Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin

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Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
Das Schweizer Luftfahrt-Magazin Nr. 07/Juli 2017              CHF 8.20 /   5.50

EBACE in Genf
Nabel der
Business
Aviation-Welt
0 7

                        Military Aviation              Civil Aviation       Business Aviation
      770010 011006

                        Heli: Neues                    Interview mit Swiss- Oscar J. Schwenk
                        Routensystem                   CEO Thomas Klühr     in Hochform
      9
Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
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Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
Cockpit 07 2017             Editorial        3

                                                                                                                                               Foto: Thierrry Weber
Take your seats
Liebe Leserinnen und Leser
    etzt triffts auch die Grossen und vermeintlich Etablierten der       halb für Langstreckenflüge Preise offeriert werden, die für die Air-
    Branche: Singapore Airlines und Cathay Pacific, beides renom-         lines ruinös sind. Zurücklehnen ist verboten: Wer sich auf den Lor-
    mierte Fluggesellschaften, müssen wegen der angespannten             beeren ausruht, wird vom Konkurrenten ausgebootet. Die Swiss
    Finanzsituation und wohl auch, weil sie den Ernst der Lage           investiert deshalb folgerichtig ins Produkt, um ihre Kunden bei der
nicht rechtzeitig erkannt haben, den Abbau von Arbeitsplätzen            Stange zu halten. Gefragt sind Weitsicht und sinnvolle Koopera-
bekanntgeben. Und die 5-Sterne-Fluggesellschaft Qatar Airways            tionen. Swiss tut dies neu mit Air China (Seite 44).
gerät ins Schleudern, weil das Gas im Überfluss produzierende Land        Mit einem «Wurst-Brot-Bier-Anlass» für Mitarbeitende und gela-
                          angeblich Terroristen finanziere und von        dene Gäste will der Schweizer Flugzeugpionier Oscar J. Schwenk
                          den übrigen Golfstaaten boykottiert wird.      die Auslieferung seiner 1500. PC-12-Maschine feiern (Seiten 14–15).
                          Qatar Airways darf den arabischen Luft-        Der Patron der Stanser Pilatus Flugzeugwerke hat schon früh die
                          raum vorläufig gar nicht mehr überfliegen        Zeichen der Zeit erkannt und konsequent in die Entwicklung neuer
                          (Stand bei Redaktionsschluss).                 Flugzeugmodelle investiert. Der Erfolg gibt ihm recht.
                          In der Airlinewelt dürfte es so oder so bald
                          zu einer Konsolidierung kommen. Swiss-
                          Chef Thomas Klühr jedenfalls bemängelt
                          im Monatsinterview (Seiten 18–20), dass
                          die Gesundschrumpfungswelle noch gar
                          nicht richtig losgegangen sei und nur des-     Patrick Huber, Chefredaktor
Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
«UND AUF EINMAL
STÜRZTE ICH KOPF-
VORAN VOM VELO.»
  Hören Sie die Rega-Geschichte
  von Matteo Pio-Loco, 18, auf Mallorca.
  meinerettung.ch/matteo

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Cockpit 07 2017                       Inhalt       5

     Military Aviation                                Report                                                                Military Aviation
6 Low Flight Network für
   Helis: Neues Routensys-
   tem mit viel Potenzial
                                                30 HondaJet HA-420: Ein
                                                   Flug mit der ersten
                                                   Maschine in Europa
                                                                                               10                           Richthofen-Geschwader
                                                                                                                            im Einsatz
10 Richthofen-Geschwader
   sichert norddeutschen                              Helicopter
   Luftraum                                     33 Data Sheet: Kaman
12 11 Nationen am Arctic                           CQ-24A «K-MAX»
   Challenge Exercise
                                                      History
     Cover Story                                36 Messerschmitt Bf 109
14 Pilatus-VR-Präsident                            F-4 in der Schweiz
   Oscar J. Schwenk redet
   über den PC-24                                     Regelmässige                                                          Civil Aviation
                                                      Rubriken

                                                                                               18
16 Neue Business-Jets an                                                                                                    Thomas Klühr erklärt die
   der EBACE in Genf                            3     Take your seats
                                                9     Inside                                                                Strategie der Swiss
     Civil Aviation                             21    Your Captain speaking…
18 Monatsinterview mit                          32    Heli-Focus
   Thomas Klühr, CEO der                        34    SHA inside
   Swiss
                                                35    Vor 50 Jahren
     General Aviation                           38    Gallery
22 Lightwing – Der neue                         42    News und Services
   Star am Schweizer                            48    HB-Register
   Himmel                                       50    Letzte Seite:
28 Fliegen in Frankreichs                             Wettbewerb, Agenda                                                    General Aviation
   Alpen

                                                                                               22                           Lightwing AC4, das ideale
                                                                                                                            Einsteigerflugzeug

     Mittelposter
26 Start einer A350 von Qatar
   Airways auf Piste 32 am
   Flughafen Zürich.
     Foto: Christian Merz

Titelbild: An der EBACE in Genf trifft sich jedes Jahr die Crème de
la Crème der Business Aviation. Foto: Jean-Luc Altherr

 Herausgeber:                   Anzeigenverkauf:              Schnupperabo (für 3             Text- und                   Tim Boin, Andrea Bolliger,     Artikel und Fotos nur nach
 Jordi AG – das Medienhaus      Jordi AG – das Medienhaus     Monate): Fr. 20.–               Bildredaktion:              Daniel Dubouloz, Hansjörg      Absprache einsenden.
 Verlag «Cockpit»               Michael Mettler               Einzelverkaufspreis: Fr. 8.20   Swiss Aviation Media        Egger, Markus Herzig, Felix    Druckvorstufe:
 Postfach 96, 3123 Belp         Aemmenmattstrasse 22          inkl. Porto und MWSt.           Zurzacherstrasse 64         Meier, Walter Hodel, Felix     Swiss Aviation Media
 Zentrale: +41 31 818 01 11     3123 Belp                     Auslandabo steuerfrei, Porto    5200 Brugg                  Kälin, Ian Lienhard, Georg     Zurzacherstrasse 64
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 www.cockpit.aero               inserate@cockpit.aero         Preisänderungen                 Fax: +41 56 442 92 43       Penner, Markus Rindisbacher,   Telefon: +41 56 442 92 46
                                                              vorbehalten.                    redaktion@cockpit.aero      Jürgen Schelling, Reto
 Gesamtverantwortung:           Aboservice:                                                                                                              verlag@swissaviation.ch
                                                              Auflage                         Website: www.cockpit.aero   Schneeberger, Samuel
 Gabriel Jordi                  Jordi AG – das Medienhaus                                                                                                Druck und Vertrieb:
                                                              9000 Exemplare                                              Sommer, Dr. Bruno Stanek,
 Verlagssupport: Daniel Jordi   Aemmenmattstrasse 22                                      Chefredaktor: Patrick Huber                                    Jordi AG – das Medienhaus
                                                                                                                          Hans-Heiri Stapfer, Thomas
 «Cockpit» erscheint            Shenja Graber                 Flughafenauflage Zürich und Chefin vom Dienst:                                             Aemmenmattstrasse 22
                                                                                                                          Strässle, Dennis Thomsen,
 monatlich am Ende              3123 Belp                     Basel: 3000 Exemplare       Patricia Andrighetto                                           3123 Belp
                                                                                                                          Simon Vogt, Franz Wegmann,
 des Vormonats und ist          Telefon +41 31 818 01 27                                                                                                 (gedruckt auf FSC-
                                abo@cockpit.aero              Notariell beglaubigt                                        Anton E. Wettstein, Marco
 Verbandsorgan der Swiss                                      2012                            Redaktions-                 Zatta, Rino Zigerlig, Sven     zertifiziertem Papier)
 Helicopter Association         Abonnementspreise:            Total verkaufte Auflage:        Mitarbeitende:              Zimmermann, Franz Zussner      ISSN 0010-0110
 (SHA) und Partner der AOPA     Inlandabo jährlich Fr. 87.–   4677 Exemplare                  Jean-Luc Altherr, Daniel
 Switzerland.                                                                                 Bader, Joël Bessard,
Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
6    Military Aviation     Cockpit 07 2017

     Low Flight Network für Heli-IFR

    Neues Routensystem
    mit viel Potenzial
    Seit kurzem verfügt die Schweiz über ein Low Flight Network (LFN) für IFR-Verkehr, das von der Rega sowie
    der Luftwaffe genutzt wird. Hptm Marc Bertschi ist zuständiger IFR-Koordinator und in dieser Funktion
    massgeblich an der Entwicklung des LFN beteiligt. Im Rahmen dieses Interviews gibt er Einblick in die
    Hintergründe, die Planung, Realisierung und Operation.

