Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion

 
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Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion
Analyse von hochaufgelösten
 Klimasimulationen für die
      Schwarzwaldregion

   Eine tourismus-klimatische Perspektive

           Inaugural-Dissertation zur
          Erlangung der Doktorwürde
der Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften
        der Albert-Ludwigs-Universität
                Freiburg i. Brsg.

                 vorgelegt von

                Christina Endler

             Freiburg im Breisgau
                     2010
Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion
Dekan:               Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker
Referent:            Prof. Dr. Andreas Matzarakis
Korreferent:         Prof. Dr. Rüdiger Glaser
Disputationsdatum:   02. Juli 2010
Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion
Vorwort

Wer hat nicht schon einmal einen kühlen, verregneten Sommer oder einen Winterurlaub
ohne Schnee verbracht? Wenn wir unseren Urlaub planen, berücksichtigen wir unbewusst
oder aber auch bewusst die am Urlaubsort vorherrschenden klimatischen Bedingungen.
Somit hängt unsere Wahl einer Destination sowie die Reiseart inklusive der Aktivitäten
direkt von Wetter und Klima ab, die den Tourismus sowohl limitieren als auch begünstigen
können.
   In den letzten drei Jahrzehnten rückte das Thema „globale Erwärmung und Klimawan-
del“ immer mehr in den Vordergrund und ist in der wissenschaftlichen und öffentlichen
Wahrnehmung und Diskussion nicht mehr wegzudenken. Zahlreiche Forschungsinstitu-
tionen nahmen die seit 1990 anhaltende Episode überdurchschnittlich hoher Lufttempe-
ratur sowie die seit der Industrialisierung kontinuierlich steigenden CO2 - und weiteren
Treibhausgaskonzentrationen zum Anlass, Auswirkungen des Klimas auf die verschiede-
nen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Systeme zu analysieren. Selbst wenn die
Treibhausgasemissionen heute gestoppt würden – welches ein recht unwahrscheinliches
Szenario ist – sehen wir uns immer noch mit deutlichen Änderungen im Klimasystem
konfrontiert.
   Um auf Klimafolgen antworten zu können und unsere Vulnerabilität gegenüber einem
sich wandelnden Klima zu mindern, reichen Mitigationsstrategien, die seit 1980 von Wis-
senschaftlern und Entscheidungsträgern gleicherweise fokussiert werden, nicht mehr aus.
Infolgedessen muss nun auch das Augenmerk auf die Adaptation (Anpassung) gelegt wer-
den, die in vielen Regionen weder in der Planung noch in der Umsetzung Berücksichtigung
findet.
  Im Jahr 2004 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den drin-
genden Handlungsbedarf erkannt und die Förderung von „Forschung für den Klimaschutz
und Schutz vor Klimawirkungen – Chancen und Risiken des Klimawandels“ ausgeschrie-
ben. Dabei lag der Schwerpunkt sowohl bei Adaptation als auch Mitigation. Im Rahmen
dieser Förderinitiative, klimazwei, wurde Ende 2006 das interdisziplinäre Projekt KUN-
TIKUM bewilligt, bei dem die Leuphana Universität Lüneburg und die Albert-Ludwigs-
Universität Freiburg mitgewirkt haben. KUNTIKUM – Klimatrends und nachhaltige Tou-
                                                                                       I
Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion
II                                                                                Vorwort

rismusentwicklung in Küsten- und Mittelgebirgsregionen – versuchte Antworten auf Fra-
gen zu finden, wie der Tourismus in Deutschland am Beispiel Nordsee und Schwarzwald
auf den Klimawandel reagiert, welche neuen Potenziale gebildet werden und welche Risi-
ken bevorstehen können. Da der Wintertourismus derzeit einen größeren Stellenwert ein-
nimmt als der Sommer-(Bade)tourismus und klimatische Änderungen im Süden ausge-
prägter sein werden als im Norden, wird in der vorliegenden Arbeit nur die Modellregion
Schwarzwald betrachtet.
   In erster Linie möchte ich Herrn Prof. Dr. Andreas Matzarakis für die Möglichkeit dan-
ken, meine Dissertation im Rahmen des Projektes KUNTIKUM am Meteorologischen In-
stitut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg durchgeführt haben zu können. Somit bot
sich ein mir ganz neues, spannendes und interessantes Forschungs- und Wissenschaftsfeld.
Für seine stets fachliche Betreuung, seine volle Unterstützung und sein Engagement sowie
konstruktive, lehrreiche Diskussionsrunden danke ich ihm sehr.
     Prof. Dr. Rüdiger Glaser danke ich für die Arbeit als Korreferent.
  Ein großer Dank gebührt auch meinen Kollegen in Lüneburg, die mit ihren heraus-
fordernden und kritischen Fragen, dem stetigen Austausch und dem regen Interesse zur
Durchführung und zum Gelingen des Projektes und folglich meiner Dissertation beigetra-
gen haben. Ein wesentlicher Vorteil von interdisziplinären Projekten ist, dass man eine an-
dere Sicht auf die eigene Wissenschaft bekommt, andere oder neue Möglichkeiten erkennt
und unterschiedliche Methoden kennenlernt. Somit möchte ich mich bei meinen Kollegen
für den Einblick in mir vorher fremde Wissenschaftsbereiche, für die lehrreichen, inter-
essanten Gespräche und Diskussionen sowie für das entspannte, kollegiale Arbeitsklima,
auch außerhalb des Büros bedanken.
  Besonderer Dank gilt Olaf Matuschek, der bei der Aufbereitung der Daten und Program-
mierung der entsprechenden Software tätig und bei technischen Schwierigkeiten damit
immer zur Stelle war und somit für einen reibungslosen Ablauf der Untersuchung sorgte.
  Weiterhin gebührt mein Dank Dr. Kerstin Prömmel, Stefan Kroll und Stefan Muthers,
die immer ein offenes Ohr für meine Fragen hatten und mir oftmals den Weg zur Lösung
ebneten. Markus Zygmuntowski sei an dieser Stelle ebenfalls gedankt. Die Gespräche mit
ihm zwischen der Bürotür waren stets inspirierend und sorgten zeitweise für eine kurze
Auszeit.
  Abschließend möchte ich all denjenigen danken, vor allem meiner Familie und meinen
Freunden, ohne deren Unterstützung, Ausdauer, Ermutigung, Motivation und Optimismus
diese Arbeit in der vorliegenden Form nicht zustande gekommen wäre.

                                                                          Christina Endler
                                                                            Februar 2010
Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion
Publikationen

Die vorliegende Arbeit fasst als kumulative Dissertationsschrift Inhalte folgender Publika-
tionen zusammen:

Endler C, Oehler K, Matzarakis A (2010) Vertical gradient of climate change and climate
tourism conditions in the Black Forest. Int. J. Biometeorol. 54:45-61.

Endler C, Matzarakis A (2010) Climatic potential for tourism in the Black Forest, Germany
- winter season. Int. J. Biometeorol. DOI: 10.1007/s00484-010-0342-0.

Endler C, Matzarakis A (2010) Climate and tourism in the Black Forest during the warm
period. Int. J. Biometeorol. DOI: 10.1007/s00484-010-0323-3.

Endler C, Matzarakis A (2010) High resolution climate simulations for the Black Forest
region from a point of view of tourism climatology - a comparison between two regional
models (REMO and CLM). Theor. Appl. Climatol. DOI 10.1007/s00704-010-0311-x.

Matzarakis A, Endler C (2010) Adaptation of thermal bioclimate under climate change
conditions - The example of physiologically equivalent temperature in Freiburg, Germany.
Int. J. Biometeorol. 54:479-483.

                                                                                        III
Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion
Analyse von hochaufgelösten Klimasimulationen für die Schwarzwaldregion
Inhaltsverzeichnis

VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        I
PUBLIKATIONEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         III
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE . . . . . . . .                          VII
ABBILDUNGSVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               XI
TABELLENVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           XIII
ZUSAMMENFASSUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            XV
SUMMARY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     XVII
1 Einleitung und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       1
2 Stand der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       7
3 Charakterisierung des Untersuchungsgebietes . . . . . . . . . . . . . .         15
4 Methodik und Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      21
   4.1   Entwicklung der Human-Biometeorologie und Tourismus-
         Klimatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     21
   4.2   Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     26
   4.3   Regionale Klimamodelle und Klimaszenarien . . . . . . . . . . .          31
          4.3.1 REMO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      35
          4.3.2 CLM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       36
5 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . .          37
   5.1   Klimatische Veränderungen im Schwarzwald . . . . . . . . . . .           37
          5.1.1 Wintersaison . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      38
          5.1.2 Sommersaison . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      40
          5.1.3 Vergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . .       42

                                                                                  V
VI                                                                       Inhaltsverzeichnis

     5.2   Sensitivätsanalysen für die Physiologisch Äquivalente Tem-
           peratur PET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        44
           5.2.1 PET Simulationen ohne Modifikation . . . . . . . . . . .               45
           5.2.2 PET Simulationen mit Modifikation . . . . . . . . . . . .              45
 6 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          47
     6.1   Aussagefähigkeit regionaler Klimamodelle im komplexen Gelände                47
     6.2   Risiken für den Wintertourismus in Mittel- und Hochgebirgen . .              51
           6.2.1 Schwarzwald und andere deutsche Mittelgebirge . . . . .                51
           6.2.2 Alpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          54
     6.3   Risiken und Chancen für den Sommertourismus . . . . . . . . . .              55
 7 Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            59
 LITERATUR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          XIX
Verzeichnis der Abkürzungen und
Symbole

