Audit Committee Quarterly - I /2022 Audit Committee Institute e.V - Unternehmenskultur
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Audit Committee Quarterly I / 2022 das magazin für corporate governance Gefördert durch Audit Committee Institute e.V. »One person’s craziness i s a n o t h e r p e r s o n ’ s r e a l i t y.« Tim Burton Unternehmenskultur
EDITORIAL © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Schweren Fällen von Wirtschaftskriminalität folgt regelmäßig der Ruf nach strengeren Gesetzen und mehr Regulatorik. So waren über die letzten Jahrzehnte gesetzliche Verschärfungen im Bereich der Corporate Governance häufig unmittelbare Folge von Unternehmens- skandalen. Inwieweit die Unternehmenskultur rechtswidriges Verhal- ten mitverursachte oder ermöglichte, spielte dabei in der öffentlichen Diskussion zur Prävention eine untergeordnetere Rolle. Ebenso betreffen unternehmerische Maßnahmen zur Optimierung der Unter- nehmensperformance selten direkt die Unternehmenskultur – und wenn doch, dann eher unfreiwillig und mit zweifelhaftem Erfolg. Indes zeigen Studien, dass eine gute Unternehmenskultur entschei- dend zur Compliance und Unternehmensperformance beiträgt. Auch der europäische Gesetzgeber scheint der Unternehmenskultur im Zusammenhang mit dem Übergang in eine nachhaltigere Wirt- schaft einen größeren Stellenwert einräumen zu wollen: Gemäß dem Entwurf der CSRD-Richtlinie müssen bestimmte Unternehmen künftig über Unternehmensethik und Unternehmenskultur öffentlich berichten. Als Aufsichtsratsthema wurde Unternehmenskultur bislang gleich- falls recht stiefmütterlich behandelt. Doch auch der Aufsichtsrat muss sich mit Kulturfragen im Rahmen seiner Überwachung der Rechtmäßigkeit, Ordnungsgemäßheit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstands befassen. Als integraler Bestand- teil einer langfristig erfolgreichen Unternehmensstrategie sollten sie insbesondere Gegenstand der Strategieberatung des Aufsichtsrats sein. Es gilt der Spruch »culture eats strategy for breakfast«. Vor diesem Hintergrund widmet sich diese Ausgabe des Audit Committee Quarterly dem Schwerpunktthema Unternehmenskultur und diskutiert, an welchen Stellschrauben angesetzt werden kann, um Unternehmenserfolg und Compliance nachhaltig zu verbessern. Der Fokus der Artikel ist dabei die tatsächlich im Unternehmen gelebte und erlebte Kultur. Ich wünsche Ihnen eine kurzweilige Lektüre! Ihre Angelika Huber-Straßer Leiterin des Audit Committee Institute e.V., Regionalvorstand Süd der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
i n h a lt 2 E ditorial 36 Keine Exzellenz ohne Ethik! Angelika Huber-Straßer Der Zusammenhang von unethischem Verhalten und Führungsebene und daraus entstehende Implikationen für Unternehmen S c h w er p u n k t Ass.-Prof. Dr. Sandra Diller und Prof. Dr. Dieter Frey Unternehmenskultur 41 Die Dämmerung der Herrscher: neue CEOs für die Unternehmen von morgen 6 Twin Transformation Culture Dr. Kati Najipoor-Smith, Marta Kowalska-Marrodán Prof. Dr. Dr. Alexander Brink und Dr. Kathrin Heinitz 10 Unternehmenskultur: 43 Menschen machen die Kultur Wissensmanagement als Skandalprävention Ana-Cristina Grohnert Prof. Dr. Jan Lies 46 Die Erhöhung der Diversität im Aufsichtsrat 13 Unternehmenskultur ist mehr als Purpose! ist ein kultureller Professionalisierungsprozess Rainer Krumm Dr. Philine Erfurt Sandhu 16 Culture and strategy eat breakfast together 48 Diversität in Unternehmen und deren Auswir- Sandra Freimuth kung auf die Unternehmensperformance Victoria Wagner 19Wie fördern Unternehmen Innovationen in Zeiten des Klimawandels? 50 »So läuft das eben bei uns« – Der Einfluss von Prof. Dr. Dieter Frey und Melanie Vilser Unternehmens- und Risikokultur auf Fehlverhal- ten und Compliance-Verstöße 22 ooperation als Funktion von Macht und K Tatjana Schulz und Markus Quick Vertrauen Prof. Dr. Erich Kirchler 56 Whistleblowing: Organisationskultur zentral für internes Meldeverhalten 25 Wie man die Zusammenarbeit zwischen Prof. Dr. Ralf Kölbel und Dr. Nico Herold Mitarbeitern und Führungskräften optimal gestaltet 58 Dunkelfeld im Compliance-Management – Thomas Kottmann und Dr. Kurt Smit Deutschland und China Prof. Dr. jur. Kai-D. Bussmann 28 So etablieren Sie eine gute Fehlerkultur in Ihrem Unternehmen 60 Keine Kapitalmarkt-Story ohne Kultur Prof. Dr. Christoph Seckler und Dr. Jochen Schmitz Prof. Dr. Ulfert Gronewold 62 Eine Frage der Haltung! 30 Die Motivationsfaktoren der Zukunft Die grüne Transformation erfordert eine Kultur Prof. Dr. Jutta Rump der Risikobereitschaft, des Muts und einer dezentralen Führung und Kommunikation 32 Die neue Suche nach Sinnhaftigkeit Pascal Frank Prof. Dr. Stefan Kühl 64 Die soziale Taxonomie: 35 v irt u elle k o n f ere n z Warum sie nötig ist und wie sie funktioniert KPMG Zukunftsgipfel Antje Schneeweiß 4 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
I n ter n atio n al B u si n ess O u tloo k s Cor p orate Go v er n a n c e a k t u ell 66 Business Destination Germany 2022 82 Vorschlag zur Änderung des Deutsche Unternehmen in den USA und China: Deutschen Corporate Governance Kodex Enthusiasmus vs. Realismus Dr. Astrid Gundel Andreas Glunz 85 Virtuelle Hauptversammlung – Referentenentwurf vorgelegt sta n d p u n k t Dr. Astrid Gundel 70 Zusammenfassung: Sind Joint Audits effektiv 87 Kurzmeldungen und effizient? – State of the Art und Einschät- Zusammengestellt von Dr. Astrid Gundel zungen von Prüfungsausschussvorsitzenden in Deutschland Prof. Dr. Annette G. Köhler und D ie w elt der Cor p orate Prof. Dr. Nicole V. S. Ratzinger-Sakel Gov er n a n c e : E U 73 Russland-Sanktionen als Herausforderung für 88 Der föderale europäische Bundesstaat als Unternehmen und das eigene Geschäftsmodell Zukunft der Europäischen Union? Interview mit Anne-Kathrin Gillig und Prof. Dr. Markus Ludwigs Dr. Benedikt Herles Fi n a n c ial R e p orti n g U p date | Ta x Fa m ilie n u n ter n e h m e n 91 Das weltweite Steuerrecht im Wandel – 76 Gute Beiräte in Familienunternehmen Umsetzung einer globalen Mindestbesteuerung Unabhängig. Unbequem. Unbeugsam. ab Januar 2023 Ulvi Aydin Dr. Andreas Ball, RA / StB, und Claus Jochimsen A k t u elle R e c h ts p re c h u n g 94 P u bli k atio n e n 78 Grenzüberschreitende Konzernverantwortung für Menschenrechte und Klimaschutz Prof. Dr. Christoph Teichmann 96 Ausge wählte Zeitsch rif tenartikel 97 Impressum 98 Bestellformular Audit Committee Quarterly I/2022 5 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
