Aufschwung weiter kräftig - Anspannungen nehmen zu

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GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

Aufschwung weiter kräftig –
Anspannungen nehmen zu

1. Lage und Prognose der                                   2016 ausgesprochen schwache Welthandel an Fahrt
                                                           (siehe Abschnitt »Zur jüngsten Beschleunigung des
Weltwirtschaft                                             Welthandels«).

ÜBERBLICK                                                  Fundamentale Faktoren beschränken den Anstieg
                                                           der Rohstoffpreise
Die Weltwirtschaft befindet sich mittlerweile in einem
Aufschwung. Besonders kräftig legte die Produktion im      Der globale Aufschwung hat auch die Rohstoffmärkte
Frühsommer zu, die Expansionsraten sind aber schon         erfasst. Die Preise sind hier ab Sommer 2016 nach
seit gut einem Jahr recht hoch, und Stimmungsindi-         dem zuvor massiven Verfall wieder etwas gestiegen.
katoren deuten auch für die zweite Jahreshälfte auf        Darin dürften sich im Wesentlichen die verbesserten
eine schwungvolle Weltkonjunktur hin. In den USA, in       Konjunkturerwartungen in der zweiten Jahreshälfte
Japan und im Euroraum steigt die Produktion deutlich       2016 widerspiegeln. Zwei Faktoren sprechen allerdings
schneller als im Trend. Dabei ist die Normalauslastung     dagegen, dass es mittelfristig zu einem weiteren deut-
der Produktionskapazitäten in Japan schon deutlich         lichen Anstieg der Rohstoffpreise kommt: Zum einen
übertroffen, in geringerem Maße auch in den USA, und       führte der jahrelange Boom der industriellen Produk-
im Euroraum dürfte sie in etwa erreicht sein. Die chi-     tion in China dazu, dass die rohstoffreichen Länder
nesische Wirtschaft ist infolge wirtschaftspolitischer     ihre Förderkapazitäten stark ausbauten. Die massi-
Anregungen wieder in einer Phase kräftiger Expansion,      ven staatlichen Stimuli für die chinesische Industrie
deren Zenit aber mittlerweile überschritten sein dürfte.   im Nachgang der Großen Rezession verstärkten diese
     Der Aufschwung in diesen großen Volkswirtschaf-       Entwicklung noch. Im Zuge der Transformation Chinas
ten hat auch die Konjunktur in den Schwellenländern        von einer industrie- zu einer mehr dienstleistungsba-
insgesamt angeregt. In Südostasien expandiert die          sierten Wirtschaft nimmt der Rohstoffhunger nun aber
Wirtschaft bereits seit Ende vergangenen Jahres recht      deutlich weniger zu. Zum zweiten wirken die in den
kräftig, und auch die Produktion in Russland ist seither   vergangenen Jahren weiterentwickelten Techniken zur
wieder aufwärts gerichtet. Zu Beginn des Jahres 2017       Förderung von Schiefergas mittels Fracking und der
setzte schließlich auch in Brasilien eine exportgetrie-    starke Ausbau entsprechender Förderkapazitäten vor
bene Erholung ein, die aber noch nicht gefestigt ist.      allem in Nordamerika wie ein Deckel auf die internatio-
     Die globale konjunkturelle Dynamik ist nicht nur      nalen Energiepreise. Die variablen Kosten der Schiefer-
stärker, sondern verwendungsseitig auch breiter als        gasförderung in Nordamerika sind zwar höher als dieje-
in den Vorjahren. Bis zum Herbst 2016 wurde die noch       nigen der konventionellen Öl- und Gasförderung etwa
insgesamt mäßige weltwirtschaftliche Erholung über-        im Nahen Osten oder in Russland. Gleichzeitig sind
wiegend vom Konsum getragen, während die Investi-          die Erstellung, temporäre Schließung und Wiederer-
tionen zumeist schwach blieben. Seit vergangenem           öffnung von Schiefergasförderstätten aber mit relativ
Winter expandieren die Investitionen nun wieder            geringem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Ent-
deutlich stärker, zumal die politischen Unsicherhei-       sprechend können Schiefergasproduzenten auf eine
ten zuletzt gesunken sind. Das beschriebene Muster         veränderte Nachfrage elastisch mit einer Anpassung
des Aufschwungs ist eher atypisch, zog doch in der         der Förderkapazitäten reagieren. Die Institute unter-
Vergangenheit nach konjunkturellen Schwächepha-            stellen für diese Prognose, dass der Ölpreis bis Ende
sen die Investitionskonjunktur in der Regel zuerst an.     2019 real konstant bleibt, also nominal nur moderat
Ein Grund für die lange Schwächephase der Investi­         auf etwa 54 Dollar pro Fass (Brent) steigt.
tionen war wohl, dass viele Unternehmen infolge der
wirtschaftlichen Krisen der jüngeren Vergangenheit         Weltweit recht geringe Dynamik von Verbraucher-
(insbesondere der Großen Rezession und der Krise im        preisen und Löhnen
Euroraum) ihre Verschuldung reduzierten und insge-
samt vorsichtiger agierten. Im Einklang mit der stärke-    Das Auslaufen der inflationsdämpfenden Effekte durch
ren Investitionskonjunktur gewann auch der bis Herbst      den massiven Ölpreisverfall zwischen Mitte 2014 und

                                                                      ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017   3
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

    Anfang 2016 sowie der anschließende Anstieg des                   monatliche Volumen ab April auf 60 Mrd. Euro (von zuvor
    Ölpreises hatten die Inflationsraten von Herbst 2016 bis          80 Mrd. Euro) reduziert. Im Jahr 2018 dürfte die EZB
    Frühjahr 2017 zwar deutlich steigen lassen, danach san-           den Umfang der Ankäufe schrittweise zurücknehmen,
    ken sie aber wieder. Die um die kurzfristigen Effekte von         wobei das Tempo des Ausstiegs langsamer sein dürfte,
    Energiepreisschwankungen bereinigten Kernraten der                als noch im Frühjahr erwartet. Für diese Prognose wird
    Verbraucherpreisinflation sind trotz der guten Konjunk-           – im Einklang mit Umfragen unter Marktteilnehmern –
    tur-und des schon recht hohen Auslastungsgrads der                unterstellt, dass die Zentralbank die Nettokäufe über
    Produktionskapazitäten sehr moderat. Im Euroraum                  einen Zeitraum von neun Monaten auslaufen lässt.
    sind die Kernraten im Einklang mit der guten Konjunktur           Eine Anhebung des Leitzinses nehmen die Institute
    von 0,9% zur Jahreswende auf 1,3% im Sommer gestie-               erst für den Verlauf des Jahres 2019 an. Denn der Euro
    gen. In den USA und in Japan sind sie hingegen im Ver-            hat infolge der guten Konjunkturnachrichten aus dem
    lauf dieses Jahres etwas gesunken. Freilich dürfte sich           Euroraum und der gesunkenen Unsicherheit nach den
    auch hier der Anstieg der Kapazitätsauslastung infolge            Wahlen in Frankreich aufgewertet, vor allem gegenüber
    des aktuellen Konjunkturaufschwungs nach und nach                 dem US-Dollar (um rund 10% seit April 2017), in gerin-
    in den Konsumentenpreisen niederschlagen. Die Infla-              gerem Umfang auch gegenüber anderen wichtigen
    tion dürfte aber alles in allem vorerst weiter moderat            Währungen. Dies dämpft die Inflation im Euroraum und
    bleiben, ebenso wie die Lohndynamik. Dämpfend auf                 wirkt dem Bestreben der EZB, die Inflationsrate in die
    die Löhne wirkt, dass derzeit vielerorts (so in Japan,            Nähe ihres Zielwertes zu bringen, zumindest kurzfristig
    im Euroraum und zuletzt auch wieder in den USA) ein               entgegen.
    wachsender Teil der Erwerbsbevölkerung einer Beschäf-
    tigung nachgehen möchte und so die steigende Nach-                Finanzpolitik in etwa neutral ausgerichtet
    frage nach Arbeit auf ein elastisches Angebot stößt.
                                                                      Von der Finanzpolitik gehen gegenwärtig nur geringe
    Geldpolitische Normalisierung verzögert sich                      Impulse aus, wenngleich sie im laufenden Jahr wohl
                                                                      etwas expansiver geworden ist. Dahinter steht der
    Nicht zuletzt wegen der für die Zentralbanken überra-             vielerorts größere finanzpolitische Spielraum. Dieser
    schend schwachen Preisdynamik, im Fall der USA auch               entsteht zum einen durch die fortgesetzte Entlastung
    wegen einer Neueinschätzung der künftigen Finanz-                 der Staatshaushalte durch die niedrigen Zinsen, da
    politik, dürfte die Geldpolitik langsamer als noch im             immer noch höher verzinsliche Altanleihen durch nied-
    Frühjahr erwartet gestrafft werden. Die US-Noten-                 rig verzinsliche Neuanleihen abgelöst werden. Zum
    bank erhöhte die Federal Funds Rate Mitte Juni zwar               anderen entspannt auch der Aufschwung temporär die
    erwartungsgemäß um weitere 0,25 Prozentpunkte, das                Lage der öffentlichen Finanzen. Die Regierungen nut-
    Zielband liegt nun zwischen 1,00 und 1,25%. Mit dem               zen Zinsentlastung und Steuermehreinnahmen, um
    nächsten Zinsschritt wird sie sich aber mehr Zeit lassen          diskretionäre Ausgaben zu erhöhen oder um Abgaben
    als noch im Sommer kommuniziert. Er dürfte erst im                zu senken, ohne eine deutliche Verschlechterung der
    Dezember erfolgen. Für die kommenden beiden Jahre                 Budgetsalden hinnehmen zu müssen. Daneben spielen
    rechnen die Institute mit wenigen weiteren Zinsschrit-            länderspezifische Entwicklungen eine Rolle.
    ten, so dass die Federal Funds Rate Ende des Jahres                    In den USA ergibt sich infolge der Hurrikan-Katas-
    2019 zwischen 2 und 2,25% liegen wird. Der kurzfristige           trophen eine Sonderbelastung der öffentlichen Haus-
    Realzins liegt dann immer noch nahe null, und die Geld-           halte. Dagegen rechnen die Institute nicht damit, dass
    politik wirkt noch nicht restriktiv.                              es der Regierung gelingen wird, für die von ihr geplante
          Ebenfalls auf einen weniger expansiven Kurs ist im          deutliche Senkung der Unternehmenssteuern im Kon-
    vergangenen Winter die chinesische Notenbank ein-                 gress eine Mehrheit zu finden.
    geschwenkt, auch um Kapitalabflüsse einzudämmen.                       Im Euroraum ist die Finanzpolitik im laufenden und
    Um den Aufbau der Verschuldung in der Wirtschaft zu               wohl auch im nächsten Jahr insgesamt leicht expansiv
    begrenzen und einer Abwertung des Yuan gegenüber                  ausgerichtet. Die britische Regierung will Belastungen
    dem US-Dollar entgegenzuwirken, dürfte der geldpo-                der Konjunktur während des Austrittsprozesses aus
    litische Expansionsgrad in den kommenden beiden                   der Europäischen Union vermeiden und mildert daher
    Jahren nach und nach weiter reduziert werden. Die                 ihren Konsolidierungskurs erheblich ab.
    japanische Notenbank hält dagegen unvermindert an                      In China wird die Finanzpolitik hingegen wohl res-
    ihrer extrem lockeren Geldpolitik fest. Angesichts der            triktiver: Die im vergangenen Jahr aufgelegten Fiskal-
    persistent niedrigen Inflation hat die Notenbank den              programme für den Industriesektor werden voraus-
    erwarteten Zeitpunkt für ein Erreichen ihres Inflations-          sichtlich im Verlauf des Prognosezeitraums nach und
    ziels von 2% zum vierten Mal in fünf Jahren verschoben,           nach reduziert werden.
    nunmehr auf das Jahr 2020.
          Das Ankaufprogramm für Staats- und Unterneh-                Ausblick: Aufschwung setzt sich fort
    mensanleihen der Europäischen Zentralbank (EZB)
    wurde im Dezember 2016 verlängert und läuft noch bis              Der globale Aufschwung dürfte sich in der zweiten
    mindestens Ende des Jahres 2017. Allerdings wurde das             Hälfte dieses Jahres mit etwas verminderter Geschwin-