                                                                                   Projekteigner des von Luftwaffe, Rega,
                                                                             Skyguide und BAZL gemeinsam entwickelten
                                                                               Low Flight Network (LFN) ist die Luftwaffe.
                                                                             Mehr als 100 Helikopterpiloten der Luftwaffe
                                                                               sind derzeit für das LFN ausgebildet und zu
                                                                                 dessen Nutzung autorisiert. Die Luftwaffe
                                                                                operiert im LFN mit allen Helikoptertypen.
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7

                  «Cockpit»: Herr Bertschi, wie kam es zum           das heisst auch im unkontrollierten Luft-        Hauptmann Marc Bertschi
                  Low Flight Network?                                raum GOLF stattfinden können. Dies benö-
                  Marc Bertschi: Die Luftwaffe hatte schon           tigt jedoch eine gesetzliche Anpassung und
                  länger versucht, mit Helikoptern nach IFR          die Erlaubnis des Bazl, die noch hängig ist.
                  tiefer fliegen zu können (zum Beispiel IFR
                  über die Alpen). 2011 trafen wir uns zum           Welche Rolle nahm die Luftwaffe als Process-
                  ersten Mal mit Skyguide und der Rega mit           Owner ein, dies als massgeblich an der Ent-
                  dem Ziel, die Kräfte zu bündeln und zusam-         wicklung beteiligte Instanz?
                  men ein derartiges Projekt zu lancieren, was       Die Luftwaffe war federführend. Unser Be-
                  dann ganz im Sinn des CHIPS-Programms              streben ist es, innovativ zu sein, damit wir
                  stand. (Anmerkung der Redaktion: CHIPS =           unseren Auftrag des Lufttransportes wetter-
                  CH-wide Implementation Program for Sesar           unabhängiger durchführen können. Das-
                  oriented Objectives – ein Schweizer Programm       selbe Ziel hat auch die Rega. Sie kann auch
                  unter der Leitung des Bazl, mit dem Ziel, neue     heute aufgrund des Wetters nicht alle not-       Der Aargauer Marc Bertschi (38) hat
                  Technologien einzuführen, um damit die Luft-       wendigen Flüge durchführen. Es ist uns je-       1999 die Piloten-RS absolviert und wurde
                  fahrt zu verbessern, insbesondere im Bereich der   doch klar, dass wir dies nicht alleine errei-    anschliessend im Überwachungsgeschwader
                  GPS-Navigation).                                   chen können. Wir haben nicht die nötigen         fest angestellt. Seine Ausbildung absolvierte
                                                                     Ressourcen dazu, um so innovativ zu sein.        er auf Alouette lll, Superpuma und Eurocop-
                  Wie wurden die Routen festgelegt?                  Wir brauchen die Unterstützung von Sky-          ter EC635. Bertschi fliegt zudem den Super
                  Wir führten einen workshopartigen Pro-             guide, damit wir in absehbarer Zeit im Luft-     King Air sowie den Beech 1900D des LTDB
                  zess durch. Zusammen mit der Rega teilten          raum GOLF IFR fliegen können, auch ohne           ab Dübendorf. Seit einem Jahr ist er verant-
                  wir unsere Ideen und Vorstellungen mit der         ATC.                                             wortlicher IFR-Koordinator und OM C-Verant-
                  Projektleitung von Skyguide. Interessanter-                                                         wortlicher (Enroute Manual). In dieser Funk-
                  weise ergaben die berechneten IFR-Routen           Zu welchem Zweck wird das LFN genutzt?           tion ist er zuständig für das LFN Projekt und
                  von Skyguide ein ähnliches Bild wie das            Grundsätzlich wollen wir das LFN für alle        nimmt die Schnittstellenfunktion zwischen
                  Tiefflug-Jet-System aus den 60er/70er-Jah-          Aufträge der Luftwaffe (Truppentransport,        Luftwaffe, Skyguide und der Rega wahr.
                  ren – mit dem Unterschied, dass damals aus-        SAR, VIP etc) benutzen können. Es soll dem
                  schliesslich auf Sicht geflogen wurde.              Piloten als Alternative zum VFR-Flug zur

                  Welches sind die aktuellen Gründe für die
                  Etablierung des LFN?                               «Wir wollen unseren Auftrag                     In gewissen Luftfahrzeugen haben wir aus-
                  Es ist unser Ziel, unseren Auftrag unabhän-                                                        serdem ein TCAS (Traffic Collision Avoi-
                  giger vom Wetter durchführen zu können.            des Lufttransports wetter-                      dance System) installiert. Ausserdem haben
                  So wollen wir nicht nur die Flugplätze bes-        unabhängiger durchführen.»                      wir im OM C ein vertikales Profil des LFN
                  ser miteinander verbinden, sondern auch                                                            publiziert. Das heisst, wenn ein Pilot auf
                  die sogenannten PinS realisieren und an-                                                           dem LFN fliegt, sieht er jederzeit grafisch, in
                  schliessen (Anmerkung der Red.: PinS = Point       Verfügung stehen und kann somit auch ein        welchem Luftraum er sich gerade befindet.
                  in Space, IFR-Anflug ins Gelände, beispielsweise    Beitrag zur Flugsicherheit sein.
                  auf Waffenplätze). Total betrifft das rund 15      Ich persönlich musste nach einem SAR-           Welche Fluggeräte setzt die Luftwaffe auf
                  Orte. So sind SAR (Search and Rescue)-Ein-         Einsatz auch schon auf einer Polizeistation     dem LFN ein? Welche (GPS-) Ausrüstung ist
                  sätze effizienter möglich sowie Flüge von           übernachten, da der Rückflug auf die Basis       dafür Voraussetzung?
                  Flugplatz zu Flugplatz. Bisher war IFR nur         nicht mehr möglich war.                         Wir setzen Eurocopter EC635 und Super
                  für Flächenflugzeuge verfügbar. Mit dem                                                             Pumas ein. Beide verfügen über ein FMS
                  LFN können wir jetzt auch Helikopter be-           Sollte auf einer aktiven LFN-Route margi-       (Flight Management System), der Super
                  rücksichtigen, die grundsätzlich tiefer und        nales oder plötzlich gutes VFR-Wetter herr-     Puma ist mit zwei GPS-Geräten ausgerüs-
                  langsamer fliegen.                                  schen, sind Konflikte mit anderen VFR-           tet, während der Eurocopter eines eingebaut
                  Die Performance spielt dabei auch eine             Teilnehmern im Luftraum ECHO oder               hat. Im Fall einer Panne der entsprechen-
                  Rolle, da der Eurocopter keine Enteisung hat       zukünftig auch GOLF möglich. Wie wird           den Avionik haben wir ein Notverfahren
                  und eine tiefere Flughöhe somit förderlich         dieser Umstand gehandhabt?                      (Contingency Procedure) für die Besatzun-
                  ist. Das LFN soll deswegen so tief wie mög-        Konflikte sind tatsächlich möglich, wobei        gen definiert.
                  lich liegen. Wir würden gern noch tiefer           dies nichts Neues ist.
                  fliegen auf dem LFN. Die heutigen Höhen             Seit längerem fliegen wir IFR im Luft-           Wie sieht die Ausbildung der Piloten für die
                  bestehen nur, weil wir uns oberhalb des            raum ECHO, beispielsweise über dem VOR          Nutzung des LFN aus, wie wurde es von den
                  Luftraums GOLF befinden müssen.                     Willisau zwischen 6000 ft und 10 000 ft.        Piloten aufgenommen?
                                                                     Auf dem LFN erhalten wir Traffic-Informa-        Das Fernziel besteht darin, auf dem LFN
Foto: ©VBS/DDPS

                  Es bestehen bereits die Routen Ost-West und        tionen von Skyguide. Es ist uns bewusst,        ganz «normal» IFR fliegen zu können.
                  Nord-Süd. Wie sieht die Entwicklung der            dass die anderen VFR-Verkehrsteilnehmer         Jeder Pilot macht für das LFN eine einma-
                  zweiten Phase des LFN aus?                         bei zwischenzeitlichen VFR-Bedingungen          lige Ausbildung mit einem Theorieteil und
                  Der zweite Schritt ist anders, als wir ihn         nicht unbedingt von der ATC kontaktiert         einem Selbststudium. Danach folgt ein
                  ursprünglich geplant hatten. Das LFN soll          werden können, weil sie auf keiner be-          Ausbildungsflug mit einem speziellen Syl-
                  ohne ATC-Pflicht weiterentwickelt werden,           stimmten Frequenz sind.                         labus real oder im Simulator. Das LFN wur-
Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
8                             Military Aviation            Cockpit 07 2017

                              Low Flight Network für Heli-IFR
                                                                                                                            gaben einzusetzen. Man kann sich das viel-
                                                                                                                            leicht so vorstellen, wie wenn man einen
                                                                                                                            neuen Computer kauft: Man weiss zu Be-
                                                                                                                            ginn noch gar nicht, was er alles kann… In
                                                                                                                            diesem Zusammenhang ist es für die Luft-
                                                                                                                            waffe wichtig, möglichst bald IFR ohne ATC
                                                                                                                            fliegen zu können.

