- schen Arbeits- und Freizeitstress und der-Welt-sein“ zu schenken, damit fee. Obst wird dazu aufgeschnitten. 14 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude Wir kennen das: Der Apfel schmeckt nix mit den Leuten gemacht!“ Wel- Alltag, das ist auch die Veränderun- am besten, wenn ihn ein anderer für cher unglaubliche Irrtum in Bezug gen in der Gruppe wahr zu nehmen, uns entkernt und klein schneidet. auf das eigene Tun! Alltag das ist das das Altern zu entdecken und sich Dabei wird erzählt, was am Tag noch Geschenk von Gleichklang mit der damit auseinander zu setzen. Sich passiert, wer zu welchem Kurs geht, Welt! Alltag, das ist die grandiose Si- zu fragen, wie wir nicht nur in der wer heute badet, was in der Werk- cherheit des Bekannten! Gruppe sondern darüber hinaus auf statt los war… Und einer redet für Aber, so ist es nun einmal, wenn man dem ganzen Eichhof die Räume für die, die nicht reden können. Tobias sich den Dingen bewusst nähert, erst die Menschen schaffen, die mehr Kirchner freut sich immer sehr, wenn dann erkennt man deren Wert! Und Zeit für alles brauchen und mehr Hil- man berichtet, was er getan oder er- vielleicht auch das Potential was hier fen benötigen, um ihre Rhythmen lebt hat. Nicht alle sind da, aber auch schlummert! zu finden. Alltag ist auch die Fähig- das gehört zum Alltag. Das Alltagsgespräch mit den von keit, dem Gebrechlichwerden Raum Beim Abendkreis sind es meist die- uns betreuten Menschen kann zum zu geben und es anzunehmen, viel- selben Menschen, die beispielswei- Fest geraten. Der Eichhof selbst bie- leicht auch sich zu verabschieden, se Thomas Garny beim Gitarrenspiel tet Dinge, die man genießen kann. von Menschen, denen wir nicht das lauschen und singen. Edith Jammers Wenn ich Besuch habe, und Kinder bieten können, was sie jetzt brau- liebt: „Ein Bett im Kornfeld!“ und dabei sind, gehen wir zu den Zie- chen. Sie aber nicht allein zu lassen trinkt ihren Tee dazu. Jens Hehemey- gen, den Kühen, den Hühnern und bei ihrer Suche nach einem neuen er wiegt versunken den Kopf zum den Bienen. Die meisten Eichhöfler Ort. Olga Sikorski bewundert eine Blume Olga Sikorski und Tobias Kirchner nach dem Spaziergang am Sonntagnachmittag Rhythmus der Musik und Alexandra wissen gar nicht, dass es hier Bie- Alltag kann leider auch sein, Ver- Berger singt lautstark mit. nen gibt! Wie interessant, dem regen änderungen zu verschlafen und an Tobias Kirchner schätzt es beson- Treiben der Insekten zuzusehen. Dingen fest zu halten, die nicht mehr ders, wenn der Tag seinen gewohn- Alltag, dass ist gemeinsam Dinge passen. ten Lauf nimmt. Für ihn ist es schwie- fürs Essen auf dem Markt und beim Eins sollte uns klar sein: Den All- rig zu verstehen, dass am Wochen- Fleischer einkaufen und dann zu- tag wieder zu entdecken, hilft uns ende die einen zu ihren Eltern gehen, sammen kochen. Das ist eine ganz vielleicht, zufriedener zu sein, mit die anderen nicht. Wochenende, das besondere Form des „Urlaubs ohne dem was ist. Alltag heißt nie Bewe- ist für ihn sowieso eher Stress! Wenn Koffer“, die für einige Menschen in gungslosigkeit sondern die Sensibi- er montags in die Werkstatt „darf“, der Gruppe mittlerweile mehr passt lität zu haben, den richtigen Rhyth- ist die Welt wieder in Ordnung! als die „großen“ Ausflüge nach Köln mus zu finden und der ändert sich Alltag, das ist für so manchen Be- oder Bonn zum Shoppen oder in den manchmal unmerklich wie die Jah- treuer das Gefühl: „Wir haben ja gar Zoo. reszeiten. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 15
