Baudirektion ZUP 95Zürcher Umweltpraxis - Kanton Zürich
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Kanton Zürich Baudirektion ZUP 95 Zürcher Umweltpraxis Dezember Monat 2016 2019 Wasser / Abfall Belastete Seestandorte finden Seite 5 und 9 Wald Waldschäden nach Stürmen bewältigen Seite 21 Verkehr / Naturschutz Landschaftsverbindungen wiederherstellen Seite 25 und 29
Editorial Schäden wieder gutmachen 3 Wasser / Altlasten Belastete Standorte in den Zürcher Seen 5 Wasser Geschiebesanierung schafft wertvolle Lebensräume 9 Wasser / Biosicherheit Pfäffikersee: Neue Methoden gegen gebietsfremde Arten 11 Zürcher Umweltpraxis (ZUP) Informations-Bulletin der Umweltschutz- Fachverwaltung des Kantons Zürich Wasser / Siedlung 26. Jahrgang Regenwasser länger Inhalt an der Oberfläche halten 15 Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den am Anfang jedes Beitrags genannten Personen bzw. bei der Verwaltungsstelle. Lärm / Luft Feuerwerkslärm beeinträchtigt Redaktion, Koordination und Produktion Leitung der Gesamtproduktion: mehr als gedacht 17 Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Zürich (KofU), Baudirektion Umweltbildung Postfach, 8090 Zürich Telefon 043 259 24 17, kofu@bd.zh.ch Schule unter freiem Himmel 19 Redaktorin: Isabel Flynn, isabel.flynn@bd.zh.ch Wald Redaktionsteam Waldschäden effizient Daniel Aebli (Tiefbauamt/Lärm) Daniela Brunner (AWEL Amt für Abfall, und überlegt bewältigen 21 Wasser, Energie und Luft/Betriebe) Isabel Flynn (Redaktorin, KofU) Naturschutz / Verkehr Franziska Heinrich (ALN/Amt für Landschaft Im Durchgang queren Fuchs und Natur) Thomas Hofer (Statistisches Amt) und Hase die Autobahn 25 Sarina Laustela (Stadt Uster) Thomas Maag (BD/Kommunikation) Naturschutz / Verkehr Alex Nietlisbach (AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft/Energie) Interview: Stolpersteine Nicole Schwendener-Perret (KofU) für neue Landschaftsverbindungen 29 Fabio Wintsch (Gemeindeberatung, Springer) Erscheinungsweise Naturschutz / Landwirtschaft Drei- bis viermal jährlich. Gedruckt bei der Hilfe für hungrige Nützlinge im Feld 31 Zürcher Druckerei ROPRESS Abonnements Konsum / Klima Die ZUP ist kostenfrei erhältlich (gedruckt Klimaschonend wohnen 33 oder / und elektronisch) unter: www.umwelt- schutz.zh.ch l Zürcher Umweltpraxis; kofu@bd.zh.ch. Dort oder per Mail sind Abfall auch Adress- und Abonnementsänderungen Bauteile wiederverwenden möglich. statt wegwerfen 35 Nachdruck Die in der Zürcher Umweltpraxis (ZUP) Impressum 2 erscheinenden Beiträge sind unter Quellen- angabe zur weiteren Veröffentlichung frei. Vollzugshinweise 4 Bei Kontaktnahme (Tel. 043 259 24 18) stehen Kolumne: Der Baudirektor meint – zur Natur-Initiative 4 auch die verwendeten Grafiken zur Verfügung. Publikationen, Vermischtes, Veranstaltungen 37 Belege sind erbeten an die Koordinations- stelle für Umweltschutz des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich. Sämtliche erschienenen ZUP-Beiträge finden Sie über die Artikelsuche auf www.umweltschutz.zh.ch/zup Quelle Hier können Sie auch direkt auf Themenhefte und Themen- Auch saubere Seen können am Seegrund schwerpunkte zugreifen. belastete Standorte haben oder Neobiota beherbergen. Quelle: Jules Henze, Flickr, CC BY-SA 2.0 Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Refutura mit dem blauen Engel, klimaneutral und mit erneuerbarer Energie www.umweltschutz.zh.ch/zup
Editorial 3 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Schäden wieder gutmachen Der Mensch hat über Jahrzehnte die Umwelt stark beeinflusst. Einige seiner Akti- vitäten haben Schäden hinterlassen. Daraus zieht man heute die Konsequenzen und versucht sie wo möglich zu beheben. In dieser Ausgabe werden mehrere kantonale Projekte vorgestellt, die eine solche Verbesserung zum Ziel haben. Zürich-, Greifen- und Pfäffikersee wurden von früheren Generationen ver- schmutzt, besonders durch ehemalige Fabriken am Seeufer. Erstmals haben die kantonalen Altlastenfachleute mit einer neuen Methode systematisch Über- blick über die belasteten Seestandorte geschaffen. Das ist die Voraussetzung dafür, sie zu sanieren (Seite 5). In vielen Gewässern, zum Beispiel in Rhein und Zürichsee, sind auch Neobio- ta zu einem Problem geworden. Erst einmal eingewandert, bekommt man sie kaum mehr los. Dies soll im Pfäffikersee gar nicht erst passieren. In den letzten Isabel Flynn Redaktorin «Zürcher Umweltpraxis» drei Jahren hat der Kanton erfolgreich getestet, wie man die Einschleppung Koordinationsstelle für Umweltschutz von Neobiota verhindern kann (Seite 9). Generalsekretariat Baudirektion Telefon 043 259 24 18 Eingriffe und Anlagen haben an vielen Fliessgewässern deren Geschiebe- Isabel.flynn@bd.zh.ch haushalt gestört. Der ist aber essenziell, damit Kiesbänke und lebendige www.umweltschutz.zh.ch Auen- und Flusslandschaften entstehen können. Stark beeinträchtigende Anla- gen müssen darum saniert werden. Kanton, Gemeinden und Anlagenbetreiber arbeiten dafür zusammen (Seite 13). Auch die Mobilität hat ihre Spuren in der Landschaft hinterlassen. Grosse Ver- kehrsbauten haben die Lebensräume der Wildtiere in immer kleinere Fragmente zerschnitten. Mit dem Projekt «Wiederherstellung von Landschaftsver- bindungen» macht das Tiefbauamt die Lebensräume wieder durchlässiger (Seite 25 und 29). Der Kanton setzt sich in vielen Bereichen dafür ein, Schäden zu beheben und neue zu verhindern. Aber auch andere Akteure können aktiv werden, beispiels- weise Schulen, Landwirte und Gemeinden. Und jeder Einzelne kann etwas tun: klimaschonend wohnen (Seite 33), Bauteilbörsen nutzen und Geräte wie- derverwenden (Seite 35), auf Feuerwerk verzichten (Seite 17) und wo möglich Regenwasser versickern oder zurückhalten (Seite 15). Ich wünsche Ihnen Schwung für die letzten Wochen im Jahr 2019. Herzlich Isabel Flynn Redaktorin Zürcher Umweltpraxis www.umweltschutz.zh.ch/zup
Recht und Vollzug 4 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 eBaugesucheZH kurz vor der der Zürcher Regierungsrat bereits 2011 Der Baudirektor Einführung die SIA-Erdbebennormen in der Beson- meint ... Bald können Baugesuche im Kanton deren Bauverordnung I (BBV I; LS ... zur Natur-Initiative Zürich digital eingereicht werden. Die 700.21) als verbindlich erklärt. Weil die Realisierung der elektronischen Platt- SIA-Normen in der Zwischenzeit über- form eBaugesucheZH steht vor dem arbeitet und teilweise neu benannt Abschluss. Die Pilotapplikation wurde wurden, hat der Regierungsrat mit Be- Ende Juni ausgeliefert und internen schluss vom 10. Juli 2019 die BBV I Tests unterzogen. entsprechend nachgeführt. Die Ziffern Die Bausoftware der Gemeinden und 2.9.1 und 2.9.2 des Anhangs verwei- die Geschäftskontrolle der Leitstelle sen neu für Neubauten auf die Normen für Baubewilligungen sind an die Platt- SIA 260-267, Tragwerksnormen res- form angebunden. Bis Ende November pektive für bestehende Bauten auf die wird dieses Gesamtsystem in einem Norm SIA 269/8, Erhaltung von Trag- nicht öffentlichen Pilotbetrieb geprüft. werken – Erdbeben. Diese