Bayerisches Zahnärzteblatt
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10/2018 Bayerisches Zahnärzteblatt Schwerpunktthema: Parodontologie Therapie parodontaler Erkrankungen – Ein Konzept für die Praxis Narbenentstehung nach kammerhaltenden Maßnahmen Wie viel Weichgewebe benötigt ein Implantat? – Ein Update BLZK Ein Koffer voller Wissen – Neuer Service für Zahnärzte in Pflegeeinrichtungen Wichtiger Wirtschaftsfaktor – Gesundheitsbranche wächst weiter Umfrage von BLZK und KZVB – Was lesen Sie, was nutzen Sie? KZVB Alle Fragen werden beantwortet – Zweite Staffel der Dialogtage Jeder macht das Seine – Kassen starten elektronische Patientenakten Projekt Imagewandel – Jens Spahn gibt den Kümmerer Oktober 2018 · 55. Jahrgang · B 50499 · www.bzb-online.de
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Editorial | BZB Oktober 18 | 3 Kein Grund für Pessimismus Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege, wir leben in bewegten Zeiten. Die Ausschreitun- gen von Chemnitz, die wiederkehrenden Koali- tionskrisen in Berlin, die Zersplitterung der Par- teienlandschaft, all das schwächt das Ansehen unserer Demokratie. Auch wir Standespolitiker sind schnell dabei, wenn es ums Kritisieren geht, Dr. Rüdiger Schott und schimpfen gerne auf „die da oben“. Doch ist Stellvertretender Vorsitzender die Lage wirklich so schlecht, wie wir das leicht- des Vorstands der KZVB fertig oft äußern? Ich meine: Nein! Die deutsche Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit sinkt, in Bayern Dialogtage durch. Mehr als 4 000 Teilneh- weiten Teilen Bayerns herrscht sogar Vollbeschäf- mer haben mittlerweile die Gelegenheit genutzt, tigung und das wirkt sich auch positiv auf die Bei- um mit dem Vorstand der KZVB ins Gespräch zu tragseinnahmen der Krankenkassen aus. Das hat kommen. Das ist ein wichtiges Signal – auch an uns die Vergütungsverhandlungen für das Jahr die politischen Entscheidungsträger. 2018 erheblich erleichtert. Wir konnten deutliche Die Selbstverwaltung in Bayern funktioniert. Der Punktwert- und Budgeterhöhungen durchsetzen. Berufsstand ist fest entschlossen, sich die Freude Alle von uns erbrachten Leistungen sind in vollem an der Arbeit auch durch immer neue gesetzliche Umfang finanziert. Die leidigen Puffertage gehö- Vorgaben nicht nehmen zu lassen. Noch immer ren der Vergangenheit an. Und auch der Blick hat die Selbstverwaltung auch gewisse Freiheiten, nach Berlin gibt Anlass zu vorsichtigem Optimis- die wir zu Ihren Gunsten nutzen. Wir haben in mus. Nicht zuletzt aufgrund der Überzeugungs- Deutschland eben keine „Staatsmedizin“, die die arbeit, die wir in Bayern geleistet haben, soll die Ärzte und Zahnärzte zu reinen „Leistungserbrin- Degression endlich abgeschafft werden. Die Ver- gern“ degradiert, wie das oft in Gesetzestexten zu ankerung des einvernehmlichen Gutachterwesens lesen ist. Wir sind Angehörige eines Freien Berufs im Sozialgesetzbuch ist ebenfalls geplant. und erbringen unsere Arbeit selbstständig und Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. eigenverantwortlich. Das ist auch der Grund, wa- Die Bürokratie in unseren Praxen wird nicht we- rum wir die aktuelle Entwicklung im Bereich der niger. Neue Vorschriften im Bereich Qualitäts- Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) kritisch management, der Online-Rollout der elektroni- sehen. Wenn internationale Investoren in großem schen Gesundheitskarte oder die Datenschutz- Stil „Zahnarztketten“ in Deutschland aufbauen Grundverordnung sind Themen, mit denen wir wollen, ist das nicht mit unserer Vorstellung des uns als Praxisinhaber leider auch beschäftigen freiberuflich tätigen Zahnarztes vereinbar. Unsere müssen. Viele junge Kollegen haben darauf offen- klare Forderung ist deshalb, die Gründung und sichtlich keine Lust mehr und gehen lieber in den Betrieb eines zahnmedizinischen MVZ aus- die Anstellung. Dieser Entwicklung können und schließlich Zahnärzten zu gestatten. Die Diskus- wollen wir als Selbstverwaltung nicht tatenlos sionen bei den Dialogtagen haben uns gezeigt, zusehen. Unser Ziel ist und bleibt es, möglichst dass wir damit richtigliegen. viele Zahnärzte dazu zu motivieren, eine Praxis zu gründen oder zu übernehmen. Und dafür tun wir Ihr so einiges. Unsere Niederlassungsseminare sind gut besucht und werden sehr positiv bewertet. Der Nachwuchs erfährt dort, dass es viele Vorteile hat, sein eigener Chef zu sein – übrigens auch mit Blick auf die viel zitierte Work-Life-Balance. Und nicht zuletzt führen wir seit über einem Jahr in ganz
4 | BZB Oktober 18 | Inhalt 3 Editorial 6 I Politik 6 Ein Koffer voller Wissen – Neuer Service für Zahnärzte in Pflegeeinrichtungen Ulrike Nover 8 Viele Kassen bezuschussen weiterhin die PZR – KZBV bietet Übersicht an 9 Wo bleibt im Studium die Pflegezahnmedizin? – Ein Zwischenruf Prof. Dr. Christoph Benz Foto: BLZK 10 Keine Frage bleibt unbeantwortet – Zweite Staffel der KZVB-Dialogtage Leo Hofmeier Einen Koffer voller Wissen hat die BLZK für die 11 An der Ursache vorbei – Ein Zwischenruf Mundhygiene in der Pflege gepackt. Sven Tschoepe Bericht Seite 6 12 „Private Investoren bereichern sich“ – Verkauf der UPD stößt auf Kritik Leo Hofmeier 13 Impulse aus Bayern – Weltzahnärzteverband FDI tagte in Buenos Aires Anita Wuttke 14 Krankenhäuser im Umbruch – Pressegespräch der BKG Tobias Horner 15 Groß, größer – EuroPerio: Über 10 000 Teilnehmer in Amsterdam Anita Wuttke 16 Weiter systemrelevant – PKV sorgt für Mehrumsatz von 12,9 Milliarden Euro Thomas A. Seehuber 17 „Jeder macht das Seine“ – Kassen arbeiten an elektronischen Patientenakten Leo Hofmeier 18 Projekt Imagewandel – Jens Spahn gibt den Kümmerer Foto: KZVB Leo Hofmeier 20 Wichtiger Wirtschaftsfaktor – Gesundheitsbranche wächst weiter Zuhören und verstehen – so will Jens Spahn das Thomas A. Seehuber Vertrauen der Gesundheitsberufe gewinnen. Bericht Seite 18 21 Tickets vor Ort – 59. Bayerischer Zahnärztetag Isolde M. Th. Kohl 24 „Die Bürokratie im Zaum halten“ – Interview mit Dr. Axel Kern Ilka Helemann 25 Die Menschmaschine – Digitalisierung der Gesundheit schreitet voran Ilka Helemann 28 Treffen der Kammer-Spitzen – Baden-Württemberger in München zu Gast 29 Nachrichten aus Brüssel Dr. Alfred Büttner 30 Journal Thomas A. Seehuber 31 I Praxis Foto: BLZK-Archiv 31 GOZ aktuell – Parodontologie Mit einem Informationsstand ist die BLZK bei der Dr. Christian Öttl „Berufsbildung 2018“ in Nürnberg vertreten. 32 Zahnärztliche Statistiken – Änderungen in der Statistik „Gesamtübersicht“ Bericht Seite 34 Dr. Joachim Voigt 34 Neue Ausbildungsoffensive – BLZK bei der „Berufsbildung 2018“
