AKADEMIE IM DIALOG | 13 - DAS ENDE DER ÖSTERREICHISCH-UNGARISCHEN MONARCHIE - Österreichische Akademie der Wissenschaften
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DAS ENDE DER ÖSTER REICHISCH-UNGARISCHEN MONARCHIE DISKUSSIONSFORUM AN DER ÖAW AM 22. JUNI 2018 ÖAW 1
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INHALTSVERZEICHNIS INHALT VORWORT OLIVER JENS SCHMITT | Präsident der philosophischen-historischen Klasse ........................................................................ 5 VORTRÄGE MARINA CATTARUZZA | Universität Bern „Das Ende der Habsburgermonarchie im Ersten Weltkrieg: Die Rolle Italiens“ ...................................................................... 7 WŁODZIMIERZ BORODZIEJ | Universität Warschau „Die polnische Scheidung von und mit der Monarchie 1918“ .................................................................................................... 17 ÖAW 3
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VORWORT VORWORT OLIVER JENS SCHMITT 1918 ist für die Republik Österreich Polen wie Italienern ist gemein, meisten Bewohner (Polen, U krainer, ein wichtiges Gedächtnisjahr. Zum dass sie, wie andere Völker der Juden) zu ihren jeweiligen Impe- hundertsten Mal jähren sich das Monarchie – besonders Ruthenen/ rien loyal und bildeten nicht etwa Ende der Monarchie und die Grün- Ukrainer, Rumänen, Serben, aber eigenständig handelnde nationale dung der Republik. Zahlreiche Ver- auch Deutsche – jenseits der Grenze Aktionsgemeinschaften. anstaltungen nähern sich diesen Konationale bzw. einen Staat besaßen, Beide Reden unterstrichen aber auch grundlegenden Veränderungen aus der sich als Mutterland verstand und in eindrücklicher Weise, was die his- unterschiedlichen Perspektiven. Mal offen oder versteckt Irredentabestre- torische Forschung derzeit heraus- steht das heutige Staatsgebiet ganz bungen unterstützte. arbeitet: Der Zerfall der Monarchie im Mittelpunkt, mal dient es als Die Akademie hat für eine derartige kann nicht einfach als notwendiges Ausgangspunkt für verflechtungs Perspektivierung aus dem Nordosten Ergebnis eines teleologischen Pro- geschichtliche Betrachtungen. und dem Südwesten der Monarchie zesses verstanden werden. So war Die Österreichische Akademie der zwei ihrer Mitglieder im Ausland eine legitimatorisch agierende Ge- Wissenschaften wollte in ihrer Ge- eingeladen, die beide herausragende schichtsschreibung in den Nach samtsitzung am 22. Juni 2018 bewusst einschlägige Forschungsarbeit geleis- folgestaaten lange verfahren. Marina einen anderen Blickwinkel einneh- tet haben: Marina Cattaruzza für die Cattaruzza hebt die treibende Rolle men und einmal nicht Wien oder italienischen – besonders die küsten- Italiens hervor, das als erste unter den die deutschsprachigen Länder der ländischen – Gebiete, Włodzimierz Ententemächten aktiv die Auflösung Monarchie in das Zentrum der Über- Borodziej für den polnischen Teil der der Monarchie betrieb und damit legungen stellen. Vielmehr soll die Monarchie. eine Dynamik in Gang setzte, der vielsprachige Dimension des Staates Beide zeigen, wie wichtig eine Ver- sich die anderen Ententestaaten erst ernst genommen und gefragt werden, flechtung der Perspektiven über die allmählich und zögernd anschlossen. wie zwei der politisch bedeutsamsten Grenzen der Monarchie hinaus ist, Cattaruzza unterstreicht, wie wichtig Völker, Polen und Italiener, den etwa um imperiale Loyalitäten zu dieser äußere Faktor für das Ende der Ersten Weltkrieg und das Ende des verstehen: Im Juli 1914 verhielten sich Monarchie war – ohne den Willen gemeinsamen Staates erlebt haben. in Russisch-Polen wie in G alizien die der Ententestaaten wären die Exil- ÖAW 5
VORWORT politiker und ihre Komitees nie zu chie und in Rumänien konnten nur entscheidenden politischen Akteuren mit einem Sieg Russlands rechnen – aufgewertet worden. Die Monarchie dies hätte für Rumänien den Gewinn ging nach dieser Deutung also nicht Siebenbürgens bedeutet, aber den an inneren Nationalitätenkonflikten dauerhaften Verlust Bessarabiens und zugrunde, die vom Ersten Weltkrieg den Verzicht auf die B ukowina zu- nur verschärft wurden. gunsten Russlands; oder die Mittel- Włodzimierz Borodziej spricht mit mächte siegten – dies hätte R umänien Blick auf das Verhältnis der Polen das seit 1812 russische Bessarabien zum Gesamtstaat von einer Schei- eingetragen, nicht aber die von der dung und meint damit einen lang rumänischen Irredenta angestrebten dauernden Vorgang, keinen plötz österreichisch-ungarischen Gebiete. lichen Bruch. Der Krieg, das machen Auch für andere Völker der Monar beide Reden deutlich, öffnete neue chie bestanden komplexe Motiv Aktionsräume. 1914 konnten Völker lagen, die nach 1918 in der Forschung wie Polen, Ukrainer oder Rumänen oft wenig beachtet wurden. nicht davon ausgehen, dass gleich Beide Reden zeichnet aus, dass sie alle mittel- und osteuropäischen die Offenheit historischer Entwick- Imperien untergehen würden. Sie lungen betonen und damit die Hand- mussten mit Siegern und Verlierern lungsspielräume und -optionen, aber rechnen – gerade im polnischen Fall auch Horizonte und Grenzen des bedeutete dies, dass die Aussicht auf damals politisch Denkbaren zum einen eigenen Staat eigentlich nicht Gegenstand geschichtswissenschaft- existierte. Als diese als realistische licher Analyse machen. Klassische Möglichkeit auftrat, veränderte dies Erzählmuster wurden dadurch in die Beziehung zu Wien grundlegend. Frage gestellt. In Frage gestellt wird Noch geringer mussten die Hoff- aber auch die Vorstellung von einem nungen der Ukrainer in Österreich- tiefen Bruch im Herbst 1918. Zwar Ungarn und dem Russländischen begann mit dem Ende der Imperien Imperium auf Eigenstaatlichkeit sein, eine neue Welt. Doch lebten in dieser da dafür die Voraussetzungen noch die Imperien noch viel länger weiter, bescheidener waren als im polnischen als es den neuen Nationalstaaten lieb Fall. Auch die Rumänen der Monar- sein konnte und lieb war. ÖAW 6