Bft          Beaufort
BMBF         Bundesministerium für Bildung und Forschung (German Federal Mini-
             stry for Education and Research)
CAST         Climate trends and sustainable development of tourism in coastal and
             low mountain range regions
CH4          Methan
CIT          Climate Index for Tourism
CLM          Climate version of the Lokalmodell (Klimaversion des Lokalmodells)
clo          Clothing, ein Maß für die Bekleidung des Menschen basierend auf den
             thermischen Widerstand der Bekleidung (1 clo = 0,155 K m2 W−1 )
CO2          Kohlendioxid
COSMO-CLM Climate Limited-area Modelling Community
COST         European Cooperation in Science and Technology
CTIS         Climate-Tourism-Information-Scheme (Klima-Tourismus-Informations-
             Schema)
DJF          Dezember, Januar, Februar
DWD          Deutscher Wetterdienst
e            Dampfdruck [hP a]
ECHAM4       Vierte Generation des ECHAM (European Centre Hamburg Model)
ECHAM5       Fünfte Generation des ECHAM (European Centre Hamburg Model)
EM           Europamodell

                                                                              VII
VIII                                      Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole

FCKW           Flourchlorkohlenwasserstoffe
GCM            Global Circulation Model
GIS-KliSchee   Geografisches Informationssystem für Klimavariabilität und Schneever-
               fügbarkeit in deutschen Mittelgebirgen
GKSS           Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt mbH
HeRATE         Health Related Adaptation to the Thermal Environment
IMEM           Instationäres Münchner Energiebilanzmodell
IPCC           Intergovernmental Panel on Climate Change
JJA            Juni, Juli, August
KUNTIKUM       Klimatrends und nachhaltige Tourismusentwicklung in Küsten- und
               Mittelgebirgsregionen: Produkt und Infrastruktur-Innovation durch
               kooperative Lernprozesse und strategische Entscheidungsfindung
LM             Lokalmodell
M              Metabolische Rate [W ]
MAM            März, April, Mai
MCIT           Modified Climate Index for Tourism
MEMI           Münchner Energiebilanzmodell
MEZ            Mitteleuropäische Zeit
MICE           Modelling the Impact of Climate Extremes
MODIS          Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer
MPI            Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg
MPI-OM         Ozeanmodell des MPI
N2 O           Distickstoffoxid
NDJFM          November, Dezember, Januar, Februar, März
O3             Ozon
OECD           Organization for Economic Co-operation and Development (Organisati-
               on für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
OUT_SET?       Outdoor Standard Effective Temperature [°C]
PET            Physiologically Equivalent Temperature (Physiologisch Äquivalente Tem-
Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole                                          IX

               peratur) [°C]
PIK            Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
PMV            Predicted Mean Vote
PPD            Predicted Percentage Dissatisfied
PRUDENCE       Prediction of Regional scenarios and Uncertainties for Defining Euro-
               pean Climate change risks and Effects
Q?             Strahlungsbilanz [W ]
QH             Konvektiver Wärmestrom [W ]
QL             Strom latenter Wärme infolge von Wasserdampfdiffusion durch die Haut
               [W ]
QRe            Strom latenter Wärme infolge der Schweißverdunstung [W ]
QSw            Energieumsatz infolge von Erwärmung und Wasserdampfsättigung der
               Atemluft [W ]
RCM            Regional Climate Model
REMO           Regionalmodell
SET?           Standard Effective Temperature [°C]
SkiSim         Skisaisonmodell
SO4            Sulfat
SON            September, Oktober, November
SRES           Special Report on Emissions Scenarios
STAR           Statistical Regional Model
STARDEX        Statistical and Regional dynamical Downscaling of Extremes for Euro-
               pean regions
STI            Subjective Temperature [°C]
Ta             Lufttemperatur [°C]
Ta,max         Maximum der Lufttemperatur [°C]
Tmrt           Mittlere Strahlungstemperatur [°C]
TCI            Tourism Climate Index
UBA            Umweltbundesamt
X                                    Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole

USA       United States of America
UTCI      Universal Thermal Climate Index [°C]
v         Windgeschwindigkeit [ms−1 ]
UV        Ultraviolett
W         Energieumsatz [W ]
WETTREG   Wetterlagen-basierte Regionalisierungsmethode
WMO       World Meteorological Organization
Abbildungsverzeichnis

2.1   Mittlere jährliche Anzahl der Schneetage in deutschen Mittelge-
      birgen für den Zeitraum 1980-1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      10
2.2   Höhenlage ausgewählter Skigebiete im Schwarzwald . . . . . . . . . . .           11

3.1   Geografische Lage des Schwarzwaldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        15
3.2   Karte des Bioklimas im Schwarzwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       18

4.1   Thermische Umgebung des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           24
4.2   Abhängigkeit des Sommer- und Wintertourismus von einzelnen
      Klimaparametern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      27
4.3   Entwicklung der Klimamodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       32
4.4   Schematische Übersicht der IPCC-Emissionsszenarien . . . . . . . . . . .         33
4.5   Horizontale Auflösung globaler und regionaler Klimamodelle
      im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   34
4.6   Schematische Übersicht der Regionalisierung . . . . . . . . . . . . . . .        34

5.1   Mittlere prozentuale Änderung der Schneetage . . . . . . . . . . . . . . .       39
5.2   Mittlere prozentuale Änderung der winterlichen Kältestresstage . . . . . .       40
5.3   Häufigkeitsverteilung für derzeitige (1961-1990) und zukünftige
      PET Bedingungen (2071-2100) in Freiburg unter Berücksichti-
      gung von Strahlungs- und Windmodifikation . . . . . . . . . . . . . . . .        46

                                                                                       XI
Tabellenverzeichnis

4.1   Klimafacetten und ihre jeweilige Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . .     26
4.2   Definition des klimatischen Tourismuspotenzials . . . . . . . . . . . . .      29

5.1   Qualitative Zusammenfassung der untersuchten Kenngrößen für
      den Schwarzwald basierend auf den Regionalmodellen REMO
      und CLM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    43

                                                                                    XIII
Zusammenfassung

Im Zuge der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion über den Klimawandel und
seine Folgen ist auch der Tourismussektor näher in den Blickpunkt geraten, da sich der Kli-
mawandel auf den gesamten ökologischen sowie ökonomisch-sozialen Bereich auswirkt.
Das Ausmaß des Klimawandels ist jedoch von Bereich zu Bereich, von Region zu Region
und von Zeitpunkt zu Zeitpunkt verschieden. Somit stellt er nicht nur für Meteorologen
und Klimatologen eine Herausforderung hinsichtlich der Abschätzung der zu erwartenden
Änderungen dar, sondern auch für die einzelnen Bereiche, auf die sich der Klimawandel
auswirkt. Die Auswirkungen zeigen sich nicht nur in langsam abtauende Gletscher oder
dem allmählich steigenden Meeresspiegel, sondern auch in extremen Hitzewellen, intensi-
ven Regenfällen und Stürmen. Anpassungen an die bereits eingetretenen und verstärkt zu
erwartenden Folgen des Klimawandels sind für verschiedene Sektoren essenziell. Dabei
ist eine vorausschauende Anpassung an extreme Wetterverhältnisse und erwartete Verän-
derungen des Klimas ein wichtiger Aspekt einer nachhaltigen Entwicklung. Insbesondere
für wetter- und klimasensible Wirtschaftsbereiche wie Tourismus hat der Klimawandel
eine besondere Bedeutung. Gegebene klimatische Bedingungen und aktuelles Wetter steu-
ern, limitieren und begünstigen dabei Angebot und Nachfrage und können entscheidend
die Reisemotivation beeinflussen. Relativ geringe Änderungen der klimatischen Rahmen-
bedingungen können bereits massive Verluste in der Tourismusbranche zur Folge haben.
  Die zu erwartenden Klimaveränderungen weisen regionale und saisonale Unterschiede
auf. So erwärmen sich beispielsweise die Kontinente schneller als die Ozeane. Beson-
ders ausgeprägt ist die Erwärmung im Winter, welche erhebliche Auswirkungen auf die
Schneebedeckung, das Schneepotenzial und damit auf den Wintertourismus vor allem in
Mittelgebirgen haben wird. Der Schwarzwald ist hierbei aufgrund seiner südlicheren Lage
im Vergleich zu anderen deutschen Mittelgebirgen besonders sensitiv gegenüber Klima-
veränderungen.
  Um das Ausmaß jener Vulnerabilitäten aufdecken und abschätzen zu können, wurden
auf der Grundlage regionaler Klimasimulationen – aus den Regionalmodellen REMO und

                                                                                       XV
XVI                                                                    Zusammenfassung

