HPJ - Hamburger Polizei Journal Nr. 2
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Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 HPJ UMGANG MIT PRESSEVERTRETERN Polizeipressesprecherin Sandra Levgrün im Interview
Z A H L D E S M O N AT 971 Beförderungen 2021 – sowohl Verwaltungs- als auch Vollzugsbeamtinnen und -beamte Quelle: PERS 22 und PERS 322 160 128 x A7 x A8 131 x A9 m.D. 1 x A9 g.D. 153 367 x A10 x A11 23 x A12 6 x A13 1 x A14 1 x A15 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 2
EDITORIAL LIEBE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN, mittlerweile gehört es zum gelebten Alltag, dass Medienvertreterinnen und Medien- vertreter Polizeiarbeit mit ihren Smartphones aufnehmen, Filmsequenzen ins Inter- net stellen und im Netz kontrovers diskutieren. Unsere Demokratie setzt auf die grundgesetzlich verankerte Presse- und Meinungsfreiheit. Es ist genuine Aufgabe der Medien, die Menschen über Ereignisse – die von öffentlichem Interesse sind – zu informieren. Neben der Informationsfunktion haben Me- dien eine Kontrollfunktion und tragen zur Meinungsbildung bei. Sie entscheiden in eigener Verantwortung, in welchem Umfang und in welcher Form sie über ein Ereignis berichten. Im Polizeialltag kann es zu Situationen kommen, die zu einem Spannungsfeld zwischen journalistischer und polizeilicher Tätigkeit führen. Die eine Seite fühlt sich durch die jeweils andere bei der Arbeit behindert. Dabei sollten beide Seiten von einem gegensei- tigen Verständnis für die jeweilige Aufgabe der anderen ausgehen. | Foto: Polizei Hamburg Die journalistische Tätigkeit findet dort ihre Grenzen, wo sie Ret- tungsarbeiten behindert, Spuren vernichtet, Amtshandlungen stört oder taktische Maßnahmen offenlegt. Gehen Sie gewohnt souverän Ihrer Arbeit nach und zeigen Sie Verständnis für die Bedeutung der Pressearbeit. Direkte Gespräche und ein offener Austausch sind erfahrungsgemäß am besten geeignet, um Missverständnissen mit Journalistinnen und Journalisten vorzubeugen. Dabei sollten Möglichkeiten und Grenzen offen erör- tert werden. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen sind es, die jeden Tag die Sicher- heit und Grundwerte unserer offenen, pluralistischen Gesellschaft schützen! | Ihr Ralf Martin Meyer Polizeipräsident HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 3
I N H A LT INTERVIE W DIE STORY DEINES LEBENS PÖAL‘in – Wir sind keine Jörn Sucharski – Sprachen . . . . . . 42 Geschmackspolizei . . . . . . . . . 05 IM GESPR ÄCH INTERN Führung im Dialog . . . . . . . . . . . 10 PERS 23 – Alles auf Funk . . . . . . . . . . . . . 12 digitales Gesundheitsangebot . . . . 14 Unterstützung vom Polizeiverein . . . 16 Projekt ERVEA . . . . . . . . . . . . 15 Beschwerdemanagement . . . . . . .22 PLV – Ein Jahr Corona . . . . . . . . 18 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit . . .26 Was macht eigentlich... . . . . . . . 21 Chefs lesen Kindern vor . . . . . . . .27 Dienstgruppe Krad . . . . . . . . . . 24 WSP 61 – Security first . . . . . . . .38 IM BILD Projekt SMISneo . . . . . . . . . . . 40 Nur mal eben kurz . . . . . . . . . . .32 Elbstone . . . . . . . . . . . . . . . .37 A K -T U E L L Und dann war da noch . . . . . . . . 44 Wie Corona die Bildungswelt verändert . . . . . . . . . . . . . . . 28 PERSONALIEN ITK – Mit der Welt im Dialog . . . . . 34 In stillem Gedenken . . . . . . . . . 46 Projekt Campus - Spatenstich . . . . .43 Impressum . . . . . . . . . . . . . . 46 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 4
T I T E LT H E M A POLIZEIPRESSESPRECHERIN SA N D R A L E VG R Ü N I M G E S P R ÄC H „WIR SIND KEINE GESCHMACKSPOLIZEI!“ HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 5 | Foto: Polizei Hamburg
T I T E LT H E M A Vor etwas über einem Jahr übernahm Sandra Levgrün als erste Frau die Leitung der Polizeipressestelle. Von einer Eingewöhnung in ihr Amt konnte kaum die Rede sein. Vielfältige Herausforderungen ließen nicht lange auf sich warten: Die Corona-Pandemie, die Diskussionen über angeblich strukturellen Rassis- mus bei der Polizei und nicht zuletzt die Entscheidungen des Deutschen Presse- rates zu Medienberichterstattungen, die an den Grundsätzen einer fairen Be- richterstattung rütteln. Darüber hinaus wird in diesem Kontext von den Kolle- ginnen und Kollegen häufiger die Frage aufgeworfen, was Medienvertreter eigentlich dürfen und was nicht. Sechs praxisnahe Fragen an Sandra Levgrün. HPJ – Medienvertreter kommen häufig an den Einsatzort und erfragen nicht nur Informationen, sondern nehmen auch Bilder oder Videos von uns als Polizeibe- amte bzw. dem Einsatzgeschehen auf. Was ist erlaubt, was nicht? Sandra Levgrün – Wir sind hier im Presserecht, welches grund- rechtlich geschützt ist. Aber auch für Pressevertreter gilt das Kunsturhebergesetz, welches Vorgaben dazu gibt, in welchen Fällen eine Veröffentlichung von Bildern zulässig bzw. unzulässig ist. Das Kunsturhebergesetz regelt hingegen nichts zu der Frage der Aufnahme von Bildern, hier greift unter Umständen das Allge- meine Persönlichkeitsrecht, das sogenannte Recht am eigenen Bild. Pressevertretern wird aber wegen der Pressefreiheit zugebil- ligt, Aufnahmen zu fertigen, weil davon auszugehen ist, dass eine Veröffentlichung nur unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen | Foto: Polizei Hamburg erfolgt. Das heißt für uns: Die Aufnahmen, die Pressevertreter am Ein- INFO satzort machen, sind erst einmal in Ordnung. Spannend wird es Journalisten, die ihrer Tätigkeit bei der Veröffentlichung. hauptberuflich nachgehen, ha- ben in der Regel einen Pres- Denn grundsätzlich braucht es für jede Veröffentlichung eine seausweis, der nach Aufforde- Einwilligung. ABER: Wenn die Kollegin bzw. der Kollege als „Bei- rung durch die Kolleginnen und werk“ der Berichterstattung oder als relative Person der Zeitge- Kollegen von den Journalisten schichte zu sehen ist, dürfen die Bilder veröffentlicht werden. Und vorgezeigt werden muss. Auf das ist meistens der Fall. der Rückseite ist das Holo- gramm des Presserates und die ZWEI BESPIELE Unterschrift des Vorsitzenden der Bundesinnenministerkonfe- • Pressevertreter filmen beispielsweise das Hamburger Rathaus, renz abgebildet. neben dem ein Kollege des PK 14 bei der Dienstausübung zu sehen ist. Der Kollege ist hier als „Beiwerk“ neben einem Gebäude zu sehen. Somit dürfen die Journalisten den Kollegen aufnehmen und die Aufnahmen veröffentlichen. HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 6
