ARBEITS MARKT KULTUR 4/4 - Deutscher Kulturrat

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ARBEITS
MARKT
KULTUR
—
№ 4/4
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BILDUNG

Mit Beiträgen von: Jens Brandenburg, Birke Bull-Bischoff, Beate Darius, Tobias Ehinger,
Andrea Ehlert, Yasmin Fahimi, Nicole Höchst, Lutz Kaube, Stefan Kaufmann, Susanne
Keuchel, Monika Kolb, Martina Lenk, Hans Lochmann, Wesko Rohde, Sabrina Sadowska,
Siegfried Schmauder, René Schuh, Anne Schulz, Gabriele Schulz, Katrin Staffler, Danilo
Vetter, Beate Walter-Rosenheimer, Anna Wiechern, Olaf Zimmermann und Marc-Cliff Zofall
IMPRESSUM
Politik & Kultur Dokumentationen erscheinen
als Beilage zu Politik & Kultur, herausgegeben von
Olaf Zimmermann und Theo Geißler.

FÖRDERUNG
Die Dokumentation ist Teil des Projektes »Aus-
und Weiterbildung für den Arbeitsmarkt Kultur«.
Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung.

ERSCHEINUNGSORT
Berlin

KONTAKT
Deutscher Kulturrat e. V.
Taubenstraße 1, 10117 Berlin
Telefon: 030 . 226 05 28 - 0
Fax: 030 . 226 05 28 - 11
post@kulturrat.de
www.kulturrat.de

REDAKTION
Olaf Zimmermann (Chefredakteur, V.i.S.d.P.),
Gabriele Schulz (Stv. Chefredakteurin),
Anna Wiechern

REDAKTIONSASSISTENZ
Maike Karnebogen

REDAKTIONSSCHLUSS
9. Januar 2019

GESTALTUNG
4S Design, Berlin

VERLAG
ConBrio Verlagsgesellschaft mbH
Brunnstraße 23, 93053 Regensburg
Telefon: 0941 . 945 93 - 0
Fax: 0941 . 945 93 - 50
info@conbrio.de
www.conbrio.de

DRUCK
Freiburger Druck GmbH & Co. KG, Freiburg

ISBN
978-3-947308-16-3

HINWEIS
Sollte in Beiträgen auf das generische Femininum
verzichtet worden sein, geschah dies aus Gründen
der besseren Lesbarkeit. Selbstverständlich sind
immer weibliche als auch männliche Gruppenange-
hörige einbezogen.
MAN LERNT NIE AUS:
                     GLÜCKLICHERWEISE!
Man lernt nie aus. Dieses Sprichwort ist zwar      Ein wichtiger Erfolg für den Deutschen Kultur-         Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es mit ei-
eine Binsenweisheit, bringt aber auf den Punkt,    rat war seinerzeit, dass der Begriff kulturelle Bil-   ner guten Ausbildung im Kultur- und Medien-
worum es geht: lebenslanges Lernen. Lebens-        dung und der Weiterbildungsbedarf in diesem            bereich längst nicht getan. Es bedarf der kon-
langes oder wie manche, denen der Begriff le-      Feld erstmals in einem Dokument des Bundes-            tinuierlichen Weiterbildung. Welche Anforde-
benslang zu sehr mit Zwang verbunden ist, sa-      bildungsministeriums erwähnt wurde, das ge-            rungen bestehen und welche Weichen gestellt
gen, lebensbegleitendes Lernen ist die Heraus-     meinsam mit anderen Akteuren wie beispiels-            werden müssen, kommt in den nachfolgenden
forderung der Zeit und Weiterbildung das Ge-       weise den Sozialpartnern erarbeitet worden war.        Beiträgen zum Ausdruck.
bot der Stunde.                                       Heute stehen wir wieder vor der Herausfor-             Lernen dürfen, ist eines der großen Auf-
   Dabei ist das Thema keineswegs neu. In den      derung gemeinsam mit anderen Akteuren für              stiegsversprechen unserer Gesellschaft an ihre
1980er Jahren berief der damalige Bundesbil-       die Stärkung der Weiterbildung einzutreten. Im         Bürgerinnen und Bürger. Vieles ist in unserem
dungsminister Jürgen Möllemann die Konzer-         Kultur- und Medienbereich ist der Weiterbil-           Bildungswesen trotzdem nicht optimal. Noch
tierte Aktion Weiterbildung ein. An der Kon-       dungsbedarf nicht zuletzt durch die Digitalisie-       immer erleben viel zu viele Menschen, dass die
zertierten Aktion Weiterbildung waren die So-      rung deutlich gestiegen. Aber auch andere Fak-         Gesellschaft dieses Versprechen bricht. Und
zialpartner, die Volkshochschulen, die Kirchen,    toren spielen eine Rolle, unsere Gesellschaft ist      trotzdem, nehmen wir sie beim Wort und kämp-
aber auch zivilgesellschaftliche Akteure wie der   diverser geworden, Menschen unterschiedlicher          fen wir um bessere Lernbedingungen für Alle in
Deutsche Kulturrat beteiligt. In diversen Ar-      Herkunft leben in Deutschland. Kultureinrich-          jedem Lebensalter. Denn es gilt: Man lernt nie
beitsgruppen wurde analysiert, welcher Wei-        tungen sowie Einrichtungen der kulturellen Bil-        aus: Glücklicherweise!
terbildungsbedarf besteht, wie die Weiterbil-      dung sind gefordert, ihre bestehenden Angebote
dungsbereitschaft gestärkt werden kann und         zu überprüfen und ggfs. anzupassen. Die demo-          Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer
welche gesetzlichen und finanziellen Rahmen-       grafische Veränderung mit einem wachsenden             des Deutschen Kulturrates und Herausgeber
bedingungen für mehr Weiterbildung geschaf-        Anteil älterer Menschen, die durchaus körper-          von Politik & Kultur
fen werden müssen.                                 lich und geistig fit sind und als Zielgruppe kul-
                                                   tureller Bildung bedeutsamer werden, verlangt,
                                                   dass die Kulturarbeit mit Älteren an Gewicht ge-
                                                   winnt und hierfür die Fachkäfte entsprechend
                                                   ausgebildet sind. Sowohl die Teilhabe von Men-
                                                   schen mit Einschränkungen an Kulturangebo-
                                                   ten als auch deren eigene künstlerische Arbeit
                                                   verlangen nach neuen Vermittlungs- und Prä-
                                                   sentationsformen. Was wiederum heißt, dass
                                                   das pädagogische und künstlerische Personal
                                                   der Weiterbildung bedarf.
INHALT
EDITORIAL                              MADE IN L
                                               ­ IBERIA                   WEICHEN STELLEN
MAN LERNT NIE AUS:                     WITH LOVE.                         DIE ENQUETE-
GLÜCKLICHERWEISE!                      Anne Schulz 17                     KOMMISSION »BERUF-
Olaf Zimmermann 3                                                         LICHE ­BILDUNG
                                       DAVOR UND                          IN DER DIGITALEN
EINLEITUNG                             MITTENDRIN: EIN                    ARBEITSWELT«
ZEIT, GELD UND                         NEUES BERATUNGS-                   Die Redaktion 31

QUALITÄT                               ANGEBOT
Gabriele Schulz 5                      Marc-Cliff Zofall im Gespräch 18   UPDATE FÜR DAS
                                                                          BERUFLICHE
RAHMEN-                                ZUKUNFTS­MUSIK                     BILDUNGSSYSTEM
BEDINGUNGEN                            THESEN ZUR                         Stefan Kaufmann 32

BESSERE                                WEITER­BILDUNG 4.0
VERZAHNUNG                             Susanne Keuchel 21                 ERFOLGSFAKTOR
VON NÖTEN                                                                 IN ZEITEN DER
Siegfried Schmauder und Lutz Kaube 7   WAS MUSS EIN                       DIGITALI­SIERUNG
                                       JOURNALIST                         Katrin Staffler 33

HÜRDENLAUF                             IN FÜNF JAHREN
DURCH                                  KÖNNEN?                            EIN WEITERBILDUNGS-
DIE LÄNDER                             Martina Lenk 22                    GESETZ FÜR MEHR
Andrea Ehlert im Gespräch 8                                               UND BESSERE
                                       WIR BRAUCHEN                       QUALIFI­Z IERUNG
DIGITALISIERUNG                        EINE (NEUE)                        Yasmin Fahimi 34

AKADEMIE FÜR                           WEITERBILDUNGS-
DIGITALITÄT                            KULTUR                             ENTWICKLUNGEN
UND THEATER                            René Schuh 23                      WURDEN
Tobias Ehinger 11                                                         VERSCHLAFEN
                                       KREATIVE ORTE                      Nicole Höchst 35

MEDIENVIELFALT                         VS. FACHKRÄFTE-
BRINGT VIELE                           MANGEL                             DEN DIGITALEN
CHANCEN                                Wesko Rohde 25                     WANDEL ALS
Monika Kolb 12                                                            CHANCE ERGREIFEN
                                       WEITER­BILDUNG                     Jens Brandenburg 36

NEUORIENTIERUNG                        FÜR MUSEUMS-
DIE ARBEIT                             PERSONAL                           LEBENS­L ANGES
DER ZAV-KÜNSTLER-                      Hans Lochmann 26                   LERNEN FÜR
VERMITTLUNG                                                               ALLE ­SICHERN!
Beate Darius 15                        EINMAL AARHUS                      Birke Bull-Bischoff 37