4   ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

Abb. 1.1                                                                                                             Zuwachsraten gegen Ende des
Bruttoinlandsprodukt der Weltᵃ                                                                                       Prognosezeitraums allmählich
Vierteljährliche Zuwachsraten
                                                                                                                     in Richtung der Potenzialraten
       %                                                                                                             sinken werden.
 1,0                                                                                                                      Für dieses Jahr prognos-
                                                                                                                     tizieren die Institute für den
 0,8
                                                                                                                     in diesem Gutachten berück-
                                                                                                                     sichtigten Länderkreis (knapp
 0,6
                                                                                                                     90% der Weltwirtschaft) einen
 0,4                                                                                                                 Zuwachs der Produktion um
                                                                                                                     3,1%; für die Jahre 2018 und
 0,2                                                                                                                 2019 werden Expansionsra-
                                                                                                                     ten von ebenfalls 3,1% bzw.
 0,0                                                                                                                 2,9&% erwartet (vgl. Tab. 1.1).
             2012         2013           2014       2015          2016         2017       2018          2019
                                                                                                                     Im Vergleich zum Frühjahrsgut-
ᵃ Aggregat aus den in Tabelle 1.1 aufgeführten Ländern. Länder gewichtet mit
dem Bruttoinlandsprodukt von 2015 in US-Dollar.                                                                      achten haben die Institute ihre
Quelle: IWF; OECD; nationale Statistikämter; Berechnungen der Institute;                                             Prognose damit um 0,1 Pro-
ab 3. Quartal 2017: Prognose der Institute.                                                      © GD Herbst 2017
                                                                                                                     zentpunkt (2017) bzw. 0,2 Pro-
                                                                                                                     zentpunkte (2018) angehoben,
digkeit fortsetzen (vgl. Abb. 1.1). Darauf deuten Unter-                            besonders          deutlich    war die Aufwärtsrevision für den
nehmensbefragungen hin. Zwar ist die Stimmung Euroraum (vgl. Abb. 1.2). Die fortgeschrittenen Volks-
weiterhin gut, allerdings hat sie sich in den vergange- wirtschaften und die Schwellenländer werden im
nen Monaten nicht mehr wesentlich verbessert. Für Prognosezeitraum in etwa gleich große Beiträge zur
2018 und 2019 erwarten die Institute eine weiterhin globalen Expansion liefern – das geringere Gewicht
recht kräftige Expansion der Weltwirtschaft, wobei die der Schwellenländer wird durch die dort höheren
                                                                                                                     Zuwachsraten ausgeglichen.
Tab. 1.1                                                                                                             Innerhalb der Gruppe der
Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote                                                 Schwellenländer dürften sich
in der Welt                                                                                                          ein geringerer Beitrag aus China
                                          Bruttoinlandsprodukt       Verbraucherpreise      Arbeitslosenquote
                                                                                                                     (graduelle Abschwächung) und
                                                   Veränderungen gegenüber                       in Prozent          höhere Beiträge aus den ande-
                         Gewicht (BIP)
                           in Prozent                dem   Vorjahr in Prozent                                        ren Schwellenländern (zuneh-
                                            2017 2018 2019 2017 2018 2019 2017 2018 2019                             mende Erholung) die Waage
                                                                                                                     halten. Für den Welthandel
 Europa                            29,8      2,3     2,0    1,9       2,2    2,0    2,1
 EU-28                             25,1      2,3     2,0    1,8       1,7     1,7   1,8       7,7     7,3     7,0    prognostizieren die Institute
 Schweiz                             1,0     0,7     2,2    1,9       0,4     0,3   0,5       5,0     4,8     4,8    eine Zunahme um 4,2% in die-
 Norwegen                            0,6     2,0     1,9    1,9       2,0     1,8   1,9      4,4      4,1     4,2
 Türkei                              1,1     4,5     3,5    3,4     10,0     8,2    7,3                              sem Jahr, 3,6% im kommenden
 Russland                            2,0     1,5     1,7    1,6       4,4    4,2    4,0
                                                                                                                     Jahr sowie 3,3% im Jahr 2019.
 Amerika                           36,8      2,0     2,3    2,1
 USA                               27,7      2,1     2,3    2,0       1,9    2,0    2,1      4,4      4,3     4,4         In den USA hat sich das
 Kanada                              2,4     3,0     2,2    2,0       1,8    2,0    2,0      6,6      6,5     6,4    gesamtwirtschaftliche    Expan-
 Lateinamerika a                     6,7     1,3     2,1    2,5
                                                                                                                     sionstempo nach einer schwä-
 Asien                             33,4      5,1     5,0    4,7
 Japan                               6,3     1,5     1,2    0,9       0,4     0,7   0,8       2,9     2,8     2,8    cheren Phase zu Jahresbeginn
 China ohne
 Hongkong                          17,2      6,7     6,4    6,0                                                      zuletzt wieder deutlich erhöht
 Südkorea                            2,1     2,8     2,6    2,6       1,9     1,9   2,0       3,8     3,5     3,5    (vgl. Abb. 1.3). Vor allem die
 Indien                              3,2     6,3     7,5    7,3
                                                                                                                     privaten Haushalte haben ihre
 Ostasien                            4,6     4,1     4,0    3,9
 ohne Chinab                                                                                                         Nachfrage nach Waren und
 Insgesamtc                       100,0      3,1     3,1    2,9                                                      Dienstleistungen beträchtlich
 fortgeschrittene                  67,0      2,1     2,1    1,8       1,6     1,7   1,8       5,7     5,5     5,3    gesteigert. Dazu dürfte der kräf-
 Volkswirtschaftend
 Schwellenländere                  33,0      5,0     5,1    4,5                                                      tige Beschäftigungsaufbau bei-
 Nachrichtlich:                                                                                                      getragen haben, auch weil die
 Exportgewichtetf                            2,7     2,5    2,3
 Kaufkraftgewichtet    g
                                             3,6     3,6    3,4                                                      immer noch niedrige Erwerbs-
 Welthandelh                                 4,2     3,6    3,3
                                                                                                                     beteiligung für ein erhebliches
 a
   Gewichteter Durchschnitt aus Brasilien, Mexiko, Argentinien, Venezuela, Kolumbien, Chile. Gewichtet mit           ungenutztes Arbeitskräfteres-
 dem Bruttoinlandsprodukt von 2015 in US-Dollar. b Gewichteter Durchschnitt aus Indonesien, Taiwan (Provinz
 Chinas), Thailand, Malaysia, Singapur, Philippinen, Hongkong (Sonderverwaltungszone Chinas). Gewichtet mit          ervoir spricht. In dem Maße, wie
 dem Bruttoinlandsprodukt von 2015 in US-Dollar. c Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet mit dem
 Bruttoinlandsprodukt von 2015 in US-Dollar. d EU 28, Schweiz, Norwegen, USA, Kanada, Japan, Südkorea, Taiwan,       dieses ausgeschöpft wird, dürf-
 Singapur, Hongkong (Sonderverwaltungszone Chinas). e Russland, Türkei, China ohne Hongkong, Indien, Indo-
 nesien, Thailand, Malaysia, Philippinen, Lateinamerika. f Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet           ten die Löhne in den kommen-
 mit den Anteilen an der deutschen Ausfuhr 2016. g Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet mit dem
 Bruttoinlandsprodukt von 2015 zu Kaufkraftparitäten. h Warenhandel nach CPB.                                        den Jahren allmählich stärker
Quelle: IWF; Eurostat; OECD; CPB; Berechnungen der Institute; 2017 bis 2019: Prognose der Institute.                 steigen und den Stellenaufbau
                                                                                                    GD Herbst 2017   in der Folge etwas verlangsa-