Verordnungs- Anschliessend werden allfällige Fehler änderung ist am 1. Oktober 2019 in und technische Probleme behoben, Kraft getreten. so dass der elektronische Baubewilli- Die Baudirektion unterstützt mit ver- gungsprozess im Januar 2020 im Rah- schiedenen Massnahmen die Verbes- Regierungsrat Martin Neukom, men eines öffentlichen Betabetriebs serung der Erdbebensicherheit. So hat Baudirektor mit rund 20 Gemeinden starten kann. das AWEL im März 2018 den Leitfaden Die Pilotgemeinden Aesch, Aeugst am «Erdbebenprävention bei Anlagen der «Die Biodiversität hat einen schweren Albis, Dübendorf, Pfäffikon, Richterswil Wasserversorgung und Abwasserent- Stand, auch im Kanton Zürich. Der und Winterthur, welche die Applikation sorgung» sowie ein ergänzendes Infor- Rückgang der Arten ist dramatisch und bereits getestet haben, gehen nahtlos mationsblatt herausgegeben vollzieht sich rasch. Vor diesem Hinter- in den öffentlichen Betrieb über. Zwölf (www.awel.zh.ch, Seite 37). grund ist die Natur-Initiative, ergriffen weitere Gemeinden haben signalisiert, Weitere Informationen: von fünf Naturschutzverbänden, zu dass sie eBaugesucheZH im Beta- Bundesamt für Umwelt (BAFU), Thema Erdbeben: begrüssen. Sie bezweckt die Erhöhung betrieb einführen möchten. www.bafu.admin.ch/erdbeben der jährlichen Einlage in den Natur- und Die Rückmeldungen aus dem ersten Allgemeine Auskünfte zum Thema Erdbebensi- Heimatschutzfonds (NHF) von heute 18 Semester 2020 werden zeigen, welche cherheit im Kanton Zürich: bis 30 Mio. Franken auf neu mindestens Patrik Louis, Stv. Leiter Sektion Recht, General- weiteren Optimierungen im Bereich der sekretariat, Stab, Baudirektion Kanton Zürich, 50 Mio. Franken. Zudem soll der Zweck Nutzerfreundlichkeit und Plattformpro- Telefon 043 259 28 21, patrik.louis@bd.zh.ch des NHF auf die Renaturierung öffent- zesse notwendig sind, um die Qualität | Publikationshinweise Seite 37 licher Gewässer ausgedehnt werden. von eBaugesucheZH nochmals zu ver- Hierfür sind jährlich mindestens fünf bessern. Vorgesehen ist, das Projekt Revision von Verordnungen im Mio. Franken einzusetzen. im dritten Quartal 2020 abzuschliessen Energiebereich Die Initiative hat allerdings einige Män- und eine aktualisierte Version der Platt- Der Bundesrat hat in seiner Sitzung gel, die die politische Akzeptanz in Fra- form im ganzen Kanton Zürich einzu- vom 23. Oktober 2019 Teilrevisionen ge stellen. Darum hat der Regierungs- führen. Gemeinden mit Bausoftware, der Energieeffizienzverordnung, der rat einen Gegenvorschlag erarbeitet. welche auf diesen Zeitpunkt hin eine Energieförderungsverordnung und der Am 26. November habe ich ihn den Anbindung an die Plattform anstreben, Energieverordnung beschlossen. Diese Medien vorgestellt. Er sieht eine jährli- benötigen dazu die Erweiterung ihrer bezwecken diverse Vereinfachungen che Einlage von 40 bis 60 Mio. Franken Bausoftware. und Berechnungsgrundlagen. Dazu vor. Für die Gemeinden interessant ist www.ebaugesuche.zh.ch gehören unter anderem eine verständ- zum Beispiel die Möglichkeit, aus dem lichere und übersichtlichere Energie- NHF Beiträge für Fördermassnahmen Bauliche Erdbebenvorsorge etikette für Personenwagen, eine leich- für die Fischfauna und weitere gefähr- Stärkere Erdbeben kommen im Kanton te Senkung der Vergütungssätze für dete Arten in und an Gewässern zu er- Zürich zwar selten vor. Im Ereignisfall Photovoltaikanlagen, die aufgrund der halten. besteht jedoch im Kanton Zürich ein weiterhin sinkenden Anlagenpreise er- hohes Schadenrisiko – besonders auf- folgt, sowie höhere Investitionsbeiträge grund des grossen Gebäude- und Inf- für Grosswasserkraftanlagen, die ihre rastrukturbestands. Speicherkapazität ausbauen. Letzteres Mit einer frühzeitigen und fachgerech- soll besonders in den Wintermonaten ten Anwendung der Erdbebenbestim- zu einer verbesserten Versorgungssi- weiteren Massnahmen im nächsten mungen der SIA-Tragwerksnormen cherheit beitragen. Die revidierten Ver- Ausbauschritt der Bahninfrastruktur kann die Erdbebensicherheit bei Neu- ordnungen treten am 1. Januar 2020 in(STEP 2035) können die grössten Eng- und Bestandesbauten oft bereits mit Kraft. pässe im Schienennetz im Grossraum geringem Aufwand erheblich verbes- www.admin.ch/news Zürich beseitigt werden. Davon pro- sert werden. Als anerkannte Regeln fitieren einerseits jeden Tag hundert- der Baukunde müssen die SIA-Erdbe- Ausbau Bahnangebot im Kanton tausende S-Bahn-Passagiere, und an- ben-Normen zwingend eingehalten Zürich dererseits wird auch das Rückgrat des werden. Dank der beiden Schlüsselprojekte Fernverkehrs, die nationale Ost-West- Um dem erdbebengerechten Bauen Brüttenertunnel und Ausbau des Bahn- Achse, gestärkt. zusätzlich Nachdruck zu verleihen, hat hofs Stadelhofen sowie zahlreichen Zürcher Verkehrsverbund www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Altlasten 5 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Belastete Standorte in den Zürcher Seen Im Kataster der belasteten Standorte (KbS) des Kan- tons Zürich sind knapp 6000 Standorte erfasst. Nicht berücksichtigt waren Der Zürichsee ist Inbegriff eines sauberen Sees. Wie sieht es am Seegrund aus? bisher die Zürcher Seen. Quelle: Dr. von Moos AG Mit der Untersuchung der See-Sedimente wurde diese Lücke nun geschlos- sen. Sollen ein Haus gebaut, ein Spielplatz im Kanton Zürich – Zürichsee, Greifen- Dr. Bettina Flury, Projektleiterin angelegt, Tierhaltung oder Ackerbau see und Pfäffikersee – systematisch auf Ernst Aeschimann (Stv. Projektleiter) betrieben werden, genügt ein Blick in Belastungen zu untersuchen. Das Pro- Sektion Altlasten das Geographische Informationssys- jekt «KbS Seen» war geboren. Abfallwirtschaft und Betriebe AWEL Amt für tem (GIS) des Kantons Zürich. Hier ist Abfall, Wasser, Energie und Luft neben den erlaubten Nutzungen auch Wie findet man Belastungen Baudirektion Kanton Zürich verzeichnet, wo Belastungen nachge- in Seen? Telefon 043 259 32 40 bettina.flury@bd.zh.ch wiesen oder zu vermuten sind. Wie ist Die Mehrheit der Belastungen im See ist das aber mit den Seen, in denen wir ba- visuell nicht wahrnehmbar. Oft wurden www.gis.zh.ch | Altlasten den und fischen und die wir als Trink- diese im Lauf der Zeit durch unbelastete wasserreservoir nutzen? Das Projekt Sedimentschichten überlagert. Zur ge- | ZUP58, 2009, «Erfolgreiche Säuberung der Teerablagerung Thalwil» «KbS Seen» liefert die Antworten. zielten Suche müssen daher verschie- dene Strategien eingesetzt werden: Industrie und Gewerbe am Ufer – Eine wichtige Grundlage bilden der verursachten Verschmutzungen Kataster der belasteten Standorte Nahe am Wasser zu liegen, war für viele an Land und die historische Unter- Betriebe lange Zeit ein wertvoller Stand- suchung der belasteten Standorte. ortvorteil. Das Gewässer konnte für An- So können Bereiche ausgeschieden trieb und Kühlung genutzt werden. Es werden, welche durch die Ableitung diente aber auch zur einfachen Entsor- betrieblicher Abwässer oder Abfälle gung von Abwässern oder flüssigen Ab- eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für fällen. Zudem wurde das Siedlungsab- Belastungen in den See-Sedimen- wasser der Seekommunen bis in die ten aufweisen. 