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Elf Tage Alltag – FSJ auf dem Eichhof von Lia Graben Für mein Freiwilliges Soziales Jahr muss keine Wechselschichten ma- (FSJ) habe ich mir den Eichhof als Ar- chen. Tagsüber unterstütze ich ihn beitsplatz ausgesucht. Ich unterstüt- bei seinen Einkäufen und Botengän- ze die Betreuung der BewohnerIn- gen und begleite ihn zum Mittages- nen in Haus 8 mit einer 40 Stunden- sen. Nach und nach „trudeln“ dann Woche im Schichtdienst. Ich nehme die anderen BewohnerInnen nach auch an externen Seminaren teil, in ihrem Feierabend ein, und ich werde denen ich mich mit den Seminarlei- mit „Schöne Frau!“, „Hallo Lia!“ oder tern und anderen FSJlern austausche. „FC gewonnen!“ begrüßt. Nach dem Da ich aus Paderborn komme, wohne ersten Spätdienst der Woche geht ich jeweils für 11 Tage auf dem Eich- es dann im Dunklen ins Kiwanishaus hof im „Kiwanishaus“, gemeinsam und es heißt: Koffer auspacken. Sind mit weiteren FSJlern. Während die- die Sachen aber erst einmal ver- ser Zeit arbeite ich viel, damit ich ein staut, bin ich wieder endgültig ange- langes freies Wochenende und mög- kommen, und es ist Zeit, sich im Haus lichst viel Zeit mit meiner Familie in umzugucken, wer von meinen drei Paderborn verbringen kann. Nach Mitbewohnerinnen und dem einen den langen Wochenenden kehre ich Mitbewohner noch nicht am Schla- nie früher) das Haus verlasse, ist das erst montags wieder zurück in mei- fen ist oder noch eine Stunde arbei- für mich einer der schönsten Augen- ne „zweite Heimat“. Den anstren- ten muss. blicke des Tages und meiner Arbeit: genden Fußweg (mit Gepäck) von Am Dienstagmorgen klingelt dann Egal ob dunkel und kalt im Winter der Bushaltestelle ins Kiwanishaus in aller Frühe mein Wecker. Um 5.40 oder dämmrig und mild im Sommer, unterbreche ich für einen Zwischen- Uhr öffne ich meine Zimmertür und draußen kann man jetzt allerhöchs- stopp im Haus der Begegnung zum stehe praktischerweise direkt in der tens das Zwitschern der Vögel hören Mittagessen. Nach Reis mit Gemüse WG-Küche, wo der erste Weg zum und ich liebe diese Ruhe auf dem noch schnell den Koffer im Kiwanis- Radio geht. Bei den Nachrichten des Eichhof. In Haus 8 angekommen wird haus abgestellt und gleich los zum Tages und einer Scheibe Brot werde geweckt und schon bald sitze ich mit ersten Spätdienst in Haus 8. Meine ich dann so langsam wach. Wenn ich einer Tasse Tee am großen Esstisch Dienste dauern immer acht Stunden. wie immer kurz vor knapp (ich ent- beim gemeinsamen Frühstück und „Dank“ unseres Rentners sind diese schuldige mich an dieser Stelle aus- wundere mich, wie man schon kurz Tagdienste für mich möglich, und ich drücklich, aber ich schaffe es einfach nach dem Aufwachen so viel Energie haben kann wie unsere BewohnerIn- nen. Nach der folgenden Pflege, die meist wie im Flug vergeht, bringe ich einige der Bewohner hinunter in die Werkstatt. Der Frühdienst ist zu Ende und geht direkt in den Tagdienst über. Jetzt wird Wäsche gemacht, geputzt oder die Bevorratung über- prüft, dabei nicht vergessen, un- seren Lieblingsrentner zu jeglichen Aufgaben zu motivieren. Schlägt die Uhr 12.30 Uhr mache ich mich, wenn alles gut geklappt hat, mit ihm auf den Weg ins Haus der Begegnung zum Essen. Das Mittagessen im Haus der Be- gegnung war das Erste, was ich er- lebt habe, als ich auf dem Eichhof angefangen habe, und