MARINA CATTARUZZA DAS ENDE DER HABSBURGER MONARCHIE IM ERSTEN WELT- KRIEG: DIE ROLLE ITALIENS* MARINA CATTARUZZA PRÄMISSE österreichischen Front gebunden und giger Staaten – der Tschechoslowakei standen als Stärkung der deutschen und Jugoslawiens. Diese Ziele er In der Endphase des Ersten Welt- Westfront während der entscheiden- gaben sich aus der schwierigen kriegs kam der italienischen Armee den Frühjahrsoffensive von Erich militärischen Lage, in der sich die eine wichtige Funktion zu, die den Ludendorff nicht zur Verfügung. West mächte nach der italienischen Ausgang des Konflikts wesentlich Dies hat möglicherweise den „Wett- Niederlage in Caporetto und dem beeinflusste und die selbst heutzu lauf mit der Zeit“, d. h. den Versuch, Ausscheiden Russlands aus dem tage von der Geschichtsschreibung die französischen und britischen Krieg befanden. In dieser miss nur ungenügend berücksichtigt wird. Truppen zu schlagen, bevor die ameri lichen Situation wurde der Appell Nach dem Ausscheiden Russlands kanische Armee voll einsatzfähig an das „Selbstbestimmungsrecht“ und Rumäniens aus dem Krieg war war, zugunsten der Entente-Mächte der „unterdrückten Nationalitäten“ nämlich das italienische Heer das entschieden. zu einer wirkungsvollen Waffe, wel- einzige, das weiter gegen Österreich Allerdings geht es in diesem Vortrag che die Entscheidungen über die kämpfte. 650.000 österreichische Sol- nicht in erster Linie um die militäri- Nachkriegsordnung wesentlich mit- daten wurden an der italienisch- sche Rolle der italienischen Armee bestimmte. Italien war im Bündnis für den Ausgang des Ersten Welt- der Entente die erste Großmacht, die kriegs, sondern eher um das italieni- sich in Person von Ministerpräsident * Stilistisch leicht überarbeitete Transkription sche Eintreten für eine Zerschlagung Vittorio Emanuele Orlando o ffiziell eines am 26. Juni 2018 für die Gesamtsitzung der Österreichischen Akademie der Wissen- der Habsburger Monarchie und die für das Recht der Nationalitäten schaften frei gehaltenen Vortrags. Entstehung zweier neuer unabhän- der Habsburger Monarchie auf ein ÖAW 7
MARINA CATTARUZZA Ausscheiden aus dem gemeinsamen Die Interaktion zwischen solchen eine Bestätigung des Anspruchs auf Staatsgebilde aussprach – und zwar disparaten Netzwerken und der ita- den Dodekanes, eine Einflusssphäre zu einem Zeitpunkt, als sowohl lienischen Politik bei der Zerstörung in Vorderasien und einen Anteil bei Woodrow Wilson wie auch Lloyd des Habsburgischen Staates soll nun der Verteilung der deutschen Kolo George noch mit einem Weiter kurz erörtert werden. nien erhalten. Die demokratischen bestehen des Vielvölkerstaates Befürworter des „Intervento“ hinge- (selbst im Falle seiner Niederlage) gen, wie der Historiker und Politiker rechneten. ITALIENS KRIEGSZIELE Gaetano Salvemini oder der patrio Freilich handelte Italien bei der Ver- tische Sozialist Leonida Bissolati, be- folgung seiner Ziele nicht als ein- Italien war im Mai 1915 auf Seiten trachteten den Krieg als letzten „Krieg samer Demiurg, der im Alleingang der Entente in den Krieg eingetreten, des Risorgimento“. Sie sympathisier- über die Zerstörung bzw. Neuschaf- obwohl es ein langjähriger Verbün- ten mit der Idee einer Zerschlagung fung von Staaten zu bestimmen ver- deter der Zentralmächte ge wesen des Habsburgerreichs, der Schaffung mag. Es gab seit dem Ausbruch des war. Diese Entscheidung wurde eines föderalistischen Jugoslawiens Ersten Weltkrieges zahlreiche nicht- von einer heterogenen Allianz von und einer Beschränkung der ter- staatliche Akteure, die aus unter parlamentarischen und außerparla- ritorialen Ansprüche Italiens aus- schiedlichen Gründen die Zerstö- mentarischen Kräften getragen, die schließlich auf jene Gebiete, in denen rung des Habsburgischen Staates zum Teil unterschiedliche Interessen italienische Bevölkerungsmehrhei- und die Schaffung von sogenannten verfolgten. Den Nationalisten und ten lebten. Allerdings befanden sie „Nationalstaaten“ auf seinem Terri- Rechtsliberalen ging es in erster Linie sich 1915 mit solchen Positionen in torium erstrebten. Schon 1915 hatten darum, Italien einen unanfechtbaren der Minderheit. Die Regierung von sich nämlich hauptsächlich in Groß- Großmachtstatus zu garantieren. Ministerpräsident Antonio Salandra britannien, aber auch in Frankreich Dies sollte durch die Erringung einer und Außenminister Sydney Sonnino und in der Schweiz, Netzwerke und Hegemonialstellung an der Adria setzte auf traditionelle Machtpolitik. Interessensgruppen gebildet, die erfolgen. Das Londoner Abkommen, Nach ihrer Vorstellung hätte nach dieses Ziel konsequent verfolgten. das im April 1915 zwischen Italien dem Krieg ein geschwächtes Öster- Besonders prominent waren hierbei und der Entente geschlossen wurde, reich weiter existieren sollen. Ähn das tschechische und das jugosla- sollte dies gewährleisten: Darin wur- liche Positionen vertrat damals auch wische Nationalkomitee. Sie wären den Italien im Norden die Grenze am Luigi Albertini, Besitzer und Heraus- allerdings schwerlich mehrheitsfähig Brenner und im Osten das österrei- geber der einflussreichsten italieni- geworden, wären sie nicht wenigs- chische Küstenland sowie der nörd- schen Tageszeitung „Corriere della tens von einer der Großmächte, die liche Teil Dalmatiens versprochen. Sera“, überzeugter Interventionist auf der Seite der Entente kämpften, Darüber hinaus sollte Italien ein Pro- und im Dezember 1914 vom König bedingungslos unterstützt worden. tektorat über einen Teil Albaniens, zum Senator ernannt. Für die Popu- ÖAW 8
MARINA CATTARUZZA larität der Kriegsteilnahme spielte Historiker Robert Seton-Watson. kung gezwungen. Die revolutionären der „Corriere della Sera“ in Italien Beide galten auf den britischen Umwälzungen, deren Ausgang im eine ähnlich wichtige Rolle wie die Inseln als ausgewiesene Kenner der Frühling noch völlig ungewiss war, „Times“ in Großbritannien. Wickham Habsburger Monarchie. Dies nicht schwächten die Stellung Serbiens, Steed, langjährig verantwortlich für zu Unrecht: Sie hatten mehrere Jahre das mit der Abdankung des Zaren das außenpolitische Ressort bei der dort verbracht, einschlägige Werke seinen wichtigsten Beschützer ver- „Times“, unterhielt sowohl zu Luigi verfasst und sich für eine stärkere loren hatte. Militärisch war die Lage Albertini wie auch zum italienischen Berücksichtigung der Rechte der Serbiens desperat: Nach dem Eintritt Außenminister Sydney Sonnino per- natio nalen Gruppen engagiert. Bulgariens in den Krieg wurde das sönliche Beziehungen. Hauptsächlich Wickham Steed be- ganze Land von bulgarischen, deut- Im Bündnis der Alliierten hätten trachtete Österreich-Ungarn von je- schen und österreichischen Truppen sicherlich weder Russland noch her als S atelliten Deutschlands in Ost- besetzt gehalten. Nachdem Serbien Serbien der Habsburger Monarchie