1960er Jahre häufig unbehandelt in die – Die Vermessung der Topographie Seen eingeleitet. des Seebodens erlaubt ebenfalls So fanden grosse Mengen Schadstoffe Rückschlüsse auf Einleitungen und den Weg in die Seen, die nicht oder nur Ablagerungen. Sie gibt zudem Hin- schwer abbaubar sind. Durch den Men- weise auf Rutschungen und damit schen verursacht entstanden so einer- eine mögliche Mobilisierung der seits eine Hintergrundbelastung in den See-Sedimente. Sedimenten des ganzen Sees und an- – Der eigentliche Nachweis der Belas- derseits punktuelle verschmutzte Abla- tung erfolgt jedoch durch die geziel- gerungen in den ufernahen Bereichen. te Probenahme und analytische Un- In der Vergangenheit wurden bereits tersuchung der See-Sedimente in solche punktuellen Verschmutzungen verschiedenen Tiefen. gefunden, wenn bei einzelnen Betriebs- Das AWEL hat das Vorgehen von 2011 standorten mit bekannten Belastungen bis 2013 an einem ausgewählten See- am Seeufer auch die nahen See-Sedi- uferabschnitt getestet. Daraus wurden mente untersucht wurden. Erfahrungen geeignete Untersuchungsmethoden für aus diesen Untersuchungen führten das Projekt «KbS Seen» abgeleitet und zum Entschluss, die drei grossen Seen miteinander kombiniert. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Altlasten 6 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Industriestandort direkt am Zürichsee: Standort Papierfabrik Horgen (Aufnahme 1925 und heute). Quelle: AWEL Hintergrundbelastung Wann ein Standort Wie wird eine Belastung der See-Sedimente als auffällig gilt zu einem KbS-Standort? Will man punktuelle Belastungshotspots Durch dieses Vorgehen konnte das Wesentlich für die Definition eines be- abgrenzen, muss die Hintergrundbelas- AWEL für den Zürichsee erstmals in der lasteten Standortes – unabhängig ob tung des Seegrunds bekannt sein. An Schweiz seespezifische Hintergrund- an Land oder im See – sind erhöhte Land sind Hintergrundbelastungen sehr werte für verschiedene Schadstof- Schadstoffbelastungen. Aber entschei- gut untersucht, für die See-Sedimente fe festlegen. Sedimentbelastungen im dend ist die räumliche Abgrenzung von gilt dies aber nicht. Die Bestimmung Bereich dieser Hintergrundwerte gel- der Hintergrundbelastung. In Abspra- der Hintergrundbelastung war daher ein ten als unauffällig und sind im gesam- che mit dem Wasserforschungsinstitut wichtiger Teil des gesamten Projekts. ten Zürichsee verbreitet. Werden da- Eawag hat das AWEL festgelegt, dass Als Grundlage dienten Untersuchungs- gegen Schadstoffkonzentrationen im eine fünffache Überschreitung des Hin- resultate von See-Sedimentproben Sediment gemessen, die diesen Hin- tergrundwerts eine KbS-relevante Be- im Zürichsee aus Bereichen ohne Ver- tergrundwert überschreiten, gilt dieser lastung ist. Dies bedeutet: Ein Eintrag in dachtsmomente auf hohe Belastun- Standort als auffällig. den KbS erfolgt, wenn im Abstand von gen. Mit den Auswertungen konnte das Zu beachten ist, dass die Hintergrund- 100 Metern bei mindestens zwei Sedi- AWEL zeigen, dass sich die meisten belastungen in anderen Schweizer mentproben der obersten 30 Zentime- Stoffe gleichmässig auf die See-Sedi- Seen je nach Besiedlung und Nutzung ter Belastungen über dem fünffachen mente verteilen. Die gefundenen Kon- des Seeufers von derjenigen des Zü- Hintergrundwert vorliegen. zentrationen liegen also auch an ganz richsees abweichen können. Diese Definition berücksichtigt mehrere verschiedenen Standorten im See im Aspekte: Einerseits wird damit die Er- vergleichbaren Bereich. Die gemesse- kenntnis berücksichtigt, dass die Belas- nen Hintergrundbelastungen sind we- tung der See-Sedimente ab einer Tiefe gen der jahrzehntelangen Ableitung von 30 Zentimetern stark abnimmt. An- verschiedener Abwässer aber nicht dererseits sind Belastungen bis hin zum überraschend. fünffachen Hintergrundwert zwar auffäl- lig, aus human- und ökotoxikologischer Sicht besteht aber keine Gefährdung. Schliesslich wird mit dieser Anforde- Links: Probenahme der Dr. von Moos AG vom Boot aus, Mitte: Sedimentkerne Rechts: Untersuchungen des AWEL Gewässerschutzlabors im Uferbereich. Quelle: Dr. von Moos AG www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Altlasten 7 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Taucher der Seepolizei machen sich vor Uetikon bereit, den Seeuntergrund zu untersuchen. Quelle: Dr. von Moos AG rung verhindert, dass einzelne punktu- barer Umgebung der aufgefundenen Was der Kataster der elle Belastungen ohne räumliche Aus- Belastung. Insgesamt ergaben sich mit belasteten Standorte (KbS) dehnung zu einem KbS-Eintrag führen. diesem zweistufigen Vorgehen in den bedeutet Aus dieser Definition ergibt sich aber drei Seen über 230 Sondierstandorte. Der Kataster der belasteten Standorte auch, dass für einen KbS-Standort, der (KbS) ist im Geografischen Informati- mit den obigen Kriterien ausgeschieden Fünf neue KbS-Standorte … onssystem GIS integriert und öffentlich werden kann, grundsätzlich ein weite- Die Resultate zeigen, dass über die ge- zugänglich (www.gis.zh.ch). Er zeigt rer Untersuchungsbedarf besteht. Die- samten untersuchten Seebereiche eine auf, wo Belastungen vorliegen, die alt- ser orientiert sich an den Vorgaben der recht einheitliche Hintergrundbelastung lastenrechtliche oder abfallrechtliche Altlasten-Verordnung (AltlV). vorliegt. Die festgelegten Hintergrund- Massnahmen erfordern. Die Standorte werte werden selten überschritten. Nur sind eingeteilt in Ablagerungs-, Be- Systematische Beprobung bei fünf Standorten wurde eine fünf- triebs- und Unfallstandorte. Zu jedem der See-Sedimente fache Überschreitung des Hintergrund- Standort gibt der KbS Auskunft dar- Die Beprobung der Sedimente im Zü- werts festgestellt. Diese wurden durch über, richsee, Greifensee und Pfäffikersee er- zusätzliche Sondierungen bestätigt. – ob von der Belastung schädliche folgte von 2016 bis 2019 in zwei Schrit- Vier Standorte befinden sich im Zürich- oder lästige Einwirkungen auf die ten. Zuerst wurde ein Grundraster see vor Wädenswil, Käpfnach, Männe- Umwelt ausgehen, erstellt. Dann folgte bei auffälligen Er- dorf und Stäfa. Ein Standort liegt im – welche Untersuchungen bereits gebnissen eine engmaschigere Bepro- Greifensee vor Uster. Diese fünf Stand- durchgeführt wurden, und bung. orte werden neu in den KbS aufgenom- – ob Massnahmen zum Schutz der Die Sedimentkerne wurden mit Ramm- men und weiteren altlastenrechtlichen Umwelt erforderlich sind. kolben gestochen und analytisch un- Untersuchungen unterzogen. Sanierungsbedürftige belastete Stand- tersucht. In Bereichen mit Verdacht auf orte werden als Altlasten bezeichnet. Belastungen entlang der Uferlinien ge- … aber zehn KbS-Standorte Im Kanton Zürich wurde die systema- schah dies vorerst in einem Abstand in Zürcher Seen insgesamt tische Erhebung der belasteten Stand- von rund 200 Metern (Grundraster). Da- Aus früheren Abklärungen sind dem orte an Land bereits 2011 abgeschlos- bei wurden frühere Erfahrungen berück- AWEL zudem fünf weitere Standorte im sen. Der KbS mit seinen knapp 6000 sichtigt, nach denen allfällige Belastun- Zürichsee bekannt, welche die Kriteri- Standorten im Kanton Zürich hat sich gen vor allem in einer Wassertiefe von en für einen KbS-Eintrag erfüllen. Die- als Instrument zur Sanierung der Alt- 15 bis 20 Metern sowie in den obers- se Standorte sind bereits zuvor unter- lasten, aber auch für Bauvorhaben so- ten 30 Zentimetern der Sedimente vor- sucht und altlastenrechtlich beurteilt wie Hand- und Nutzungsänderungen liegen. worden (Zinnbelastung vor Oberrieden bewährt. Die Seebereiche waren bisher Sobald der Hintergrundwert um ein und Thalwil [ZUP 58], Teerölteppich des aber nicht berücksichtigt. Fünffaches überschritten war, erfolgte Gaswerks Thalwil, Papierschlamm Hor- eine Verdichtung des Grundrasters mit gen, Belastungen vor Horn Richters- zusätzlichen Sondierungen in unmittel- wil und Chemie Uetikon). Es handelt www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Altlasten 8 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Gefährdungsabschätzung in Seen – eine neue Herausforderung Wird an einem Standort eine Belastung gefunden, muss beurteilt werden, ob weitere Massnahmen zum Schutz der Umwelt erforderlich sind. Dazu wird eine Gefährdungsabschätzung durch- geführt, die den Vorgaben der Verord- nung über die Sanierung von belaste- ten Standorten (Altlasten-Verordnung, AltlV) entspricht. Bei landseitigen Be- lastungen sind dazu die Schutzgüter Grundwasser, Oberflächenwasser, Bo- den und Luft zu betrachten. Was zu beachten ist Für Belastungen in Seen bestand bisher noch kein etabliertes Verfahren. Des- wegen hat das AWEL zusammen mit dem Wasserforschungsinstitut Eawag sowie dem Zentrum für Angewandte Humantoxikologie (SCAHT) Kriterien für eine Gefährdungsabschätzung belaste- ter See-Sedimente erarbeitet. Zu betrachten sind hierbei drei Aspek- Zürcher Seestandorte im Kataster der belasteten Standorte. te: Quelle: AWEL 1. Das Risiko bezüglich der Einwir- kung auf die aquatische Umwelt (ökotoxikologisches Risiko). 2. Das Risiko für den Menschen (hu- sich um teilweise sehr stark belastete Pionierprojekt erfolgreich – mantoxikologisches Risiko). Ablagerungen am Seegrund. Ein Stand- Seen überwiegend sauber 3. Das Risiko für die Nutzung des Ge- ort wurde bereits saniert, die restlichen Das Projekt «KbS Seen» kann als wässers als Trinkwasserreservoir. sind in Planung. schweizerisches Pionierprojekt be- Für alle drei Aspekte werden die Krite- Insgesamt ergeben sich für den Kan- zeichnet werden: Die belasteten Stand- rien Schadstoffpotenzial sowie Expo- ton Zürich somit zehn Standorte in den orte in den drei grössten Zürcher Seen sition und Freisetzungspotenzial be- Seen, die im Kataster der belasteten sind identifiziert. Gleichzeitig erfolgte trachtet. Standorte erfasst sind (Karte oben). In erstmals eine Bestimmung der Hinter- Anbetracht der zahlreichen Betriebs- grundbelastung von See-Sedimenten. Einordnung der Werte standorte in unmittelbarer Ufernähe ist Ebenfalls neu erarbeitet wurden Krite- Zur Beurteilung des Schadstoffpoten- dies ein durchaus positives Ergebnis. rien für eine Gefährdungsabschätzung, zials wurde die ermittelte Belastung Die Seen können überwiegend als sau- welche human- wie auch ökotoxikologi- mit international anerkannten Werten ber bezeichnet werden. sche Aspekte berücksichtigen. verglichen. Exposition und Freiset- Für die insgesamt 10 Seestandorte im zungspotenzial müssen dagegen im Spezialfall Seebäder KbS des Kantons Zürich, die sich aus Einzelfall betrachtet werden. Dabei Bei Auffälligkeiten in der näheren Um- den systematischen Untersuchungen spielt eine Rolle, ob die Seesedimente gebung von öffentlichen Seebädern ergeben haben, werden nun die erfor- eventuell direkt mit Lebewesen in Kon- wurden auch die Flachwasserbereiche derlichen Untersuchungen und allfäl- takt kommen. Auch Diffusionsprozesse der Seebäder untersucht. Der Fokus lag ligen Massnahmen gemäss dem üb- und mögliche Aufwirbelungen werden dabei gemäss humantoxikologischen lichen altlastenrechtlichen oder auch berücksichtigt. Betrachtungen auf den flachen sandi- abfallrechtlichen Vorgehen durchge- gen Übergängen. Hier spielen Kleinkin- führt. Besteht eine Gefährdung? der häufig über längere Zeit am Ufer. Trotz dichter Besiedlung und hoher In- Vom Standort geht nur dann eine hohe Das Resultat: Für sämtliche untersuch- dustrialisierung weisen also nur weni- Gefährdung aus, wenn für all diese Kri- ten Seebäder sind keine weiteren Mass- ge Bereiche relevante Belastungen am terien ein grosses Risiko festgestellt nahmen erforderlich. Für die badende Seegrund auf, welche weiter untersucht wird und damit das Schutzziel aqua- Bevölkerung inklusive Kleinkinder be- oder saniert werden müssen. Die Seen tische Umwelt und / oder das Schutz- steht keine Gefährdung. sind daher überwiegend als sauber zu ziel Mensch bedroht ist. Dann besteht bezeichnen. Ebenfalls erfreulich ist, Handlungsbedarf. dass für die badende Bevölkerung kei- nerlei Gefährdung besteht. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser 9 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Geschiebe- sanierung schafft wertvolle Lebensräume Der Geschiebehaushalt vieler Fliessgewässer ist beeinträchtigt und muss saniert werden. Denn nur Die Töss führt im Quellgebiet viel Geschiebe und formt damit dynamische Flusslandschaften. Weiter flussabwärts ist der Geschiebehaushalt bei genügend Geschiebe der Töss jedoch wesentlich beeinträchtigt. können vielfältige Lebens- Quelle: AWEL räume wie Kiesbänke ent- stehen. Der Kanton Zürich ist auf die Mitwirkung der Gemeinden bei der Umset- Als Geschiebe werden Sedimente be- Wasserkraft wie Geschiebesammler, zung von Sanierungsmass- zeichnet, die nahe der Sohle eines Schwemmholzrechen, Kiesentnahmen nahmen angewiesen. Fliessgewässers transportiert werden. und Gewässerverbauungen verändern Simone Messner, Projektleiterin Die allermeisten Schweizer Fliessge- das Geschiebe negativ. Zudem sorgen Abteilung Wasserbau wässer führen natürlicherweise Ge- kanalisierte Fliessgewässer dafür, dass Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Baudirektion Kanton Zürich schiebe. viel mehr Geschiebe als früher transpor- Telefon 043 259 54 57 tiert wird. simone.messner@bd.zh.ch Wozu es Geschiebe braucht www.zh.ch/geschiebehaushalt Geschiebe erfüllt zahlreiche wichtige Pflicht zur Sanierung stark Funktionen. Es stellt Laichsubstrat fürbeeinträchtigender Anlagen Fische sowie Lebensraum und Futter- Das Gewässerschutzgesetz (GSchG, Art. 43a) schreibt vor, dass der Ge- quelle für eine Vielzahl aquatischer Le- bewesen dar. Nur wenn es ausreichend schiebehaushalt durch Anlagen nicht Geschiebe gibt, können sich lebendi- so verändert werden darf, dass die ein- ge Fluss- und Auenlandschaften sowie heimischen Tiere und Pflanzen, deren vielfältige Strukturen und Strömungs- Lebensräume, der