Inhalt | BZB Oktober 18 | 5 Praxis I 00 Foto: agenturfotografin – stock.adobe.com Umfrage von BLZK und KZVB: Was lesen Sie, was nutzen Sie? 39 Isolde M. Th. Kohl Videosprechstunde im Pflegeheim – Jens Spahn setzt auf Digitalisierung 42 Peter Knüpper Training für die Augen – Wie sich die Sehkraft verbessern lässt 44 Alexandra Römer Info BWL/Steuer/Recht 46 Künftig soll es eine vertragszahnärztliche Video- Thomas A. Seehuber sprechstunde in Pflegeeinrichtungen geben. Bericht Seite 42 BLZK im Netz – Online-News der Kammer 47 Wichtige Absicherungen – Teil 1: Versicherungen rund um die Praxis 48 Michael Weber Wissenschaft und Fortbildung I 50 Therapie parodontaler Erkrankungen – Ein Konzept für die Praxis 50 Dr. Alexander Müller-Busch Narbenentstehung nach kammerhaltenden Maßnahmen 56 Dr. Frederic Kauffmann Wie viel Weichgewebe benötigt ein Implantat? – Ein Update 64 Priv.-Doz. Dr. Gernot Wimmer Erhöhte Sondierungstiefe mit positivem BOP Markt und Innovationen I 70 Bericht Seite 50 Kompetente Unterstützung – Interview mit Martin Beer 70 Simone Stark Produktneuheiten 71 Termine/Amtliche Mitteilungen I 72 eazf Tipp 72 eazf Fortbildungen 73 Betriebswirtschaftliches Curriculum 75 Veranstaltungskalender 75 Die Alveole wurde mit einem freien Schleim- Aufstiegsfortbildungen und Weiterqualifizierungen für Praxispersonal 76 hauttransplantat verschlossen. Bericht Seite 56 Niederlassungsseminare 2018 78 Praxisübergabeseminare 2018 78 Titelbild: Dr. Frederic Kauffmann, Würzburg Vorläufige Prüfungstermine für Aufstiegsfortbildungen 2019/2020 79 In dieser Ausgabe finden Sie die einmal pro Quartal Ungültigkeit von Zahnarztausweisen 79 erscheinende Information des Verbandes Freier Berufe in Bayern e.V. Ordentliche Vertreterversammlung der KZVB 80 Kassenänderung 80 Das BZB 11/2018 mit dem Schwer- punkt Alterszahnheilkunde erscheint Rubrikanzeigen 81 am 15. November 2018. Impressum 82
6 | BZB Oktober 18 | Politik BLZK Ein Koffer voller Wissen Neuer Service für Zahnärzte in Pflegeeinrichtungen Mit einem Schulungskoffer unterstützt die Baye- Doch laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Zen- rische Landeszahnärztekammer in Zusammen- trums für Qualität in der Pflege (ZQP) fühlt sich ein arbeit mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Drittel der Pflegenden unsicher. An diesem Punkt Bayerns Kooperations- und Patenzahnärzte, die setzen BLZK und KZVB an. In ihrem Bestreben, Senioren- und Pflegeeinrichtungen besuchen Strukturen und Hilfestellung für die aufsuchende und Patienten mit Bewegungseinschränkungen zahnärztliche Betreuung zu schaffen, wollen die zahnmedizinisch betreuen. Mit diesem Ser vice zahnärztlichen Körperschaften Pflegekräfte bei der wollen die beiden Körperschaften einen weiteren Mundhygiene für Pflegebedürftige und Menschen Beitrag zur Verbesserung der Mundgesundheit mit Behinderungen unterstützen. bei Pflegebedürftigen leisten. Wichtigstes Ziel ist Der Gemeinsame Bundesausschuss hat inzwischen es, dem Pflegepersonal das notwendige Wissen auf die Situation in der Pflege reagiert und die neue in puncto Mundpflege zu vermitteln. Abrechnungsposition „Mundgesundheitsaufklä- rung“ (Bema-Nr. 174) eingeführt. Sie gilt seit 1. Juli. Spätestens seit der Veröffentlichung der Fünften Dass großer Fortbildungsbedarf bei Angehörigen- Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) ist verbänden, Pflegeeinrichtungen und -schulen be- bekannt, dass Hochbetagte – insbesondere pflege- steht, zeigen die vielen Anfragen, die im Referat bedürftige Menschen – ein höheres Risiko für Patienten der BLZK eingehen. Häufig bitten die Zahnerkrankungen haben. Deshalb brauchen sie Fragesteller um die Vermittlung eines zahnärztli- eine besonders intensive zahnärztliche Betreuung chen Referenten. Bisher hat diese Aufgabe der Re- mit zusätzlichen Präventivmaßnahmen. Knapp ferent Patienten der BLZK, Prof. Dr. Christoph Benz, 30 Prozent der Pflegebedürftigen sind laut der übernommen. Nun sollen eine breitere personelle Studie auf Hilfe bei der Mundpflege angewiesen. Basis geschaffen und geeignete organisatorische Strukturen entwickelt werden. Gezielte Schulungen erforderlich Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit Umso wichtiger ist es, dass das Pflegepersonal über und Pflege wandte sich Ende letzten Jahres eben- die notwendigen fachlichen Kenntnisse verfügt. falls an das Referat Patienten. Dabei ging es um die Organisation eines gemeinsamen Workshops zur Mundhygiene für Heimaufsichten (FQA). Mit dem Koffer unterwegs Für Kooperations- und Patenzahnärzte, die Senio- ren- und Pflegeeinrichtungen besuchen, haben BLZK und KZVB gemeinsam einen Schulungs- koffer entwickelt, dessen Herzstück ein Muster- vortrag von Prof. Dr. Christoph Benz unter dem Titel „Ein Koffer voller Wissen: Mundpflege in der Pflege“ ist. Den Mustervortrag gibt es sowohl als PowerPoint-Präsentation als auch in einer verton- ten Fassung als wmv- oder m4v-Datei. Daneben enthält der Koffer eine Auswahl von spezifischen Mundhygieneartikeln für pflegebedürftige Pati- Fotos: BLZK enten. Sie dienen der Demonstration und prakti- schen Übung. Ein zweiseitiges Informationsblatt Einen Koffer voller Wissen hat die BLZK für die Mundhygiene in der Pflege gepackt. Mit dieser Handreichung unterstützt das Referat Patienten Zahnärzte erläutert den Umgang mit dem Schulungskoffer. bei der Schulung von Pflegekräften. Ein Feedback-Bogen, der freiwillig ausgefüllt und
Politik | BZB Oktober 18 | 7 BLZK im Koffer enthaltenen Gebissmodells demons- triert. Mit praktischen Übungen und Zeit für die Diskussion wird dafür ebenfalls etwa eine Unter- richtsstunde (45 Minuten) benötigt. Informationsmaterial für Einrichtungen Der Koffer beinhaltet außerdem fünf identische Umschläge. Jeweils ein Kuvert übergibt der Zahn- arzt nach der Schulung an den Verantwortlichen der beratenen Einrichtung. In den Umschlägen finden sich zahnmedizinische Broschüren, Info- blätter, ein Ratgeber mit Tipps für den Pflegeall- tag, Lernkarten zur richtigen Putztechnik und eine Liste mit Mundhygieneprodukten, die die Pflegen- den bei der Beschaffung der erforderlichen Den- Der Schulungskoffer enthält einen Mustervortrag, Informationsmaterial und talprodukte unterstützen soll. Der Koffer selbst ist Mundhygieneartikel zur Demonstration und Schulung. – ebenso wie der Mustervortrag – nicht zum Ver- bleib in der Einrichtung gedacht. Die Schulungs- an die BLZK zurückgesendet werden kann, soll aufgabe ist unmittelbar an den jeweiligen Zahn- darüber Aufschluss geben, ob gegebenenfalls et- arzt und seine fachliche Kompetenz gebunden. Sie was am Inhalt zu ergänzen oder zu verändern ist. ist nicht delegierbar. Schließlich versteht sich der Schulungskoffer als Ulrike Nover „lernendes System“. Für fachliche Fragen steht das Leiterin Fachbereich Patienten/Soziales Engagement der BLZK Referat Patienten der BLZK unter der E-Mail-Adresse prophylaxe@blzk.de zur Verfügung. Bestellung Das Schulungskonzept ist bewusst einfach gehal- Der Schulungskoffer ist ab sofort zum Selbstkosten- ten. Die Vortragsinhalte konzentrieren sich auf das preis von 100 Euro (inklusive Versand- und Portokos- Wesentliche, damit das vermittelte Wissen im Pflege- ten) beim Kaufmännischen Bereich der BLZK erhältlich. alltag anwend- und umsetzbar ist. „In der Präsen- Er kann unter der Faxnummer 089 230211-196 oder tation habe ich bewusst auf Aspekte wie ,Welche per E-Mail bestellt werden: Zahnersatzarten gibt es?