CLM – human-biometeorologische und tourismusrelevante Berechnungen auf der Basis
der Emissionsszenarien A1B und B1 durchgeführt. Dabei wurden zukünftige Projektio-
nen, die einen Zeitraum von 2021 bis 2050 beschreiben, mit der Klimanormalperiode
1961-1990 bzw. 1971-2000 verglichen. Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu blei-
ben, ist die Anpassung an den Klimawandel von gleichbedeutend zentraler Bedeutung wie
die Befriedigung der wachsenden Ansprüche der Touristen und Erholungssuchende. Auch
die Entwicklung und Beibehaltung der touristischen Infrastrukur werden eine wesentliche
Rolle spielen. Daher ist es sinnvoll, nicht die nächsten 5-10 Jahre in Betracht zu ziehen,
die in der Tourismusbranche den üblichen Planungshorizont darstellen, sondern die näch-
sten 30-50 Jahre. Der Vorteil liegt hierbei auch darin, dass bis 2050 die Unterschiede in
der Entwicklung der einzelnen Emissionsszenarien, die den Klimasimulationen zugrunde
liegen, geringer sind und sie somit zuverlässigere Aussagen liefern können.
   Die Ergebnisse zeigen, dass der schon in den letzten Jahren bemerkbare Rückgang der
Schneedecke und -dauer sich im Schwarzwald trotz einer geringen Zunahme der Winter-
niederschläge zukünftig verstärken wird. Dies ist auf die steigende Lufttemperatur in den
Wintermonaten zurückzuführen. Weiterhin wird die Variabilität der Schneedecke zuneh-
men, d. h. es werden weiterhin schneereiche Winter auftreten, jedoch weniger häufig. Um
zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es sinnvoll, sich heute schon Gedanken über den
Tourismus von morgen zu machen. Somit empfiehlt es sich, den immer wichtiger werden-
den Sommertourismus in die Planung und Anpassungsstrategien einzubeziehen. Ein Vier-
Jahreszeiten-Tourismus mit der neuen potenziellen Schlüsselfunktion „Natur“ und einem
ausgebauten attraktiven und zertifizierten Wegenetz könnte ein Weg in die Wettbewerbsfä-
higkeit bilden. Der Sommer im Schwarzwald wird in Zukunft vor allem in den höher gele-
genen Gebieten komfortable klimatische Bedingungen aufweisen. Während die Zunahme
der sommerlichen Lufttemperatur und der Physiologisch Äquivalenten Temperatur (PET)
in mittleren und höheren Lagen des Schwarzwaldes für ein angenehmes Klima sorgen
kann, sehen sich die tiefen Lagen und urbanen Gebiete mit einer Zunahme von Hitzestress
und feuchtwarmen Tagen konfrontiert. Bereits mit einfachen Anpassungsmaßnahmen kann
diesen zu erwartenden Auswirkungen entgegengekommen werden. Simulationen von PET
unter der Modifikation von Windgeschwindigkeit und mittlerer Strahlungstemperatur zeig-
ten, dass vor allem im Sommer eine reduzierte mittlere Strahlungstemperatur sowie eine
erhöhte Windgeschwindigkeit, im Winter hingegen eine höhere mittlere Strahlungstem-
peratur und reduzierte Windgeschwindigkeit thermische Belastungen deutlich minimieren
können. Die durchgeführten Simulationen bieten demzufolge ein nützliches Instrument zur
Quantifizierung von Adaptationsmaßnahmen.
Summary

In public and scientific research discussion about climate change and its impacts, the tou-
rism sector is highly focused. Thereby, ecological and economic-social sectors are affected
by climate change. Its degree varies, however, from sector to sector, from region to region,
and from time to time. Consequently, it poses a challenge not only for meteorologists and
climatologists, but also for each of the sector affected. Impacts like melting glaciers or a ri-
sing sea level, extreme heat waves, intense rain, and storms may be expected. Adaptation to
both impacts of climate change already occurred and expected to increase is vital for com-
munities, and a prospective adaptation to severe weather events and changes in climate is
essential for a sustainable development. Climate change is of high importance, especially
for industrial sectors sensitive to weather and climate, like tourism. Current climate con-
ditions and weather thereby control, limit, and favor demand and supply in tourism and
can affect decisively the motivation for traveling. Small changes in climate conditions can
already result in huge losses of revenues.
   Climate changes expected show regional and seasonal differences. For example, conti-
nents warm faster compared to oceans. Winter warming is more pronounced, which in turn
affects snow cover, ski potential, and winter tourism, in particular in low mountain ranges.
Due to its southern location the Black Forest is more sensitive to climatic changes than
other German low mountain ranges.
   In order to reveal and assess the magnitude of those vulnerabilities regional climate
simulations based on two regional climate models (REMO and CLM) were analyzed for
the two emission scenarios A1B and B1. The analysis thereby considers human-biometeo-
rological and climatic parameters relevant for tourism for two time frames: the future time
span 2021-2050 and the present-day time span 1961-1990 and 1971-2000, respectively. In
order to adapt to climate change in the future to remain competitive on the one hand and to
meet the requirements of a more and more sophisticated population it is necessary to focus
more on the next 30-50 years instead of the next 5-10 years, the usual short-term planning
horizon in tourism. In this context, the development in infrastructure of tourism also plays

                                                                                          XVII
XVIII                                                                             Summary

a relevant role. Another advantage also is that uncertainties in the development of each
emission scenario that underlies the climate simulations are lower until 2050.
   The results reveal that the reduction of snow cover and duration already recorded in the
last years in the Black Forest will continue to decrease despite the slight increase in win-
ter precipitation. This is rather due to an increase in air temperature, especially in winter
months. There might be still some winters with snow, but snow-less winters will be more
frequent due to an increased natural variability. In order to remain competitive it is neces-
sary for today’s tourism to be anticipatory. It is recommended to stronger integrate summer
tourism in planning and adaptation strategies. A four season tourism with the new potential
key factor „nature“ and a well developed and attractive path network could be one solu-
tion for competitiveness. The summer in the Black Forest will reveal a pleasant climate
in particular in higher elevated regions. While the increase in both summer air tempera-
ture and physiologically equivalent temperature (PET) in middle and higher regions of the
Black Forest provide pleasant climate conditions, both the lower regions and urban areas
are faced with heat stress and humid-warm conditions. These expected climatic changes
can be countered already by the application of simple adaptation measures. Simulations
of PET modified by changing wind speed and mean radiant temperature indicate a noti-
ceably reduced thermal stress: smaller mean radiant temperature and higher wind speed in
summer, increased mean radiant temperature and lower wind speed in winter. Simulations
conducted provide a useful instrument for quantifying adaptation measures.
1 Einleitung und Zielsetzung

In den letzten Jahrzehnten wurden im Bereich der Klimaforschung und -modellierung
große Fortschritte erzielt, die nun aufgrund der Diskussion um den Klimawandel zum Tra-
gen kommen. Mit der Veröffentlichung des Dritten Sachstandsberichts des Weltklimarates
(Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) im Jahre 2001 kam diesbezüglich
der erste Trend auf, der sich mit dem neuesten IPCC-Bericht (2007) fortsetzte und inten-
sivierte. Zahlreiche Studien bezüglich Klimawandel und Klimafolgen entstanden in dieser
Zeit. Die Diskussionen vollziehen sich in vielen unterschiedlichen wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Bereichen. Das Ausmaß des Klimawandels ist jedoch je nach Bereich,
Region und Zeitpunkt verschieden. Somit stellt er nicht nur für Meteorologen und Klimato-
logen eine Herausforderung bezogen auf die Abschätzung der zu erwartenden Änderungen
dar, sondern auch für die einzelnen Bereiche, auf die sich der Klimawandel auswirkt. In
kaum einem anderen Wirtschaftszweig spielen Wetter und Klima eine große Rolle wie im
Tourismus. Gegebene klimatische Bedingungen und aktuelles Wetter steuern, limitieren
und begünstigen dabei Angebot und Nachfrage sowie die Saisonalität im Tourismus. Än-
dern sich die für den Tourismus grundlegenden Ressourcen (Klima und Natur) qualitativ,
können sich neue Herausforderungen formieren (Matzarakis et al. 2004; Becken und Hay
2007; Scott und McBoyle 2007; Matzarakis et al. 2007a; UNWTO 2008). Selbst wenn
wetterunabhängige Angebote immer wichtiger werden, ist davon auszugehen, dass auch
zukünftig die Sehnsucht nach intakter Natur/Landschaft zu den Hauptmotiven gehört, eine
Reise in eine bestimmte Destination zu unternehmen. Mit dem fortschreitenden Klimawan-
del werden sich auch die Landschaften in den Destinationen verändern. Hall und Higham
(2005) identifizieren folglich den Klimawandel als neue Determinante des Tourismus.
   Er kann als Chance oder als Risiko oder sowohl als Chance als auch als Risiko gesehen
werden. Dies gilt vor allem für montane Regionen, die ca. 20 bis 24 % der gesamten Land-
oberfläche abdecken. Dort stellt der Tourismus oftmals die einzige wirtschaftliche Einnah-
mequelle dar (8 % des Bruttoinlandsproduktes in Deutschland, DIW 2001). Schneearme
Winter beispielsweise werden deutliche Spuren bei Tourismusanbietern hinterlassen. Ex-
treme Wetterereignisse verursachen neben materiellen Schäden auch Imageschäden für die

                                                                                        1
2                                                           1 Einleitung und Zielsetzung