Grundwasserhaus- muster bilden. halt und der Hochwasserschutz we- Auf der Sohle abgelagertes Geschiebe sentlich beeinträchtigt werden. Eine lässt Kiesbänke entstehen. Diese stel- wesentliche Beeinträchtigung liegt vor, len einen attraktiven Erholungsraum fürwenn sich die Strukturen und die Dy- die Bevölkerung dar und sind Lebens- namik des Gewässers durch fehlendes raum vieler Pflanzen- und Tierarten, Geschiebe nicht mehr ausbilden kön- z. B. für den selten gewordenen Fluss- nen. Die Inhaber der Anlagen müssen regenpfeifer. Auch für den Hochwas- Massnahmen treffen, die eine solche serschutz ist Geschiebe wichtig, da es Beeinträchtigung minimieren. Sohlenerosionen und Unterspülungen Auf Basis der Gewässerschutzverord- der Ufer verhindert. Weiter fördert es nung (GSchV, Art. 42b) waren die Kan- die Selbstreinigungskraft des Gewäs- tone verpflichtet, dem Bund eine stra- sers und erhält nutzbare Grundwasser- tegische Planung der Massnahmen zur vorkommen. Sanierung des Geschiebehaushalts ein- zureichen. Anlagen, die den Geschiebe- Was den Geschiebehaushalt transport behindern, mussten erfasst beeinträchtigt und gegebenenfalls Sanierungsmass- Der Geschiebehaushalt vieler Schwei- nahmen aufgezeigt werden. zer Fliessgewässer ist beeinträchtigt. Verursacher dafür sind Anlagen im Ge- wässer, wie Kraftwerksanlagen (Weh- re, Weiher, Wasserfassungen etc.). Aber auch Anlagen ohne Bezug zur www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser 10 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Eine Rückgabe in ein anderes Einzugs- gebiet ist wegen der Verschleppungs- gefahr von Krankheiten (z. B. Krebspest) oder Neobiota nicht möglich. Durch Rückgabe an geeigneten Stellen im gleichen Einzugsgebiet kann das Ge- schiebe vom Fliessgewässer mittrans- portiert werden. Eine Entsorgung des entnommenen Geschiebes ist hingegen erforderlich, wenn der Anteil an Feinse- dimenten und Schlamm hoch ist oder wenn das Material belastet und verun- reinigt ist. Unterstützende Fachperson Das neue Merkblatt erhalten alle Ge- meinden des Kantons Zürich, in de- nen sich Gewässer mit wesentlich be- Kiesbänke stellen einen attraktiven Erholungsraum am Gewässer dar. Im Bild ein aufgewerteter Abschnitt der Töss in Winterthur. einträchtigtem Geschiebehaushalt und Quelle: AWEL sanierungsbedürftigen Anlagen befin- den. Die fachgerechte Umsetzung von Sanierungsmassnahmen erfordert ein hohes geschiebetechnisches Fachwis- Verfügung des Kantons Ein Merkblatt unterstützt sen. Darum wird der Kanton Zürich die für sanierungspflichtige Anlagen Gemeinden bei der Sanierung Gemeinden dabei unterstützen. Er stellt Im Kanton Zürich wurden im Rahmen Neben den sanierungspflichtigen An- den betroffenen Gemeinden eine exter- dieser strategischen Planung rund 650 lagen bestehen im Kanton Zürich rund ne Fachperson zur Verfügung, welche Anlagen untersucht. Davon führen 58 300 weitere Anlagen, die den Geschie- sie bei der Umsetzung der Massnah- Anlagen zu einer starken Beeinträchti- behaushalt beeinträchtigen. Für den men berät und begleitet. Auch bei bau- gung des Geschiebehaushalts und sind Unterhalt und den Betrieb dieser Anla- lichen Massnahmen berät die Fachper- deshalb sanierungspflichtig. Es handelt gen sind meistens die Gemeinden zu- son, wird die Massnahme selbst aber sich dabei vor allem um Geschiebe- ständig. nicht planen und umsetzen. Dies ist Sa- sammler, Wehre und Weiher. Die Inha- Als Hilfestellung hat das AWEL deshalb che der Gemeinde. ber dieser Anlagen erhalten vom Amt für ein Merkblatt ausgearbeitet, welches Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) sich an die für den Gewässerunterhalt Was die Sanierungen bringen des Kantons Zürich eine Verfügung zur zuständige Stelle der Gemeinde richtet Mit der Sanierung des Geschiebehaus- Sanierung. halts soll erreicht werden, dass die Ge- (vgl. unten). Es beinhaltet eine Beschrei- bung von Anlagen, die den Geschiebe- schiebefracht in den Schweizer Fliess- haushalt beeinträchtigen und zeigt mög-gewässern wieder erhöht wird, wovon liche Sanierungsmassnahmen auf. Dies Tiere, Pflanzen und Menschen profitie- können bauliche Massnahmen oder an- ren. Nach wie vor bleibt das hohe Trans- gepasste Unterhaltsmassnahmen sein. portvermögen infolge der Kanalisierung ein Problem. Es kann nur gelöst werden, Optimierung des Unterhalts indem den Gewässern genügend Raum Eine effektive Massnahme für viele An- zur Verfügung gestellt wird. lagen ist die Optimierung des Unter- halts. Oft kann das Fliessgewässer Kontakt bei der Geschiebe- das abgelagerte Geschiebe wieder aus bewirtschaftung von Anlagen eigener Kraft mobilisieren und weiter Die Geschiebeentnahmen und die flussabwärts transportieren. Wo der Geschieberückgaben benötigen eine Hochwasserschutz es erlaubt, können Bewilligung der Fischerei- und Jagd- deshalb Geschiebeentnahmen redu- verwaltung des Amts für Landschaft ziert werden, oder es kann sogar voll- und Natur (ALN). Das AWEL, Abteilung ständig auf sie verzichtet werden. Als Wasserbau, muss bedarfsgerecht in- positiver Nebeneffekt kann der redu- formiert werden. Welche Fachstellen je zierte Unterhalt zudem Aufwand und nach Anlagetyp zu kontaktieren sind, Das Merkblatt für Gemeinden zeigt Kosten für die Gemeinde senken. steht im Merkblatt und unter: mögliche Sanierungsmassnahmen. www.zh.ch/geschiebehaushalt. Bezugsquelle: www.zh.ch/geschiebehaushalt Rückgabe von entnommenem Hier findet man auch weitere Informa- Geschiebe tionen zum Thema. An bestimmten Anlagen muss aus Hochwasserschutzgründen weiterhin Geschiebe entnommen werden. Dann wird empfohlen, dieses ins Unterwasser der jeweiligen Anlage zurückzugeben. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Biosicherheit 11 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Pfäffikersee: Neue Metho- den gegen gebietsfremde Invasive Am Pfäffikersee erreichte das AWEL seit 2016 ermu- tigende Ergebnisse beim Kampf gegen invasive Neobiota. Im wertvollen Ökosystem wurden dank verschiedener Massnah- men keine neuen gebiets- fremden Schädlinge nach- gewiesen. Autorin: Sylvie Flämig www.sf-mut.com Dr. Claudia Ruprecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin Sektion Biosicherheit AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Baudirektion Kanton Zürich Telefon 043 259 39 06 claudia.ruprecht@bd.zh.ch www.biosicherheit.zh.ch Plakate am See informierten vor Ort, wie Neobiota aus dem Pfäffikersee ferngehalten werden können. | ZUP91, 2018: «Globi wills wissen: Quelle: AWEL Was sind Neobiota?» In der Schweiz verbreiten sich zuneh- Muscheln wie die Wander- oder Körb- mend gebietsfremde Arten, sogenann- chenmuschel verstopfen Leitungssys- te Neobiota. Diese eingeschleppten teme oder verdrängen alles andere Le- oder eingewanderten Tiere und Pflan- ben vom Grund der Seen und Flüsse. zen können Mensch, Tiere, die biologi- sche Vielfalt, Infrastrukturanlagen und Den Pfäffikersee von Neobiota die Umwelt erheblich schädigen, wenn freihalten sie sich stark ausbreiten. Dann spricht Bisher fehlte die Erfahrung, wie Seen man von invasiven