T I T E LT H E M A | Foto: Polizei Hamburg • Im Rahmen eines Einsatzes wie beispielsweise eines Tötungsdeliktes in einem Mehrfamilienhaus sind Kolleginnen und Kollegen am Einsatzort zu sehen. Die Journa- listen nehmen sie auf dem Weg vom und zum Einsatzort, in der Absperrung, beim Ein- und Ausgehen aus dem Haus oder bei der Spurensicherung etc. auf. In dem Mo- ment sind sie relative Personen der Zeitgeschichte. Eine Einwilligung zur Veröffentli- chung ist nicht erforderlich. Eine Grenze ist erst dann überschritten, wenn die Presse Porträtaufnahmen ohne er- kennbaren Bezug zum jeweiligen Ereignis veröffentlicht. Dann wiederum ist eine Ein- willigung erforderlich. HPJ – Und was darf ich den Pressevertretern vor Ort dann sagen? Sandra Levgrün – Ihr dürft den Medienvertretern gegenüber alles das mitteilen, was ohnehin jeder sehen kann. Also beispielsweise: „Hier ist es zu einem Verkehrsunfall gekommen. Es sind zwei beteiligte Fahrzeuge. Einer der Beteiligten kommt jetzt mit einem RTW in ein Krankenhaus.“ Was man nicht machen sollte, ist eine Bewertung des Sachverhalts über mögliche Hintergründe oder Ursachen vorzunehmen. Wer unsi- cher ist, kann gerne an unsere Pressestelle verweisen. Wir sind 24/7 über den Lage- dienst (66055) erreichbar. HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 7
T I T E LT H E M A HPJ – Was gilt es bei Absperrungen von Unfall- oder Tatorten zu beachten? Wie weit dürfen wir sie heranlassen? Sandra Levgrün – Einsatztaktisch kann es Sinn machen, zwei Absperrlinien einzurichten: eine für den Bürger, eine weitere für die Medienver- treter. Ich werbe immer dafür, auf die Journa- listen zuzugehen, mit ihnen zu sprechen. Befragt sie nach ihrem Namen, für welches Medium sie arbeiten, über ihr Vorhaben, bzw. wie ihr sie unterstützen könnt. Ignoranz und Verbote helfen nicht. Sie gehen – wie wir – einfach am gleichen | Foto: Matteo Groppo / AdobeStock.com Einsatzort ihrer Arbeit nach. Es gibt nur einige wenige Gründe den Medienvertretern ihre Arbeit zu untersagen, nämlich, wenn sie • Rettungswege behindern oder Amtshandlungen stören, • sich selbst einer Gefahr aussetzen oder • die Gefahr besteht, dass über taktische Maßnahmen berichtet wird. Sollte es dazu kommen, dass taktische Maßnahmen aufgenommen werden, sind bitte die Personalien und das Medium, für die der Journalist tätig ist, festzustellen. Wir als Pressestelle werden das Gespräch mit den verantwortlichen Personen der Chefredak- tion suchen, um die Veröffentlichung zu verhindern. Die meisten Journalisten sind uns bekannt. Eine Sicherstellung der Kamera oder des Handys kann im Ausnahmefall in Betracht kommen, wenn es sich um einen unbekannten Medienvertreter handelt und es um derart relevante Polizeitaktik geht, die zwingend nicht veröffentlicht werden darf. Eine kurzfristige Klärung über PÖA ist also in jedem Fall sinnvoll. HPJ – Dürfen wir Decken oder Planen als Sichtschutz hochhalten, um den Ein- satz- bzw. Tatort vor Schaulustigen und Medienvertretern zu schützen? Sandra Levgrün – Ja, das dürft ihr. Und wenn Schaulustige am Einsatzort sind, ist es sogar eure Aufgabe, die Persönlichkeitsrechte zu schützen, wenn beispielsweise ge- rade jemand von einer RTW-Besatzung medizinisch versorgt wird. Wenn wir es allerdings ausschließlich mit Journalisten am Einsatzort zu tun haben, dann braucht ihr keine Decken hochzuhalten, denn dann liegt die Verantwortung, die Persönlichkeitsrechte zu schützen bei den Redaktionen. Sie nehmen letztlich die Be- wertung für eine Veröffentlichung ihrer Aufnahmen vor. HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 8
T I T E LT H E M A Gelegentlich mag es für uns als Polizei in mancherlei Hinsicht moralisch und ethisch fraglich sein, welche Art von Bildern die Journalisten am Einsatzort fertigen. Aber eine Bewertung dessen ist nicht unsere Aufgabe. Wir sind keine Geschmackspolizei. Es muss uns nicht gefallen. HPJ – Hast Du generell noch Tipps zum Umgang mit Medienvertretern? Sandra Levgrün – Letztlich sind die Dialoge mit den Journalisten sehr wichtig – nicht nur, weil sie ein Recht darauf haben, umfassend informiert zu werden. Wir legen sehr großen Wert darauf, einen professionellen Umgang mit den Medienvertretern in dieser Stadt zu pflegen. Jede Kollegin und jeder Kollege repräsentiert am Einsatzort die Polizei Hamburg. Unser freundliches Auftreten hat multiplizierende Wirkung auf die Journa- listen. Betrachtet sie also nicht als euren Feind, sondern als jemanden, der am gleichen Einsatzort wie ihr seinem Job nachgeht. HPJ – Seit über einem Jahr bist Du nun Pressesprecherin der Polizei Hamburg. Dein Resümee… Sandra Levgrün – Es macht wahnsinnig viel Spaß – meistens jedenfalls (lacht). Die Medienwelt befindet sich in einem großen Umbruch. Das Online-Geschäft und die sozialen Netzwerke bekommen einen immer größeren Stellenwert. Diesen Weg mitzu- gehen und zu gestalten, ist für uns als Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eine große Herausforderung. Crossmediale Kommunikation – nach innen, nach außen und auf den verschiedensten Plattformen – hat dabei eine besonders hohe Priorität bekommen. Immer wieder in den Dialog zu treten, Meinungen und Sichtweisen mit unterschied- lichen Akteuren auszutauschen und dabei das Beste für die Polizei Hamburg und vor allem für die Kolleginnen und Kollegen herauszuholen, das ist für mich das Maß aller Dinge. Und ich habe dabei ein tolles Team um mich herum, auf das ich mich zu 100 % verlas- sen kann. Was will man mehr? Vielen Dank für das Gespräch. | Vicky Baustian PÖA 2 L as s m a l drübe r re de n! Ve ran t wort ung Mo t i v at io n Re s s o u rce n Bürge r näh e Pe rs o n a l Fürs orge Fürs orge Te am HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 9
IPM E RGSEOSNPA RLÄIC EHN FÜHRUNG IM DIALOG WERTSCHÄTZENDE FÜHRUNG AUF DISTANZ HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 10 | Foto: bignai / Adobe Stock.com