‘ oder ,Wie werden Riegel schulungskoffer@blzk.de an Prothesen bedient?‘ verzichtet“, erläutert Benz. „Denn die Erfahrung zeigt, dass Pflegekräften oft- mals schon die Grundzüge einer sinnvollen Mund- pflege unbekannt sind. Zahnmedizinische Details Anzeige verwirren nur und lassen sich besser im konkreten Einzelfall am Patienten besprechen. Bei Interesse können aber auch zusätzliche Aspekte diskutiert werden.“ Die Zuhörer sollen auch für sich persön- lich einen Nutzen aus dem Vortrag ziehen, denn für die Mundhygiene in der Pflege bedarf es eigener Kompetenz bei der Zahnpflege. Kompetenz im Zahnarztrecht Praxisübernahmen · Kooperationen · Haftung Empfohlener Schulungsablauf Arbeitsrecht · Mietrecht · Wirtschaftlichkeits- prüfungen · Regressverfahren · Berufsrecht Für Schulungsveranstaltungen empfehlen BLZK und KZVB folgenden Ablauf: · Zunächst wird die Präsentation gehalten oder Hartmannsgruber Gemke alternativ die vertonte Version abgespielt. In- Argyrakis & Partner Rechtsanwälte klusive Zeit für die Diskussion ist dafür etwa eine August-Exter-Straße 4 · 81245 München Unterrichtsstunde (45 Minuten) anzusetzen. Tel. 089 / 82 99 56 - 0 · info@med-recht.de · Anschließend wird die Anwendung der empfohle- www.med-recht.de nen Mundpflegehilfsmittel anhand des ebenfalls
8 | BZB Oktober 18 | Politik KZVB Viele Kassen bezuschussen weiterhin die PZR KZBV bietet aktuelle Übersicht auf ihrer Homepage an Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat Ende September die Ergebnisse ihrer jährlichen Umfrage zu den Leistungen gesetz- licher Krankenkassen bei der Professionellen Foto: Racle Fotodesign – stock.adobe.com Zahnreinigung (PZR) veröffentlicht. 113 Kassen wurden befragt, 36 haben geantwor tet. Das erfreuliche Ergebnis: Nach wie vor erhalten viele gesetzlich Versicherte einen Zuschuss zur PZR. Dieser ist jedoch in einigen Fällen an bestimmte Voraussetzungen gekoppelt, wie die Teilnahme an einem Bonusprogramm. Auch Selektivvertrags- modelle, die die freie Arztwahl einschränken, sind „Die PZR hat auch einen kosmetischen Effekt“, schreibt die KZBV in einer nach wie vor verbreitet. Pressemitteilung. Abgefragt wurde, wie sich die Leistung der Kasse chen geglättet, sondern auch unebene Übergänge bei einer PZR gestaltet und ob der Zuschuss die Ab- zu Füllungen und Zahnersatz. Um den fortlaufen- rechnung nach der Gebührenordnung für Zahn- den Mineralverlust des Zahnschmelzes zu verrin- ärzte deckt. Die freiwillige Bezuschussung der PZR gern und die Remineralisation der Zähne zu erleich- ist auch politisch ein wichtiges Signal, stellt doch tern, wird anschließend Gel oder Lack mit hoch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkas- konzentriertem Fluorid aufgetragen. Dieser Vorgang sen den Nutzen einer PZR immer wieder infrage. führt zur örtlichen Bildung von Fluoriddepots, die Die KZBV wies deshalb in einer Pressemitteilung für einen intakten Zahnschmelz wichtig sind.“ darauf hin, dass man auch bei guter Mundhygiene Und natürlich trage die PZR auch zu einer ver- nicht die gesamte Zahnfläche erreicht. „Aber auf besserten Mundhygiene bei. „Ob Putzsystematik, Flächen, die Patientinnen und Patienten bei der Hilfsmittel zur Zahnzwischenraumreinigung oder täglichen Zahnpflege nur schwer erreichen, bilden Mundspülung – zur täglichen Pflege der Mund- sich bakterielle Beläge – genau dort setzt die PZR höhle gehört einiges. Was für Patienten individuell an! Sie unterstützt die tägliche Zahnreinigung, er- wichtig ist, wird in der Praxis bei einer PZR eben- setzt diese aber nicht. Beläge auf Zahnoberflächen, falls besprochen. Eine PZR sorgt also nicht nur für in den Zwischenräumen und in den sogenannten ein strahlendes Lächeln. Sie ist auch elementarer Zahnfleischtaschen entfernen Zahnärztinnen und Bestandteil eines präventionsorientierten Gesamt- Zahnärzte oder geschultes Praxispersonal mit spe- konzepts zur Vermeidung und Therapie von Volks- ziellen Handinstrumenten oder Geräten, die mit krankheiten wie Karies und Parodontitis“, so die Ultraschall arbeiten. Das ist der Grund, warum die KZBV in ihrer Pressemitteilung. Behandlung Professionelle Zahnreinigung genannt Die PZR sollte man der KZBV zufolge zweimal pro wird: Es werden andere Instrumente genutzt, als Jahr durchführen lassen. Bei einem hohen Paro- Patienten zu Hause verwenden. Bei der Behandlung dontitisrisiko seien oft auch kürzere Abstände nö- werden auch Verfärbungen entfernt, die durch Tee, tig. Die Kosten einer PZR beziffert die KZBV auf Kaffee oder Nikotin entstehen. Die PZR hat also ne- 80 bis 120 Euro – je nach Dauer und Aufwand. Die benbei auch einen kosmetischen Effekt“, schreibt detaillierten Ergebnisse der Umfrage zur PZR für das die KZBV und verweist auch auf den Präventions- Jahr 2018 finden Sie auf www.kzbv.de/pzr-zuschuss. effekt der PZR. „Bakterien setzen sich leichter auf Patienten, deren Kasse einen Zuschuss zur PZR rauen Oberflächen fest als auf glatten. Deshalb zahlt, sollten auf diese freiwillige Leistung hinge- folgt bei einer PZR auf die eigentliche Reinigung wiesen werden. eine Politur. Dabei werden nicht nur die Zähnflä- Redaktion