                                                                                                                            Können Sie konkrete Beispiele des Nutzens
                                                                                                                            des LFN für die Luftwaffe nennen?
                                                                                                                            Beispielsweise können wir von Genf nach
                                                                                                                            Dübendorf auf dem LFN heute auf 6000 ft
                                                                                                                            fliegen, der tiefste Airway für Flächenflug-
                                                                                                                            zeuge liegt auf FL 100.
                                                                                                                            Wegen der erwähnten Vereisung und der
                                                                                                                            Performance der Helikopter ist das für uns
                                                                                                                            sehr wichtig. Später, wenn IFR im Luft-
                                                                                                                            raum GOLF möglich ist, werden wir in der
                                                                                                                            Lage sein, nochmals um bis zu 1000 ft tie-
                                                                                                                            fer zu fliegen. Aufgrund der kleineren Ver-
                                                                                                                            eisungsgefahr auf tieferer Höhe ist das für
                                                                                                                            uns essenziell.

                                                                                                                            Wird nach Abschluss des Ausbaus geplant,
                                                                                                                            die Routen regelmässiger zu befliegen oder
                                                                                                                            werden es eher Ausnahmeeinsätze bleiben?
                                                                                                                            Ich bin davon überzeugt, dass wir das LFN

                                                                                                                            «Wir werden in der Lage
                                                                                                                            sein, nochmals bis zu 1000 ft
                                                                                                                            tiefer zu fliegen.»

                                                                                                                            häufiger nutzen werden. Zum einen steht
                                                                                                                            das Netzwerk uns nun endlich zur Verfü-
    Foto/Grafik: ©VBS/DDPS

                                                                                                                            gung und zum anderen bekommen die
                                                                                                                            Piloten laufend mehr Erfahrung und Ver-
                                                                                                                            trauen. Auch mit der Erweiterung durch die
                                                                                                                            PinS wird das LFN mit Sicherheit mehr be-
                                                                                                                            flogen werden. Und wenn wir zu den Rand-
                            Oben: Der Super Puma ist mit zwei GPS-Geräten ausgerüstet, während der Eurocopter eines         zeiten IFR ohne ATC fliegen können, wird
                            eingebaut hat. Unten: Low Flight Networt (LFN) in der Zukunft. In einem ersten Schritt sol-     es sicher noch mehr benutzt.
                            len LFN IFR-Routen mit militärischen und zivilen Flugplätzen sowie mit militärischen Aussen-
                            landestellen verlinkt werden. In einem zweiten Schritt ist ein Netzwerk für die ganze Schweiz   Wie lange dauert der Ausbau bis zum Ab-
                            mit PinS Procedures für MIL & HEMS vorgesehen.
                                                                                                                            schluss voraussichtlich noch?
                                                                                                                            Dies hängt hauptsächlich von den uns zur
                                                                                                                            Verfügung stehenden Mitteln ab. Unsere
                                                                                                                            Ausbaupläne für die PinS-An- und Abflüge
                            de bei den Piloten gut aufgenommen: Ich          die Luftwaffe, und solen helfen, unser Ziel    sind jedoch bereits festgelegt: Als erstes
                            bekomme gute Feedbacks und die Besatzun-         zu erreichen, unseren Auftrag unabhängi-       werden wir den Waffenplatz Bern Sand
                            gen habe keine Mühe damit. Der Pilot, der        ger vom Wetter durchführen zu können.          erschliessen, gefolgt von Frauenfeld, St. Gal-
                            lieber VFR fliegt, geht wohl weniger aufs         Beispielsweise können wir so unter IFR in      len sowie dem ABC-Kompetenz-Zentrum in
                            LFN als einer, der IFR bevorzugt. Die Piloten    der ganzen Schweiz Betankungsstellen, mi-      Spiez. Alle werden über SID- und RNAV-Ap-
                            können anhand der jeweiligen Situation sel-      litärische Anlagen, Kasernen, Waffenplätze,    proaches verfügen.
                            ber entscheiden, was für sie besser ist.         AKW etc. anfliegen.
                                                                             Diese Plätze verfügen auch über die entspre-
                            Welche Bedeutung haben die Point-in-Space-       chenden IFR-An- und Abflugverfahren (SID
                            Anflüge in Zukunft für die Luftwaffe?             und RNAV-Approach). Unsere Idee ist, in
                            Diese PinS haben eine grosse Bedeutung für       Zukunft das LFN für zahlreiche weitere Auf-    Interview: Daniel Dubouloz
Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
Cockpit 07 2017               Military Aviation            9

                                                                                                                                  Inside

Patrouille Suisse 2017
D
              rei neue Teammitglieder und fünf        Lukas Nannini und Martin Schär auf den           worden. Der Nachfolger des langjährigen
              von sechs Piloten auf neuen Positio-    Positionen 2 und 3. Dadurch sind Rodolfo         Sprechers Alban Wirz (1998–2016) ist Chris-
              nen in der Formation: das ist die Pa-   Freiburghaus und Michael Duft in der For-        tian Trottmann. Simon «Billy» Billeter
     trouille Suisse 2017. In diesem Jahr stiessen    mation weiter nach hinten gerückt. Ledig-        (2006–2016) und Michael «Maestro» Meis-
     zwei Piloten und ein Sprecher zur Jet-Kunst-     lich der Solopilot Gaël Lachat fliegt noch        ter (2005–2016) haben die PS verlassen.
     flugformation. Direkt hinter dem neuen            auf der gleichen Position wie im letzten Jahr.
     Leader Gunnar Jansen, der Simon Billeter         Für den ehemaligen Reservepiloten Lukas
     abgelöst hat, fliegen die zwei Neulinge           Nannini ist David Pereira ins Team gewählt       Walter Hodel

                            «0» Tiger zero
                            Kommandant
                            Oberstleutnant
                            Nils «Jamie» Hämmerli
                            Stab und Flottenchef F-5 Tiger II
                            3700 Flugstunden
                            Mitglied der PS von 1999 bis 2004 und
                            seit 2015, (Positionen: 3, 4)
                            Kommandant seit 2016

                                                                                                  «1» Tiger uno
                            «7» Tiger sette                                                       Leader
                            Reserve                                                               Hauptmann
                            Hauptmann                                                             Gunnar «Gandalf»
                            David «Pepe» Pereira                                                  Janssen
                            (neu)                                                                 Fliegerstaffel 18
                            Fliegerstaffel 18                                                     2300 Flugstunden
                            130 Flugstunden                                                       Mitglied seit 2010
                            Mitglied seit 2017                                                    (bisherige Positionen:
                                                                                                  1, 3, 4)
                                                                    «3» Tiger tre                                              «2» Tiger due
                            «8» Tiger otto
                                                                    Linker Flügelmann                                          Rechter Flügelmann
                            Speaker                                                                                            Hauptmann
                                                                    Hauptmann Martin
                            Fachoffizier                                                                                        Lukas «Bigfoot»
                                                                    «Jaydee» Schär (neu)
                            Mario «Wini» Winiger                                                                               Nannini
                                                                    Fliegerstaffel 18
                            Flugverkehrsleiter in                                                                              Fliegerstaffel 17
                                                                    1300 Flugstunden
                            Zürich-Kloten                                                                                      900 Flugstunden
                                                                    Mitglied seit 2017
                            Mitglied seit 2002                                                                                 Mitglied seit 2016
                            Sprecher Deutsch und                                                                               (bisher: Reserve)
                            Englisch
                                                                                                  «4» Tiger quattro
                            «9» Tiger nove
                                                                                                  Slot
                            Speaker
                                                                                                  Hauptmann Rodolfo
                            Oberstlt
                                                                                                  «Roody» Freiburghaus
                            Christian«Trotti»
                                                                                                  Fliegerstaffel 11
                            Trottmann (neu)                                                       2200 Flugstunden
                            Stab Kommando                                                         Mitglied seit 2013
                            Einsatz Luftwaffe                                                     (bisherige Position: 2, 4)
                            Mitglied seit 2017
                            Sprecher Deutsch und
                            Französisch
                                                                    «5» Tiger cinque                                           «6» Tiger sexi
                                                                    2. Solo                                                    1. Solo
                                                                    Hauptmann                                                  Hauptmann
                            «10» Tiger dieci                        Michael «Püpi» Duft                                        Gaël «Gali» Lachat
                            Maskottchen                             Fliegerstaffel 11                                          Fliegerstaffel 17
Fotos: © VBS/DDPS

                            Flat «Flatty» Eric                      1500 Flugstunden                                           2900 Flugstunden
                            Patenkind von Tiger                     Mitglied seit 2015                                         Mitglied seit 2008
                            due, 800 Flugstunden,                   (bisherige Positionen:                                     (bisherige Positionen:
                            Mitglied seit 2000                      3, 5)                                                      4, 6)
Nabel der Business Aviation-Welt - EBACE in Genf - Cockpit - Magazin
10     Military Aviation            Cockpit 07 2017

       TLwG 71 «R»

     Der Eurofighter des TaktLwG 71 «R» mit der Kennung 30+90 trägt die aktuelle Jubliäumsfolierung des Verbandes.

     Richthofen-Geschwader
     ist einsatzbereit
     Die Ausmusterung der F-4F Phantom aus der Luftwaffe am 30. Juni 2013 bedeutete gleichzeitig auch das
     Ende des Jagdgeschwaders 71 «Richthofen». Der Wechsel auf den Eurofighter kam für den Traditions-
     verband der Neuaufstellung als Taktische Luftwaffengruppe «Richthofen» gleich, welche dem Taktischen
     Luftwaffengeschwader 31 «Boelcke» unterstellt war. Nach 33 Monaten wurde aus der Gruppe wieder ein
     eigenständiger Verband, welcher nun als Taktisches Luftwaffengeschwader 71 «Richthofen» (TLwG 71 «R»)
     den norddeutschen Luftraum sichert.

