Die Zukunft gestalten - Neue Technologien und Therapien 1/19 - B.Braun
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1/19 MAGAZIN DES B. BRAUN-KONZERNS FÜR FACHKREISE Die Zukunft gestalten Neue Technologien und Therapien nahdran 1/19 1
INHALT impressum n a h d ra n Magazin des B. Braun-Konzerns für Fachkreise erscheinungsweise 2 x p. a., Auflage 16 000 Exemplare, 14 000 Exemplare Direktversand herausgeber B. Braun Melsungen AG Carl-Braun-Straße 1 34212 Melsungen www.bbraun.de redaktion Johanna Kristen, Bibliomed Andrea Thöne, B. Braun TOPTHEMEN Ulrike Winston, B. Braun Bibliomed-Verlag Stadtwaldpark 10 34212 Melsungen Tel.: +49 (0) 56 61 - 73 44-14 Fax: +49 (0) 56 61 - 73 44-44 E-Mail: nahdran@bibliomed.de 9 3-D-Laparoskopie – eine Brücke zwischen fotografie Porträtfotos (privat): Abdruck mit konventioneller Chirurgie und Robotik freundlicher Genehmigung der Autoren Über die Vorteile des Operierens in 3-D layout Pamela Kröhl, Bibliomed produktion 12 Mein Name ist Thea – aus der L. N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, 47608 Geldern Pepper-Familie leserbriefe, anzeigen & service Bibliomed nahdran Redaktion Im Future Care Lab des Dorothea Erxleben Lernzentrums in Halle erlernen Ärzte und Pflegende den Umgang mit Zukunftstechnologien in der Kranken- vertrieb versorgung. Petra Volk, Bibliomed Tel.: +49 (0) 56 61 – 73 44-79 E-Mail: nahdran@bibliomed.de hinweis 16 Die „Betten-Schlange“ Die in dieser Ausgabe veröffentlichten In Dänemark hat die Gesundheitsreform von 2007 zu einer Modernisierung Beiträge sind urheberrechtlich geschützt der Krankenhauslandschaft geführt. und liegen jeweils in der Verantwortung Titelfoto: Getty Frank Schinski des betreffenden Autors. V. i. S. d. P. für das Magazin ist Andrea Thöne. Die Redaktion übernimmt für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder keine Verantwortung. Alle Rechte sind vorbe- halten. Kein Teil dieser Ausgabe darf ohne schriftliche Genehmigung des Heraus- gebers reproduziert werden. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Herausgebers gestattet. Alle Angaben erfolgen nach bestem Gewissen, jedoch ohne Gewähr. Eine Haftung wird nicht übernommen. 2 nahdran 1/19
NEUE TECHNOLOGIEN NEUE THERAPIEN ZUKUNFTSMODELLE 6 Laparoskopie oder Robotik – 20 Auf dem Fast Track 32 Zauberschlüssel 8–98j wohin geht der Trend? Fast Track erhält immer mehr Einzug in die Über die Hoffnung auf einen Paradigmen- Praxis. Im Vordergrund steht eine möglichst wechsel in der Ernährungskodierung In vielen Zentren der Leberchirurgie ist die rasche Genesung des Patienten. Doch der laparoskopische Operation heute Standard Ansatz hat auch seine Tücken. geworden. Es ist davon auszugehen, dass 38 Gute Ideen schneller umsetzen mit Weiterentwicklung der Robotiksysteme künftig Laparoskopie und Robotik miteinander Produkte sollen möglichst passgenau auf 24 Dem Delir auf der Spur verschmelzen. den jeweiligen Kunden zugeschnitten sein Wie man Delir-Inzidenzraten im OP senken und seine Probleme lösen. Dafür braucht kann, zeigt das St. Franziskus-Hospital in es Orte für Kreativität, Teamwork und 34 Apps auf dem Prüfstand Münster. Erfindergeist. Inzwischen gibt es unzählige digitale Alltagshelfer. Bei der Auswahl ist Bedacht 27 Kleiner Schwamm – gefragt. Für Diabetes-Apps gibt es nun ein WEITERE RUBRIKEN Gütesiegel. große Wirkung Anastomoseninsufffizienzen des Ösophagus 4 Aesculap Akademie nach Ösophagusresektion oder Gastrektomie gehen mit einer hohen Mortalität einher. 5 Editorial Moderne Methoden wie die endoluminale Vakuumtherapie können helfen. 40 Wir über uns 30 OTT kann viel bewegen Die Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie (OTT) bringt Energie und ein Stück Normalität in den Alltag zurück. nahdran 1/19 3
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editorial Gemeinsam in die Zukunft Einstein, Pepper, Thea und Co: Hinter den vermeintlich gewöhnlich klingenden Namen für des Menschen besten Freund verbirgt sich weit mehr. Hierin steckt viel Potenzial für die Zukunft. Sie stehen für neue Technologien in der Gesundheitsversorgung, die wir Ihnen in der vorliegenden Ausgabe der nahdran vorstellen möchten. Eine Brücke zwischen konventioneller Chirurgie und Robotik bildet derzeit die roboter- assistierte 3-D-Laparoskopie mit Vorteilen für Operateure und Patienten, darunter hohe Präzision, sehr gute Raumwahrnehmung, zusätzliche Bewegungsfreiheitsgrade, bessere Ergonomie sowie kürzere Verweildauern und schnellere Erholung nach der OP. Den Umgang mit Innovationen zu erlernen, ist unerlässlich. nahdran hat das Future Care Lab des Dorothea Erxleben Lernzentrums in Halle besucht. Hier werden Ärzte und Pfle- gende mit der Versorgung von morgen vertraut gemacht – ob Televisite mit Präsenzro- boter Double oder MRT-Aufklärung mit Assistenzroboter Thea aus der Pepper-Familie. Um Technologien zu entwickeln, braucht es Erfindergeist. Dieser wiederum einen Ort Frank Weller zur Entfaltung. Im Tuttlinger Innovationslabor „werk_39“ arbeiten Industrie, Klinik- Geschäftsbereichsleiter Chirurgie & Interventionen Deutschland management und Anwender gemeinsam an passgenauen Lösungen für die Zukunft. Wie eine moderne Krankenhauslandschaft aussehen kann, zeigt ein Blick auf Dänemark: Dort hat die Gesundheitsreform von 2007 zu weniger Versorgungsregionen und Kliniken verbunden mit wesentlichen Umstrukturierungen geführt – davon betroffen auch das Rigshospitalet in Kopenhagen. Die Digitalisierung verändert auch das Management chronischer Erkrankungen. Inzwischen gibt es zahlreiche digitale Alltagshelfer. Doch die Auswahl erfordert Bedacht. Für Diabetes-Apps gibt es seit Kurzem ein Gütesiegel. Außerdem in unserem Fokus: Delir im OP, Enhanced Recovery After Surgery (ERAS) oder „Fast Track“, Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie (OTT), endoskopische Schwammtherapie sowie Ernährungskodierung. Überall gibt es Veränderung. Fast zehn Jahre begrüßte Sie Christian Frimmel als Senior Vice President Chirurgie & Interventionen an dieser Stelle und leitete in die jeweiligen Inhalte ein. Wir möchten uns hiermit von ihm verabschieden. Er stellt sich seit dem 1. Januar neuen internationalen Herausforderungen im Global Marketing und Sales des B. Braun-Konzerns. Als sein Nachfolger möchte ich mich kurz vorstellen: Ich, Frank Wel- ler, bin seit 1996 in verschiedenen Positionen im B. Braun-Konzern tätig, zuletzt als Ver- triebsbereichsleiter Chirurgische Investivgüter. Ich freue mich, die Arbeit von Christian Frimmel fortführen und weiterentwickeln zu dürfen. Und ich freue mich auf die Begeg- nung mit Ihnen, persönlich und beim Lesen unserer Zeitschrift. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre der neuen nahdran und freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen die Zukunft zu gestalten. Ihr Frank Weller Bitte beachten Sie auch unsere Umfrage auf der Rückseite. Wir würden uns freuen, wenn Sie mitmachen. nahdran 1/19 5