IM GESPR ÄCH Abstand ist das Gebot der Stunde. Nach längerer (Corona-) Pause startete An- fang Februar ein virtuelles Treffen von Führungskräften der Polizei Hamburg, zu dem Polizeipräsident Ralf Martin Meyer eingeladen hatte. Dör t Das Motto der Gesprächsrunde: Wertschätzende Führung auf Distanz. Was eM bedeuten die veränderten Arbeitsabläufe für die Zusammenarbeit und wie aa funktioniert Führung in diesem Kontext? Wo liegen die Herausforde- ck rungen und Chancen? IM MITTELPUNKT DIESER VERANSTALTUNG STANDEN DREI VORTRAGENDE Dörte Maack – sie ist freiberufliche Rednerin und Moderatorin. Mit ihrer eigenen bewegenden Geschichte, in der extreme Veränderungen eine Schlüssel- rolle spielten, sagt sie: „Wertschätzung ist in erster Linie eine Frage der Herzens- und Geisteshaltung. Wer seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wertschätzt, ist auch ohne Tools fähig, wertschätzend zu führen. Wer dagegen seine Mitar- e beiterinnen und Mitarbeiter geringschätzt, den werden alle Tools der s au Welt nicht befähigen, wertschätzend zu führen. Hier gilt: A fool with a ia n K r tool is still a fool.” ba s t Sebastian Krause – er ist Stabsleiter am PK 42. In seiner Masterar- Se beit befasste er sich eingehend mit „Generationengerechte Füh- Yvon rung in der Polizei Hamburg“. Er ist zu dem Ergebnis gekom- n C men, dass Personalführung auf Distanz sehr anstrengend und ar zeitaufwendig ist und Führungskräfte dem mehr Raum geben st e sollten. n s en Yvonn Carstensen - sie ist Leiterin der Personalabteilung der Polizei Hamburg. Sie reflektierte mit ihrer langjährigen Erfahrung in verschie- denen Behörden die Themenfelder Organisationsentwicklung, Führung und Zusammenarbeit. Yvonn Carstensen sagt, dass moderne Führung zeitgemäße Strukturen benötigt: digital und organisatorisch. „Führungskräfte benötigen Zeit für Führung, Unterstützung und Gestaltungsfreiheit. Im Mittelpunkt steht: Den WERT der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu SCHÄTZEN! UND sie für das Erreichen der Orga- nisationsziele in den Mittelpunkt des Führungshandelns zu stellen!“ Zur Lebendigkeit dieser Veranstaltung trugen die zahlreichen Anmerkungen und Kom- mentare der Führungskräfte via Skype-Kommentarleiste bei, die Moderatorin und Diplompädagogin Stephanie Rahmann vom Institut für Führungskompetenz (IFK) der Akademie der Polizei, dankend aufgriff und den Vortragenden zur Diskussion stellte. Fortsetzung folgt. L as s m a l drübe r re de n! | Vicky Baustian PÖA 2 Führ ung Führ ung Führ ung Führ ung Führ ung Führ ung Führ ung Führ ung HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 11
IM GESPR ÄCH Mit einem handsignierten Bild bedankte sich das H&M-Team beim PK 43 für die großartige und unkomplizierte Unterstützung. V.l.n.r. Kristina Wagner, BFS Franziska Kreutner, LKA 17, Franziska Schümann, WDG und Malte Adebahr, WDG | Bernd Kies, PK 43 DIEBSTAHLSSERIE IN BERGEDO R F AU F G E K L Ä RT „ALLES AUF FUNK… ... das H&M-Handy klingelt.“ Frühjahr 2020. Die Läden sind noch geöffnet. Menschen strömen in die Geschäfte und gehen shoppen – so auch in der H&M-Filiale in Bergedorf. Irgendwann werden die Verkäuferinnen auf mehrere Frauen und Männer aufmerksam und stutzen. Immer und immer wieder suchen die gleichen Personen (in unterschiedlicher Konstellation) das Geschäft auf. Mehrere Tage und Wochen, über das ganze Jahr verteilt. Sie spähen die Filiale und das Umfeld regelrecht aus, verwickeln das Personal in Gespräche und gau- keln Handy-Telefonate vor. Erste Fehlmengen im Warenbestand werden festgestellt. Ablenkungsmanöver: Die Frauen und Männer stromern mit angeblicher Kaufabsicht durch die Verkaufsregale. Hin und wieder kaufen sie günstige Ware für unter 10 Euro ein, während Komplizen originalverpackte Kinderbekleidung in Einkaufstaschen ver- stauen und flugs das Geschäft verlassen – das Auslösen der Alarmanlage wird wohl- HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 12
IM GESPR ÄCH wissend in Kauf genommen. Die mutmaßlichen Täter arbeiten mit Alufolie präparierten „Klautaschen“, die im Eingangsbereich zur Abholung bereitgestellt und von einem „Läufer“ im Eiltempo abgeholt werden. Besonders delikat: Eine mutmaßliche Tätergruppierung „tarnt“ sich mit einem Roll- stuhlfahrer; schiebt ihn im Geschäft vor sich her. Ein am Rollstuhl präparierter Seesack brachte entwendete Kinderbekleidung im Wert von über 500 Euro zum Vorschein. Ermittlungen: Wie sich letztlich durch kriminalpolizeiliche Ermittlungen herausstellte, agierten drei unabhängig voneinander tätige Gruppierungen über ein dreiviertel Jahr in der Filiale. Sie hatten es in großem Stil auf Kinderbekleidung abgesehen. Mehrere zehntausend Euro Schaden stehen im Raum! Allen Gruppierungen ist die professio- nelle, arbeitsteilige Arbeitsweise gemein. Gegenüber dem angestellten Personal gin- gen die mutmaßlichen Täter durch Gestik und Mimik so offensiv vor, dass sich die Angestellten oftmals bedroht und eingeschüchtert fühlten. Selbst die hauseigenen Ladendetektive hatten durch die Ablenkungsmanöver erhebliche Schwierigkeiten die Täter auf frischer Tat festzunehmen. Der Plan: Die Filialleitung tüftelte mit dem PK 43 und LKA 172 einen Plan aus, der so simpel wie effektiv war: Sobald die Angestellten jemanden aus den Tätergruppie- rungen erkannten, riefen sie auf einem eigens für H&M eingerichteten und am Polizei- kommissariat hinterlegten Handy an. In Windeseile rückten alle zur Verfügung stehen- den Kräfte aus. Die Rufnummer war an allen Kassen und Personalräumen hinterlegt. Vier Einsätze wurden über das Handy ausgelöst. Speziell: Teilweise kam kein richtiges Telefonat mit den Kolleginnen und Kollegen zustande, da die Mitarbeitenden so verängstigt waren, dass sie Angst hatten, von den Tätern beim Telefonieren gesehen zu werden. In einem Fall richtete eine Täterin be- drohlich ihren Zeigefinger auf eine Mitarbeiterin, als sie auf dem hinterlegten Handy anrief. Die Kräfte waren jedoch innerhalb von zwei Minuten vor Ort und konnten die Täterin antreffen. Ende gut alles gut: Mit vereinten Kräften stellte sich dann relativ zügig der Erfolg ein. Viele Mitarbeitende des PK 43 trugen dazu bei: Kolleginnen und Kollegen aus allen Wachdienstgruppen, die Zivilfahnder, der Präsenzdienst und die BFS. Die Bilanz lässt sich sehen und das Wichtigste: Die Angestellten fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz wieder sicher und gehen gern zur Arbeit. Bilanz: Zwei vorläufige Festnahmen, elf Identitätsfeststellung mit ED-1 Bildern, neun Hausverbote, sechs niedrigschwellige Ansprachen, sieben Taten mit Tatzeiträumen wurden durch Vernehmungen so ermittelt, dass man sie den einzelnen Gruppierungen konkret zuordnen kann. Diese Diebstahlsserie ist beendet! | Vicky Baustian PÖA 2 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 13