S c h w e r p u n k t Unter nehmenskultur Twin Transformation Culture Autor: Prof. Dr. Dr. Alexander Brink Wie mit einer Werteorientierung die Zwillingstransformation gelingen kann! 6 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Prof. Dr. Dr. Alexander Brink, geb. 1970 in Düsseldorf, ist Professor für Wirtschafts- und U nternehmensethik im renommierten »Philosophy & Economics«-Programm der Universität Bayreuth. Er lehrt und forscht seit 20 Jahren an der interdisziplinären Schnittstelle von Ökonomie und Philosophie. Seit 2021 leitet er das dortige Institut für Ethik und Management. Im Jahre 2010 grün- dete A lexander Brink die concern GmbH. Der Autor und Herausgeber von über 300 Ver öffentlic hungen berät namhafte Unternehmen. 1. Das Phänomen Unternehmens Dass Werte und Kultur Menschen prägen, ja für kultur ist nicht neu unsere persönliche Entwicklung wesentlich sind, ist aber keine neue Beobachtung von Manager*innen, Oswald Neuberger und Ain Kompa haben in ihrem Berater*innen oder Wissenschaftler*innen. Unter dem Buch Wir, die Firma im Jahre 1987 eine unterhalt Begriff ergon beschreibt der griechische Philosoph same Lektüre vorgelegt. Die Leser*innen erfahren Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik schon vor darin, inwieweit die Sitzordnung in Kantinen, die ca. 2.000 Jahren das, was einer Entität wesentlich ist Orchestrierung von Statussymbolen oder die Kunst und was zum Erfolg gebracht werden muss. Mit dem der Graffitis auf den Herrentoiletten von Automobil- zoon politikon rückte Aristoteles die Menschenliebe herstellern die Kultur einer Firma prägen. Es ist die und die soziale Interaktion ins Zentrum. Vieles von dem, »Summe der Überzeugungen, Regeln und Werte, was heute unter Unternehmenskultur gefasst wird, die das Typische und Einmalige eines Unternehmens entstammt einer alten Tradition. Wir erleben gerade ausmachen«.1 deren Renaissance, wenn es um die Gestaltung der Zukunft geht. Im Zeitalter der digitalen und nachhalti- In den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts boomte gen Transformation (Twin Transformation) benötigen die Unternehmenskultur. Es war die Zeit, als Tom wir eine besondere Kultur. Peters, der Red Bull of Management Thinkers, mit seinem Buch In Search of Excellence sog. weiche Faktoren identifizierte.2 Gemeinsam mit seinen Kol 2. Der Webfehler: legen der US-Strategieberatung McKinsey zeigte er der Homo Oeconomicus löst den durch vergleichende Forschungen auf, inwieweit Werte und Kultur auf den Unternehmenserfolg wirk- Ehrbaren Kaufmann ab ten. Der US-Wissenschaftler Edgar H. Schein sensibi- Anfang des 20. Jahrhunderts führte der Ökonom lisierte im Sloan Management Review Führungskräfte Vilfredo Pareto eine Kunstfigur ein, die bei gegebenen zeitgleich zu mehr Kulturbewusstsein.3 Kultur dürfe – Präferenzen auf sich verändernde Restriktionen rea so die Kernbotschaft aus Coming to a New Awareness giert. Dieser Gedanke wurde in der Ökonomik, vor of Organizational Culture – nicht nur beschrieben allem in der Neoklassik und in der Rational Choice- werden, man müsse auch deren Entwicklungen und Theorie, aufgenommen und wird heute weltweit an Veränderungen erkennen. den Universitäten gelehrt. Die Figur des homo oeco- nomicus wird auf Präferenzen und Restriktionen redu- ziert. Eine Verhaltensveränderung lässt sich eindeutig 1 Vgl. Neuberger, O. / Kompa, A. (1987): Wir, die Firma. Der Kult um die auf eine Veränderung von Restriktionen bei Konstanz Unternehmenskultur, Weinheim und Basel: Beltz, S. 17 von Präferenzen zurückführen. 2 Vgl. Peters, T. / Waterman, R. H. Jr. (1982): In Search of Excellence, New York and London: Harper & Row 3 Vgl. Schein, E. H. (1984): Coming to a New Awareness of Organisational Culture, in: Sloan Management Review, 25(2), S. 3 –16 Audit Committee Quarterly I/2022 7 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Schwerpunkt Unternehmenskultur Der homo oeconomicus löste damit den Ehrbaren Wer eine werteorientierte Transformation einleiten will, Kaufmann ab. Dessen Ursprung liegt in der italieni- der muss an die Normen und Werte, also die mittlere schen Renaissance, im Städtebund der Hanse. Der Ebene der Kultur. Hier liegt die Stunde des normativen Ehrbare Kaufmann hatte nicht nur ein Interesse am Managements. Die Einheit von normativem, strategi- Erfolg seines Unternehmens, sondern auch an der schem und operativem Management wurde von dem Gesellschaft. Dies geschah aus einem wohlverstan- St. Galler Ökonomen Knut Bleicher im Rahmen der denen Eigeninteresse: Nur so konnte er erfolgreichen Weiterentwicklung des St. Galler Management- Handel betreiben. Der Ehrbare Kaufmann galt als Modells erstmals in dieser Präzision formuliert.6 Es gibt tugendhaft und werteorientiert. Sein Ruf war ausge- zwei nun grundlegende Möglichkeiten, wie man die zeichnet. Normativität über das strategische in das operative Management überführt: Compliance und Integrität. 