es ist noch immer ein total schönes Ritual, weil 16 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude ich nirgendwo so viele BewohnerIn- Die restlichen Tage der Woche, ob Bemalen von Ostereiern vor Ostern nen sehe und treffe. Der Kontakt zu nun frei oder mit Dienst, vergehen je- sowie Begleitung von Einkäufen auf den übrigen Eichhof-BewohnerInnen des Mal super schnell, weil einfach so und außerhalb des Eichhofs, Zeit für kommt sonst eindeutig viel zu kurz. viel auf dem Eichhof oder bei uns im Gespräche, Gesellschaftsspiele, Spa- Überhaupt bemerke ich immer wie- Kiwanishaus los ist. Oft gibt es Grund ziergänge und vieles mehr. Schließ- der, was für eine intensive Erfahrung zum Lachen, manchmal muss ich lich sitze ich schon wieder im Zug es ist, direkt dort zu wohnen, wo ich mich zusammenreißen um die Geduld nach Paderborn. auch arbeite. Vom Mittagessen ab- nicht zu verlieren, und dann werde ich Zum Schluss sei noch gesagt, dass gesehen ist natürlich auch der Bio- wieder von der Lebensfreude der Be- ich jeden Tag spüre, wie mich die laden ein Treffpunkt, an dem man wohnerInnen oder einer schlagferti- Menschen, mit denen ich ein Jahr früher oder später jedem einmal gen Antwort überrascht. Ich habe die hier verbringen darf, berühren und über den Weg läuft. Wenn man hier Möglichkeit die Freizeitgestaltung der verändern, und dass es eindeutig wohnt, nimmt man an jeder kleinen BewohnerInnen zu unterstützen. Es eines der besten und erfahrungs- oder größeren Katastrophe Anteil. gibt kreative Angebote, wie z. B. das reichsten Jahre überhaupt ist. z Mein Rentneralltag auf dem Eichhof von Wolfgang Willeck und Jennifer Tillmann Hallo, mein Name ist Wolfgang. Ich tigkeiten immer gleich ablaufen. Da gemeinsam Kaffee trinken und zu bin 60 Jahre jung, wohne auf dem ich nicht mehr der Jüngste bin, muss Abend essen. Eichhof in Haus 8 und bin Rentner. ich auch sehr oft zum Arzt und muss Nach dem Abendessen habe ich Ich habe in der Werkstatt in der zu meinen Terminen begleitet und auch sehr viel Zeit für mich, da ich Schreinerei gearbeitet, aber seit dem gefahren werden. nicht, wie die anderen noch Aufga- 1. 9. 2016 genieße ich meinen Ruhe- Zum Mittagessen gehe ich in der ben zu erledigen habe oder noch stand. Woche aber weiterhin ins Haus der duschen muss … das tue ich nämlich Morgens schlafe ich jetzt gerne aus Begegnung, wo ich auch auf andere morgens … ich muss mir nur noch die und nehme mir sehr viel Zeit, für die „Eichhöfler“ treffe. Zähne putzen, mir durchs Gesicht wichtigste Mahlzeit des Tages das Wenn das Wetter schön ist, fahre ich waschen, werde mit verschiedenen „Frühstück“. auch gerne mal eine Runde mit mei- Cremes eingesalbt, meinen Schlaf- Da ich mir meine Zeit selbst einteilen nem Kettcar über den Eichhof oder anzug anziehen und das war’s. Dann kann, erledige ich meine Tätigkeiten, gehe mit meinem Ferrari (Rollator) geht’s für mich ab vor die Flimmer- wie z. B. das Holen der Post, das Ein- spazieren. Ich spiele aber auch lie- kiste, wo ich mir gerne den Kinder- kaufen im Dorfladen, das Wegbrin- bend gern mit meiner Eisenbahn. kanal anschaue und nebenher wei- gen des Mülls oder das Aufräumen Während meine MitbewohnerInnen ter mit meiner Eisenbahn spiele. meines Zimmers, mal vormittags auf der Arbeit sind, genieße ich die Was soll ich noch sagen? Früher hab oder mal am Nachmittag … Je nach- Stille und Ruhe im Haus. Ich bin na- ich gern gearbeitet … aber heute … dem wie ich Lust und Laune habe. türlich auch froh, wenn alle wieder heute bin ich gern Rentner auf dem Mir ist es wichtig, dass Dinge und Tä- von der Arbeit zurück sind und wir Eichhof. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 17