     D
             er Wiederaufstieg zum Geschwa-          24 bereits für die Ausbildung in den USA        Veränderungen mit sich. Der Verband
             der ist die Folge des Entscheids,       vorgesehenen Eurofighter verbleiben somit        war als Gruppe dem Taktischen Luftwaf-
             die fliegerische Ausbildung auf          in Deutschland und werden auf die beste-        fengeschwader 31 «Boelcke» unterstellt,
     dem Eurofighter in Deutschland stattfin-          henden Geschwader verteilt.                     respektive in dessen Struktur eingebettet
     den zu lassen. Die Grundausbildung der                                                          und für die Sicherstellung der permanenten
     Jetpiloten der Luftwaffe findet heute in der     Luftwaffe verlässt Holloman AFB                 Luftraumsicherung im Norden zuständig.
     Sheppard Air Force Base (AFB) in Texas statt.   Mit dem Entscheid, die Eurofighter-Ausbil-       Für den Betrieb der QRA (Quick Reaction
     Anschliessend geht es für die angehenden        dung in Deutschland durchzuführen, stellte      Alert = Alarmrotte) zur Luftraumsicherung
     Tornado-Besatzungen auf den US-Luftwaf-         sich die Frage des «FlgAusbZLw». Da sowohl      verfügte die Gruppe über einen Bestand von
     fenstützpunkt Holloman in New Mexiko,           aus operativer als auch logistischer und        zehn Maschinen in Wittmund.
     wo die Luftwaffe das Fliegerische Ausbil-       wirtschaftlicher Sicht ein weiterer Betrieb
     dungszentrum der Luftwaffe (=FlgAusb-           den Nutzen gegenüber einem überdurch-           Mehr Eurofighter in Wittmund
     ZLw) mit Maschinen aus den eigenen Be-          schnittlichem Aufwand nicht mehr recht-         Als eigenständiges Geschwader erwarten
     ständen betreibt. Der Plan, die Ausbildung      fertigt, wird der Standort nach 27 Jahren per   den Verband nebst der Luftraumsicherung
     auf dem Eurofighter ebenfalls dorthin zu         Ende 2019 von der Luftwaffe aufgegeben.         Nord auch neue Aufgaben, da die Luft-
     verlegen, wird nicht mehr weiterverfolgt        Die Umwandlung zum Geschwader bringt            waffenführung ein zusätzliches Geschwa-
     und findet wie bis anhin in Laage statt. Die     für die «Richthofener» eine Vielzahl von        der mit aktuell 23 Eurofighter einplanen
11

                                                                      Österreicher in Wittmund

                                                                      Vom 27. April bis 16. Mai 2017 verlegten die österreichischen Luftstreitkräfte sieben Euro-
                                                                      fighter (Bild) nach Wittmund. Neben dem Gewinnen von Erfahrung mit der Verlegung von
                                              Fotos: Daniel Bader

                                                                      grösseren Verbänden und dem Austausch stand vor allem der Erhalt der Einsatzqualifikation
                                                                      im Luft/Luft-Schiessen für die Eurofighter-Piloten im Vordergrund, welche aus sicherheits-
                                                                      technischen Gründen in Österreich nicht durchgeführt werden kann.

kann, wenn es um die Unterstützung von
Bundeswehreinsätzen geht. Ebenso wird
der Standort Wittmund in die geplante
Umstrukturierung der Pilotenausbildung
miteinbezogen. Obwohl diesbezüglich noch
keine Entscheidungen getroffen wurden, ist
durch die neustrukturierte Pilotenausbil-
dung vorgesehen, dem TaktLwG 71 «R» in
Wittmund in den nächsten Jahren bis zu 35
Maschinen zur Verfügung zu stellen.
Der Einsatz- und Ausbildungsoffizier des
TaktLwG 71 «R», Oberstleutnant Reinhard
Schröder, erklärt die aktuelle Situation in
Wittmund wie folgt: «Mit dem Eurofighter
haben wir den modernsten Jet der Luftwaffe,                         Zwei Eurofighter des TLwG 71 «R» machen sich auf den Weg zu einer Trainingsmission über
einen Jäger der 4. Generation, auf dem                              der Nordsee.
ältesten Flugplatz der Bundeswehr. Auch
wenn der wesentliche Teil der Infrastruk-                           und ein Detachement während vier Mona-           winterlichen Bedingungen in Estland keiner-
tur aus den 60er-Jahren stammt, läuft der                           ten in die baltischen Staaten abgeordert         lei technischen Probleme bekundet. Weiter
Eurofighter-Betrieb reibungslos. Mit rund                            wurde. Gegenüber früheren Einsätzen be-          belegten die sechs erfolgreich durchgeführ-
170 Millionen Euro wird der Flugplatz in                            deute der aktuelle Einsatz für das TaktLwG       ten «Alpha-Scrambles» (Reale Alarmstarts)
den nächsten Jahren durch diverse Bauvor-                           71 «R» die erstmalige Verlegung mit dem          während der Verlegung, dass die «Richthofe-
haben zu einem der modernsten seiner Art                            Eurofighter als Arbeitsgerät ins Baltikum         ner» für ihre Aufgaben bereit und gewappnet
umgebaut.»                                                          und auch für die Luftwaffe brachte das VABP      sind, erklärt Oberstleutnant Schröder weiter.
                                                                    Veränderungen mit sich. Zum ersten Mal
QRA-Nord und Baltikum                                               stellte die Luftwaffe zwei aufeinander fol-      100. Todestag des «Roten Barons»
Dass der Traditionsverband der Luftwaffe                            gende Kontingente zur Luftraumsicherung          Der nächste wichtige Termin für das
für seine Kernaufgaben gewappnet ist, hat                           im Baltikum und übernahm somit diese             TaktLwG 71 «R» steht aber schon fest: Am
er im ersten Quartal 2017 erneut unter                              Aufgabe während acht Monaten. Das Takti-         21. April 2018 jährt sich der 100. Todestag
Beweis gestellt. Neben der ständigen                                sche Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg         des Roten Barons. Dass die «Richthofener»
Luftraumsicherung im Norden mit der QRA                             stellte das VABP auf dem Flugplatz Ämari/        ihren Namensgeber, mit 80 bestätigten Luft-
übernahm der Verband für vier Monate das                            Estland für die ersten vier Monate, bis im       siegen der erfolgreichste Jagdflieger im Ers-
«Verstärkte Air Policing Baltikum (=VAPB)»                          Januar 2017 das TaktLwG 71 «R» die Aufga-        ten Weltkrieg, entsprechend würdigen wer-
der NATO und stellte die Luftraumsicherung                          be bis im April 2017 übernahm.                   den, stellt für den Traditionsverband der
über dem Baltikum zu Gunsten der NATO                               Die aus der Verlegung gewonnenen Er-             Luftwaffe aus Wittmund eine Selbstver-
sicher. Dies ist für den Verband eigentlich                         kenntnisse beurteilt Oberstleutnant Schrö-       ständlichkeit dar.
nichts Neues, da mit der F-4F Phantom die-                          der als durchaus positiv. Einerseits habe der
se Aufgabe schon fünfmal wahrgenommen                               Eurofighter auch unter den erschwerten,           Daniel Bader
12     Military Aviation           Cockpit 07 2017

       Arctic Challenge Exercise

     Zwei finnische F/A-18 auf 15 000 Fuss über der skandinavischen Landschaft.

     Elf-Nationen-Meeting
     Finnland, Schweden und Norwegen waren vom 22. März bis 2. Juni Schauplatz einer internationalen
     Militärübung. Bereits zum dritten Mal fand die «Arctic Challenge Exercise» statt, bei dem auch die Schweiz
     mit acht F/A-18-Maschinen vertreten war. Den Lead hatte zum ersten Mal die finnische Luftwaffe.