INTERN d - n g esu i b ´ a l e o t e“ e t b „Bl digi sange h e it s u nd Ge | Foto: tippapatt/AdobeStock.com PERS 23 – GESUNDHEITSANGE BOTE MACH MIT, BLEIB FIT! Schon im vergangenen Jahr musste der Gesundheitstag coronabedingt ausfal- len und auch in diesem Jahr zeichnet sich nicht ab, dass die Veranstaltung rund um Sport, Ernährung und Wohlbefinden wie gewohnt stattfinden kann. Wie gut, dass bereits im letzten Jahr das Programm auf „digitale Füße“ gestellt wurde. Das Team von PERS 23 hat sich verschiedener Themenfelder digital angenommen. Von videoangeleiteten Bewegungsangeboten über Entspannungsübungen bis zum Ernährungscoaching wird alles angeboten. Über das ganze Jahr hinweg werden immer wieder neue Inhalte im IntraPol eingestellt, die sich wunderbar in den Alltag integrie- ren lassen. Und das Beste: Das Log-in ist nicht nur über das Intranet möglich, sondern auch über einen geschlossenen Bereich im Internet! Die Daten hierzu und das aktuelle Angebot findet ihr im IntraPol, Stichwort „Gesundheitstage digital“. | Julia Krahmer PÖA 2 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 14
RUBRIK PERSONALIEN PROJEKT ERVEA SERIE TEIL 3: ELDORADO 2.0 | Foto: Maksim Kabakou / AdobeStock.com ELDORADO 2.0 – Elektronische Dokumentenverwaltung mit teraDOC Analoge Akten in der Verwaltung werden durch eine elektronische Aktenfüh- rung abgelöst. Das hat viele Vorteile: • die Vorgänge sind zeitnah in der elektronischen Verwaltungsakte verfügbar • revisionssichere Dokumentation • bei Einsatz von HIM Workflow zur Entscheidungsfindung steht eine medienbruch- freie Bearbeitung bis hin zur Veraktung zur Verfügung • schnelles Finden von abgelegten Vorgängen mittels Volltextsuche, auch wenn man das Aktenzeichen nicht parat hat • in der Akte kann jederzeit recherchiert werden, unabhängig von Öffnungszeiten der Registratur • die Akten stehen jederzeit ortsunabhängig zur Verfügung • dieselbe Akte kann zur selben Zeit von mehreren Anwendern angesehen werden Schnell und bequem auf Verwaltungsakten zugreifen! Die Zentralregistratur ist schon voll im Thema und auf die neue Zeit vorbereitet. Das Projekt ERVEA ist mit allen OE im Gespräch und zentrale Ansprechpartner für die Einführung sind bereits benannt. Gemeinsam mit der Zentralregistratur werden wir ELDORADO 2.0 in zehn Wellen in der Polizei ausrollen. Ihr wollt mehr wissen? Schaut im IntraPol (unter „Zusammenarbeit & Projekte/Projekt ERVEA“) vorbei und überlegt schon mal, was für Euch in Eurer Welle wichtig ist. | Projekt ERVEA | Julia Krahmer PÖA 2 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 15
IM GESPR ÄCH | Foto: Vicky Baustian, PÖA 2 UNTERSTÜTZUNG VOM POLIZEI V EREI N NOCH EINMAL GUT GEGANGEN! Zivilfahnderin Sandra und ihr Kollege Bert erreichen als Erste den Kleingartenver- ein in Hamburg-Alsterdorf, als „Michel“ den Einsatz „Einbrecher am Werk“ durchgibt. Es hämmert und knackt, der Lichtschein des Bewegungsmelders schaltet sich mehrfach an und aus. Die beiden Zivilfahnder schleichen sich an die Parzelle heran und sehen einen kräftig gebauten Mann am Gebäude hantieren. Plötzlich geht alles sehr schnell: Der Verdächtige lässt kurzerhand von seinem Vorhaben ab, übersteigt eine Gartenpforte und sieht dabei die Kollegin, die sich gerade hinter einer Hecke versteckt hält. “Halt, Polizei, stehenbleiben“, schreit die 42-Jährige ihn an. Doch der mutmaßliche Täter fackelt nicht und schlägt ihr ein Winkeleisen über den Schädel – sie sackt zu Boden. Erneut schlägt er auf die am Boden liegende Beamtin ein. Die beiden offen-klaffenden und blutenden Kopfplatzwunden bemerkt sie zunächst nicht. Auch auf den Kollegen schlägt der mutmaßliche Täter unvermittelt ein. Mittels Pfefferspray wehrt er weitere Angriffe gegen sich ab und wird lediglich leicht an der Hand verletzt. Er wird von beiden noch kurzfristig – leider erfolglos – verfolgt, jedoch kurze Zeit später durch Einsatzkräfte festgenommen. Er kommt ins Untersuchungsgefängnis. In einem persönlichen Gespräch erkundigte sich Polizeipräsident Ralf Martin Meyer bei der Kollegin nach ihrem Gesundheitszustand und übergab ihr einen Gruß vom Polizei- verein – 500 Euro sollen ihr bei der Genesung behilflich sein. Die zwei Wunden wurden geklebt und mit fünf Stichen genäht. | Vicky Baustian PÖA 2 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 16
ZU HILFE! Hilferufe einer Frau. Als Anita und Mike einen verdächtigen Mann überprüfen wollen, schlägt dieser sofort zu, unvermittelt, brutal und immer wieder. Er attackiert die Kollegin und den Kollegen durch Tritte, Schläge und sogar mittels Tür des zivilen FuStw. Die Folgen: Sehnenriss, Unterleibsverletzungen und Prellungen. Das Ergebnis: Vorläufige Dienstunfähigkeit beider Kollegen und dicke Kratzer im Lack des Guten Glaubens an die Menschheit. Der Täter flieht zunächst, kann aber später durch Ermittlungen festgenommen werden und landet in Untersuchungshaft. Mangels finanzi- eller Möglichkeiten werden die verletzten Kollegen auf eine Entschädigungen aber laaaa- ange warten müssen – wenn überhaupt. Durch Angebote der Psychosozialen Notfallver- sorgung kann der Dienstherr helfen. Und der Polizeiverein hilft beiden durch eine finanzi- elle Zuwendung. Diese überreichte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer zusammen mit Genesungswünschen gern. Auch von unserer Seite: Gute Besserung – in jedem Sinn. | Nici Müller PÖA 2 L as s m a l drübe r re de n! Fürs orge Fürs orge Fürs orge Fürs orge Fürs orge Fürs orge Fürs orge Fürs orge HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 17
I NETRESRONN A L I E N P POL IZEIVIZEPRÄSIDENT MORTE N ST R U V E I M KU R Z I N T E RV I EW EIN JAHR CORONA | Foto: Polizei Hamburg „Corona und kein Ende?!“ – So lautete der Titel der HPJ-Ausgabe 3/20. Heute, gut ein Jahr später, können und müssen wir das ? streichen: Kein Ende. Doch wie war das vergangene Jahr? Wo stehen wir und was haben wir noch vor uns? Polizeivizepräsident Morten Struve plaudert beim virtuellen Kaffee aus dem Nähkästchen. HPJ – Herr Struve, vor gut einem Jahr brach die „Welle Corona“ über uns alle herein und hält uns seitdem in Atem. Wie war das letzte Jahr? Morten Struve – Dynamisch und anstrengend! Als PF der BAO Corona war und ist es meine Aufgabe, permanent für die Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter der BAO, sowie für die Behördenleitung und den Krisenstab der BIS ansprechbar zu sein, Prozesse einzuleiten, Absprachen zu treffen. Phasenweise war die BAO 24/7 besetzt. Auch jetzt arbeiten wir noch mit Rufbereit- schaften und liefern auch übers Wochenende Lageberichte an den Krisenstab. Es galt zu Beginn der Pandemie nicht nur, für die Einhaltung der EVO Sorge zu tragen, sondern es ging auch insbesondere darum, uns intern so aufstellen, dass wir dabei für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den bestmöglichen Infektionsschutz gewährleisten. Der schnelle Aufbau und die Inbetriebnahme der Teststrecken war ein großer Schritt zum zügigen Erkennen von Erkrankungen an Covid, der Verhinderung von Infektions- ketten und weiteren Erkrankungen sowie der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Polizei. Unsere Infektionszahlen zeigen weiterhin, dass wir uns hier absolut vorbildlich verhal- ten. Auch an dieser Stelle können wir zu Recht sehr stolz auf uns sein! HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 18