Destination (Attraktivitätsverlust). Um dem zu begegnen, wurden die Orkane Lothar und
Kyrill beispielsweise, die im Dezember 1999 bzw. Januar 2007 das öffentliche Leben in
weiten Teilen Deutschlands beeinträchtigten und zu erheblichen Umsatzeinbußen in den
betroffenen Regionen (besonders in den Mittelgebirgen) führten, später Gegenstand proak-
tiven Handelns im touristischen Marketing. So entstand im Sauerland der „Kyrillpfad“ und
im Schwarzwald der „Lotharpfad“ als erlebbare Schaustrecke (Bartels et al. 2009).
   Allmählich wird erkannt, dass es für viele Regionen überlebensnotwendig ist, sich mit
der Thematik Klimawandel auseinanderzusetzen. Unabhängig davon, wie stark sich der
Klimawandel ausprägen wird, die Tourismusbranche sieht sich ohne Anpassungsmaßnah-
men vielerorts mit Risiken konfrontiert. Sie kann, wenn das Bewusstsein vorhanden und
geschärft ist, aufgrund ihres dynamischen Charakters und der daraus resultierenden hohen
Anpassungsfähigkeit schnell gegensteuern, mögliche Risiken eingrenzen und neue Poten-
ziale ausschöpfen. Auch die Anpassungsfähigkeit von Seiten der Urlauber zeigt sich hoch.
So können sie sich auf ein verändertes Klima einstellen, indem sie z. B. ihre Reisezeiten
an die von ihren bevorzugten Klimabedingungen anpassen und gegebenenfalls ihre Reise-
zeiten (in die Vor- oder Nachsaison) verschieben (Perry 1997; Matzarakis et al. 2004; Hall
und Higham 2005; Becken und Hay 2007).
   Aber welche klimatischen Bedingungen empfinden wir als angenehm oder unange-
nehm? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit mehr als 50 Jahren die Human-Biometeorolo-
gie (z. B. Büttner 1938; Fanger 1972; Faust et al. 1978). Das Empfinden, hier meinen wir
das thermische Empfinden, entstammt nicht der Subjektivität. Es hängt u. a. von Alter, Ge-
schlecht, Fitness und Herkunft des Menschen (thermo-physiologische Faktoren) (Besance-
not 1990; Scott et al. 2009) sowie von meteorologischen Faktoren (z. B. Wind, Strahlung,
Lufttemperatur der Umgebung) ab. Die menschliche Reaktion auf äußere Umwelteinflüsse
(Thermoregulation) spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Dies gilt es entsprechend objek-
tiv zu quantifizieren (Matzarakis et al. 2004; Matzarakis et al. 2007a). Während anfangs
noch auf empirische Studien zurückgegriffen werden musste, konnten später im Zuge des
technischen und wissenschaftlichen Fortschritts Energiebilanzmodelle des Menschen ent-
wickelt werden (siehe Kapitel 4.1). Die Objektivität wird bei manchen thermischen Be-
trachtungen jedoch eingeschränkt.
   Auf der anderen Seite steht die Wahrnehmung, die subjektiver Natur ist. Manch einer
erfreut sich an einem stürmischen Herbsttag an der rauen See, andere wiederum empfinden
dies schon belästigend. Im Sommer kann eine stürmische Badesaison ebenfalls die Attrak-
tivität und Erlebnisqualität mindern, während sie bei Wassersportlern für eine Steigerung
dieser sorgt. UV-Strahlung fördert sowohl die Vitamin D-Synthese in der Haut als auch
1 Einleitung und Zielsetzung                                                                 3

das psychische Wohlbefinden, während sie in zu hoher Dosis (gesundheits-)schädigend
sein kann (Köpke et al. 2007). Die Palette der Auswirkungen des Klimas auf den Men-
schen ist vielfältig; einerseits können sie die Qualität und Attraktivität eines Ortes steigern
(Smith 1993; Hu und Ritchie 1993; Shoemaker 1994), andererseits können sie Gefahren
und negative Reize zur Folge haben.
   Diese Ambivalenz und Komplexität gilt es erstmals zu identifizieren und anschließend
entsprechend den Bedürfnissen im Bereich Tourismus und Erholung anzupassen. Dies ist
Forschungsgegenstand der Tourismus-Klimatologie und wurde bereits in zahlreichen Stu-
dien thematisiert. Eine umfassende Übersicht für den Zeitraum 1936 bis 2006 bieten Scott
et al. (2006a) in ihrer Bibliografie. Die Zahl der Studien über Klima und Tourismus wächst
stetig und wird durch die zusätzliche Komponente Klimawandel ergänzt.
  Da Gebirgsregionen klimatisch sehr sensitive Ökosysteme darstellen, wurde bislang das
Hauptaugenmerk im Zusammenhang Klima(wandel) und Tourismus ausschließlich auf die
Wintersaison gelegt. Während die Alpen oder Nordamerika (siehe Kapitel 2) von vielen
Seiten intensiv untersucht wurden, fanden die deutschen Mittelgebirge nur mäßig Beach-
tung. Auch der Sommertourismus wurde selten in den bestehenden Analysen einbezogen,
da einerseits die Vulnerabilität gegenüber einer Erwärmung nur als mäßig eingestuft wur-
de (Zebisch et al. 2005) und andererseits dieser bislang nicht den hohen Stellenwert auf
dem Tourismusmarkt erreicht wie der Winter. Diese Tatsache verliert zusehends mehr an
Gültigkeit, was auch die Tourismuszahlen belegen.
   Allgemeinen Aussagen zufolge ist der Wintertourismus einem hohen Gefährdungspo-
tenzial ausgesetzt, während der Sommertourismus profitieren wird, z. B. Verlängerung der
Saison, Qualitätssteigerung. Diese allgemeinen Aussagen müssen im Detail nicht zutref-
fen, denn jede Region und Destination weisen ein unterschiedliches (Attraktions-)Potenzial
und einen unterschiedlichen Grad an Vulnerabilität auf. Demzufolge ist es ein Ziel, das
zukünftige touristische, klimatische Potenzial abzuschätzen. Da das Klima nicht die ein-
zige Rahmenbedingung ist, die sich im Kontext Tourismus ändern kann – es finden u. a.
auch sozio-ökonomische und technologische Veränderungsprozesse statt –, wird das For-
schungsfeld weitaus komplexer, wobei im Rahmen dieser Untersuchung nicht auf jedes
Detail eingegangen werden kann.
   Um das touristische, klimatische Potenzial abschätzen zu können, gilt es in erster Li-
nie, die entsprechenden klimatischen Kriterien zu identifizieren (siehe Kapitel 4.2). Per-
ry (1997) legt dar, dass für den Sommertourismus – vor allem für den Badetourismus –
die wichtigsten klimatischen Einflussfaktoren Sonnenschein, Luft- und Wassertemperatur
4                                                            1 Einleitung und Zielsetzung

sind. Allerdings sind im Vergleich zum Wintertourismus die klimatischen Voraussetzungen
für den Sommertourismus weniger eindeutig und die genauen Abhängigkeiten kaum unter-
sucht. Weiterhin unterscheiden sich auch die einzelnen Formen des Sommertourismus wie
Badeurlaub, Aktivurlaub oder Urlaub auf dem Lande in ihren klimatischen Ansprüchen
sowie der Stärke der Abhängigkeit. de Freitas (2003) ordnet den klimatischen Einfluss-
größen drei Facetten zu – thermisch, physikalisch und ästhetisch –, wobei Matzarakis et
al. (1999) in der thermischen Komponente (thermisches Empfinden) die größte Relevanz
sehen. Der thermischen Komponente wird in dieser Untersuchung über die Physiologisch
Äquivalente Temperatur PET Ausdruck verliehen.
   Ziel dieser Untersuchung ist es demnach, das zukünftige Klima für Mittelgebebirge un-
ter Berücksichtigung der einzelnen Klimafacetten zu analysieren und zu bewerten. Dabei
soll ein für den Tourismus integraler Ansatz verwendet werden.
   Obwohl sich Klimaveränderungen auf globaler Ebene abspielen, können ihre Auswir-
kungen und Folgen (Impacts) auf lokaler und regionaler Ebene erheblich variieren (Ame-
lung et al. 2007). Somit basieren die so genannten Impact Studies weniger auf globalen,
sondern eher auf regionalen Klimasimulationen. Globale Klimamodelle mit einer Auf-
lösung von meist 100 km werden für gewöhnlich benutzt, um die Auswirkungen steigen-
der Treibhausgaskonzentrationen, veränderter Aerosolzusammensetzung und der Landnut-
zung zu untersuchen. Sie sind in der Lage, die großräumige Zirkulation sowie die mittle-
ren klimatischen Zustände weitestgehend realitätsnah zu simulieren (z. B. Rial et al. 2004;
Reichler und Kim 2008). Jedoch sind jene Globalmodelle weniger geeignet, die Ober-
flächenheterogenitäten auf Skalen kleiner als 100 km abzubilden und die Auswirkungen
globaler Änderungen auf regionaler Ebene abzuschätzen. Regionale Klimasimulationen
können entweder mithilfe statistischer Verfahren (z. B. STAR - Statistical Regional Mo-
del, Werner und Gerstengarbe 1997 oder WETTREG - Wetterlagen-basierte Regionalisie-
rungsmethode, Enke und Spekat 1997) oder dynamischen Downscalings ermittelt werden
(z. B. Jacob et al. 2001; Steppeler et al. 2003). Dabei werden regionale Modelle in globale
Modelle „genestet“ (eingebettet), d. h. der Modelloutput des Globalmodells dient zur Be-
rechnung der möglichen Entwicklung des Klimas auf einer feiner aufgelösten räumlichen
Skala (< 20 km).
  Vor allem im komplexen Gelände – z. B. Mittel- und Hochgebirge – ist eine hohe
räumliche Auflösung essenziell, da meso- und mikroskalige Prozesse einen entscheiden-
den Einfluss auf das Gebirgsklima haben (Whiteman 2000). Kleinräumige Windsysteme
und Wolkenformationen fallen zum Beispiel durch das grobmaschige Gitter von globalen
Modellen und die Höhenabhängikeit von einigen Klimaparametern (z. B. Lufttempera-
1 Einleitung und Zielsetzung                                                         5

tur) kann nur rudimentär wiedergegeben werden. Aber auch Regionalmodelle gelangen an
ihre Grenzen, da nicht jeder einzelne Prozess im System Erde-Atmosphäre realitätsgetreu
abgebildet werden kann und somit parametrisiert werden muss.
2 Stand der Wissenschaft