NEUE TECHNOLOGIEN Minimalinvasive Leberchirurgie Laparoskopie oder Robotik – wohin geht der Trend? Die ersten laparoskopischen Leberresektionen wurden bereits in den 1990er-Jahren durchgeführt. Es schien allerdings bis vor wenigen Jahren noch undenkbar, dass in vielen Zentren der Leberchirurgie die laparoskopische Operation heute bei entsprechend geeigneten Patienten Standard geworden ist und die offene Chirurgie den komplexen Fällen mit Gefäßersatz oder Zweit- oder Dritteingriffen an der Leber vorbehalten bleibt. Prof. Dr. Stephan Kersting D iese Entwicklung ist die (begrüßens- Metaanalysen, deutliche Vorteile für das werte) natürliche Folge der Ausbil- minimalinvasive Vorgehen. dung einer Chirurgengeneration, die Typisch für alle minimalinvasiven Verfahren von Beginn an die Laparoskopie als Stan- sind eine Verringerung der postoperativen dardzugang bei Leistenhernienversorgung Schmerzen, eine Verkürzung des Kranken- (Transabdominale Präperitoneale Patch- hausaufenthaltes und ein besseres kosme- Plastik, TAPP, und Total Extraperitoneale tisches Ergebnis sowie eine geringere Rate Plastik, TEP), Cholezystektomie und Darm- von späteren Narbenhernien und Verwach- resektionen erleben und die sich inzwi- sungen. Diese Effekte sind auch in der la- schen vielmals laparoskopisch sicherer als paroskopischen Leberchirurgie zu verzeich- in der offenen Chirurgie bewegen. Zudem nen. Spezifisch für die Leberchirurgie haben die Weiterentwicklungen in der zeigen sich aber auch ein deutlich geringerer robotisch-assistierten Chirurgie das Feld Blutverlust bei laparoskopischen Leberre- der Leberchirurgie ebenfalls erschlossen, sektionen und eine geringere postoperative und insbesondere komplexe Eingriffe könn- Aszitesbildung nach Operationen bei Le- ten von den zusätzlichen Bewegungsfrei- berzirrhose. Wie auch in der offenen Chi- heitsgraden der Roboterchirurgie profitieren. rurgie strebt man beim laparoskopischen Vorgehen einen zentralvenösen Druck Derzeitiger Stand der (ZVD) von < 5 mmHg an. Der Gegendruck laparoskopischen Leberresektion durch das meist mit 12 bis 14 mmHg ange- Bei aller Euphorie über die Minimalisierung legte Kapnoperitoneum führt zu einem des Zugangstraumas und Begeisterung für deutlich geringeren Blutverlust bei der Par- neue Techniken müssen sich neue chirurgi- enchymdissektion aus den venösen Leber- sche Methoden grundsätzlich dem Vergleich gefäßen. Daraus resultiert nicht nur ein ge- mit den bewährten Verfahren stellen. ringerer Blutverlust, sondern auch eine Inzwischen wurden bereits zwei interna- verbesserte Übersicht, insbesondere bei der tionale und eine europäische Konsensus- Dissektion entlang größerer Lebervenen. konferenz zur laparoskopischen Leberchi- Selbst bei temporärer Erhöhung des in- rurgie durchgeführt (2008 in Louisville, traabdominellen Gasdrucks in einer Blu- USA, 2014 in Morioka, Japan, 2017 in tungssituation auf 16 bis 20 mmHg kommt Southampton, Großbritannien), die den je- es durch die hervorragende Löslichkeit des weiligen Status quo evaluierten und Rah- CO2 im Blut regelhaft nicht zu einer klini- menbedingungen für diese neuen Metho- schen manifesten Gasembolie, wie man es den definieren sollten. Auch wenn in der offenen Chirurgie bei niedrigem ZVD prospektiv-randomisierte Studien fehlen, kennt und fürchtet. Vorsicht sollte man im zeigen sich in verschiedenen Fallserien, Hinblick auf eine Gasembolie allerdings mit Fallkontrollstudien und inzwischen auch der Verwendung des Argon-Beamers wal- 6 nahdran 1/19
NEUE TECHNOLOGIEN ten lassen und diesen zumindest nicht in rändern (R1) ist jedenfalls in den lapa- ken durchgeführt werden. In verschiedenen der Nähe von größeren offenen Lebervenen roskopischen Serien im Vergleich zum offe- Ländern werden und wurden formalisierte verwenden. nen Vorgehen nicht erhöht. Zum Langzeit- Trainingsprogramme für die laparoskopi- Für die Durchtrennung des Leberparen- verlauf sind allerdings noch Daten von gut sche Leberchirurgie etabliert und als Vo- chyms gibt es – wie in der offenen Chirur- angelegten, größeren Studien mit entspre- raussetzung für die Durchführung solcher gie – die unterschiedlichsten Methoden, chender Nachbeobachtungszeit notwendig. Eingriffe festgelegt. Dies wäre auch für die je nach Präferenz des Operateurs von Leberchirurgie ist nicht gleich Leberchirur- Deutschland wünschenswert, da die Evi- ultraschallgestützten Geräten über bipola- gie. Während kleine und oberflächlich in denz deutlich für die laparoskopische Ope- ren Strom in sogenannten Energy Devices den vorderen Segmenten gelegene Metas- ration günstig gelegener Lebertumore und bis hin zu Clips und Staplern reichen. Ein tasen und Tumore laparoskopisch relativ Metastasen spricht, und das laparoskopi- klarer Vorteil für die eine oder andere einfach und sicher zu entfernen sind und sche Vorgehen derzeit zunehmende Ver- Methode hat sich bislang nicht herauskris- anatomische Resektionen der linkslateralen breitung in den Zentren für Leberchirurgie tallisiert – klar ist nur, dass eine große la- Segmente (S2/3) technisch meist problem- findet. Während zum Beispiel eine linksla- paroskopische Expertise, auch mit siche- los durchzuführen sind, stellen Leberherde terale Resektion der Segmente 2/3 durch rem Beherrschen von laparoskopischen in den dorsalen Segmenten und größere die gerade, schmale Resektionsfläche lapa- Naht- und Knotentechniken für akute Blu- anatomische Resektionen wie Hemihepat- roskopisch relativ einfach durchzuführen tungssituationen, unabdingbar ist. ektomien und Trisektorektomien eine He- ist, ist die Operation komplexerer Leberre- Unklar ist bislang, ob laparoskopische rausforderung an die laparoskopischen Fä- sektionen laparoskopisch anspruchsvoll. Leberresektionen zumindest ein vergleich- higkeiten eines Chirurgen dar und sollten Insbesondere die komplexe laparoskopi- bares, eventuell sogar verbessertes onkolo- nur bei entsprechender Erfahrung sowohl sche Leberchirurgie könnte daher von den gisches Outcome bei malignen Indikationen in der Leberchirurgie als auch nur bei Si- operationstechnischen Vorteilen der Robo- haben. Die Rate von positiven Resektions- cherheit in allen laparoskopischen Techni- terchirurgie profitieren. nahdran 1/19 7