Neobiota. und Flüsse konkret vor solchen schäd- lichen Organismen geschützt werden Neobiota haben mehrere können. Obwohl im Prinzip bekannt ist, Schweizer Gewässer erobert was zu tun wäre, ist die praktische Um- Auch in Gewässern können einge- setzung eine grosse Herausforderung. schleppte Neobiota Probleme verursa- Darum startete das Amt für Abfall, Was- chen, einheimische Arten verdrängen ser, Energie und Luft (AWEL) 2016 das und die Artenvielfalt gefährden. So ha- Pilotprojekt «Neobiota-Freihaltezone ben etwa amerikanische Grosskrebse Pfäffikersee». Ein Ziel des Projekts war die einheimischen Edelkrebse mit der es, den See im Zürcher Oberland mög- Krebspest angesteckt und sie dadurch lichst von schädlichen gebietsfrem- an gewissen Orten bereits zum Ausster- den Arten freizuhalten und das heuti- ben gebracht. Die Schwarzmeergrundel ge wertvolle Ökosystem zu schützen. im Rhein bei Basel wiederum verdrängt Gleichzeitig sollte überprüft werden, heimische Fischarten von ihren Laich- wie wirksam Vorbeugungsmassnah- und Futterplätzen. Und gebietsfremde men sind. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Biosicherheit 12 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 der Tiere winzig und können leicht über- sehen werden. Während der Projektdauer mussten da- her Boote und Ausrüstungen vor dem Einwassern in den Pfäffikersee sorgfäl- tig gereinigt werden. Sowieso verboten ist es, lebende Köderfische, Aquarien- und Gartenteichbewohner auszuset- zen. Wie aber kann man alle Nutze- rinnen und Nutzer des Gewässers am besten für diese Zusammenhänge sen- sibilisieren? Wie man die Informationen am besten rüber bringt In Zusammenarbeit mit Gemeinden und Vereinen entwickelte das AWEL geeig- Die Kontrolle vor Ort zeigt, ob Boote ausreichend gereinigt worden sind. nete Informationsmassnahmen. In zwei Quelle: AWEL Workshops wurden Erfahrungen ausge- tauscht, beispielsweise wie diese Infor- mationen bestmöglich zu den Zielgrup- Welche Information wirkt am besten? pen gelangen können. Mit Plakaten vor Ort, Flyern, Newslettern sowie an Ver- 44 Wassersportler 139 Fischer 50 Segler einsveranstaltungen informierte das AWEL die Seenutzenden. Fischer und Fischerinnen erhielten beispielsweise mit dem Versand des neuen Patents Schule/Ausbildung einen Flyer zugestellt. Und ein lokaler Stand-Up-Paddle-Verleih druckte den Flyer in seiner jährlich erscheinenden Freunde Broschüre ab. Im ersten Jahr des Projekts fand eine Medienveranstaltung vor Ort statt. Die lokalen Medien berichteten mehrfach über das Thema. Als offizielle Boots- Internet reinigungsanlage stand zum Säubern von Booten die Waschanlage der Lan- Medien di Wetzikon zur Verfügung, welche nahe der Einwasserungsstelle in Ausli- 0% 20% 40% 60% 80% kon liegt. Bei Veranstaltungen, wie zum Für die befragten Angler, Stand-Up-Paddler, Segler, Kanuten etc. waren Medienberichte Beispiel Segelregatten ist zudem vor- sowie die Infototafeln am See die wichtigsten Informationsquellen zu den Neobiota. geschrieben, dass die eingewasserten Quelle: AWEL Boote sauber sein müssen (siehe Info- text Seite 14). Neu wurden Boote am Pfäffikersee vom AWEL stichproben- artig kontrolliert (Foto oben). In Zusam- Was bringen Kontrollen Wassers. Schliesslich wurde überprüft, menarbeit mit der Seepolizei konnten und Informationen? was die Information und Sensibilisie- wertvolle Erfahrungen für den Vollzug Der Pfäffikersee ist ein Wasser- und rung gebracht haben. gesammelt werden. Zugvogelreservat. Die an den See an- grenzenden Riedwiesen sind Flach- und Sensibilisierung ist entscheidend Enger Einbezug von Gemeinden Hochmoore von nationaler Bedeutung. Es zeigte sich: Die Sensibilisierung von und Nutzern war erfolgreich Noch ist der Pfäffikersee kaum von ge- Fischenden, Bootsbesitzerinnen und Die Auswertung des dreijährigen Pi- bietsfremden Arten besiedelt, während Wassersportlern spielt eine grosse Rol- lotversuchs zeigt erfreuliche Resulta- sich im nahe gelegenen Greifensee und le. Denn diese können unbeabsichtigt te. Der enge Einbezug der Gemeinden im Zürichsee bereits invasive Neobiota gebietsfremde Arten aus anderen Ge- und Nutzergruppen wurde rundherum ausgebreitet haben. wässern einschleppen. geschätzt. Er wurde auch als einer der Das Pilotprojekt «Neobiota-Freihaltezo- Dies geschieht zum Beispiel, wenn Neo- zentralen Erfolgsfaktoren des Versuchs ne Pfäffikersee» dauerte von 2016 bis biota an Booten, anderen Schwimmkör- gewertet. Befragungen bestätigten, Ende 2018. In seinem Verlauf behielt pern und Ausrüstungsgegenständen dass die gewählten Informationsmass- man den See, seine Nutzerinnen und haften bleiben. Sie können aber auch im nahmen die Nutzergruppen erreichten Nutzer sowie die Unterwasserfauna ge- Bilgenwasser – dem Restwasser im un- (Grafik Seite 13). nau im Auge. Fachleute kontrollierten teren Bootsrumpf – oder in Wasserrück- Besonders die Infotafeln am Seeufer vor Ort, befragten die Nutzerinnen und ständen in der Ausrüstung mittranspor- und die Medienberichte dienten als In- Nutzer und machten DNA-Analysen des tiert werden. Meist sind Eier und Larven formationsquelle. Auch die Informa- www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Biosicherheit 13 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Ein schöner Tag lockt Spaziergänger, Fischerinnen, Segler und Paddler in das Naturschutzgebiet am Pfäffikersee. Quelle: Roland Fischer, WikimediaCommons, CC BY-SA 3.0 tionsflyer kamen generell gut an. Es Wirksame Massnahmen aus zugänglich. Und die Anzahl Partei- zeigte sich, dass ein regelmässiger, auch andernorts einsetzen en, die einbezogen werden müssen, er- aber wohl dosierter Versand zentral ist. Das AWEL führt aufgrund der positiven höht sich. Die empfohlenen oder angeordneten Erfahrungen die Informationstätigkeit Die Ergebnisse des Pilotprojekts Pfäffi- Vorbeugungsmassnahmen wurden von am Pfäffikersee fort. Boote und Aus- kersee ermutigen dazu, diese Heraus- den Nutzern auch grösstenteils ange- rüstungen müssen vor dem Einwassern forderung anzugehen. Die Resultate wendet. So gaben etwa die meisten weiterhin gründlich gereinigt werden. des Pilotprojekts dürften darüber hin- Segler und Fischerinnen, die regelmäs- Zudem prüft das AWEL, ob und in wel- aus auch bei anderen Kantonen und sig auf anderen Gewässern unterwegs cher Form die Massnahmen vom rela- beim Bund auf Interesse stossen. sind, an, dass sie ihre Boote und Fi- tiv kleinen Pfäffikersee auf weitere Seen schereigeräte immer reinigen, wenn sie und Flüsse im Kanton Zürich ausgewei- das Gewässer wechseln. tet werden können. Dies ist eine anspruchsvolle Aufga- Neobiota bekannt machen – be: Grössere Gewässer werden meist und draussen halten noch stärker genutzt. Sie sind von vie- Begleitend zum Projekt wurde die Be- len kaum zu kontrollierenden Stellen völkerung in den Gemeinden rund um den Pfäffikersee befragt. Es zeigte sich, Kennt die Bevölkerung den Begriff Neobiota? dass der Bekanntheitsgrad des Begriffs Neobiota über die gesamte Projektzeit Befragung Sommer 2016 Befragung Herbst 2016 Befragung Herbst 2018 signifikant anstieg (Grafik unten rechts). 