Politik | BZB Oktober 18 | 9 BLZK Wo bleibt im Studium die Pflegezahnmedizin? Ein Zwischenruf von Prof. Dr. Christoph Benz Zum zweiten Mal nach 2017 organi- 5 Prozent können sich später ein be- sierte die Deutsche Gesellschaft für sonderes Engagement in der Pflege- Alterszahnmedizin (DGAZ) einen zahnmedizin vorstellen. Hochschultag. In Berlin vertreten wa- ren die Universitäten Dresden, Düssel- Was soll die Uni tun? dorf, Gießen, Göttingen, Hannover, Der Hochschultag der DGAZ hat ein Heidelberg, Marburg, München und Minimal-Curriculum beschrieben: Leipzig. Die überwiegend jungen Do- · 22 Vorlesungsstunden sind not- Foto: BZÄK/Lopata zenten berichteten von einem wach- wendig, um ein Grundverständnis senden Interesse der Studierenden an für die wichtigsten physischen und der Pflegezahnmedizin, aber leider psychischen Veränderungen im Alter auch von Beschränkungen, die über- und die Besonderheiten der Pflege- Prof. Dr. Christoph Benz ist Vizepräsi- all in Deutschland herrschen. dent der Bundeszahnärztekammer zahnmedizin zu vermitteln. Dass Deutschland hat eine der am stärks- und Referent Patienten der BLZK. Pflegezahnmedizin interdisziplinär ten alternden Gesellschaften in der ist, lässt sich daran erkennen, dass Welt. Da ist es geradezu fahrlässig, wenn angehende es nur in sieben Unterrichtsstunden um zahnärzt- Zahnärzte im Studium keinen Zugang zur Pflege be- liche Inhalte geht. kommen. Jeder, der die Pflegezahnmedizin kennt, · Ein Praktikum ist unbedingt notwendig, um im di- weiß, was hier alles anders ist: die physische und rekten Kontakt mit Pflegebedürftigen Berührungs- psychische Konstitution der Patienten, die Umge- ängste abzubauen. bung, die Arbeitsweise, die Diagnosemöglichkeiten, die Therapieoptionen und die juristischen Implika- Wie das Praktikum ausgestaltet werden kann, zei- tionen. Natürlich kann die Universität keine Spezia- gen aktuelle Beispiele. In München und Heidelberg listen für Alterszahnmedizin ausbilden. Versäumt nehmen die Studierenden gemeinsam mit Pflege- man aber Pflegezahnmedizin als „normalen“ Teil schülern, angehenden Ärzten und Apothekern an der Praxistätigkeit darzustellen, entstehen mentale einem interdisziplinären geriatrischen Assessment Barrieren, die sich später schwer einreißen lassen. teil. In Leipzig besuchen die Studenten an zwei Halbtagen Pflegeheime und erstellen zahnärztliche Was kommt auf uns zu? Befunde und Therapieplanungen, die an Zahnärzte In den nächsten Jahren kommen immer mehr Men- vor Ort weitergereicht werden. In Köln reinigen die schen aus geburtenstarken Jahrgängen in ein Alter, Studierenden die Zähne Pflegebedürftiger, und in in dem Pflegebedürftigkeit wahrscheinlicher wird. Göttingen schulen sie Pflegekräfte. Berechnungen des Statistischen Bundesamtes gehen Jetzt ist das Zahnmedizinstudium ohnehin bereits bis 2030 von einem Anstieg der Pflegebedürftigkeit „randvoll“. Wo soll da Platz für die Pflegezahnmedi- um 35 Prozent aus. Die starke Zunahme betrifft vor zin sein? Die Universität Witten-Herdecke geht einen allem betagte Menschen: So wird sich die Zahl Pflege- mutigen Weg. Für ihr neues Curriculum Alterszahn- bedürftiger in der Altersgruppe 90plus verdoppeln. medizin mit immerhin 26 Vorlesungsstunden wurde Auf der zahnmedizinischen Seite sind es die Erfolge die Vorlesung „Orale Strukturbiologie“ gestrichen. der modernen Zahnmedizin, die einen besonderen Damit schneidet die Uni alte Zöpfe ab – im Interesse Erhaltungs- und Pflegeaufwand im Alter begrün- älterer Menschen. den. Zahnärzte sind gefordert, immer mehr Pflege- Fazit: Wer im Studium keine Berührungspunkte zur bedürftige mit komplexen zahnmedizinischen und Pflegezahnmedizin hat, wird sich im Berufsleben allgemeinmedizinischen Problemen zu betreuen. schwertun, den richtigen Zugang zu finden. Es ist Gleichzeitig fühlen sich 76,3 Prozent der Studenten eine wichtige Aufgabe der Hochschule, diesen Zu- in der Alterszahnmedizin nicht gut ausgebildet. Nur gang zu vermitteln.
10 | BZB Oktober 18 | Politik KZVB Keine Frage bleibt unbeantwortet Zweite Staffel der KZVB-Dialogtage Die Dialogtage sind zu einer festen Einrichtung Rechts- und Planungssicherheit, Transparenz, Ge- der KZVB geworden. Bei dieser bayernweiten rechtigkeit – das verspricht der Vorstand mit der Ein- Veranstaltungsreihe informieren Vorstand und führung eines neuen Honorarverteilungsmaßstabs Verwaltung über gesetzliche Neuregelungen, die (HVM) zum 1. Januar 2019. Wie man den HVM am Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkas- besten in der Praxis umsetzt und warum er gegen- sen oder den Online-Rollout der elektronischen über den alten Puffertagsregelungen viele Vorteile Gesundheitskarte. Die zweite Staffel hat Mitte hat, das erfahren die Teilnehmer beim Dialogtag September begonnen und stößt erneut auf sehr aus erster Hand. Erlaubt sind aber auch kritische positive Resonanz. Fragen und Diskussionsbeiträge. Denn der neue HVM ist nicht in Stein gemeißelt. Bei Bedarf kann In den Mainfrankensälen in Veitshöchheim findet nachjustiert werden. Auch deshalb ist dem Vorstand einmal im Jahr die „Fastnacht in Franken“ statt. die Kommunikation mit der Basis so wichtig. Doch es braucht nicht „Waltraud und Mariechen“ Die Praxen bei der Umsetzung neuer Vorschriften oder die „Altneihauser Feierwehrkapell’n“, um das bestmöglich zu unterstützen, das ist ein weiteres Ziel Veranstaltungszentrum bis auf den letzten Platz der Dialogtage. So erfährt man detailliert, wie man zu füllen. Auch vermeintlich trockene Kost wie die den Online-Rollout der elektronischen Gesundheits- Qualitätssicherungsrichtlinie ist den Zahnärzten so karte bewerkstelligt und welche Konsequenzen sich wichtig, dass sie dafür einen Mittwochnachmittag aus der Datenschutz-Grundverordnung für Praxis- opfern. Bereits an der ersten Staffel der Dialogtage inhaber ergeben. Auch die Tipps zur Qualitätssiche- hatten über 4 000 Zahnärzte und Praxismitarbeiter rung sind äußerst hilfreich, da sie im Falle einer teilgenommen. Auch bei der Neuauflage ist das Prüfung Ärger vermeiden. Interesse groß. Offensichtlich hat der Vorstand der „Man kann die Richtung des Windes nicht verän- KZVB die richtigen Themen ausgewählt. dern, aber die Segel richtig setzen“ – dieses Aristo- Breiten Raum nimmt der Bericht über die Vergü- teles-Zitat steht am Ende eines der Vorträge. Und es tungsverhandlungen mit den in Bayern tätigen kann auch als Motto der Dialogtage gelten. Trotz Krankenkassen ein. Punktwerterhöhungen von drei immer neuer Vorschriften, die sich der Gesetz- Prozent können sich sehen lassen, finden auch die geber ausdenkt, ist Zahnarzt ein spannender Beruf. Teilnehmer der Dialogtage. Dafür gibt es, wie bei Und die Selbstverwaltung in Bayern versucht, ih- der Veranstaltung in Rosenheim, schon mal spon- ren Beitrag dazu zu leisten, dass das auch künftig tanen Applaus. Auch die Botschaft, dass Puffer- so bleibt. tage der Vergangenheit angehören, kommt gut an. Leo Hofmeier Foto: KZVB Die KZVB-Dialogtage stoßen erneut auf große Resonanz. Die Mainfrankensäle in Veitshöchheim waren bis auf den letzten Platz besetzt.