     D
             as Szenario der diesjährigen Übung beruhte auf einem           Niederlanden und in Grossbritannien hinzu, von wo aus die ent-
             UN-Mandat, das einen gemeinsamen, multinationalen Ein-         sprechenden Luftwaffen operierten. In den letzten Tagen der Übung
             satz zusammen mit NATO-Partnern zum Ziel hatte. Weit-          gesellten sich noch zwei B-52H-Bomber hinzu, die direkt aus den
     reichende Lufteinsätze, geleitet von einer zentralen Kommando-         USA mit einem Zwischenstopp in Fairford kommend, ihre Einsät-
     und Einsatzleitstelle – dem norwegischen Kommandozentrum in            ze flogen. Im letzten Moment absagen musste die spanische Luft-
     Reitan –, führten zu realitätsnahen Szenarien, welche die Übung        waffe. Dies dürfte damit zu tun haben, dass sie in der Zeit während
     zum Erfolg werden liessen. Diese sollte zudem ein kosteneffizientes     der Übung turnusgemäss den baltischen Luftraum überwachen
     Training in einem realistischen und zeitgemässen Umfeld mit mo-        musste.
     derner Kriegsführung und mit einer grossen Anzahl an Flugzeugen        Zum Einsatz kam die ganze Palette an Flugzeugtypen wie Mehr-
     ermöglichen. Der Luftraum in Skandinavien ist für solche Übun-         zweck-Jagdflugzeuge, Kampfflugzeuge, Luftbetankungsmaschi-
     gen ideal, unter anderem aufgrund des geringen Zivilluftverkehrs.      nen, Transportflugzeuge, aber auch Such- und Rettungsmaschinen.
     Die Szenarien sahen Luft-Luft- und Luft-Boden-Übungen vor.             Jeden Tag kämpfte «Rot» gegen «Blau», wobei der Süden (Blau)
     Ausserdem wurde die Luftbetankung trainiert sowie das realitäts-       mit 40, der Norden (Rot) mit 60 Flugzeugen ausgestattet war. Die
     nahe Schiessen geübt. Übungsleiter Oberst Petteri Seppäla zeigte       Bodentruppen waren mit 1000 Mann involviert. Damit sollten Ein-
                                                                                                                                                  Fotos: Mark de Greeuw / Erik Bruijns

     sich zum Abschluss sehr zufrieden: «Die Arctic Challenge 2017 ist      sätze wie 2011 in Libyen oder aktuell in Syrien beziehungsweise
     die grösste kombinierte Luftübung, die wir jemals durchgeführt         im Irak realitätsnah simuliert werden.
     haben.» Es sei ein grosses Privileg gewesen, eine solche Übung         Das diesjährige Meeting habe klar aufgezeigt, dass Bedarf nach sol-
     leiten zu dürfen.                                                      chen taktischen Übungen bestehe. «Wir können nur voneinander
                                                                            lernen», ist Lt Col Edström, verantwortlich für die Flugoperationen
     Über 100 Flugzeuge im Einsatz                                          in Kallax, überzeugt.
     Über 100 Militärmaschinen – darunter acht F/A-18 der Schwei-
     zer Luftwaffe – waren auf den drei nördlichsten Luftwaffenbasen
     Europas, Bodö in Norwegen, Kallax in Schweden und Rovaniemi
     in Finnland, verteilt. Zu diesen drei Basen kamen weitere in den       Erik Bruijns / Mark de Greeuw
13

Ganz oben: Diese Mirage 2000C startet von Rovaniemi aus. Mitte links: Start einer A330 MRTT der deutschen Luftwaffe. Mitte rechts: Line-up der
acht F/A-18 der Schweizer Luftwaffe. Unten links: Diese Saab 39 C Gripen startet von der Luftwaffenbasis Kallax aus. Unten rechts: Luftbetankung
einer F-15D der amerikanischen Luftwaffe.
14     Cover Story           Cockpit 07 2017

       EBACE

     «Mir geht es so gut,
     wie es dem PC-24 geht»
     Zurücklehnen kann sich Oscar J.
     Schwenk noch nicht. Der Inner-
     schweizer Flugzeugpionier ist aber
     guter Dinge, dass der PC-24 bis
     Ende Jahr zertifiziert werden kann,
     wie er an der EBACE in Genf sagte.

     «Cockpit»: Wie geht es Ihnen persönlich,
     Herr Schwenk?
     Oscar J. Schwenk: Mir geht es so gut, wie
     es dem PC-24 geht. Und diesem gehts im
     Moment nicht schlecht. Ich stehe jeden Mor-
     gen um 4.45 Uhr auf. Ich gehe gerne jeden
     Tag ins Büro – sofern ich nicht auf Reisen bin.
     Daneben habe ich aber noch ein paar eigene
     Projekte am Laufen. So habe ich vor fünf Jah-
     ren die Mineralquelle Bad Knutwil gekauft.

                                                                                                                                                        Fotos: Joël Bessard
     Und dort bauen wir aus und es stehen eini-
     ge wichtige Investitionen an, weil wir eine
     neue Produktelinie eröffnen. Auch in Aust-
     ralien, wo ich im Outback Rinder züchte, bin
     ich zwei- oder dreimal im Jahr.                   72 Jahre alt und immer noch vor Energie strotzend: Pilatus-Verwaltungsratspräsident Oscar J.
                                                       Schwenk.
     Sie sind mittlerweile 72 Jahre alt. Denken Sie
     allmählich daran, etwas kürzer zu treten?         Scheibe davon abschneiden. Vor zehn Jah-         Ende Juni wird der 1500. PC-12 ausgeliefert.
     Ich habe immer gesagt, dass ich etwas kür-        ren haben wir mit dem anspruchsvollen            Das spricht für Kontinuität und muss Sie mit
     zer treten werde, sobald der PC-24 anständig      Projekt begonnen. Es hat mich komplett           Stolz erfüllen.
     fliegt. Ich bin aber immer noch der Ober-          gefordert. Das kann man nicht mit halbem         Ja, auf jeden Fall. 1500 Flugzeuge sind ein
     projektleiter und solange die Zertifizierung       Einsatz bewältigen.                              Leistungsausweis. Vor 22 Jahren haben mir
     nicht über die Bühne gegangen ist, braucht
     es mich eben noch voll. Gleichzeitig ha-          Ist die Zertifizierung immer noch für das
     ben wir vor einem Jahr die Schritte für den       vierte Quartal dieses Jahres geplant?            «Ich habe eine Riesenfreude,
     Serienbau eingeleitet. Ein Projekt, das weit      So ist es. Und der erste PC-24 soll anschlies-
     fortgeschritten ist. Nach der Zertifizierung       send an George Antoniadis, einen unserer         dass es mit dem PC-24 so gut
     müssen wir sofort ausliefern können.              treusten Kunden, ausgeliefert werden. Er ist     läuft und vor allem, dass das
                                                       Besitzer von PlaneSense in den USA. Diese
     Wo nehmen Sie die Energie her?                    Firma besitzt 40 PC-12. Antoniadis hat fünf      Interieur so gut gelungen ist.»
     Die ist einfach da. Wenn ich mal zwei oder        PC-24 bestellt.
     drei Tage nichts zu tun habe, fährt die
     Energie schnell runter. Ich habe eine Riesen-     Und dann sind die Royal Flying Doctors in        fast alle gesagt, dass das Single-engine-Pro-
     freude, dass es mit dem PC-24 so gut läuft        Australien an der Reihe.                         jekt kaum Chancen haben werde. Vielleicht
     und vor allem, dass das Interieur so gut ge-      Ja, aber die Maschinen bekommen ein kom-         wird er ein paar Maschinen absetzen, hiess
     lungen ist; so, als hätten wir zuvor schon        plett anderes Interieur mit drei Bahren so-      es. Mich freut es, dass die Royal Flying Doc-
     Hundert davon gemacht. Das gibt mir einen         wie medizinischem Zubehör wie Herzkreis-         tors, die den ersten gekauft hatten, jetzt
     zusätzlichen Schub Energie und schliess-          laufmaschinen und Defibrillatoren. Auch           auch den 1500. bekommen werden. Wir
     lich gilt ja, dass der Applaus des Künstlers      das muss zertifiziert werden. Der erste Pro-      werden den 1500. PC-12 mit einem traditi-
     Lohn ist. Wenn alle mit dem neuen Flug-           totyp ist gebaut. Bald beginnt die Flugerpro-    onellen Wurst- und Bier-Anlass mit unseren
     zeug zufrieden sind und Pilatus sehr viele        bung. Die erste Maschine sollte im zweiten       Mitarbeitenden feiern, so wie wir das immer
     PC-24 verkaufen kann, darf ich mir eine           Quartal 2018 ausgeliefert werden.                machen, wenn wir wieder eine runde Aus-
15