                                       UND ZURÜCK
TANZ UND                               ODER WENN EINER                    DER GENDER-
DANACH?                                EINE REISE MACHT …                 ASPEKT
Sabrina Sadowska 16                    Danilo Vetter 28                   Beate Walter-Rosenheimer 38

4                                                                         ARBEITSMARKT KULTUR — № 4/4
ZEIT,                                               Drei Begriffe durchziehen viele Beiträge in die-
                                                                 sem Heft: Zeit, Geld und Qualität. In vielen Kul-
                                                                 tur- und Medienbetrieben ist die Personalde-
             GELD                                                cke so dünn, dass kaum Zeit für Weiterbildung
                                                                 bleibt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können

             UND                                                 sich kaum aus dem laufenden Betrieb herauszie-
                                                                 hen. Die Weiterbildung der einen, geht auf Kos-
                                                                 ten der anderen. Und auch die monetären Kos-
             QUALITÄT                                            ten belasten. Freiberuflerinnen und Freiberufler
                                                                 müssen nicht nur für die Kosten der Weiterbil-
                                                                 dung aufkommen, sie können zusätzlich wäh-
             GABRIELE SCHULZ
                                                                 rend der Weiterbildung weder Aufträge wahr-
                                                                 nehmen noch neue akquirieren. Viele Freiberuf-
                                                                 lerinnen und Freiberufler können sich die Wei-
                                                                 terbildung kaum oder gar nicht leisten.
                                                                    Die Sicherung der Qualität von Weiterbil-
                                                                 dung ist ein weiterer Aspekt. Am Markt exis-

             D
                                                                 tiert eine Vielzahl von Weiterbildungsangebo-
                     as vorliegende Heft bildet den Abschluss
                                                                 ten. Doch welche sind Weiterbildungsangebote
                     der vierteiligen Reihe zur Aus- und Wei-
                                                                 führen tatsächlich weiter, welche sind gut? Hier
                     terbildung im Kultur- und Medienbe-
                                                                 den Überblick zu behalten, ist kaum möglich.
             reich. Im ersten, inzwischen als Druckexemp-
                                                                 Mehr Transparenz und Austausch über Quali-
             lar vergriffenen und Anfang 2016 erschienen
                                                                 tätskriterien fordern verschiedene Autorinnen
             Heft wurde das gesamte Thema Aus- und Wei-
                                                                 und Autoren in diesem Heft. Ebenso wird ein-
             terbildung in Kultur und Medien aus verschie-
                                                                 gefordert, dass auch Weiterbildnerinnen und
             denen Seiten beleuchtet. Dieses Heft bietet ei-
                                                                 Weiterbildner sich kontinuierlich weiterbilden
             nen ersten Einstieg und macht auf das Thema
                                                                 müssen. Als Zukunftsperspektive wird eine Wei-
             neugierig. Das zweite, Anfang 2017 erschiene-
                                                                 terbildungspflicht skizziert. Nur so, so einige
             ne Heft stellte die universitäre Ausbildung in
                                                                 Autorinnen und Autoren, kann gewährleistet
             den Mittelpunkt. Es wurde sich mit der Aus-
                                                                 werden, dass Angebote kultureller Bildung tat-
             bildung an Kunst- und Musikhochschulen, der
                                                                 sächlich auf der Höhe der Zeit sind. Letzteres
             Arbeit der Begabtenförderungswerke und dem
                                                                 gilt sowohl für pädagogische als auch künstle-
             Übergang von der Hochschule in den Beruf be-
                                                                 rische Qualifikationen.
             fasst. Das dritte, Anfang 2018 erschienene Heft
                                                                    Aufgrund der Digitalisierung entstehen neue
             widmete sich der Ausbildung im dualen Ausbil-
                                                                 Anforderungen an Mitarbeiterinnen und Mit-
             dungssystem. Hier wurden die Chancen dieses
                                                                 arbeiter in Kunst, Kultur und Medien. Zugleich
             vielfach wenig beachteten Feldes ausgeleuch-
                                                                 erwachsen neue Chancen in der Vermittlung
             tet und sich mit dem Fachkräftemangel in eini-
                                                                 sowie in der Bildung. Wie sich Kultur- und Bil-
             gen Feldern auseinandergesetzt. Im Mittelpunkt
                                                                 dungseinrichtungen hier positionieren, zeigen
             dieses Heftes steht die berufliche Weiterbildung.
                                                                 Autorinnen und Autoren auf.
                 Dabei geht es um die Weiterqualifizierung
                                                                    Dass Weiterbildung als vierte Säule der Bil-
             in vorhandenen Berufen, um Anpassungsqua-
                                                                 dung gestärkt und weiter ausgebaut werden
             lifikationen genauso wie die Qualifizierung aus
                                                                 muss, darüber geben die Obfrauen und Ob-
             dem vorhandenen Beruf heraus in einen neu-
                                                                 männer der Enquete-Kommission »Berufliche
             en. Manche Berufslaufbahn im Kulturbereich ist
                                                                 Bildung in der digitalen Arbeitswelt« des Deut-
             von vorneherein begrenzt. Geradezu paradig-
                                                                 schen Bundestags Auskunft. Hier wird deutlich,
             matisch hierfür ist der Tanzberuf. Auch wenn
                                                                 dass Weiterbildung alle Berufe und alle Erwerbs-
             Tänzerinnen und Tänzer heute ihren Beruf län-
                                                                 tätigen betrifft. Um dem Fachkräftemangel ent-
             ger ausüben können als es noch vor zehn Jah-
                                                                 gegen zu wirken, sind verstärkte Investitionen
             ren der Fall war, fällt dennoch das Laufbahn­
                                                                 in Weiterbildung erforderlich, so die Obleute.
             ende vieler Tänzerinnen und Tänzer in einen
                                                                    Auch wenn das vom BMBF geförderte Projekt
             Lebensabschnitt, in dem andere Berufstätige
                                                                 »Aus- und Weiterbildung im Kultur- und Medi-
             die nächsten Schritte auf der Karriereleiter er-
                                                                 enbereich« mit diesem Heft ein Ende findet, blei-
             klimmen und erste Führungsaufgaben über-
                                                                 ben die Aufgaben bestehen. Der Deutsche Kul-
             nehmen. Transition heißt für Tänzerinnen und
                                                                 turrat wird sich weiter des Themas annehmen.
             Tänzer sich neu zu orientieren und neue be-
             rufliche Wege einzuschlagen. Dass Transition
                                                                 Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäfts­
             längst nicht mehr nur ein Thema für Tänzerin-
                                                                 führerin des Deutschen Kulturrates. Sie hat
             nen und Tänzer ist, sondern auch andere Beru-
                                                                 das vom BMBF geförderte Projekt »Aus- und
             fe wie Schauspiel oder Gesang erfasst, wird in
                                                                 Weiterbildung im Kultur- und Medienbereich«
             diesem Heft gezeigt.
                                                                 geleitet.

EINLEITUNG                                                                                                         5
RAHMEN-
BEDINGUNGEN

6      ARBEITSMARKT KULTUR — № 4/4
BESSERE
                                               U
                                                        nter dem Eindruck der teilweise sehr kri-        Die Initiative für den ersten Deutschen Weiter-
                                                        tischen öffentlichen Berichterstattung           bildungstag 2007 ging von den beiden Verbän-
                                                        über die sogenannte »Arbeitslosenindus-          den BBB und DVV aus. In den Jahren 2008, 2010,
VER­-                                                   trie« in Folge der Hartz-Gesetzgebung
                                                        und des kontinuierlichen Rückgangs der
                                                                                                         2012, 2014 und 2016 gab es weitere Weiterbil-
                                                                                                         dungstage mit einem jeweils erweiterten Ver-

ZAHNUNG                                         finanziellen Förderung der abschlussorientier-
                                                ten beruflichen Weiterbildung im Rahmen der
                                                Arbeitsmarktpolitik sowie wegen des von der
                                                                                                         anstalterkreis. Die Initiatoren und bisherigen
                                                                                                         Veranstalter sind der Überzeugung, dass es zu-
                                                                                                         sätzlicher Anstrengungen und weitergehender
VON                                             Politik kaum beachteten »Berichts der Exper-
                                                tenkommission zur Finanzierung des Lebens-
                                                                                                         Kooperationen bedarf, um der Bildung und ins-
                                                                                                         besondere der Erwachsenen- und Weiterbildung

NÖTEN                                           langen Lernens« (kurz: Timmermann-Kommis-
                                                sion), befasste sich der Vorstand des Bundesver-
                                                bandes der Träger beruflicher Bildung (BBB) in
                                                                                                         den Stellenwert in Politik und Gesellschaft zu
                                                                                                         verschaffen, den sie dringend benötigen.