Das Klima ist keine konstante Größe, sondern unterliegt Änderungen auf unterschiedli-
chen räumlichen und zeitlichen Skalen. Klimaveränderungen, d. h. über mehrere Jahre bis
Jahrmillionen andauernde Abweichungen vom langjährigen Mittelwert, sind die Folge von
Änderungen in der Energiebilanz der Erde. Dabei können die Änderungen natürlichen und
anthropogenen Ursprungs sein. Zu den natürlichen Prozessen gehören beispielsweise Vul-
kanismus, plattentektonische Verschiebungen, solare Aktivitätsschwankungen und Varia-
tionen in den Erdbahnparametern (Jacobeit 2007; Glaser und Schenk 2007). Im Pleistozän,
d. h. ca. 2 Millionen Jahre bis 11.000 Jahre vor heute, hat sich das Klima vergleichswei-
se langsam zwischen Warm- und Eiszeiten gewandelt. Dabei betrugen die Temperatur-
schwankungen zwischen den Glazialen (Kaltzeiten) und Interglazialen (Warmzeiten) in
Mitteleuropa im Mittel bis zu 10-12 °C. In diesen Warmzeiten waren die Pole allerdings
noch mit Eis bedeckt (Bubenzer und Radtke 2007). Seit ca. 10.000 Jahren befinden wir uns
in einem solchen Interglazial.
   In jüngster Zeit hat der anthropogene Anteil im Klimasystem mehr und mehr an Bedeu-
tung gewonnen. Dabei spielen vor allem Landnutzungsänderungen und die Freisetzung
klimawirksamer Spurengase und Emissionen eine entscheidende Rolle. Resultat sind kli-
matische Folgewirkungen in verschiedenen Bereichen:
   ?   Änderung des globalen Strahlungs- und Energiehaushalts,
   ?   Einfluss auf die stratosphärische Ozonschicht,
   ?   Veränderung der Luftzusammensetzung infolge der freigesetzten Emissionen,
   ?   Veränderungen des Regionalklimas,
   ?   Spezielle Klimaveränderungen in urbanen Gebieten (Jacobeit 2007).
   Um die heute ablaufenden Klimaveränderungen verstehen und deren anthropogenen An-
teil abschätzen zu können, ist ein Verständnis natürlicher Klimaveränderungen notwendig.
Auch in Zukunft ist mit natürlichen Änderungen zu rechnen, die allerdings vom anthro-
pogenen Signal überlagert werden. Die rezente Erwärmung kann – was Modellergebnisse

                                                                                       7
8                                                                          2 Stand der Wissenschaft

bestätigen – auf den dominanten Einfluss des Menschen zurückgeführt werden1 (IPCC
2007). So ist beispielsweise im letzten Jahrhundert die Lufttemperatur weltweit um ca.
1 °C gestiegen; in Deutschland um 0,9 °C und in den Alpen sogar um 1,5 °C. In den näch-
sten 100 Jahren wird eine nochmalige Erhöhung von bis zu 3,5 °C erwartet. Besonders aus-
geprägt ist die Erwärmung im Winter, welche erhebliche Auswirkungen auf die Schnee-
bedeckung, das Schneepotenzial und den Wintertourismus vor allem in Mittelgebirgen hat
(IPCC 2007). Satellitenbeobachtungsdaten von 1966 bis 2005 zeigen, dass die monatliche
Schneedeckenhöhe in der nördlichen Hemisphäre um 1,3 % pro Dekade zurückgegangen
ist (UNEP 2007). Tiefebenen in Zentraleuropa weisen neuerdings eine Abnahme in der
jährlichen Schneedeckendauer von einem Tag pro Jahr auf (Falarz 2002). In den Schwei-
zer Alpen ist seit 1980 die Schneedecke signifikant zurückgegangen (BMU 2008) und die
Gefährdung des traditionellen Wintersports ist schon jetzt augenscheinlich. Gegenwärtig
werden Schneegebiete oberhalb von 1500 m als schneesicher erachtet2 (Beniston 2003);
zukünftig wird jedoch mit einer Zunahme der Lufttemperatur um 1 °C eine Erhöhung der
Schneegrenze um 150 m erwartet. Somit ist der Wintertourismus im Kontext des Klima-
wandels ein sehr aktuelles Thema, dessen sich viele Wissenschaftler in den letzten 5 bis
10 Jahren intensiv angenommen haben. Eine der ersten Untersuchungen wurden von Mc-
Boyle und Wall (1992) für die Skiindustrie in der Great Lake Region, USA, durchgeführt.
Weitere Untersuchungen für Nordamerika (Hamilton et al. 2003; Scott et al. 2003; Scott et
al. 2005; Scott et al. 2006b; Scott et al. 2006c), Schottland (Harrison et al. 1999; Harrison
et al. 2001), Japan (Fukushima et al. 2002) und den Alpenraum (Breiling und Charam-
za 1999; Koenig und Abegg 1999; Elsasser und Messerli 2001; Elsasser und Bürki 2002;
Hantel und Hirtl-Wielke 2007; Steiger 2004; Steiger und Mayer 2009; Hantel et al. 2000;
Beniston et al. 2003a; Beniston et al. 2003b) folgten. Unter diesen Destinationen wurde
im europäischen Raum die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (Organization for Economic Co-operation and Development - OECD) durch-
geführte erste umfassende länderübergreifende Studie über den Klimawandel in den Alpen
für die Regionen Frankreich, Schweiz, Österreich, Italien und Deutschland veröffentlicht
(OECD 2007). Sie legt dar, dass unter einem 2 °C wärmeren Szenario die Anzahl der na-
türlich schneesicher geltenden Skigebiete (609 von insgesamt 666, das entspricht 91 %)
auf 404 (61 %) und unter einem 4 °C wärmeren Szenario weiter auf 202 (30 %) zurück

 1
   Rein rechnerisch hätte die Erwärmung, wie sie gegenwärtig detektiert wird, allein nur aus natürlichem
    Antrieb nicht stattgefunden.
 2
   Aufgrund der Effekte der Kontinentalität ist die Grenze der natürlichen Schneesicherheit von Region zu
    Region verschieden. So liegt diese beispielsweise in der Schweiz und Westösterreich bei 1200 m, in
    Ostösterreich und Deutschland bei 1050 m und in Italien bei 1500 m. Für Frankreich wird je nach Gebiet
    eine Grenze von 1200 bis 1500 m angegeben (OECD 2007).
2 Stand der Wissenschaft                                                                  9

