Ausgabe Juni 2022 - Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e.V.
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Inhalt / Impressum Editorial Inhalt / Impressum / Editorial ...................................................................................................................................................................................................................................... 2-3 Aktuell 14. Delegiertenversammlung in Bonn ...................................................................................................................................................................................................................................... 4-7 Die Pandemie und Krebs - Versorgung darf nicht vernachlässigt werden ...................................................................................................................................................................................................................................... 8-9 Post-COVID - Mögliche Folgen einer Corona-Erkrankung – wie geht es weiter? ...................................................................................................................................................................................................................................... 9-11 Medizin Neues zum nicht-muskelinvasiven Blasenkarzinom ...................................................................................................................................................................................................................................... 12 Neue Projekte - Krebshilfe fördert Forschung zu ethischer Verantwortung in der Onkologie ...................................................................................................................................................................................................................................... 13-14 Aus den Verbänden Besonderes Jubiläum - Die Deutsche ILCO e. V. feiert den 50. Geburtstag ...................................................................................................................................................................................................................................... 15 Neue Wege - Die Deutsche ILCO e. V. testet Online-Besucherdienst in NRW ...................................................................................................................................................................................................................................... 16-17 Genomische Medizin – zukünftig ein innovativer Bestandteil der Versorgung von Krebspatientinnen und Krebspatienten ...................................................................................................................................................................................................................................... 18 Gesundheits- und Sozialpolitik Hintergrund - Die elektronische Patientenakte ...................................................................................................................................................................................................................................... 19-20 Lebensqualität Was sollen wir essen und trinken? Teil 1 ...................................................................................................................................................................................................................................... 21 Training und Bewegung bei Krebs - Gezieltes Kraft- und Ausdauertraining steigert die Lebensqualität ...................................................................................................................................................................................................................................... 22-23 ShB intern Trauer um Christel Battling / Trauer um Karl-Heinz Bockelbrink ...................................................................................................................................................................................................................................... 24 ShB Termine 2022, 2023 / Weitere Termine 2022 - mit ShB Beteiligung ...................................................................................................................................................................................................................................... 25-28 Verschiedenes Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz) - Neue Umfrage-Plattform fragdiepatienten.de ...................................................................................................................................................................................................................................... 29 Bayerisches Zentrum für Krebsforschung (BZKF) - Kostenfreies Bürgertelefon ...................................................................................................................................................................................................................................... 29 Rezension Themenheft der BAG Selbsthilfe - „Die Zukunft der Selbsthilfe unter den Rahmenbedingungen des demografischen Wandels“ 30-31 Ein Wort zum Schluss Wellnessurlaub mit Freundin ...................................................................................................................................................................................................................... 32 ................ Selbsthilfegruppen Blasenkrebs 33-35 Impressum „Die Harnblase“ ist Ihre Zeitschrift. Sie lebt davon, dass auch Sie diese mit Inhalt füllen. Haben Sie einen Hinweis für unsere Leserinnen und Leser? Was verbindet Sie besonders mit dem Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e. V.? Möchten Sie Lob oder Kritik äußern? Teilen Sie uns dies gerne mit! „Die Harnblase“ Redaktionsmitarbeit: Spendenkonto: Juni 2022 – ISSN 2190-474X Inge Pothast (ShB-Selbsthilfegruppe Duisburg) Sparkasse KölnBonn Dr. med. Edmond Schiek-Kunz (Stv. ShB-Vorsitzender) IBAN DE98 3705 0198 1931 2159 80 Herausgeber: Corinna Busch (ShB-Geschäftsstellenleiterin) BIC COLSDE33XXX Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e. V. Brigitte Papayannakis (Referentin des ShB-Vorstands, Thomas-Mann-Straße 40 freie Medizinjournalistin) Gestaltung: 53111 Bonn Klaus Schuhmacher (ShB-Regionalbeauftragter NRW) Kolton Design, Dortmund 0228 338 891 50 Christian Hobe (Deutsche ILCO e. V.) info@blasenkrebs-shb.de Silvia Porschen (Deutsche ILCO e. V.) Druck: www.blasenkrebs-shb.de Juliane Friedrichs (HKSH-BV) Wolanski GmbH, Bonn Victoria Stickler (MYAIRBAG24.de) Ansprechpartner für „Die Harnblase“: Erscheinungsweise: Artur Krzyzanowski Fotos: „Die Harnblase“ erscheint im Juni und freepik.com @wirestock Titelbild, S.3 Dezember eines Jahres. Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e. V. Tobias Hornig S. 4 0228 33889 152 Tobias Hornig S.7 Bezugsbedingungen: coyot_pixabay S. 8 krzyzanowski@blasenkrebs-shb.de geralt-pixabay S. 9 Die Zeitschrift wird an alle Mitglieder bundesweit kosten- istock S.12 los verschickt. Sie kann außerdem angefordert werden Redaktion: jarmoluk_pixabay S.13 und steht auch im Internet unter www.blasenkrebs-shb. Brigitte Papayannakis M.A. Janson_G-pixabay S.15 de zum Download bereit. Die Beiträge stimmen nicht (Gesamtkoordination und Lektorat) Porschen S.16 zwangsläufig mit der Meinung des Herausgebers überein. 0228 33889 151 privat S.18 Die Autoren erklären sich mit der redaktionellen Bearbei- papayannakis@blasenkrebs-shb.de 1stevepb_pixabay S.19 tung ihrer Beiträge einverstanden. Tim Reckmann_pixelio.de S.20 silviarita_pixabay S.21 Dr. med. Edmond Schiek-Kunz (Stv. ShB-Vorsitzender) André Forner (c)_OTT myairbag S.22 Der ShB wird gefördert von Artur Krzyzanowski (ShB-Vorsitzender) OTT S.23 Corinna Busch (ShB-Geschäftsstellenleiterin) BAG S.29 dkfz / BZKF S.32 Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 2
Editorial Liebe Leserinnen und Leser Die ethische Verantwortung in der Onkologie wächst: Was unter dem Schlagwort „Shared decision der „Harnblase“! making“ gemeint ist, setzt eine kenntnisreiche Pati- entin oder einen Patienten voraus. Auch hier haben Auf unserer Delegiertenversammlung Ende April wir eine beratende Funktion. Und die ILCO e. V., die standen wichtige Entscheidungen zu Satzungs- älteste Selbsthilfeorganisation, zeigt uns mit ihrem änderungen an. Es wurde auch ein interessanter neuen Online-Besucherdienst, welche Wege man Vorschlag eingebracht: Künftig Gruppentreffen zur Mitgliedergewinnung gehen kann. als Online- oder Telefonmeeting anzubieten. Wir arbeiten daran. Natürlich hat die Pandemie allen Was ist genomische Medizin? Ja, irgendwann wird Selbsthilfeorganisationen geschadet. Vor allem es auf die einzelne betroffene Krebspatientin oder wurden vielen Gruppen die Räumlichkeiten gekün- auf einen Krebspatienten eine auf die Bedürfnisse digt. Wir wünschen allen Gruppenleiterinnen und zugeschnittene personalisierte Medizin geben. Gruppenleitern sowie Sprecherinnen und Spre- chern, dass diese Situation noch 2022 wieder ge- Wann kommt endlich die elektronische Patienten- dreht werden kann. akte? Werbt bitte dafür in den Gruppen, dass wir nicht zum Schlusslicht in Europa werden. Folgende weitere, interessante Themenbereiche werden in dieser Juni-Ausgabe unserer „Harnblase“ Essen und Trinken ist ebenfalls ganz wichtig: In einem thematisiert: ersten Teil gibt es ein Überblick zu sogenannten Diä- ten. Gerade bei Blasenkrebs, etwa nach einer Zystek- Beim nichtmuskelinvasiven – dem häufigsten vor- tomie, ist gesundes Essen und Trinken so nötig. kommenden - Blasenkarzinom, besteht auch im- mer die Gefahr einer Übertherapie. Vielleicht kann Kann Selbsthilfe auch ein Integrationsverstärker in den Gruppengesprächen im Austausch mitein- sein? Unbedingt! Auch dazu gibt es einen Artikel. ander die eine oder andere therapiereduzierende Empfehlung gegeben werden. So, dann macht Euch mal ran: Es gibt viel Neues und es gibt viel zum Weitergeben. Viel Spaß beim Lesen. Für den Vorstand Dr. med. Edmond Schiek-Kunz Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 3
Aktuell 14. Delegiertenversammlung in Bonn Interessant wurde es beim Tagesordnungspunkt Anträge. Vor dem Hintergrund, dass bei der ver- gangenen Delegiertenwahl – gemäß derzeit gel- tender Satzung - in sieben Bundesländern keine Delegierten gewählt werden konnten, stellten die Delegierten im letzten Jahr den Antrag auf die Gründung einer Arbeitsgruppe. Diese sollte ein Wahlsystem mit einer bundesweiten Delegierten- wahl, durch welches eine demokratische Reprä- sentation aller Mitglieder erreicht wird, erarbei- ten. So überarbeitete die AG – unter Hinzuziehung eines Fachanwalts – sämtliche ShB-Statuten (Satzung, Wahlordnung zur Wahl der Delegierten sowie Geschäfts- und Wahlordnung der Delegier- tenversammlung) und legte der Delegiertenver- sammlung entsprechende Beschlussvorlagen vor. Teilnehmende auf der zweitägigen ShB-Veranstaltung Wesentlicher Eckpunkt des von der Arbeitsgrup- pe erarbeiteten neuen Wahlsystems ist, dass Vom 29. bis 30. April 2022 fand die 14. Delegierten- sich Kandidaten für die Delegiertenwahl in Zu- versammlung des ShB im Gustav-Stresemann-Ins- kunft bundesweit zur Wahl stellen können. Alle titut in Bonn statt. ShB-Mitglieder können dann ihre Delegierten bundesweit wählen. (Nach den alten Statuten war Von 30 Delegierten waren 20 Delegierte anwe- die Wahl nur innerhalb der Bundesländer möglich). send. Wir hätten uns zwar gewünscht, dass mehr D.h. künftig wird die Wahl der Delegierten mit ei- Delegierte Ihre Aufgabe wahrgenommen oder ner Bundesliste stattfinden. zumindest ihr Stimmrecht auf einen Ersatzdele- gierten übertragen hätten, aber dennoch war die Eine weitere wesentliche Änderung, die in die neu- Delegiertenversammlung mit den anwesenden en Statuten eingebracht wurde, ist die Möglich- Delegierten beschlussfähig. Neben den Delegier- keit, künftig die Delegiertenversammlungen auch ten nahmen noch vier Mitglieder und die beiden online durchführen zu können. Die Corona-Pan- Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle teil. demie hat gezeigt, dass - falls eine Delegierten- versammlung in Präsenz aufgrund zwingender Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Artur Umstände nicht durchführbar ist - eine Delegier- Krzyzanowski wurde Werner Schmachtenberg zum tenversammlung als Videokonferenz zulässig sein Versammlungsleiter gewählt. Inge Döhring führte sollte. Schließlich wurde der Antrag des Vorstands die Rednerliste. Der Versammlungsleiter stellte zu auf die Änderungen der Statuten gemäß den Be- Beginn die satzungsgemäße Einberufung, die Be- schlussvorlagen einstimmig angenommen. schlussfähigkeit und somit die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung fest. Karl-Heinz Bsufka (SHG Göttingen, Niedersachsen) reichte den Antrag ein, den Vorstand zu beauftra- Der Vorstand präsentierte den Geschäftsbericht (mit gen, für die Durchführung von Gruppentreffen als dem Bericht des Schatzmeisters) für das Jahr 2021, neue Formen Online- und/oder Telefonmeetings zu den Haushaltsplan und die Vorhaben für das Jahr initiieren, sodass Betroffene und Angehörige auch in 2022, Inge Pothast und Manfred Kleimeyer den Re- Flächenländern – oder wenn die äußeren Umstände visionsbericht 2021. Nachdem noch einige Rückfra- (wie zuletzt während der Pandemie) dies nicht erlau- gen beantwortet wurden, erfolgte die einstimmige ben – regelmäßig und unter erleichterten Bedingun- Entlastung des Vorstands und die Genehmigung des gen zusammenkommen können. Auch dieser Antrag Haushaltsplans und der Vorhaben 2022. wurde einstimmig angenommen. Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 4