3. Normatives Management ist wieder auf dem Vormarsch 4. Von der Kultur der Regel- orientierung zur Kultur der Unternehmenskulturen übernehmen im Wesentlichen vier Funktionen: als Identifikationsfunktion stärken sie Werteorientierung das Wir-Gefühl der Mitarbeitenden, als Koordinations- Die verstärkte Forderung nach Compliance ist eine funktion stimmen sie strategisches und operatives Reaktion auf die vielfältigen Unternehmensskandale: Handeln mit den gemeinsam geteilten Werten und Enron, Worldcom, Volkswagen und Wirecard, um Normen ab. Als Motivationsfunktion stimulieren sie einige prominente Beispiele zu benennen.7 Unter die Handlungen von Mitarbeitenden und als Integra Compliance versteht man die Einhaltung und Befol- tionsfunktion stärken sie die Identifikation aller Beteilig- gung von Regeln bzw. Regeltreue oder Regelkonfor- ten.4 Während J. Chandler in den 1960er-Jahren noch mität. Regeln steuern unser menschliches Verhalten kulturfrei argumentierte, dass die S truktur der Strate- über extrinsische Motivation. Formale und informale gie zu folgen habe, prägten die McKinsey-Berater den Governance-Strukturen helfen bei der Prävention und provokativen Spruch: Culture Eats Strategy for Break- Aufdeckung von organisationalem Fehlverhalten. Im fast. Unternehmenskulturen sind nach dem Stand Rahmen einer zunehmend komplexen, unsicheren und heutiger Forschung ein hochgradig interdisziplinäres ambivalenter werdenden Zukunft stößt die Steuerung Phänomen, das mittlerweile von unterschiedlichen über Regeln an die Grenzen. wissenschaftlichen Disziplinen e rforscht wird, darunter die Sozialpsychologie, die Organisationstheorie, die Neben der Compliance, also der Regelkonformität Managementwissenschaften, aber auch die Neuro- durch ein umfangreiches Set von Maßnahmen wie wissenschaften. Unternehmenskulturen lassen sich bspw. Verhaltenskodizes, Compliance-Standards, traditionellerweise auffächern in Whistleblowingsystemen und Hotlines gibt es als Alternative, menschliches Verhalten zu beeinflussen: • eine bewusste Ebene (Artefakte), Integrität. Sie bezieht sich auf die Konformität mit unseren eigenen Werten und Prinzipien, Einstellun- • eine unterbewusste Ebene (Werte und Normen) gen oder Haltungen. Es empfiehlt sich der Wechsel und von einer rein regelorientierten Kultur in eine stärker werteorientierte Kultur: Comply with Values (moral • eine unbewusste Ebene (Basisannahmen).5 compliance) statt Comply with Rules, Laws and Regulations (legal compliance). In einem Ethikkodex Die Ebene der Artefakte lässt sich leicht verändern, werden Werte und Normen verschriftlicht. Die Harvard z. B. über Namen und Logos (aus Facebook wird Professorin Lynn Sharp Paine hat sich in einem bahn- Meta), die Ebene der Werte und Normen ist mit eini- brechenden Aufsatz auf diese Unterscheidung zwi- gem Aufwand zu erreichen, an die Basisannahmen schen Compliance und Integrity bezogen.8 kommt man fast nicht heran. Kulturveränderung ist schwer. 6 Vgl. Bleicher, K. (1991): Das Konzept Integriertes Management, Frankfurt: Campus 7 Vgl. Brink, A. / Fries, A. (2016): Über Tugenden, Haltungen und Anreize. Experteninterview mit Prof. Dr. Dr. Alexander Brink und Dr. Anne Fries, in: Niewiarra, K. / Segschneider, D. (Hrsg.): Balanceakt Compliance: 4 Vgl. Berkel, K. / Herzog, R. (1997): Unternehmenskultur und Ethik, Recht und Gesetz sind nicht genug – Ein interdisziplinärer Leitfaden für Heidelberg: Sauer Entscheider, Frankfurt: F.A.Z. Verlag, S. 105 –124 5 Vgl. Schein, E. H. (1995): Unternehmenskultur. Ein Handbuch für 8 Vgl. Paine, L. S. (1994): Cases in Leadership, Ethics, and Organizational Führungskräfte, Frankfurt am Main: Campus Verlag Integrity: A Strategic Perspective, Burr Ridge, IL: Richard d’Irwin 8 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Der wesentliche Unterschied liegt also darin, dass 6. Auf der Suche nach dem Compliance primär auf die Verhinderung von rechts- Blue Ocean der Werte widrigem Verhalten abzielt (restriktionsbasiert), Inte grity auf die Förderung moralischen Handelns (prä Unternehmen, die über eine besondere Unterneh- ferenzbasiert): Werte sind der Kompass, Regeln menskultur verfügen, heben sich vom Wettbewerb präzisieren. ab. Sie verfolgen eine Blue Ocean-Strategie. Es geht um eine holistische Kreation einer neuartigen Gestal- tung von Produktion, Dienstleistungen bzw. idealer- 5. Twin Transformation Culture – weise ganzer Geschäftsmodelle, die den Unterneh- ein Modell für die Zukunft? men attraktive, neue Märkte eröffnen. Das Konzept der Blue Ocean-Strategie wurde von W. Chan Kim und Mindestens vier jüngere Nachhaltigkeitsinitiativen auf Renée Mauborgne an der INSEAD Business School europäischer Ebene werden gerade mit Aufmerksam- entwickelt.13 Die Twin Transformation gelingt über keit verfolgt und erfordern eine gravierende Kulturtrans- eine Blue Ocean-Strategie der Werte.14 Sie orientiert formation: Die EU-Taxonomie im Rahmen von Sustai- sich an dem Dreiklang aus Haltung, Handlung und nable Finance, die Corporate Sustainability R eporting Wirkung. Folgende drei Schritte bieten sich für die Directive, das Gesetz über unternehmerische Sorg- Umsetzung an:15 faltspflichten in Lieferketten und Sustainable Corpo- rate Governance. Die Digitalisierung spielt in diesem 1. Schritt: Wofür stehen wir? Zusammenhang eine, wenn nicht die zentrale Rolle.9 Werte erkennen – Haltung stärken Der Begriff Twin Transformation (dt. Zwillingstransfor- 2. Schritt: Warum tun wir die Dinge? mation) wurde von der Unternehmens- und Strategie- Werte umsetzen – Handlung fokussieren beratung Accenture im Jahre 2021 eingeführt. Twin Transformers sind in einem zweifachen Sinne beson- 3. Schritt: Was wollen wir bewirken? ders: »Twin Transformers are pioneers in technology Werte kommunizieren – Wirkung erzeugen AND pioneers in sustainable practices.«10 Die Studie legt offen, dass gerade an der Schnittstelle der beiden Der Studie von Accenture folgend, investieren 61 Pro- Entwicklungen, also in der Verbindung von Digitalisie- zent der Twin Transformers bereits mehr als 10 Prozent rung und Nachhaltigkeit, erheblicher Wert generiert ihres Jahresumsatzes an der Schnittstelle von Digitali- werden kann.11 Die europäischen Unternehmen sind sierung und Nachhaltigkeit. 