S I E G F R I E D S C H M AU D E R              den Jahren 2005/2006 intensiv mit Möglich-
U N D LU T Z K AU B E                           keiten und Maßnahmen, um auf die wachsen-                 FORUM FÜR AKTUELLE
                                                de Bedeutung einer nachhaltigen Förderung der            ­W EITERBILDUNGSPOLITISCHE
                                                beruflichen Weiterbildung aufmerksam zu ma-               ENTWICKLUNGEN
                                                chen und sie in den gesellschaftlichen Fokus              Der Deutsche Weiterbildungstag versteht sich
                                                zu rücken.                                                aber immer auch als Forum einer konstruktiv-
                                                   »Weiter mit Bildung« in Anlehnung an einen             kritischen Auseinandersetzung mit den aktu-
                                                gleichnamigen Kongress, welchen die Bundes-               ellen Entwicklungen und Rahmenbedingungen
                                                agentur für Arbeit wenige Jahre vorher gemein-            der Aus- und Weiterbildung in unserem Land,
                                                sam mit Weiterbildungsträgern in Berlin durch-            denn die Innovations- und Zukunftsfähigkeit
                                                führte, entstand die Idee einer Imagekampagne,            Deutschlands hängen in hohem Maße von den
                                                die für den Frühsommer 2007 den ersten »Deut-             Kompetenzen und Qualifikationen der Men-
                                                schen Weiterbildungstag« (DWT) vorbereiten                schen ab, gerade in Zeiten fortschreitender Di-
                                                sollte. Der Deutsche Volkshochschul-Verband               gitalisierung. Dazu ist es notwendiger denn je
                                                (DVV), eine Mitgliedsorganisation des BBB und             und zugleich eine langjährige Forderung von
                                                zu dieser Zeit im dortigen Vorstand vertreten,           Weiterbildungsverbänden und Gewerkschaf-
                                                zeigte großes Interesse an der Rolle eines Co-            ten, bundesweit einheitliche Regelungen für
                                                Veranstalters, was im Hinblick auf die flächen-           das Weiterbildungssystem zu schaffen. Sehr er-
                                                deckende Präsenz und die finanziellen Möglich-            mutigend ist es deshalb, dass die Bundesregie-
                                                keiten der Volkshochschulen auf große Zustim-             rung kürzlich ankündigte, alle relevanten ge-
                                                mung stieß. Der grundsätzliche Beschluss wur-             sellschaftlichen Kräfte für die Erarbeitung einer
                                                de sodann dahingehend erweitert, dass der DWT             Nationalen Weiterbildungsstrategie zu bündeln,
                                                in gemeinsamer Trägerschaft von BBB und DVV               in deren Mittelpunkt Qualifizierung und Kom-
                                                durchgeführt wird.                                        petenzentwicklung sowie die Sicherung beruf-
                                                                                                          licher Mobilität stehen sollen. Die ARGE Deut-
                                                                                                          scher Weiterbildungstag und die sie tragenden
                                                 GRUNDSÄTZE                                              Verbände und Organisationen begrüßen und
                                                 DER ZUSAMMENARBEIT                                       unterstützen dieses Vorhaben und bringen hier-
                                                 Der Wortlaut des Statuts der Arbeitsgemein-              zu gerne ihre Expertise ein.
                                                 schaft Deutscher Weiterbildungstag lautete                  Das Netz der Veranstalter und Kooperati-
                                                 2018: »Ziel des Deutschen Weiterbildungsta-              onspartner des Deutschen Weiterbildungstages
                                                 ges ist es, die öffentliche Wahrnehmung dafür            hat sich über einen Zeitraum von mehr als zehn
                                                 zu schärfen, was berufliche, politische, kulturel-       Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und in
                                                 le und allgemeine Erwachsenen- und Weiterbil-            der konzeptionellen und praktischen Zusam-
                                                 dung in unserem Land leistet: etwa, wenn sie             menarbeit bewährt. Das ist einzigartig in der
                                                 Teilhabe am öffentlichen Leben stärkt, die eige-         deutschen Weiterbildungslandschaft, denn wo
                                                 nen Kompetenzen erweitert, neue Optionen in              sonst arbeiten die unterschiedlichen Akteure
                                                 der Erwerbstätigkeit ermöglicht, zu mehr Tole-           der beruflichen, kulturellen und politischen
                                                 ranz beiträgt oder gesundheitsförderliches Ver-         Weiterbildung und Erwachsenenbildung in ei-
                                                 halten stärkt. Zugleich versteht sich der Deut-          nem wiederkehrenden konkreten Projekt so eng
                                                 sche Weiterbildungstag als Kommunikations-               und vertrauensvoll zusammen.
                                                 plattform, die bildungspolitische Diskussio-                Inhaltliches Kernstück eines jeden Weiterbil-
                                                 nen anstößt, Entwicklungen aufgreift und ggf.            dungstages ist die sogenannte politische Platt-
                                                 Handlungsbedarf aufzeigt.«                               form, die sich mit dem von den Veranstaltern
                                                                                                          gemeinsam ausgewählten Schwerpunktthema
                                                                                                          auseinandersetzt.                              →

                     2007            fand der erste Aktionstag für Weiterbildung statt. Seit dem gibt es ihn alle
                                     zwei Jahre und er hat sich als Plattform der Auseinandersetzung mit
                                     aktuellen bildungs-, sozial- und gesellschaftspolitischen Themen etabliert.

WEITERBILDUNG: RAHMENBEDINGUNGEN                                                                                                                       7
Darüber hinaus werden regelmäßig in der zent-
ralen Auftaktveranstaltung zum deutschen Wei-
terbildungstag »Vorbilder der Weiterbildung«
                                                    Der Deutsche Weiterbildungstag ist auch in
                                                    Zukunft ein offenes Forum, um übergreifende
                                                    weiterbildungspolitische Debatten anzustoßen,
                                                                                                          HÜRDEN-
geehrt und bekannt gemacht. Es kann sich hier-
bei um einzelne Personen, Gruppen oder auch
                                                    Konzepte zu entwickeln und Einfluss zu neh-
                                                    men. Er stellt insofern ein wirkungsvolles Bünd-
                                                                                                          LAUF
Unternehmen handeln, die sich in besonderer
Weise um oder durch die Weiterbildung eine
Vorbildfunktion erarbeitet haben, die es lohnt,
                                                    nis dar, in dem die unterschiedlichen Weiterbil-
                                                    dungsbereiche und ihre wichtigsten Akteure re-
                                                    gelmäßig zusammenfinden, nämlich:
                                                                                                          DURCH DIE
sie bekannt zu machen.
                                                    ԁԁ Berufliche Weiterbildung
                                                                                                          LÄNDER
                                                    ԁԁ (Inter-)Kulturelle Weiterbildung
                                                                                                          A N D R E A E H L E RT
AUSBLICK UND                                        ԁԁ Wissenschaftliche Weiterbildung
                                                                                                          I M G E S P R ÄC H
PERSPEKTIVEN                                        ԁԁ Allgemeine Erwachsenenbildung
Die Erkenntnisse aus der gesellschaftlichen         ԁԁ Politische Bildung
und politischen Analyse und die Zustandsbe-
schreibung der (Weiter-) Bildung, die 2007 zur      ganz im Sinne der (ehemals) großen bildungs-
Initiierung des Deutschen Weiterbildungsta-         politischen Vision, die Weiterbildung als vierte
ges geführt haben, sind größtenteils auch heu-      Säule des Bildungssystems in öffentlicher Ver-

                                                                                                          D
te noch gültig. Es gibt nach wie vor zu viele Zu-   antwortung auszubauen.
                                                                                                                    ie Bundesakademie für kulturelle Bil-
ständigkeiten für die Weiterbildung auf den un-     Mit der Initiative zur »Reformierung, Systema-
                                                                                                                    dung in Wolfenbüttel, Niedersachsen,
terschiedlichen staatlichen Ebenen. Es mangelt      tisierung und Stärkung einer Weiterbildungspo-
                                                                                                                    bietet berufliche Fort- und Weiterbil-
noch immer an einer nachhaltigen Finanzie-          litik« auf Bundesebene entspricht die Bundes-
                                                                                                          dung für Kulturschaffende- und vermittelnde
rung insbesondere bei der Weiterbildung im          regierung Forderungen, die schon seit vielen
                                                                                                          aus ganz Deutschland und einigen Nachbar-
Rahmen der Arbeitsmarktpolitik; die Verzah-         Jahren von den im Bundesverband der Träger
                                                                                                          staaten an. Das Programm deckt von den klas-
nung der unterschiedlichen Weiterbildungsbe-        beruflicher Bildung (BBB) organisierten Bil-
                                                                                                          sischen Künsten über Kulturmanagement bis
reiche im Sinne einer übergreifenden Interes-       dungsanbietern formuliert werden.
                                                                                                          hin zu Museum nahezu alle Bereiche ab. Neben
senwahrnehmung gegenüber Politik und Ver-               Die derzeitigen Herausforderungen, was Di-
                                                                                                          einmaligen Veranstaltungen oder Seminaren
waltung ist ebenfalls noch nicht erreicht. Hin-     gitalisierung und Strukturwandel, demografi-
                                                                                                          stehen auch umfassenderen Qualifizierungsrei-
zugekommen sind weitere Herausforderungen           sche Entwicklung und Fachkräftemangel betrifft,
                                                                                                          hen zur Auswahl, an deren Abschluss ein Zer-
für die Weiterbildner wie die zunehmende Glo-       sind immens, und es ist sehr positiv zu bewer-
                                                                                                          tifikat steht. Damit die Inanspruchnahme sol-
balisierung, die digitale Transformation von        ten, dass Ministerien, Bund, Länder, Kommunen,
                                                                                                          cher Angebote gefördert wird, beispielsweise
Wirtschaft und Gesellschaft oder die Migrati-       aber auch die Akteure der Weiterbildung selbst
                                                                                                          Bildungsurlaub beim Arbeitgeber in Anspruch
onsbewegungen mit den daraus resultierenden         mit ihren Trägern und Verbänden hier zusam-
                                                                                                          genommen werden kann, müssen die Program-
gewachsenen Aufgaben in der Bildungs- und In-       menarbeiten wollen.
                                                                                                          me in den einzelnen Bundesländern anerkannt
tegrationsarbeit. Ein entscheidender Schlüs-            Die Initiative der Ministerien ist für uns auch
                                                                                                          sein. Andrea Ehlert, Leiterin des Programmbe-
sel zur Lösung der damit verbundenen Proble-        Ausdruck der Wertschätzung und der Anerken-
                                                                                                          reichs Kulturmanagement, -politik, -wissen-
me liegt in der Ausweitung, Verbesserung und        nung der hohen gesellschaftlichen Bedeutung
                                                                                                          schaft, schildert, was dies für die Arbeit der Bun-
Harmonisierung unseres Weiterbildungssys-           der Weiterbildung.
                                                                                                          desakademie – wie auch der anderen bundes-
tems sowohl in Deutschland als auch auf euro-
                                                                                                          weit arbeitenden Fort- und Weiterbildungsein-
päischer Ebene. Hier sehen die Veranstalter ein     Siegfried Schmauder ist Sprecher der Arbeits­
                                                                                                          richtungen im Kulturbereich bedeutet.
großes Betätigungsfeld für die Zukunft, wel-        gemeinschaft Deutscher Weiterbildungstag.
ches sie mit bewährten Formaten und verstärkt       Lutz Kaube ist Geschäftsführer der Arbeits­-
mit unterjährigen Fachveranstaltungen bear-         ge­meinschaft Deutscher Weiterbildungstag und
beiten werden.                                      stellvertretender Geschäftsführer des Bundes­
                                                    verband der Träger beruflicher Bildung (Bildungs-
                                                    verband) e. V.