Aktuell Hermann-Josef Diegmüller (SHG Kassel, Hessen) Klaus Starker berichtete außerdem zum Projekt reichte den Antrag ein, den Vorstand zu beauf- DAILY SDM, bei dem er als Patientenvertreter be- tragen, zur Verbesserung der Informationen für teiligt ist. Die Abkürzung steht für „Development hilfesuchende Vereinsmitglieder sowie von Bla- and Application of an International Approach for senkrebserkrankten und deren Angehörigen rasch Large-Scale Implementation of Shared Decision auffindbare Inhalte im ShB-Internetauftritt sowie Making“ und bezeichnet eine gemeinsame Ent- in der Vereinszeitschrift zu den Themen Hilfsmit- scheidungsfindung. Das Ziel dabei ist, einen Be- telversorgung und Pflegegrad einzubringen. Auch handlungsplan zu finden, der im jeweiligen Fall dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. medizinisch am sinnvollsten ist und gleichzeitig am besten zur Patientin oder zum Patienten passt, bzw. Nachdem die Delegierten noch einige Anregungen den der Patient bzw. den sie bevorzugen. Bisher hat für die Arbeit des ShB gegeben hatten, konnten alle Klaus Starker an zwei Terminen – Kick Off und erster den Tag bei einer spannenden und zugleich humor- Workshop - die online stattgefunden haben, teilge- vollen Lesung von Jutta Büsscher (Autorin) im Ka- nommen. Da das Projekt aus vielen Teilprojekten mit minzimmer ausklingen lassen. verschiedenen Arbeitsgruppen und Workshops be- steht, müssen sich die Teilnehmenden im nächsten Am zweiten Tag standen die Berichte über das Schritt für die aktive Mitarbeit an bestimmten The- Jahr 2021 der Funktionsträger des ShB auf dem men und Workshops entscheiden. Für die weitere Programm. Arbeit sind auch Vorort Termine geplant. Udo Walter (ShB-Regionalbeauftragter für Mecklen- Peter Schröder, der im ShB für Gruppengründun- burg-Vorpommern) war als erster an der Reihe. Nach- gen zuständig ist, berichtete kurz über das Jahr dem wegen der Corona-Pandemie im Jahr 2021 so 2021. Leider waren wegen der Corona-Pandemie gut wie keine Selbsthilfearbeit in Mecklenburg-Vor- keinerlei Auftaktveranstaltungen und damit keine pommern möglich war, hofft er, dass es jetzt wieder Gruppengründungen möglich. Dies führte auch zu in normalem Umfang weitergehen kann. So ist für erschwerten bzw. nicht möglichen Gruppentreffen. 2022 einiges in Planung. Die SHG-Rostock feiert ihr Durch ausscheidende Gruppenleiterinnen und Grup- 10jähriges Bestehen. Für das Nord-Treffen, das vom penleiter kam es im Jahr 2021 zur Auflösung von 11.-13. November 2022 in Rostock geplant ist, hat sieben Gruppen. Hier gilt es neue Aufbauarbeit zu Udo Walter ein interessantes Programm mit Schwer- leisten. Peter Schröder ist zuversichtlich, dass ihm punkt Blase und Niere, zusammen mit Prof. Dr. Oliver das gelingen wird. Bereits am 13. April 2022 fand die Hakenberg, Direktor der Urologischen Klinik und Poli- erste Auftaktveranstaltung der SHG-Böblingen-Sin- klinik, Universitätsmedizin Rostock und seinem Team delfingen statt. Weitere Gruppengründungen sind in aufgestellt. Udo Walter wies noch einmal auf den Film Coburg, Lüdenscheid, Bergisch Gladbach, Berlin oder „Blasenkrebs – wie geht’s weiter?“ hin, der ebenfalls Kaiserslautern in Planung. in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Hakenberg gedreht wurde. Der Film ist auf den ShB-Internetseiten unter Als Mann der ersten Stunde war es Peter Schrö- der Rubrik „Broschüren, Medien“ zu sehen. der ein Anliegen, den Delegierten, die den ShB evtl. noch nicht so lange kennen, einen kurzen Überblick Klaus Starker (ShB-Regionalbeauftragter für Nieder- über den ShB von den Anfängen bis heute zu ge- sachsen und Bremen) berichtete ebenfalls, dass die ben. Manch ein Delegierter war dann auch sehr er- Corona-Pandemie es 2021 unmöglich machte, Grup- staunt, welche beträchtliche Entwicklung der ShB pentreffen abzuhalten. Jedoch konnten die Teilneh- seit der Gründung im Jahr 2004 gemacht hat. mer per Telefon und per Videokonferenz Kontakt hal- ten. Für das Jahr 2022 hat auch er einiges geplant. Er Der ShB wurde 2004 von Detlef Höwing (†) gegrün- ist mit der Krebsgesellschaft Bremen und dem Kran- det. Damals gab es noch keine eindeutige Trennung kenhaus Westerstede in Kontakt, um den Ausbau des zwischen der Selbsthilfegruppe Berlin und dem Selbsthilfe-Netzwerks Niedersachsen-Bremen und ShB. Nach Irritationen im Vorstand trat der gesam- den Aufbau einer SHG Bremen voranzubringen. Wei- te damalige Vorstand 2007 zurück. Es kam am 1. ter kann er in der Klinik Bad Zwischenhain regelmäßig Mai 2007 in Dortmund zu einer Neugründung des auf die Selbsthilfe und den ShB hinweisen, da er hier ShB. Die letzte Mitgliederversammlung des ShB im 4-Wochen-Turnus Vorträge abhalten wird. war 2008, am 21. März 2009 fand die erste Dele- giertenversammlung in Bad Nauheim statt. Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 5
Aktuell 2009 konnte der Amtssitz des ShB von Berlin nach Mülheim a.d.R. verlegt werden. Mülheim a.d.R. des- halb, weil Peter Schröder, der seit 2007 den Vorsitz innehatte, hier seinen Wohnsitz hatte. Peter Schrö- der schilderte anschaulich, wie damals alle Büroar- beiten in seinem Wohnzimmer stattfanden. Von nun an wuchs nicht nur die Mitgliederzahl konstant, auch die Arbeit der Vorstandsmitglieder bekam einen immer größeren Rahmen. Die Teil- nahme an Kongressen, Patiententagen und Mes- sen rückten den ShB mehr und mehr in die Öffent- lichkeit. Patientenvertretungen in verschiedenen Gremien und Projekten wurden in immer größe- er ngsleit rem Rahmen angefragt und übernommen. B -V e r sammlu b e rg Sh ht en r n e r S chm a c We Doch auch die eigenen Veranstaltungen wie De- legiertenversammlung, Medizinische Fachtagung und Gruppenleitertreffen sollten organisiert und durchgeführt werden. Als besonderer Meilenstein konnte 2009 die Stiftung Deutsche Krebshilfe als Förderer gewonnen und 2010 die Aufnahme und der Umzug in das Haus der Krebs-Selbsthilfe in Bonn erreicht werden. Daher wurde der Amtssitz des ShB ab 2013 nach Bonn verlegt. So war es für den damaligen Vorstand (Peter Schrö- der - Vorsitzender, Karl-Heinz Bockelbrink (†) - 1. stv. Vorsitzender, Dr. Manfred Petrik (†) - 2. stv. Vorsit- zender, Alfred Marenbach - Schriftführer und stv. Vorsitzender und Bernd W. Balser-Schatzmeister) an der Zeit, eine Geschäftsstelle mit einer hauptamtli- chen Mitarbeiterin ins Leben zu rufen. Im Oktober 2010 konnte das Büro in der Thomas-Mann-Straße in Bonn bezogen und Corinna Busch als hauptamtli- che Mitarbeiterin eingestellt werden. A bs t im m u ng d e r D el Der ShB hat nicht nur sein Büro im damaligen „Haus e g ier t en der Krebs-Selbsthilfe“, er ist auch Mitbegründer des Haus der Krebs-Selbsthilfe Bundesverband e. V. (HKSH-BV) und heute als Mitglied dessen ein fester Bestandteil der Interessensvertretung auf Bundese- bene. Gemeinsames Ziel der Mitgliedsverbände ist, nachhaltig auf eine Verbesserung der Versorgung der Patientinnen und Patienten hinzuwirken. Hierfür nehmen sie gemeinsam national und international Einfluss auf die Gesundheitspolitik. Mit diesem wunderbaren Rückblick auf den ShB und seine Geschichte konnten die Delegierten Ihre Heimreise antreten. Ein herzliches Dankeschön gilt allen Delegierten und Gästen, die an der Delegiertenversammlung teilge- nommen haben. Corinna Busch r üs s c h e torin Jut t a B am m - Au nprogr DiengHarnblase Ra hm e e r e su LAusgabe d ihr Juni 2022 6 w ä hr en