Politik | BZB Oktober 18 | 11 BLZK An der Ursache vorbei Ein Zwischenruf von Sven Tschoepe Alle angehenden (Zahn-)Ärzte ler- nicht erheblichen und geringfügi- nen bereits im klinischen Studien- gen Verstößen gegen die DSGVO zu abschnitt, dass der Erfolg einer The- schützen. rapie in erster Linie von einer sorg- fältigen Diagnose abhängt. Eine Diagnose Diagnose entsteht durch die zusam- Mit seiner Gesetzesinitiative will der menfassende Gesamtschau und Be- Freistaat Bayern für klarere Rechts- urteilung der erhobenen Befunde. Da- verhältnisse sorgen. Der Vorstoß zielt zu zählen die vorgefundenen Symp- darauf ab, das neue Datenschutz- tome ebenso wie eine sorgfältige recht aus dem Anwendungsbereich Anamnese. Die Behandlung – mit an- des Gesetzes gegen den unlauteren Foto: BLZK deren Worten die Therapie – ist stets Wettbewerb herauszunehmen, das der letzte Schritt. Sven Tschoepe ist Hauptgeschäfts- üblicherweise als Grundlage für Der eingangs genannte Grundsatz führer der BLZK. Abmahnungen herangezogen wird. gilt nicht nur in der (Zahn-)Medizin, Auch eine zweite Basis für Abmah- sondern auch in der Legislative, also bei der Ein- nungen, das sogenannte Unterlassungsklagen- bringung und Verabschiedung von Gesetzen durch gesetz, soll dahingehend abgemildert werden, dass die Parlamente. Lediglich die Begriffe unterschei- beispielsweise eine unvollständige Datenschutz- den sich: Anstelle von „Symptom und Diagnose“ erklärung auf einer Unternehmens-Homepage stehen „Problem und Ziel“, und das Synonym noch keine Abmahnansprüche durch Verbraucher- für „Therapie“ heißt in der Legislative „Lösung“. schutzverbände begründen kann. Nicht mehr und nicht weniger erwarten die Bür- ger von ihrem gewählten Gesetzgeber. Festmachen Therapie? lässt sich dies an einer jüngst von Bayern in den Obwohl sich die Therapie in der (Zahn-)Medizin Bundesrat eingebrachten Gesetzgebungsinitiative grundsätzlich gegen die Krankheit richtet, also hei- mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Anpas- len soll, können in manchen Fällen nur die Symp- sung zivilrechtlicher Vorschriften an die Daten- tome gelindert werden. Ähnlich scheint es hier zu schutz-Grundverordnung“. sein. Denn so begrüßenswert beide Initiativen auf den ersten Blick erscheinen, so ernüchternd ist die Befund Analyse, dass sie sich zwar gegen den Abmahnmiss- Zutreffend wird darin festgestellt, dass die neue brauch wenden, nicht jedoch gegen Abmahnungen EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in im Bereich des Datenschutzes im Allgemeinen. zahlreichen Praxen zum Ärgernis geworden ist. Anstatt der Ursache auf den Grund zu gehen, soll Die erforderlichen Umstellungen kosten Zeit und lediglich an den Symptomen herumgedoktert wer- Geld. Hinzu kommen vereinzelte Meldungen über den. Dabei liegt die Ursache ganz woanders: Deut- Abmahnungen durch spezialisierte Rechtsanwalts- sche Politiker haben sich schlichtweg nicht getraut, kanzleien wegen angeblicher Verstöße gegen die kleinen und mittelständischen Unternehmen, Frei- DSGVO. Flankiert wird die Bundesratsinitiative beruflern und Vereinen Spielräume für eine maß- von einem Antrag der Regierungsfraktionen im volle Anwendung der DSGVO zu geben. Bundestag unter dem Titel „Abmahnmissbrauch Da die Ursache vermeintlich nicht abgemildert wirksam verhindern“. Darin wird die Bundesregie- werden kann, will sich die Politik nun wenigstens rung aufgefordert, gesetzgeberisch tätig zu werden um die Wirkung kümmern. Aber sollte die Messlatte und kleine und mittelständische Unternehmen, ge- für die Legislative nicht höher liegen? meinnützige Organisationen, Vereine sowie Selbst- Sven Tschoepe ständige vor kostenpflichtigen Abmahnungen bei Hauptgeschäftsführer der BLZK
12 | BZB Oktober 18 | Politik KZVB „Private Investoren bereichern sich an der Patientenberatung“ Verkauf der UPD stößt auf massive Kritik Die Vergabe der Unabhängigen Patientenbera- mer ist nun offiziell die „Sanvartis Careforce Hol- tung Deutschland (UPD) an die Sanvartis GmbH ding GmbH“ mit Sitz in der Schweiz. Der Verbund sorgte vor drei Jahren für heftige Kritik – auch unabhängige Patientenberatung (VuP) spricht von seitens der zahnärztlichen Körperschaften. Nun einer Verschleierungstaktik. Bereits der Name wurde bekannt, dass das in Duisburg ansässige sei verwirrend. „Eigner ist Careforce. Die UPD ist Unternehmen verkauft wurde – inklusive der UPD. käuflich, unabhängige Patientenberatung wird Die Kritiker sehen sich bestätigt. zur Farce, private Investoren bereichern sich an Fördergeldern für die Patientenberatung und die Bis 2015 war die Patientenberatung in den Händen Gemeinnützigkeit der UPD steht infrage“, so der einer gemeinnützigen GmbH, zu deren Gesellschaf- VuP gegenüber dem „Ärzteblatt“. tern der Sozialverband VdK, die Verbraucherzentrale Bundesverband und der Verbund unabhängige Keine Erfahrung Patientenberatung e.V. gehörten. Im Rahmen des Die 2000 gegründete Careforce GmbH bezeichnet Vergabeverfahrens erhielt damals überraschend die sich selbst als „führendes Unternehmen im Bereich Sanvartis GmbH den Zuschlag für den Vertrag mit der Personal- und Vertriebsdienstleistung für die einer Laufzeit von sieben Jahren. Die gesetzlichen pharmazeutische Industrie und andere Unterneh- Krankenkassen müs- men im Healthcare- sen pro Jahr neun Mil- markt“. Zu den Leis- lionen Euro für die UPD tungen des Unterneh- zur Verfügung stellen. mens gehörten bislang Sanvartis versprach die Vermittlung von damals, die Zahl der Personal, der Außen- Beratungen von rund dienst für Pharma- 80 000 auf über 200 000 pro Jahr zu erhöhen. Auch unternehmen und Fortbildungen zu Themen wie die Erreichbarkeit sollte verbessert werden, was der „Verbindlichkeit und Abschluss“. Auf dem Gebiet damalige Patientenbeauftragte der Bundesregie- der Patientenberatung hat die Careforce GmbH rung, Karl-Josef Laumann, begrüßte. keine Erfahrung vorzuweisen. Manuel Ebner, Ge- schäftsführer der Sanvartis GmbH, sieht die Qua- Versprechungen nicht erfüllt lität der Beratung durch den Verkauf dennoch Doch bereits 2017 monierte die Linkspartei, dass nicht gefährdet. Das Bundeskartellamt sei an der die Versprechungen nicht erfüllt würden. Zwar sei Transaktion beteiligt