100% Die Berichterstattung in den lokalen Medien sowie die Plakate am Seeufer 80% fanden auch bei Spaziergängern und anderen Erholungssuchenden gros- 60% se Beachtung. Dies zeigt das Potenzi- al solcher Sensibilisierungskampagnen. Ein weiterer Erfolg des Pilotprojekts ist, 40% dass sich während des dreijährigen Ver- suchs mit grosser Wahrscheinlichkeit 20% keine neuen invasiven Wasserorganis- men im Pfäffikersee angesiedelt haben. 0% Dies haben die Kontrollen durch Tau- ja, Bedeutung bekannt ja, schon gehört nein cher sowie die DNA-Analysen des See- Befragungen zeigen: Die Sensibilisierung war erfolgreich. wassers ergeben. Damit sind die beiden Über die Dauer des Projekts wurde der Begriff Neobiota immer bekannter. Hauptziele des Projekts erreicht. Quelle: AWEL www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Biosicherheit 14 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 INTERVIEW «Ungewollte Verschleppungen können reduziert werden.» Neobiota. Eine Ausnahme ist der Sig- Können aquatische Neozoen nalkrebs, der sich auch in kleinen Bä- bekämpft werden, nachdem sie chen ausbreitet. einen neuen Ort besiedelt ha- ben? Wie werden neu auftretende Leider ist bei den meisten Arten eine Be- Arten in Gewässern überhaupt kämpfung ab einer gewissen Bestan- entdeckt? desgrösse kaum mehr möglich. Eine Bei Routineuntersuchungen oder durch Bekämpfung hat nur in einem frühen Beobachtungen von Biologen, Fischern Besiedlungsstadium gute Erfolgsaus- oder Privatpersonen. Wir kennen die sichten. Deshalb ist die Früherkennung Arten und Habitate, auf die wir achten so wichtig. müssen. Unser Ziel ist, Neubesiedlun- gen frühzeitig zu erkennen, bevor eine Worauf sollte man beim Fischen, neue Art hohe Bestandesdichten er- Boot fahren oder Paddeln achten? Dr. Patrick Steinmann, reicht. Boote und Wassersportgeräte sollen Gewässerbiologe, Gewässer- nach dem Auswassern gründlich ge- schutz AWEL Viele sagen, dass die Bemühun- reinigt werden. Vor der Benutzung in Telefon 043 259 91 72 patrick.steinmann@bd.zh.ch gen vergebens sind. Irgendwann einem anderen Gewässer soll das gan- kommen diese Invasoren, egal, ze Gerät gut durchgetrocknet sein. In welche Massnahmen man trifft. feuchten Ecken und Ritzen könnten in- Von alleine kommen invasive Orga- vasive Organismen oder ihre Larven nismen nicht in unsere Gewässer. Sie längere Zeit (Tage bis Wochen) unbe- Wie verbreitet sind invasive Neo- werden durch menschliche Aktivitä- schadet überleben und in neue Gewäs- biota in den Zürcher Gewässern? ten meist unbemerkt und unabsicht- ser verschleppt werden. Im Zürichsee, Greifensee, in der Lim- lich verschleppt. Hier kann man anset- Interview: S. Flämig mat und Glatt sind am meisten invasi- zen. Durch Information und präventive ve Arten präsent. Und es kommen im- Massnahmen kann die Zahl dieser un- mer wieder neue hinzu. In kleineren gewollten Verschleppungen durchaus Gewässern finden wir seltener invasive reduziert werden. Auflagen bei nautischen Veranstaltungen Wer im Kanton Zürich eine Segelregat- ta, Paddelkurse oder einen Wettbe- werb mit mehreren Booten veranstaltet, braucht gemäss Binnenschifffahrts- gesetz (BSG) eine Bewilligung der Stadt- bzw. Kantonspolizei. In dieser wird beispielweise verfügt, dass die Teilnehmenden über die Schutzbestim- mungen des jeweiligen Gewässers in- formiert sein müssen. Zum Beispiel müssen sie den Mindestabstand zum Schilfgürtel einhalten. Seit 2013 ist zudem ein Passus enthal- ten, der die Veranstalter in die Pflicht nimmt. Sie müssen dafür sorgen, dass die verwendeten Boote und Wasser- sportgeräte keinen Aufwuchs aufwei- sen und vor dem Einwassern sauber gereinigt werden. Oben: Bootsbooden mit Bewuchs vor der Reinigung. Unten: Nach der Reinignung. Quelle: AWEL www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Siedlung 15 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Regenwasser länger an der Oberfläche halten Klimabedingte Extreme wie Überschwemmungen und Trockenheit erfordern Wasser gestaltet Erholungsräume und verbessert das Mikroklima. Dies einen neuen Umgang mit funktioniert auch mit gesammeltem Regenwasser, wie hier im Glattpark, Zürich. Quelle: Tschubby, WikimediaCommons, CC BY-SA 3.0 Regenwasser. Es soll versi- ckert oder länger als bisher an der Oberfläche gehalten werden. Dies bietet auch Chancen für die Lebens- In der Schweiz besteht die gesetzliche Boden speichert Regenwasser qualität im verdichteten Pflicht, nicht verschmutztes Abwasser Das Wasser, welches in den Boden- Raum. in erster Priorität zu versickern. Auf Ge- poren gespeichert wird, ist nicht zu Prof. Thomas Oesch meindeebene regeln der Generelle Ent- unterschätzen. Später wird es durch Monika Schirmer-Abegg wässerungsplan (GEP) sowie die mass- Verdunstung dem natürlichen Wasser- Nadja Schläpfer gebenden Normen und Richtlinien die kreislauf wieder zugeführt. ILF Institut für Landschaft und Freiraum HSR Hochschule für Technik Rapperswil Versickerung für jede Liegenschaft. Ist eine Versickerung auf der Liegen- Telefon 055 222 47 22 Die multifunktionale Gestaltung mit Re- schaft nicht oder nur bedingt möglich, www.ilf.hsr.ch genwasser wird aber in der dicht bebau- soll das anfallende Niederschlagswas- ilf@hsr.ch ten Siedlung nur zögerlich umgesetzt. ser zurückgehalten werden. Bei die- Für weitere Fragen zu kantonalen Rahmen- An der Oberfläche anfallendes Wasser ser sogenannten Retention wird ein Teil bedingungen beim klima- und gewässer- wird rasch in den Untergrund einge- des Zuflusses von Niederschlagswas- freundlichen Umgang mit Regenwasser: speist und in verzweigte Rohrsysteme ser gespeichert und verzögert versi- Jonas Eppler, Abteilung Gewässerschutz Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft abgeleitet. Dadurch wird viel Potenzial ckert, verdunstet oder in ein Gewässer (AWEL) vergeben. Mit diesem Wasser könnte abgeleitet. Baudirektion Kanton Zürich stattdessen das Lokalklima positiv be- Für ein solches Wassermanagement Telefon 043 259 32 68 jonas.eppler@bd.zh.ch einflusst, die Erlebnisvielfalt erhöht und werden auch Flächen interessant, die www.awel.zh.ch die Biodiversität in den Freiräumen ge- aufgrund ihrer Beschaffenheit im Un- fördert werden. tergrund nicht versickerungsfähig sind. Dies sind zum Beispiel Dachflächen Abfluss über versiegelte Flächen oder Flächen mit Speichervolumen über in die Kanalisation unterirdischen Bauten. Die Problematik liegt in der Versiegelung von Flächen. Sie verhindert, dass Nie- derschlagswasser auf natürliche Weise Forschung zu Freiräumen zurückgehalten und vom Boden aufge- und Raumentwicklung nommen wird. Stattdessen gelangt das Das Institut für Landschaft und Frei- Regenwasser direkt in die Kanalisation raum (ILF) sowie das Institut für und von dort aus in die Kläranlagen oder Raumentwicklung (IRAP) führen das in die Oberflächengewässer. gemeinsame Kompetenzzentrum In- Die wirksamste Methode, dem entge- frastruktur und Lebensraum. Dieses genzuwirken, sind die Entsiegelung setzt sich auseinander mit zukünftigen bzw. die Wahl durchlässiger Oberflä- Herausforderungen der Freiräume, des chen. Dann kann das Niederschlags- Wohnens und der Mobilität in der Ag- wasser dort, wo es anfällt, flächig in den glomeration der Zukunft. Die Institute Boden versickern. forschen in Themenfeldern wie Raum- entwicklung und Verkehr, Städtebau und Freiraum sowie Landschaft der Zukunft. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Wasser / Siedlung 16 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Die Menschen zieht es auch mitten in der Stadt ans Wasser. Dazu trägt auch das angenehme Mikroklima bei. Liebefeldpark, Bern. Quelle: ILF, Monika Schirmer-Abegg Multifunktionale Anlagen fördern – Wie mit geschickter Gestaltung Was Gemeinden tun können In Zukunft wird aufgrund der absehba- Mehrwerte für Mensch und Natur – Mit dem Generellen Entwässe- ren Klimaveränderung vermehrt auch geschaffen werden können. rungsplan (GEP) regelt die Gemein- die Nutzung des Regenwassers in Tro- de die Versickerung, Retention und ckenzeiten eine Rolle spielen. Deshalb Strategien und Massnahmen Ableitung für jede Liegenschaft. Die stellt sich die Frage, wie zumindest ein für die Schweiz entwickeln Zürcher Praxishilfe und Richtlinie Teil des Regenwassers nicht nur über Im europäischen Umfeld haben kli- zur Regenwasserentsorgung des längere Zeit oberflächlich zurückbehal- mabedingte Extreme wie Überflutung AWEL (2014) konkretisiert den gu- ten, sondern auch mehrfach genutzt oder Wassermangel bereits zu Strate- ten Umgang mit Regenwasser am werden kann. gien und Massnahmen im Umgang mit Beispiel von Liegenschaften. Bei verdichtetem Bauen ist das Platz- Regenwasser geführt, beispielsweise in – Die Verdunstung von Regenwasser angebot sehr beschränkt. Demnach Kopenhagen, Berlin und Wien. fördert ein angenehmes Lokalklima. sind Lösungen mit Mehrfachnutzen ge- In der Schweiz dagegen ist der Hand- – Bei Neubauten, Umbauten und Ge- fragt, damit Flächen gleichermassen lungsdruck noch relativ gering. Spä- staltungsplänen kann die Gemeinde sozialen, ökologischen und ökonomi- testens seit den Hitzesommern der auf Rückhaltemöglichkeiten für Re- schen Freiraumleistungen dienen. letzten Jahre wird das Thema in der genwasser aufmerksam machen. breiten Öffentlichkeit diskutiert. Ne- – Bei kommunalen Gebäuden und Es gibt einiges zu bedenken ben Planern und Gemeinden sind nun Infrastrukturen kann die Gemein- Im Rahmen einer Studie des For- auch Landschaftsarchitekten gefordert, de mit gutem Beispiel vorangehen. schungs- und Entwicklungsplans FEPl, neue Massstäbe unter dem Stichwort Dazu gehören auch Strassenab- Reallabor Raum & Landschaft Schweiz «Schwammstadt» zu setzen. Die Pla- wasserbehandlungsanlagen (SABAs), werden mehrere Aspekte von Retenti- nung einer blau-grünen Infrastruktur im in denen nahe von Strassen das onsvorhaben untersucht: Quartier sowie eine geschickte Gestal- abfliessende Regenwasser gesam- – Wie die Retentionsdauer erhöht tung der Freiflächen können zur Minde- melt und auf natürliche Weise ge- werden kann rung der Klimaextreme und zu mehr Le- klärt wird. – Welche Chancen entstehen, zum bensqualität in den Städten beitragen. Beispiel Kühlung durch Verdunstung – Welche Risiken entstehen, zum Bei- spiel eine eventuelle Mückenplage www.umweltschutz.zh.ch/zup
Lärm / Luft 17 ZUP Nr. 95 Dezember 2019 Feuerwerks- lärm beein- trächtigt mehr als gedacht Selbst schönes Feuerwerk kann lästig sein und der Gesundheit schaden. 1. August, Silvester oder Quelle: Tambako The Jaguar, Flickr, CC BY-ND 2.0 private Geburtstage – im- mer öfter erhellen prächti- ge Feuerwerke den Nacht- himmel. Auch laute Knallerei gehört dazu. Das ist lästig. Hauptsächlich am 1. August und in der Geräuschimpulsen wird die Belastung Darunter leiden jedoch Silvesternacht, aber zunehmend auch oft unterschätzt. Zum einen werden sie auch Gesundheit und Ge- aus privatem Anlass feiert die Schwei- wegen der Trägheit des Gehörs leiser hör. Was ist zu beachten, zer Bevölkerung mit farbigen Luftbil- wahrgenommen. Zum anderen werden welche Grenzwerte gelten, dern und Knallerei. Dabei werden je- sie als Ereignis im Zusammenhang mit und wer ist zuständig? des Jahr unglaubliche zwei Millionen Freizeiterlebnissen als weniger gefähr- Daniel Aebli Kilo Sprengstoff in die Luft gejagt. Der lich eingestuft. Fachstelle Lärmschutz Kreativität und Ablaufoptimierung sind Zur Beurteilung der lärmbedingten Tiefbauamt keine Grenzen gesetzt. In zunehmen- Schädlichkeit eines Feuerwerks wer- Baudirektion Kanton Zürich Telefon 043 259 55 26 dem Mass kommen regelrechte Minia- den verschiedene Werte wie der Schall- daniel.aebli@bd.zh.ch tur-Stalinorgeln zum Einsatz, mit denen druckpegel, der Pegelanstieg und die www.laerm.zh.ch in schneller Folge eine ganze Batterie an Dauer der Einwirkung berücksichtigt. www.laermsorgen.ch | Lärmquellen und Feuerwerksraketen abgefeuert werden Wichtig sind aber auch individuelle Kri- Beurteilung | nachbarschaft | feuerwerk können. terien wie die Empfindlichkeit des In- nenohrs. Grundsätzlich gilt: Je höher www.cerclebruit.ch Das Knallen ist lästig und hat und länger die Belastung ist, desto Folgen für die Gesundheit grösser ist die Gefahr einer Innenohr- Das mit dem Feuerwerk verbundene schädigung. Sie kann zu Gehörverlust Knallen führt jedoch zu Lärmbelästi- oder zum Auftreten von Tinnitus füh- gung und strapaziert die Nerven. Auch ren. Kommt es zur Zerstörung von Hör- Haus- und Wildtiere leiden unter der zellen, so sind die resultierenden Be- Knallerei. Der Leidensdruck zeigt sich schwerden irreversibel. darin, dass sich manche Menschen ge- nötigt sehen, an ihrem Nationalfeiertag Lärm als Kollateralschaden ins Ausland zu flüchten. Feuerwerken Zwar bestehen Vorschriften für die Zu- erfordert darum eine Balance zwischen lassung von Feuerwerkskörpern in der Spass und Last. Schweiz. Dies darf aber besonders im Das bunte Feiern hat aber auch ge- privaten Gebrauch nicht über die po- sundheitliche Folgen. Gehör und Ner- ven werden belastet. Zudem werden Zuständigkeit mit den Raketen auch Schwermetalle in Feuerwerk gehört in die Kategorie die Luft gefeuert. Nach dem Verglühen Alltagslärm ohne Grenzwerte. Dafür ist die Luft voller Russ und Rauch (Info- ist die betreffende Gemeindeverwal- text Seite18). tung zuständig. In grösseren Gemein- den und Städten ist in der Regel de- Angriff auf das Hörorgan ren Baubehörde zuständig (Lärm von Die Lärmbelastung durch Feuerwerks- Bauten und Anlagen) oder die Sicher- körper hat zwei Hauptaspekte. Einer- heitsbehörde und Polizei (Lärm von seits die akute Gefährdung des Gehörs menschlichen Tätigkeiten). Die meisten (aurale Lärmwirkung), andererseits die Gemeinden halten die Spielregeln zum Lästigkeit des Knallgeräusches (extra- Lärm im Rahmen einer Gemeinde- aurale Lärmwirkung). oder Polizeiverordnung fest. Zwar sind Feuerwerke relativ seltene Er- eignisse, die Belastung ist jedoch kurz- zeitig sehr intensiv. Bei solchen kurzen www.umweltschutz.zh.ch/zup
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