Aktuell ShB-Delegier te Prof. Dr. Günter Leithold (l.) h mit Hermann Jo t a us c sef Diegmüller r Aus Re g e end n e r Te il nehm de mitglied ShB-Vors B -Vo r s t a n ds it zender S h ner ng Wag r Artur Krz Wolfga ze n d e y z a n ow s ki B -Vorsit St v. S h - Ku zn o n d Schiek d . Edm Dr. me Bli ck dur ShB-Reviso ShB - D Die Harnblase ch die ren und Del elegie Unt e r Inge Pothas egierte Ausgabe Junir t2022 er K a lagen t und Manfr rl-He inz Bs - ed Kleimeyer 7 uf ka
Aktuell Die Pandemie und Krebs Versorgung darf nicht vernachlässigt werden das neue Frühwarnsystem. Es hilft dabei, die Ver- sorgungslage in Deutschland regelmäßig zu prüfen und zu bewerten. Das System stellt sicher, dass Engpässe in der Versorgung frühzeitig erkannt werden. So können politische Entscheidungsträger informiert werden – und schnell handeln. Frühwarnsystem: Welche Erkenntnisse gibt es bislang? Während der ersten Welle der Covid-19-Pandemie war es in einigen Bereichen der onkologischen Ver- sorgung vorübergehend zu deutlichen Einschrän- kung gekommen: Therapien wurden verkürzt oder verschoben, Nachsorge und Früherkennung häu- fig ausgesetzt. Die zweite und dritte Welle der Co- vid-19-Pandemie brachte die Kliniken in Deutsch- land an die Belastungsgrenze. Die Versorgung von Die Task Force berät und informiert Betroffene Menschen mit schwerwiegenden Erkrankungen, wie Krebs, war dadurch deutlich beeinträchtigt. Onkolo- In Zeiten der Corona-Krise sind Menschen mit einer gische Eingriffe wurden verschoben, diagnostische Krebserkrankung besorgt, dass ihre Therapie be- Untersuchungen und Nachsorge teilweise stark zu- einträchtigt werden könnte. Die Auswirkungen der rückgefahren. Die Corona Task Force warnt davor, Corona-Krise könnten zur Folge haben, dass Termi- dass ein Ansteigen der Corona-Neuinfektionen zu ne zur Krebsdiagnose aber auch Krebsbehandlun- bedrohlichen Situationen für Krebspatientinnen und gen verschoben werden oder gar ausfallen. Krebspatienten führen kann und richtet einen Appell an die Bevölkerung: Wer sich vor Infektionen schützt, Gefährdet die Krise die Versorgung von schützt auch Krebspatientinnen und Krebspatienten Krebspatientinnen und Krebspatienten? und Menschen mit anderen schweren Erkrankungen. Um Betroffene zu schützen, haben sich im März Symptome abklären 2021 die Stiftung Deutsche Krebshilfe, das Deut- sche Krebsforschungszentrum (dkfz) und die Besonders besorgt ist die Task Force über ausge- Deutsche Krebsgesellschaft zusammengeschlos- setzte Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung sen und eine Task Force (Arbeitsgruppe) gebildet. und Abklärung. Häufig entscheiden sich Menschen So können Betroffene besser denn je beraten selbst gegen den Arztbesuch und schieben damit und mit aktuellen Informationen versorgt wer- teilweise wichtige Abklärungsuntersuchungen auf. den. „Trotz der sich schnell ausbreitenden CO- Jedoch gibt es viele verschiedene Krebsarten und VID-19-Pandemie, die das Gesundheitssystem noch mehr Symptome, die ein Warnzeichen oder vor besondere Herausforderungen stellt, darf die ein Hinweis auf eine Krebserkrankung sein können. Versorgung unter keinen Umständen vernachläs- i sigt werden“, sagt Gerd Nettekoven, Vorstands- vorsitzender der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Hinweis: Nehmen Sie Symptome ernst und scheuen Sie sich trotz der Corona-Krise: Frühwarnsystem entwickelt Corona-Krise nicht davor, Ihren Arzt aufzusuchen. Früh erkannt sind die Heilungschan- Eine weitere Schutzmaßnahme für Krebspatien- cen bei Krebs oft deutlich höher. Eine rechtzeitige tinnen und Krebspatienten in der Corona-Krise ist Diagnose und die effektive Behandlung der Kreb- serkrankung sind für das Überleben der Patientin- nen und Patienten besonders wichtig. Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 8
Aktuell Corona-Krise: Wann ist es sinnvoll, Was können Betroffene tun? die Krebstherapie zu verschieben? Sie haben Fragen? Das INFONETZ Krebs ist für Sie da Jede Krebspatientin und jeder Krebspatient benöti- – mit verstärkten Kapazitäten in der Corona-Krise. gen eine ganz individuelle Versorgung, auch in Zeiten der Corona-Krise. Die Frage, ob Therapien verscho- ben werden sollten, ist pauschal nicht zu beantwor- ten. Denn die Verläufe und Therapieverfahren bei Krebs unterscheiden sich je nach Tumorart stark: „Es gibt bei Krebs manchmal Erkrankungssituationen, in denen kein schnelles Handeln erforderlich ist. In an- deren Fällen ist eine dringende Behandlung geboten, um Heilungschancen nicht zu gefährden. In wieder anderen Fällen muss die Behandlung aufgrund ei- ner besonderen Infektionsgefährdung von Patien- ten individuell angepasst werden“, sagt Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische On- ©Stiftung Deutsche Krebshilfe kologie (DGHO) empfiehlt Patientinnen und Patien- Brigitte Papayannakis ten, eine geplante Krebstherapie nicht grundsätzlich zu verschieben. Betroffene mit einer gut beherrsch- baren Krebserkrankung können mit ihren Ärztinnen oder Ärzten darüber sprechen, ob sich die Therapie verschieben lässt. Post-COVID Mögliche Folgen einer Corona-Erkrankung – wie geht es weiter? Auch wenn die Meisten von uns in den letzten zwei Jahren der Pandemie alles Mögliche getan haben, um eine Corona-Erkrankung zu vermeiden: Manch- mal erwischt es einen unverhofft und mögliche Langzeitfolgen beeinträchtigen die Lebensqualität. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat auf Basis wis- senschaftlicher Erkenntnisse dazu hilfreiche In- formationen veröffentlicht, die hier zusammenge- fasst vorgestellt werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, so das RKI, dass nicht nur die akuten Folgen einer SARS-CoV-2-In- fektion, sondern auch gesundheitliche Langzeit- folgen der Infektion ernst genommen und besser Corona-Infektion - Mögliche Langzeitfolgen ernst nehmen verstanden werden müssen. Nur so können die von längerfristigen gesundheitlichen Folgen be- troffenen Menschen entsprechend ihrer Bedürf- nisse unterstützt und das Gesundheitssystem, aber auch die Gesellschaft als Ganzes, auf zukünf- tige Krisen besser vorbereitet sein. Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 9