                                                                                            ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017   5
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

    Abb. 1.2                                                                                   Aktuell wird die gesamtwirtschaftliche Aktivität durch
    Revision der Prognose gegenüber dem Frühjahrᵃ                                              die Auswirkungen zweier Wirbelstürme belastet. Durch
    in Prozentpunkten
                                                                                               sie wurde insbesondere die Versorgung mit Ölproduk-
                                                                    2017         2018          ten zeitweise stark beeinträchtigt, was zu einem spür-
          Welt ($-gewichtet)                                                                   baren landesweiten Anstieg der Benzinpreise geführt
    Welt (exportgewichtet)                                                                     hat und den privaten Konsum vorübergehend etwas
                                                                                               dämpfen dürfte. In der Grundtendenz wird sich der
                          USA
                                                                                               moderate Aufschwung im Prognosezeitraum aber fort-
                   Euroraum
                                                                                               setzen, vor allem die Investitionen werden angesichts
                         China                                                                 steigender Kapazitätsauslastung kräftig bleiben (vgl.
                                 -0,3 -0,2 -0,1 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5                        Tab. 1.2). Der private Konsum, der bisher die Expansion
    ᵃ Jahresdaten. Veränderung der Institutsprognosen gegenüber der Frühjahrs-GD.              maßgeblich getragen hat, dürfte hingegen nach und
    Quelle: Berechnungen der Institute.                          © GD Herbst 2017
                                                                                               nach an Schwung verlieren, auch weil die Sparquote in
                                                                                                                        jüngster Zeit auf ein recht nied-
    Abb. 1.3
                                                                                                                        riges Niveau gesunken ist und
    Reales Bruttoinlandsprodukt in den USA
    Saisonbereinigter Verlauf                                                                                           wohl wieder zunehmen wird.
          Index, 1. Quartal 2014 = 100                                                                      %
                                                                                                                        Die Ausweitung des Bruttoin-
    115                                                                                                          1,5    landsprodukts wird sich vor-
                                     laufende Rateᵃ                                                1,9%
                                     Jahresdurchschnittᵇ                            2,3%                                aussichtlich von 2,3% im Jahr
    110                              Index                          2,1%
                                                                                                                 1,0    2018 auf 1,9% im Jahr 2019
                                     2,9%        1,5%                                                                   verringern.
                                                                                                                             Die Konjunktur in Japan
    105                                                                                                          0,5
                                                                                                                        hat im bisherigen Verlauf des
                                                                                                                        Jahres an Fahrt gewonnen.
    100                                                                                                          0,0    Dabei war die Beschleunigung
                2,6%
                                                                                                                        vor allem auf binnenwirtschaft-
     95                                                                                                          -0,5   liche Verwendungskomponen-
                  2014               2015            2016              2017             2018          2019              ten zurückzuführen. Es spricht
    a Veränderung gegenüber dem Vorquartal in   %.
    b Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr.                                                                 allerdings einiges dafür, dass
    Quelle: Bureau of Economic Analysis; Berechnungen der Institute;                                                    die Expansionsrate im zweiten
    ab 3. Quartal 2017: Prognose der Institute.                                                      © GD Herbst 2017
                                                                                                                        Quartal von 0,6% gegenüber
                                                                                                                        dem Vorquartal die konjunktu-
    Tab. 1.2                                                                                   relle Grundtendenz überzeichnet. Auffällig ist der kräf-
    Eckdaten zur Wirtschaftsentwicklung in den USA                                             tige Rückgang der Sparquote, was darauf schließen
    Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent
                                                                                               lässt, dass Sonderfaktoren die Nachfrage temporär
                                                 2016       2017         2018     2019         stimuliert haben. Der Preisauftrieb auf der Verbrau-
     Reales Bruttoinlandsprodukt                   1,5        2,1          2,3      1,9        cherebene ist hartnäckig niedrig; die Rate der Kernin-
      Inländische Verwendung                       1,7        2,1          2,1      2,0        flation liegt weiterhin bei null. Obwohl sich die Kon-
       Privater Konsum                             2,7        2,7          2,3      2,1
       Staatskonsum und                            0,8        0,1          0,8      0,8        junktur deutlich belebt hat und es den Unternehmen
       -investitionen
       Private Anlageinvestitionen                 0,7        4,0          3,9      3,0        immer schwerer fällt, offene Stellen zu besetzen, ist
       Vorratsänderungena                        – 0,4      – 0,1          0,2      0,0
      Außenbeitraga                              – 0,2      – 0,2        – 0,2    – 0,2        eine Straffung der Geldpolitik vor diesem Hintergrund
       Exporte                                   – 0,3        3,2          2,9      2,8
       Importe                                     1,3        4,2          4,1      3,7        derzeit nicht absehbar. Im Prognosezeitraum wird
     Verbraucherpreise                             1,3        1,9          2,2      2,2        sich die Konjunktur voraussichtlich verlangsamen, da
                                                    in Prozent des nominalen                   die Impulse vonseiten der Finanzpolitik, die im ersten
                                                      Bruttoinlandsprodukts
     Budgetsaldob                                – 4,4     – 4,5    – 4,5   – 4,5
                                                                                               Halbjahr 2017 die Nachfrage angeregt hat, geringer
     Leistungsbilanzsaldo                        – 2,4     – 2,6    – 2,7   – 2,7              werden und die Auslandskonjunktur etwas an Dyna-
                                                 in Prozent der Erwerbspersonen                mik verliert. Auch wenn die Partizipationsquote in den
     Arbeitslosenquote                               4,9      4,4          4,3     4,4
                                                                                               vergangenen Jahren gestiegen ist, gelingt es der Politik
     a
      Wachstumsbeitrag. b Gesamtstaat, Fiskaljahr (Bund plus Bundesstaaten                     bislang nicht, durch Reformen auf der Angebotsseite in
     und Gemeinden).
                                                                                               ausreichendem Umfang Beschäftigungspotenziale frei-
    Quelle: Bureau of Economic Analysis; Bureau of Labor Statistics; 2017 und 2018:
    Prognose der Institute.                                                                    zusetzen und das Produktivitätswachstum zu stärken.
                                                                     GD Herbst 2017
                                                                                               Das Wirtschaftswachstum dürfte daher in den kom-
                                                                                               menden Jahren unter der für das Jahr 2017 erwarteten
    men. Die offenbar noch vorhandenen Spielräume auf                                          Rate in Höhe von 1,5% liegen.
    dem Arbeitsmarkt, der zuletzt wieder schwächere Preis-                                          Auf der Konjunktur in Großbritannien lasten Sor-
    auftrieb und das Ausbleiben von im Wahlkampf ange-                                         gen um die Konsequenzen des EU-Austritts. Die Expan-
    kündigten finanzpolitischen Stimulierungsmaßnah-                                           sion hat im ersten Halbjahr 2017 deutlich nachgelas-
    men dürften die Notenbank veranlassen, das Tempo                                           sen, im Wesentlichen, weil die privaten Haushalte ihre
    ihrer geldpolitischen Straffung etwas zu drosseln.                                         Nachfrage nur noch wenig ausweiteten. Zwar steigt

6   ifo Schnelldienst    19 / 2017    70. Jahrgang    12. Oktober 2017
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