NEUE TECHNOLOGIEN „ Das Thema ,Robotik‘ ist in der Medizintechnik aktuell in aller Munde: Start-ups, etablierte Unternehmen, Gesundheitsversorger und viele andere MedTech- Anbieter entfachen auf diesem Gebiet, das ,die neue Chirurgie‘ zu sein scheint, allerlei Aktivitäten mit attraktivem Zukunftspotenzial. Große Chancen – aber auch große Herausforderungen liegen auf diesem Weg vor uns. Der steigende Kostendruck auf die Versorger – und damit auch auf die Anbieter – steht im Gegensatz zu den höheren Dr. Joachim Schulz Kosten beim Einsatz der roboterassistierten Systeme. Vorstandsvorsitzender der Aesculap AG Dieser Artikel zeigt unter anderem auch derzeit noch existente Nachteile der verschiedenen Systeme auf, die in den nächsten Jahren sicherlich gelöst werden können: Größte Chancen entstehen hierfür durch die Anbindung und das ,Monitoring‘ der Systeme. Eine roboteras- sistierte Operation lässt dabei eine Analyse zu, die bisher nicht möglich schien. Prof. Dr. Boris Hofmann Daten können somit die Qualitätssicherung und Entscheidungsanalysen effektiv unter- Senior Vice President stützen, indem sie auf die Analysen aller vergleichbaren Operationen in Echtzeit zugrei- B. Braun Innovation fen. Das früher nur durch viel operative Erfahrung erreichte Wissen steht so zukünftigen Hub and Digital Generationen von Chirurgen als digitale Expertise zur Verfügung und wird die Qualität Innovation, der Chirurgie weiter deutlich verbessern – zum Wohle des Patienten.“ Aesculap AG Roboterchirurgie durch den Roboter gehalten werden. Die einen deutlichen Vorteil zur offenen Die minimalinvasive, roboterunterstützte Vorteile der 30-Grad-Optik sind durch die Chirurgie, sodass bereits für die Gegenwart Chirurgie wird die Chirurgie verändern, wie parallele Anordnung der beiden Kameras die laparoskopische Leberchirurgie der es in den 1990er-Jahren die Einführung der für die dreidimensionale Sicht nicht zu Standard bei einfachen Resektionen sein laparoskopischen Chirurgie getan hat. Bis- nutzen, was man insbesondere bei der Mo- sollte und die Zukunft die komplexe Leber- lang ist hauptsächlich der „da Vinci“-Ro- bilisation der rechten Leber aus dem Retro- chirurgie durch technische Weiterentwick- boter, inzwischen in seiner dritten Genera- peritoneum und von der V. cava inferior lung der Instrumente vereinfacht oder erst tion, etabliert. Weitere Roboter, teilweise sehr vermisst. Der größte Nachteil der möglich macht. mit ähnlichen, aber auch ganz anderen roboterassistierten Chirurgie bei der Präpa- Konzepten, kommen derzeit auf den Markt. ration feiner Strukturen liegt derzeit aller- Inzwischen sind mehrere Serien roboter- dings noch im fehlenden haptischen Feed- Literatur beim Verfasser assistierter Eingriffe an der Leber von klei- back – man weiß nicht, wie fest man neren atypischen bis hin zu komplexen zufasst, und die Spannung auf dem Gewe- Kontakt: Resektionen publiziert. be oder einem Faden beim Nähen lässt sich Prof. Dr. Stephan Kersting, MBA Die Hauptvorteile der Roboterchirurgie lie- nur aus indirekten Hinweisen visuell ab- Stellvertreter des Klinikdirektors und gen in den zusätzlichen Freiheitsgraden, schätzen. Die überragenden Vorteile der Leitender Oberarzt Universitätsklinikum Erlangen die die Instrumente im Körper einnehmen größeren Beweglichkeit der Instrumente Chirurgische Klinik können und die Bewegungen des Handge- im Körper werden derzeit also noch durch Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lenks komplett nachvollziehen. In der robo- eine bauartbedingte geringe Flexibilität Krankenhausstr. 12 terassistierten Leberchirurgie zeigt sich des Systems an sich ausgeglichen. 91054 Erlangen dieser Vorteil insbesondere bei Präparation stephan.kersting@uk-erlangen.de der dorsal der Leberkuppeln gelegenen Und die Zukunft ...? zentralen Lebervenen und bei der Präpara- Es ist davon auszugehen, dass mit Weiter- tion der Strukturen im Hilus. Ein zusätzli- und Neuentwicklung der Robotiksysteme cher Vorteil liegt in der dreidimensionalen in Zukunft Laparoskopie und Robotik mit- Sicht der Kamera, die intuitiv vom Opera- einander verschmelzen und die Übergänge teur selber gesteuert werden kann und da- zum Beispiel durch modularen Einsatz ein- mit ein sehr ruhiges, statisches Bild liefert. zelner Roboterarme im Rahmen einer Nachteilig ist die deutlich geringere Flexi- Laparoskopie fließend werden. Die darge- bilität im Vergleich zur laparoskopischen stellten Nachteile der Robotik werden mit Leberchirurgie: Die einmal gewählte Positi- neuen Generationen von Robotern und der on der Roboterarme kann nur aufwendig zunehmenden Konkurrenz auf dem Markt korrigiert werden, in einer schwierigen zügig behoben werden. Gerade in der Situation „mal schnell“ über Kreuz zu grei- Leberchirurgie hat das laparoskopische fen oder den Kameratrokar zu tauschen, ist Vorgehen mit der reduzierten Blutungsnei- nicht möglich. Die Kamera ist groß und un- gung durch das Kapnoperitoneum und die handlich und kann über längere Zeit nur vergrößerte Sicht auf die feinen Strukturen 8 nahdran 1/19