mitteleuropa. Allerdings blieb Steed nicht mehr auf die Unterstützung nachgeweint. Dennoch gehörte die mit seiner Auffassung in Großbritan- Russlands zählen konnte, sah sich Zerschlagung dieses Staates nicht nien weitgehend isoliert. Dennoch der serbische Ministerpräsident Pašić zu ihren unmittelbaren Kriegszielen. konnte er auf die Unterstützung von gezwungen, dem jugoslawischen Die offizielle serbische Politik, vom Viscount Northcliffe zählen, Besitzer Komitee entgegenzukommen und zaristischen Russland sekundiert, eines Presseimperiums, zu dem, wie signalisierte daher Serbiens Bereit erstrebte die Schaffung eines Groß- schon erwähnt, auch die „Times“ schaft, sich aktiv an der Schaffung serbiens. Die Kriegsziele des Zaren- zählte. Während der Juli krise 1914 eines jugoslawischen Staates zu be reichs konzentrierten sich ihrerseits war diese eine der wenigen Tages- teiligen. So kam es im Juli 1917 zum in erster Linie auf die Kontrolle der zeitungen in Großbritannien, die von Pakt von Korfu, der von Nikola Pašić Meerengen nach dem vorhersehbaren Anfang an dezidiert auf Kriegskurs für die serbische Regierung und von Kollaps des Osmanischen Reichs und steuerte. Ante Trumbić für das jugoslawische auf die Eroberung Konstantinopels. Komitee unterzeichnet wurde. Darin Zu den Stimmen, die von Anfang an stimmten beide Kontrahenten zu, den Weg der Zerstörung des Habs- DAS JAHR 1917 dass am Ende des Krieges die von burgischen Staates und die Anwen- Südslawen bewohnten Länder der dung nationaler Kriterien bei der Für den Ausgang des Ersten Welt- Habsburger Monarchie zusammen Neustaatenbildung in Ostmittel- und kriegs können die Ereignisse des mit Serbien einen jugoslawischen Südosteuropa befürworteten, gehör- Jahres 1917 kaum hoch genug ver- Staat bilden sollten. Als Staatsform ten in Großbritannien an vorderster anschlagt werden. In Februar brach war eine Verfassungsmonarchie u nter Front der oben erwähnte Publizist in Russland die Revolution aus und der Dynastie der Karadjordjević vor- Wickham Steed und der schottische Zar Nikolaus II. sah sich zur Abdan- gesehen. ÖAW 9
MARINA CATTARUZZA Obwohl sich Serbien im Hinblick setzten unverzüglich die zwei wich- darin durch einen Appell von Papst auf die Rechte von Kroaten und tigsten Punkte ihres Programms um: Benedikt XV. bestärkt, der sich am Slowenen im neuen Staat also wei- die Verteilung des Grundbesitzes 1. August 1917 an die Regierungsver- terhin sehr zurückhaltend verhielt unter den Bauern und die sofortige antwortlichen der kämpfenden Staa- (was für die Zukunft nichts Gutes Anknüpfung von Friedensverhand- ten gewandt und dazu aufgerufen erahnen ließ), war die Erklärung von lungen mit den Zentralmächten. Der hatte, „das nutzlose Massaker“ doch Korfu ein Meilenstein auf dem Weg Waffenstillstand wurde am 15. De- zu beenden. zur Zerschlagung der Habsburger zember vereinbart. Das revolutionäre Ein Friede auf Grundlage des Status Monarchie, denn nun hatte sich Ser- Russland trat die Verhandlungen mit quo, bzw. auf Grundlage von mini bien dazu verpflichtet, auf die Tren- Deutschland und seinen Verbünde- malen Grenzkorrekturen, zeichnete nung der südslawischen Provinzen ten aus einer denkbar schwachen sich ab. Einen Separatfrieden mit von Österreich und Ungarn hinzu Position an. Es war schon vor dem Österreich, dem schwächsten Glied arbeiten. Friedensvertrag von Brest-Litowsk des feindlichen Bündnisses, hielt der Die Erklärung machte großen Ein- (März 1918) vorauszusehen, dass sich britische Kriegsrat damals für die druck auf Luigi Albertini, der zum eine Hegemonialstellung Deutsch- vernünftigste Option. Nie schien die Schluss kam, dass nun die Bildung lands in Osteuropa abzeichnete. Zeit dafür günstiger zu sein als im eines jugoslawischen Staates un- Im November 1917 erlitt auch Italien Spätherbst 1917. Lloyd George und abwendbar sei und Italien seine eine militärische Katastrophe: In den der britische Außenminister Balfour Kriegsziele neu definieren müsse. Julischen Alpen nahe der kleinen ergriffen die Initiative, mit Wien e inen Von diesem Zeitpunkt an vertrat der Ortschaft Caporetto (heute Kobarid) Gedankenaustausch über e inen mög- „Corriere della Sera“ kompromiss- gelang österreichischen und deut- lichen Frieden zu initiieren. Infolge- los den Standpunkt, dass die Habs- schen Truppen der Durchbruch dessen wurden Gespräche in Genf burger Monarchie zu verschwinden durch die italienischen Linien. Die zwischen dem ehemaligen öster habe und Italien die Gründung eines neue italienische Front verlief nun rei chi schen Botschafter in London, jugoslawischen Staates unterstützen 200 Kilometer hinter der ursprüng- Alexander Count von Mensdorff, und solle. lichen Linie und Italien sah sich dem südafrikanischen General Jan Im November desselben Jahres 1917 gezwungen, Großbritannien und Smuts, einem einflussreichen Mitglied schwächten zwei Ereignisse die mili- Frankreich um die Entsendung von des britischen Kriegsrats, geführt. tärische Kraft der Entente erheblich, Verstärkungstruppen zu bitten. Das Allerdings informierte der öster wenn auch nur vorübergehend: In Desaster von Caporetto führte dazu, reichische Außenminister, Ottokar Russland war die radikalste Fraktion dass im italienischen Parlament er- Czernin, Berlin über die britische der Sozialdemokratie unter der Füh- neut Stimmen laut wurden, die für Initiative. Letztlich verliefen die Ge- rung von Wladimir Uljanov Lenin an einen Separatfrieden mit Österreich spräche in Genf im Sande. Österreich die Macht gelangt. Die Bolschewiken plädierten. Die Katholiken wurden ließ den günstigen Moment in der ÖAW 10