Aktuell Was ist Long-COVID bzw. Post-COVID? delt, die in Anpassung an neue wissenschaftli- che Erkenntnisse fortlaufend aktualisiert werden Im Zusammenhang mit einer vorangegangenen muss. Darüber hinaus ist laut WHO aufgrund der SARS-CoV-2-Infektion sind zahlreiche mögliche eingeschränkten Datenlage noch unklar, inwieweit gesundheitliche Langzeitfolgen beobachtet wor- die vorgelegte Falldefinition auch auf Kinder und den. Hierzu zählt eine Vielfalt körperlicher, kog- Jugendliche übertragbar ist. nitiver und psychischer Symptome, welche die Funktionsfähigkeit im Alltag und Lebensqualität Welche Symptome haben Menschen mit negativ beeinflussen. Die Beeinträchtigungen tre- gesundheitlichen Langzeitfolgen von ten entweder bereits in der akuten Erkrankungs- phase auf und bleiben längerfristig bestehen, oder Post-COVID? sie treten im Verlauf von Wochen und Monaten Eine Liste von gesundheitlichen Symptomen und nach der Infektion (wieder) auf. Dabei wird über Beschwerden, welche die Definitionskriterien des sehr unterschiedliche Symptome berichtet, die al- Post-COVID-19-Zustands nach bisherigem Wis- lein oder auch in Kombination auftreten und von sensstand erfüllen, wurde von der WHO hinterlegt. sehr unterschiedlicher Dauer sein können. Darüber hinaus wurde ein „Core Outcome Set“ für Post-COVID in einem internationalen Delphi-Ver- Der Begriff „Long-COVID“ wurde zunächst in so- fahren zwischen Expertinnen und Experten abge- zialen Medien durch Personen geprägt, die nach stimmt. Zu den in wissenschaftlichen Studien am einer SARS-CoV-2-Infektion über langanhaltende häufigsten beobachteten Symptomen, die einzeln gesundheitliche Einschränkungen berichteten. oder in Kombination auftreten können, gehören Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Be- Im Oktober 2021 wurde nach einem wissen- lastbarkeit (sog. Fatigue), Kurzatmigkeit, Konzen- schaftlich fundierten Abstimmungsprozess eine trations- und Gedächtnisprobleme (sog. „brain vorläufige klinische Falldefinition von Post-CO- fog“), Schlafstörungen, Muskelschwäche und VID-19 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) -schmerzen, psychische Probleme, wie z. B. de- veröffentlicht. Gemäß dieser Definition werden pressive Stimmung und Angstsymptome, sowie unter dem Begriff Post-COVID-19-Zustand ge- Riech- und Schmeckstörungen. Die Symptome sundheitliche Beschwerden zusammengefasst, sind mit einer Beeinträchtigung der Lebensquali- die in längerem Abstand (in der Regel drei Monate) tät und Einschränkungen der Funktionsfähigkeit im Anschluss an eine durchgemachte SARS-CoV-2 im Alltag assoziiert. Bei einem Teil der Personen Infektion über längere Zeit fortbestehen und an- entwickelt sich infolge der SARS-CoV-2-Infektion derweitig nicht erklärbar sind. Dabei werden Sym- zudem ein Symptomkomplex, der Ähnlichkeit mit ptome und gesundheitliche Einschränkungen be- dem chronischen Erschöpfungssyndrom (Myal- rücksichtigt, die über mindestens zwei Monate gische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syn- anhalten oder auch wiederkehrend und in wech- drom, ME/CFS) aufweist. Die Ursachen für CFS/ selnder Stärke auftreten. ME sind bislang ebenfalls ungeklärt, Immunreak- tionen nach Virusinfektionen spielen nach bishe- Da nach bisherigen Erkenntnissen auch milde oder rigen Erkenntnissen eine wichtige Rolle. Schwere gar symptomlose Verläufe einer SARS-CoV-2-In- chronische Beeinträchtigungen der körperlichen fektion mit entsprechenden Langzeitfolgen ein- und psychischen Funktionsfähigkeit und eine hergehen können und gerade zu Anfang der Pan- ausgeprägte Verschlechterung nach leichter kör- demie noch kein breites Testangebot verfügbar perlicher Belastung sind charakteristisch für das war, bezieht sich die klinische Falldefinition der Krankheitsbild einer ME/CFS und haben bleibende WHO sowohl auf Personen mit Labornachweis Behinderungen bei der Ausübung von Alltagsfunk- einer SARS-CoV-2-Infektion, als auch auf Perso- tionen und Verluste an Lebensqualität und gesell- nen, für die eine Infektion mit dem SARS-CoV-2- schaftlicher Teilhabe zu Folge. Bislang ist unklar, Virus aufgrund von Krankheitssymptomen oder wie groß der Anteil der so betroffenen Personen auch engen Kontakten zu nachweislich Infizierten nach SARS-CoV-2-Infektion ist. als wahrscheinlich angesehen werden kann. Die WHO weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich weiterhin um eine vorläufige Falldefinition han- Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 10
Aktuell Wie häufig gesundheitliche Langzeitfolgen nach Erwachsenalter zeigt. Einige bevölkerungsbezoge- einer COVID-19-Erkrankung auftreten, kann noch ne Studien zeigen, dass Angehörige von Gesund- nicht verlässlich geschätzt werden. Je nach Daten- heitsberufen und Menschen in sozial benachteilig- basis, Falldefinition und Studienmethodik (wie z. B. ten Regionen besonders häufig von Langzeitfolgen der Dauer der Nachbeobachtungszeit, der Anzahl einer COVID-Erkrankung betroffen sind, was aller- der erfassten Symptome und Gesundheitsproble- dings bislang durch das deutlich höhere Infektions- me oder dem Vorhandensein einer Kontrollgruppe) risiko zu erklärt werden scheint. kommen unterschiedliche Studien zu sehr unter- schiedlichen Schätzungen. So zeigt eine Bestands- © Robert Koch-Institut aufnahme einer Studie von 23 Übersichtsarbeiten Brigitte Papayannakis und 102 Originalarbeiten (veröffentlicht in Public Health Rev, März 2022), dass der Anteil von Er- wachsenen mit gesundheitlichen Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion in Studien von Er- Weitere Informationen und Kontakt wachsenen, die nicht wegen COVID-19 im Kranken- haus behandelt werden mussten, stark variierte und zwischen 7,5% und 41% lag. Bei Erwachsenen, die wegen einer COVID-19-Erkrankung im Kran- kenhaus behandelt werden mussten, wurden bei 37,6% gesundheitliche Langzeitfolgen berichtet. Sind Faktoren bekannt, die die Patientenleitlinie “Post- COVID/ Langzeitfolgen möglicherweise Long-COVID“ beeinflussen? Nach bisherigen Erkenntnissen steigt das Risiko für Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion mit dem Schweregrad der COVID-19-Erkrankung. Darüber hinaus scheinen eine Reihe von vorbeste- henden Erkrankungen und Gesundheitsrisiken das Risiko für Langzeitfolgen von COVID-19 zu erhöhen. Beides ist sowohl für Erwachsene als auch für Kin- der und Jugendliche beschrieben. Eine umfassende Website der Selbsthilfegruppen medizinische Untersuchung von Erwachsenen mit BZgA in Deutschland