NEUE TECHNOLOGIEN Dreidimensionales Operieren 3-D-Laparoskopie – eine Brücke zwischen konventioneller Chirurgie und Robotik Operieren in 3-D hat wesentliche Vorteile. So machen hochauflösende Bilder selbst kleinste Gewebestrukturen sichtbar und ermöglichen eine bessere Raumwahrnehmung – ein wichtiger Aspekt in der Ausbildung junger Operateure. Zudem begünstigen moderne „Wireless“-Systeme die Ergonomie im OP. Und im Vergleich zur Robotik sind auch die Anschaffungs- und Materialkosten der 3-D-Laparoskopie geringer. Prof. Dr. Jörg Glatzle zystektomie stellte er seine Ergebnisse auf dem Deutschen Chirurgenkongress in Mün- chen vor. Zu diesem Zeitpunkt hatte Profes- sor Mühe bereits 97 laparoskopische Chole- zystektomien durchgeführt. Seine neue Operationsmethode stieß allerdings auf Ablehnung bei seinen Kollegen. Die minima- linvasive Operationsmethode wurde als zu gefährlich eingestuft. Dies ist aus heutiger Sicht, gute 30 Jahre später, kaum vorstellbar. Heutzutage hat sich die laparoskopische Cholezystektomie als Standardmethode zur Entfernung der Gallenblase etabliert, ohne dass je eine vergleichende randomisierte prospektive Studie zur Überlegenheit der la- paroskopischen gegenüber der konventionel- D ie laparoskopische Operation len Cholezystektomie durchgeführt wurde. hat in Deutschland eine lange Die Vorteile der laparoskopischen Chirurgie Tradition. Die erste laparosko- sind evident: schnellere Rekonvaleszenz pische Blinddarmentfernung wurde durch geringeres Trauma im Bereich der 1980 an der Universitätsfrauenklinik Bauchdecke, weniger Schmerzen, schnellere zu Kiel durch den Gynäkologen Pro- Mobilisation, weniger abdominelle Ver- fessor Dr. Kurt Semm durchgeführt. wachsungen und eine geringere Kranken- Fünf Jahre später erfolgte die erste hausverweildauer sowie Krankheitsdauer. laparoskopische Gallenblasenentfer- Die Methodik der laparoskopischen Chirur- nung weltweit durch den Chirurgen gie wurde über die Jahre weiterentwickelt Professor Dr. Erich Mühe am Kreis- und verfeinert, sodass mittlerweile alle ab- krankenhaus Böblingen. Schon da- dominellen Organe laparoskopisch operiert mals war Mühe von der schnellen Rekon- werden können. Wesentliche Fortschritte valeszenz seiner Patienten nach der haben die Videoübertragung auf einen Mo- laparoskopischen Operation beeindruckt. Er nitor, die Differenzierung der Operationsin- entwickelte die Technik der laparoskopi- strumente und die Entwicklung von „seal schen Cholezystektomie weiter und verfei- and cut“-Instrumenten zur Blutstillung nerte die Operationsinstrumente. Ein Jahr und weitgehend atraumatischen Gewebe- nach seiner ersten erfolgreichen Chole- durchtrennung erbracht. nahdran 1/19 9
NEUE TECHNOLOGIEN Foto: Klinikum Konstanz Millimetergenaue Steuerung der mikrochirurgischen Instrumente, die ter Nacken-, Schulter- und Rückenschmer- Um in Krisenherden ferngesteuert operie- nach zehn Einsätzen ausgetauscht werden zen. Aufgrund der immensen Weiterent- ren zu können, wurde in den 1980er-Jah- müssen. wicklungen der Laparoskopie innerhalb der ren ein Operationsroboter entwickelt. Die- letzten drei Jahrzehnte erfolgte sowohl ei- ser besteht aus einer Steuerkonsole, an der Hochauflösende 3-D-Bilder und ne wesentliche Ergonomisierung der Ope- der Chirurg sitzt, und einer Robotereinheit, bessere Ergonomie rationsinstrumente als auch eine deutliche die sich im Operationssaal mit dem Patien- Die Miniaturisierung der 3-D-Kameratech- Verbesserung der Visualisierung des Opera- ten befindet. Der Operateur erhält über die nik konnte die konventionelle laparoskopi- tionssitus. Dies führte bei den Chirurgen zu 3-D-Kamera, die über die Roboterarme in sche Chirurgie ebenfalls revolutionieren. spürbar verbesserten Arbeitsbedingungen. den Patienten eingebracht ist, ein Bild des Bei dieser befinden sich zwei Kamerachips Operationsfeldes und kann die weiteren an der Spitze der Optik zusammen mit dem Dreidimensionale Raumwahrnehmung als Roboterarme ferngesteuert bedienen. Die Glasfaser-Lichtleiter. Die Übertragung des entscheidender Lernvorteil Roboterarme, die mit den mikrochirurgi- 3-D-Bildes erfolgt auf den Operationsmo- Mit der flächendeckenden Einführung der schen Instrumenten bestückt sind, besitzen nitor. Der Operateur kann mithilfe einer laparoskopischen Chirurgie musste das mehrere Rotationsachsen, sodass auf eng- 3-D-Brille ein hochauflösendes dreidimen- Ausbildungskonzept des chirurgischen stem Raum die Instrumente millimeterge- sionales Bild des Operationssitus sehen. Nachwuchses neu überdacht und überar- nau gesteuert werden können. Das Robo- Das Bild kann wie bei dem Robotersystem beitet werden. Das Training für laparosko- tersystem da Vinci wurde ab der Jahr- mehrfach vergrößert werden, um feine pische Operationen findet in Trainingszen- tausendwende zugelassen und befindet Strukturen differenziert darzustellen. Das tren statt. Dabei werden an synthetischen sich zunehmend im klinischen Einsatz. Ein dreidimensionale Bild kann an einen weite- oder tierischen Organen die einzelnen wesentlicher Vorteil des Robotersystems ren Monitor übertragen werden, sodass so- standardisierten Operationsschritte geübt ist, dass die gewohnten Freiheitsgrade, die wohl der Operateur als auch die OP-Assis- und durchgeführt. Die Schwierigkeiten bei eine menschliche Hand besitzt, auch auf tenz einen Monitor in ihrer jeweiligen der klassischen laparoskopischen Chirurgie engstem Raum auf die mithilfe der in Echt- Blickrichtung haben. Dadurch wird die Er- sind die deutlich reduzierte Haptik im Ver- zeit gesteuerten Roboterarme übertragen gonomie für die Operateure wesentlich gleich zur konventionellen Operation und werden können. Das Computersystem des verbessert. In den Anfängen der laparosko- die deutlich reduzierte räumliche Wahr- Roboters ist sogar in der Lage, unwillkürli- pischen Chirurgie wurden die Vorteile der nehmung durch das erzeugte zweidimen- che Handbewegungen wie Händezittern zu minimalinvasiven Chirurgie vor allem bei sionale Bild am Operationsmonitor. Im unterdrücken. Durch das 3-D-Kamerabild, dem Patienten durch das verringerte ope- Rahmen einer Promotion haben wir das das bei Bedarf auch vergrößert werden rative Trauma gesehen. Auf die Bedürfnisse manuelle Erlernen von minimalinvasiven kann, kommen kleine Strukturen wie Ner- des Operationsteams wurde wenig Rück- Operationstechniken an untrainierten Me- ven oder kleine Blutgefäße sehr gut zur sicht genommen. Durch zu kleine Monito- dizinstudenten am Chirurgischen Trai- Darstellung. Der wesentliche Nachteil des re, unphysiologisch zu bedienende Instru- ningszentrum in Konstanz eingehend un- Robotersystems sind die immens hohen mente und ungewohnte Haltungen bei der tersucht. Die Studenten wurden dabei in Anschaffungskosten und die hohen Kosten Operation litten die Operateure häufig un- zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine erlernte 10 nahdran 1/19