MARINA CATTARUZZA Illusion verstreichen, dass die Zeit I talienern und Jugoslawen (recte sowie der amerikanische Botschafter zu seinen Gunsten spielte. Im Früh- Kroaten) bei der Verteilung der öster- in Rom entsandten Vertreter. Der ling 1918 hatte sich das Blatt aber reichischen Gebiete an der Adria zu Kongress versetzte der Habsburger wieder gewendet. Die USA waren gelangen. In diesem Kreis lancierte Monarchie den Todesstoß. Am Ende nun an der Westfront einsatzfähig. der Journalist des „ Corriere della wurde eine Erklärung angenommen, Damit verschob sich das militärische Sera“, Antonio Borgese, die Idee, in der allen Völkern, die ganz oder Kräftegleichgewicht ganz eindeutig in Rom einen Kongress der „unter- zum Teil der Habsburger Monarchie zugunsten der Entente und ihrer Ver- drückten Nationalitäten“ einzube- untergeordnet waren, das Recht der bündeten, was durch das partielle rufen. In dessen Vorfeld wurden vollen politischen und wirtschaft- Scheitern der deutschen Frühjahr zwei wichtige Übereinkünfte erzielt: lichen Unabhängigkeit zuerkannt offensive offensichtlich wurde. a.) Ante Trumbić, der Vorsitzende wurde. des südslawischen Komitees, und Zwei weitere Entwicklungen über- der italienische Abgeordnete Andrea zeugten nun auch den britischen DER KONGRESS DER „UNTER- Torre einigten sich auf einen Verzicht Premierminister Lloyd George und DRÜCKTEN NATIONALITÄTEN“ Italiens auf Dalmatien im Gegenzug den amerikanischen Präsidenten IN ROM für eine Anerkennung der italieni- Woodrow Wilson, die Selbststän- schen Ansprüche auf Triest und die digkeitsbestrebungen der nationa- Die prekäre Lage an der italieni- nördliche Adriaküste durch die jugo- len Gruppen auf Kosten des Habs- schen Front sowie das Ausscheiden slawische Seite; b.) in die britisch-ita- burger Staates zu unterstützen: Auf Russlands aus dem Krieg schienen lienisch-jugoslawischen Pläne wurde der einen Seite wurde die deutsche die Träume der tschechischen und auch der neue italienische Minister- Westoffensive Anfang April von jugoslawischen Komitees und die präsident Vittorio Emanuele Orlando französischen und britischen Trup- Pläne des britischen Think-Tank zu- einbezogen. Nun hatte die Entente pen aufgehalten, und auf der ande- nichte zu machen. Allerdings waren neben Serbien also einen zweiten ren Seite, beinahe gleichzeitig, flog weder Wickham Steed noch Luigi Verbündeten für die Zerstörung der die sogenannte „Sixtus-Affäre“ auf: Albertini bereit, die Zertrümmerung Habsburger Monarchie gewonnen, durch unvorsichtige Äußerungen ihrer Träume tatenlos hinzunehmen. und zwar die Quasi-Großmacht Ita- des österreichischen Außenministers Die Wohnung Steeds in London lien. Czernin wurden nämlich g eheime wurde zum Treffpunkt für Vertreter Der Kongress der „unterdrückten Friedensinitiativen Kaiser Karls des jugoslawischen Komitees und Nationalitäten“ wurde am 8. April gegenüber Frankreich aus dem ver- einer Gruppe von italienischen Jour- 1918 in Rom eröffnet. Daran nahmen gangenen Jahr in der internationalen nalisten, Politikern und Abgeordne- Vertreter der Kroaten, Tschechen, Öffentlichkeit bekannt . ten, die sich dem Ziel verschrieben, Slowaken, Polen, Rumänen und Ser- Die Monate bis Anfang November zu einer Übereinkunft zwischen ben teil. Sämtliche Entente-Mächte 1918 stellten dann nur noch einen ÖAW 11
MARINA CATTARUZZA Epilog dar. Für den Untergang des slawien als souveräne Staaten aner- Steed und Robert Seton Watson unter- Habsburgischen Staates spielte kannte. stützt. Im Nachhinein schlossen sich die Anerkennung der „tschecho Serbien, Italien, Frankreich, Großbri- slowakischen Legion“ als nationale tannien und die USA der Perspektive Armee der Tschechoslowakei eine SCHLUSSFOLGERUNGEN nationaler Selbstbestimmung für die wesentliche Rolle. Diese setzte sich „unterdrückten Nationalitäten“ der aus tschechischen und (wenigen) Erst in den letzten Jahren hat die Habsburger Monarchie an. Die Rol- slowakischen Kriegsgefangenen zu- Geschichtsschreibung an der festen le Luigi Albertinis, der Journalisten sammen. Sie wurde dem Befehl des Überzeugung zu rütteln begonnen, des „Corriere della Sera“ und des tschechoslowakischen Nationalrats dass die Habsburger Monarchie auf- italienischen Ministerpräsidenten Vi- unterstellt, der aus dem vormaligen grund der ungelösten Nationalitä- ttorio Emanuele Orlando kann dabei tschechischen Komitee hervorge- tenfrage dem Untergang geweiht ge- kaum hoch genug eingeschätzt wer- gangen war. Damit waren in nuce wesen sei. In einem solchen „Frame“ den. Die Ausrichtung des Kongresses bereits die Grundstrukturen des kam dem Ersten Weltkrieg bloß die „der unter drückten Nationalitäten“ neuen Staates herausgebildet. Die Funktion zu, einen bereits vorge- in Rom bildete einen Höhepunkt Legion wurde als Nationalarmee zeichneten Verlauf beschleunigt zu im Prozess der Neugestaltung des von Frankreich am 29. Juni, von haben. Um eine neue Perspektive auf mittelosteuropäischen Raums nach Großbritannien am 9. August und diesen Themenkomplex zu eröffnen, neudefinierten nationalen Kriterien. schließlich von den USA am 3. Sep- argumentiere ich nicht teleologisch, Eine solche These will keineswegs tember anerkannt. Am 26. Septem- sondern situativ. Der Ausbruch des den Krisenzustand der Donau ber anerkannte der italienische Au- Krieges erweiterte den Horizont des- monarchie und den Entsolidarisie- ßenminister Sydney Sonnino die sen, was im Vergleich zur Friedens- rungsprozess unter ihrer Zivilbevöl- tschechoslowakische R egierung als zeit „machbar“ schien, ungemein. kerung bestreiten – Entwicklungen, legitime Vertreterin einer selbständi- Auch die Spielräume für die Han- die hauptsächlich von Maureen gen Tschechoslowakei. Am 18. Okto- delnden bzw. für die historischen Healy eindrucksvoll geschildert ber übermittelte der amerikanische „Akteure“ wurden breiter: Ange- wurden. Die als ungerecht empfun- Staatssekretär Lansing dem österrei- sichts der kriegsbedingten internatio dene (und auch real ungerechte) Ver- chischen Kaiser die Antwort seiner nalen Polarisierung konnten selbst- teilung der Knappheit verfein dete Regierung auf die Forderung, Frie- ernannte Komitees sich als legitime Österreicher und Ungarn, Bürger densverhandlungen einzuleiten: die Vertreter des Willens der eigenen un- liche und Bauern, Stadt- und Land- 14 Punkte Wilsons vom 18. Januar terdrückten Nation inszenieren. Das bewohner zunehmend, was zu einer hatten keine Gültigkeit mehr, da die Programm der nationalen Komitees Auflösung sozialer Bindungen und amerikanische Regierung inzwischen wurde bei ihrer Gründung nur vom zu einer chaotischen Fragmentie- die Tschechoslowakei und Jugo britischen Think-Tank um Wickham rung der Gesellschaft in ihre sozia- ÖAW 12