gewesen, der GKV-Spitzenver- die Zahl der Beratungen um 16,6 Prozent gestie- band wurde informiert, betonte Ebner gegenüber gen, die Kosten hätten sich aber gleichzeitig um der „Ärzte Zeitung“. Für Professor Rolf Rosenbrock, 55 Prozent erhöht. „Die von der Bundesregierung Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes, immer behauptete schnellere Erreichbarkeit bei gehört die Patientenberatung generell „nicht in der neuen UPD ist ein Märchen“, sagte die Lin- die Hand der Gewinnwirtschaft, sondern unter die ken-Abgeordnete Kathrin Vogler im August 2017 Regie der Zivilgesellschaft“. Für den Sozialverband dem „Tagesspiegel“. Auffällig sei auch, dass die VdK lässt sich der Eigentümerwechsel „nicht mit Zahl der Beratungen zu Patientenrechten und Be- dem Konzept einer unabhängigen und neutralen handlungsfehlern „drastisch eingebrochen“ sei. Beratungsstelle vereinbaren“. Gleichzeitig habe sich die Zahl der Beschwerden Der Streit um die Unabhängige Patientenberatung über schlechte Beratung immens erhöht – von 18 Deutschland dürfte also weitergehen – mindestens im Jahr 2015 auf 559 in 2016. bis zum Jahr 2022, wenn die Beratung und der Über die Hintergründe des Verkaufs der Sanvartis Millionen-Etat neu vergeben werden. GmbH ist bislang wenig bekannt. Neuer Eigentü- Leo Hofmeier
Politik | BZB Oktober 18 | 13 BLZK Impulse aus Bayern Weltzahnärzteverband FDI tagte in Buenos Aires Was muss unter zahnmedizinischen Gesichts- punkten gefordert und getan werden, um die globalen Gesundheitsprobleme in den Griff zu bekommen? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Weltzahnärzteverband Fédération Den- taire Internationale (FDI) bei seiner jährlichen Tagung in Buenos Aires. Delegierte aus 130 Län- dern diskutierten über Chancengleichheit und suchten Antworten auf die wichtigsten (Mund-)- Gesundheitsfragen. Aus Bayern kam wesent- Foto: Wuttke licher Input für die Resolutionen zu Amalgam und Nanopartikeln. Blick auf die deutsche Delegation beim Weltkongress der FDI Im Mittelpunkt der Diskussion standen zuneh- mende Antibiotikaresistenzen, hoher Zuckerkon- im Journal ,Dental Materials‘ publiziert“, erklärte sum und vor allem die Konsequenzen, die globale Hickel auf Nachfrage. Flucht- und Migrationsbewegungen auf den Ge- sundheitszustand der Betroffenen und auf die Reduktion von Amalgam Gesundheitssysteme haben. Dieses Jahr fanden Der Münchner Universitätsprofessor war auch am Kongress und FDI-Generalversammlung in Buenos Entstehen der Resolution „Amalgam phase-down“ Aires statt. Zu den 4 000 Kongressteilnehmern ge- beteiligt, die in Madrid erarbeitet und in Buenos sellten sich zahnärztliche Delegierte aus 130 Län- Aires modifiziert wurde. Hintergrund sind unter- dern, die sich für die Chancengleichheit (zahn-)- schiedliche Sichtweisen in Europa, Japan und medizinisch unterversorgter Menschen einsetzen Amerika zum Umgang mit Amalgam. Letztend- – ganz im Sinne der FDI-Strategie 2018 bis 2021. lich konnte Hickel mit Vertretern aus den USA und anderen Ländern eine Formulierung finden, Nanopartikel unter der Lupe die die deutsche Position weitgehend beibehält Input gab es auch aus Bayern. Prof. Dr. Rein- und dennoch konsensfähig ist. Die FDI-General- hard Hickel, Dekan der Medizinischen Fakultät versammlung befürwortet die Reduktion von der Ludwig-Maximilians-Universität München Amalgam in der Zahnmedizin und unterstützt und Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung gleichzeitig die Bemühungen der WHO für mehr und Parodontologie, ist im ständigen Ausschuss Prävention und Forschung im Bereich alternativer Wissenschaft der FDI aktiv und leitet das „Dental Behandlungsmöglichkeiten. Material Task Team“ (DMTT). Für Buenos Aires Im nächsten Jahr findet der Weltkongress in San erarbeitete er federführend Stellungnahmen zu Francisco statt. Bis dahin gilt es für das Team um „Amalgam phase-down“ und Nanopartikeln, Prof. Dr. Reinhard Hickel, Vorbereitungen zu tref- die beide mit überwältigender Mehrheit von der fen. In den USA muss das DMTT wissenschaftliche FDI-Generalversammlung verabschiedet wur- Stellungnahmen zur Reparatur von Zahnrestau- den. „Nanopartikel sind vor 15 bis 20 Jahren bei rationen und zur Erstversorgung von Läsionen ihrer Einführung in der restaurativen Zahnmedi- vorlegen – aufbauend auf dem Statement „Amal- zin hoch gelobt worden, nun aber – wie nach dem gam phase-down“, in dem empfohlen wird, bei Hype fast zu erwarten – werden Bedenken wegen Erstversorgungen möglichst kein Amalgam mehr Nebenwirkungen diskutiert. Hier haben wir eine zu verwenden. Risikoabschätzung vorgenommen und einen um- Anita Wuttke fangreichen Übersichtsartikel zu diesem Thema München
14 | BZB Oktober 18 | Politik KZVB Krankenhäuser im Umbruch Bürokratieabbau und Fachkräftemangel sind zentrale Herausforderungen Die KZVB warnt seit Langem davor, Vorschriften aus dem stationären Bereich ungeprüft auf den ambulanten Sektor zu übertragen. Wozu aus- ufernde Bürokratie und realitätsferne Verordnun- gen führen können, zeigte ein Pressegespräch der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) Ende September im Münchner Presseclub. Die bayerischen Krankenhäuser haben mit ähn- lichen Problemen zu kämpfen wie die Zahnarzt- praxen. Das wurde im Laufe des Pressegesprächs deutlich: Fachkräftemangel und immer mehr Bürokratie (vor allem im Bereich der Qualitäts- sicherung) sind zwei der zentralen Probleme, vor denen die Krankenhäuser stehen – und die wohl Foto: KZVB jedem bayerischen Zahnarzt bekannt vorkommen dürften. „Die stetig steigenden Ansprüche an Do- Warnt davor, „mit einer vermeintlichen Qualitätsdiskussion Kapazitätsabbau zu kumentation, Qualität, Strukturen und Prozesse bezwecken“: BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein werden unsere Krankenhauslandschaft in den kommenden Jahren tiefgreifend verändern“, so auf einen Pfleger höchstens zwei Patienten kom- BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein. men. Dieser Schlüssel wurde bisher, so Hasenbein, von Fachgesellschaften als Idealfall gesehen. Nun Pflegegesetz: Gemischte Bilanz plötzlich solle er die neue Untergrenze sein. Die Ver- Hasenbein begrüßte, dass Gesundheitsminister Jens ordnung sei kaum umsetzbar, weil sie die Organisa- Spahn mit seinem unlängst vorgestellten Pflegeper- tionsprozesse in der Pflege verkenne: „Sie zeugt von sonal-Stärkungsgesetz dafür sorgen möchte, dass einer Unkenntnis der Abläufe im Krankenhaus.