           1.057.000 €                              flossen 2017 vom Land Niedersachen an die Bundesakademie Wolfenbüttel.
                                                    Das entspricht rund 43 Prozent des gesamten Finanzbedarfs.

8                                                                                                         ARBEITSMARKT KULTUR — № 4/4
Wiechern: Bei wie vielen der von Ihnen ange-         Ehlert: Die Kriterien legt jedes Bundesland in      Der Bildungsscheck wird allerdings ausschließ-
botenen Kurse können die Teilnehmenden von           einem eigenen Bildungsurlaubsgesetz fest. In        lich für die Seminargebühren im engeren Sinn
ihrem Recht auf Bildungsurlaub Gebrauch ma-          der Regel stehen einer Arbeitnehmerin bzw.          angerechnet. Kosten für Übernachtung und Ver-
chen?                                                einem Arbeitnehmer fünf Tage bezahlter Bil-         pflegung sowie Fahrtkosten werden nicht bezu-
                                                     dungsurlaub in einem Jahr zu kumulierend in-        schusst. Der Bund fördert Weiterbildung unter
Ehlert: Von unseren rund 180 Veranstaltungen         nerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Jahren.       anderem mit dem Prämiengutschein der Bil-
pro Jahr nur an recht wenigen, nämlich an all        Und wie gesagt, ab zwei Tage aufwärts.              dungsprämie. Dabei übernimmt der Bund die
denjenigen, die drei Tage und mehr dauern, das                                                           Hälfte der Weiterbildungsgebühren bei Veran-
sind dann zumeist unsere Qualifizierungsrei-         Wiechern: Wie lang ziehen sich aus Ihrer Er-        staltungskosten von höchstens 1.000 Euro. Der
hen. Hierzu gehören z. B. das 4-phasige Qua-         fahrung die jeweiligen Prüfungsprozesse in den      Gutscheinwert beträgt maximal 500 Euro. Einen
lifizierungsangebot »Führung für sich und an-        einzelnen Bundesländern hin?                        Prämiengutschein kann man erhalten, wenn
dere übernehmen« oder »Jazz- und Popchorlei-                                                             man älter als 25 Jahre ist, mindestens 15 Stun-
tung Stufe B«.                                       Ehlert: Das kann ich nicht für alle Bundesländer    den in der Woche arbeitet oder sich in Eltern-
    Für Lehrende für musische Fächer an Schu-        sagen, in Niedersachsen dauert es eine gute Wo-     oder Pflegezeit befindet und wenn man maximal
len oder diejenigen Lehrerinnen und Lehrer, die      che, in Berlin 14 Tage, vermutlich liegt die Dau-   20.000 Euro im Jahr an Einkommen versteuern
ihren Unterricht mit Mitteln der Kulturellen Bil-    er im Schnitt bei ein bis zwei Wochen. Wenn es      muss (gemeinsam 40.000 Euro).
dung gestalten wollen, wird es noch ein biss-        sich um Lehrer und Lehrerinnen handelt, dann           Der Prämiengutschein wird ausschließlich
chen komplizierter. Diese Lehrer und Lehrerin-       ist die Akkreditierung ein langwieriger Prozess.    für die Seminargebühren im engeren Sinn an-
nen gehören im Prinzip zu unseren Zielgrup-          Eine Anerkennung wird für einige Jahre verge-       gerechnet. Kosten für Übernachtung und Ver-
pen. Jedes Bundesland bietet Lehrerfortbildung       ben und muss dann erneuert werden.                  pflegung sowie Fahrtkosten werden nicht be-
an, die meist von einer nachgeordneten Behörde                                                           zuschusst.
getragen wird. In Niedersachsen z. B. das Nieder-    Wiechern: Haben Sie konkrete Anregungen,
sächsisches Landesinstitut für schulische Quali-     die diesen Prozess beschleunigen und verein-        Wiechern: Welche Art der Unterstützung für
tätsentwicklung (NLQ) oder in Hessen die Hes-        fachen würden?                                      Selbständige und Arbeitnehmende im Bereich
sische Lehrkräfteakademie. Wenn nun ein Leh-                                                             Kultur und Medien würden Sie sich zukünftig
rer aus Hessen einen Workshop der Bundeakade-        Ehlert: Vereinfachte und vereinheitlichte Re-       von Bund und Ländern wünschen?
mie Wolfenbüttel als Bildungsurlaub besuchen         gelungen wären wundervoll. Im Fall der ba•:
möchte, dann muss die Bundesakademie für kul-        Ist die Genehmigung in Niedersachsen verant-        Ehlert: Ich wünsche mir exakt das, worauf sich
turelle Bildung Wolfenbüttel (ba•) in Hessen bei     wortungsvoll geprüft und erteilt, dann könnte       die Arbeitsgruppe »Aus- und Weiterbildung für
der Hessischen Lehrkräfteakademie akkreditiert       sie doch auch in allen anderen Bundesländern        den Arbeitsmarkt Kultur und Medien« des Deut-
sein. In Niedersachsen ist die ba• generell akkre-   gelten. Ebenso ließe sich mit den Fortbildun-       schen Kulturrates hat einigen können. Hier wur-
ditiert und pflegt ihr für Lehrerinnen und Leh-      gen für Lehrer und Lehrerinnen verfahren: ein       de von Expertinnen und Experten aus der Pra-
rer geeignetes Programm in die entsprechende         Land akkreditiert, die andern übernehmen die        xis zusammengetragen, was erforderlich ist, um
Datenbank des Landesservers ein.                     Entscheidung und bieten die passenden Kurse         die Weiterbildungsmöglichkeiten in Kultur und
                                                     für ihre Lehrer und Lehrerinnen an.                 Medien zu verbessern und die Weiterbildungs-
Wiechern: Welche Instanzen entscheiden da-                                                               einrichtungen zu stärken. Ich freue mich auf die
rüber, ob eine Weiterbildungsmaßnahme sich           Wiechern: Wie wichtig ist der Faktor der Frei-      Veröffentlichung und hoffe dann auf die Umset-
für die Freistellung qualifiziert?                   stellung für die potenziell Interessierten?         zung möglichst vieler Vorschläge.