NEUE TECHNOLOGIEN die minimalinvasiven Techniken aus- schließlich über das kameravermittelte Tab. 1: Konventionelle Chirurgie versus 3-D-Laproskopie versus Robotik zweidimensionale Bild am Operationsmo- nitor, die andere Gruppe dieselben Techni- Konventionelle Chirurgie 3-D-Laparoskopie Robotik ken sowohl an einem zweidimensionalen Sicht auf Operationssitus ++ +++ +++ Monitorbild als auch über eine dreidimen- sionale Darstellung des Operationssitus. Haptik +++ ++ + Dabei zeigte sich ganz deutlich, dass für das Erlernen von komplexen operativen Operative Freiheitsgrade ++ + +++ Aufgaben eine dreidimensionale Raum- wahrnehmung ein entscheidender Lernvor- Minimalisierung des + +++ +++ teil ist. Das mag auf den ersten Blick nicht Operationstraumas überraschend sein, denn es spiegelt unsere Erlernung der Methodik +++ ++ + Erfahrung im täglichen Alltag wider. Den- noch, bei der minimalinvasiven Operation Kostenersparnis +++ ++ + am zweidimensionalen Monitor ist die Raumwahrnehmung auch bei erfahrenen Chirurgen gewöhnungsbedürftig und be- tent stets einen identischen Blick auf den Freiheitsgrade häufig durch die Trokarposi- darf intensiven Trainings, insbesondere Operationssitus. Komplexe operative tion und die linearen Instrumente be- wenn komplexe Operationsmaßnahmen Schritte wie zum Beispiel Lympnodektomie grenzt. Mit den zunehmend auf den Markt wie zum Beispiel intrakorporales Nähen im Leberhilus oder intrakorporales Nähen kommenden abwinkelbaren Operations- und Knoten auf engem Raum durchgeführt von Anastomosen können mit dreidimen- und Versiegelungsinstrumenten können werden müssen. sionaler Sicht, dank der exakten räumli- zusätzliche Freiheitsgrade geschaffen wer- chen Wahrnehmung, sicher wie bei der den, die das größte Manko der minimalin- „wireless“ im Operationssaal konventionellen offenen Chirurgie durch- vasiven Chirurgie wesentlich verbessern. Am Klinikum Konstanz arbeiten wir seit geführt werden. Die Anschaffungs- und Materialkosten lie- April 2016 mit dem EinsteinVision 2.0 3-D- gen bei der 3-D-Laparoskopie deutlich un- Laparoskopie-System. Es wird interdiszipli- Konventionelle Chirurgie versus ter den Kosten der Robotik, sodass nahezu när in der Thoraxchirurgie, in der Gynäko- 3-D-Laparoskopie versus Robotik alle Operationen innerer Organe kostende- logie und in der Viszeralchirurgie genutzt. Die konventionelle Chirurgie ist die Basis ckend durchgeführt werden können. In der Viszeralchirurgie kommt es routine- der Chirurgie und kann klassisch durch As- mäßig bei allen komplexen Operationen sistenz bei der Operation erlernt werden. Fazit wie beispielsweise Ösophagus-, Magen-, Die Haptik ist durch das „Fingerspitzenge- Die 3-D-Laparoskopie stellt ein exzellentes Pankreas-, Leber-, Kolon- und Rektumchi- fühl“ des Operateurs exzellent und die Frei- minimalinvasives Operationsverfahren dar. rurgie zum Einsatz. Das System bietet eine heitsgrade sind durch die Beweglichkeit Am Klinikum Konstanz werden in der Tho- hervorragende Bildqualität auf zwei Ope- der menschlichen Hand definiert. Um eine raxchirurgie, der Gynäkologie und der Vis- rationsmonitoren, die wahlweise auf 2-D ausreichende Exposition zu erreichen, muss zeralchirurgie alle minimalinvasiven Ope- oder 3-D umgeschaltet werden können. Die eine entsprechende Zugangsinzision erfol- rationen mit höherem Schwierigkeitsgrad Funkanbindung des Zusatzmonitors macht gen. Diese stellt einen wesentlichen Teil damit durchgeführt. Um ein kosteneffi- es möglich, dass dieser „wireless“ im Ope- des operativen Traumas dar, wodurch sich zientes Arbeiten zu gewährleisten, werden rationssaal nach den Bedürfnissen der die verlängerte Rekonvaleszenz bei der in der Viszeralchirurgie Operationen an Operateure positioniert werden kann. Die konventionellen Chirurgie ableitet. In der Ösophagus, Magen, Pankreas, Nebennieren, Kamera mit der entsprechenden Optik wird Robotik hingegen ist die Sicht auf den Si- Leber, Kolon und Rektum mit der 3-D-La- mit einem sterilen Überzug versehen, so- tus aufgrund modernster 3-D-Visualisie- paroskopie vorgenommen. Leistenhernien- dass das Sterilisieren der Optik entfällt. So rung auch auf engstem Raum optimal. operationen, Cholezystektomien und Ap- können mehrere Operationen hintereinan- Dank der zusätzlichen Freiheitsgrade der pendektomien werden hingegen nach wie der mit nur einer Optik durchgeführt Roboterarme können sogar mehr Freiheits- vor mit der klassischen 2-D-Kamera ope- werden. Die Eingewöhnungszeit auf das grade, als die menschliche Hand besitzt, riert, die alternativ auch an den Operati- EinsteinVision-System ist kurz. Die dreidi- erreicht werden. Wegen der kleinen Zu- onsturm des EinsteinVision angeschlossen mensionale Sicht beim laparoskopischen gangswege ist das operative Trauma im werden kann. Operieren ist häufig deutlich besser als bei Bereich der Bauchdecke deutlich geringer der konventionellen Operation, insbeson- als bei der konventionellen Chirurgie. Die Kontakt: dere wenn auf engem Raum operiert wird. wesentlichen Nachteile des Robotersys- Prof. Dr. Jörg Glatzle, MHBA Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Die Kamera mit der Lichtquelle besitzt ei- tems sind jedoch das langwierige Training Viszeralchirurgie nen Durchmesser von zehn Millimetern und die immensen Anschaffungs- und Ma- Stellvertretender Ärztlicher Direktor und kann auch in engste Räume gut posi- terialkosten. Die 3-D-Laparoskopie stellt Klinikum Konstanz tioniert werden, in die bei der konventio- gewissermaßen eine Brücke zwischen kon- Akademisches Lehrkrankenhaus der Albert- nellen Chirurgie kaum eine ausreichende ventioneller Chirurgie und Robotik dar. Ludwigs-Universität Freiburg Ausleuchtung – geschweige denn ein aus- Durch eine der Robotik entsprechende Op- Mainaustr. 35 reichender Blick für den Operateur und den tik kann der Operationssitus optimal drei- 78464 Konstanz allgemeinchirurgie.kn@glkn.de Assistenten – erzielt werden kann. Bei der dimensional abgebildet und vergrößert Laparoskopie haben Operateur und Assis- werden. In der Vergangenheit waren die nahdran 1/19 11