für COVID-19 über drei Zeitpunkte zeigte, dass das Personen mit Long COVID Risiko für gesundheitliche Langzeitfolgen bereits zum Zeitpunkt der SARS-CoV-2-Infektion erheblich variiert und besonders stark zunimmt, wenn einer der folgenden Faktoren vorliegt: hohe Viruslast, im Blut nachweisbare spezifische Autoantikörper, labormedizinischer Nachweis einer früheren Infek- tion mit dem Epstein-Barr-Virus, vorbestehender Diabetes mellitus. Übereinstimmend ist in vielen Studien beobachtet worden, dass Mädchen und Frauen (insbesondere Frauen im jüngeren und mitt- Fatigue Centrum Berlin Longcovid leren Erwachsenenalter) häufiger von Long-COVID/ Deutschland Post-COVID betroffen sind als Jungen und Männer dieser Altersgruppen. Unter Kindern und Jugendli- chen scheinen die Teenager deutlich häufiger be- troffen zu sein als jüngere Kinder, wohingegen sich bei Erwachsenen der Häufigkeitsgipfel für bislang bekannte Langzeitfolgen im jüngeren und mittleren Reha bei Post-/ Sprechstunden/ Long-COVID Ambulanzen Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 11
Medizin Neues zum nicht-muskelinvasiven Blasenkarzinom Blasenkarzinom mit niedrigem Risiko chemothe- rapeutisch vorbehandelt werden? Das nennt man eine Chemoablation. Die bisherigen Daten spre- chen mehr und mehr dafür. Bei einem“ high-risk“ nicht-muskelinvasiven Bla- senkarzinom ist die BCG-Installation indiziert. Diese geht dann drei Jahre lang. Erstmal wöchent- lich für sechs Wochen, dann wöchentlich für drei Wochen - drei, sechs und 12 Monate nach Beginn der Therapie. Versagt diese Therapie, was häufig ist, könnte künftig Pembrolizumab in Frage kom- men. Dieses Medikament ist aber in Deutschland noch nicht zugelassen. Und es ist immer möglich, dass die Therapie abgebrochen werden muss und dem Patienten eine Zystektomie empfohlen wird. Einigen urologischen Kliniken in Deutschland ist aufge- fallen, daß die Nachsorge des nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms, die immer invasiv ist (Zystos- kopie, Bildgebung Urinzytologie), zu einer Überthera- pie führen kann. Das heißt, es besteht das Risiko von Beim mittleren Risiko kann es zu einer Übertherapie kommen Nebenwirkungen und es ist sehr kostentreibend. Ge- rade beim Karzinom mit einem mittleren Risiko kann Beim nichtinvasiven Blasenkarzinom besteht eine es zu einer Übertherapie kommen. Einen Rat von hohe Rate der Wiederkehr (80%) . Diese hängt da- außen zu geben ist naturgemäß schwer. Auf jeden von ab, wie es eingeschätzt wird. Besteht ein ho- Fall muss drei Monate nach einer TURB eine Zystos- her Bösartiggeitsgrad? Ist ein Carcinoma insitu kopie erfolgen. Besteht ein hohes Risiko muss in den mit diagnostiziert worden? Und wie groß ist der ersten zwei Jahren alle drei Monate eine Zystoskopie Ursprungstumor? erfolgen. Im dritten und vierten Jahr alle sechs Mona- te. Ab dem 5. Jahr einmal jährlich. Vor allem die mitt- Es kann also durchaus sein, dass der Urologe von lere Gruppe ist von einer Überdiagnostik betroffen. der üblichen Behandlung abweicht (TUR-Blase) und eine Frühzystektomie empfiehlt. Besteht ein hohes Risiko für eine Wiederkehr des Krebses (Cis, Befall der Lympfknoten) wird man Ist es zu einer TURB gekommen, sollte bei den sich beim nicht-muskelinvasivem Harnblasen- Patientinnen und Patienten, bei denen ein kleiner karzinom für eine sogenannte Frühzystektomie Tumor (kleiner als 3 cm) entdeckt wurde, der auch entscheiden müssen. Die betroffenen Patientin- nur an einer Stelle auftauchte, dann kann mit einer nen und Patienten profitieren davon. Chemofrühinstallation begonnen werden. Dieses sogenannte Low-risk-NMIBC sollte nur mit einer Natürlich muss dabei auch berücksichtigt werden, TURB ohne einer Chemotherapie behandelt wer- welche zusätzlichen Erkrankungen bestehen, die den. Besteht ein mittleres Risiko, wird anschlie- das Operationsrisiko erhöhen. ßend mit Mitomycin oder BCG für maximal ein Jahr weiterbehandelt. Kommt es hier zu einer Wieder- Dr. med. Edmond Schiek-Kunz kehr sollte eine BCG-Therapie erfolgen. Sollte ein Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 12
Medizin Neue Projekte Krebshilfe fördert Forschung zu ethischer Verantwortung in der Onkologie kranker Menschen, aber auch ethische Aspekte enorm wichtig“, sagte er. Man wolle einen Beitrag dazu leisten, der ethischen Verantwortung in der modernen Krebsmedizin gerecht zu werden. „Ärztinnen und Ärzte haben immer auch eine ethische Verantwortung gegenüber ihren Patien- tinnen und Patienten,“ unterstrich Wolf-Karsten Hofmann, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Mannheim und Vorsitzender des Fachausschusses „Versor- gung“ der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Dank enormer wissenschaftlicher Fortschritte in den letzten Jahrzehnten könne man Betroffene Betroffene können immer besser behandelt werden immer besser behandeln. „Allerdings stellen diese therapeutischen Erfolge uns Ärzte auch vor eine Die Stiftung Deutsche Krebshilfe will in den große Herausforderung. Während wir früher in der nächsten Jahren ethische Aspekte der Onkolo- Regel keine Wahl hatten, welches Medikament gie wissenschaftlich untersuchen, definieren und oder welche Therapie wir einsetzen, müssen wir Lösungskonzepte entwickeln. Dazu hat sie das heute abwägen: In welcher Situation ist welche Förderprogramm „Ethische Verantwortung in der diagnostische oder therapeutische Maßnahme im modernen Krebsmedizin“ initiiert. Sinne des Patienten angeraten?“ Insgesamt zehn interdisziplinäre Projekte, an de- Die moderne Krebsmedizin sei oftmals sehr kosten- nen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler intensiv, betonte Hofmann. „Und wir bewegen uns aus der Medizin, den Naturwissenschaften, der nicht in ökonomiefreiem Raum.“ Zudem müssten Ethik, Philosophie, Theologie und Soziologie betei- Ärztinnen und Ärzte häufig auch ethisch-moralisch ligt sind, werden von ihr in den kommenden drei urteilen und ihre Patienten zum Thema „Leben mit Jahren mit rund 3,8 Millionen Euro gefördert. Krebs“ beraten. „Dies ist keine einfache Aufgabe.“ Die jetzt ausgewählten Projekte konzentrieren Eine zunehmend wichtige Rolle spielen die Kommu- sich unter anderem auf eine bessere Wissensver- nikation mit dem Patienten und die gemeinsamen mittlung, auf Therapieentscheidungen in Grenz- Entscheidungen. Die derzeit existierenden medi- fällen sowie den Einfluss ökonomischer Faktoren zinischen Aufklärungsbögen leisteten allerdings auf onkologische Therapieentscheidungen. nicht das, was sie sollten, bedauerte Jan Schild- mann, Direktor des Instituts für Geschichte und „Die Krebsforschung und -medizin voranzubringen, Ethik der Medizin der Universitätsmedizin Halle. sind zentrale Anliegen der Deutschen Krebshilfe“, sagte Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Die Patientinnen und Patienten müssten die me- Deutschen Krebshilfe, bei der Vorstellung des neu- dizinischen Sachverhalte tatsächlich richtig ver- en Förderschwerpunktprogramms. stehen können, um die Informationen abzuwägen und vor dem Hintergrund eigener Werthaltungen Einen großen Teil der anvertrauten Spendengelder die für sie richtige Entscheidung zu treffen. Oft- investiere man in innovative und zukunftsweisende mals sei das momentan jedoch nicht der Fall, sag- Projekte und trage somit zu stetigen Weiterent- te er bei der Vorstellung seines Projekts. wicklungen in der Krebsbekämpfung bei. „Bei allen Fortschritten sind uns bei der Versorgung krebs- Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 13