lieferungszahl erreichen. Selbstverständ-           Franken. Ihre Auftragsbücher sind mit Auf-       Auch die Vertreter der EASA waren vor Ort.
lich sind die Australier auch dabei.                trägen im Wert von 1,7 Milliarden Franken        Der Druck ist beidseitig enorm, so kurz vor
                                                    gefüllt. Den Pilatus Flugzeugwerken muss es      dem Schluss. Ich bin sehr zuversichtlich,
Mit Frankreich haben Sie kürzlich einen             glänzend gehen.                                  dass Ende Jahr der erste Kunden-PC-24 ab-
Vertrag unterschrieben, wonach der fran-            Ja, uns geht es eigentlich gut. In diesen 1,7    hebt.
zösischen Luftwaffe 17 PC-21-Flugzeuge zu           Milliarden sind zudem alle PC-24-Bestellun-
Trainingszwecken geliefert werden. Ist das          gen gar nicht eingeschlossen. Diese werden       Wie hat sich der Prototyp P02 im Kältetest
so etwas wie der Beginn einer langen Zusam-         erst aufgeführt, wenn wir über die Zertifi-       in den USA geschlagen?
menarbeit?                                          zierungen verfügen. Unsere Produktion ist        Sehr gut. Mit dem P02 wird die Zertifizie-
Jeder unserer Kunden, der mit unserem               ausgelastet. Wir befinden uns am Ende des         rung auf dem Autopiloten durchgeführt.
Produkt zufrieden ist, bleibt uns erhalten.         grünen Bereichs und laufen Gefahr, in den
Frankreichs Luftwaffe tauscht sich schon            roten zu geraten.                                Hatte er keine Kinderkrankheiten?
seit längerem mit der schweizerischen aus.                                                           Die hat jedes neue Flugzeug. Aber das ist ein
Die Zusammenarbeit funktioniert bestens.            Finden Sie genug Fachkräfte?                     laufender Prozess. Beim PC-24 handelte es
Der PC-21 ist ein Lead-Fighter-Trainer, bevor       Ja. Pilatus hat einen guten Ruf. Wir stellten    sich vor allem um Softwareprobleme. Jeder
man auf das Kampfflugzeug umsteigt. Der              in den letzten Jahren immer zwischen 150         Softwarefehler wirkt sich sofort auf das Ge-
französische Rafale geniesst in Middle East         und 180 Leute jährlich ein. Dieses Jahr wer-     samtsystem eines Flugzeugs aus. Das führt
einen guten Ruf. Wenn wir mit den Franzo-           den es gar 200 sein. Wir suchen vor allem        automatisch zu einem Rattenschwanz an
sen ein gutes Cockpit bauen können, wird            auch gute Ingenieure; einfach Fachkräfte,        Folgereaktionen.
uns das beim Verkauf im mittleren Osten
sicherlich helfen.                                                                                   84 Bestellungen sind fix eingegangen. Wer-
                                                    «Wir stellten in den letzten                     den Sie das Auftragsbuch nun weiter öffnen?
Somit eine strategische Partnerschaft?                                                               Mit den bisherigen Bestellungen sind wir
Da müssen wir zuerst abwarten. Im Moment
                                                    Jahren zwischen 150 und 180                      bis 2019 / 1. Quartal 2020 ausgelastet. Im
besteht erst der Verkaufsvertrag. Es könnte         Leute jährlich ein.»                             2018 werden wir das Orderbuch öffnen, aber
natürlich sein, dass andere Rafale-Kunden                                                            erst nach erfolgter Zertifizierung. Die ersten
auch Bedarf am PC-21 haben.                                                                          produzierten PC-24 werden bessere Daten
                                                    die wissen, wie man ein Flugzeug baut und        aufweisen als die, welche wir vor zwei Jah-
Der PC-21 scheint ein Erfolgsmodell zu sein.        ausrüstet. Einen Grossteil bilden wir auch       ren publiziert haben, so viel kann ich jetzt
Worauf führen Sie das zurück?                       selber aus. Auf der Stufe der Leichtmetall-      schon verraten.
Beim Verkauf von Trainingsflugzeugen                 bearbeitung gehören wir zu den zehn bes-
handelt es sich um einen langen Prozess. Es         ten Herstellern weltweit. Jetzt gehen wir        Somit muss wieder ungefähr eine Milliarde
braucht zuerst eine Ausschreibung. Von der          noch einen Schritt weiter. Für 45 Millionen      Franken in die Kasse zurückfliessen?
Ausschreibung bis zur ersten Auslieferung           Franken haben wir neue Fräsmaschinen an-         Wir haben bisher für das Projekt 500
dauert es in der Regel fast fünf Jahre. Wir ha-     geschafft – alles neuste Technologie.            Millionen Franken ausgegeben, für die
ben mit dem PC-21 das beste Trainingsflug-                                                            Serienproduktion rechne ich mit zusätzli-
zeug für Luftwaffen entwickelt. Ich muss            Sie haben somit einen hohen Kapitalbedarf.       chen Kosten von 300 Millionen Franken. Am
aber anfügen, dass sich der PC-21 nur für           Das ist richtig, vor allem jetzt, wo wir den     Schluss wird es wohl eine Milliarde Fran-
professionelle Luftwaffen eignet, die über          PC-24 produzieren werden. Wir finanzieren         ken sein. Und dann sollte selbstverständlich
ein gutes Kampfflugzeug verfügen, damit              alles selber – ohne Hilfe der Banken.            noch zusätzlich Geld in die Kasse fliessen für
das auf dem PC-21 Gelernte auch umgesetzt                                                            neue Flugzeugentwicklungen.
werden kann. Wir würden keine PC-21 an              An der EBACE hat Pilatus am Static Display
mittelmässige Luftwaffen liefern.                   den PC-24 gezeigt. Ist das die Endversion?
                                                    Ja. Genau so wird er zertifiziert werden.
Zum Wirtschaftlichen: Das Betriebsergeb-            Unsere Kunden haben mit Begeisterung
nis belief sich letztes Jahr auf 89 Millionen       reagiert, als sie das Interieur gesehen haben.   Interview: Patrick Huber

Blick in das Cockpit und in die Kabine des PC-24.
16     Cover Story           Cockpit 07 2017

       EBACE

            Genf: Nabel der
            Business Aviation

     Das Static Display umfasste 59 Business-Jets. Das Interieur der meisten Jets – «only by invitation» – blieb für viele Besucher ein Mysterium.

     Von den 59 am Static Display ausgestellten Flugzeugen präsentierten sich in diesem Jahr sechs zum ersten
     Mal an der EBACE. Die Cessna 700 Longitude, die Cirrus SF50 Vision und die Nextant (Beechcraft) C-90XT
     waren zum ersten Mal in Europa zu sehen. Bei den drei anderen Premieren handelte es sich um die
     Gulfstream G500, die in Farnborough schon letztes Jahr zu bewundern war, sowie die Piper PA46-M600 und
     die Daher TBM910, welche beide im April bereits an der AERO in Friedrichshafen ausgestellt waren.

     D
              ie meisten der Business-Jets, die an der diesjährigen EBACE       Neue Version der Bombardier Challenger 604
              in Genf ausgestellt waren, befinden sich auf Europatour-           Neben den beiden in Genf ausgestellten Beechjet 400XTi und der
              nee. Dies gilt nicht für die Citation Longitude, die direkt       King Air G-90XT kündigte Nextant Aviation eine neue Version für
     von Wichita kommend nach einem Tankstop im isländischen                    die Bombardier Challenger 604 an. Diese wird unter der Bezeich-
     Kevlavik ihren einzigen Auftritt in Europa hatte. Sie ist zwei Meter       nung 604XT auf den Markt kommen. Das Facelifting wird wie die
     länger als die Citation X, womit sie zur Zeit der grösste von Cessna       zuvor erwähnten Modelle eine neue Avionik, eine bessere Motori-
     hergestellte Business-Jet ist. Die Reichweite beträgt 6482 Kilometer       sierung und ein neu gestyltes Interieur umfassen.
     und die Kabine ist für zwölf Passagiere konzipiert. Der Jet soll noch      Sie war schon letztes Jahr angekündigt, wurde aber in letzter Minute
     dieses Jahr die Zertifizierung der amerikanischen FAA bekommen.             abgesagt: Erstmals landete die Gulfstream G500 an der EBACE. Die
     Die Cirrus SF50 Vision hat die europäische Zulassung schon erhal-          amerikanische Zertifizierung ist für das zweite Halbjahr vorgese-
     ten – und zwar am 22. Mai an der EBACE. Die amerikanische Zer-             hen, so dass die ersten Maschinen noch vor Ende Jahr ausgeliefert
     tifizierung erfolgte bereits am 2. Mai.                                     werden können. Ein zweites Modell, etwas grösser und mit grösse-
     Die in Genf präsentierte N124MW ist die erste Maschine, die an             rer Reichweite, die G600, absolvierte ihren Erstflug am 17. Dezem-
     einen Kunden des alten Kontinents ausgeliefert wird. Der Flugzeug-         ber 2016 und sollte Anfang 2018 zertifiziert werden.
     hersteller aus Duluth (Minnesota) will bis Ende Jahr sechs weitere
     Jets in Europa ausliefern.                                                 Jean-Luc Altherr
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                                                                                                                                                                         Foto: Ian Lienhard
                                                                         Die Gulfstream G500 wird die G450 ersetzen. Die G450-Produktion wird eingestellt, sobald die
                                                                         G500 zertifiziert ist.

                                                                                                                                                                           Foto: Jean-Luc Altherr
                                            Foto: Jean-Luc Altherr

                                                                         Die Cessna 700 Citation Longitude kurz nach ihrer Landung in Genf. Der neue Business-Jet war
                                                                         in Europa nur an der EBACE zu sehen.
                                                Foto: Jean-Luc Altherr

Die Nextant (Beechcraft) C-90XT.
                                               Foto: Joël Super

                                                                                                                                                                            Foto: Joël Super

Die Daher TBM910 war schon an der AERO in                                Zum ersten Mal am Static Display: die Cirrus SF50 Vision, die einem europäischen Kunden über-
Friedrichshafen zu sehen.                                                geben wurde.
18     Civil Aviation         Cockpit 07 2017

       Monatsinterview

     «In dieser Branche darf
     man nie nachlassen»
     Thomas Klühr ist seit gut einem
     Jahr CEO der Swiss. Zuvor war
     der deutsche Aviatik-Manager für
     die Lufthansa in München tätig.
     Für den dritten deutschen CEO
     in der Geschichte der Swiss ist
     im Produkt immer noch sehr viel
     Schweiz enthalten.