NEUE TECHNOLOGIEN Gesundheitsversorgung der Zukunft Mein Name ist Thea – aus der Pepper-Familie Im Future Care Lab des Dorothea Erxleben Lernzentrums in Halle erlernen studierende Ärzte und Pflegende den Umgang mit Zukunftstechnologien in der Krankenversorgung. Vor allem gegenüber menschlich aussehenden Robotern scheinen Patienten ersten Studien zufolge offen zu sein. Gunnar Römer 12 nahdran 1/19
NEUE TECHNOLOGIEN I m dritten Stock eines historischen Alt- den Betrachter mag es auf den ersten Blick die ein gewisses Vertrauen erweckt.“ Im baus in Halle betritt Krankenpfleger etwas seltsam anmuten, wenn sich der Ro- Vergleich mit einem Tablet schneidet Pep- Robert Blaumeister das Schlafzimmer. boter wie von Geisterhand auf einmal in per gut ab. Kein Wunder, schließlich kennt Irmgard Schütz wirkt erleichtert. Die Richtung Krankenbett bewegt. Aber in Hal- er die wichtigsten Robotergesetze in- und Schmerzen und der quälende Juckreiz an le plant man schon einen Schritt weiter: auswendig. Von Christian Buhtz, Pflege- ihrem rechten Fuß haben nachgelassen. „Denkbar ist auch, dass ein solcher Roboter wissenschaftler und Fachinformatiker am „Ich schaue mir nun Ihre Wunde an und in der Wohnung des Pflegebedürftigen Lernzentrum, daraufhin angesprochen, werde den Verband wechseln“, informiert platziert wird“, sagt Dr. Dietrich Stoeve- antwortet Pepper: „Ein Roboter darf einen Blaumeister die 81-jährige Berlinerin, die sandt, Ärztlicher Leiter des Future Care Lab, Menschen niemals verletzen oder durch vor 30 Jahren hierher nach Halle gezogen und ergänzt, „die Angehörigen können Untätigkeit zulassen, dass ein Mensch ist. Und tatsächlich hat sich ihr diabeti- dann von der Arbeit aus schauen, ob es Schaden nimmt.“ scher Fuß deutlich gebessert. „Die Wunde Mutter oder Vater gut geht und müssten nässt nicht mehr“, freut sich ihre Hausärz- nur im Notfall den Arbeitsplatz verlassen. tin Frau Dr. Maierhofer. Von der linken Sei- Das macht einen solchen Telepräsenzrobo- te des Bettes aus beobachtet die erfahrene ter auch für Arbeitgeber attraktiv, Medizinerin das Geschehen mit fachmän- wenngleich ein solcher Roboter natür- nischem Blick – live von ihrer Praxis aus. lich niemals den persönlichen sozia- Und auch Frau Schütz kann ihrer Ärztin in len Kontakt ersetzen darf.“ die Augen sehen. Der Blick ist vertraut, die beiden kennen sich schon lange, und da „Pepper“ unterstützt Radiologen bei Maierhofer mit dem Heilungserfolg zufrie- der MRT-Aufklärung den ist, bleibt noch etwas Zeit für ein per- Mutet Double noch sehr „technisch“ an, lä- sönliches Gespräch. „Wie geht es Ihren En- chelt einem „Pepper“ fast schon wohl- keln“, will die Medizinerin wissen, während wollend ins Gesicht. Der humanoi- der Pfleger den neuen Verband anlegt. Die de Roboter visiert seinen drei Kilometer Luftlinie zwischen Arzt und Gesprächspartner an, folgt des- Patient werden durch das Hallenser Handy- sen Bewegungen und wirkt netz überbrückt, aus dem „Double“ seine dadurch schon irgendwie Informationen bezieht. menschlich. „Ein Umstand, der offenbar von Vorteil für Televisite mit Präsenzroboter den Wissenstransfer an Double sieht ein wenig aus wie ein Tablet, den Patienten ist“, so Dr. das auf ein Stativ montiert wurde. Der mo- Stoevesandt. Wissens- bile Telepräsenzroboter gehört zum Inven- transfer deshalb, weil tar des Future Care Labs, einem Teil des Pepper im klinischen All- Dorothea Erxleben Lernzentrums der Martin- tag einmal die Vorbereitung Luther-Universität Halle Wittenberg. „Frü- der MRT-Aufklärung überneh- her war hier ein Krankenhaus, nun ist es men soll, für die Radiologen ein modernes Simulationszentrum für Stu- häufig ohnehin wenig Zeit denten der Human- und Zahnmedizin, der aufwenden können und die Evidenzbasierten Pflege, der Pflegewissen- überwiegend in der Beant- schaften und für praktizierende Ärzte“, wortung eines Fragebogens erzählt Dr. Patrick Jahn, einer der beiden besteht. „Haben Sie einen Leiter des Future Care Labs. Schauspieler, Herzschrittmacher?“ Die- Experten und Studierende erproben hier se obligatorische Frage die Zukunft der Krankenversorgung. Auch könnte künftig von die eingangs erwähnte Szenerie wurde mit Pepper gestellt werden. Schauspielern dargestellt, aber sie soll „Das eigentliche Auf- schon bald Realität werden. „Die Nachfra- klärungsgespräch bleibt ge an Telemedizin und automatisierten aber stets in ärztlicher Prozessen steigt immer mehr an. Gesund- Hand“, beruhigt Stoeve- heitsversorger fragen uns mittlerweile sandt. Aktuell läuft eine Studie, die nicht mehr nach dem ‚Ob‘, sondern nach untersucht, wie Patienten auf den dem ‚Wann‘“, ergänzt Dr. Jahn. Roboter reagieren. „Dabei ist die Ab- Mit dem Telepräsenzroboter kann der Arzt lehnungsrate überraschend gering“, ferngesteuert an den Patienten heranfah- freut sich der Radiologe. „Offenbar ren und sich ein genaues Bild machen. Für ist es die menschenähnliche Gestalt, nahdran 1/19 13
NEUE TECHNOLOGIEN Fotos: Frank Schinski Visite mit dem mobilen Telepräsenzroboter „Double“ Kooperation zwischen Wissenschaft bensretter ausgebildet, sondern auch jene, sogenannten Holo-Lens, die imaginäre und Wirtschaft die dann gebraucht werden, wenn Ärzte Wunden auf einen ansonsten völlig gesun- Ziel des Future Care Labs ist es, eine Lern- und Pfleger nichts mehr ausrichten kön- den Arm projizieren können und vieles plattform für Zukunftstechniken in der Ge- nen. „Wir rekonstruieren hier auch Tatorte mehr.