80 Prozent werden dies in insgesamt gut aufgestellt, da die meisten die Themen den kommenden drei Jahren tun.16 Die Geschwindig- Nachhaltigkeit und Digitalisierung in ihren Strategien keit der digitalen Transformation spielt eine wichtige verankert haben. Empirisch sind die Twin Transformers, Rolle. So kann der Beitrag digitaler Technologien zum so Accenture, mit einer 2,5-fachen Wahrscheinlichkeit Klimaschutz bei einer beschleunigten Digitalisierung unter den »tomorrow’s strongest-performing busi um etwa 50 Prozent erhöht werden.17 Twin Transfor- nesses«,12 während die reinen Nachhaltigkeitsvorreiter mation Management erfordert eine Twin Transforma- sowie die reinen Digitalisierungsvorreiter jeweils nur tion Culture. Durch eine deutliche Wertepositionierung eine 1,5-fache Wahrscheinlichkeit haben, dieser Top- stärken die Unternehmen nicht nur die Resilienz in tur- gruppe anzugehören. bulenten Zeiten, sondern auch ihren ökonomischen Erfolg. 9 Vgl. Accenture (2021): The European Double Up. A Twin Strategy That Will Strengthen Competitiveness, https://www.accenture.com/ _acnmedia/PDF-144/Accenture-The-European-Double-Up. pdf#zoom=50 (Abrufdatum: 1.3.2022) und Brink, A. [2022b]: Twin Trans- 13 Vgl. Kim, W. Ch. / Mauborgne, R. (2004): Blue Ocean Strategy, in: Harvard formation Management. Ethik als Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Business Review, 82(10), S. 76 – 84 Zwillingstransformation!, in: Herberger, T. (Hrsg.): Digitale Transformation und Nachhaltigkeit in der globalen Finanzwirtschaft, Baden-Baden: Nomos 14 Vgl. Brink (2022b): a. a. O. [im Erscheinen] 15 Vgl. im Folgenden Brink, A. [2022a]: Haltung gibt Halt!? Über echte Werte 10 Vgl. Accenture (2021): a. a. O. und bloße Augenwischerei, in: Alsterdorf Magazin, S. 38 – 41 [im Erschei- nen] und Brink (2022b): a. a. O. 11 Vgl. Ollagnier, J.-M. (2021): The European Double Up, in: https://www.accenture.com/us-en/insights/strategy/european-double-up 16 Vgl. Macchi (2021): a. a. O. (Abrufdatum: 1.3.2022) 17 Vgl. Bitkom (2022): Klimaeffekte der Digitalisierung. Studie zur Abschät- 12 Vgl. Ollagnier (2021): a. a. O. und Macchi, M. (2021): Digital and Sustainable: zung des Beitrags digitaler Technologien zum Klimaschutz, The Twin Transformation You’re Ignoring, https://bankingblog.accenture. https://www.bitkom.org/sites/default/files/2021-10/20211010_bitkom_ com/digital-sustainable-twin-transformation (Abrufdatum: 1.3.2022) studie_klimaeffekte_der_digitalisierung.pdf (Abrufdatum: 1.3.2022) Audit Committee Quarterly I/2022 9 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Schwerpunkt Unternehmenskultur Prof. Dr. Jan Lies ist promovierter und habilitierter Wirtschafts wissenschaftler. Seit 2013 ist er Professor für Betriebsw irtschafts lehre, insbesondere Unternehmenskommunikation und Marketing an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management. Zu sei- nen Forschungs- und Beratungsgebieten gehören das Kommunika- tions- und Veränderungsmanagement. Unternehmenskultur: Wissensmanagement als Skandalprävention Autor: Prof. Dr. Jan Lies Unternehmenskultur und Corporate Gover- nance gelten nicht nur in Krisenzeiten als wettbewerbskritische Erfolgsfaktoren. Während die Corporate Governance die regelgebundene Unternehmensverfassung beinhaltet, bestimmt die Unternehmens kultur die Prinzipien und Werte, die das Managementhandeln prägen. Dabei bildet die Compliance-Kultur als gemeinsames Wertebekenntnis zu Regeln und Vorschrif- ten die Basis der Corporate Governance und damit der Reputation. 10 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Abbildung: Ausgewählte Unternehmenskulturen Führungskultur Die vor allem in US-amerikanisch geführten Unternehmen vorherrschende Kapitalmarkt- Das auf die Beziehungspflege zu erfolgskritischen Anspruchsgruppen gerichtete Kultur- Vor allem das Topmanagement und die Gründer von Unternehmen gelten als kulturprägende Instanzen. kultur mit dem Ziel der Optimierung (früher: Maximierung) des Unternehmenswerts. Mit ihrem Entscheidungsverhalten prägen sie als Vorbild das Unternehmensverhalten insgesamt. Risikokultur Compliance-Kultur Qualitätskultur Digitalität Servicekultur Die compliance- Die Etablierung Die Entwicklung Die Kultur, die die Dass insbesondere gerechte Abwä- eines gemeinsa- des Qualitäts Digitalisierung Dienstleistungs gung positiver und men Bekenntnisses begriffs von der prägt und von ihr unternehmen negativer Risiken. zu Regeln und Vor- Ergebnisqualität geprägt wird. oftmals als Teil der Die Balance unter- schriften, um die zur Prozess- und Sie gilt als Treiber Servicewüste Shareholder-Kultur (»equity culture«) nehmerischer Corporate Gover- Qualitätskultur oder Verhinderer gelten, ist begriff- Risiken und das nance als Werte spiegelt die von Digitalisie- lich paradox. kaufmännische kultur zu fundieren. Bedeutung der rungsinitiativen Als Ursache gilt Prinzip der Vor- Kultur für die mit offenen Fragen eine mangelnde Stakeholder-Kultur management wie der Kunden- oder Mitarbeiterkultur. sicht. Aufbau- und einer reputations Kundenzentrierung. Ablauforganisation gerechten Daten- wider. kultur. Markenkultur Nachhaltigkeits- Veränderungs Innovationskultur Konfliktkultur Interaktives und kultur kultur Die Bereitschaft, Der Umgang und dialogisches Die Corporate Der Erfolg von sich für Neues zu die Sichtweise Verhalten, das sich Sustainability, Changemanage- engagieren. Die von Konflikten als in der andauernden C orporate Social ment wird zentral Kreativitäts- und produktive Energie- Coronapandemie Responsibility, auch einer wand- Konfliktkultur sind quelle prägen als Erfolgsfaktor C orporate lungsbereiten deshalb wichtige positive Konflikt- im Krisenmarketing Citizenship oder Kultur (»Change Teilbereiche der kulturen. Defizite herausgestellt hat. Corporate Readiness«) zuge- Innovationskultur. geben Hinweise zur Accountability schrieben, die Change Readiness. als Integritäts W iderstände mög- strategien. lichst verringert. Lernkultur Das stete gemeinsame Lehren und Lernen von Unternehmenswerten als Metakultur für alle Teilkulturen von Unternehmen (Corporate Education). Unternehmenskultur: von der Rand Zumindest in Kontinentaleuropa herrscht heute die notiz zur Change Readiness Meinung vor, dass die Maximierung des Aktienkapi- tals zulasten anderer Stakeholder-Werte geht, vor allem Mit der