     «Cockpit»: Wie gefällt es Ihnen in der
     Schweiz, Herr Klühr?
     Thomas Klühr: Sehr gut. Ich bin jetzt seit
     rund anderthalb Jahren in der Schweiz.
     Meine Erwartungen wurden nicht nur
     erfüllt, sondern übertroffen. Es ist ein
     attraktiver Standort und zudem sind hier
     Leute für die Swiss tätig, die hervorragende
     Arbeit leisten. Und Zürich, wo ich wohnhaft
     bin, ist eine wunderschöne Stadt.

     Sie waren zuvor acht Jahre Manager der Luft-
     hansa in München. Wo liegt der Unterschied
     zwischen Ihrer Tätigkeit für die Lufthansa am
     Flughafen München und Ihrer Tätigkeit hier
     in Zürich für die Swiss als CEO?
     Von der Grössenordnung sind beide Tätig-
     keiten vergleichbar. Der wahrnehmbarste
     Unterschied ist, dass die Eigenständig-
     keit und Sichtbarkeit einer Swiss schon
     deutlicher zu Tage tritt als dies bei einem
     Teilbetrieb der Lufthansa der Fall ist.

     Wie würden Sie sich als Manager charak-
     terisieren? Welchen Führungsstil bevorzu-
     gen Sie?
     Ich bin überzeugt, dass vernünftige Ent-
     scheide dann zustande kommen, wenn
     man auf die Expertise seiner Mitarbeiter
     vertraut. Deswegen höre ich genau zu; das
     hat sich in all meinen Berufsjahren bewährt.
     Ich schenke Vertrauen und delegiere Verant-
     wortung – am Schluss muss ich aber gewis-
     se Entscheide auf meiner Stufe fällen. Ich
     würde mich als ein typisch teamorientier-
                                                                                                                                                 Foto: Swiss

     ten Manager bezeichnen.

     Haben Sie einen aviatischen Hintergrund?        Thomas Klühr (55) ist seit anderthalb Jahren CEO der Swiss. Der deutsche Staatsbürger hat
     Nein. Ich bin Betriebswirtschaftler. Bei        seine Karriere in der Lufthansa-Gruppe absolviert und lebt in Zürich.
19

der Lufthansa habe ich meine Karriere im         lidierung in der Industrie nicht abgeschlos-      kämpfen. Die Verspätungen häufen sich –
Controlling begonnen. Danach wurde mir           sen ist.                                          ein Problem, mit dem schon Ihre Vorgänger
von meinem damaligen Chef, dem früheren                                                            kämpften. Was können Sie als Swiss-CEO
Lufthansa-CEO Wolfgang Mayrhuber, die            Angebote wie zum Beispiel ein Flug nach           unternehmen?
Gesamtverantwortung für den Hub Mün-             Singapur oder Bangkok für 500 Franken –           Das Problem ist zweigeteilt. Alle – auch die
chen übertragen.                                 auch bei der Swiss buchbar – können für die       Swiss – müssen ihre Hausaufgaben machen.
                                                 Airlines doch nicht aufgehen.                     Wir auf unserer Seite müssen genügend Re-
Da müssten Sie als «Buchhalter» mit dem her-     Das ist in der Tat nicht möglich. Die Kunst       sourcen zur Verfügung stellen, um die Turn-
vorragenden Ergebnis der Swiss zufrieden         besteht darin, sehr günstige Angebote zu          around-Zeiten einzuhalten und so unseren
sein. 429 Millionen Franken Gewinn letztes       kreieren und gleichzeitig Premiumange-            Beitrag zur Verbesserung der Pünktlichkeit
Jahr ist ein stolzes Ergebnis. Das erste Quar-   bote zu verkaufen. Diese Balance ist eine         zu leisten. Letztes Jahr ist es uns durch eine
tal, in dem die meisten Airlines Verluste        der zentralen Fragestellungen unseres Er-         Vielzahl von kleinen Massnahmen gelun-
schreiben, war mit 37 Millionen Gewinn           tragsmanagements. Das gelingt uns derzeit         gen, die Pünktlichkeitsrate (Anm. d. Red.: Ab-
auch exzellent. Geht das 2017 so weiter?         sehr gut, alles ist aber eine Frage des Wettbe-   flüge innerhalb des 15-Minuten-Fensters) um
Wir erzielten schon 2015 ein sehr gutes Er-      werbs. Entscheidend sind das gute Produkt,        zwei Prozentpunkte zu verbessern.
gebnis. Ja, ich bin mit dem letztjährigen        das Revenue- sowie Kostenmanagement.
hochzufrieden und das neue Jahr ist auch                                                           Und das ist viel?
gut angelaufen. Die Chancen stehen gut,                                                            Klingt nach wenig, ist aber tatsächlich viel.
auch dieses Jahr ein vergleichbares Ergeb-                                                         Auch im laufenden Jahr – abgesehen vom
nis zu erreichen.                                «Wir wollen als Schweizer                         Januar, der witterungsbedingt ein schwieri-
Nun bin ich aber schon so lange im Geschäft,     Airline durch die typischen                       ger Monat war – ist die Entwicklung positiv.
dass ich weiss, dass im Airlinebusiness im-                                                        Auf die Dauer wird das Erzielte aber nicht
mer Unvorhersehbares passieren kann. Der         Schweizer Werte wie Zuver-                        reichen. Das betone ich auch immer in den
Ölpreis kann steigen oder es kann geopoli-
tisch etwas geschehen, das sich negativ auf
                                                 lässigkeit, Gastfreundschaft                      Gesprächen mit den Politikern. Wenn man
                                                                                                   Pünktlichkeitswerte von 85 Prozent und
den Geschäftsverlauf auswirkt.                   und Pünktlichkeit wahrge-                         mehr erreichen will und dazu noch wach-
                                                                                                   sen möchte, dann genügt die heutige Infra-
Der Ölpreis liegt bei 50 Dollar pro Barrel.
                                                 nommen werden.»                                   struktur nicht. Ich führe deshalb Gespräche
Lohnt sich das Hedgen überhaupt noch?                                                              mit lokalen und nationalen Politikern. Ich
Wir hedgen über den Konzern, was für uns                                                           werbe für die Umsetzung des SIL 2 (Anm. d.
Sinn macht. Ein höherer Ölpreis würde            Ist es schwierig, den Kunden zu binden?           Red.: Sachplan Infrastruktur Luftfahrt), damit
uns kurzfristig gesehen nicht unmittelbar        Es wird immer anspruchsvoller. Für uns            dieser vollumfänglich umgesetzt wird. Das
treffen, aber über eine grössere Zeitspanne      ist die Swissness sehr wichtig. Wir wol-          ist sehr wichtig.
gesehen wäre ein höherer Ölpreis für uns         len als Schweizer Airline durch die typi-
negativ. Deshalb macht das Hedgen über die       schen Schweizer Werte wie Zuverlässig-            Wie gross ist der Einfluss der Lufthansa-
Lufthansa-Gruppe durchaus Sinn.                  keit, Gastfreundschaft und Pünktlichkeit          Gruppe auf politische Entscheidungen? Es
                                                 wahrgenommen werden. Mit diesen Fak-              kann doch nicht sein, dass eine einzige Region
                                                 toren erreicht man eine hohe Kundenloya-          in Süddeutschland den Flugbetrieb in der
                                                 lität. Aber Tatsache ist, dass man sich jeden     Schweiz behindert!
«Ich höre genau zu und                           Tag neu bemühen muss. Denn der Kunde              Tatsächlich versuchen wir, unseren Einfluss
vertraue auf die Expertise                       ist kritisch und erkennt schnell, wenn neue,      entsprechend geltend zu machen. Am Ende
                                                 ansprechende Angebote auf den Markt               handelt es sich aber um einen politischen
meiner Mitarbeiter.»                             kommen. Wir können und werden daher               Prozess. Bei Infrastrukturerweiterungen gibt
                                                 nicht nachlassen. Unsere neuen Lounges            es immer Widerstände und politische Inter-
                                                 am Flughafen Zürich, welche derzeit in            essen. Ich würde mir wünschen – egal ob es
In der Airlinewelt wird mit harten Banda-        Planung sind, sind ein weiterer wichtiger         die Schweiz oder Deutschland ist –, dass der
gen gekämpft, die Airlines unterbieten sich      Schritt in die richtige Richtung.                 eine oder andere Politiker auch mehr Mut
mit Tiefstpreisen. Auf Dauer kann das nicht                                                        aufbringen würde, hier einen Schritt in die
gut gehen. Wie gut aufgestellt ist die Swiss?    In welchem Rhythmus werden solche Relaun-         entsprechende Richtung zu machen.
Es ist auf jeden Fall ein sehr harter Wettbe-    ches vollzogen?
werb. Es ist eine andauernde Herausforde-        In der Kabine geht man von einem Lebens-          Und entschieden wird in Berlin.
rung, für die wir aber gut aufgestellt sind.     zyklus von acht bis zehn Jahren aus. Am Bo-       Wir haben keinen Grund, uns klein zu ma-
In unserer Branche darf man allerdings nie       den ist das aber anders. Eine Lounge wie im       chen. Aber ich gebe Ihnen recht: Wenn es
nachlassen. Deshalb investieren wir auch         Dock E kann nicht alle fünf oder acht Jahre       um die Umsetzung des Betriebsreglements
weiter in unser Produkt, so beispielsweise       neu gebaut werden. Das ist ein einzigartiges      14 geht, kann dies nur im Austausch zwi-
in neue Flugzeuge wie die Boeing 777 oder        Produkt. Wichtig ist indessen, dass kons-         schen der Schweiz und Deutschland ge-
die C Series oder in neue Lounges. Darü-         tant renoviert und so der Standard hochge-        schehen. Und das ist ein zeitintensiver Pro-
ber hinaus arbeiten wir konstant an unse-        halten wird.                                      zess, der manchmal auch etwas frustrierend
ren Kostenstrukturen. Das ist wichtig, denn                                                        ist. Ich habe dasselbe in München mit der
der Preisdruck wird anhalten, solange Über-      In Zürich haben Sie wegen des fehlenden           Umsetzung der dritten Piste erlebt, denn
kapazitäten im Markt sind und die Konso-         Staatsvertrags mit zusätzlichen Hürden zu         dies ist mittlerweile auch ein jahrelanges
20     Civil Aviation          Cockpit 07 2017