“ Die größte Herausforderung liegt sundheitsversorgung zu bieten. Durch eine so realistisch wie möglich“, so Christian aber in der Akzeptanz durch den Patienten. öffentliche EU-Förderung sind die Hallen- Buhtz. Nirgendwo sonst können künftige Wie erwähnt, verlaufen die ersten Studien ser schon weit gekommen. „Besonders in- Rechtsmediziner so realistisch ausgebildet diesbezüglich sehr vielversprechend. Trotz- novativ ist die Hausarztpraxis im obersten werden, denn an einem richtigen Tatort dem gilt es, noch viel Überzeugungsarbeit Stockwerk. Von hier aus steuern die Ärzte dürfen freilich keine Spuren vernichtet zu leisten. „Es ist schließlich ein Unter- die Televisite mit dem Präsenzroboter. Das werden. „Dort kann nicht mehr geübt wer- schied, ob uns ein Roboter einen neuen macht das Umfeld noch realistischer“, freut den“, erklärt Buhtz. Fernseher verkauft oder mit uns über unse- sich Patrick Jahn. Und das Projekt über- re eigene Gesundheit – das höchste Gut – zeugt auch weit über die Grenzen von Hal- „Die Roboter verkaufen hier keine spricht. Und genau das soll Pepper tun. Un- le hinaus: Nicht nur im Future Care Lab, Fernseher“ sere Roboter verkaufen keine Fernseher“, auch in der realen Versorgung sollen Halle Viele Arztpraxen und Kliniken warten nur resümiert Dr. Stoevesandt. „Grundsätzlich und Umgebung zu einer Modellregion für auf technische Unterstützung dieser Art. gilt es ohnehin, ein großes Missverständnis digitalisierte Gesundheitsversorgung wer- „Natürlich muss die Finanzierungsfrage ge- aus dem Weg zu räumen“, sagt Dr. Patrick den und stehen in der finalen Auswer- klärt sein“, erklärt Patrick Jahn. Aber der Jahn: „Robotertechnik soll im Gesundheits- tungsrunde des Programms „Wandel durch Innovationsbedarf ist riesig. So ist der An- wesen immer nur unterstützen und keine Innovationen in der Region“, das 2019 an spruch in Halle folgerichtig, eine „Transla- Menschen ersetzen.“ Dr. Schwarz ergänzt: die Stelle der Wirtschaftsförderung für tionsregion für die digitale Gesundheits- „Ein intelligentes Exoskelett zum Beispiel neue Bundesländer tritt. „Nur 32 weitere versorgung“ zu etablieren. An Ideen für könnte einer zierlichen Krankenpflegerin Projekte haben es bis an diesen Punkt ge- weitere Innovationen mangelt es nicht. Das dabei helfen, den 120 Kilogramm schweren schafft.“ Nicht nur der medizinische und wird nach einem Gespräch mit Wirt- Patienten zu mobilisieren. Berufsunfähig- pflegerische Nachwuchs lernt übrigens da- schaftsinformatiker Dr. Karsten Schwarz keiten durch Rückenprobleme könnten da- zu, auch die Lehrenden unterziehen sich deutlich. Er berichtet von dem Pflege- mit wirksam vermieden werden.“ Davon einer kritischen Selbstprüfung: „Anhand Hackathon, der im September 2018 in den profitiert auch die Volkswirtschaft. Bei aller von Videoaufzeichnungen analysieren wir, Räumen der ehemaligen orthopädischen modernen Technik und vielversprechenden ob die verschiedenen Wege zur Wissens- Universitätsklinik Halle durchgeführt wur- Wirtschaftsprognosen darf eins niemals zu vermittlung auch ihren Zweck erfüllen“, so de: „Zahlreiche Wissenschaftler haben sich kurz kommen: die soziale Interaktion, der Dr. Jahn. „Lernen die Studenten mit dem gewissermaßen für ein Wochenende dort Mensch ist darin unersetzbar. Roboter genauso gut wie mit einem Lehr- ‚eingesperrt‘ und haben ihr gebündeltes buch oder welche Form des Wissenstrans- Fachwissen eingesetzt, an innovativen Lö- fers ist am nachhaltigsten. Diese Fragen sungen gearbeitet und in der Präsentation Kontakt: versuchen wir zu beantworten“, ergänzt der Fachergebnisse versucht, eine unab- Gunnar Römer info@roemer-hsm.com der Pflegewissenschaftler. In den hoch hängige Jury zu überzeugen. Auf diese Art technisierten Räumen des Future Care Labs und Weise entstehen Innovationen unter werden übrigens nicht nur künftige Le- Verwendung von Roboter Pepper oder der 14 nahdran 1/19
Anzeige 136. Kongress Deutsche Gesellschaft für Chirurgie Präsident: Prof. Dr. med. Matthias Anthuber 26. bis 29. März 2019 ICM, München CHIRURGIE 2019 Zusammen mit 21. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft Kongresssekretariat der DGCH für Allgemein- und Viszeralchirurgie Dr. med. Bernd Geißler Präsident: Prof. Dr. med. Jörg C. Kalff, Bonn E-Mail: dck2019@uk-augsburg.de Kongresspräsident: Prof. Dr. med. Albrecht Stier, Erfurt Veranstalter, Information und Organisation 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft MCN Medizinische Congress- für Kinderchirurgie organisation Nürnberg AG Präsident: Prof. Dr. med. Peter P. Schmittenbecher, Karlsruhe E-Mail: veith@mcn-nuernberg.de Kongresspräsident: Prof. Dr. med. Stephan Kellnar, München Internet: www.mcn-nuernberg.de 7. Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft www.chirurgie2019.de für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin info@chirurgie2019.de Präsident: Prof. Dr. med. Dittmar Böckler, Heidelberg Tagungspräsident: Prof. Dr. med. Markus Steinbauer, Regensburg 5. Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie Präsident: Prof. Dr. med. Erich Stoelben, Köln 2. Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen Präsident: Prof. Dr. med. Riccardo Giunta, München nahdran 1/19 15
ZUKUNFTSMODELLE Zukunftsmodell Krankenhaus Die „Betten-Schlange“ In Dänemark hat die Gesundheitsreform von 2007 zu einer Modernisierung der Krankenhauslandschaft geführt. So wurden etwa die Gesamtzahl der Versorgungsregionen sowie der Kliniken reduziert und medizinische Fächer stärker zentralisiert. Das bedeutete auch bauliche Umstrukturierungen. Wie diese umgesetzt werden können und welche Zukunftsmodelle entstehen, zeigt das Beispiel des Rigshospitalet in Kopenhagen. Carolina Lohfert Praetorius Foto: Henrik Praetorius 16 nahdran 1/19
ZUKUNFTSMODELLE Illustration: Lohfert-Praetorius Abb. 1: Dänische Krankenhausstruktur – Entwicklung von 2007 bis 2020 x Effektivierung von Arbeitsabläufen x Neubauten von Pflegestationen müs- I n Dänemark sind nahezu alle Krankenhäu- ser Teil des öffentlichen Gesundheitssys- durch Einsatz neuer Technologien und sen mit ausschließlich Einbettzimmern tems. Seit der großen Gesundheitsreform Innovationen, ausgestattet werden, im Jahr 2007 werden die Krankenhäuser x weniger Transporte von Patienten, Per- x 20 bis 25 Prozent der Investitionsmit- durch den Staat mit Steuereinnahmen finan- sonal, Waren zwischen Krankenhäusern, tel müssen für Ausstattung (insbeson- ziert. Mit der Reform wurde die Krankenhaus- x Rationalisierung von Bereitschafts- dere der Medizintechnik) verwendet struktur von 14 Versorgungsregionen auf fünf diensten, Laborfunktionen, Röntgen- werden, reduziert. Der Betrieb der Krankenhäuser wird leistungen usw., x nach der Inbetriebnahme von Neu- mit Mitteln finanziert, die vom Staat durch x bessere Ausnutzung medizintechnischer bauten muss eine Folgekosteneinspa- DRG-definierte Leistungen mit den Versor- Ausstattung, rung von acht Prozent nachgewiesen