Ehlert: Der Bearbeiter bzw. die Bearbeiterin des     Ehlert: Nun, sehr wichtig, bekommen sie die         Andrea Ehlert leitet den Programmbereich
Antrags, den wir zunächst in Niedersachsen ein-      Freistellung nicht, müssen Sie Urlaub nehmen,       ­Kulturmanagement, -politik, -wissenschaft der
reichen müssen – in Niedersachsen ist die Agen-      und eine Woche Urlaub, das überlege ich mir          Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfen­
tur für Erwachsenen- und Weiterbildung in Han-       schon genauer.                                       büttel — Anna Wiechern ist Referentin für
nover dafür zuständig. Das bei Genehmigung er-                                                            Kultur und Bildung beim Deutschen Kulturrat
haltene Aktenzeichen teilen wir dem Teilneh-         Wiechern: Gibt es neben dem Bildungsurlaub
menden mit, der dann Bildungsurlaub z. B. in         noch weitere gesetzliche Fördermaßnahmen,
Thüringen bei der dort verantwortlichen Stel-        die die Inanspruchnahme von Weiterbildung
le beantragen muss.                                  erleichtern?
   Bei den Lehrerinnen und Lehrern ist die zu-
ständige Person in der zuständigen Behörde des       Ehlert: Ja, es gibt zum Beispiel noch die Bil-      Informationen zu Bildungsgutscheinen der
jeweiligen Bundeslandes, sofern die ba• dort ak-     dungsgutscheine der Arbeitsagentur. Sie kön-        Arbeitsagentur: www.ibb.com/bildungsgutscheine/
kreditiert ist.                                      nen beispielsweise für berufsbegleitende oder       bildungsgutschein-der-arbeitsagentur-und-des-
                                                     zum Beruf qualifizierende Angebote der Aus-         jobcenters
Wiechern: Gibt es eine Art Kriterienkatalog, an      und Weiterbildungsdatenbank KURSNET ge-
dem sich bereits in der Konzeption eines Pro-        nutzt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen          Informationen zum Bildungsscheck NRW:
gramms orientiert werden kann?                       gibt Bildungsschecks aus, die vom Europäi-          www.weiterbildungsberatung.nrw/foerderung/
                                                     schen Sozialfonds finanziert werden. Das Land       bildungsscheck
                                                     fördert damit Weiterbildungsmaßnahmen für
                                                     kleine Unternehmen in NRW. Gefördert wer-           Informationen zur Bildungsprämie des Bundes:
                                                     den 50 Prozent der Weiterbildungskosten bis         https://www.bildungspraemie.info/de/
                                                     maximal 500 Euro pro Teilnehmer bzw. Teil-          der-pr-miengutschein.php
                                                     nehmerin. Die Bundesakademie Wolfenbüttel
                                                     erkennt diese Bildungsschecks an. Teilnehmer
                                                     und Teilnehmerinnen aus NRW also können die
                                                     Schecks bei uns einlösen.

WEITERBILDUNG: RAHMENBEDINGUNGEN                                                                                                                          9
DIGITALISIE-
        RUNG

10           ARBEITSMARKT KULTUR — № 4/4
AKADEMIE
                                       M
                                                  it der »Akademie für Digitalität und       Darüber hinaus werden tradierte Arbeitsstruk-
                                                 Theater« entsteht in Dortmund ein eu-       turen und -hierarchien an den Theatern ana-
                                                  ropaweit einzigartiges Modellprojekt       lysiert und im Hinblick auf den digitalen Wan-
FÜR                                               für Digitale Innovation durch Künstle-
                                        rische Forschung und Technikorientierten Wis-
                                                                                             del neu gedacht. Die Weiterbildungen werden
                                                                                             von renommierten Experten aus Wissenschaft,

DIGITALITÄT                             senstransfer. Dafür vernetzt sie in einer völlig
                                        neuartigen Struktur Partner aus Wirtschaft, Kul-
                                        tur und Wissenschaft. Strukturell ist die Akade-
                                                                                             Wirtschaft und Kultur geleitet.
                                                                                                Halbjährlich vergibt die Akademie neun For-
                                                                                             schungsstipendien an herausragende Künst-
UND                                     mie als sechste Sparte in das Theater Dortmund
                                        eingebunden – Partner sind die Wirtschaftsför-
                                                                                             ler, Techniker oder Wissenschaftler. Voraus-
                                                                                             setzung ist ein abgeschlossenes Studium, rei-

THEATER                                 derung Dortmund, der Deutsche Bühnenverein
                                        und die Deutsche Theatertechnische Gesell-
                                        schaft (DthG).
                                                                                             che Berufserfahrung und/oder eine besondere
                                                                                             künstlerisch-technische Begabung in den Berei-
                                                                                             chen Digitalität und/oder Darstellender Kunst.
TO B I A S E H I N G E R                   Die Digitalisierung der Technik und der Ar-       Zielsetzung ist die Anwendung und Entwick-
                                        beitsabläufe in den großen Veranstaltungshäu-        lung von innovativer, digitaler Veranstaltungs-
                                        sern wie z. B. den Stadttheatern geht derzeit nur    technik auf höchstem technologischem Niveau,
                                        schleppend voran. Weiterbildung, Qualifizie-         um einerseits neue künstlerische Ausdrucksfor-
                                        rung der Mitarbeiter und Wissenstransfer zwi-        men (Digitale Narration) und andererseits das
                                        schen der freien Wirtschaft, wissenschaftlichen      effektive Zusammenwirken von traditionellem
                                        Einrichtungen und Kulturanbietern findet viel        und modernem Bühnenhandwerk zu ermögli-
                                        zu wenig statt, um den Herausforderungen ad-         chen (Prozessoptimierung).
                                        äquat zu begegnen und Veranstaltungstechnik             Langfristig geht es um die Entwicklung und
                                        auf notwendigem Niveau zu entwickeln.                Verbreitung von innovativen Lösungen für die
                                           Ziel der Akademie ist es die deutschen Thea-      stark wachsenden Bedarfe der Darstellenden
                                        ter und Kulturinstitute für die kommenden He-        und Bildenden Künste in den Bereichen »Vir-
                                        rausforderungen in der Digitalen Moderne zu          tual Reality«, »Augmented Reality«, »Motion
                                        qualifizieren und die Möglichkeiten der digita-      Capture«, »3D-Animation«, »Sensorik«, »Robo-
                                        le Narration zu erkunden. Die Akademie vereint       tik« und »Künstliche Intelligenz«.
                                        technisch künstlerische Forschung mit Weiter-           Ein zeitgenössisches und zukunftsweisen-
                                        bildung und der unmittelbaren praktischen An-        des Theater für die Digitale Moderne verlangt
                                        wendung im Kulturbetrieb – in Dortmund, in           neue Methoden und Inhalte in der Ausbildung,
                                        Nordrhein-Westfalen und weit darüber hinaus.         ergänzend zu den traditionellen Studiengän-
                                           Am Theater Dortmund hat Schauspiel-Inten-         gen in der Darstellenden Kunst. Deswegen soll
                                        dant Kay Voges mit seinem Team in den vergan-        mittelfristig als dritter Schwerpunkt in Koope-
                                        genen Jahren Pionierarbeit auf dem Gebiet der        ration mit den Hochschulen ein künstlerisch-
                                        Digitalisierung des Theaters geleistet und mit       technologischer Master-Studiengang »Theater
                                        digitalen, interdisziplinären Arbeiten überre-       und Digitalität« eingeführt werden, der Spezi-
                                        gional beachtete Erfolge gefeiert (z. B. Die Bor-    alisten für das Theater der kommenden Gene-
                                        derline Prozession, Die Parallelwelt).               rationen ausbildet.
                                           Der Zeitpunkt für eine solche Gründung
                                        könnte besser nicht sein. Die Politik hat die Di-    Tobias Ehinger ist Geschäftsführender
                                        gitalisierung als das zukunftsweisende The-          Direktor des Theater Dortmund
                                        ma schlechthin erkannt. Auch die Stadt Dort-
                                        mund setzt seit Jahren auf die Unterstützung
                                        und Ansiedelung von Unternehmen im Bereich
                                        IT und hat mit dem Hardware Medienkunstver-
                                        ein (HMKV) einen der progressivsten Ausstel-
                                        lungsorte für Medienkunst Europas direkt im
                                        Herzen der Stadt.
                                           Inhaltlich gliedert sich die Akademie in die
                                        Bereiche Weiterbildung, Forschung und Studi-
                                        um. In bundesweit ausgeschriebenen Blockse-
                                        minaren für die technisch-handwerklichen und
                                        technisch-künstlerischen Berufe am Theater
                                        werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
                                        mit den neuesten Entwicklungen in Soft- und
                                        Hardware vertraut gemacht.

         1904                    wurde das Theater Dortmund bereits eröffnet.
                                 Es hat als erstes Theater in Deutschland mit der Akademie
                                 für Digitalität und Theater eine 6. Sparte.

WEITERBILDUNG: DIGITALISIERUNG                                                                                                        11
MEDIEN-
                     A
                             ls ich vor über 20 Jahren in die Bildungs- Eine repräsentative Umfrage zur Digitalisie-
                             branche kam, hatte ich das große Glück     rung der Bildungsbereiche, in deren Rahmen
                             in einem sehr visionär geführten Bil- das mmb Institut Personen, Lehrende, Einrich-
VIELFALT                     dungsunternehmen arbeiten zu dür- tungsleiter und Experten befragt hat, zeigt die
                             fen. Neben vielen persönlich/berufli- Instrumente des e-Learnings auf. Als das belieb-

BRINGT               chen Highlights war die Auseinandersetzung
                     mit »Telelearning«, »Telearbeit« (ja, so hieß das
                                                                        teste Medium stehen für 60 Prozent der Befrag-
                                                                        ten Videoangebote an erster Stelle, darüber hi-
                     seinerzeit) besonders spannend. Die Learntec, naus werden soziale Netzwerke und Lern-Apps
VIELE                deren zentrale Themen seit ihrem Gründungs- genannt. Die Formate, die das berufliche Lernen
                     jahr computergestütztes Lernen und Multime- dominieren, sind WBTs, Webinare und Power-