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Haus 9 ist kein Hotel … von Melanie Höller … sondern eine Wohngemeinschaft, in der vier Frauen und sechs Männer zusammenleben. Jeder, der einmal in einer Wohngemeinschaft gelebt hat, weiß, dass dort viel hauswirtschaftliche Arbeit anfällt und es mitunter ganz schön schwierig sein kann, diese Aufgaben gerecht zu verteilen und dann auch zu erledigen. Das schaffe ich selbst! Wir finden es schön, etwas selb- 08.05 Uhr Jessica wischt die Tische und die Arbeits ständig zu schaffen und wollen nur dann Unterstützung, flächen der Küche sauber. wenn es ohne nicht geht! Deswegen erledigt auch im 08.10 Uhr Martina und Peter bringen die Schmutzwäsche Haushalt jeder das, was er gut kann. Wir haben viel Res- zum Waschraum, damit Annkristin Baufeldt, pekt für das, was der andere so schafft! wenn sie um 09.00 Uhr kommt, gleich mit dem Wir möchten einen Tag in Haus 9 beschreiben, damit sich Waschen loslegen kann. jeder Leser vorstellen kann, was wir im Alltag so alles 08.10 Uhr Andreas stellt die Stühle auf die Tische. leisten. 08.10 Uhr Horst saugt den Essraum und die Küche. 21.00 Uhr Martina hat gestern Abend bereits den Tisch 08.20 Uhr Wir machen uns auf den Weg zur Arbeit und mit Geschirr für das Frühstück eingedeckt. überlassen den Haushalt unserer Hauswirt- 07.10 Uhr Peter kocht den Kaffee für die ganze Gruppe. schafterin Annkristin Baufeldt und unserer 07.15 Uhr Martina bereitet die Brotdosen für die Früh- Reinigungskraft Hannelore Böttcher. Sie reini- stückspausen in den Werkstätten vor. gen die Bäder und die Gruppenräume, erledi- 07.20 Uhr Tanja deckt den Tisch mit den Lebensmitteln gen den Einkauf für uns alle, sorgen mit dem für das Frühstück ein. Technischen Dienst dafür, dass im Haus alles 07.30 Uhr Nach dem Morgenkreis, in dem wir bespre- funktioniert und kümmern sich um viele Din- chen, welcher Tag heute ist und was heute für ge, die wir manchmal leider gar nicht sehen. jeden von uns ansteht wünschen wir uns ei- 16.15 Uhr Wir kommen alle von der Arbeit zurück und nen schönen Tag und setzen uns gemeinsam bringen unsere Brotdosen in die Küche. an den Tisch zum Frühstück. 16.20 Uhr Andreas räumt die Stühle von den Tischen und 08.00 Uhr Alle räumen gemeinsam den Tisch ab. alle trinken erst einmal einen Kaffee oder Tee. 08.00 Uhr Constantin räumt die Spülmaschine ein. 16.30 Uhr Horst räumt die Spülmaschine aus. 08.00 Uhr Tanja räumt die Lebensmittel in den Kühl- 16.35 Uhr Andreas spült die Brotdosen, Manuela trock- schrank. net sie ab und räumt sie ins Regal. » 18 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude 16.40 Uhr Christian bringt den Papiermüll mit dem Boller- wagen zum Papiercontainer. 16.45 Uhr Peter ist unser Postbote, er holt die Post und Pakete aus der Verwaltung in Haus 8 und bringt unsere Post dorthin. 16.45 Uhr Tanja backt einen leckeren Kuchen, weil morgen Wochenende ist und wir dann gern ein leckeres Stück zur Kaffeerunde essen. 16.50 Uhr Björn holt Wasserflaschen für die ganze Gruppe aus dem Keller. 17.00 Uhr Andreas reinigt unsere heißgeliebten und vielgenutzten Senseomaschinen. 