gungsregionen abgerechnet werden. x Zentralisierung von administrativen werden. Die fünf Versorgungsregionen bekamen in und betriebstechnischen Funktionen. den darauffolgenden Jahren die Aufgabe, Aus den Krankenhausstrukturplänen ging für ihren Bereich einen Krankenhausstruk- Die Krankenhausstrukturpläne mussten die- hervor, welche Kliniken der jeweiligen Versor- turplan zu erstellen. Diese Pläne wurden sen Leitgedanken folgen und die Versorgung gungsregionen die akuten Funktionen und durch folgende übergeordnete und zu- der Patienten nach übergeordneten Kriterien welche elektive Funktionen übernehmen. Da- kunftsweisende Leitgedanken geprägt: sichern, die von einer Expertenkommission rüber hinaus wurde definiert, welche Häuser erarbeitet wurden. Die Kriterien umfassten langfristig geschlossen werden sollten. Alle x Errichtung von flexiblen Krankenhäu- folgende Anforderungen an die Regionen: Krankenhäuser der Versorgungsregion muss- sern mit Fokus auf Qualität und Pa- ten auf Basis des Krankenhausstrukturplans tientenorientierung, x ein Akutkrankenhaus (mit einer inter- einen baulichen Masterplan erstellen, um x Ablauforganisation auf Basis von zu- disziplinären Notaufnahme) für min- den Umfang an Investitionsmitteln für Neu- sammenhängenden Patientenabläufen, destens 400 000 Einwohner, Ausnahme: und Umbauten zu ermitteln. x Qualität der Behandlung hat Vorrang in dünn besiedelten Gebieten mindes- Vor der Gesundheitsreform hatten die vor der räumlichen Erreichbarkeit, tens 200 000 Einwohner, Krankenhäuser generell das Problem, die x bessere Ausnutzung ökonomischer und x die Bettenzahl muss durch eine Ver- erforderlichen Mittel für notwendige In- fachlicher Ressourcen, weildauerreduktion bis 2020 um min- vestitionen in Neu- und Umbauten zu er- x erhöhte Patientensicherheit, zum Bei- destens 20 Prozent verringert werden, halten. Mit der Reform wurde vom Staat spiel durch Einzelzimmer, und damit x die Zahl der ambulanten Patienten ein Investitionsprogramm für die Moderni- Reduktion von krankenhausbedingten kann bis 2020 um 50 Prozent erhöht sierung der Kliniken aufgelegt und Gelder Infektionen, werden, in Höhe von insgesamt circa 5,5 Milliarden nahdran 1/19 17
ZUKUNFTSMODELLE Foto: Henrik Praetorius Pressefoto: Webgruppe Rigshospitalet Das Rigshospitalet in Kopenhagen 2008 (links) und 2018 (rechts) Euro (etwa 1 000 Euro pro Einwohner) für den letzten zehn Jahren rund 20 Kranken- Bett-Zimmer wurden zu 1-Bett-Zimmern die notwendigen Investitionen für zu- häuser neu geplant und gebaut. Die ersten mit direktem Zugang zu eigener Nasszelle kunftsgerechte Krankenhäuser bereitge- Krankenhausprojekte sind bereits in Be- umstrukturiert. stellt. Mit der Gesundheitsreform sollte zu- trieb genommen, andere werden in den Bei allen neuen Akutkrankenhäusern wur- dem eine deutliche Reduktion der Anzahl nächsten Jahren ihren Vollbetrieb aufneh- den interdisziplinäre Notaufnahmen mit von Krankenhäusern mit Akutfunktionen men. eigner Akutradiologie, Akutlabor und einer Hand in Hand gehen. Die medizinischen Einzelne wurden als Neubau auf „einer hohen Anzahl Aufnahmebetten, abhängig Fächer wurden stärker zentralisiert und so grünen Wiese“ realisiert, andere als Anbau- von der Größe des Krankenhauses, einge- die Gesamtzahl der Häuser verringert. Als ten an bestehenden Einrichtungen errich- richtet. Die akuten Patienten verbleiben in Folge der Reform wurden in Dänemark da- tet. Die kompletten Neubauten sind außer- der Regel ein bis zwei Tage in den interdis- mit 28 Kliniken geschlossen oder in kleine halb der Innenstädte entstanden, typisch ziplinären Aufnahmestationen, circa 70 dezentrale Gesundheitszentren umgewan- am Rande der Stadtgrenzen. Andere, wie Prozent werden von der Aufnahmestation delt. 14 Krankenhäuser verloren ihre Akut- beispielsweise die Uniklinik in Kopenhagen aus entlassen. funktionen und wurden als elektive Häuser (Rigshospitalet), wurden in Etappen umge- Auf den Pflegestationen werden die elekti- weitergeführt. Im Ergebnis wurde die An- setzt, weil zunächst etwa 100 Jahre alte ven und die akuten Patienten aufgenom- zahl der ursprünglichen 64 Kliniken auf 36 Gebäuden abgerissen werden mussten, be- men, die länger als zwei Tage im Kranken- reduziert. 2020 soll somit eine Struktur mit vor neue errichtet werden konnten. Der haus bleiben. Am Rigshospitalet in insgesamt 22 Akutkrankenhäusern und 14 bauliche Masterplan für das Rigshospitalet Kopenhagen sind die Pflegestationen des Häusern ohne Akutfunktion realisiert sein. sah einen großen Neubau (Nordfløjen) vor, Neubaus in den oberen Etagen zusammen- in dem neue Bettenstationen, Operations- hängend in einer sogenannten „Betten- Zehn Jahre nach der Gesundheitsreform säle und Ambulanzen eingerichtet werden. Schlange“ angeordnet worden. Die Rei- Eine durchgehende Herausforderung der hung der Stationen ermöglicht eine Beispiel Uniklinik Rigshospitalet bestehenden Krankenhauseinrichtungen – Verschiebung der Bettenkapazitäten inner- in Kopenhagen einschließlich des Rigshospitalets – war halb der Fläche und erzielt damit eine hohe Auf Basis der Gesundheitsreform und den der niedrige Flächenstandard, zum Beispiel Flexibilität. In den unteren Geschossen sind darauffolgenden Strukturänderungen im Nutzfläche pro Bett auf den Pflegestatio- die Behandlungseinrichtungen angeordnet. Gesundheitswesen Dänemarks wurden in nen. Die bestehenden 2- und 4- Standardisierte Operationssäle können zu- künftige Veränderungen der operativen Leistungen abfangen. Mit dem Neubau werden die Fachabteilungen vertikal und die Funktionen (Pflege, OP usw.) horizontal verbunden. Vollautomatisierte Zentralsterilisation rius Des Weiteren werden die logistischen aeto Funktionen modernisiert. Es wird unter an- t-Pr derem ein Neubau am Rishospitalet für ei- hfer n: Lo ne vollautomatisierte Zentralsterilisation tratio errichtet und 2019 in Betrieb genommen. Illus Diese ist über den Standort hinaus für drei weitere Kliniken in Kopenhagen zuständig Abb. 2: Die „Betten-Schlange“ in den oberen Etagen des Neubaus Rigshospitalet und versorgt somit circa 200 Operationssä- in Kopenhagen le. Der finanzielle Rahmen für dieses Bau- 18 nahdran 1/19
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