die Beschäftigung weiter deutlich, dennoch sind die denn die Lohnzuwächse sind bei sinkenden und mitt-
Realeinkommen zuletzt gefallen, weil die Verbraucher­ lerweile recht niedrigen Arbeitslosenquoten hoch.
preisinflation trotz nachlassender Lohndynamik auf Die Verbraucherpreisinflation zieht zwar an, ist aber
über 2½% im Sommer 2017 gestiegen ist. Dahinter zumeist noch moderat, so dass weiter hohe Realein-
steht die deutliche Abwertung des Pfunds in den Mona- kommensgewinne anfallen. Die Geldpolitik ist nach wie
ten vor und nach dem Brexit-Referendum. Das Verar- vor expansiv ausgerichtet, und auch die Wirtschaftspo-
beitende Gewerbe profitiert zwar von einer höheren litik befeuert den Boom, sei es durch eine Erhöhung
internationalen Wettbewerbsfähigkeit, sein Anteil an der Mindestlöhne (etwa in Ungarn und Rumänien),
der Wertschöpfung ist in Großbritannien aber recht durch Steuersenkungen (insbesondere in Ungarn),
gering, und es ist in erheblichem Maße auf importierte oder durch die Erhöhung von Sozialausgaben (Polen).
Vorleistungen angewiesen. Mehr ins Gewicht fällt, dass Die Konjunkturwird im Prognosezeitraum kräftig blei-
sich die Erwartungen im Dienstleistungssektor einge- ben, wenngleich die Zuwachsraten nicht ganz so hoch
trübt haben. Von der Geldpolitik sind kaum Zinserhö- ausfallen werden wie zuletzt (vgl. Tab. 1.3). Allerdings
hungen vor Ende des Jahres 2018 zu erwarten, denn die droht eine Überhitzung der Wirtschaft, und dies könnte
Bank von England rechnet mit einer Rückkehr der Infla- die Politik rasch zu dämpfenden Maßnahmen zwingen.
tion in die Nähe des Zielwerts, wenn die Abwertungs- So hat der beschleunigte Preisanstieg in Tschechien die
effekte ausgelaufen sein werden. Die Finanzpolitik Notenbank im April zur Aufgabe der Bindung der Krone
konsolidiert in den Jahren 2017 und 2018 in wesentlich an den Euro und im August zu einem ersten Zinsschritt
geringerem Maß als in den Vorjahren. Dennoch wird die veranlasst.
britische Wirtschaft mit 1,6% im Jahr 2017 und 1,3 bzw.                      Die chinesische Wirtschaft expandierte in den
1,4% in den beiden Jahren darauf wohl nur verhalten vergangenen Quartalen kräftig. Die in der zweiten
expandieren, denn zur Kaufzurückhaltung der privaten Jahreshälfte 2016 initiierten fiskalischen Stimuli
Haushalte dürfte eine schwache Investi­tionstätigkeit wirkten der trendmäßigen Verlangsamung im Ver-
kommen, solange die mit dem Brexit verbundene arbeiteten Gewerbe entgegen. Derzeit mehren sich
Unsicherheit groß ist. Viel wird
davon abhängen, ob sich bei        Tab. 1.3
den Verhandlungen frühzeitig       Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in der
abzeichnet, dass sich die wirt-    Europäischen Union
schaftlichen     Rahmenbedin-                              Ge-      Bruttoinlandsprodukta       Verbraucherpreiseb          Arbeitslosenquotec
                                                         wicht                                                                   in Prozent
gungen in einer Übergangszeit                                                  Veränderungen gegenüber
                                                          (BIP)                 dem Vorjahr in Prozent
nach dem Austritt – wie für                             in Pro-
diese Prognose unterstellt –                              zent
                                                                   2016 2017 2018 2019 2016 2017 2018 2019 2016 2017 2018 2019
nicht abrupt ändern werden.         Deutschland            20,6      1,9   2,2   2,1 1,8      0,4     1,6     1,6    1,7   4,2     3,6    3,3    3,1
     Die Wirtschaft in den mit-     Frankreich             14,8      1,1   1,7   1,8 1,7      0,3     1,1     1,1    1,4 10,0      9,6    9,2    9,0
                                    Italien                11,1      1,0   1,5   1,3 1,1 – 0,1        1,4    1,2     1,4 11,7 11,2 10,9 10,6
tel- und osteuropäischen            Spanien                 7,4      3,3   3,1   2,5 2,1 – 0,4        2,0    1,7     1,9 19,6 17,3 15,8 14,8
                                    Niederlande             4,6      2,2   3,2   2,2 1,8      0,1     1,3    1,4     1,6   5,9     5,0    4,6    4,4
Mit­gliedsländern der Euro-         Belgien                 2,8      1,2   1,7   1,7 1,6      1,8     2,3    1,9     2,0   8,0     7,5    7,3    7,1
päischen Union expandierte          Österreich              2,3      1,6   2,7   2,4 1,8      1,0     2,0    1,8     1,9   6,1     5,4    5,1    5,0
                                    Irland                  1,7      5,1   4,4   3,2 2,8 – 0,2        0,4    1,1     1,4   7,9     6,4    5,4    4,9
zuletzt mit kräftigen Raten; so     Finnland                1,4      1,9   2,8   2,0 1,6      0,4     0,9    1,1     1,3   8,8     8,7    8,5    8,3
                                    Portugal                1,2      1,4   2,6   1,8 1,5      0,6     1,4    1,5     1,8 11,1      9,4    8,4    8,0
lag in der ersten Jahreshälfte      Griechenland            1,2      0,0   0,9   2,0 2,2      0,0     1,2    1,0     1,2 23,8 21,4 19,9 18,6
2017 die Produktion in Ungarn       Slowakei                0,5      3,3   3,1   3,3 3,2 – 0,5        1,3    1,7     2,0   9,7     7,8    7,0    6,5
                                    Luxemburg               0,4      4,2   3,3   3,4 3,4      0,1     2,1    1,8     2,0   6,4     6,0    5,9    5,7
und in Polen um mehr als 2%         Slowenien               0,3      2,7   4,6   3,0 2,8 – 0,2        1,6    1,7     1,8   7,9     7,1    6,6    6,3
                                    Litauen                 0,3      2,2   4,1   3,6 3,5      0,7     3,5    3,6     3,2   7,9    7,4     6,9    6,5
und in Tschechien sogar um          Lettland                0,2      1,3   4,7   4,0 3,8      0,1     3,2    3,4     3,7   9,6    8,6     8,0    7,5
                                    Estland                 0,1      1,7   4,8   3,5 3,1      0,8     3,6    3,9     3,8   6,9    6,3     6,5    6,7
etwa 3% über der im zweiten         Zypern                  0,1      2,9   3,4   2,5 2,4 – 1,2        0,9    1,1     1,4 12,9 11,3 10,3          9,8
Halbjahr 2016. Die tschechi-        Malta                   0,1      5,0   5,3   3,6 3,2      0,9     1,4    1,6     1,8   4,8    4,1     4,0    4,0

sche Exportwirtschaft profi-        Euroraum               71,1     1,8    2,2   2,0 1,8      0,2     1,5    1,4     1,6 10,1     9,2     8,6    8,2
                                    insgesamt
tiert noch stärker als die ande-    ohne                   50,5      2,0   2,2   2,0  1,7     0,2     1,4    1,4     1,6  12,2   11,1   10,5   10,0
                                    Deutschland
rer Länder vom Aufschwung im
                                    Großbritannien         17,5      1,8   1,6   1,3 1,4      0,7     2,6    2,5     2,2   4,9    4,4     4,6    4,8
Euroraum. Vor allem wird aber       Schweden                3,0      3,0   3,1   2,6 2,3      1,1     2,0    1,8     1,9   7,0    6,8     6,5    6,3
                                    Polen                   2,9      2,7   4,2   3,2 3,0 – 0,2        1,7    2,0     2,1   6,1    4,8     4,2    4,0
in diesem Jahr fast überall         Dänemark                1,8      1,7   2,4   2,0 1,9      0,0     1,1    1,6     1,7   6,2    5,8     5,6    5,5
wieder kräftig investiert, nicht    Tschechien              1,1      2,5   4,6   3,3 2,6      0,7     2,4    2,1     2,1   4,0    3,0     2,7    2,6
                                    Rumänien                1,1      4,8   5,5   4,0 3,6 – 1,1        1,0     2,5    2,3   6,0     5,2    5,1    5,0
zuletzt weil für die Finanzie-      Ungarn                  0,7      1,9   3,7   3,1 2,6      0,5     2,5     2,8    2,9   4,9     4,2    4,0    3,8
                                    Bulgarien               0,3      3,5   3,5   3,0 2,8 – 1,3        1,2     1,6    2,0   7,7     6,1    5,5    5,1
rung wieder mehr EU-Gelder          Kroatien                0,3      2,7   2,7   2,5 2,5 – 0,6        1,3    1,6     1,9 13,3 10,8        9,9    9,5
zur Verfügung stehen, nach-         EU-28 c               100,0      1,9   2,3   2,0 1,8      0,3     1,7    1,7     1,8   8,6     7,8    7,3    7,0
dem Probleme beim Übergang          MOE-Länderd             7,8      2,9   4,3   3,3 3,0 – 0,2        1,8    2,2     2,3   6,6     5,4    4,9    4,7
zu einem neuen mehrjährigen           a
                                        Die Zuwachsraten sind um Kalendereffekte bereinigt, außer für die Slowakei. b Harmonisierter Verbraucher-
                                                 c                 d
                                      preisindex. Standardisiert. Summe der aufgeführten Länder. Bruttoinlandsprodukt und Verbraucherpreise
EU-Budget überwunden wor-             gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 2015 in US– Dollar. Arbeitslosenquote gewichtet mit der Zahl der
                                      Erwerbspersonen von 2015. e Mittel- und osteuropäische Länder: Slowakei, Slowenien, Estland, Polen,
den sind. Schon seit längerem         Tschechien, Rumänien, Ungarn, Bulgarien, Litauen, Lettland, Kroatien.

weiten die privaten Haushalte      Quelle: Eurostat, IWF, Statistisches Bundesamt, Berechnungen der Institute; 2017 bis 2019: Prognose der Institute.
ihren Konsum deutlich aus,                                                                                                            GD Herbst 2017