17.15 Uhr Martina deckt den Tisch mit dem Geschirr für 19.00 Uhr Jessica faltet zwei Körbe mit der Wäsche aller das Abendbrot ein. Bewohner und räumt diese dann in die Wäsche- 17.20 Uhr Tanja deckt den Tisch mit den Lebensmitteln box der entsprechenden Mitbewohner. ein. 19.05 Uhr Horst räumt die Spülmaschine aus, Manuela 17.30 Uhr Björn stellt Wasser für das Abendbrot auf die unterhält ihn dabei. Tische. 19.45 Uhr Wir machen Feierabend … am liebsten gemüt- 17.45 Uhr Wir essen gemeinsam zu Abend (es gibt jeden lich auf der Couch mit unserer Lieblingsserie Tag etwas anderes, z. B. Rührei, Reis- oder Nudel- „Der Bergdoktor“. salat, Brote oder Brötchen, Rohkost. Immer 21.00 Uhr Martina deckt den Tisch für das Frühstück am helfen Bewohner den Betreuern bei der Zube- nächsten Morgen mit Geschirr ein. reitung.) Wenn einer von uns nicht da ist, bespricht er dies vorher 18.15 Uhr Wir räumen gemeinsam den Tisch ab. mit seinem Vertreter, um die Übernahme seiner Aufga- 18.20 Uhr Constantin räumt die Spülmaschine ein. ben zu klären. Es ist uns wichtig, dass unsere Aufgaben 18.20 Uhr Tanja räumt die Lebensmittel in den Kühl- ordentlich erledigt werden, auch wenn wir gar nicht zu- schrank. hause sind. 18.25 Uhr Jessica wischt die Tische und die Arbeits Ist einer von uns mal krank oder hat einfach einen flächen der Küche sauber. „schlechten Tag“, findet sich immer schnell ein anderer 18.30 Uhr Peter bringt den Restmüll und den Recycling- Mitbewohner, der die Aufgaben des Kranken übernimmt. müll in die richtigen Tonnen. Wir finden, es macht uns zu einer tollen Wohngemein- 18.35 Uhr Peter stellt die Restmülltonnen zur Müllabfuhr schaft, dass wir füreinander und für unseren großen an die Straße. Haushalt gut sorgen. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 19
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Haus 10 „op jück“ von Bianca Kasper und Bastian Schürmann mit Julia Röhrig Zum Alltag in Haus 10 gehören für alle Bewohner die Arbeit, die Aufgaben im Haushalt und natürlich Freizeit. Die Bewohner der Wohngruppe in Haus 10 machen viele verschiedene Sachen in ihrer Freizeit. Aber Ausflüge mögen alle gerne. Können noch genug Eichhof-Autos reserviert werden? Worauf haben die meisten Bewohner Lust? Dann wird abgestimmt und meistens können sich alle einigen. Zum Bei- spiel auf „Shoppen“. Einmal in der Woche treffen sich die Im Laufe der Woche wird dann viel Bewohner von Haus 10 im Abend- organisiert: kreis. Dort besprechen sie wichtige Themen. Zum Beispiel, was sie am Zum Shoppen schreiben sich einige der Wochenende machen möchten. Bewohner Einkauflisten. Sie schreiben auf, welche Sachen sie kaufen wollen Jeder kann Vorschläge machen. und rechnen aus, wieviel das ungefähr kostet. Es wird Geld ausgezahlt, ge- Es können nicht alle Wünsche an ei- schaut welche Betreuer im Dienst sein nem Wochenende erfüllt werden. werden, und dann buchen wir noch im Deshalb überlegen alle zusammen, Computer die Eichhof-Autos. Am Wo- welcher Vorschlag für das nächste chenende geht’s dann los! Wochenende am Besten passt: Wie lange muss man zum Ausflugziel In den Geschäften suchen sich die fahren? Wie teuer ist der Eintritt? Bewohner aus, was sie kaufen 20 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude möchten. Manchmal unterstützen die Betreuer beim Lesen der Preise, beim Aussuchen oder beim Bezah- len. Auch die Stärkung zwischendurch ist immer ein wichtiger Teil beim Shoppen. Oder fast der Wichtigste? Zurück zu Hause werden die Ein käufe dann direkt ausgepackt und ausprobiert. Dabei merkt man: Shoppen macht glücklich. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 21