“ die Pflege vollfinanziert wird. Der Krankenhaus- funktionär gab jedoch zu bedenken, dass es derzeit Thema Qualität wird forciert nicht genügend Pfleger gebe, um alle benötigten Zum Thema Qualitätssicherung stellte der BKG- Stellen zu besetzen. Er frage sich schon: „Woher Geschäftsführer fest, dass es von der Politik massiv nehmen, wenn nicht stehlen?“, so Hasenbein. forciert werde, obwohl es in den Krankenhäusern Der Referentenentwurf sieht vor, dass der Pflege- schon seit langer Zeit ganz oben auf der Agenda zuschlag in Höhe 0,9 Prozent künftig wegfällt. Die- stehe. „Wir haben an sich gar nichts gegen Quali- ser war unter Spahns Vorgänger Hermann Gröhe tätsvorgaben, aber man darf nicht übersehen, dass eingeführt worden, um die wirtschaftliche Situation sie unglaublich viel Bürokratie mit sich bringen“, der Krankenhäuser zu verbessern. Durch eine Strei- betonte Hasenbein. Und es könne nicht sein, dass chung würden Bayerns Krankenhäuser 80 Millio- über den Hebel Qualität versucht werde, kleinere nen Euro pro Jahr verlieren. Klar, dass dies nicht Krankenhäuser vom Markt zu drängen und da- Hasenbeins Wohlgefallen findet. durch Krankenhausplanung zu betreiben. Einer Dis- kussion über die künftige Krankenhauslandschaft Idealfall wird zur Untergrenze im Freistaat verschließe er sich jedoch keineswegs. Ein Beispiel, wie realitätsfern die Politik mitunter Das Ziel bleibt dabei aus Sicht von Hasenbein stets, ist, sind aus Sicht von Hasenbein die neuen Perso- die Patienten „schnellstmöglich in das geeignetste naluntergrenzen in pflegeintensiven Bereichen. So Krankenhaus zu bringen“. dürfen zum Beispiel künftig in einer Intensivstation Tobias Horner
Politik | BZB Oktober 18 | 15 BLZK Groß, größer – EuroPerio Über 10 000 Teilnehmer in Amsterdam Die „EuroPerio“ gehört weltweit zu den größten Kongressen im zahnärztlichen Bereich. In diesem Jahr fand die viertägige Fortbildungsveranstal- tung für Parodontologie in Amsterdam statt. Sie bot zwar viele Höhepunkte, doch außer einer Klassifikation zu Parodontitis und Periimplantitis gab es kaum inhaltliche Neuheiten. Organisiert wird die EuroPerio von der European Federation of Periodontology (EFP), die sich aus 29 Länderorganisationen zusammensetzt. Mit dem Foto: EFP/EuroPerio9 diesjährigen Konzept stellte die EuroPerio9 ihre Vor- gänger im Hinblick auf neue Präsentationsformate und die Anbindung an soziale Netzwerke in den Schatten. Die drei EFP-Pressekonferenzen im RAI, Beeindruckende Kulisse: Mehr als 10 000 Parodontologen, Implantologen, dem modernen Kongresszentrum von Amsterdam, Allgemeinzahnärzte und Praxismitarbeiter nahmen an der „EuroPerio“ in wurden live auf Facebook übertragen. Die Bot- Amsterdam teil. schaften waren nicht nur für Fachmedien, sondern auch für die allgemeine Öffentlichkeit relevant. Auch die Live-Übertragung von Operationen hin- Schwerpunktmäßig ging es um Mikrobenresisten- terließ bei ihm nachhaltigen Eindruck: „Mehr als zen, die Zusammenhänge zwischen parodontalen 4 500 Menschen haben mit großer Aufmerksamkeit Erkrankungen und Bluthochdruck, Ernährung, das Geschehen auf der Leinwand verfolgt. Das habe sportliche Betätigung und orale Piercings. ich in dieser Form noch nie erlebt!“ Als Meilen- stein bezeichnete er zudem die Präsentation zur Neue Paro- und Peri-Klassifikation Klassifizierung von parodontalen Erkrankungen. Im Mittelpunkt des Hauptkongresstages standen evidenzbasierte Forschungen und internationale Weltweiter Aktionsaufruf Kooperationen sowie Neuigkeiten des „World EFP-Generalsekretär Prof. Dr. Iain Chapple, Bir- Workshops“ zu den neuen Klassifikationen von mingham, referierte über Parodontalerkrankun- parodontalen und periimplantären Erkrankungen. gen und Morbidität und präsentierte das „Perio Zu den Höhepunkten der EuroPerio9 gehört der Focus green paper“, das ein weltweiter Aktions- Konsensus von EFP und der American Academy of aufruf ist, gegen Parodontalerkrankungen und Periodontology (AAP). Die neue Klassifikation wird deren Einfluss auf die Gesundheit vorzugehen. Er in verschiedene Grade der Erkrankung eingeteilt stellte eine neue Studie über den Einfluss von Paro- und löst bisherige Bewertungen wie „chronisch“ dontalerkrankungen auf chronische Nierenleiden oder „aggressiv“ ab. Sie kann in englischer Sprache vor, an der über einen Zeitraum von zehn Jahren unter folgendem Link abgerufen werden: 800 Patienten mit mittlerer bis schwerer Nieren- www.efp.org/newsupdate/ erkrankung teilgenommen hatten. Die wichtigste world-workshop-on-classification Erkenntnis: Es gibt einen Zusammenhang zwi- schen parodontalen Erkrankungen und chroni- Beeindruckende Präsentation schen Nierenleiden. Parodontitis fördert der Studie Der wissenschaftliche Leiter Prof. Dr. Dr. Søren zufolge Niereninsuffizienz, indem sie im Blutkreis- Jepsen, Bonn, bewertete den Wissenschaftsfilm lauf Oxidationsstress hervorruft. über Periimplantitis und deren Prävention als je- Anita Wuttke nen Part, der ihn am meisten beeindruckt hätte. München
16 | BZB Oktober 18 | Politik BLZK Weiter systemrelevant PKV sorgt für Mehrumsatz von 12,9 Milliarden Euro Privatpatienten bleiben eine feste Größe im Bereich Mehrumsatz der Privat- Gesundheitswesen. Für Zahnarztpraxen haben versicherten [Mrd. €] sie allerdings leicht an Bedeutung verloren. Das 2016 2015 geht aus einer aktuellen Studie des Wissenschaft- Ambulante ärztliche Versorgung 6,3 6,0 lichen Instituts der Privaten Krankenversicherung Stationäre Versorgung 0,7 0,7 (WIP) hervor. Zahnmedizinische Versorgung 3,2 3,3 2016 flossen insgesamt 34,8 Milliarden Euro durch Arznei- und Verbandmittel 0,8 0,9 Privatversicherte in das deutsche Gesundheitssystem. Nach Berechnungen des WIP entspricht dies einem Heilmittel 1,0 1,0 Mehrumsatz von 12,9 Milliarden Euro gegenüber der Hilfsmittel 0,5 0,4 Behandlung auf dem Niveau der gesetzlichen Kran- Sonstige 0,4 0,3 Quelle: WIP kenversicherung. Als Mehrumsatz bezeichnet das Institut den Geldbetrag, der ambulanten und statio- Gesamt 