CHANCEN              dia sind, floriert bis heute. Auch wir gehörten zu point-Präsentationen. Blended Learning Kon-
                     den frühen Anbietern, die kreative und innova- zepten, also die kluge Kombination von Präsenz-
                     tive Ideen und Lösungen angeboten haben. Sehr      und e-Learning Angeboten, wird von überwäl-
M O N I K A KO L B   teuer waren virtuelle Lerneinheiten und -um- tigenden 97 Prozent der Befragten in den kom-
                     gebungen seinerzeit und natürlich beherrsch- menden drei Jahren eine zentrale Bedeutung
                     te eine ganz zentrale Frage die Szene: Wird es     zugesprochen. Darüber hinaus erweist sich KI-
                     denn Trainer, den Klassen-/Seminarraum und         basiertes Lernen als der Trend schlechthin, um
                     bestehende Lernkonzepte in Zukunft noch ge- Lernsituationen noch individueller zuschnei-
                     ben oder wird zukünftig alles durch virtuelle      den zu können.
                     Lösungen ersetzt werden? Vor knapp 18 Jahren          Als zentrale Aus- und Weiterbildungseinrich-
                     entwickelten wir also schon teure Lerneinhei- tung der Buchbranche integrieren auch wir am
                     ten (cbts), zum Beispiel um eine fünftägige Prä- mediacampus frankfurt in nahezu allen Forma-
                     senzschulung für eine SAP-Einführung zu kür- ten e-Learning Angebote. Die Präsenzphasen
                     zen oder wir beschäftigten uns mit einem Pi- sowohl unserer verschiedenen Fachwirtfortbil-
                     lotprojekt »Abitur Online«, des Landes Nord- dungen als auch des Studiums werden jeweils
                     rhein-Westfalen, für das wir ein pädagogisches     durch zahlreiche Webinare flankiert. Der Ein-
                     Konzept entwickelten. Bei diesem Pilotprojekt      satz der Lernplattform Moodle bietet die Mög-
                     ging es darum, dass es berufstätigen oder fami- lichkeit, hochgeladene Aufnahmen von Webi-
                     liär eingebundenen Erwachsenen möglich sein        naren und ergänzendes Unterrichtsmaterial ab-
                     sollte, einen höherwertigen Bildungsabschluss      zurufen, um ein qualitativ hochwertiges und mit
                     zu erwerben. Der Lehrgang musste also ein ho- der eigenen Lebenssituation vereinbares Ler-
                     hes Maß an zeitlicher Flexibilität bieten. Dies    nen zu ermöglichen oder sie wiederholt zur Prü-
                     wurde dadurch gewährleistet, dass die Hälf- fungsvorbereitung als Lernangebot anzusehen.
                     te des Präsenzunterrichts durch computerge- Unser Weiterbildungsangebot wartet unter an-
                     stützte Angebote ersetzt wird und die Teilneh- derem mit vielfältigen Webinaren auf und bie-
                     mer Selbststudium betreiben oder sich in vir- tet ebenso Videokurse, die individuell abgeru-
                     tuellen Lerngruppen austauschen. Das war im        fen werden können. Unsere Fortbildung »Füh-
                     Jahr 2000!                                         ren im Digitalen Zeitalter« macht ihrem Namen
                        Die aufgewühlte Diskussion um das e-book        alle Ehre: Sie umfasst fünf Online-Videokurs-
                     und klassische Printbuch erinnerte mich in den     reihen, in denen Experten zu verschiedenen Be-
                     letzten Jahren sehr stark an die ebenso emo- reichen ihr Wissen weitergeben. Diese sind fle-
                     tionalen und fast schon erbitterten Diskussi- xibel von überall aus abrufbar und lassen sich so
                     onen, die seinerzeit geführt wurden. Bei bei- gut in den Berufsalltag eingliedern. In drei We-
                     den Diskussionen kam – Stand heute – heraus, binaren und Expertengespräche sind die Teil-
                     dass das eine Medium nicht das andere Medi- nehmer dazu aufgerufen, interaktiv zu lernen
                     um ersetzen wird. Im Gegenteil. Die Medien- und vom Schreibtisch aus mit anderen Teilneh-
                     vielfalt bringt viele Chancen für Nutzer, Leh- mern und den Experten zu diskutieren.
                     rer und Trainer und natürlich Bildungsanbie-          Blickt man zurück, kann man den anfänglich
                     ter. Was aber genau versteht man heute unter       erbitterten Diskussionen rund um das e-Lear-
                     e-learning Lösungen? Für wen konkret bringen       ning viel Positives abgewinnen: Die Aufmerk-
                     sie einen Nutzen?                                  samkeit, die diesem Thema geschenkt wurde
                        Die durch e-Learning ermöglichte zeit- und – natürlich aber auch die technische Entwick-
                     ortsunabhängige Bereitstellung von Lernma- lung – , hat zu immer neuen Innovationen ge-
                     terialien in einer virtuellen und didaktisch       führt und die Angebote und Chancen zur Indi-
                     gut aufbereiteten Lernumgebung, ermöglicht         vidualisierung verbessert, sodass lebenslanges
                     die individuelle Anpassung an den jeweili- Lernen für jeden möglich ist.
                     gen Wissensstand und die Lerngeschwindig-
                     keit der Teilnehmenden. Inhalte können inter- Monika Kolb ist Geschäftsführerin
                     aktiv mitgestaltet und stets wiederholt wer- des media­campus frankfurt und
                     den, da der Stoff online dokumentiert ist. Den     Bildungsdirektorin vom Börsenverein
                     unterschiedlichen Herausforderungen für die        des Deutschen Buchhandels
                     Weiterbildung kann so mit individualisierten,
                     handlungsorientierten und effizienten Lösun-
                     gen begegnet werden.

12                                                                     ARBEITSMARKT KULTUR — № 4/4
35       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden das feste Team des mediacampus frankfurt plus 22 feste Dozenten und Dozentinnen.

WEITERBILDUNG: DIGITALISIERUNG                                                                                                         13
NEU­
ORIENTIERUNG

14      ARBEITSMARKT KULTUR — № 4/4
DIE ARBEIT                                        Um als Berufsanfänger in die Vermittlungskar-
                                                  tei der ZAV-Künstlervermittlung im Bereich
                                                  der darstellenden Kunst sowie der Orchester-
                                                                                                      Die herkömmlichen beruflichen Alternativen
                                                                                                      für Schauspieler, Tänzer und Sänger, als Dozen-
                                                                                                      ten, Choreografen, Logopäden, Yogatrainer o.ä.
DER ZAV-                                          musik zu gelangen, ist ein einschlägiger quali-
                                                  fizierender Studienabschluss notwendig oder,
                                                                                                      unterzukommen reichen aber bei weitem nicht
                                                                                                      aus oder bieten, wie das Angebot als Callcen-

KÜNSTLER-                                         bei bereits berufsausübenden Künstlern, der
                                                  Nachweis professioneller Berufserfahrung in
                                                  der jeweiligen Sparte. Die Qualitäten, Fähig-
                                                                                                      ter-Agent zu arbeiten, für künstlerisch qualifi-
                                                                                                      zierte Menschen keine befriedigende Berufs-
                                                                                                      perspektive bis zum Renteneintritt. Um bessere
VER-                                              keiten und Eigenschaften der zu vermitteln-
                                                  den Künstlerinnen und Künstler lernen die Ar-
                                                                                                      Optionen für einen qualifizierten Berufsumstieg
                                                                                                      aus dem Künstlerbereich aufzuzeigen, wurde

MITTLUNG                                          beitsvermittler der ZAV-Künstlervermittlung
                                                  bei branchenüblichen Präsentationen (z. B. Vor-
                                                  sprechen, Vorsingen etc.) und durch Vorstel-
                                                                                                      vor 1 1/2 Jahren das Beratungsportfolio der ZAV-
                                                                                                      Künstlervermittlung durch das ZAV-Transition
                                                                                                      Projekt erweitert.
B E AT E DA R I U S                               lungsbesuche kennen. Eine Aufnahme von Ar-             Die Arbeitshypothese ist: Menschen mit breit
                                                  beitsuchenden in den Bereichen Unterhaltung,        aufgestellten künstlerischen Biographien verfü-
                                                  Werbung und Stab/Technik erfolgt nach bran-         gen über zahlreiche Qualifikationen, die in an-
                                                  chenspezifischen Kriterien im Rahmen eines          deren Betätigungsfeldern gewinnbringend ein-
                                                  Aufnahmegespräches.                                 gesetzt werden können. Aufgabe des Transition-
                                                     Die Anforderungen der zu besetzenden Stel-       Teams war es zunächst, Kompetenzprofile aus
                                                  len werden individuell und in enger Abstim-         den künstlerischen Berufen zu erstellen, sich