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Alltag im Förderbereich von Johanna Longerich Natürlich ist bei uns im Förderbereich nicht jeder Tag gleich. In den Arbeitsgruppen werden ver- Aber es gibt festgelegte Abläufe, Rituale und Zeiten, schiedene auf den Einzelnen abge- zu denen bestimmte Aktivitäten stattfinden. stimmte Arbeiten ausgeführt. Dabei ist eine enge Begleitung notwendig. Unser Betreuungs-Team beginnt die Zum Abschluss der Runde reichen Da im Förderbereich Menschen mit Arbeit um 8.00 Uhr. Wir besprechen, wir uns die Hände und wünschen uns einem hohen Unterstützungsbedarf was für den Tag geplant ist, teilen einen schönen Tag. Wir nennen den betreut werden, ist es für uns als das Personal für die verschiedenen Tag und machen die entsprechende Team immer wieder eine Herausfor- Arbeitsgruppen und Pflegegänge Gebärde dazu. derung, Produkte herzustellen, an ein. Außerdem nutzen wir die Zeit, denen jeder nach seinen Möglichkei- um wichtige Informationen im Team Anschließend beginnt für unse- ten mitwirken kann. Da ist Kreativi- transparent zu machen, sodass jeder re betreuten MitarbeiterInnen die tät gefragt. auf dem neusten Stand ist. erste von drei Arbeitsphasen in Um 10.15 Uhr endet die erste Ar- Um 9.30 Uhr kommen nach und nach den einzelnen Gruppen: Hauswirt- beitsphase. Die Arbeit wird unter- unsere betreuten MitarbeiterInnen, schaftsgruppe, Holzgruppe und brochen und alle werden zu Tisch hauptsächlich in Begleitung, in den Kreativgruppe. Jeder arbeitet hier begleitet. Wenn alle am Tisch sit- Förderbereich. Das ist eine gute Ge- fest in einer Gruppe. Es finden aber zen, wird gemeinsam gebetet und legenheit, sich mit den Mitarbei- auch immer wieder mal Wechsel anschließend gefrühstückt. Auch terInnen aus den Wohnhäusern in statt. hierbei bekommt jeder die Unter- Form einer kurzen Übergabe auszu- tauschen. Wenn alle angekommen sind, star- ten wir mit einer gemeinsamen Morgenrunde in den Arbeitstag. Wir begrüßen einander, überlegen, wer fehlt, welche Termine den Tag über stattfinden werden – zum Beispiel die verschiedenen Therapien – und lesen vor, was es zum Mittagessen gibt … Wer möchte, kann auch noch etwas erzählen. 22 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude stützung, die er braucht. Nach der durcheinander bringen. Dann wird Im Anschluss an die Mittagspause Frühstückspause beginnt die zweite die Flexibilität des gesamten Teams gibt es eine Getränkerunde. Danach Arbeitsphase. deutlich, denn manchmal müssen beginnt die dritte und letzte Arbeits- In unserem Bereich können nicht alle umdisponieren. phase. Um 15.45 Uhr sollte die Arbeit alle betreuten MitarbeiterInnen zur Um 12.45 Uhr gibt es Mittagessen. dann beendet und der Arbeitsplatz gleichen Zeit arbeiten, da hier jeder Während die anderen Werkstattbe- aufgeräumt sein, denn dann ist Zeit bei seinen Tätigkeiten eng begleitet reiche ihr Essen im Haus der Begeg- für die gemeinsame Abschlussrun- werden muss. Während die Einen nung einnehmen, wird für die Krea- de. Hier wird der Tag rückblickend also arbeiten, machen die Ande- tiv- und Dienstleitungswerkstatt und besprochen: Wir berichten einander, ren eine Pause und ziehen sich zum den Förderbereich das Essen von was jeder Einzelne gemacht hat und Beispiel in unseren Snoezelraum MitarbeiterInnen des Teams „Küche stellen fertige Produkte aus den ein- zurück. Die Gestaltung der Arbeits- und Service“ in die