geht. Beniston et al. (2003a) geben bei einer Erhöhung der Lufttemperatur um 4 °C, die
bis 2071-2100 im Alpenraum erwartet werden kann, eine Abnahme des Schnees um min-
destens 90 % bei 1000 m, 50 % bei 2000 m und 35 % bei 3000 m an. Weiterhin wird die
Schneesaison um 50 bis 60 Tage bei 2000-2500 m Höhe und 100 Tage bei 1000 m Höhe
verkürzt (Rowell 2005; Beniston et al. 2003a; Ráisánen et al. 2003). Im Alpenraum wird
mit einer vergleichsweise starken Erwärmung von 2,3 bis 3,3 °C bis zur Mitte dieses Jahr-
hunderts und 2,9 bis 5,3 °C bis Ende dieses Jahrhunderts gerechnet. Die Folgen variieren
innerhalb der 5 untersuchten Alpenländer, wobei die deutsche Skiindustrie am stärksten
betroffen sein wird. Künstliche Beschneiung als Anpassungsmaßnahme ist seit den 1980er
Jahren operationell im Einsatz. 50 % der Flächen in Österreich, 40 % in Italien, 18 % in
der Schweiz, 15 % in den Französischen Alpen und 11 % in Deutschland (Bayern) wer-
den derzeit künstlich beschneit (OECD 2007). Zudem wird eine verstärkte Variabilität des
winterlichen Niederschlags erwartet, die auch die Schneeverhältnisse beeinflussen kann.
   Im Allgemeinen beziehen sich Studien, die von rein wissenschaftlichem Interesse ge-
prägt sind, zumeist auf langfristige Änderungen, d. h. sie decken den Zeitraum bis zum
Ende des 21. Jahrhunderts, 2071-2100, ab (z. B. PRUDENCE, Christensen und Christen-
sen 2007 oder ENSEMBLES, van der Linden und Mitschell 2009). Auf regionaler Ebe-
ne existieren zahlreiche Untersuchungen zum Wintertourismus und Klimawandel, die das
Ausmaß steigender Temperaturen auf die Schneedecke untersuchen (siehe oben). Die Re-
aktion der Schneedeckenverhältnisse auf steigende Temperaturen variiert hierbei mit geo-
grafischer Breite und Höhe und hängt von vielen lokalen Faktoren ab, wie z. B. Schneever-
wehungen, kleinräumige Turbulenzen, die auf gegenüberliegenden Seiten unterschiedliche
Schneeverhältnisse bedingen können. Somit gestaltet sich eine genaue gegenwärtige und
zukünftige Klassifizierung aufgrund der hohen räumlichen Variabilität und der fehlenden
mikroskaligen Auflösung von Seiten der Modelle schwierig (Sturm et al. 1995). Dement-
sprechend sind Aussagen über klimatische Änderungen und ihre Folgen nur so gut wie
ihre Modelle.
  Obwohl Mittelgebirge sehr vulnerabel gegenüber einer steigenden Lufttemperatur sind,
wurde bislang wenig Augenmerk darauf gelegt.
   Die aktuelle Situation in den deutschen Mittelgebirgen basierend auf der mittleren, jähr-
lichen Anzahl der Schneetage ist für den Zeitraum 1980-1999 in Abbildung 2.1 wieder-
gegeben. Nach der Definition von Abegg (1996) kann ein Skigebiet als schneesicher er-
achtet werden, wenn 7 von 10 Winter eine ausreichende Schneedecke von mindestens 30
bis 50 cm, an mindestens 100 Tagen zwischen dem 1. Dezember und 15. April aufweisen.
Diese so genannte 100 Tage-Regel trifft auf den Südschwarzwald zu, während der Nord-
10                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     2 Stand der Wissenschaft

schwarzwald eine geringere Anzahl von Schneetagen von mindestens 40 Tage aufweist,
wobei Hornisgrinde (1164 m) mit 80 bis 100 Schneetagen annähernd als schneesicher gilt.
Diese Ergebnisse sind konsistent mit früheren Ergebnissen von Roth et al. (2005). Die
Autoren geben zusätzlich an, dass derzeit noch durchschnittlich an 24 Tagen Beschneiung
möglich ist.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Schneedecke und Skigebiete
                                                                                                                                 NORDFRIESI S CH   SYLT

                                                                                                                                                                 N
                                                                                                                                                                  O
                                                                                                                                                                      RD
     1 Brocken          1142 m   2 Braunlage                625 m

                                                                                                                                                                        FR
                                                                                                                                                                                        ANGELN
                                                                                                                                                                                                                                                        O S T S E E

                                                                                                                                                                             IESL
     25                          25
     20                          20
                                                                                                                                                               Husum
                                                                                                                                                                                                                                                                       FEHMARN                                      DA R S S
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Schneehöhen > _ 10 cm
                                                                                                                                          E

     15                          15                                                                                                                                           AND                                                                                                                                                            RÜGEN
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          an ausgewählten
                                                                                                                                               IN

     10                          10
                                                                                  N O R D S E E                                                                                                                               Kiel
                                                                                                                                                   SE

      5                           5
      0                           0                                                                                                                                                                                                           169
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Bergstationen
                                                                                                                                                     LN

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              V
          O N D J     F M A M         O N D J      F M A M
                                                                                                                                                                                                                                           Bungsberg

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               O
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Beobachtungsperiode

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       US
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Rostock                                                                            ED

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   R
     3 Kahler Asten      839 m                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               OM
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Kumme- O

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        P
     25
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           rower    M                                                                     1980 - 1999
                                                                                                       INSELN                                                                                                                                                                                                              See        M
                                                                                                 ISCHE
                                                                                                                                                                                                                                   Lübeck
     20                                                                            IES                                                                                                                                                                   Schweriner                                                                                       E
                                                                               TFR                                                                                                                                       MAR N                                                                                                                                R                                                  Station                           Höhe über NN
                                                                        OS
     15                                                                                                                                                                                                                                                       See                                                                                                  N
                                                                                                                                                                                                                OR                                        Schwerin M E C K L
     10                                                                                                                                                                                                       ST                                                                                   ENB                                              Neubranden-                                                  25
      5                                                                                                                                                                                                                                                                                                       UR
                                                                                                                                                         Bremerhaven                                                                                                                                                GI                              burg                                                         20
      0
          O N D J     F M A M                                                                                                                                                                                                                                                                                            SC                                    179
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 15
                                                                                        Emden O S T-
                                                                                                                                                                                                                Hamburg                                                                                                       HE                      Helpter Berge
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 10

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              K
                                                                                                                   ND                                                                                                                                                                               Plauer                             SE
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            EN

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            AR
     4 Schneifelforsthaus                                                                        FRIESLA                                                                                                                                                                                            See                                                                                                           5
                                                                                                                                                                                                                       Lüneburg                       Elb                                                                   Müritz                  PL A                                                          0
                         657 m                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                TTE

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        M
                                                                                                                                                                                                                                                          e                                                                                                                                                           O N D J                        F M A M

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       R
     25                                                                                                                                                                                                            169

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Monat

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   E
                                                                                                   N D

     20                                                                                                                                                           Bremen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                K
                                                                                                                           Oldenburg                                                                         Wilseder Berg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   C
     15                                                                                                                                                            Wese                         L Ü NE B U RG E R                                                                                                                                              U
                                                                                          Ems

     10                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Neuruppin                                                                     Tage je Monat
                                                                                                 A

                                                                                                                                                                              r

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Eberswalde
      5                                                                                                                                                                                                                H E I DE
                                                                                             L

      0                                                                                                                     Cloppenburg

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             O
          O N D J     F M A M
                                                                                           S

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 er

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             d
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Havel
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Wahrscheinlichkeit
                                                                                         M

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    H A V E L-
                                                                                                                                                                                                                                                       A L T M A R K                                                                                                                                                                          25
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Havel
                                                                                    E

     5 Wasserkuppe       921 m                                                                                                                                                                                               Celle
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      des Auftretens einer
     25                                                                             Nordhorn
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Stendal
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        L A N D                  BERLIN                      Spr
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              50      Schneehöhe von
     20                                                                                                                                                                                                       Hannover                                                                                                                                                             ee
     15                                                                                              TE   Osnabrück
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Potsdam
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Plauer                                                          Frankfurt
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              75      >_ 10 cm für Tage pro
     10                                                                                                UT                                                               W                                                                                                                                               See                                                               (Oder)
      5                                                                                                  OB
                                                                                                           UR
                                                                                                                                                                               E
                                                                                                                                                                                    S                                             Braunschweig                                                                         201
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Monat in Prozent
      0                                                                                                       GE                                                                        E                                                                                  Magdeburg                                      Hagelberg
          O N D J     F M A M                                                                                    R                                  Bielefeld                W                                                                                                                                    F
                                                                                                                                                                                            R

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         L Ä

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            SP
                                                                                             Münster                                                                                                                                                                                                                                                                          R
                                                                                                                                                                               es

                                                                                                                                                                                            BE R G L A N

                                                                                                                                                    W                                                                                                                                                                        M I N G                                              EE
                                                                                                                                                                                 er

                                                                             M                                                                       AL                                                                                         Halberstadt
     6 Fichtelberg      1213 m                                                   Ü N S           N D                                                                                                                                                                                                                                                                                   WA
                                                                                       T E R L A                                                       D                                                                                                                                                                                                                                     LD
                                                                                                                                                                                                                                         1                                                         Dessau
     25                                                                                                                                                                                                                  Brocken 1142                 Ostharz                                                                                                                     Cottbus
                                                                                                                                                                                       528                                             H
     20                                                                                                                                                                          Gr. Blöße                                                      A                                       S
                                                                                                                                                                                                                                         2              R
                                                                                                                                                                                                                                                                                            aale

     15                                                                                                                                             Paderborn                                                                                 West-
     10                                                                                                                                                                                                                                                            Z                               Halle
                                                                            Essen                  Dortmund                                                                                                                                   harz                                                 (Saale)
      5                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Torgau
                                                                                                                                                                                                         D

                                                       Duisburg
      0
                                                                                                                                                                                                             Göttingen                                                                                        LEIPZIGER
                                                                                                                                                                                                                                       Nordhausen
                                                                                                                                                GE
          O N D J     F M A M

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          La
                                                                                                                                                                                    Kassel
                                                                                                                                              IR Winterberg

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             usitzer Neiß
                                                                                                                                                                                                                                                            477                                                         Leipzig

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                ree
                                                                                                                                            EB
                                                                                                           S A U E R -                                                                                                                                Kyffhäuser
                                                                        Düsseldorf                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Görlitz
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Sp
     7 Stötten           739 m
                                                                                                                             RG

                                                                                                                                                        Willingen                                                                                    THÜRINGER                                           TIEFLANDSBUCHT                                            Elbe                        ITZER
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             US      B
                                                                                                                           AA

                                                                                                   L A N D                            3
                                         KÖLNER BUCHT                                                                                          Kahler Asten
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        LA