D
         ie ZAV (Zentrale Arbeits- und Fachver-   mung mit den Arbeitgebern erfasst. Die ZAV-         mit diesem Kompetenzangebot an den Arbeit-
         mittlung) ist mit ihren verschiedenen    Künstlervermittlung erfüllt so die erforderli-      geberservice der Agenturen für Arbeit zu wen-
         Fachbereichen eine spezielle Einrich-    che und von den Arbeitgebern gewünschte Fil-        den und Quereinstiegsmöglichkeiten in Indus-
tung der Bundesagentur für Arbeit. Der Schwer-    terfunktion und kann begründet und passgenau        trie und Wirtschaft zu eruieren. Daneben wur-
punkt liegt auf der Beratung und Vermittlung      Vermittlungsvorschläge unterbreiten.                de eine Recherche angestoßen, ob und inwie-
besonderer Zielgruppen. Die ZAV-Künstlerver-         Anders als bei handwerklich-technischen Be-      weit Künstler bereit und in der Lage sind, sich
mittlung betreut an bundesweit sieben Stand-      rufen im Kulturbetrieb, bei denen mittlerwei-       beruflich mit einer Entwicklungsperspektive
orten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkunden         le Fachkräftemangel herrscht, ist im künstleri-     in kunstfernen Institutionen oder Unterneh-
aus den Sparten Sprechtheater, Musikthea-         schen Bereich – insbesondere bei Schauspielern –    men einzubringen.
ter (Oper, Musical, Tanz, Orchester), Film/TV     ein Überangebot an Bewerbern zu konstatieren.          Das ZAV-Transition-Projekt ist vom gleichen
(Schauspiel, Stab/Technik) sowie Show, Musik,     Das Angebot an Jahres- oder Stückverträgen an       Leitbild wie die ZAV-Künstlervermittlung getra-
Fashion, Werbung, Komparserie und Statisterie.    Theatern, an Drehtagen ebenso wie an Jahres-        gen: »Experten beraten Experten«. Die Transi-
Die ZAV-Künstlervermittlung vermittelt darstel-   verträgen für TV Serien ist durch stagnierende      tion-Berater verfügen selbst über langjährige
lende Künstlerinnen und Künstler sowie Bewer-     Budgets begrenzt und in den letzten Jahren so-      Berufserfahrung innerhalb und außerhalb des
berinnen und Bewerber aus künstlerisch-tech-      gar rückläufig. Dem steht eine Vielzahl an Be-      Kulturbereichs und bieten den Beratungskun-
nischen Berufen rund um Bühne und Kamera.         werbern nicht nur der Staatlichen Hochschulen,      den ihre Expertise auf der Suche nach berufli-
   Die Arbeitsvermittler der ZAV-Künstlerver-     sondern auch der privaten Schauspielschulen,        chen Alternativen an.
mittlung arbeiteten vor ihrer Tätigkeit bei der   Musical- und Filmakademien gegenüber. Wün-             Künstler können hier ihre Gedanken zur be-
ZAV in ihrer jeweiligen Sparte mehrjährig in      schenswert wäre eine Qualitätssicherung der         ruflichen Neuorientierung besprechen und sich
etablierten kulturellen bzw. medialen Einrich-    Ausbildung, also die Festschreibung gewisser        über Umsetzungs- und Fördermöglichkeiten
tungen und verfügen über eine fundierte fach-     Ausbildungsstandards. Hierzu gibt es bereits        austauschen. Der Vermittlung auf eine Stelle
liche Expertise. Mit Marktbeobachtung und ak-     eine Initiative seitens des Deutschen Bühnen-       findet gegebenenfalls in Kooperation mit dem
tiver Netzwerkarbeit in der Branche verschaffen   vereins.                                            Arbeitgeberservice der jeweiligen Agentur für
sie sich einen Überblick über die Entwicklun-        Aufgrund der Vielzahl an Bewerbern auf ei-       Arbeit statt. Das Transition-Projekt, das erfreu-
gen in der jeweiligen Sparte im deutschspra-      nem begrenzten Kulturmarkt ist auch ein im-         licherweise unter der Schirmherrschaft von Kul-
chigen Raum.                                      mer breiteres Fort- und Weiterbildungsange-         turstaatsministerin Monika Grütters steht, be-
                                                  bot entstanden, das die Berufschancen steigern      findet sich noch in der Aufbauphase, zeigt aber
                                                  soll. Für Künstler, denen der Berufseinstieg auf-   bereits erste Erfolge.
                                                  grund der Marktsituation nicht gelingt und für
                                                  diejenigen, die aus persönlichen oder Karrie-       Beate Darius ist Arbeitsvermittlerin
                                                  regründen ihren jeweiligen künstlerischen Be-       bei der ZAV-Künstlervermittlung im
                                                  ruf nicht mehr existenzsichernd ausüben kön-        Bereich Schauspiel/Bühne
                                                  nen, was bei bei Tänzern und Sängern im mitt-
                                                  leren Lebensalter evident ist, ergibt sich unter
                                                  Umständen die Notwendigkeit zur beruflichen
                                                  Umorientierung.

                            289                   Absolventinnen und Absolventen der Musik- und Theaterhoch-
                                                  schulen im deutschsprachigen Raum des Jahrgangs 2018/2019
                                                  sind bei der ZAV verzeichnet.

WEITERBILDUNG: NEUORIENTIERUNG                                                                                                                   15
TANZ                                                Eine Studie in Zusammenarbeit mit Cornelia
                                                    Dümcke, gefördert u. a. vom Fonds Darstellen-
                                                    de Künste und ein Workshop mit den relevanten
                                                                                                        In den letzten Jahre konnten viele positive
                                                                                                        Entwicklungen angestoßen werden, allerdings
                                                                                                        bleibt noch vieles zu tun. Ein Dauerthema ist
UND                                                 Ministerien und Institutionen unterstützt von
                                                    Tanzplan Deutschland, einer Initiative der Kul-
                                                                                                        die Bundesagentur für Arbeit: Weiterbildungen
                                                                                                        werden nur für zwei Jahre finanziert, was jedoch

DANACH?                                             turstiftung des Bundes, bestärkten Inka Atassi
                                                    und Sabrina Sadowska, dass es an der Zeit war
                                                    in Deutschland mit bürgerschaftlichem Enga-
                                                                                                        bei unverkürzbaren Ausbildungsdauern wie z. B.
                                                                                                        für Physiotherapie nur in Ausnahmefällen rea-
                                                                                                        lisierbar ist – es muss sich also ein Träger finden,
S A B R I N A S A D OWS K A                         gement aktiv zu werden.                             der nach der Ausbildung auch direkt eine An-
                                                       Am 17. Dezember 2009 reichten die beiden         stellung anbietet und das dritte Ausbildungsjahr
                                                    ehemaligen Tänzerinnen die Satzung der Stif-        finanziert. Für eine Verbesserung bedarf es ei-
                                                    tung TANZ – Transition Zentrum Deutschland          ner Änderung im SBG II. Das Transition Modell
                                                    beim Berliner Senat ein und am 19. Januar 2010      in Holland ermöglicht den Bezug von Arbeitslo-
                                                    wurde die Stiftungsurkunde vom Berliner Se-         sengeld I auch während eines Studiums. Dazu
                                                    nat ausgestellt. Namhafte Persönlichkeiten aus      müsste eine Ausnahmeregelung in der Sozial-

J
     ahrzehntelang wurde das Thema Transiti-        Kultur, Politik und Gesellschaft konnten für        gesetzgebung ermöglicht werden. Häufig wer-
      on von Tänzern innerhalb der Tanzwelt ta-     den Vorstand und Kuratorium gewonnen wer-           den für Tänzer spezifische Berufskrankheiten
     buisiert, verdrängt und gesellschaftlich als   den. Kuratoriumsvorsitzender ist seither John       nicht anerkannt, seltener sind es Berufsunfäl-
     nicht relevant erachtet. Philippe Braun-       Neumeier                                            le. In allen Fällen eine Odyssee für jeden Tän-
schweig, der große Mäzen, Gründer des Prix de          Im August 2010 wurde die Geschäftsstelle         zer durch den deutschen Bürokratendschungel.
Lausanne und Förderer des Bejarts Balletts in       am Kollwitzplatz in Berlin eröffnet. Dipl. Psy-     Aber auch die Bühnen, Tanzhäuser wie auch die
Lausanne, brachte 1993 die bereits existieren-      chologin Heike Scharpff wurde engagiert und         Tänzer selber müssen sich dem Thema Lifelong
den Transition Zentren Großbritanniens, Ka-         nahm die ersten Beratungen auf. Die Stiftung        Learning stellen. Zur Selbstbestimmung gehö-
nadas, Hollands und den USA zusammen und            TANZ bietet nun seit bald zehn Jahren unent-        ren mehr Eigenverantwortung, Selbstorganisa-
gründeten die International Organisation for        geltliche Beratung, Einzelcoaching, verschie-       tion, die deutsche Sprache erlernen, Weiterbil-
the Transition of Professional Dancer (IOTPD)       dene Workshops zu Visionsentwicklung sowie          dungsangebote in den eigenen Reihen ermögli-
in Lausanne. 1995 und 1998 wurden die ersten        Jahresgruppen zur Begleitung von Tänzern in         chen, den Ausstieg aus der aktiven Karriere als
internationalen Symposien in Lausanne und           Transition, Vorträge in Kompanien und Tanz-         Arbeitgeber begleiten und unterstützen. Tran-
Den Haag organisiert, um Politik und Gesell-        häusern mit anschließenden Beratungsmöglich-        sition ist keine Einbahnstraße sondern ein ste-
schaft aber vor allem auch das eigene Umfeld        keiten so auch die Stipendien für Weiterbildun-     tiger Dialog.
für das Thema zu sensibilisieren.                   gen. Weit über 1.000 Tänzer und Tänzerinnen             Die Stiftung TANZ ist inzwischen der An-
   Unbefriedigend war in Deutschland das Re-        haben seit Stiftungsgründung das Angebot in         sprechpartner für alle Institutionen und Minis-
sultat der ersten Befassung durch den Deut-         Anspruch genommen.                                  terien in Sachen »Transition«. Sie ist weltweit
schen Bundestag in der 14. Wahlperiode Druck-          So verschieden und einmalig jeder Tänzer         mit den anderen Transitionzentren und Pro-
sache 14/6693 sowie 14/6493: Kleine Anfrage         und jede Tänzerin ist, so individuell ist für je-   grammen vernetzt und steht Pate bei auslän-
zu »Ausbildung, Umschulung und sozialer Ab-         den einzelnen der Transition Prozess. Für den       dischen Initiativen, eigene Stiftungsprogram-
sicherung von Tänzerinnen und Tänzer«. Weder        einen beginnt der Prozess schon während der         me zu entwickeln so in Polen, Tschechien, Slo-
Bund noch Länder wollten sich zu dem Thema          Ausbildung, für den anderen während der Kar-        vakei oder Spanien.
engagieren. Seit 1998 engagierte sich Sabrina       riere oder für manche erst am Ende der Kar-
Sadowska sowohl als Mitglied der Bundesdeut-        riere. Einige finden mühelos den Übergang in        Sabrina Sadowska ist Stifterin und Vorstands­
schen Ballett- und Tanztheaterdirektorenkonfe-      ein neues Leben, andere bedürfen viel Zuwen-        vorsitzende Stiftung TANZ-Transition
renz (BBTK) und ab 2006 der Ständigen Konfe-        dung in schwierigen Phasen von Trauer, Angst        Zentrum Deutschland und Ballettdirektorin an
renz Tanz e. V. um die Errichtung eines entspre-    und Ziellosigkeit. Allen gemeinsam ist die enge     der Städtischen Theater Chemnitz gGmbH
chenden deutschen Pendants. Erfolgreich konn-       Verknüpfung zwischen dem Tänzerberuf und
te das Thema Transition im Abschlussbericht der     dem daraus entwachsenen Identitätsbewusst-
Enquete-Kommission des Deutschen Bundes-            sein. Wichtig ist die eigene intensive Auseinan-
tags »Kultur in Deutschland« platziert werden       dersetzung und Reflektion, zur Klärung der ak-
und mit der Handlungsempfehlung an Bund und         tuellen psychischen Situation. Die eigenen Be-
Länder: »Tänzer während und nach der Tanz-          dürfnisse, Kompetenzen und Prioritäten wer-
karriere durch die Errichtung einer entspre-        den definiert, um darauf basierend eine Vision
chenden Stiftung ›Transition‹ … zu unterstüt-       aufzubauen. Auf keinen Fall geht es darum, Pro-
zen« (BT 16/7000 S. 371) war ein erster Durch-      gramme der Arbeitsagentur zu bedienen oder
bruch erreicht.                                     dem Dernier Cri der Weiterbildungsangebote
                                                    nachzukommen. Als zweiten Schritt wird ein
                                                    Finanzierungskonzept entwickelt, dabei kön-
                                                    nen auch bis zu dreimal pro Jahr Stipendien be-
                                                    antragt werden.