Medizin „Mögliche Einschränkungen der Entscheidungs- In den kommenden drei Jahren will Lückmann Er- fähigkeit sind eine Komplexität der Informatio- klärungsansätze für die Wirkung der Finanzie- nen und Handlungsoptionen, zeitweise kognitive rungen des Gesundheitssystems auf Therapie- Einschränkungen aufgrund von psychischen und entscheidungen finden. Dazu will sie qualitative sozialen Belastungen, ein verminderter Bildungs- Interviews mit Ärzten, Ärztinnen und Studierenden grad oder kognitive Defizite“, erläuterte der Arzt führen, um zu analysieren, wie diese die ökonomi- und Medizinethiker. sche Beeinflussung in der Onkologie wahrnehmen. Gleichzeitig sollen die Daten der Krankenkassen Im Rahmen seines Projekts, bei dem die Onkolo- und Krebsregister quantitativ analysiert werden. gie, Ethik, Soziologie und das Medizinrecht mit- einander verwoben werden, sollen die Aufklä- Ob Gespräche zu Lebensende, Sterben und Tod rungsbögen verändert werden. Eine vereinfachte durch eine App unterstützt werden können, wird beziehungsweise klare Sprache, Visualisierung Carola Seifart von der Arbeitsgruppe Ethik in der sowie digitale Unterstützung in Form von Videos Medizin der Universität Marburg untersuchen. „Ge- sind einige Ansätze für eine verbesserte Vorberei- rade bei Patientinnen und Patienten mit fortge- tung auf das ärztliche Aufklärungsgespräch. schrittenen Tumorerkrankungen sind gemeinsame Gespräche zur Therapiezielfindung erforderlich, die Schildmann erwartet in den nächsten Jahren mehr Erwartungen hinsichtlich eines zu erzielenden Ge- Wissen über individuelle Merkmale für Vulnerabi- sundheitszustandes widerspiegeln“, erläuterte sie. lität der Entscheidungsfähigkeit der Patientinnen „Wenn Krebs nicht heilbar ist, werden andere As- und Patienten sowie mehr Informationen über pekte für Lebensqualität wichtig.“ institutionelle Barrieren. Gefunden werden sollen auch neue Lösungsstrategien zur Unterstützung Momentan würden diese Therapiezielfindungsge- der Entscheidungsfähigkeit in der Onkologie. spräche jedoch noch viel zu selten geführt, so Sei- fart. Ursachen seien vielfältige Barrieren, sowohl Der Frage, welchen Einfluss ökonomische Fak- auf ärztlicher als auch auf der Seite der Patientin- toren auf onkologische Therapieentscheidungen nen und Patienten und ihren Angehörigen. In ihrem haben, wird Sara Lückmann vom Institut für Medi- Projekt will Seifart deshalb untersuchen, ob durch zinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik einen strukturierten Einsatz von interaktiven Apps der Universitätsmedizin Halle nachgehen. Sie wol- die Anzahl an Therapiezielfindungsgesprächen und le im Rahmen ihres Projekts erstmals umfassen- gesundheitsbezogenen Vorausplanungen (Advance de Daten zur ökonomischen Beeinflussung onko- Care Planning, ACP) erhöht und die Patientenkom- logischer Therapieentscheidungen in Deutschland petenz bezüglich der fortgeschrittenen Krankheits- zur Verfügung stellen, sagte sie. situation verbessert werden kann. Gleichzeitig wolle ihr Team Strategien und Hand- „Therapiezielfindungsgespräche generell sind asso- lungsmöglichkeiten zur Minimierung ökonomischer ziiert mit weniger Aufnahmen auf Intensivstationen, Einflüsse auf Therapieentscheidungen in der Onko- höherer Lebensqualität in der letzten Lebensphase, logie entwickeln. „Häufig ist der erste Impuls, dass einer Stärkung des Arzt-Patienten-Verhältnisses, es doch keinen Einfluss ökonomischer Faktoren auf einer geringeren familiären Belastung und vermin- onkologische Therapieentscheidungen geben darf. derten Gesundheitskosten“, erläuterte sie. Es ist aber so“, sagte die Versorgungsforscherin. Stefanie Houwaart, Patientenbeauftragte der Stif- Beispiele seien die Einführung des morbiditätsori- tung Deutsche Krebshilfe, begrüßte den Start der entierten Risikostrukturausgleichs im ambulanten zehn ausgewählten Projekte. Sie seien von „höchs- Sektor. Dieser hätte zu einem überproportionalen ter Relevanz und Brisanz“ und legten den Finger in Anstieg relevanter Diagnosen geführt. Und auch die Wunde, sagte sie. „Es ist gut, dass die Krebshilfe die Manipulation des Geburtsgewichtes in der sie mutig fördern kann.“ Es dürfe nicht nur die klini- Neonatologie sei ein Ausdruck des Kostendrucks. sche und wissenschaftliche Evidenz im Mittelpunkt „Studien zeigen, dass Ärztinnen und Ärzte einem stehen, sondern auch die Patientenpräferenzen und wachsenden Druck ausgesetzt sind, bei patienten- deren moralische Ansprüche. „Jeder muss individuell bezogenen Entscheidungen betriebswirtschaftli- für sich eine gute Versorgung finden können.“ che Interessen zu berücksichtigen“, erklärte sie. © ER/aerzteblatt.de Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 14
Aus den Verbänden Besonderes Jubiläum Die Deutsche ILCO e. V. feiert den 50. Geburtstag Im Jahr 2022 feiert die ILCO den 50. Geburtstag Das Jahr 2022 ist für die Deutsche ILCO e. V. ein Besonde- Für die Zukunft hat sich die ILCO noch viel vorgenommen: Für res: Der Verband feiert seinen 50. Geburtstag. Am 28. Januar Stoma-Trägerinnen und -Träger ist die volle gesellschaftliche 1972 hatten 15 Personen, die sich in der Privatwohnung des Teilhabe ohne Diskriminierungen längst noch nicht erreicht. ILCO-Gründers und Arztes Dr. Konrad Arnold in Wiesbaden Man denke nur an die Arbeitswelt oder die angespannte finan- trafen, die Gründungsurkunde des Verbandes unterzeichnet. zielle Situation vieler chronisch kranker Menschen. Kooperati- Der Mediziner hatte während eines Fortbildungsaufenthalts onen mit der Stiftung Deutsche Krebshilfe, anderen Selbst- an einem Krankenhaus in England dort einen ganz anderen hilfeorganisationen, medizinischen Institutionen und anderen Umgang mit Stomapatienten als in Deutschland und den Beteiligten werden immer wichtiger. Daher engagiert sich die Gedanken der Selbsthilfe kennengelernt. Zurück in der Hei- ILCO auf diesem Feld sehr aktiv. So haben beispielsweise der mat hat er sich dann mit ganzer Kraft dafür engagiert, auch Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs (ShB) und die ILCO im