MARINA CATTARUZZA len und ethnischen Komponenten inszenierten Kongress der „unter- führte. Diese Umstände waren aber drückten Nationalitäten“ hatten die an sich kein ausreichender Grund Vertreter der Entente sowie der USA dafür, dass die Habsburgermonar- feierlich versprochen, die Selbst- chie nach der Kriegsniederlage als ständigkeitsbestrebungen aller eth- Staat kollabieren sollte und aus ihren nischen Gruppierungen des Habs- Trümmern die Tschechoslowakei burger Staates zu unterstützen und und Jugoslawien – beide mit einem entsprechende Beschlüsse gefasst. erheblichen Anteil an ungarischem 4.) Und schließlich hatten sich die Gebiet und mit einer multinationalen Siegermächte am Ende des Krieges in Zu sammensetzung ihrer Bevölke- ihrer Gesamtheit dazu verpflichtet, rung – entstehen sollten. die Gründung der Tschechoslowakei Kontrafaktisch argumentiert, hätte und Jugoslawiens zu unterstützen. die Krise Österreich-Ungarns auch Aus diesen Ecksteinen wurden die in eine Revolution und in eine radi- Staatsgebilde gebaut, welche schließ- kale institutionelle Veränderung der lich die Habsburger Monarchie erset- Staatsform (ähnlich wie in Deutsch- zen sollten und die sich ebenfalls in land) münden können. Der Habs- den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts burgische Staat brach aber vielmehr in ihre ethnischen Komponenten auf- deswegen auseinander, weil die gelöst haben. Alternative zu seinem Weiterbe- stehen schon als gangbare Präfigu- ration bereitstand. Um nur an die wichtigsten Vorentscheidungen zu erinnern: 1.) Serbien hatte sich im Juli 1917 mit der Deklaration von Korfu auf die Integration der südslawi- schen Gebiete der Habsburger Mon- archie in den eigenen Staat festgelegt. 2.) Die tschechoslowakische Legion wurde allmählich als selbstständige, mitkämpfende Armee auf der Seite der Entente anerkannt. 3.) Auf dem in Rom im April 1918 eindrucksvoll ÖAW 13
MARINA CATTARUZZA AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE Luigi Albertini, Venti anni di vita politica. Zweiter Teil: L’Italia nella guerra mondiale, 3 Bde., Bd. 3: Da Caporetto a Vittorio Veneto (ottobre 1917–novembre 1918), Bologna 1953. Kenneth J. Calder, Britain and the Origins of the New Europe 1914–1918, Cambridge 1976. Marina Cattaruzza, Italy and Its Eastern Border, London/New York 2016. Marina Cattaruzza, L’Italia e la questione adriatica. Dibattiti parlamentari e panorama internazionale (1918–1926), Bologna 2014. Gary B. Cohen, Our Laws, Our Taxes, and Our Administration. Citizenship in Imperial Austria. In: Omer Bartov/Eric D. Weitz (Hrsg.), Shatterzone of Empires. Coexistence and Violence in the German, Habsburg, Russian and Ottoman Borderlands, Bloomington/Indianapolis 2013, 103–121. Maureen Healy, Vienna and the Fall of the Habsburg Empire: Total War and Everyday Life in World War I., Cambridge 2004. Pieter M. Judson, „Where our commonality is necessary …” – Rethinking the End of the Habsburg Monarchy (Thirty-Second Annual Robert A. Kann Memorial Lecture). In: Austrian History Yearbook (48) 2017, 1–21. Manfred Rauchensteiner, Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburger monarchie, Wien/Köln/Weimar 2013. Henry Wickham Steed, Through Thirty Years. 1892–1922. A Personal Narrative, New York 1925. Leo Valiani, La dissoluzione dell’Austria Ungheria, Milano 1966. ÖAW 14
MARINA CATTARUZZA MARINA CATTARUZZA Derzeitige Position – em. o. Professorin für Allgemeine Neueste Geschichte an der Universität Bern Arbeitsschwerpunkte – Nationalismusforschung im europäischen Vergleich – Geschichte der Zwangsmigrationen im 20. Jahrhundert – Geschichte des Faschismus und des Nationalsozialismus, Totalitarismusforschung und politische Religionen – Geschichte des Holocausts – Geschichte Italiens im 19., 20. und 21. Jahrhundert – Fragen zur Geschichtsschreibung und Geschichtstheorie des 20. Jahrhunderts – Neueste Veröffentlichung: Italy and Its Eastern Border, London/New York 2016 (paperback Ausgabe 2018) Ausbildung 1986 Habilitation in Neuerer und Neuester Geschichte an der Polytechnischen Hochschule Darmstadt 1974 Promotion an der Philosophischen Fakultät der Universität Triest Werdegang Seit 2012 Korrespondierendes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW 2006–2011 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Zentrums Historische Neuzeit- forschung der ÖAW 1999–2014 Ordinariat für Neueste Geschichte an der Universität Bern 1991–1998 Dozentin für Deutsche Geschichte und Geschichte der Geschichtsschrei- bung am Historischen Institut der Universität Triest 1984–1991 Forschungsstelle mit fester Anstellung an der Universität Triest 1982–1984 Assistentin in Neuester Geschichte an der Polytechnischen Hochschule Darmstadt Weitere Informationen zur Autorin sowie zur Liste der Veröffentlichungen finden Sie unter: http://www.hist.unibe.ch/ueber_uns/personen/cattaruzza_marina/index_ger.html ÖAW 15
MARINA CATTARUZZA ÖAW 16
WŁODZIMIERZ BORODZIEJ DIE POLNISCHE SCHEIDUNG VON UND MIT DER MONARCHIE 1918* WŁODZIMIERZ BORODZIEJ Als ich das erste Mal in diesem Saal Saal wissen, es gibt keine perfekten handelt, das in Universitätsstädten war – natürlich als Zuhörer – hätte Ehen, lediglich gute und schlechte. sehr viel verbreiteter ist als in Arbei- ich mir nie gedacht, dass ich irgend- Die polnisch-habsburgische war seit tervierteln, und auf dem Land tut wann, 2018, auch hier zu dieser illust- 1867 eine gute, und deswegen konnte sich da nicht viel. Genauso ist es im ren Gesellschaft in diesem ziemlich sie auch nicht an einem Grund schei- habsburgischen Teil Polens. Natürlich einmaligen Gebäude sprechen darf. tern, sondern es musste sich um werden Messen zelebriert. Die Unter- Zweitens, ich habe Herrn Suppan einen Prozess handeln. Und die vier- stützung für den Kaiser und das Kai- schon begrüßt, Herrn Schmitt, aber te Vorbemerkung: Ich habe versucht, serreich wird öffentlich demonstriert. Herrn Gerald Stourzh, den ich wohl diese Stadien und Ursachen in zwölf Aber diese polnische Variante der meinen väterlichen Freund nennen Thesen zu fassen, die ich hoffe, in Kriegsbegeisterung trägt seltsame darf, werde ich doch bei dieser Ge- zwanzig Minuten unter bringen zu Züge, die man am besten am Bei- legenheit ganz besonders herzlich können. Herr Schmitt, sagen Sie mir spiel von Lemberg, der Hauptstadt begrüßen. Dritte Vorbemerkung: Im bitte, wenn die neunzehnte Minute des öster reichischen Teilungsgebiets Titel meines Vortrags ist ja von Schei- angebrochen ist. Galizien, zeigen kann. dung die Rede, und wir alle in diesem These 1: Der Juli 1914 und die soge- Erstens: Die Nationalitäten sind für nannte Kriegsbegeisterung – daran den Krieg begeistert und extrem haben wir alle lange geglaubt. Die loyal – jede für sich. Die Polen in i hrer * Stilistisch leicht überarbeitete Transkription Untersuchungen der letzten 20, Kathedrale, die Ukrainer in ihrer eines am 26. Juni 2018 für die Gesamtsitzung der Österreichischen Akademie der Wissen- 30 Jahre zeigen, dass es sich erstens Sankt-Georgs-Kathedrale, die Arme- schaften frei gehaltenen Vortrags. um ein großstädtisches Phänomen nier, die Juden, alle d emonstrieren ÖAW 17