INTERN HPJ – Wo stehen wir heute? Morten Struve – Aktuell versuchen wir nach wie vor in der Stadt und intern die Aus- wirkungen der Pandemie bestmöglich zu bekämpfen und die Infektionszahlen zu redu- zieren. Zum Glück konnten nach Weihnachten deutschlandweit die ersten Impfungen in den Alten- und Pflegeeinrichtungen durchgeführt werden. Mittlerweile verfügt auch bei uns in der Polizei mehr als die Hälfte unseres Personals zumindest über eine Er- stimpfung. Parallel werden Strategien zur Selbsttestung entwickelt. HPJ – Die Pandemie bringt Licht und Schatten – auch für den Polizeiapparat. Was haben wir in den letzten Monaten geschafft, was haben wir vielleicht noch vor uns? Morten Struve – Vermutlich hätten wir es ohne die Pandemie in vielen Bereichen einfach nicht für möglich gehalten, dass Homeoffice nicht nur umsetzbar ist, sondern CORONA IN ZAHLEN 6.156 CA. 1.244.775 AUSGEGEBENE MASKEN Stoffmasken 147.775 GEIMPFTE KOLLEGEN OP-Masken 677.000 Stand: 28.03.2021 FFP | KN95 | CPA 147.775 11.643 TESTUNGEN Antigen 6.768 PCR 4.875 381 ERKRANKTE BEDIENSTETE Stand: 28.03.2021 Stand: 28.03.2021 CORONA-EINSÄTZE 37 ANPASSUNGEN 34.955 CA 1.700 ZUSÄTZLICHE GERÄTE davon 31.072 Owis DER EVO FÜR MOBILES ARBEITEN 11.04.2020 – 28.03.2021 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 19
INTERN auch gut funktionieren kann. Besprechungen werden nicht mehr zwingend in Präsenz, sondern einfach und unkompliziert über Skype durchgeführt. Für die Akademie ist die aktuelle Situation besonders schwierig, da die Aus- und Fortbildung mittlerweile fast ausschließlich digital durchgeführt werden muss. Für die Vermittlung von Polizei- und Schießtraining bestehen strenge Hygienekonzepte. Ich hoffe, dass die Sozialisierung, die eigentlich bereits zu Beginn der Ausbildung oder des Studiums erfolgt, das entstehende Gemeinschaftsgefühl und der spürbare Zusammenhalt, welche wesentliche Bestandteile unseres Berufes sind, schnell im Praktikum bzw. an den Verwendungsdienststellen erfolgen und für unsere Nach- wuchskräfte spürbar werden. HPJ – Wenn Sie jetzt noch eine Herzensangelegenheit loswerden können, dann...? Morten Struve – Mein Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen der Polizei, den Voll- zugskräften, den Kräften in Stäben und Verwaltungen. Jeder trägt an seinem Platz dazu bei, dass wir eine geringe Anzahl an Erkrankungen innerhalb der Polizei haben. Jeder von Ihnen nimmt unter persönlichen Risiken tagtäglich seine Aufgaben, so un- terschiedlich sie auch in Gänze sind, zur Erfüllung unseres Auftrages wahr. Dafür noch einmal mein ausdrücklicher Dank und meine Anerkennung! Ich wünsche mir, dass die Impfungen schnell voranschreiten und wir langsam über Ausweitung der Lockerungen in unser normales Leben zurückkehren können, dass wir es schaffen, die positiven Dinge in die Zeit danach zu überführen und insbesondere wünsche ich mir, dass wir alle gesund bleiben. Vielen Dank! | Julia Krahmer PÖA 2 Bullshit-Bingo Mist, Du musst dein Mikro Wo gehen wir denn heute Ich glaub´ ja ich hatte Maske vergessen! einschalten! mal spazieren? es schon. Ich will nicht jammern, Gibt schon wieder kein Die Jogginghose kann ich Wenn das alles vorbei ist, uns geht eigentlich gut. Klopapier!?! noch mal anziehen. dann... In jeder Krise liegt ja Och nee, online auch Wollen wir heute mal auch eine Chance. ausverkauft! das Essen bestellen? Könnt ihr mich hören? Heute wieder kein home- Wir haben so viel Ausnahmsweise! workout geschafft, Ich will wieder ins Büro! nachzuholen… vielleicht morgen. HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 20
INTERN WAS MACHT EIGENTLICH... ... DAS POLIZEIORCHESTER? In Corona-Zeiten fällt das Musizieren vor Publikum nahezu aus. Und Übenübenüben ist für die Berufsmusikerinnen und -musiker des Hamburger Polizeiorchesters auch nicht das, was ihnen das Herz aufgehen lässt. Vereinzelt – und zwar im doppelten Wortsinn – absolviert das Polizeiorche- ster Auftritte, zum Beispiel für die Akademie der Polizei bei Vereidigungen, beim Polizeigottesdienst oder mit Solokonzerten in Altenheimen. Darüber sind die Mitglie- der heilfroh. Und die Stadt Hamburg ist froh, dass die Kolleginnen und Kollegen darüber hinaus Unterstützung zur Corona-Kontaktverfolgung beim Gesundheitsamt | Foto: Polizei Hamburg leisten. … DAS VERANSTALTUNGSTEAM? Immer in Verbindung gebracht mit der Polizeishow – organisatorisch und als Darsteller – sowie mit den sonst so zahlreichen anderen Veranstaltungen, Pressekonferenzen oder Symposien, fristet das Veranstaltungsteam derzeit ein Dasein unter dem Radar. Fernab der Bretter, die ihnen die Welt bedeuten, organisieren sie nun zusätzlich noch ganz andere Dinge. Dank des Teams ist es unter anderem möglich, dass ein immer größer werdender Teil der Kolleginnen und Kollegen von den neuen Arbeitsplatz-PC im Homeoffice profitieren kann: Das Veranstaltungsteam hilft IT u. a. im Projekt B.A.S.I.S. 10 fleißig bei der Ausgabe der Notebooks und der nächsten Charge iPhones. Schließlich kennen sie sich in Organisation und Lagerlogistik be- stens aus. | Nici Müller PÖA 2 AUSSERDEM… ... unterstützt die Polizei durch kurzfristige (< 6 Monate) Abordnungen den Krisenstab des Amts für Innere Ver- waltung und Planung der BIS. Weiter unterstützt eine | Foto: Polizei Hamburg Bedienstete bei der Bearbeitung von Anträgen zur Corona-Soforthilfe in der Hamburgischen Investitions- und Förderbank. L as s m a l drübe r re de n! Te am Te am Te am Te am Te am Te am Te am Te am HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 21
IM GESPR ÄCH BMDA: VERHALTEN IN MESSEN G E R D I E N ST E N SEX, DRUGS AND DISZI | Foto: Forenius und Andreas Prott / AdobeStock.com Ob WhatsApp, Threema, Telegram oder ein anderer Anbieter der Wahl – Grup- penchats in Messengerdiensten sind manchmal wie ein Abend in einer zwie- lichtigen Hamburger Kneipe: Alle sitzen im Schummerlicht der „eigenen Blase“, es gibt (schlechte) Witze auf Kosten anderer, der eine trollt, die andere heult und irgendwann werden Geschlechtsteile gezeigt – wenn auch vielleicht nicht immer die eigenen. Unsere Chatgruppen sind ein geschützter digitaler Raum für soziale Interaktion, persönliche Bindungen und den Gruppenzusammenhalt. Doch immer häu- figer fallen Chats – auch innerhalb von Sicherheitsbe- hörden – negativ auf. Zu leicht ist die Versuchung, zu schnell wischen die Finger über das Display, weil Beschwerdemanagement/ das Handy als ständiger Wegbegleiter stets griffbe- Disziplinarangelegenheiten reit ist. Hinzu kommt die soziale Dynamik und nach POLIZEI HAMBURG dem virtuellen Kräftemessen à la „Einen hab´ ich noch!“ ist es plötzlich wie der Lagerkoller „damals im Ferienlager“: Es wird unter der Gütellinie gestritten, geflirtet und gewitzelt und dann läuft irgendwie alles aus dem Ruder. HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 22