sog. kulturellen Wende (»cultural turn«), die von Mitarbeitern, Kunden und Umwelt.2 Es wird ange- seit etwa Ende des 20. Jahrhunderts die Wirtschafts- nommen, dass die Beachtung weicher Werte (z. B. gesellschaft prägt, hat sich auch im Management die Akzeptanz, Identifikation) für die Optimierung harter Unternehmenskultur (Corporate Culture) entwickelt. Werte (z. B. Gewinn, Rendite) als Voraussetzung fun- Auch wenn die Integritätskultur mit dem Corporate giert, sodass beide Wertewelten einander bedingen Good Citizenship (»das Unternehmen als guter Einwoh- (Stakeholder-Kultur). Dies wird vor allem im Change- ner«) bereits in der Nachkriegsdebatte thematisiert management mit der Change Readiness als kultureller wurde, war sie bis etwa zu den 1980er-Jahren besten- Voraussetzung für den erfolgreichen tiefgreifenden falls eine Randnotiz des Managements. In schneller Unternehmenswandel sichtbar. Folge schwappten die Wellen der Kultureuphorie (1980er; Kultur als Effizienzgewinn), Kulturtrivialisie- Seit einigen Jahren gilt die Unternehmenskultur laut rung (1990er; Kultur als Äußerlichkeit) und des Kultur- diverser Studien als eines der wichtigsten Themen der realismus (2000er; Phase des Kulturverstehens) Unternehmensführung. Demnach werden Unterneh- durchs Unternehmensmanagement.1 men als Kultursysteme aufgefasst, die das Unter nehmenshandeln (Corporate Behaviour) prägen. Die Mit der kulturellen Wende setzte zugleich ein Werte- »eine« Unternehmenskultur gibt es demnach nicht. streit ein, der mit der Gegenüberstellung der Konzepte Vielmehr differenzieren sich die Kulturen entlang der von Shareholder- und Stakeholder-Value besonders zunehmenden Komplexität immer weiter aus (siehe deutlich wird. Dabei steht der Shareholder-Value für Abbildung). eine dominante Kapitalmarktkultur (»equity culture«). 2 Mills, R. W. / Weinstein, B. (2000): Beyond Shareholder Value – Reconciling the Shareholder and Stakeholder Perspectives, Journal 1 Oechsler, W. A. / Paul, C. (2019): Personal und Arbeit – Einführung in das of General Management, 25(3), S. 79 – 93; Personalmanagement, de Gruyter / Oldenbourg, Berlin / Boston, S. 175 f. doi:10.1177/030630700002500306 Audit Committee Quarterly I/2022 11 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Schwerpunkt Unternehmenskultur Kulturmanagement als Skandal gemeinsam zu leben, ist ihr Management vor allem prävention auf partizipativ-analysierende und edukative Instru- mente wie Audits, Kulturbarometer und Fokusgruppen Das Handlungsfeld der Unternehmenskultur umfasst gerichtet. Leitbildprozesse gelten als ein zentrales Kul- die Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen turmanagementinstrument vor allem auf Führungs- und Einstellungen, welche die Entscheidungen, die ebene. Es gilt aber, die gesamte Bandbreite des Handlungen und das Verhalten der Organisations Knowledge-Managements auszuschöpfen, um Kultu- mitglieder prägen. Das erfolgskritische Problem dabei ren zu leben: von Anreizen über interaktive Lernkultu- ist, dass jedes Unternehmen wie abgebildet diverse ren bis zum internen Campaigning. Das Ziel ist, eine Unternehmenskulturen hat. Die Frage ist, ob sie funk- Lernkultur zu entwickeln, die das markengerechte tional oder dysfunktional arbeiten. So wird etwa die Verhalten durchsetzt. Aktuell wird etwa ein süddeut- Bravado-Kultur des gegenseitigen Schulterklopfens scher Käsehersteller aufgrund seines grünen Marken- und der Selbstüberschätzung auf Basis von zu viel versprechens in den Social Media skandalisiert. Seine (Selbst-)Vertrauen kritisch gesehen.3 Damit einher Produktionsweisen werden nach Ansicht von Verbrau- geht ein allgemeiner Mangel interner Kommunikations- cherschutzorganisationen den versprochenen grünen strategien. Entsprechend ziehen einst renommierte Werten nicht gerecht. Dies ist ein für das Unternehmen Konzerne eine Schneise moralisch-rechtlicher Verwüs- schmerzhafter Hinweis auf das Auseinanderklaffen tung hinter sich her, wenn abseits aktueller Skandale von Unternehmenskultur und äußerer Markenwahr- nur an Schlagzeilen von Enron oder Worldcom erinnert nehmung. Das Unternehmensverhalten höhlt die Tradi- wird. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen ist es tionsmarke von innen aus. Kultur und Marken arbeiten erstaunlich, in wie wenigen Unternehmen konkrete, Hand in Hand. gesamthafte Initiativen zum Thema Unternehmens- kultur anzutreffen sind.4 Daraus lässt sich schließen, dass die Relevanz der Compliance-Kultur immer noch Fazit: Kultur als unterentwickelte weitreichend unterschätzt wird. Management-Agenda Praktisch gesehen, ist Kulturmanagement angewand- Kulturmanagement als Wissens- und tes Wissensmanagement und prägt die Corporate Markenmanagement Education. Sie zielt darauf ab, eine Compliance-Kultur für markengerechtes Verhalten zu etablieren, um so Aus analytischer Sicht hat es die Kultur schwer. Kultur Reputation und Markterfolge nachhaltig zu sichern. wird durch weiche Werte bestimmt. Sie gelten als Theoretisch hat sich die Tugendethik, die als Zeige »weich« (z. B. Zustimmung, Akzeptanz), weil sie sich fingermoral lange Zeit belächelt wurde, in eine personenübergreifend nicht ohne Weiteres messen krisenrelevante Diskursethik verwandelt. Längst hat lassen. sich Kultur zu einer Marktchance für viele Unterneh- men entwickelt, etwa mit dem Erfolgspotenzial von Unterschieden werden zentral zwei Ebenen der nachhaltigen Positionierungen im Changemanage- Unternehmenskultur: die Tiefenstruktur als hand- ment oder mit der Kursentwicklung ethischer Geld lungsprägende Ebene (Conceptas: Werte, Normen, anlagen. Einstellungen) sowie die Oberflächenstruktur, die von Unternehmensexternen beobachtbar ist (Perceptas). Wenn die Tiefenstruktur als handlungsprägender Rah- men der Oberflächenstruktur arbeitet, dann muss das Verhaltensmanagement dort ansetzen. Kultur ist dann das Management gemeinsamen und angewandten Wissens.5 Wenn Unternehmensgründer, Inhaber bzw. Führungskräfte mit ihrem Verhalten die Unterneh- menskultur