12,9 12,6 nären Leistungserbringern durch die Existenz der PKV-Mehrumsatz 2016 und 2015 nach Bereichen privaten Krankenversicherung zusätzlich zufließt. Ermittelt wird der Wert, indem von der privat ge- Im Vergleich zum Jahr 2015 ging der Zusatzbetrag zahlten Vergütungssumme jener Betrag abgezogen für die zahnmedizinische Versorgung allerdings um wird, der bei gleicher Leistungserbringung von den knapp 2 Prozent zurück. Die Gesamtausgaben von gesetzlichen Krankenkassen gezahlt worden wäre. Privatversicherten im zahnmedizinischen Bereich, der sowohl Zahnbehandlung als auch Zahnersatz 4,9 Milliarden Euro für Zahnleistungen und kieferorthopädische Behandlungen umfasst, Mit fast 3,2 Milliarden Euro machte der Mehrumsatz lagen im Jahr 2016 bei 4,9 Milliarden Euro. Das von Zahnärzten erneut den zweitgrößten Posten bedeutet gegenüber dem Vorjahr ein Minus von hinter der ambulanten ärztlichen Versorgung aus. 0,3 Prozent. Zum Vergleich: Gesetzliche Krankenkas- sen gaben 2016 insgesamt 13,7 Milliarden Euro (plus Bereich Ausgaben 2016 [Mrd. €] Marktanteil 2,2 Prozent) für Zahnleistungen aus. PKV Im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung Privat- GKV war der Mehrumsatz mit etwa 6,3 Milliarden Euro versicherte Ambulante 11,2 36,5 23,5 % fast doppelt so hoch. Durch die höhere Vergütung ärztliche Versorgung für die Behandlung von Privatpatienten erzielten niedergelassene Ärzte im Durchschnitt 53.000 Euro Stationäre 9,7 73,0 11,7 % Versorgung zusätzlich – 3,8 Prozent mehr als 2015. Zahnmedizinische 4,9 13,7 26,3 % Ausgaben steigen langsamer Versorgung Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, Arznei- und 5,4 37,1 12,7 % dass die Leistungsausgaben von Privatversicherten Verbandmittel in den letzten zehn Jahren flacher angestiegen sind Heilmittel 1,8 6,5 21,4 % als die von GKV-Patienten. Im Zehn-Jahres-Zeit- raum von 2006 bis 2016 nahmen die Gesundheits- Hilfsmittel 1,4 7,8 15,7 % kosten für Privatversicherte um 43,1 Prozent zu. Sonstige 0,4 0,9 31,5 % Quelle: WIP Dagegen verzeichnete die gesetzliche Kranken- Gesamt 34,8 175,5 16,5 % versicherung in dieser Zeitspanne einen Zuwachs Leistungsausgaben privat und gesetzlich Versicherter und PKV-Marktanteil von 48,3 Prozent. im Jahr 2016 Thomas A. Seehuber
Politik | BZB Oktober 18 | 17 KZVB „Jeder macht das Seine“ Krankenkassen arbeiten an elektronischen Patientenakten Ungeachtet des Online-Rollouts der elektroni- Infrastruktur angebunden werden, können ledig- schen Gesundheitskarte (eGK) arbeiten die gro- lich die Stammdaten der Versicherten überprüft ßen deutschen Krankenversicherer an eigenen werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Lösungen für die elektronische Patientenakte macht jetzt Druck, aber die technische Entwicklung (ePA). Bei den gesetzlichen Krankenkassen hat ist seit Beginn der eGK-Entwicklung weit vorange- die TK derzeit die Nase vorn. Aber auch der AOK- schritten. Smartphones gab es damals noch nicht. Verbund will seinen 26 Millionen Versicherten bald eine Gesundheits-App anbieten. Apple und Google Nicht nur TK-Chef Jens Baas sieht deshalb die Ge- „TK-Safe“ – so heißt die digitale Patientenakte, fahr, dass ganz andere Anbieter als die Kranken- die die größte deutsche Krankenkasse bereits vor kassen in das Geschäft mit den Patientendaten einem halben Jahr vorgestellt hat. 100 000 Versi- einsteigen: Konzerne wie Google und Apple (siehe cherte sollen am Testbetrieb teilnehmen. Über ein auch Seite 25 ff.). „Deshalb müssen wir schnell Pilotprojekt ist auch die AOK noch nicht hinaus- sein und ein besseres oder zumindest gleich gutes gekommen. Ihr „Digitaler Datensafe“ wird derzeit Angebot machen. Ein Angebot, das gleichzeitig in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern getestet. garantiert, die Daten bei uns sicher in einem ge- Wann er flächendeckend zur Verfügung steht, ist schützten System zu verwalten. Und nicht irgend- noch nicht bekannt. wo auf der Welt. Ich bin durchaus optimistisch, dass wir das hinbekommen“, sagte Baas der „Süd- Fakten geschaffen west Presse“. Fakten geschaffen hat zwischenzeitlich die private Allianz Krankenversicherung (wir berichteten). Kein Flickenteppich Die App „Vivy“ wurde gemeinsam mit Partnern Die Gefahr eines „Flickenteppichs“ bei der elek- wie der DAK, Bahn BKK, IKK Classic Barmenia tronischen Patientenakte sehen weder Baas noch Gothaer und Süddeutschen Krankenversicherung seine Kollegen von den anderen Krankenkassen. entwickelt. 25 Millionen Versicherte sollen mit Sie verweisen darauf, dass ihre elektronischen Pa- Vivy ihre Gesundheitsdaten verwalten können. tientenakten sowohl untereinander als auch mit Zu den Funktionen gehören auch Tipps für eine der Infrastruktur der gematik kompatibel sein gesunde Lebensweise, die Erinnerung an die Medi- werden. Die Rückendeckung der Politik haben kamenteneinnahme oder an Arzttermine. Darüber, die Krankenkassen jedenfalls. Bis 2021 sollen alle wie viele Versicherte die App nutzen, gibt es noch Versicherten in Deutschland Zugang zu einer keine Angaben. elektronischen Patientenakte haben, verspricht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Das will gematik hinkt hinterher er sogar in das Terminservice- und Versorgungs- Alle Anbieter versprechen natürlich, dass die Daten gesetz schreiben. Allerdings wäre das nur eine der Patienten sicher sind. Ob das tatsächlich der Ergänzung zum E-Health-Gesetz, in dem die ePA Fall ist, wird jedoch erst der Alltagsbetrieb zeigen. ebenfalls enthalten ist. Ein weiteres Problem sind die vielen Einzellösun- gen. Der Hauptgrund dafür ist, dass die mit der Drei verschiedene Modelle Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte Bis auf Weiteres wird das deutsche Gesundheits- beauftragte gematik bei der Patientenakte weiter system also mit mindestens drei verschiedenen nur langsam vorankommt. Eigentlich sollte es sie ePA-Modellen leben müssen. „Alle wollen das eine, schon seit zwölf Jahren geben. Doch selbst nach und jeder macht das Seine“, kommentierte die Stufe 1 des Online-Rollouts, mit dem alle Praxen, „Sächsische Zeitung“ diesen Zustand. Krankenhäuser und Apotheken an die gematik- Leo Hofmeier
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