                                                                                           ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017   7
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

    jedoch die Anzeichen, dass die Konjunktur ihren Zenit             kommen von der anziehenden globalen Konjunktur.
    überschritten hat. So verringerten sich die Zuwachs-              Lateinamerikanische Länder profitieren dabei traditio-
    raten bei den Investitionen, der Industrieproduktion              nell durch ihre Rohstoffexporte. Dazu trägt aktuell auch
    und den Einzelhandelsumsätzen zuletzt etwas. Die                  eine für sie vorteilhafte Entwicklung der Rohstoffpreise
    Institute erwarten, dass sich das Tempo des Produk-               bei. Die positiven Einkommenseffekte dürften im Laufe
    tionsanstiegs in den kommenden beiden Jahren all-                 der nächsten Quartale auch die binnenwirtschaftliche
    mählich weiter verringern wird. Für dieses Jahr wird              Dynamik in den einzelnen Ländern verstärken, was
    ein Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 6,7%                    eine spürbare konjunkturelle Beschleunigung im Prog­
    prognostiziert, für die Jahre 2018 und 2019 rechnen               nosezeitraum erwarten lässt. Zudem ist zu erwarten,
    die Institute mit Zuwächsen von 6,4% bzw. 6,0%. Der               dass die Finanzpolitik einen deutlich expansiveren Pfad
    Preisauftrieb wurde zu Beginn des laufenden Jah-                  einschlägt. Allerdings gibt es eine Reihe von Faktoren,
    res von fallenden Lebensmittelpreisen gedämpft.                   die die Wachstumsdynamik in der Region begrenzen: In
    Derzeit liegt die Inflation bei Werten um 1,5%. Es ist            vielen Ländern ist die private Verschuldung in den ver-
    wahrscheinlich, dass sie Anfang 2018 aufgrund von                 gangenen Jahren deutlich gestiegen. Hinzu kommt der
    Basiseffekten auf Werte zwischen 2 und 3% steigt.                 Zinsanstieg in den USA, der in lateinamerikanischen
    Während die Finanzpolitik die Wirtschaft stimulierte,             Ländern aufgrund der hohen Auslandsverschuldung
    schwenkte die Zentralbank zu Jahresbeginn auf einen               verhältnismäßig starke Auswirkungen haben dürfte.
    restriktiveren Kurs ein. Sie beabsichtigt damit, das              Vor diesem Hintergrund erwarten die Institute eine
    Kreditwachstum zu dämpfen, die Risiken im Finanz-                 Expansion der gesamtwirtschaftlichen Produktion in
    und Schattenbankensektor zu reduzieren sowie                      Lateinamerika von 2,1% bzw. 2,5% in den Jahren 2018
    Kapitalabflüsse einzudämmen und damit den Yuan                    und 2019, nach einem Zuwachs um 1,3% im laufenden
    zu stützen, der unter Abwertungsdruck geraten ist.                Jahr.
    Gleichzeitig wird versucht, den Risiken im Finanzsek-                  In Russland erholt sich die Konjunktur seit dem
    tor durch neue Regulierungen seitens der Bankenauf-               Vorjahr wieder, nachdem die gesamtwirtschaftliche
    sicht beizukommen. Die restriktivere Geldpolitik hat              Produktion 2015 zurückgegangen war. Ein wesentli-
    dazu geführt, dass die kurzfristigen Marktzinsen im               cher Grund für die Besserung ist, dass sich mit dem
    Jahresverlauf merklich gestiegen sind. Die langfris-              Ölpreis die Exporteinnahmen stabilisiert haben. Auch
    tigen Zinsen zogen dagegen nicht in gleichem Maße                 haben sich die realen Einkommen der russischen
    mit, so dass die Zinsstruktur zeitweise sogar invers              Haushalte mit der jüngsten Aufwertung des Rubels
    war. Dies deutet darauf hin, dass die chinesischen                und dem damit verbundenen deutlichen Rückgang
    Finanzmarktteilnehmer angesichts einer sowohl im                  der Inflation verbessert. Allerdings hat die russische
    internationalen als auch im zeitlichen Vergleich sehr             Zentralbank die Zinsen bislang nur vorsichtig gesenkt.
    hohen Verschuldung bei den Unternehmen und einer                  Auch dürften neue Sanktionen, die insbesondere den
    von staatlichen Impulsen gestützten konjunkturellen               Energiesektor treffen, das Tempo der konjunkturellen
    Expansion deutliche Risiken für die wirtschaftliche               Erholung verringern. Alles in allem gehen die Institute
    Entwicklung in China sehen.                                       von einer moderaten Expansion der russischen Wirt-
         Die Wirtschaft in Indien hat ein hohes Wachs­                schaft aus. Nach einer Stagnation im Vorjahr dürfte
    tumspotenzial, wird derzeit aber durch kurzfristige               die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um 1,5%
    negative Wirkungen von Reformen gebremst, mit                     und in den beiden Jahren danach nur wenig stärker
    denen die wirtschaftliche Entwicklung auf längere                 zulegen.
    Sicht gefördert werden soll. Nachdem gegen Ende des
    Jahres 2016 eine Bargeldreform durchgeführt worden                Wirtschaftspolitische Risiken haben abgenommen
    war, hat im zweiten Quartal 2017 die Einführung einer
    landesweit einheitlichen Mehrwertsteuer die Produk-               Zwar bestehen viele der in vergangenen Gemeinschafts-
    tion beeinträchtigt. Für das laufende Vierteljahr sind            diagnosen angesprochenen geopolitischen Risiken fort
    Belastungen aufgrund der in einigen Regionen katast-              und mit der Zuspitzung des Nordkoreakonflikts ist ein
    rophalen Monsunregenfälle zu erwarten, nicht zuletzt              weiteres hinzugekommen. Allerdings haben sich die
    weil sie die Ernte schmälern und die Nahrungsmittel-              wirtschaftspolitischen Risiken in den vergangenen
    preise steigen lassen. Mit Abklingen der temporären               Monaten deutlich verringert, nachdem sie noch zu
    negativen Einflüsse wird die indische Wirtschaft aber             Jahresbeginn global sehr hoch gewesen waren.1 Diese
    wieder deutlich rascher expandieren. Die Institute
    rechnen mit einem Anstieg der gesamtwirtschaft-                   1
                                                                         Vgl. hierzu den auf der Auswertung von Medienbeiträgen basie-
                                                                      renden globalen Unsicherheitsindikator von S. R. Baker, N. Bloom
    lichen Produktion in den Jahren 2018 und 2019, der                und S. J. Davis unter
    mit um 7,5 bzw. 7,3% wieder deutlich höher liegt als              www.policyuncertainty.com, der im Januar 2017 einen histori-
    in diesem Jahr (6,3%).                                            schen Höchststand erreicht hatte. Die Volatilitätsindikatoren
                                                                      an den Finanzmärkten stiegen dagegen deutlich weniger an. Die
         In Lateinamerika erholt sich die Konjunktur                  Finanzmarktteilnehmer scheinen angesichts der vergangenen Un-
    nur zögerlich, nachdem im Vorjahr die gesamtwirt-                 sicherheitskaskaden mittlerweile stärker abgehärtet gegenüber
                                                                      politischen Unabwägbarkeiten zu sein, oder ihre Risikoaversion
    schaftliche Produktion in Argentinien und in Brasilien            hat angesichts des aktuellen konjunkturellen Aufschwungs abge-
    zurückgegangen war. Deutliche Impulse für die Region              nommen.

8   ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

Entwicklung betrifft sowohl die USA als auch Europa.                          Abb. 1.4
Mittlerweile hat sich herauskristallisiert, dass in den                       Welthandel und Investitionen
                                                                              in Prozent
USA die republikanische Kongressmehrheit zum einen
sehr eigenständig gegenüber dem Präsidenten auftritt                                   %                                        Welthandel       Investitionen
und zum anderen selbst politisch stark zersplittert ist.                          6

Als Konsequenz werden die Absichten der Regierung                                 4
hinsichtlich Protektionismus, Steuerreform und Infra-                             2
strukturinvestitionen nach Einschätzung der Institute                             0
nur graduell umgesetzt. Das Ergebnis der letztendlich                         -2
ergriffenen Maßnahmen dürfte entsprechend weniger
                                                                              -4
weit vom bisherigen Status quo entfernt liegen als bis-
                                                                              -6
her erwartet.2 Des Weiteren haben Wahlniederlagen
                                                                              -8
europakritischer Parteien in einigen EU-Ländern dazu
                                                                                      2001   2003   2005   2007     2009        2011   2013     2015   2017
geführt, dass die Wahrscheinlichkeit einer politischen
                                                                              Quartalsdaten, saisonbereinigt; Veränderung gegenüber dem Vorquartal,
Destabilisierung der Europäischen Union gesunken ist.                         gleitender Dreiquartalsdurchschnitt; Investitionen: Index der Investitionen von
Auch wird es nach den jüngsten Stellungnahmen der                             47 Industrie und Schwellenländern gewichtet mit dem BIP zu Kaufkraftparitäten;
                                                                              Welthandel gemäß CPB-World Trade Monitor.
britischen Regierung nach Einschätzung der Institute                          Quelle: CPB; nationale Quellen; Berechnungen der Institute.       © GD Herbst 2017
wahrscheinlicher, dass sich der Austritt Großbritanni-
ens aus der EU mit einer ausgedehnten Übergangsfrist                          Handelsintensität bei Investitionsgütern wird die glo-
vollzieht, was abrupte Brüche vermeidet, aber auch die                        bale Investitionsschwäche als eine Ursache für den
Phase der Unsicherheit verlängert.                                            geringen Anstieg des Welthandels in den vergangenen
     Ein substantielles Risiko für die weltwirtschaft-                        Jahren angesehen.3
liche Entwicklung geht weiterhin von China aus. Die                                Besonders stark belebte sich der Außenhandel
Verschuldung im chinesischen Unternehmenssektor                               in den asiatischen Schwellenländern, der von China
ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen und                            dominiert wird.4 Die Entwicklung in dieser Länder-
liegt mittlerweile auch im internationalen Vergleich                          gruppe war wesentlich verantwortlich sowohl für die
auf einem sehr hohen Niveau. Dies wirkte zwar in der                          ausgesprochen schwache Zunahme des Welthandels
Vergangenheit stimulierend, ist aber nicht nachhaltig.                        von Mitte 2014 bis Mitte 2016 als auch für den kräf-
Je länger die chinesische Regierung mit einer Korrektur                       tigen Anstieg in jüngster Zeit (vgl. Abb. 1.5). Knapp zwei
ihrer Politik wartet, desto größer wird das Risiko eines                      Drittel des Anstiegs der Zuwachsraten seit der zweiten
krisenhaften Einbruchs.                                                       Jahreshälfte 2016 lassen sich auf höhere Importe die-
                                                                              3
                                                                                  Vgl. Kose, M.A., F. Ohnsorge, L.S. Ye und E. Islamaj, »Weakness
ZUR JÜNGSTEN BESCHLEUNIGUNG DES                                               in Investment Growth: Causes, Implications and Policy Respon-
                                                                              ses«, Policy Research Working Paper 7990, 2017, und Bussière, M.,
WELTHANDELS                                                                   G. Callegari, F. Ghironi, G. Sestieri und N. Yamano, »Estimating
                                                                              Trade Elasticities: Demand Composition and the Trade Collapse
Der Welthandel ist seit dem Herbst 2016 wieder deut-                          of 2008–2009«, American Economic Journal: Macroeconomics 5(3),
                                                                              2013, 118–151.
lich aufwärts gerichtet, nachdem er in den Jahren                             4
                                                                                  Das CPB weist den Außenhandel Chinas nicht gesondert aus.
zuvor nur schwach gestiegen und zeitweise sogar rück-                         Die Größe der chinesischen Volkswirtschaft und der hohe Gleich-
                                                                              lauf relevanter Indikatoren für China mit den CPB-Zahlen für diese
läufig gewesen war. Die Dynamik hat zwar im Frühjahr                          Region lassen aber auf die Dominanz der Entwicklung in China
2017 etwas nachgelassen, dennoch war das Volumen                              schließen.
des weltweiten internationalen
Güteraustauschs im Juni immer    Abb. 1.5
noch um knapp 5% höher als       Beiträge zur Expansion des Welthandels nach Regionen
ein Jahr zuvor.                  in Prozent
     Für die Beschleunigung des                                                    Schwellenländer ohne Asien
                                       %
Welthandels ist wohl vor allem    20                                               Asiatische Schwellenländer
die konjunkturelle Belebung       15                                               Fortgeschrittene Volkswirtschaften
der Weltwirtschaft verantwort-                                                     Insgesamt
                                  10
lich. Insbesondere verstärkte
sich die Investitionstätigkeit      5