IM GESPR ÄCH Am Ende haben Chatinhalte schlimmstenfalls strafrechtliche oder dienstrechtliche Konsequenzen. Was geht eigentlich und was geht eben nicht in Messengergruppen? Wir haben Regeln für den Straßenverkehr, die Kommasetzung und im Sport – dringend Zeit für eine Messenger-Etikette! Ein gängiger Spruch in der Funkausbildung: „Denken, drücken, sprechen“. Für die Kommunikation in Messengergruppen wichtiger denn je. Denn einmal gesendet ist keine Nachricht, kein Video oder Emoji je wieder vergessen. Schon ist das vermeintlich witzige Video weitergeleitet, ein Screenshot gezogen oder eine eigentlich interne Nachricht an die Öffentlichkeit gelangt. Dadurch kann nicht nur das Ansehen der Chatteilnehmenden, sondern vor allem auch das der gesamten Polizei Hamburg geschädigt werden. DO´S AND DONT´S IM CHATMITEINANDER: • An den polizeilichen Imperativ gedacht? Jeder Polizeibeamte hat sich stets so zu verhalten, als ob von ihm jeweils ganz allein und ganz persönlich das Ansehen und die Wirksamkeit der Polizei abhängt – dienstlich und privat! • Chatgruppen sind kein rechtsfreier Raum! Gegen Nachrichteninhalte sollte rechtlich – und auch dienstrechtlich – nichts einzuwenden sein. • Netiquette beachten! Im besten Fall wird deine mündliche Unterhaltung ja auch nicht weggebiept oder teilausgeblendet, also: Respekt ja, Beleidigungen nein. • Witze haben Grenzen! Sexistische und rassistische Aussagen oder abwertende Äußerungen gegenüber Minderheiten gehören weder in den Alltag noch in einen Chat – sagt neben dem gesunden Menschenverstand spätestens das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Denkt dran: Aufgrund unseres öffentlichen Dienst- verhältnisses gilt eine besondere Sensibilität in Chats. • Privatsphäre und Recht am eigenen Bild beachten! Lustig, wie der Kollege gestern auf dem vereisten Gehweg weggerutscht ist oder sich die Kollegin beim Karaoke blamiert – aber möchte das Gegenüber sich so im Gruppenchat wiederfinden? • VS-NfD bleibt auch VS-NfD! Vertrauliche Daten und Informationen haben in einem Chat nichts verloren. • Mitgehangen, mitgefangen. Äußerungen Einzelner können auf alle Chatteilnehmer zurückfallen und ein Schweigen zu zweifelhaften Äußerungen womöglich als Zustimmung interpretiert werden. Ihr seid euch nicht ganz sicher „Was geht – und was geht eben nicht“? Das Team der neuen Beschwerdestelle hat hierzu einen Dienstunterricht „auf Tasche“ und freut sich auf euren Anruf! Und bis dahin: | Julia Krahmer PÖA 2 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 23
I NUTBERRIN R K | Fotos (6): Polizei Hamburg HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 24
INTERN DIENSTGRUPPE KRAD „I’VE BEEN LOOKING FOR FREEDOM!“ Im Herbst: Nicht ungefährlich! Im Frühling: Einfach herrlich! Aber immer: Unentbehrlich! Was wäre, wenn man sein Lieb- lingshobby und seinen Beruf zusammenbringen kann? Mo- torrad zu fahren ist Ausdruck von Freiheit und Verbunden- heit mit der Natur. Wenn man schon als Jugendlicher ein angenehmes Kribbeln auf dem Mofa empfunden hat, bietet die Polizei hier den ultimativen Job: Mitglied in der Dienst- gruppe Krad. An ihren sechs Standorten über die Stadt verteilt, bietet sie ein breites Spektrum an Aufgaben im Bereich Präsenz und Verkehr. Du hast Lust auf Flexibilität? Ein höheres Maß an Freiraum zur Dienstgestaltung gibt es kaum anderswo. Die Eigenbestimmtheit | Foto: Polizei Hamburg im täglichen Dienst ist groß, Schwerpunkte kannst du dir in der Regel selber setzen. Du willst im Team arbeiten? Bei den Großver- anstaltungen bist du Teil der „Schwarmintelligenz“ Krad-Staffel. INFO Du sorgst für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden, gewinnst besondere Eindrücke bei Staatsbesuchen und Schleusungen und BMW R1250 RT P Motor: 136 PS / 1254 ccm spulst Meilen auf den Tacho. Man kommt rum, nicht nur in ganz Gewicht: 330 kg fahrfertig Hamburg, sondern auch bei Fortbildungsveranstaltungen oder 0-100 km/h: 3,7 Sekunden Vmax: 225 km/h Übungen, z.B. auf einem Fliegerhorst. Verbrauch: 4,6-5,2 l / 100 km „Floyd“ und „Scholle“ sind schon seit Jahren dabei und lieben Noch mehr Infos findest du hier: DocID:INTRAPOL-884361773-4291 diese Freiheit. „Die Einsatzleiter wissen unsere Arbeit zu schät- zen. Besonders schön aber ist ein hohes Maß an Sympathie bei den Menschen“, so „Floyd“. Das kann „Scholle“ nur ergänzen: „Vor allem Kinder freuen sich sehr über unseren Anblick und wollen immer mal Probe- sitzen. Du hast meistens positiven Bürgerkontakt.“ Beide sind begeisterte Motorrad- fahrer und geraten ins Schwärmen, wenn sie über ihre Maschinen und die Ausrüstung reden. „Und wenn man schon als Teenager auf dem Mofa gesessen hat, dann ist die Krad-Staffel nur der natürliche Weg“, fasste „Scholle“ seinen Weg zusammen. Also schnapp dir eines der freien Kräder und schwing dich auch auf den Bock! | Nici Müller PÖA 2 L as s m a l drübe r re de n! Pe rs o n a l Pe rs o n a l Pe rs o n a l Pe rs o n a l Pe rs o n a l Pe rs o n a l Pe rs o n a l Pe rs o n a l HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 25
IM GESPR ÄCH FCK FCK P R E S SE- UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT „HATERS GONNA HATE…“ Der Drang mancher Internet-User, heit bietet, der Polizei einen virtuellen für strafrechtliche noch für disziplinar- möglichst täglich eine neue digi- Schlag versetzen zu können. rechtliche Ermittlungen. Aus dem tale Sau durchs virtuelle Dorf jagen einfachen Grund, weil professionell zu wollen, prägt seit einiger Zeit Umso wichtiger ist es, kommunikativ und rechtlich sauber gearbeitet auch den Alltag des Social Media „vor die Lage“ zu kommen. Schnellst- wurde. In diesen Fällen versucht PÖA Teams (SMT) der Polizei Hamburg. möglich gilt es Details zu einem Vor- die aufgebrachte Community durch fall herauszufinden und wie sich der eine Gegendarstellung zu überzeugen Vor allem völlig aus dem Kontext Sachverhalt aus Sicht beteiligter Kol- und polizeiliches Handeln transparent gerissene Videosequenzen sind häu- leginnen und Kollegen zugetragen zu machen. Schnelligkeit ist auch