WŁODZIMIERZ BORODZIEJ ihre Loyalität gegenüber der Habs- arauf folgt eine furchtbar blutige D haben zwei Bücher über den Ersten burger Monarchie – getrennt. Schlachtenreihe in den Karpaten, die Weltkrieg und seine Folgen geschrie- Zweitens: Das Besondere am polni den ganzen Winter dauert und die in ben, bereiten jetzt noch ein drittes vor. schen Fall. In Warschau passiert genau der heutigen Erinnerung völlig ver- Was sich ab Sommer 1915 abspielt – dasselbe. Die polnischen Katholiken drängt wird. Alleine in der k. u. k. nach der Schlacht bei Gorlice und der zeigen sich extrem loyal gegenüber Armee sind das 800.000 Menschen, Rückgewinnung von Lemberg – be- dem Zaren. Die Warschauer Juden die ausfallen, und die wenigsten da- schreiben wir ironisch mit dem Stich- genauso. Von den R ussen, von d enen von fallen im Kampf. Die meisten wort „Die Rückkehr des Vaters“. es gar nicht so viele in Warschau gibt, erfrieren, sie sterben an Krankheiten Das ist ein polnisches Idiom: Der ganz zu schweigen. Also, eine dop- usw. – ein Blutbad sondergleichen. Vater kehrt aus irgendwelchen pre- pelte Separation der Loyalität und Das zeigt allen, die es wissen wol- kären Verhältnissen zurück und die Kriegsbegeisterung. Ein weiteres len: Die Armee dieses Großstaates ist Familie ist wieder komplett. Nichts Element dieser angeblichen Kriegs- nicht wirklich kriegstauglich. dergleichen. Die k. u. k. Soldaten, begeisterung ist, dass im polnischen Drittens kommt die Wende an der und am meisten fürchtet man sich Fall auf keinen Fall ein Nationalstaat Ostfront im Mai 1915 mit der Schlacht vor den Honvéds („Die schlimmsten angestrebt wird. Niemand kann sich von Gorlice, an die man schon eher Bestien sind die Honweden“ heißt vorstellen, dass es einen Krieg geben ab und zu zurückdenkt. Da wieder- es in einem zeitgenössischen Be- wird, in dem alle drei Teilungsmäch- um zeigt sich: Entscheidend ist der richt; im Zweiten Weltkrieg werden te auf einmal verlieren. Das gibt es in deutsche Anteil. Diese Armee wird sie ein völlig anderes Image haben, der Kriegsgeschichte nicht. Normaler von August von Mackensen, einem ebenso wie die Österreicher), aber weise hat am Ende der eine gewon- preußischen General, in den Kampf auch die Regimente aus den Alpen nen, der andere verloren. Hier verlie- geführt – extrem effektiv. Das ist und Donauländern verhalten sich ren am Ende alle drei. die erfolgreichste Schlacht der Mit- keineswegs besser als die russischen These 2: Die Entfremdung von der telmächte im Osten. Sie verschiebt Besatzer. Sie hängen jeden auf, der Monarchie beginnt mit den Nie- die Ostfront um Hunderte von Kilo irgendwie verdächtig erscheint. Als derlagen der Armee der Habsbur- metern. Es waren nicht die Öster- dann der Wiener Reichsrat im Früh- ger – hauptsächlich in Galizien im reicher, obwohl sie den Großteil der jahr 1917 wieder einberufen wird, Herbst 1914. Die stürzen ja förmlich Streitkräfte gestellt haben, sondern es entsteht eine seltsame Koalition von von einer Niederlage in die andere. war der preußische Anteil an dieser Abgeordneten aus Galizien – Polen Sie verlieren ganz Ost galizien. Offensive, der sie zu einem solchen und Ukrainer, die normalerweise Im Dezember stehen die Russen Erfolg gemacht hat. getrennte Wege gehen – und süd 12 Kilometer vom Krakauer Markt- Viertens: Was passiert nachher? Ost- slawischen und jüdischen Abgeord- platz entfernt. Sie schaffen es dann galizien wird vom russischen Okku- neten. Sie klagen die k. u. k. Armee nicht mehr, Krakau einzunehmen. panten befreit. Maciej Górny und ich der schlimmsten Verbrechen an. Es ÖAW 18
WŁODZIMIERZ BORODZIEJ ist die Rede von dreißigtausend toten tiven; alles bedeutungslos, da sie von kämpfen eben als Freiwillige für Zivilisten in Folge der Rückkehr der der politischen Entwicklung – Streiks, ein unabhängiges Polen, nicht als k. u. k. Armee in ihr eigenes Staatsge- Frustration, Hunger, Angst vor einer wehrpflichtige Untertanen dieses biet. Das scheint nun reichlich über- bolschewistischen Revolution an der oder jenes Kaisers. Diese zahlen- trieben. Ein österreichischer Kollege, Weichsel – gewissermaßen überrollt mäßig kleine Streitmacht soll für Hannes Leidinger, hat das sorgfältig werden. Wichtig ist eigentlich ein einen deutschen Vasallenstaat an der untersucht, und meint, sicher seien Mann, der zu Beginn durchaus auf Weichsel kämpfen und fallen? Nein! 622 Fälle von Exekution, bei denen die Karte der Mittelmächte setzt: Piłsudski provoziert eine Krise, lässt die strafrechtliche Grundlage mehr der ehemalige Sozialist und politi- sich von den Deutschen internieren als fraglich scheint. Aber was sich sche Terrorist Józef Piłsudski. Über und verbringt die Zeit zwischen Juli einprägt ist ja nicht, ob es 30.000 oder die entscheidenden Tage im Novem- 1917 und November 1918 in einem 60.000 waren, sondern das Bild, dass ber 1918 wird er das führende Wort Holzhaus innerhalb der Festung die eigene Armee, die zurückkehrt, halten. in Magdeburg – als „Internierter“, keineswegs besser ist als der russi- Den Deutschen schwebt anstelle denn sein Status bleibt ungeklärt. Er sche Okkupant, der sich in Ostgali- des ehemals sogenannten Russisch- wird nie angeklagt. Dafür ist Berlin zien relativ zivilisiert benommen hat. Polens ein deutscher Vasallenstaat zu klug. Mit der Magdeburger Haft Fünftens kommt die Dauer des Krie- vor, mit einem Hohenzollern als wird Piłsudski – bisher ein Held ges hinzu. Es ist etwas anderes, wenn polnischem König oder etwas in der vor allem der Linken – zu einem die Polen in k. u. k. Uniform Ostgali- Art. Der deutsche Exportschlager des Märtyrer. Nicht nur hat er die pol- zien befreien. Ist ja ihre Heimat. Aber 19. Jahrhunderts ist ja die Aristokra- nischen Freiwilligen geführt, jetzt wenn sie dann zwei Jahre lang am tie, vom Norden bis zum Süden Eu- wird er auch von den Mittelmächten Isonzo bluten – what for? Und diese ropas. Und Piłsudski, der zwischen dafür „bestraft“. Zu diesem Kontext Frage stellt man sich in Polen immer Sommer 1914 und Sommer 1917 zu gehört auch, dass Wien und Berlin öfter. einer legendären Gestalt geworden sich nicht über die Zukunft Polens These 6: Ich erspare Ihnen all die ist, sagt sich dann: Ich bin faktischer einigen