prägen (Führungskultur), ist das Kultur management nicht delegationsfähig. Um die Kultur 3 Cheng, Joey T. et al. (2000): Overconfidence Is Contagious, Harvard Business Review 4 Herget, J. / Strobl, H. (2018): Unternehmenskultur – Worüber reden wir?, in: Herget, J. / Strobl, H. (Hrsg.), Unternehmenskultur in der Praxis, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 3 –18 5 Schein, E. P. / Schein, P. (2016): Organizational Culture and Leadership, Verlag Franz Vahlen München, John Wiley & Sons, Hoboken 12 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Rainer Krumm ist Managementtrainer, Berater und Autor. Er gilt als einer der erfahrensten Berater für wertorientierte Veränderungsprozesse und Kulturtransformationen. Mit seinem Team bei der axiocon GmbH unterstützt er Unternehmen verschiedenster Branchen im Wandel. Kontakt: www.axiocon.de Unternehmenskultur ist mehr als Purpose! Autor: Rainer Krumm Der Begriff Unternehmenskultur ist in aller Munde und der Begriff Purpose wird oft als Allheilmittel verherrlicht. 94 Prozent der Geschäftsführer halten Unter nehmenskultur für einen wichtigen Erfolgsfaktor. Doch was genau versteht man eigentlich darunter? Wie unterscheidet sich die Kultur erfolgreicher von der weniger erfolgreicher Unternehmen? Welche Rolle spielen Werte und Purpose – aber auch andere Gestaltungselemente einer Organisation? Wie können Herausforderungen und Chancen erkannt und Veränderungen durchgeführt wer- den, um ein Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen? Spätestens seit Simon Sinek seinen Golden Circle er- folgreich vermarktete und jüngere Generationen das Thema »Purpose« fast blaupausenhaft einfordern, müssen sich Entscheidungsträger auch mit diesem Thema beschäftigen. Veränderungen gab es schon immer, aber aktuell auf vielen Ebenen und wesentlich schneller als früher. Der Fachkräftemangel war lang angedeutet – nun schlägt er elementar zu und Firmen kämpfen um die Gewinnung und Bindung von Mit arbeitenden. Die jüngeren Generationen sind ja nicht genetisch anders, aber sie werden in anderen Zeiten zu Arbeitnehmenden und sie haben im Vergleich zur Generation der aktuellen Vorstände und Geschäfts- führenden, die meist der Babyboomer-Generation angehören, viel mehr Auswahl und Freiheit bei der Arbeitsplatzwahl. Das macht es Entscheidungsträgern nicht einfacher. Audit Committee Quarterly I/2022 13 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Schwerpunkt Unternehmenskultur Purpose allein reicht nicht Wichtig dabei ist jedoch, dass dies nicht nur »sinnhaft« im Sinne von Nachhaltigkeit oder Ökologie ist, sondern Wie kann man eine Unternehmenskultur erreichen, für den Menschen selbst Sinn macht – oder anders die attraktiv für Arbeitnehmende – auch im Sinne des formuliert, es muss passen. Hierbei kommen nun Purpose ist? Werte ins Spiel. Es gilt, sich Gedanken zu machen, was einem selbst wichtig ist und ob diese Werte mit Corporate Purpose ist der höhere Zweck bzw. der Sinn denen des Unternehmens übereinstimmen. einer wirtschaftlichen Organisation oder eines Unter- nehmens, der über die Gewinnorientierung hinaus- Langzeitstudien von Collin / Porras zeigen klar, dass geht. Diese Sinnorientierung spielt eben bei vielen rfolgreiche Unternehmen einerseits offen sind für e Menschen der neuen Generation, die in ein Unterneh- Wandel und Fortschritt, andererseits aber auch einen men kommen, eine viel größere Rolle als bei den Vor- festen Kern an Werten haben. Diese Werte dürfen gängergenerationen. aber keine Lippenbekenntnisse sein, sondern müssen • Nachhaltigkeit • Verantwortung für die Zukunft des Lebens • Handeln • Unternehmerische Verantwortung für die Gemeinschaft • Kollektive Intuition • Individualität • Selbstreflexion • Multiperspektivität • Kooperation • Kreativität 7-S-Modell • Toleranz, • Persönliche Entwicklung • Harmonie • Eigenverantwortung • Konsens • Dialog • Partizipation • Leistung • Prestige • Verantwortung • Recht und Gesetz • Status • Schuld und Unschuld • Karriereorientierung • Loyalität • Wettbewerb • Ordnung • Kontrolle • Geduld • Durchsetzungsvermögen • Macht • Ansehen • Tradition • Aggression • Blutsverwandtschaft • Stärke • Brauchtum • Dominanz • Heimat • Rituale • Respekt von Tabus • Überleben • Schutz • Wärme, • Sichern der Grundbedürfnisse www.9levels.de 14 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
regelrecht im Unternehmen erlebbar sein. Sicher ken- In den 70er-Jahren fragten sich Thomas J. Peters und nen alle den Spruch: »Der Fisch stinkt vom Kopf!« Die Robert H. Waterman, warum sich Organisationen Unternehmensführung oder auch die Unternehmens- zwar in ihrem Aufbau und ihrer Strategie grundsätzlich eigner sind hier in ihrer Vorbildrolle unabdingbar. Karl sehr ähneln, aber damit sehr unterschiedlichen Erfolg Valentin prägte den Satz: »Vergessen Sie Erziehung – haben. Sie erklärten sich dies damit, dass es neben Kinder machen eh alles nach!« Und dieser Satz ist pro- »harten« Faktoren wie Strategie und Struktur auch blemlos auf Werte in Unternehmen übertragbar. Ein in erfolgskritische »weiche« Elemente wie Fähigkeiten Gold gerahmter und von allen Seiten unterschriebener und Werte gibt. Zwar sind diese schwerer zu erfassen, Unternehmenswert ist noch lange kein Erfolgsgarant aber nicht weniger wichtig für das Gesamtergebnis. für einen Werteprozess. Entsprechend dieser Erkenntnis definierten sie sieben Kernvariablen, die für die Gestaltung von Unternehmen Purpose ist wichtig – Werte prägen jedoch stärker das wesentlich sind: erlebbare Verhalten und das Denken. Daher sollte gerade in den aktuellen Zeiten der schnellen Verän • Strategy (Strategie) derungen, starken Marktverschiebungen und des nun eintretenden Fachkräftemangels ein Werteprozess • Structure (Struktur) vorangetrieben werden. Werteorientierte (Unterneh- mens-)Führung ist hier der richtige Begriff. Je nach • Systems (Tools) aktueller Unternehmenskultur muss dies ein Top- down-, Bottom-up- oder ein hybrider Prozess der • Shared Values (Werte) werteorientierten