hier fig Auslöser eines „Shitstorms“, oft in hat. Haben sich Einsatzkräfte tatsäch- enorm wichtig, denn ohne Richtigstel- Verbindung mit einer Andeutung oder lich einmal falsch verhalten? Dann lung bleibt oft ein negativer Nachhall, falschen Behauptung. Die schnell müssen DIE und BMDA eingebunden der vor allem diejenigen zu bestätigen emotionalisierten Internetnutzerinnen werden – und in der Kommunikation scheint, die bereits am nächsten Tag und -nutzer hinterfragen kaum – an- nach außen wird der Fehler selbstver- der nächsten Sau hinterherjagen. ders als seriöser Journalismus. Jeder ständlich eingestanden. Mitunter ist abstrusen Behauptung, jedem noch das schwierig, da zu laufenden (DIE-) | Tobias Greve und so seltsamen „Framing“* wird Glau- Verfahren keine Auskunft gegeben Nici Müller PÖA 2 ben geschenkt. Oft schwingt ein werden darf. Meistens ist der Stein *Framing: Unterschiedliche Formulierungen spürbares Vergnügen des „Internet- des Anstoßes jedoch ganz harmlosen einer Botschaft beeinflussen das Verhalten Mobs“ mit, wenn sich die Gelegen- Ursprungs und es gibt weder Gründe eines Empfängers unterschiedlich (Wikipedia) HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 26
IM GESPR ÄCH | Foto: Polizei Hamburg CHEFS LESEN KINDERN VOR KINDER SIND CHEFSACHE Das ist seit 14 Jahren das Motto des Projekts „Chefs lesen Kindern vor“. Die Idee dahinter: Vorgesetzte und Kinder kommen zusammen und tauschen sich aus. Von (großem) Mensch zu (kleinem) Mensch. Als Polizei Hamburg sind wir bereits seit vielen Jahren eine feste Größe in diesem Projekt. Dutzende Kolleginnen und Kollegen haben in der Vergangenheit schon großen Kinderbuchhelden ihre Stimmen geliehen und saßen aufmerksamen Kindern in unseren Diensträumen gegenüber. Auch – oder eben gerade – in Corona- zeiten eine wichtige und unverzichtbare Sache. Das resümierten alle Betei- ligten, auch wenn das Zusammentreffen „nur“ per Videokonferenz stattfand. Etwa 45 Minuten verbrachten Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und fünf Kinder der Olzeborchschule in Henstedt-Ulzburg miteinander – die gefühlt kürzeste Schulstunde der Welt. Dabei waren die Drittklässler wenig zurückhaltend: „Was macht ein Polizeipräsident eigentlich so den ganzen Tag?“ „Macht das Spaß?“ Im anschließenden Gespräch gaben die Kinder ihr Wissen rund um die Polizei preis. Auch im nächsten Jahr wollen sie alle wieder mit dabei sein – vielleicht mit der einen oder dem anderen Vorgesetzten von euch als Vorleser! | Julia Krahmer PÖA 2 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 27
A K -T U E L L | Foto: .shock/AdobeStock.com | Foto: Polizei Hamburg DIGITALES LEHREN UND LERNE N A N D ER A K WIE CORONA DIE BILDUNGSWELT VERÄNDERT Ein Jahr mit Corona. Das Umschalten in den „Corona-Modus“ im Frühjahr 2020 zählte zu den größten Herausforderungen an der Akademie der Polizei (AK). Präsenzbasierte Lehrveranstaltungen mussten notgedrungen auf Online-Vorle- sungen umgestellt werden. Das HPJ berichtete bereits in der Ausgabe 3/2020 darüber. Es ist an der Zeit, erneut nachzufragen: Wie sieht es derzeit an unserer Akademie und ihrem Hochschulbereich aus? Gemeinsam mit Eike Richter, Dekan der Hochschule der Polizei, stellvertretende Aka- demieleitung und Professor für Öffentliches Recht, Dr. Nils Christian Sauer, Beauftrag- ter für Studienangelegenheiten und Professor für Psychologie, sowie Anja Borchardt, der studentischen Vertretung im Fachbereichsrat und Sprecherin des Fachschaftsrates (FSR), wirft das HPJ einen Blick hinter die Kulissen. HPJ – Herr Richter, welche Einschränkungen gibt es zurzeit noch an der Akademie? Eike Richter – Nach wie vor ist der Präsenzlehrbetrieb an unserer Hochschule, genau wie an anderen Hochschulen oder Universitäten, weitgehend ausgesetzt. Vereinzelte Ausnahmen gibt es nur für Lehrveranstaltungen mit Geheimschutz- HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 28
A K -T U E L L Inhalten und für die Berufspraxis. Außerdem bei den Prüfungen, die wir unter strengen Hygienevorgaben mit großem Aufwand vollständig durchführen können. Das sind aber nur die Einschränkungen auf dem Papier – für die jungen Menschen, die mit großer Neugierde in eine neue Lebensphase starten und dabei kaum Kontakt zu ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen haben, fehlt natürlich vor allem das Gemein- same, was eine solche Zeit besonders macht. Dieser Kontakt fehlt übrigens auch uns als Lehrpersonal. HPJ – Frau Borchardt, was bedeutet ein Studium für Sie als Berufsstarter zur jetzigen Zeit? Anja Borchardt – Vielen Studierenden fehlt das Campus-Leben. Die Studienan- fänger konnten noch gar nicht das Miteinander inklusive langer Schlangen in der Mensa zur Mittagszeit und den privaten Austausch untereinander richtig kennenlernen, da sie seit dem Semesterstart in der Onlinelehre sind. Das ist hart. Von Vorteil ist es sicherlich, dass wir Studierende uns gleich an das selbstständige Arbeiten und Organisieren gewöhnen müssen. Wir lernen von Beginn an, dass Teams nicht zwingend in einem Raum sitzen müssen, um Erfolge zu erzielen. Ein wichtiger und positiver Aspekt dieses Studiums ist sicherlich, dass wir regelmäßig unser Gehalt bekommen und die Regelstudienzeit eingehalten werden kann. Das sind sehr wichtige Komponenten, die uns Halt und Planungssicherheit geben. HPJ – Herr Prof. Dr. Sauer, was hat sich für die Lehrenden verändert und wie gehen die Studierenden mit der Online-Lehre um? Nils Christian Sauer – Die Interaktion bei virtueller Lehre ist nicht vergleichbar mit Präsenzveranstaltungen. Nachdem sich die virtuelle Kommunikation mit den Studierenden eingespielt hat, wurden immer stärker die verschiedenen digitalen Formate genutzt. Hier haben sich ganz neue – und auch kreative – Möglichkeiten aufgetan, darunter Videoaufzeichnungen, Podcasts oder interak- tive Quiz. Dadurch verändert sich natürlich auch der Arbeitsablauf der Leh- renden, denn die digitalen Formate benötigen eine stärkere Vor- und Nachbereitung. Die digitale Lehrvermittlung erfordert bei den Studierenden ein anderes Lernverhalten. Viele Studierende hatten zu Beginn noch keine eigene Strategie zum selbstständigen Lernen entwickelt, da die Lernphasen bisher klar zeitlich und räumlich strukturiert waren. Gerade für die Nutzung der digitalen Lernformate ist dies jedoch zwingend notwendig. Hier lässt sich bei den Studierenden eine tolle Entwicklung erkennen, da sie immer mehr die Vorteile des selbstständigen orts- und zeitunabhängigen Lernens erkennen und nutzen. HPJ – Frau Borchardt, fühlen sich die Studierenden von der Akademie gut mitgenommen? Anja Borchardt – Da gibt es kein homogenes Bild aus der Studie- rendenschaft. Den einen gelingt das Studieren im Homeoffice bes- HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 29