können. Gehen wir einmal wechselnden politischen Konstella- Befehlshaber der polnischen Legio- von der Annahme aus, der Krieg tionen, vertraulichen Gespräche, die nen, also der Freiwilligeneinheiten. endet mit deren Sieg; nach den Frie- gesamte Geheimdiplomatie wie die Das entspricht insgesamt gerech- densschlüssen von Brest- Litovsk programmatischen Erklärungen, die net der Stärke von drei Divisionen, (auf die ich noch in einem anderen spätestens 1918 zu Makulatur wer- die nie alle gleichzeitig an der Front Kontext zurückkommen werde) ist den. Die polnischen Politiker hier in sind: Tausende fallen oder geraten das keine abstrakte Vorstellung. Was Wien schließen sich zu einem über- in Gefangenschaft, viele sind in der dann? Die polnisch-österreichische parteilichen Komitee zusammen, von Ausbildung, krank oder verwun- Variante eines Sieges im Osten ist ja den Sozialisten bis zu den Konserva- det, aber 40.000 bis 50.000 Männer die Idee des sogenannten Trialismus, ÖAW 19
WŁODZIMIERZ BORODZIEJ d. h. das ehemalige Russisch-Polen gerade in diesem Saal keine Eulen viel sie von der Zentralregierung in plus Galizien als dritter Bestandteil nach Athen tragen. Aber möglich Wien bekommen und was sie daraus der Monarchie. Daraufhin sagen die weise ist nicht allen geläufig, wel- tatsächlich für die Flüchtlinge ausge- Ungarn: Nicht mit uns! Und Berlin ches Bild die Habsburger Monarchie ben, und den Wienern, aber auch den hält von dieser Idee ebenso wenig. Die während des Großen Krieges bietet. Bewohnern Prags und anderer Orte, endlosen diplomatischen Gespräche Es gibt im Frühjahr 1917 Massen- die sagen: Wir brauchen keine Flücht- über die sogenannte polnische Frage streiks in der böhmischen Industrie. linge; was sollen diese Ostjuden bei erspare ich Ihnen ebenfalls, jedenfalls Die „Rädelsführer“ werden drako- uns? Der Staat verwaltet das ja be- gehört diese Uneinigkeit der beiden nisch bestraft, aber bereits im Juli kanntermaßen, in diesem Fall, natio Mittelmächte auch zu den Ursachen amnestiert, weil man in Wien merkt: nal. Das heißt, er schiebt die Kom- der Scheidung. Und dann ein gewis- Ohne die Arbeiterschaft kann man petenz auf die Selbstverwaltung ab. ser Roman Dmowski , der Begründer den Krieg nicht führen. Man muss Die Selbstverwaltung ist mehr oder der modernen polnischen Rechten. Er sich auch mit offensichtlich wider minder ethnisch strukturiert, d. h. ist alles andere als ein Konservativer. spenstigen Arbeitnehmern irgendwie die Polen helfen den Polen, die Juden Dmowski definiert das Wesen des einigen. Nun, wenn ein Staat zuerst den Juden usw. Es zeigt sich also eine modernen Polentums (dieser Begriff drakonisch vorgeht und dann nach- Fragmentierung des Staates, bei der wäre ihm wesentlich lieber gewesen gibt, ist das ein Zeichen seiner Schwä- für alle ziemlich offensichtlich wird, als die heute häufig verwendete che. Hinzu kommt ein Problem, das dass man auf die Zentralgewalt nicht „Polonität“) gewissermaßen darwi- aus dem österreichischen und polni- mehr vertrauen kann. nistisch, vor allem über Antisemi- schen (am wenigsten aus dem jüdi- Punkt 8: Die Krise von Anfang 1918. tismus und Antigermanismus. Er schen) Gedächtnis ausgeblendet ist: Auch an dieser Stelle will ich keine verfolgt von Anfang an ein defini- Die Frage der Flüchtlinge, die 1914 Eulen nach Athen tragen. Wir haben tiv anderes Konzept als Piłsudski. aus Angst vor den Russen aus Ost- es mit einem Zusammenbruch der Nämlich, dass die Entente gewinnen galizien fliehen. Nach offiziellen gesamten k. u. k. Industrie zu tun: wird. Seit 1915 ist er in Washington, Statistiken sind es knapp 400.000, Die erste große Streikwelle in Un- in London, in Paris pausenlos unter- aber wahrscheinlich waren es etwa garn; in den böhmischen Ländern, wegs und überredet nach und nach eine halbe Million Menschen, die in Wien – überall dasselbe Bild von die Politiker in den Hauptstädten, hauptsächlich in Cisleithanien, unter Massenstreiks, regelrechten Hunger- dass sie sich der polnischen Sache anderem in Wien, untergebracht wur- revolten. Man sieht, dieser Staat ist ähnlich annehmen wie der jugosla- den. Die Mittel werden mit jedem am Ende. Er kann das Elend nicht wischen und später der tschecho Monat knapper. So wachsen naturge- mehr verwalten. slowakischen. mäß die ohnehin enormen Spannun- Es gibt ein wunderbares Buch des Der siebente Punkt ist die offenbare gen zwischen den Flüchtlingen, die jungen tschechischen Historikers Schwächung der Monarchie. Ich will ihren Gastgebern vorrechnen, wie Rudolf Kučera darüber, wie sich das ÖAW 20
WŁODZIMIERZ BORODZIEJ in Böhmen und Mähren abspielt. des Massenstreiks im Januar 1918 hat dass man z. B. eine polnische Provinz In Polen haben wir dem wenig der österreichische Außenminister an die Ukraine abtreten kann (oder Vergleichbares entgegenzusetzen. Ottokar Graf von Czernin die Angst- auch nicht), dann ist mit euch nichts Galizien war auch nicht ansatzweise vorstellung vor den Augen, dass sein mehr zu machen. Der führende pol- so industrialisiert wie Böhmen und Land, wenn es kein Brot bekommt, nische Sozialist am Wiener Ring, Mähren. Aber in zwei Punkten sind nicht mehr Krieg führen kann. Den Ignacy Daszyński (der Schöne Ignaz, die Fälle gut vergleichbar. Das ist Deutschen ist es ziemlich egal, was er wie er in seiner Heimat ironisch erstens der Anteil der Frauen. Da die in Einzelfragen beschließt; auch sie apostrophiert wird), prägt damals Männer an der Front sind, werden wollen Brot. Czernin verspricht den den Satz, am 9. Februar 1918 sei die Frauen plötzlich und massen- Ukrainern alles Mögliche, darunter der Stern der Habsburger am pol- haft berufstätig. Das gilt sowohl für einige Landkreise im damaligen Zen- nischen Himmel erloschen. Damit Böhmen und Mähren wie auch für tralpolen, welche sie schon immer ist die Scheidung eingeleitet, und Galizien. Und zweitens selbstver- beansprucht haben. Geographisch keine Relativierung der Vertragsbe- ständlich der Einfluss der Russischen gesehen ist es eher lächerlich – es gibt stimmungen von Brest-Litovsk von Revolutionen. Im ersten Halbjahr nicht einmal Ansätze einer ukraini- Seiten des Wiener Ballhausplatzes 1918 fangen die Kriegsgefangenen schen Verwaltung dieses Landesteils kann helfen. Das Wichtigste ist, dass an, zurückzukommen, einige als – politisch der Kollaps der habs- sich in diesem Augenblick der soziale extreme Gegner des Bolschewismus; burgisch-polnischen