Organisationsentwicklung sein, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Ein sehr etabliertes • Style (Führung) Modell der Wertemessung ist das Modell der neun Levels of Value Systems, mit denen man das softe • Skills (Fähigkeiten) Thema Werte greifbar und messbar machen und einen klar zu erkennenden Entwicklungsweg beschreiten • Staff (Mitarbeiter) kann. Purpose-Orientierung wird direkt torpediert, wenn die Die 9 Levels sind diagnostische Analysetools, die sieben Gestaltungselemente nicht dazu passen. Hier basierend auf der Forschung von Clare W. Graves ist die Unternehmensführung gefragt, alle Elemente Wertesysteme von Einzelpersonen, Teams und ganzen auszurichten, damit sie zum Sinn / Purpose passen. Der Organisationen sicht- und damit nutzbar machen. Sie Werteprozess ist ein wichtiger Bestandteil davon. Oft ermöglichen es, ein neues Bewusstsein für Werte zu wird Kooperation und Teamarbeit gewünscht, aber schaffen und wirksame Maßnahmen für zielgerichtete weder die Struktur noch die Prozesse oder das Bezahl- Veränderung in zahlreichen Anwendungsfeldern zu system unterstützen kooperative Verhaltensweisen. identifizieren. Das Kernproblem ist: Märkte verändern sich, Kunden- Das Wissen um diese Wertesysteme ist daher von bedürfnisse und Anforderungen sind nicht mehr die unschätzbarem Wert für jeden, der Unternehmenskul- gleichen, neue Generationen suchen andere Arbeitsbe- tur entwickeln will. Es ermöglicht ein ganz neues Ver- dingungen und Jobmodelle. Vorstände und Geschäfts- ständnis von Passung und Entwicklung – und zeigt führer unterstehen einem Leidensdruck, das Unter- klare Richtungen und Impulse auf, um Veränderungen nehmen und seine Kultur verbessern zu müssen, weil ganz pragmatisch, aber hochwirksam anzustoßen und sich der einstige Erfolg verflüchtigt hat. Zusätzlich zu begleiten. kommen viele Unternehmen mit den veränderten Bedingungen nicht mehr klar. Dabei wird oft versucht, neue Probleme mit alten Lösungswegen zu meistern – Werte müssen zum Purpose passen das funktioniert größtenteils nicht. Den Entscheidern fehlt es jedoch häufig an einem grundlegenden Ver- Wer Organisationsentwicklung nicht nur als softe ständnis der eigenen Unternehmenskultur und gleich- Disziplin versteht, sondern Unternehmen langfristig zeitig an Ansatzpunkten zur Veränderung dieser. Denn zukunftsfähig aufstellen will, muss sich die sieben Unternehmenskultur beruht auf gemeinsamen Über- Gestaltungselemente (7-S-Modell) von Organisatio- zeugungen, die vom Teilzeitpraktikanten bis zum Top- nen genauer anschauen: Diese sind die Stellhebel, um management geteilt werden sollten. Unternehmenskulturen zu verändern. Die Zeit ist reif für neue SINN-hafte und WERT-volle Lösungswege! – Und das ist ganz klar Chefsache! Audit Committee Quarterly I/2022 15 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Schwerpunkt Unternehmenskultur Sandra Freimuth verantwortet nach Stationen als persönliche Referentin des Finanzvorstands der Siemens AG und im Ministerbüro des bayeri- schen Finanzministers seit 2014 den Bereich Kommunikation & Marketing, seit 2017 außerdem den Bereich Organisationsentwicklung & Talent Management bei der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Weiterhin ist die ehemalige Lehrerin innerhalb ihres Ressorts auch für die Investoren betreuung zuständig und in dieser Funktion A nsprechpartnerin für alle Belange des Eigen tümers Fosun International. Culture and strategy eat breakfast together Autorin: Sandra Freimuth Culture eats strategy for breakfast – ein Gassenhauer, welcher dem ameri- kanischen Ökonomen Peter Drucker zugeschrieben wird, hat sich schon vielfach bewahrheitet. Kultur wird hier als der Strategie überlegener Erfolgs- faktor wirtschaftlichen Erfolgs dargestellt. Die Suche nach Objektivierung dauert nicht lang – exemplarisch sei hier nur ein repräsentatives Ergebnis eines Forschungsprojekts des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zitiert: »Über eine Regressionsanalyse konnte dann gezeigt werden, dass die einzelnen Aspekte der Unternehmenskultur in Kombination bis zu 31 Prozent des finanziellen Unternehmenserfolgs erklären können. […] Insgesamt kann statistisch gezeigt werden, dass die Unternehmenskultur und das damit verbundene Mitarbeiterengagement einen sehr bedeut samen Einfluss auf den finanziellen Unternehmenserfolg haben.«1 Mittler- weile ist der Forschungsstand zum Einfluss der Unternehmenskultur hinreichend breit, wenngleich beim Schlagwort Unternehmenskultur nach wie vor ein gediegenes Maß an Wohlfühlfaktor durchschimmert. 1 Hauser, F., Schubert, A., Aicher, M., Fischer, L., Wegera, K., Erne, C., Böth, I. (2008): Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland: Abschlussbericht Forschungsprojekt Nr. 18/ 05: ein Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Berlin: Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Psychonomics AG; Universität Köln, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie; Great Place to Work Institute; abrufbar unter https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-265713 16 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Unternehmenskultur als Transport Veränderungsbereitschaft und mittel der Strategie Gestaltungsfreiraum als Erfolgs Aber: Kultur ist letztlich kein weicher Aspekt, der aus faktoren einer einzelnen Abteilung heraus abseits des Business Besonders sichtbar, messbar und erfolgskritisch wird wissend geformt und in schönen Manifesten verord- der Faktor Kultur bei Fusionen – also Situationen, in net werden kann. Wir verstehen sie vielmehr als denen man sich der eigenen Kultur durch das Auf einen anderen Aggregatzustand der Strategie, einandertreffen mit bzw. die Spiegelung in der eines die somit durch das Management auf Struktur, anderen Unternehmens besonders bewusst wird und Prozess, Anreizsystem und Alltag in der Organi- diese sich verändern muss. Bei nicht wenigen Fusio- sation bezogen und verhaltensrelevant gemacht nen wird ein Scheitern auf kulturelle Differenzen wird. Unternehmenskultur ist das Transportmittel geschoben – bei gleichzeitig perfekt ausgearbeiteter der Strategie – ist die Kultur agil, auf Innovation Unternehmensstrategie und strammem Businessplan. angelegt und umsetzungsstark, wird die Strategie Aber: »Auch bei sehr unterschiedlichen und selbst bei schnell und erfolgreich umgesetzt, was sich in geradezu polaren Kulturen kommt es bei gut geführ- den Geschäftszahlen niederschlägt. ten Integrationen selten zu unüberbrückbaren Kultur- konflikten, während bei schlecht gemanagten Integra- tionen auch zwischen ähnlichen Kulturen massive Reibungen und Konflikte entstehen.