jeweiligen Berei- zelnen Gruppen vor. Manchmal ist einheiten hängt stark von der Ta- che geliefert. Hier kann in der nöti- auch noch Zeit zum gemeinsamen gesform unserer betreuten Mitar- gen ruhigen Atmosphäre gegessen Singen, bevor wir uns dann zum Ab- beiterInnen ab. Oft ist Spontanität werden. schluss die Hände reichen und uns ei- gefragt, wenn wir dementspre- Anschließend ist Mittagspause. nen schönen Feierabend wünschen. chend umplanen und Alternativen Die meisten betreuten Mitarbei- Nun werden alle in ihre Wohnhäuser anbieten müssen. terInnen benötigen die Pause als begleitet. Dabei bekommen wir auch Neben der Beschäftigung sind auch Ruhe phase. Andere wenige legen Unterstützung von MitarbeiterInnen die Büroarbeit und die Begleitung in ein Puzzle oder nutzen die Zeit, um aus anderen Werkstattbereichen. der Pflege natürlich in der Arbeits- sich im Eichhof-Bioladen etwas zu An die Häuser erfolgt eine Übergabe planung zu berücksichtigen. Au- kaufen oder ihre KollegInnen aus über eventuelle Besonderheiten des ßerplanmäßige Zwischenfälle oder den anderen Werkstattbereichen Tages. Anschließend ist dann auch für Termine können den Zeitplan auch zu treffen. unser Team der Arbeitstag zuende. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 23
Menschen Handwerk Lebensfreude Schwerpunkt: Alltag Der strukturierte Arbeitsalltag eines Beschäftigten in der Kreativwerkstatt von Alexander Löbach Daniel K. ist ein Mensch mit einer autistischen Beein- Nach dem er den Ar- trächtigung und nimmt den Alltag ganz anders wahr. beitsvorgang abge- Deswegen braucht er einen genau durchstrukturierten schlossen hat, holt er die Tagesablauf. Änderungen oder Unvorhersehbares kön- Post in der Verwaltung. nen ihn komplett überfordern. Was für die einen eine langweilige Routine ist, ist für Daniel K. eine lebenswich- Als nächstes geht er tige Struktur, die ihn durch den Alltag führt. selbstständig in den Sein Tagesplan nach dem TEACCH*-Konzept hilft ihm Bioladen und kauft sich dabei sehr. Das TEACCH-Konzept ist ein ganzheitlicher, etwas zu Essen. Das Ge- pädagogisch-therapeutischer Ansatz, der die Besonder- kaufte nimmt er dann heiten von Menschen mit Autismus berücksichtigt. Teile zum Mittagessen zu des Konzepts sind das Prinzip der Visualisierung und der sich. Dies scheint ihm Strukturierung von Situationen. Beides Aspekte, die wir in besonders Spaß zu ma- der Kreativ- und Dienstleitungswerkstatt nutzen, um ei- chen nen strukturierten und geschützten Rahmen zu schaffen. Mit Hilfe von Bildkarten visualisieren und strukturieren wir zum Beispiel den Ta- gesablauf. Dieser geschützte und struk- turierte Rahmen ermöglicht es den Men- schen mit einer autistischen Behinderung den Alltag zu bewältigen und bestenfalls zu lernen. Jeden Morgen schaut Daniel sich sei- nen Tagesplan an und geht ihn für sich durch. Seine erste Aufgabe morgens ist das Falten der Wäsche. Hierbei nimmt er sich oft viel Zeit und arbeitet sehr genau. Nach dem Mittagessen ruht sich Daniel aus. Häufig schläft er während dieser Zeit. Um genau 14.10 Uhr steht er dann auf und bringt den Essenswagen zurück zum Haus der Begegnung. z * TEACCH steht für „Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children“ (dt.: „Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikations- behinderter Kinder“). 24 Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017