seit Mitte 2016 weltweit erheb-     0
lich (vgl. Abb. 1.4). Angesichts   -5
der vergleichsweise hohen
                                            -10
2
   Vgl. Projektgruppe Gemeinschafts-        -15
diagnose, Aufschwung festigt sich trotz
weltwirtschaftlicher Risiken, Gemein-       -20
schaftsdiagnose Frühjahr 2017, Halle                2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
(Saale), 2017, S. 17 ff. für eine Diskus-   Quartalsdaten, preis- und saisonbereinigt.
sion der wirtschaftspolitischen Pläne       Welthandel: Importe.
der Administration Trump.                   Quelle: CPB; Berechnungen der Institute.                                                            © GD Herbst 2017

                                                                                                ifo Schnelldienst   19 / 2017    70. Jahrgang   12. Oktober 2017   9
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

     ser Region zurückführen.5 Triebkraft ist wohl die durch                 ren auch durch Staatenteilungen in Osteuropa bedingt,
     eine expansive Wirtschaftspolitik bewirkte Beschleu-                    in deren Folge bis dahin als Binnenhandel anzusehende
     nigung der Konjunktur in China gewesen.                                 Verflechtungen plötzlich als Außenhandel erfasst wur-
          Allerdings dürfte sich die wirtschaftliche Dynamik                 den. Auch die im Zuge der Exploration von Schiefergas
     in China und damit die Expansion des Handels im asia-                   gestiegene Eigenversorgung der USA mit Rohöl leistete
     tischen Raum im Prognosezeitraum wieder etwas ver-                      einen – wenn auch kleinen – Beitrag zur Verlangsamung
     langsamen. Seit einigen Jahren befindet sich die chine-                 des Welthandelswachstums.10
     sische Volkswirtschaft in einem strukturellen Wandel.                        In der Folge all dessen hat sich die Produktions­
     Der Anteil der inländischen Wertschöpfung an den chi-                   elastizität des Welthandels, die im Zusammenhang mit
     nesischen Exporten steigt bereits seit geraumer Zeit,                   der Ausweitung der globalen Wertschöpfungsketten
     was die Expansion der Importe dämpft. Hinzu kommt                       auf ein im historischen Vergleich ungewöhnlich hohes
     die Regierungsstrategie einer Abkehr von dem vom                        Niveau gestiegen war, wohl nachhaltig vermindert.11
     Export getriebenen hin zu einem stärker von der inlän-                       Alles in allem rechnen die Institute damit, dass der
     dischen Nachfrage getragenen Wachstum.6 Die Insti-                      Welthandel nach der zuletzt beobachteten, stark von
     tute rechnen damit, dass die wirtschaftspolitischen                     zyklischen Faktoren getragenen Beschleunigung in
     Anregungen in China mit der Zeit geringer werden und                    den kommenden Jahren mit etwas geringeren Raten
     die Wirtschaft dort auf einen flacheren Expansionspfad                  von rund 3½% expandiert. Er dürfte damit immer noch
     einschwenkt, der mit der Entwicklung des Produktions-                   etwas stärker zunehmen als die globale Produktion,
     potenzials, ökologischer Nachhaltigkeit und finanziel-                  gestützt von einer anhaltend regen Investitionstätig-
     ler Stabilität eher vereinbar ist.                                      keit und unter der Annahme einer nur allmählichen
          Zudem bleiben wichtige Faktoren bestehen, die                      Verlangsamung der konjunkturellen Dynamik in China.
     bewirkt haben, dass sich die Dynamik des internatio-
     nalen Warenverkehrs strukturell verlangsamt hat und                     EURORAUM IM AUFSCHWUNG
     die Produktionselastizität des Welthandels nachhaltig
     niedriger ist als in den beiden Dekaden vor der globa-                  Die Konjunktur im Euroraum hat erkennbar an Fahrt
     len Finanzkrise.7 So gehen anders als in den Jahren vor                 gewonnen, das Bruttoinlandsprodukt expandierte in
     der Finanzkrise keine Impulse mehr von der Liberali-                    den vergangenen zwölf Monaten mit Raten deutlich
     sierung des Welthandelsregimes aus, und die Integra-                    über dem Potenzialwachstum. Impulse kamen dabei
     tion von zuvor stärker abgeschotteten Ländern (China,                   sowohl vom Auslandsgeschäft als auch von der Bin-
     Osteuropa) ist weit fortgeschritten. Seit der Großen                    nenwirtschaft. Der Aufschwung ist breit aufgestellt, die
     Rezession haben sich vielmehr eher protektionistische                   Wirtschaft expandiert in nahezu allen Ländern dyna-
     Tendenzen verstärkt. Auch wenn deren quantitative                       misch (vgl. Abb. 1.6).
     Bedeutung bislang eher gering eingeschätzt wird,8                            Auch die Beschäftigung steigt im Euroraum kräf-
     stellen sie im gegenwärtigen weltpolitischen Klima ein                  tig, und die Arbeitslosigkeit sinkt. Bis zum Juli 2017
     erhebliches Risiko dar.                                                 ist die Arbeitslosenquote auf 9,1% (ohne Deutschland:
          Der Abbau von Handelshemmnissen hatte auch                         11,3%) gefallen. Dabei zeigten alle 19 Mitgliedsländer
     den Aufbau internationaler Wertschöpfungsketten                         einen rückläufigen Trend bei den Arbeitslosenzahlen.
     unterstützt. Einzelne Arbeitsschritte der Produktion                    Besonders stark war er in Spanien, wo die Arbeitslosen-
     wurden zunehmend international verlagert, um kom-                       quote innerhalb von zwölf Monaten um rund 2½ Pro-
     parative Vorteile der Länder bereits bei der Erstellung                 zentpunkte sank. Aber auch in Irland, Portugal und
     von Vorprodukten zu nutzen. Dieser Prozess der verti-                   Griechenland war der Rückgang mit knapp 2 Prozent-
     kalen Spezialisierungen ist in den vergangenen Jahren                   punkten binnen Jahresfrist erheblich. In Frankreich
     offenbar zum Stillstand gekommen, teilweise sogar                       und Italien ging die Arbeitslosigkeit hingegen bisher
     zurückgeführt worden.9                                                  nur leicht zurück.
          Hinzu kommen eher technische Gründe. So war die                         Der inländische Preisauftrieb hat sich zuletzt im
     hohe Expansion des Welthandels in den neunziger Jah-                    Einklang mit der konjunkturellen Erholung beschleu-
                                                                             nigt. Ausgehend von ihrem Tiefpunkt von 0,6% Anfang
     5
        Die Berechnung der Expansionsbeiträge erfolgt auf Basis der
                                                                             2015 stieg die Kerninflation bis August 2017 auf 1,3%.
     globalen und regionalen Importe.
     6
        Vgl. Dorrucci, E., G. Pula und D. Santabárbara, »China’s econo-      Die Verbraucherpreise insgesamt lagen zuletzt um
     mic rebalancing«, ECB Occasional Paper Series No 142, February          1,5% höher als im Vorjahresmonat, nachdem die Rate
     2013. oder Kang, J.S. und W. Liao, »Chinese Imports: What’s Be-
     hind the Slowdown?«, IMF Working Paper 16/106, 2016.                    aufgrund der Energieverteuerung zu Jahresbeginn zwi-
     7
        Vgl. Haugh, D., A. Kopoin, E. Rusticelli, D. Turner und R. Dutu,     schenzeitlich auf knapp 2% gestiegen war.
     »Cardiac Arrest or Dizzy Spell: Why is World Trade So Weak and
     What can Policy Do About It?,« OECD Economic Policy Paper No. 18,
                                                                             10
     September 2016.                                                            Vgl. RWI, Peak Trade? – Auswirkungen einer weltwirtschaftlichen
     8
        Vgl. IMF, World Economic Outlook, Chapter 2: Global Trade:           Wachstumsverlangsamung auf das Exportland Nordrhein-Westfalen,
     What’s behind the Slowdown?, Oktober 2016.                              RWI-Projektbericht, 17, RWI, Essen, 2016.
     9                                                                       11
        Vgl. Crozet, M., C. Emlinger und S. Jean, »On the gravity of world      Vgl. Gangnes, B., A.C. Ma und A. Van Assche, »Global value
     trade’s slowdown«, in: B. Hoekman, (Hrsg.), The Global Trade Slow-      chains and the trade-income relationship: Implications for the
     down: A New Normal?, Centre for Economic Policy Research (CEPR),        recent trade slowdown«, in: B. Hoekman (Hrsg), The Global Trade
     London, 2015, und EZB, »Gründe für die Schwäche des Welthan-            Slowdown: A New Normal?, Centre for Economic Policy Research
     dels«, Wirtschaftsbericht (3), 2015, 37–47.                             (CEPR), London, 2015.