Idee. Anders Protest, den ich soeben angesprochen andere überzeugt, das sei eigent- formuliert, handelt es sich um den habe, mit dem nationalen zu verbin- lich der einzige Ausweg, um dem Zeitpunkt, zu dem die Scheidungs- den beginnt. Die folgenden Streiks Massensterben ein Ende zu berei- papiere eingereicht werden. Die Ab- sind ganz unterschiedlicher Natur ten. Stimmungen, die keineswegs tretung des sogenannten Cholmer – auf die Details kann ich innerhalb zur Beruhigung der Lage innerhalb Landes an eine nicht vorhandene dieser 20 Minuten nicht eingehen, der hier skizzierten Ehebeziehung Ukraine zeitigt tödliche Folgen. Die aber es ist der Protest keineswegs beitragen. Dann gibt es den verges- polnischen Honoratioren schicken nur der Arbeiterschaft – verbunden senen Brotfrieden von Brest. Die massenhaft ihre Orden nach Wien mit der Forderung nach einem un- meisten denken bei diesem Begriff zurück oder lassen ihre Hunde diese abhängigen Polen, von Monat zu an den Vertrag, den die Mittelmächte als neues Halsband tragen. Die pol- Monat mehr. Wir haben es mit einer mit dem Sowjet-Bolschewistischen nischen Beamten treten in Streik. Die Scheidung zu tun, die noch nicht Russland geschlossen haben. Aber Arbeiterschaft ohnehin. Sie verwei- rechtskräftig ist, de facto aber bereits einen Monat früher schließen sie gern der Monarchie den Gehorsam. im Februar 1918 vollzogen wurde. ja einen Frieden mit einer fiktiven Der Grundtenor: Wenn ihr mit uns Nun zu den letzten drei Punkten, ukraini schen Volksrepublik, die es nach dem Prinzip des Länderscha- d. h. dem Epilog. Anfang November gar nicht gibt. Vor dem Hintergrund chers im 18. Jahrhundert umgeht, so- 1918 brechen in Lemberg Kämpfe ÖAW 21
WŁODZIMIERZ BORODZIEJ zwischen polnischen und ukraini- interessieren sich auch gar nicht für- Schließen will ich dann mit einem schen Freiwilligen aus. Ich erspare einander. Übrigens eine G eschichte, Zitat eines hoch interessanten pol- Ihnen die Geschichte, wie es dazu die ihre Fortsetzung im Kalten Krieg nischen Historikers. Er stammte aus gekommen ist. Am Ende siegen die hat. Ich habe ja meine Matura 300 Me- einem polnisch-jüdisch-ukrainischen Polen. Das Interessante ist die Re- ter von hier absolviert, 1975 an der Kontext. Die Familiengeschichte ist zeption dieser Kämpfe in Lemberg Stubenbastei. Wenn überhaupt von zu komplex, als dass ich sie hier er- in der polnischen Öffentlichkeit. Die Polen die Rede war, dann sprachen klären könnte. Auf jeden Fall war Österreicher und die Deutschen wer- meine österreichischen Mitschüler er der prominenteste Kenner der den angeklagt, die Entstehung eines davon, sie würden „runterfahren“ Habsburger Monarchie in Polen unabhängigen Polens verhindern zu nach Krakau. Diese Entfremdung be- nach 1945 und schrieb etwa 1980 wollen. Der von Timothy Snyder por- ginnt 1918. (der Text w urde erst in der Zeit der trätierte Wilhelm von Habsburg, der Der letzte Punkt. Der Mythos Galizien „Solidarność“ 1981 veröffentlicht) ukrainischer König werden wollte hält sich auf polnischer Seite trotz der einen Essay über eine Feier, die 1910 oder sollte, ist emblematisch für die- Scheidung gut. Soll es ja geben nach in Krakau stattgefunden hatte. Ge sen Verdacht: Eine deutschsprachige gelungenen Ehen, dass man sie trotz feiert wurde ein älterer polnischer Verschwörung im Dienste der Ukrai- der Scheidungsumstände bereits mit- Sozialist. Die jüngeren Linken, ner, um die Entstehung eines polni- telfristig in guter Erinnerung behält. darunter Henryk Wereszycki, von schen Staates zu behindern bzw. zu Der Vollzug der Scheidung ändert dem ich jetzt spreche, wünschten verhindern. nichts an einem insgesamt positiven dem Granden die Rückkehr in ein Als nächstes Element des Epilogs Bild der M onarchie, und zwar bis ins freies Warschau. Wereszycki schrieb kommt ein völkerrechtlich zivili- 21. Jahrhundert. Wenn in Polen vom 70 Jahre später resigniert: Wenn man sierter Vollzug der Scheidung. Die „Kaiser“ die Rede ist, sind weder 1930 auf dem Krakauer Marktplatz bilateralen Verhandlungen zwischen Alexander III noch Nikolaus II, weder gestanden ist, gab es weniger Frei- der Republik Polen und Deutsch- Wilhelm I noch Wilhelm II gemeint, heit als 1910. Was er nicht schreiben Österreich, später Österreich, ver- sondern immer Franz Josef. Er war durfte – denn das hätte die Zensur laufen eigentlich ziemlich reibungs- der einzige Kaiser. Das schlägt sich selbst 1981 nicht durchgelassen: los. Es gibt eine ganze Reihe von nach 1989 selbst in der Werbung Wenn man auf dem Krakauer Markt- finanziellen Verpflichtungen, wie nieder: Martin Pollacks Bild von platz 1950 gestanden wäre, oder auch viel P olen davon übernehmen soll, Galizien als Land des Elends, Aus- 1970, da hätte es diese Freiheit noch wie viele Archivalien aus Wien nach tragungsort gewaltiger sozialer und sehr viel weniger gegeben. Lemberg gehören, die Frage der Ren- ethnischer Konflikte kommt nicht ten und Ähnliches. Aber insgesamt vor, ein k. u. k. Arkadien hingegen sind sich Wien und Warschau inzwi- durchaus. schen völlig fremd geworden, sie ÖAW 22
WŁODZIMIERZ BORODZIEJ WŁODZIMIERZ BORODZIEJ Derzeitige Position – Professor für Zeitgeschichte an der Universität Warschau Arbeitsschwerpunkt – Polnische und europäische Geschichte im 20. Jahrhundert – u. a. der beiden Welt kriege, der Volksrepublik Polen und der internationalen Beziehungen im 20. Jahr- hundert. Ausbildung 1991 Habilitation an der Universität Warschau 1984 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Warschau 1975–1979 Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Warschau Werdegang 2017 Dr. h.c. der Friedrich-Schiller Universität Jena Seit 2016 Korrespondierendes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW Seit 2016 Ordentliches Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften 2016 Dr. h.c. der Friedrich-Schiller Universität Jena 2010–2016 Co-Direktor des Imre Kertész Kollegs an der FSU Jena. Eastern Europe in the Twentieth Century: Comparative Historical Experience 1999–2002 Prorektor der Universität Warschau 1997–2007 Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission Seit 1996 Professor für Zeitgeschichte an der Universität Warschau 1992–1994 Generaldirektor in der Sejmkanzlei der Republik Polen Weitere Informationen zum Autor finden Sie unter: http://www.bbaw.de/MitgliederCV/Borodziej.pdf ÖAW 23
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