     25                                                                                                                                                                                          Fu
                                                                                                                         TH

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            ER
                                                                                                                                               841                                                                                                      BECKEN

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          e
     20                                                                                                                                                                                            ld                                                                                                                                                             Dresden
                                                                                                                                                                                                     a                                                                                                                                                                             ELBSAND-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              GL
                                                                                                                       RO

                                                                  Köln                                                                                                                                                             Eisenach
     15                                                                                                                                                                                                                                                       Erfurt                                                                                                               STEINGEB.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                D.
                                                                                                                                                                                                                             TH

     10                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Gera                                                                                         793
                                                                                                                   Siegen                                                                                                                                                                                                                                          E
                                                                               Rh

                                            Aachen
                                                                                                                                                                                                                               ÜR

                                                                                                                                                                                                                                     IN    Thüringer
                                                                                                                                                                                                                                                                                le

      5                                                                                                                                                      Marburg
                                                                                                                                                                                                                         Werr                                                                                                                                 G              Östliches                Lausche
                                                                                                                                                                                                                                                                            aa

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Chemnitz
                                                                                                                                 D                                                                                                     GE Wald                                                                                                        IR
                                                                                 ein

                                                                      Bonn                                                                                                                                                   a                                              S                                                                                                Erzgebirge
      0                                                                                                        S            AL
          O N D J     F M A M
                                                                                                   H
                                                                                                         E
                                                                                                                   E   RW
                                                                                                                                                                                                                                         R
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            E
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 B                                                        Mittlere jährliche Anzahl
                                                                                                                                                                      VOGELS- Fulda
                                                                                                                                                                                                                       Ö N

                                                                                             C                E ST                                                                                                                                    WA                                                                                G
     8 Großer Arber     1437 m
                                                                                   I S
                                                                                                       W                                                         Taufstein
                                                                                                                                                                 772 B
                                                                                                                                                                                                              Wasser-
                                                                                                                                                                                                              kuppe
                                                                                                                                                                                                                                               982
                                                                                                                                                                                                                                       Gr. Beerberg
                                                                                                                                                                                                                                                         L    D                                    VO
                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Plauen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               R
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Z Mittleres            Erzgebirge                                      der Tage mit einer
                                                                         I N
                                                                                                                                                                                                               950
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           E
     25                                                           E                                                 G S
                                                                                                                              E                                          E RG                            5                                                                 FR                           GT
                                                                                                                                                                                                                                                                                                             LA   ND
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 1214        6
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Schneehöhe >   _ 10 cm
                                                                                                                                                                                                                   H

                                                                                                      Koblenz                                                                                                                                                                                                               Fichtelberg
                                                             H              747                                                                                                                                                                                             A
                                                                                                                 I R N U 880                                                                                    R                                                          W AN K E
     20                                            4    R                   Hohe Acht
                                                                        L             el                       B                                                                                                                                                              LD N-                               Westliches                                                                              Beobachtungsperiode
                                                                                                                                                                                        T

     15
                                                                                  Mo s                        E TAU      Gr. Feldberg
                                                            F E                                                                                                                                                                                                                                                   Erzgebirge
                                                                                                                                                                                    SAR

     10                                                                                                                                                                                                                                               Coburg
                                                        E I                                             G                        Frankfurt a.M.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          1980 - 1999
      5                                                                                           -                   Wiesbaden
                                                                                                                                                                                                                                                                                            FICHTEL-
                                                                        ER                                                                                                                                                                                                      Bay-
                                                                                                                                                                                                                                                                   B

      0                                                                                                                                                                                                                                                                                             Schneeberg 1051
                                                                    EF
                                                                                                                                                              Aschaffen-                                                                     Mai
                                                                                                                                                                                 ES

          O N D J     F M A M                                                                                                                                                                                                                    n                              reuth              Ochsenkopf
                                                                 HI        K                                                                                  burg
                                                                                                                                                                                                                                                                       L

                                                                                                                   Mainz
                                                                                                                                                                                                                                                                                        G E B IR GE
                                                              SC         C
                                                                                                                                                                                                                                                                                                              OBER

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               160
                                                                                                                                                                              P

                                                                                                                                                                                                                                                                            A

     9 Feldberg         1490 m                                         Ü
                                                                                                                                                                             S

                                                            Trier                  R                                                                                           Main
                                                                                                                                                                                                                   Würzburg
                                                                            S
                                                                         N818                                                                       O
     25                                                             U                                     686                                           D                                                                                                                                                                                                                                                                                      120
                                                                                                                                                            EN
                                                                                                                                                                                                                                                                                    C H E

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  PFÄ

                                                              H         Erbeskopf                      Donnersberg                                                                                                                                                                             Weiden
     20
                                                                                                                                                                 W                                                                                                                             i.d. OPf.
                                                                                                                                                                      AL                                                                                                                                                                                                                                                                        80
                                                                                                       WA ZER

     15
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     LZE

                                                                                                                                                                             D
                                                                                                          LD

     10                                                                                   Kaisers-                                                                N
      5                                                                                                                          Mannheim                                                                                                       Nürnberg               Poppberg                                                                                                                                                                 60
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        RW

                                                                                          lautern
                                                                                                                                                                   ec
                                                                                                       ÄL

                                                            Neunkirchen                                                                                                                                                                                                  657
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Hoher
                                                                                                                                                                                                                                                                                I S

      0
                                                                                                                                                                       kar

          O N D J     F M A M                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Bogen                                                                                     40
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          AL
                                                                                                   PF

                                                                            Saarbrücken
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            D

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              1456
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    B AY
                                                                                                                                                                                                                                                                            K

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           8
     10 Isny             712 m                                                                                                                                               Heilbronn
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              ER
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Gr. Arber
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Arbergebiet
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                20
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   .
                                                                                                                                                                                                                                                                       N

                                                                                          Karlsruhe
     25
                                                          Staatsgrenze                                                                                                                                                                                                 Ä                                     Regens- St. Englmar                                                                                                                10
     20                                                                                                                                                                                                                                                        R                                                                      W
     15                                                                                                                                                                                                                                                  F                                                   burg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Bischofsmais A
     10                                                   Ländergrenze                                                                                                       Stuttgart
                                                                                                                                                                                                                            Aalen                                      Ingolstadt                                                                              LD          Mitter-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           firmians-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 5
      5                                                                                                           1164                                                                                                                                                                                                                                                     reut
                                                                                                                              D

                                                                                                                                                                                                                                   B
                                      H A R Z             Gebirge,
                                                                                                                                                                                                                                         au

                                                                                                               Hornisgrinde
      0                                                                                                                                                                                                        7              L
                                                                                                                                                                                                                                       Do n
                                                                                                                            L

          O N D J     F M A M
                                                                                                                                                                   r
                                                                                                                                                                                                                         A                                                                                                                             Passau                                                                                  keine Angaben für
                                                          Landschaft                                                                                           cka
                                                                                                                                                                                                                                                                                               Landshut
                                                                                                                        A

                                                                                                                                                            Ne               Reutlingen                            E
     11 Garmisch-Partenkirchen                                                                                                                                                                           H                                                                                                                                                                                                                                     einige Inseln
                                                                                                                      W

                                                                       Offenburg                                                                                                                C
                         714 m                                                                                                                                                                           Ulm
                                                          Berg mit                                                                                                                  I S
                                         Brocken                                                                                                                                                                                                          Augsburg
                                                                                                                   Z

     25                                  1142                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Inn
                                                                                                                                                                               B
                                                          Höhen-                                                                                     1015
                                                                                                                A R
                                                                                          n

     20                                                                                                                                            Lemberg              Ä
                                                                                           i
                                                                                        Rhe

                                                                                   Villingen-      557
     15
     10                                                   angabe                 Schwenningen   Kaiserstuhl
                                                                                                                                                              H
                                                                                                                                                                   W                                                           München                                                                                                                                                                    Skigebiete überregionaler
                                                                                                                                                        C                                                   Am-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Bedeutung
                                                                                                            H W

      5                                                                                  Freiburg                                                                                             Biberach                       Spitzingsee / Kampenwand /
      0                                                                                      i. Br.                                                 S                                         a.d. Riß      mer-
                                                                                                                                                                                                                             Schliersee
          O N D J     F M A M                                                                                                                                                                               see                             Aschau   Chiemsee
                                                                                                       9
                                                                                                                      Feldberg
                                                                                                                                                                   Ravensburg                  U         Ober-           Starnberger
                                                                                                                                                                                                                                             A L P E N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Skigebiet
                                                                                                        S C

                                                                                                                                                                                                                         See
                                                                                                               1495                                                           Immenstadt / Ä            ammer-                     H E 12
                                                                                                                                                                              Rettenberg G Kempten                       I S C
     12 Wendelstein     1842 m                                                                                  Feldberg
                                                                                                                                                                                                          gau                                             Ruhpolding / Inzell
                                                                                                                                                               Konstanz
                                                                                                                                                                                                                E R
                                                                                                                                                                                                                         L

                                                                                                                                                                                     10                     Y                                                       Berchtesgadener
                                                                                                                                                                                                      B A
                                                                                                                                                                                                                       AL