A K -T U E L L ser, den anderen eher weniger. Alle Kritik und Wünsche, die an uns herangetragen werden, nehmen wir sehr ernst und versuchen diese in Abstimmung mit dem Dekan und der Akademieleitung bestmöglich umzusetzen. Die Lehrenden nehmen sehr viel Rücksicht auf die besonderen Lernumgebungen. Sie zeigen sehr viel Verständnis und unterstützen uns Studierende sehr gewissen- haft bei Nachfragen oder Lernschwierigkeiten. HPJ – Herr Dr. Sauer, welche Herausforderungen und Chancen stellt die On- line-Lehre dar? Nils Christian Sauer – Die Bearbeitung digitaler Lernformate erfordert zu- sätzliche Selbständigkeit der Lernenden. So gewinnt die Motivation einen zunehmenden Stellenwert. Hier müssen Lehrende geeignete Lernanreize schaffen. Dabei sind besonders asynchrone Formate wichtig. Erste Evaluati- onen haben gezeigt, dass mehrstündige Online-Konferenzen hohe Konzentrati- onsanforderungen mit sich bringen und dadurch als stressig erlebt werden. Für Lehrende ist es eine weitere Herausforderung, stets alle Informationen ganz konkret und eindeutig zu vermitteln, damit bei Studierenden Klarheit über Anforde- rungen und Aufgaben herrscht. So sollte schon vor dem Start der Lehrveranstaltung über geplante Arbeitsformen, Formate und zu erbringenden Leistungen informiert werden. Material sollten immer auf gleiche Art und Weise (z.B. auf einer Online- Plattform) und frühzeitig zur Verfügung gestellt werden. Dies schränkt die Flexibilität ein, ist aber notwendig, um Verwirrung zu vermeiden. Gleichzeitig müssen die Ler- nenden online stärker zum Nachfragen animiert und motiviert werden, da sich viele Teilnehmende in Online-Konferenzen gehemmt fühlen, Fragen zu stellen. Inhalte ohne Orts- und Zeitbindung selbstständig zu erarbeiten, stellt einen großen Vorteil digitaler Lernformate dar. Ein Vorteil ist die Wiederholbarkeit, z.B. von Videos oder Podcasts. Die Möglichkeit, den eigenen Lernfortschritt konstant zu überprüfen, z.B. durch Quiz oder Online-Abfragen, ist eine weitere Chance. Solche Formate werden uns auch in Zukunft begleiten und als Ergänzung zum klassischen Präsenz- unterricht erhalten bleiben. Frau Borchardt, wie halten Sie den Kontakt zu den Kommilitonen aufrecht? Gab es auch mal mentale Krisen zu überwinden? Anja Borchardt – Viele von uns sind untereinander super vernetzt und können sich so gegenseitig unterstützen und motivieren. Ich versuche den Kontakt zu den Stu- dierenden immer „auf allen Kanälen“ aufrecht zu erhalten. Alle Studierenden ha- ben seit Oktober 2020 die Möglichkeit, über Jitsi an den Sitzungen des FSR teilzunehmen. Inzwischen haben wir uns sogar mit allen Studierendenvertre- tungen der Polizeihochschulen der anderen Bundesländer im digitalen Raum getroffen. Für andere Projekte läuft die Kommunikation über E-Mail und Handy problemlos. Auch haben wir vom FSR jetzt einen digitalen Newsletter eingerich- tet, der die Studis regelmäßig über aktuelle Akademie-Themen auf dem Lau- fenden hält. HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 30
A K -T U E L L Ich glaube, dass viele von uns mal in ein Corona-Loch gefallen sind und nicht allzu viel Motivation zum Lernen hatten. Uns als FSR wurde erzählt von größeren abgesagten Reisen, Gefühlen der Einsamkeit, bis hin zu zerbrochenen Beziehungen und dem Ab- schiednehmen von geliebten Angehörigen. Herr Richter, Sie haben das Schlusswort. Die Bildungswelt verändert sich stark und wird mehr und mehr digitaler. Wie sieht aus Ihrer Sicht eine moderne Hochschule aus? Eike Richter – Eine Digitalisierung der Bildungswelt bedeutet nicht, dass die gleichen und bisher analogen Formate nunmehr alle digital stattfinden. Das große Potenzial steckt in den Bereichen, wo wir von Vernetzung, Wissenszu- gang und -austausch sowie einer Unabhängigkeit von Zeit und Ort besonders profitieren – Online-Lernplattformen mit einem vernünftigen Austausch von Daten, gemeinsamer Dateibearbeitung, digitaler Gruppenarbeit und einem Onlinezu- gang zu Datenbanken und Literatur. Zunächst einmal müssen wir es schaffen, die Dinge umzusetzen, deren Notwendigkeit zwar bekannt war, die in der Vergangenheit aber nicht immer die höchste Priorität hatten. Die Pandemie hat gezeigt, welche Chancen die Digitalisierung uns gesellschaft- lich bietet und welchen Nachholbedarf wir insbesondere im Bildungsbereich noch haben. Das alles gilt auch für uns als Akademie und Hochschule. Hier stellen wir uns den Herausforderungen. Hochschulen sind dabei immer ein Ort mit vielen starken Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfern – daher bin ich sehr froh, dass wir noch stärker als zuvor an einem Strang ziehen, in den Gremien, in der Verwaltung und mit der Aka- demieleitung. So hat die Akademie seit kurzem einen Beauftragten für die digitale Lehre eingesetzt, der die Aus- und Fortbildung und die Hochschule unterstützen soll. In einer modernen Hochschule kommt es weniger auf einen schulisch geregelten Lehr- betrieb an, sondern auf einen klugen Mix unterschiedlicher Formate, die zu den jewei- ligen Inhalten und den unterschiedlichen Bedürfnissen der Studierenden passen – das gilt gerade für eine Hochschule der Polizei mit ihrer Praxisorientierung und ihren Spezi- fika: Ein breites Angebot an Lehrvideos, die Vorlesungen ergänzen. Ein gewisser Anteil an Lehrveranstaltungen, die auch von zuhause aus und zeitversetzt besucht werden können. Aufgabenstellungen, über die Studierende auch digital miteinander diskutieren und gemeinsam Ergebnisse er- und bearbeiten. Und für unsere Hochschule natürlich eine stärkere Verzahnung von Wissenschaft und Praxis, die etwa Schusswaffenrecht mit dem Schießtraining stärker verbindet, so wie wir es im Zuge unserer Curriculums- reform planen. Eine moderne Hochschule profitiert zudem von den Ergebnissen der Forschung ihrer Mitglieder und muss auch hierfür einen Raum bieten, damit wir nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich gut aufgestellt bleiben. Hiervon profitieren nicht nur die Studierenden, sondern die gesamte Polizei Hamburg. Und ganz klar: Auch eine moderne Hochschule lebt von der Begegnung, dem Aus- tausch, also der Präsenz ihrer Mitglieder auf dem Campus, in der Mensa, der Biblio- thek und natürlich im Hörsaal. Vielen Dank für das Gespräch. | Vicky Baustian PÖA 2 HPJ – Hamburger Polizei Journal Nr. 2 | 2021 31
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