10   ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

Abb. 1.6                                                                                                                    Im Prognosezeitraum wird
Expansionsdynamik im Euroraum nach Ländern im 2. Quartal                                                              die Geldpolitik voraussicht-
in Prozent
                                                                                                                      lich einen weniger expansiven
              Malta                                                                                                   Kurs einschlagen, so dass die
             Irland                                                                                                   Finanzierungsbedingungen
           Estland
                                                                                                                      der Unternehmen und Haus-
       Slowenien
          Lettland                                                                                                    halte allmählich weniger güns-
           Litauen                                                                                                    tig werden. Angesichts einer
     Niederlande
                                                                                                                      steigenden Auslastung der
           Zypern
      Luxemburg                                                                                                       Produktionskapazitäten gehen
         Slowakei                                                                                                     die Institute davon aus, dass
          Spanien
                                                                                                                      die EZB Anfang 2018 mit dem
         Finnland
         Portugal                                                                                                     Ausstieg aus dem Anleihekauf-
       Österreich                                                                                                     programm beginnen und im
        Euroraum
                                                                                                                      Laufe der zweiten Jahreshälfte
     Deutschland
       Frankreich                                                                                                     keine Nettozukäufe mehr täti-
            Italien                                                                                                   gen wird. Im Jahr 2019 dürften
           Belgien
                                                                                                                      dann die zunehmende Über-
    Griechenland
                                                                                                                      auslastung der Produktionska-
                      0             1          2            3            4           5            6           7
Quartalsdaten; preis-, kalender und saisonbereinigt. Veränderung des Bruttoinlandsprodukts im 2. Quartal 2017         pazitäten und steigende Infla-
gegenüber dem Vorjahresquartal (Luxemburg: 1.Quartal).
                                                                                                                      tionserwartungen die EZB zu
Quelle: Eurostat; Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen; Berechnungen der Institute.             © GD Herbst 2017
                                                                                                                      einem ersten Zinserhöhungs-
                                                                                                                      schritt veranlassen.12
       Der Euro hat seit Beginn des Jahres gegenüber                                             Die Reduktion der monatlichen Anleihekäufe
dem US-Dollar um gut 12% an Wert gewonnen. Dem seit April 2017 führt zusammen mit dem Anstieg des
war allerdings im Herbst 2016 eine 6%ige Abwertung Außenwertes des Euros schon in diesem Jahr dazu,
vorangegangen. Die Stärke des Euro seit Jahresbe- dass sich die monetären Rahmenbedingungen leicht
ginn dürfte die zunehmende Ernüchterung über die verschlechtern. Die Straffung der Geldpolitik in den
wirtschaftspolitischen Ankündigungen des US-Prä- kommenden beiden Jahren dürfte dazu führen, dass
sidenten, aber auch die überraschend kräftige Kon- die langfristigen Zinsen von derzeit etwa 1,1% auf
junkturdynamik im Euroraum widerspiegeln. Effektiv 1,8% zum Jahresende 2019 ansteigen. Da der Realzins
wertete der Euro gegenüber 18 Handelspartnern um auch dann noch nahe null liegen dürfte, bleiben die
reichlich 5% auf. Dies reduziert die Importpreise und Finanzierungsbedingungen günstig.
dämpft damit die Verbraucherpreisinflation. Zudem
dürfte die Exportdynamik dadurch etwas gemindert Finanzpolitik bleibt leicht expansiv
werden.
                                                                                        Das konsolidierte Budgetdefizit der Länder des Euro-
Expansive geldpolitische Impulse nehmen ab                                              raums hat sich im vergangenen Jahr auf 1,5% des
                                                                                        Bruttoinlandsprodukts verringert (vgl. Tab. 1.4). Dies
Die Geldpolitik im Euroraum ist nach wie vor expansiv war auf die gute Konjunktur und die niedrigen Zinsen
ausgerichtet und trägt zur konjunkturellen Belebung zurückzuführen. Die Budgetsalden verbesserten sich
bei. Der Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen in fast allen Ländern, wenngleich in unterschiedlichem
Zentralbank (EZB) liegt seit März 2016 bei 0%, der Einla- Ausmaß. Deutschland, die Niederlande, Griechenland
gensatz bei − 0,4% und der Spitzenrefinanzierungssatz und die baltischen Staaten verzeichneten Überschüsse.
bei 0,25%. Die EZB kauft seit April 2017 monatlich noch In Frankreich und Spanien lagen die Defizite dagegen
Anleihen mit einem Volumen von 60 Mrd. Euro, nach- mit 3,4 und 4,6% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt
dem im Jahr zuvor monatlich Wertpapiere im Volumen weiterhin über der im Maastricht-Vertrag vereinbarten
von 80 Milliarden Euro gekauft worden waren. Insge- Obergrenze von 3%.
samt wurden bis August 2017 Käufe in Höhe von über                                               Der strukturelle Budgetsaldo, der die gesamt-
zwei Billionen Euro getätigt.                                                           staatlichen Finanzierungssalden um konjunkturelle
       Infolge der expansiven Ausrichtung der Geldpoli- und einmalige Effekte bereinigt ausweist, betrug im
tik sanken Kreditzinsen und Umlaufrenditen bis zum Euroraum insgesamt in den vergangenen drei Jahren
Ende des Jahres 2016 kontinuierlich, und sie verblie- jeweils − 1% in Relation zum Produktionspotenzial.
ben seitdem auf sehr niedrigem Niveau (vgl. Abb. 1.7). Der Rückgang der Zinsausgaben hat den Regierungen
Das Kreditvolumen steigt seit 2015, die Zuwachsraten
waren jedoch bis zuletzt niedriger als die des nomi- 12 Zur möglichen Ausgestaltung des Ausstiegs aus dem Anleihe-
nalen Bruttoinlandsprodukts. Damit geht das Kredit- ankaufprogramm und zur Reihenfolge weiterer geldpolitischer
                                                                                        Schritte siehe Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose, Aufschwung
volumen in Relation zur Wirtschaftsleistung weiter festigt sich trotz weltwirtschaftlicher Risiken, Gemeinschaftsdiagno-
zurück.                                                                                 se Frühjahr 2017, Halle (Saale), 2017, S. 27 ff.

                                                                                            ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017   11
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

     Abb. 1.7
     Zur monetären Lage im Euroraum

     Geldmarktzinsen                                                                      Kapitalmarktzinsenᵃ
              %                                                                                  %                                    Staatsanleihen (AAA)
      6                                                                                   10
                                                     Eonia                                                                            Staatsanleihen (Euroraum)
      5                                              Eurepo                                 8                                         Unternehmensanleihen (AAA)
                                                     Euribor                                                                          Unternehmensanleihen (BBB)
      4                                              Hauptrefinanzierungssatz               6
      3                                              Einlagesatz
                                                     Spitzenrefinanzierungssatz             4
      2
                                                                                            2
      1

      0                                                                                     0

     -1                                                                                    -2
              2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017                             2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
     Kreditzinsenᵇ                                                                        Kreditbestände in Relation zum BIPᶜ
              %                                        Haushalte: Konsum                         %                                           Unternehmen
     10                                                Haushalte: Wohnungsbau             60                                                 Haushalte: Wohnungsbau
      9                                                Unternehmen                                                                           Haushalte: Konsum
                                                                                          50
      8
      7                                                                                   40
      6
                                                                                          30
      5
      4                                                                                   20
      3
                                                                                          10
      2
      1                                                                                     0
              2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017                             2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
     Veränderung der Kreditbeständeᵈ                                                      Veränderung der Euro-Wechselkurseᵉ
              %                                        Haushalte: Konsum                         %                                                       USD/EUR
      20                                                                                   40
                                                       Haushalte: Wohnungsbau                                                                            GBP/EUR
      15                                               Unternehmen                         30
                                                                                                                                                         JPY/EUR
                                                                                           20
      10
                                                                                           10
          5
                                                                                             0
          0
                                                                                          -10
      -5                                                                                  -20
                                                                                                                    Nominaler effektiver Wechselkurs
     -10                                                                                  -30
              2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017                             2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
     ᵃ Unternehmensanleihen = Renditen für Anleihen von Unternehmen mit höchster (AAA) bzw. mittlerer (BBB) Bonität und einer Restlaufzeit von 10 Jahren. Staatsanleihen =
     Renditen für Anleihen vom gesamten Euroraum und von Ländern des Euroraums mit höchster Bonität (AAA) und einer Restlaufzeit von 10 Jahren.
     ᵇ Zinsen für Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und für Kredite an Haushalte für Konsum bzw. für Wohnungsbau im Neugeschäft.
     ᶜ Kreditbestände nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften und von Haushalten für Konsum bzw. für Wohnungsbau (in Prozent des Bruttoinlandsprodukts, gleitender
     Dreimonatsdurchschnitt , saisonbereinigt).
     ᵈ Kreditbestände nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften und von Haushalten für Konsum bzw. für Wohnungsbau ( gleitender Dreimonatsdurchschnitt der Veränderungen
     zum Vormonat, in Prozent, annualisiert, saisonbereinigt ).
     ᵉ Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent. Nominaler effektiver Wechselkurs für 38 Partnerländer des Euroraums.
     Quelle: Europäische Zentralbank; Thomson Reuters; Berechnungen der Institute.                                                                       © GD Herbst 2017