     25                                                                                                                                                                                   Ostallgäu
                                                                                                                                                            Bodensee                                                 Mitten-            Sudelfeld / Reit im         Land
     20                                                                                                                                                          Oberstaufen / Allgäu                                wald Lenggries / Wendel-       Winkel Watzmann                                                                                                                                              © Copyright der thematischen
                                                                                                                                                                                                                                                            2713
     15
                                                                                                                                                                            Hörnergruppe                                   Brauneck     stein                                                                                                                                                                      Rasterdaten: DWD
     10                                                                                                                                                                                     Oberjoch /    11
                                                                                                                                                                                                             Zugspitze Garmisch-
      5                                                                                                                                                                                     Hindelang        2962
                                                                                                                                                                               Oberstdorf                              Partenkirchen /
      0                                                                                                                                                                                   Mädelegabel                  Grainau                                                                                                                                                                                   Autoren: C. Schneider, J. Schönbein
          O N D J     F M A M
                                                                                                                                                                                                                              2645
                                                                                                                                                                                                                                                              0                             50                         100 km                                                                                    Kartografie: A. Müller
     Quellen: DWD, BADER-NIA 2000, SCHNEIDER / SCHÖNBEIN 2003                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    © Leibniz-Institut für Länderkunde 2009

Abbildung 2.1: Mittlere jährliche Anzahl der Tage mit einer Schneehöhe ≥ 10 cm in deutschen
               Mittelgebirgen für den Beobachtungszeitraum 1980-1999 (Quelle: Schneider et al.
               2009)

   Für den Schwarzwald lässt sich momentan noch keine akute Störung der natürlichen
Schneeverhältnisse feststellen. Da der Zeithorizont im Tourismus nicht unbedingt dem
langjährigem Klimamittel von 30 Jahren entspricht, sondern eher die letzten 5 und näch-
2 Stand der Wissenschaft                                                                 11

sten 5 Jahre in der Planung umfasst, gelten die letzten beiden Wintersaisons 2008/2009 und
2009/2010 als Beispiel für einen rezenten schwachen Klimawandel. Der Handlungsdruck
von Seiten der Touristiker ist demnach zurzeit gedämpft.
   Abbildung 2.2, die die Höhenverteilung ausgewählter Skigebiete im Schwarzwald dar-
stellt, verdeutlicht die angehende Problematik.

Abbildung 2.2: Höhenlage ausgewählter Skigebiete im Schwarzwald. Dabei beziehen sich die Hö-
               henangaben jeweils auf die Tal- und Bergstation

   Allgemeinen Aussagen zufolge liegt die natürliche Schneegrenze gegenwärtig bei
1500 m. Sie wird sich jedoch in Zukunft weiter nach oben verlagern. Die höchsten Skige-
biete befinden sich im Südschwarzwald mit bis zu 1450 m. Der Nordschwarzwald hinge-
gen weist deutlich weniger Skigebiete auf, die sich in Höhenlagen von 500 bis zu 1055 m
erstrecken. Aufgrund der zu erwartenden stärkeren Zunahme der Lufttemperatur im Sü-
den und Südwesten gilt der Schwarzwald unter den deutschen Mittelgebirgen als das am
stärksten vom Klimawandel betroffene Mittelgebirge. Roth et al. (2005) geben für den
Südschwarzwald einen Rückgang der Schneedeckendauer um ca. einen Tag pro Jahr an.
Für den Nordschwarzwald ist der Rückgang mit 0,7 Tagen pro Jahr vergleichsweise mo-
derat. In einer neueren Untersuchung, basierend auf Ergebnissen aus dem Projekt GIS-
KliSchee, geben Roth et al. (2009) für die tieferen und mittleren Lagen (500 bis 1000 m)
des Schwarzwaldes einen Rückgang von 57 bis 66 % und von 24 bis 44 % in den Gip-
fellagen (> 1200 m) bis 2041-2050 an. Die potenziellen Beschneiungstage werden einen
Rückgang von 44 bis 50 % erfahren.
12                                                              2 Stand der Wissenschaft

   Bei bislang allen Studien wurde dem Sommertourismus kaum Beachtung geschenkt.
Dieser hat im Gegensatz zum Wintertourismus bedingt durch die auf den Klimawandel
zurückzuführende steigende Zahl an warmen und trockenen Tagen jedoch bessere Chan-
cen noch attraktiver zu werden (Zebisch et al. 2005). Jedoch muss sich eine steigende
Lufttemperatur nicht immer positiv auswirken. So können steigende Maximaltemperatu-
ren eine Zunahme der heißen Tage und des Hitzestresses bedeuten sowie eine Zunahme
von Hitzewellen (Schär et al. 2004). Der Sommer 2003, der von vielen Seiten sehr aus-
führlich analysiert wurde (z. B. Beniston 2004; Black et al. 2004; Fink et al. 2004; Stott
et al. 2004; Schär et al. 2004; Hutter et al. 2007) und eine Welle von Anpassungsmaßnah-
men und Entwicklung von Warnsystemen (z. B. Hitzewarnsystem) zur Folge hatte (Koppe
und Becker in press), könnte ein Vorgeschmack dessen sein, wie die Sommer in Zukunft
sein können. Vor allem der Südwesten Deutschlands wird mit der im Mittel (für Deutsch-
land) stärksten Erwärmung konfrontiert und ohne Anpassung sehr vulnerabel sein. Damit
einhergehend könnten sich auch die Sommertrockenheit und -dürre in der Frequenz und
Dauer intensivieren.
   Trotz der zu erwartenden Abnahme der Sommerniederschläge werden die Starknieder-
schläge zunehmen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass wärmere Luft mehr Wasserdampf
aufnehmen kann und an Gebirgen zum Aufsteigen gezwungen wird. Die Luft kühlt sich ab,
kondensiert und fällt als Niederschlag wieder aus. Somit wird angenommen, dass orogra-
fisch bedingter Niederschlag stärker zunehmen wird als das globale Mittel. Eine Zunahme
konnte schon seit 1901 vom Deutschen Wetterdienst (DWD) registriert werden. Auch wird
sich nach Aussagen einiger Wissenschaftler (z. B. Geng und Sugi 2003; Lambert und Fyfe
2006; Bengtsson et al. 2006; Leckebusch et al. 2006; Pinto et al. 2006) die Häufigkeit
von Sturmereignissen über Zentraleuropa reduzieren, wohingegen starke (extreme) Ereig-
nisse wie die aus der Vergangenheit bekannten Stürme Vivian, Kyrill und Lothar häufiger
auftreten können.
  Der Klimawandel stellt für den Schwarzwald aktuell noch keine akute Bedrohung dar
(Matzarakis und Endler 2008). Um allerdings weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, muss
bewusst gemacht werden, welche klimatischen Entwicklungspfade im Schwarzwald er-
wartet werden können. Demzufolge soll diese Untersuchung u. a. dazu dienen, Auswirkun-
gen des Klimawandels auf den Sommer- und Wintertourismus für die Schwarzwaldregion
aufzuzeigen und gleichzeitig die Tourismusbranche auf mögliche Risiken und Chancen zu
sensibilisieren.
2 Stand der Wissenschaft                                                              13

   Da ein sich änderndes Klima auch am Tourismus nicht spurlos vorübergeht und Qualität
des Tourismus sowie Länge der Saisons erheblich beeinflussen kann, ist es von Vorteil,
gezielt auf die wichtigsten Klimaparameter im Tourismus einzugehen. Dabei werden nicht
die nächsten 5-10 Jahre betrachtet, die für gewöhnlich den Planungshorizont im Touris-
mus darstellen, sondern vielmehr die nächsten 30 Jahre. Somit hat die Branche genügend
Zeit, sich auf lange Sicht an Veränderungen anzupassen, neue Trends und einen möglichen
einhergehenden Strukturwandel zu berücksichtigen. Zudem können einige Änderungspro-
zesse aufgrund der Trägheit der Erde oder Wechselwirkung der Atmosphäre mit anderen
Teilsystemen im Klimasystem sehr langsam von statten gehen und teilweise nicht unmit-
telbar in den folgenden 5 Jahren detektiert werden.
   Aber auch andere Parameter wie z. B. Gesundheitszustand, Fitness, Durchschnittsalter,
subjektive Bedürfnisse oder auch finanzielle Situation der Bevölkerung können entschei-
dend Angebot und Nachfrage im Tourismus bestimmen. Die Palette der auf Tourismus und
Freizeit wirkenden Faktoren ist sehr vielseitig und kann in dieser Untersuchung nur indi-
rekt Berücksichtigung finden, indem unter dem Gesichtspunkt Gesundheit und Erholung
entsprechende Klimaparameter und Klimaschwellen – abgeleitet von der Literatur – vorab
festgelegt werden können. In diesem Kontext werden auch ansatzweise nachhaltige, d. h.
ökologisch und ökonomisch tragbare, Anpassungsmöglichkeiten diskutiert.
   Diese Untersuchung basiert somit auf einer nach Saisons differenzierten, integralen
Analyse für den Tourismus in Mittelgebirgen und soll als Auftakt für weitere Untersu-
chungen dienen, zumal wissenschaftliche Vergleichsstudien über Sommerbedingungen in
Mittelgebirgen kaum vorhanden sind. Des Weiteren wird ein Schwerpunkt auf die Neben-
saison Frühjahr und Herbst gelegt, die für den Tourismus entscheidend sein kann, doch
bislang kaum Beachtung fand.
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