Jahr 2021 hier eine Selbsthilfeorganisation für Stomapatientinnen und eine Kooperationsvereinbarung für eine engere Zusammen- -patienten ins Leben zu rufen. Dies gelang ihm 1972 und der arbeit abgeschlossen. Nicht erst seit Corona ist klar, dass die Verband trug fortan den Namen Deutsche ILCO e. V.. Noch ILCO auch in der digitalen Welt präsent sein muss. Daher neh- heute ist die „Dr. Konrad-Arnold-Dankesplakette“ die höchs- men digitale Angebote immer breiteren Raum ein. Die Arbeit te Auszeichnung in der ILCO, die nur an besonders engagier- und die Ziele gehen der ILCO auch in Zukunft nicht aus. te, ehrenamtlich Aktive verliehen wird. Der Höhepunkt des Jubiläumsjahrs werden die ILCO-Tage In den 50 Jahren des Bestehens hat die gemeinnützige Orga- vom 9. – 11. September 2022 in Verbindung mit einer Fest- nisation viel erreicht: Durch die verbesserten Versorgungsma- veranstaltung zum 50-jährigen Jubiläum in Mannheim sein. terialien haben sich die Lebenssituation und die sozialen Mög- Dort treffen sich ILCO-Aktive, um gemeinsam zu feiern, aber lichkeiten vieler Betroffener stark verbessert. Das Konzept der auch um im inhaltlichen Teil sich mit medizinischen Kom- Selbsthilfe als wichtige Säule der deutschen Gesundheits- und plikationen für Stomaträger, der Situation der Angehörigen Sozialpolitik ist mittlerweile etabliert. Dank wissenschaftlicher oder den Anliegen der Jungen ILCO zu beschäftigen. Forschung und Fortschritten in der Medizin sind die Pers- pektiven von Patientinnen und Patienten, die heutzutage an Darmkrebs erkranken oder aus anderen Gründen ein Stoma Die höchste Auszeichnung benötigen, deutlich besser als in den ILCO-Gründungstagen. für Ehrenamtliche Das Wichtigste ist aber, dass Darmkrankheiten und Krebser- in der ILCO krankungen innergesellschaftlich nicht länger als absolute Tabuthemen gelten, über die man nicht reden kann. Auf allen diesen Feldern hat es die ILCO geschafft, durch eine engagier- © ILCO e. V. te Interessenpolitik für die Mitglieder sowie die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Medizinern, Berufsverbänden, der Poli- tik, anderen Selbsthilfe-Organisationen und den Herstellern die Situation der Betroffenen zu verbessern. Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 15
Aus den Verbänden Neue Wege Die Deutsche ILCO e. V. testet Online-Besucherdienst in NRW Die Corona-Pandemie hat auch den traditionell persön- In der zweiten Jahreshälfte 2020 sammelten ehrenamtlich lichen Besucherdienst der ILCO über Monate blockiert. tätige Mitarbeiter der ILCO im internen Kontakt bereits ers- Der Landesverband NRW nahm das zum Anlass, ein te Erfahrungen mit den digitalen Kommunikationsmitteln. Konzept für einen Online-Besucherdienst zu entwickeln Überrascht stellten wir fest, wie einfach es ist, moderne und in der Praxis zu erproben. An jedem Tag der Woche Technik zu nutzen und durch sie in Kontakt zu treten. sind Expertinnen und Experten der ILCO während einer Stunde für neu Betroffene via Tablet zu sprechen. Nicht Die Vorteile lagen auf der Hand: Sich endlich zu sehen nur unter Corona-Bedingungen bietet das Konzept für und auszutauschen und dazu brauchen wir nicht einmal die Zukunft der ILCO Perspektiven. das gemütliche Zuhause zu verlassen – das alles abso- lut risikofrei und coronakonform. Diese positiven Erfah- „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ rungen ließen erste Gedankenspiele zu. „Wie kann ein (Friedrich Schiller) Online-Treffen für Patienten in den rund 60 zertifizierten Darmkrebszentren in NRW aussehen?“ fragten sich Mar- Das Zitat von Schiller aus dem 18. Jahrhundert ist erstaun- tina Richter und Bernd Krämer (Landesverband NRW). lich aktuell. Die neuen digitalen Veränderungen erfordern Eine neue Idee nahm langsam Gestalt an. von uns ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit. Eine He- rausforderung für uns alle, ob jung oder alt. Sie erfasst alle Die Idee, einen Online-Besucherdienst anzubieten, stell- Lebensbereiche. Für Selbsthilfegruppen, wie die ILCO, stehen te Martina Richter erst einmal auf einem regionalen Aus- bewährte Kommunikationswege, wie der persönliche Besu- tauschtreffen vor. Wie sollte das in der Praxis konkret cherdienst, plötzlich nicht mehr zur Verfügung. Gewohnte funktionieren? Über eine täglich einstündige Online-Prä- und vertraute Wege fallen weg. Umdenken ist gefragt, neue senz! Jeder Tag von Montag bis Sonntag sollte abgedeckt Überlegungen sind gefordert. Es bedeutet unser Engage- werden. Dazu bedurfte es einer ordentlichen Anzahl an ment neu auszurichten, Situationen neu zu bewerten und Freiwilligen, die bereit waren und sind, jede Woche an ei- Ressourcen neu und anders zu bündeln. Wir sind alle ge- nem Tag für eine Stunde am PC ihre Zeit zur Verfügung zu fordert, eine neue Richtung einzuschlagen, aufkommenden stellen. Im Idealfall bedeutete das 14 Aktive, damit auch Schwierigkeiten zu trotzen, all den neuen Herausforderun- Urlaubs- und Krankheitstage abgedeckt werden können. gen etwas Positives abzugewinnen. Mein Motto kommt mir Ein solches Angebot benötige viele Schultern, die mit Mo- unweigerlich in den Sinn. Wenn ich meine lieb gewonnenen tivation und Ideen die Lasten tragen würden. Wege verlassen muss, sage ich mir: „Auf zu neuen Ufern!“ Als Martina Richter die Idee präsentierte, fanden sich auf Anhieb viele Freiwillige. Die erste Hürde war geschafft. Jetzt rückte die Flyergestaltung in den Fokus. In einem Austausch-Workshop präsentierten Martina und Bernd die Idee, die Ansprache der Patientinnen und Patienten in Form eines angedachten Tablets zu gestalten. Geniale Idee fanden die Workshop-Teilnehmenden. Der Text und das Outfit benötigten eine kleine „Generalüberholung“. Zügig fand sich ein kleines Team, welches gerne mit sei- nen Ideen unterstützend zur Seite stehen wollte. Ein gemeinsames Zoom-Treffen brachte den gewünschten Durchbruch. Aus dem Entwurf entstand die endgültige Druckvorlage. Der Flyer wurde auf 450 Gramm schwerem Autorin Silvia Porschen auf dem Weg zu neuen Ufern Papier gedruckt. Die Haptik, das Gefühl beim Berühren, spielte eben für uns Menschen eine große Rolle und sollte Im Januar 2021, nach fast einem Jahr Pandemieerfahrung, berücksichtigt werden. Wir freuten uns über das gute Er- überlegte der Landesvorstand NRW, wie mithilfe der neuen gebnis in diesem Projekt und hofften sehr, dass sich die Medien ein Besucherdienst für neu betroffene Patienten in Patientinnen und Patienten angesprochen fühlten, wenn den Akutkliniken angeboten werden könnte. Wie ließe sich sie den Tablet-Flyer in der Hand halten würden. der bis dahin angebotene persönliche Besucherdienst di- rekt am Krankenbett mit der digitalen Technik umsetzen? Die Harnblase Ausgabe Juni 2022 16
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