16                                                                                                      ARBEITSMARKT KULTUR — № 4/4
MADE                                     D
                                                    er »Global Compact for Safe, Order-          Bei der Bildungs-Beratung herrscht erst einmal
                                                    ly and Regular Migration«, der auf der       Sprachlosigkeit. Nur mühsam lässt sich vermit-
                                                    UN-Konferenz in Marrakesch im De-            teln, dass eindrucksvolle Aufnahmen im neuen
IN                                        zember 2018 verabschiedet wurde, nennt 23 Zie-
                                          le, darunter die berufliche Integration von Mig-
                                                                                                 Berufsleben nicht alles sind. Der Fotograf wird
                                                                                                 sich nur dann in seinem Beruf behaupten, wenn

LIBERIA                                   rant und Migrantinnen. Angestrebt werden u. a.
                                          Investitionen in Aus- und Weiterbildung sowie
                                          »die Erleichterung der gegenseitigen Anerken-
                                                                                                 er das Regelwerk lernt und beherrscht. Ohne
                                                                                                 diese Kenntnisse ist er leichte Beute für Bild-
                                                                                                 diebe oder die Abmahnindustrie.
WITH                                      nung von Fertigkeiten, Qualifikationen und
                                          Kompetenzen.«
                                                                                                    Zwei weitere Praxis-Beispiele: Einer arabi-
                                                                                                 schen Informatik-Lehrerin wird, nach der Aner-

LOVE.                                         Was in der Gipfelsprache etwas abstrakt daher
                                          kommt und unter dem Schlachtwort des »Migra-
                                          tions-Pakts« von rechter Seite scharf bekämpft
                                                                                                 kennung als Flüchtling, sofort nahe gelegt, ihre
                                                                                                 berufliche Zukunft in der Altenpflege zu suchen.
                                                                                                 Offenbar genügt hier das Qualifikationsmerk-
ANNE SCHULZ                               wurde1 ist nichts anderes als geduldige, manch-        mal Frau. Dass quer durch die Republik Infor-
                                          mal kleinteilige Integrationsarbeit, die beiden        matik-Lehrer und Lehrerinnen händeringend
                                          zu Gute kommen kann: der Migrantin bzw. dem            gesucht werden und Englisch eine Lingua franca
                                          Migranten und der Gesellschaft, in der sie leben       der IT-Branche ist – geschenkt! Statt Deutsch-
                                          werden. Eine Integrationsarbeit, die wertschät-        kurs also die Einführung in Gerontologie. Oder:
                                          zend mit dem umgeht, was Migranten und Mi-             Ein bekannter Kunsthandwerker aus Syrien soll,
                                          grantinnen aus ihrem vorherigen Leben retten           ohne langes Federlesen, Zweiradmechatroni-
                                          konnten: Kenntnisse und Fertigkeiten. In der           ker werden. Nichts gegen Fahrräder. Aber wer
                                          Bundesrepublik existieren bereits zwei Wege,           die Tradition des arabischen Kunsthandwerks
                                          Umfang und Wert von Qualifikationen zu er-             kennt, wird sich fragen, ob dieses Wissen nicht
                                          mitteln. Die Zentralstelle für ausländisches Bil-      für Kulturinstitutionen und/oder in Betriebe des
                                          dungswesen (ZAB) der Kultusministerkonferenz           Kunsthandwerks interessant wäre?!
                                          und das Verfahren zur »Feststellung der Gleich-           Eine professionelle, branchengerechte Bil-
                                          wertigkeit von Berufsqualifikationen« unterstüt-       dungsberatung kann die beruflichen Anforde-
                                          zen Migranten und Migrantinnen sowie Unter-            rungen im Kultur- und Medienbereich einbe-
                                          nehmen dabei, realistisch einzuschätzen, ob das        ziehen, realistisch Karriereperspektiven abwä-
                                          Qualifikationsprofil mit im Inland erworbenen          gen und Hinweise geben, wo und wie fehlen-
                                          Abschlüssen vergleichbar ist bzw. ob Wissenslü-        den Kenntnisse zu erwerben sind. Wird nicht
                                          cken bestehen, die etwa durch Fortbildung be-          auf dem vorhandenen Wissen aufgebaut, ge-
                                          hoben werden können. Für den Kultur- und Me-           schieht das, was geradezu die Vernichtung von
                                          dienbereich sind hier auch Branchenkenntnisse,         beruflichen Fähigkeiten und dem darauf grün-
                                          Phantasie und Kontakte gefragt.                        dendem Selbst-Bewusstsein des Individuum
                                                                                                 ist. Und letztlich einen Verlust an kulturellem

                          164
                                                                                                 Reichtum für Alle bedeutet.
                                                                                                    Inzwischen gibt es viele einzelne Beispiele,
                                                                                                 wie migrierte Kultur- und Medienschaffende
                                                                                                 mit ihren Qualifikationen wertschätzend auf-
                                                                                                 genommen werden. Dies muss durch fachliche
                                                                                                 Beratung und systematische Unterstützung bei
                Staaten haben den UN-Migrationspakt angenommen und verpflichten                  der langfristigen beruflichen Integration ergänzt
                sich die Anerkennung von Qualifikationen von Migranten zu erleichtern.           werden.

                                           Ein praktisches Beispiel aus dem Beratungs-           Anne Schulz ist Referentin für Internationale
                                           alltag: ein Fotograf aus Afrika flieht in die Bun-    ­Medien/Europäische Öffentlichkeit
                                           desrepublik. Mit Foto-Equipment, Bildbearbei-          am Gustav-Stresemann-Institut in Bonn
                                           tung, Ästhetik und der Beratung der Kunden
                                           und Kundinnen kennt er sich aus. Er ist web-
                                           afin und kann grenzüberschreitend arbeiten.
                                           Die Sprachprobleme sind gering, mit Englisch
                                           und dem neu erworbenen Deutsch kommt er im
                                           Berufsalltag gut zurecht. Was ihm aber, buch-
                                           stäblich, ein Buch mit sieben Siegeln ist: das
                                           deutsche Urheberrecht, das Rechtssystem ins-
                                           gesamt. Das ist ihm so fremd, dass er anstelle
                                           eines Impressums den wunderbaren Satz ver-
                                           wendet: »Made in Liberia with love.«

                                           1 »Pakt« besitzt häufig eine negative Konnotation:
                                           vom »Pakt mit dem Leibhaftigen« bis zum »Warschauer
                                           Pakt« alias Warschauer Vertrag.

WEITERBILDUNG: NEUORIENTIERUNG                                                                                                                   17
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