Schwerpunkt: Alltag Menschen Handwerk Lebensfreude Alltag und Freizeit(koordination), wie verträgt sich das? von Sophia Künstler Seit gut einem Jahr habe ich die Stelle der Freizeitkoordinatorin auf dem Eichhof übernommen. Seitdem gehört es zu meinem Alltag, die Freizeit der Bewohnerinnen und Bewohner des Eichhofs mitzugestalten. Auf dem Eichhof gibt es wöchentlich Den Bewohnerinnen und Bewohnern etwa 15 regelmäßige Kurse, dazu des Eichhofs ist natürlich nicht klar, kommen noch die vielen monatli- genau so wenig wie meinen Kollegin- chen oder vierteljährlichen Termine nen und Kollegen, wann ich in Sachen wie die Wanderungen, Kegeln, Dis- BeWo unterwegs bin und wann ich cos, Sch(w)atzkiste, die Rocknacht den Kopf für die Freizeitkoordination etc. Von den „großen“ Veranstal- frei habe. So arbeite ich oft „auf Zu- tungen wie den Fußballspielbesu- ruf“ und wenn ich am Kreisel vorbei- chen im Kölner Stadion, dem Helene- komme oder in den Dorfladen gehe, Fischer-Konzert, der Schlagernacht, sammele ich nicht selten Anmeldun- der Pilgerwanderung, dem Kon- gen für das Kegeln, die Sch(w)atz- zert in der Kölner Philharmonie, den kiste oder das Wandern ein und muss Richtig Spaß macht es mir, beson- WenDo-Kursen, einem Besuch der mein Gedächtnis ordentlich trainie- dere Veranstaltungen zu planen „Lindenstraße“ … ganz zu schwei- ren, damit ich nichts vergesse. und dabei die Interessen und Wün- gen. Denn ein ganz großer Teil meiner sche der Bewohner und Bewohne- Sehr schnell wurde mir klar, dass die Arbeit besteht darin, Informationen rinnen des Eichhofs umzusetzen. Stelle der Freizeitkoordinatorin keine zu sammeln und zum richtigen Zeit- Bisher habe ich noch nicht alles in einzelne, zusätzliche „Baustelle“ ist, punkt an die richtigen Leute wei- Gang bringen können, was von mir vielmehr handelt es sich um ganz terzugeben. Das braucht ein gutes gewünscht wurde und was ich mir schön viele verschiedene, große und System und inzwischen habe ich vorgenommen habe: Manchmal fin- kleine Baustellen. Alle haben ihren mir ganz schön viel ausgedacht, da- de ich keine passenden neuen Kurs- eigenen Rhythmus, spezielle Kom- mit das immer besser funktioniert. leiter oder Ehrenamtler, manchmal munikationswege, unterschiedliche Zwar rumpelt es auch jetzt noch gibt es keine freien Termine mehr im Anmeldefristen, die Kursleitungen Haus der Begegnung, manche Wün- brauchen unterschiedliche Zuarbei- sche sind einfach zu speziell oder zu ten …, ein „Schema F“ habe ich je- teuer – und manchmal müssen auch denfalls bisher noch nicht entdecken einfach ein paar Dinge hinten ange- Feieraben d können. stellt werden. Auch freue ich mich sehr, wenn die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Kurse und Veranstaltungen erzählen, was ihnen gut gefällt oder wenn ich höre, wie wichtig diese Angebote für hin und wieder, aber Vieles sie sind. Ich glaube, dass die Erleb- hat sich inzwischen bes- nisse in der Freizeit dazu beitragen, ser eingespielt. Auch das dem Jahr einen Rhythmus zu geben, Zusammenspiel mit den ein biografisches Gedächtnis und die – teils ehrenamtlich, teils eigene Identität zu füllen, Freude zu freiberuflich arbeitenden – haben und gesund zu bleiben. Ein Kursleitungen wird zuneh- Riesen-Dankeschön an dieser Stelle mend besser, ebenso der an alle Anbieter/innen und vor allem Austausch mit den Betreuern an die ehrenamtlichen Begleiterin- und Betreuerinnen aus den nen und Begleiter des Freizeitbe- Häusern. reichs. z Eichhof-Journal · Nr. 48 · Juni 2017 25
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