«2 Besonders notwendig ist aber gerade bei Fusionen die Veränderungsbereitschaft, die in der kritischen Situation Fusion mit Veränderungsnotwendigkeit konfrontiert wird – und dies scheint nach unserer Erfahrung der Schlüssel für den erfolgreichen Beitrag der Unternehmenskultur zum Geschäfts- erfolg zu sein. 2 Berner, W. (2017): Systemische Post-Merger-Integration. Dem Culture Clash zuvorkommen und Unternehmenskulturen wirklich integrieren, Stuttgart Audit Committee Quarterly I/2022 17 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Schwerpunkt Unternehmenskultur In den vergangenen Jahren war unser Haus, Hauck Kultur speist sich aus wirtschaft Aufhäuser Lampe Privatbank AG, in verschiedener lichem Erfolg Dimension gefordert, die eigene Kultur zu hinterfragen bzw. zu transformieren. Bereits bei der 2016 erfolgten Maßgeblich ist der notwendige – auch finanzielle – Übernahme durch Fosun International, unseren chine- Spielraum. Hier wiederum wirken sich der Unterneh- sischen Eigentümer, begegneten sich interkulturelle menserfolg und auch der Raum, den die Unterneh- Unterschiede wie auch organisationsspezifisch be- mensstrategie zulässt, positiv auf die Gestaltungs- dingte Differenzen – ein chinesisches Private Equity- möglichkeiten der Unternehmenskultur aus. Denn Unternehmen trifft auf eine deutsche Privatbank. Die Mitarbeiterengagement speist sich nachweisbar da Impulse und Freiheitsgrade, auch in Form von Venture raus, welche Entwicklungsmöglichkeiten, u. a. in Form Capital, die wir von unserem Eigentümer empfingen, von Fortbildungen, vor allem aber hinsichtlich des eige- haben unserem Haus außerordentlich gutgetan. Ins- nen Gestaltungsspielraums, gegeben werden – und besondere hinsichtlich des Innovationsmanagements dies erfordert bekanntermaßen gezielte Investition. und des Mutes, neue Geschäftsideen umzusetzen, gaben uns die Erwartungen unserer neuen Eigen »Kultur entsteht als Reaktion auf die herrschenden tümer den entscheidenden Spin, insbesondere durch Verhältnisse«3 und hat damit eine Art dienende Funk- die – mit innovationszuträglicher Incentivierung unter- tion: Sie soll den Mitarbeitenden ein produktives mauerte – Ermutigung, Ideen einzubringen und neue Umfeld schaffen und die richtigen Bedingungen für Produkte zu entwickeln. Es traf also Veränderungs- die optimale Leistungsfähigkeit des Unternehmens bereitschaft bzw. die Erkenntnis, dass nur die ermöglichen. Zudem kann das Unternehmen Kultur Veränderung zum Erfolg führt, auf viel Gestal- nicht fest- und nicht vorschreiben, sondern den Rah- tungsraum. men vorgeben und durch Strukturen, System und vor allem Freiheitsgrade die Wahrscheinlichkeit erhöhen, Nicht nur die Erfahrungen des Eigentümerwechsels, dass diese Kultur gelebt wird. sondern auch die der ersten Übernahme verschiedener Einheiten der Privatbank Sal. Oppenheim 2017 / 2018 Kultur ist also kein Selbstzweck – sie muss der zeigen, dass sich Kulturen positiv beeinflussen kön- Umsetzung der Strategie und dem Unterneh- nen. Der Eigentümerwechsel brach mit dem Kontrast menserfolg dienen, speist sich aber gleichzeitig der Kulturen Schranken im Kopf auf, der Zuwachs in auch aus dessen wirtschaftlichen Erfolgen. Denn Luxemburg wiederum brachte uns einen Talentpool auch diese Wirkrichtung ist denkbar: »Nicht zwingend mit vielen weiteren ambitionierten Kolleginnen und trägt eine positive Kultur zu unternehmerischem Erfolg Kollegen, die uns kulturell sehr ähnlich waren – jeweils bei, sondern umgekehrt […] hat der Unternehmens ein Glücksfall in Gestalt von Motivation und neuen erfolg einen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung Ideen. Entscheidend aus Unternehmenssteue- der Unternehmenskultur in Unternehmen.«4 Auch die- rungssicht ist hier, den Freiraum, den richtigen sen Befund können wir aus der Praxis bestätigen: Rahmen für gute Arbeit und auch die Mittel zu Erfolg macht Freude, die geteilt werden möchte und geben – und die Erkenntnis, dass die Veränderung Energie, Dynamik und Wirksamkeitsüberzeugungen Positives mit sich bringt. freisetzt. Und vielleicht sollte Peter Druckers Zitat dann eher lauten: Culture and strategy eat breakfast Bei der vor Kurzem erfolgten Übernahme von Bank- together – und das Frühstück ist bekanntermaßen die haus Lampe haben wir nun erneut die Chance, uns wichtigste Mahlzeit des Tages. kulturell weiterzuentwickeln. Die durchgeführte Cultu- ral Due Diligence zeigt, dass sich die Kulturen beider Häuser durchaus ähnlich sind. Die identifizierten Gaps zwischen gemessener Ist- und angestrebter Zielkultur ermöglichen nun, geeignete Maßnahmen abzuleiten, um diese zu erreichen. Ziel ist es nun, ein gemeinsa- mes Verständnis der Gestaltungsrichtung entlang unserer Strategie zu definieren und nun allen Kollegin- nen und Kollegen gemeinsam die optimalen Rahmen- bedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie zu bieten. 3 Kühl, St., Muster J. (2018): Kulturveränderung in Organisationen. So geht Wandel (nicht), managerSeminare, Heft 242, Mai 4 Scholz, Ch., Eisenbeis, U. (2009): Unternehmenskultur und Unternehmens- erfolg. Bericht zum Projekt »Betriebsvergleich Unternehmenskultur«, Saarbrücken 18 Audit Committee Quarterly I/2022 © 2022 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und einem Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
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