       Monatsinterview
     Verfahren. Das ist eine grosse Schwäche          normal, eine solche Zielvorgabe festzuset-       Welche neue Destination in die USA drängt
     Europas: Solche Prozesse dauern zu lange.        zen. Positiv ist hingegen, dass wir das Ergeb-   sich auf?
     Als Gegenbeispiel sehe ich Istanbul, wo in-      nis im ersten Quartal auch in Genf massiv        Wenn man nur die kurzfristige Nachfrage
     nert Kürze ein neuer Flughafen entstehen         verbessert haben.                                befriedigen will, sind neue Destinatio-
     kann.                                                                                             nen nach Nordamerika immer wieder der
                                                      In Genf ist Easy Jet der Platzhirsch. Was        Wunsch unserer Kunden. Nordamerika ist
     Die CS 300 wurde verspätet ausgeliefert, was     macht diese Airline auf der Kurzstrecke bes-     aber derzeit gut abgedeckt. Neue Strecken
     ja schon bei der CS100 der Fall war. Sind sol-   ser als die Swiss?                               nach Südamerika oder Asien sind hingegen
     che Verspätungen beunruhigend?                   Wir sind als Marke anders positioniert als       interessant. Dieses und nächstes Jahr wer-
     Die fehlende Lieferpünktlichkeit ärgert uns      eine Easy Jet, mit der auch eine andere Er-      den aber keine neuen Destinationen hin-
     natürlich. Das muss einfach besser wer-          wartungshaltung einhergeht. Ich habe aber        zukommen: Wir konzentrieren uns derzeit
     den. Aber das Flugzeug ist toll, das ist die     einen hohen Respekt vor den Mitbewer-            vollumfänglich auf die Umflottung, denn
     erfreuliche Nachricht. Die Rückmeldun-           bern. Ihr Geschäftsmodell ist aber mit dem       das Kapazitätswachstum durch die Triple
     gen der Crews und der Kunden sind positiv.       Point-to-point-Verkehr anders, was im Ver-       Seven ist operationell eine grosse Heraus-
                                                      gleich zum Hubsystem ein Vorteil ist. Ein        forderung. Nach der abgeschlossenen Um-
                                                      Hubcarrier wie wir muss bei der Flugpla-         flottung im nächsten Jahr könnten neue
     «Es ist nicht mein Anspruch,                     nung Rücksicht auf die Umsteigepassagiere        Destinationen aber zum Thema werden.
                                                      nehmen, was planerisch eine Herausforde-
     in Genf die Nummer 1 zu                          rung ist. Allerdings müssen wir in der Lage      Air China kommt zum ersten Mal nach
     werden.»                                         sein, einige der Kostenvorteile der Low-Cos-     Zürich. Ein Code-Share-Partner für die
                                                      ter auch in Genf erreichen zu können.            Swiss, aber auch ein Konkurrent.
                                                      Dabei sind wir beispielsweise im Zusam-          Air China ist ein Star-Alliance-Mitglied. Für
     In Genf geben Sie richtig Gas und wollen mit     menhang mit der Flugzeugproduktivität            unsere Kunden verbessert sich das Flug-
     der neuen CS300 Marktanteile zurückgewin-        auf gutem Weg. Die Frage ist, ob die Kunden      angebot. Für mich handelt es sich dabei um
     nen. Hat die Swiss die Konkurrenz durch die      auch bereit sind, für einen besseren Service     eine Weiterentwicklung der Star Alliance,
     Low Coster allzu lange negiert?                  mehr zu zahlen. Das wird sich zeigen.            die übrigens in diesem Jahr ihr 20-jähriges
     Das ist eine sehr schwierige Frage. Solche                                                        Bestehen feiert.
     Entscheidungen muss man immer im Kon-            Können Sie die Kosten in Genf mit der CS300
     text der wirtschaftlichen Situation fällen.      massiv senken?
     Aufgrund der sich häufenden Verluste ent-        Ja klar. Die CS300 ist ein passendes Punkt-      Interview: Patrick Huber
     schied man sich damals, Genf zu verlassen.       zu-Punkt-Flugzeug für dezentrale Märkte
     Aus meiner Sicht ist es aber wichtig, dass       mit einer gewissen Grösse. Gerade für Genf
     wir in Genf vertreten sind. Es ist hingegen      könnte sich die CS300 mit 145 Sitzplätzen
     nicht mein Anspruch, in Genf die Nummer          als optimal erweisen.
     1 zu werden. Das Ziel ist es, als stabile und
     solide Marke in der Westschweiz vertre-          Es gibt Berichte, wonach für das Essen auf
                                                                                                        Auf ein Wort
     ten zu sein und ein akzeptables Ergebnis         den Europastrecken in Zukunft bezahlt wer-        Wo waren Sie zuletzt in den Ferien?
     zu erzielen.                                     den muss – zumindest in der Economy Class.        Auf Sylt.
                                                      Das hatte die Swiss schon einmal, die Passa-
     Basel ist ganz vom Radar der Swiss gefallen.     giere reagierten verärgert, weil sie meistens     Ihre Lieblingsdestination?
     Es kann doch nicht sein, dass die Swiss den      leer ausgingen.                                   Ost- und Nordseeküste Deutschlands.
     drittgrössten Flughafen einfach so der Kon-      In der Aviatik geht der Trend klar in diese
     kurrenz überlässt!                               Richtung. Wichtig ist, dass damit keine           Wo wollten Sie immer schon mal hin?
     So bitter es klingt, ich sehe in naher Zukunft   Serviceverschlechterung einhergeht. Wir           Auf der Liste stehen Argentinien und
     keine Möglichkeit, dorthin zurückzukeh-          diskutieren das Thema derzeit innerhalb           Kolumbien. Aber dafür braucht es Zeit.
     ren. Man soll niemals nie sagen, aber derzeit    des Konzerns, aber eine finale Entschei-
     sehe ich keine Chance. Basel hat sich über       dung diesbezüglich wurde noch nicht ge-           Wen würden Sie gerne einmal an Bord
     die vergangenen Jahre zu einem Low-Cost-         troffen.                                          eines der Swiss-Flugzeuge begrüssen?
     Markt entwickelt. Aufgrund des veränder-                                                           Die Zweifler – nämlich all diejenigen, die
     ten Marktumfeldes und der schwierigen            Sie haben kürzlich gesagt, dass Sie in Nord-      sich immer die Frage stellen, wie schwei-
     politischen Rahmenbedingungen besteht            amerika wachsen möchten. Da kommt Ihnen           zerisch die Swiss noch ist. Ich würde sie
     für einen Premium-Carrier wie uns keine          die Wahl von Donald Trump als US-Präsi-           gerne von unserer Swissness überzeu-
     Perspektive, dort profitabel zu wirtschaften.     dent, der den einheimischen Markt prote-          gen.
     Wichtig ist es, unsere Hauptbasis Zürich         giert, nicht unbedingt gelegen.
     weiter gut zu entwickeln, in Genf die Wirt-      Alles, was den Wettbewerb einschränkt, ist        Ihr Lebensmotto?
     schaftlichkeit zu verbessern sowie einen         für uns immer ein Ärgernis. Aktuell sehen         Wer zuhören kann, erspart sich viele
     signifikanten Marktanteil zu erreichen.           wir aber keine grossen Veränderungen und          Worte.
                                                      können für uns nichts Nachteiliges erken-
     Wie lange darf Genf noch Verluste schreiben?     nen. Wir haben stabile Zahlen auf allen           Sind Sie in den sozialen Netzwerken aktiv?
     Ende 2018 muss eine schwarze Null stehen.        USA-Strecken. Aber wir beobachten die             Nein, gar nicht.
     Ich halte das Ziel für realistisch und finde es   Situation selbstverständlich sehr genau.
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