     zusätzlichen Spielraum verschafft, die konjunkturelle                                demnach in den vergangenen beiden Jahren leicht
     Erholung mit expansiven Maßnahmen zu unterstüt-                                      expansiv ausgerichtet.
     zen. Der Effekt der Niedrigzinsen auf die Budgetdefizite                                 Auch in diesem Jahr dürfte der strukturelle
     dürfte sich im Verlauf des Prognosezeitraums jedoch                                  Primärüberschuss im Euroraum noch geringfügig
     allmählich abschwächen, da immer weniger hochver­                                    abnehmen. Das Budgetdefizit wird aufgrund des Auf-
     zinsliche Anleihen ersetzt werden und der Tiefpunkt                                  schwungs auf 1% in Relation zum Bruttoinlandspro-
     bei den Zinsen nun wohl durchschritten ist. Der struk-                               dukt zurückgehen. Dabei dürften die Budgetdefizite in
     turelle Primärüberschuss, der den strukturellen Saldo                                Frankreich und Spanien unter 3% sinken, so dass die
     abzüglich des Zinsaufwands abbildet, ist im Euroraum                                 Defizitverfahren für diese Länder wohl im kommenden
     von 1,6% in Relation zum Produktionspotenzial im Jahr                                Jahr eingestellt werden. Unter den größeren Ländern
     2014 bei unverändertem strukturellem Saldo auf 1,2%                                  werden Deutschland und die Niederlande weitere Bud-
     im vergangenen Jahr gesunken. Die Finanzpolitik war                                  getüberschüsse erzielen.

12   ifo Schnelldienst   19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017
GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE

Tab 1.4                                                                                                        besserten sich harte, nicht auf
Finanzierungssalden der öffentlichen Haushalte in den Ländern des Euroraums                                    Umfragen basierende Indikato-
in Prozent des nominalen Bruttoinlandsproduktsa                                                                ren wie die Einzelhandelsum-
                            2013       2014         2015         2016          2017       2018        2019     sätze, die Auftragseingänge im
 Deutschland                – 0,2         0,3          0,7         0,9           0,9        1,1         1,2    Verarbeitenden Gewerbe sowie
 Frankreich                 – 4,0      – 3,9         – 3,6       – 3,4         – 2,9      – 2,7       – 2,4    die Industrie- und die Baupro-
 Italien                    – 2,9      – 3,0         – 2,7       – 2,4         – 1,8      – 1,7       – 1,7
 Spanien                    – 7,0      – 6,0         – 5,1       – 4,5         – 2,9      – 2,0       – 1,4    duktion in der ersten Jahres-
 Niederlande                – 2,4      – 2,3         – 2,1         0,4           1,3        1,8         2,0
 Belgien                    – 3,1      – 3,1         – 2,5       – 2,6         – 1,7      – 1,8       – 1,7    hälfte merklich.
 Österreich                 – 1,4      – 2,7         – 1,1       – 1,6         – 0,7      – 0,1         0,1
 Irland                     – 5,7      – 3,7         – 5,2       – 0,6           0,3        0,5         0,7
                                                                                                                    Für das zweite Halbjahr
 Finnland                   – 2,6      – 3,2         – 2,7       – 1,7         – 1,1      – 0,5       – 0,1    2017 rechnen die Institute mit
 Portugal                   – 4,8      – 7,2         – 4,4       – 2,0         – 1,3      – 1,3       – 0,3
 Griechenland              – 13,1      – 3,7         – 5,9         0,7         – 1,8      – 0,9       – 0,3    ähnlich kräftigen Expansions-
 Slowakei                   – 2,7      – 2,7         – 2,7       – 1,7         – 1,3      – 0,6         0,1
 Luxemburg                    1,0         1,4          1,4         1,6           0,1      – 0,1         0,1    raten wie in der ersten Jahres-
 Slowenien                 – 15,1      – 5,4         – 2,9       – 1,8         – 0,5      – 0,3         0,5    hälfte (vgl. Abb. 1.8). Im weite-
 Litauen                    – 2,6      – 0,7         – 0,2         0,3           0,0        0,5         0,0
 Lettland                   – 1,0      – 1,6         – 1,3       – 0,1         – 0,3      – 1,0       – 0,6    ren Prognosezeitraum dürfte
 Estland                    – 0,2         0,7          0,1         0,3           0,7        0,8         0,5
 Zypern                     – 5,1      – 8,8         – 1,2         0,4           0,6        1,2         0,9    sich das konjunkturelle Tempo
 Malta                      – 2,6      – 2,0         – 1,3         1,0           1,5        1,8         1,8    etwas verringern und allmäh-
 Euroraumb                  – 3,0      – 2,6        – 2,1        – 1,5         – 1,0      – 0,7       – 0,5    lich der Potenzialwachstums-
 a
   Gemäß der Abgrenzung nach dem Vertrag von Maastricht. b Summe der Länder; gewichtet mit dem Bruttoin-
 landsprodukt.
                                                                                                               rate nähern. Im kommenden
                                                                                                               Jahr dürfte dafür vor allem das
Quelle: Eurostat; Europäische Kommission; 2017, 2018, 2019: Prognose der Institute.            GD Herbst 2017
                                                                                                               wegen der Aufwertung des Euro
                                                                                                               weniger lebhafte Auslandsge-
       In den beiden kommenden Jahren dürfte der                                    schäft  verantwortlich    sein. Die Investitionen und der
strukturelle Primärüberschuss nochmals leicht abneh- private Konsum werden dagegen in wenig veränder-
men und die Finanzpolitik somit die Konjunktur weiter tem Tempo zunehmen (vgl. Tab. 1.5).13 Der Zuwachs
etwas anregen. Der Finanzierungssaldo der öffentli- des Bruttoinlandsprodukts wird im laufenden Jahr
chen Haushalte im Euroraum wird sich konjunkturell wohl 2,2% und in den kommenden beiden Jahren 2,0%
voraussichtlich auf − 0,7% (2018) und − 0,5% (2019) (2018) und 1,8% (2019) betragen. Der Auslastungsgrad
verbessern.                                                                         der Wirtschaft im Euroraum dürfte im laufenden Jahr
                                                                                    Normalniveau erreichen und in den Folgejahren etwas
Ausblick: Gesamtwirtschaftliche Kapazitäten im                                      darüber steigen.
Euroraum zunehmend ausgelastet                                                          Mit der sich fortsetzenden konjunkturellen Erho-
                                                                                    lung wird sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter ver-
Frühindikatoren deuten darauf hin, dass die Konjunk- bessern. Die Arbeitslosenquote dürfte im Durchschnitt
turdynamik am aktuellen Rand hoch geblieben ist. Der des laufenden Jahres voraussichtlich auf 9,2% und in
Einkaufsmanagerindex ist in den vergangenen zwölf den kommenden beiden Jahren auf 8,6% bzw. 8,2%
Monaten deutlich gestiegen und lag im September mit sinken. Die Inflationsrate wird im Durchschnitt des
56,7% weit im expansiven Bereich. Der Economic Sen- laufenden Jahres bei 1,5% liegen. Da die Energie- und
timent Indicator der Europäischen Kommission stieg Lebensmittelpreise bei den der Prognose zugrunde
zuletzt auf den höchsten Wert seit der Finanzkrise. Vor liegenden Annahmen 2018 anders als in diesem Jahr
allem das Konsumentenvertrauen hat in den vergan- nicht deutlich steigen werden, wird die Inflationsrate
genen Monaten markant zugenommen. Zudem ver- für das Gesamtjahr auf 1,4% sinken. Die Kerninflati-
                                                                                                               onsrate nimmt aber allmählich
Abb. 1.8                                                                                                       weiter zu, so dass der Preisauf-
Reales Bruttoinlandsprodukt im Euroraum                                                                        trieb 2019 mit 1,6% wieder
Saison- und kalenderbereinigter Verlauf
                                                                                                               etwas höher ausfallen dürfte.
      Index, 1. Quartal 2014 = 100                                                                 %
114                                                                                                    2,0
               laufende Rateᵃ
                                                                                           1,8%
               Jahresdurchschnittᵇ
111                                                                                                    1,5
               Volumen                                                      2,0%                                        13
                                                                                                                            Die statistische Erfassung von In-
                                                                                                                        vestitionen im Euroraum wird derzeit
108                                                                                                    1,0              stark von großen Veränderungen in
                                                           2,2%
                                                                                                                        Irland verzerrt. Dort haben multinati-
                             1,9%          1,8%
105                                                                                                    0,5              onale Unternehmen geistiges Eigen-
                                                                                                                        tum in großem Umfang ihren irischen
                                                                                                                        Tochtergesellschaften überschrieben.
102                                                                                                    0,0              In der irischen Volkswirtschaftlichen
           1,4%                                                                                                         Gesamtrechnung wurde dies als
                                                                                                                        Investitions- und Importzuwachs ab-
 99                                                                                                    -0,5             gebildet. Daraus erklärt sich, dass die
             2014            2015            2016            2017            2018           2019                        Institute für die Investitionen im Euro-
a Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %. b Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr.                        raum für das Jahr 2017 eine geringere
Quelle: Eurostat; Berechnungen der Institute;                                                                           Zuwachsrate prognostizieren als für
ab 3. Quartal 2017: Prognose der Institute.                                                 © GD Herbst 2017            das Jahr 2016.

                                                                                                    ifo Schnelldienst    19 / 2017   70. Jahrgang   12. Oktober 2017   13
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