KLARTEXT - Bund der Steuerzahler
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Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 17:21 Seite 1 9 03/1KLARTEXT März 2019 Bund der Steuerzahler in Bayern www.steuerzahler-bayern.de Rolf von Hohenhau Europawahl, Schicksalswahl auch für die Steuerzahler Klaus Grieshaber Mit Musterprozessen gegen zu hohe Steuerzinsen Markus Ferber Die Weichen für eine faire Unternehmensbesteuerung in Europa stellen Albert Füracker Entschließungsanträge zur steuerlichen Entlastung und zum Bürokratieabbau im Steuerrecht Manfred Weber, EVP-Spitzen- kandidat für die Europawahl: Brexit – Mahnung und Weckruf für die Wähler
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:31 Seite 2 Rolf von Hohenhau Edi torial Inhalt 2 Editorial Europawahl – Schicksalswahl auch für die Steuerzahler Manfred Weber Europawahl — 3-5 Fairer Steuerwettbewerb und eine stabile Euro-Zone Schicksalswahl „Eine Schuldenunion wird es mit mir nicht geben“ auch für die Walter Grupp 5 Steuerzahlerbüro in Brüssel Steuerzahler Erfolgreiche Interessenvertre- tung Klaus Grieshaber 6-8 Mit Musterprozessen gegen zu hohe Steuerzinsen Rolf von Hohenhau Wie die Entstehung von Nach- Präsident zahlungszinsen vermieden werden kann Einladung 7 Wirtschaftsbeirat Bayern in den folgenden „Klartext“-Ausgaben minister auch in der Pflicht, Lösungen Europawahl 2019 – Bedeutung, bis zur Europawahl am 26. Mai kommen zu finden“ informiert Manfred Weber. Forderungen und Herausforde- vor allem Europaabgeordnete und Kan- Auch Markus Ferber äußert sich rungen didaten zu Wort, die als Mitglieder des vergleichbar zu diesem Thema. Der Prof. Dr. Michael Otto Bundes der Steuerzahler die Gewähr Bund der Steuerzahler hat die EU-Kom- bieten, verbandspolitische Interessen in mission aufgefordert, am Prinzip der 8 Verleihung EWS-Award 2018 ihre Arbeit in Brüssel einzubeziehen. Einstimmigkeit in Steuerfragen festzu- Auszeichnung für einen ehr- baren Kaufmann Den Anfang in dieser Zeitung machen halten. Sie muss andere Möglichkeiten Manfred Weber, europaweiter Spitzen- einsetzen, um Steuerdumping zu ver- Gerold Noerenberg kandidat der Europäischen Volkspartei hindern. Das sieht der bayerische Fi- 9 NUXIT macht Schlagzeilen (EVP) für das Amt des Kommissionsprä- nanzminister Albert Füracker genauso, Der Widerstand wächst sidenten sowie Europaabgeordneter Fi- wenn er feststellt, dass Forderungen nanzexperte Markus Ferber. Bei aller nach Abschaffung des Einstimmigkeits- Markus Ferber Kritik, die wir an steuerpolitischen Vor- prinzips hin zu qualifizierten Mehr- 10-11 Fairer Steuerwettbewerb haben der EU-Kommission üben, stim- heitsentscheidungen aktuell die falsche Schlupflöcher schließen – wirt- men wir mit der Botschaft von Manfred Antwort sind. Im Klartext: Wir befürch- schaftliche Aktivitäten erleich- Weber für die Europawahl überein: Die ten den Fall der Schranken, die bisher tern Menschen entscheiden bei dieser wirk- Europasteuern verhindert haben. Auch Presseinformation lichen Schicksalswahl, wie es mit dem deshalb ist es notwendig, bei der Euro- 11 Wettbewerb – auch im Bereich Kontinent weitergeht. Es darf nicht das pawahl leistungsorientierte und steu- der Steuern passieren, was beim BREXIT geschehen erzahlerfreundliche Kräfte zu unterstüt- Das Einstimmigkeitsprinzip ist, nämlich dass die Menschen am Tag zen. In diesem Sinne sagt Manfred We- muss bleiben nach der Europawahl aufwachen und ber, ihm sei es wichtig, Europa von den Gerechtigkeit feststellen, dass sich die Welt verändert Menschen her zu denken und nicht aus hat. In weiten Bereichen stimmen wir den Amtsstuben in Brüssel. Das heißt, 12-13 Die Maut kommt der optimistischen Einschätzung der sich den Themen zu widmen, die die Genugtuung für Alexander Dobrindt und den Bund der beiden Interviewpartner zu. Dabei hat Menschen bewegen. Dazu gehört neben Steuerzahler Weber als Spitzenkandidat der Europäi- der Förderung kleiner und mittelstän- schen Volkspartei beste Chancen, neuer discher Unternehmen auch eine leis- Einladung Kommissionspräsident zu werden. Wir tungsorientierte realistische Steuerpo- 13 Kostenfreie Steuerzahler- haben von ihm zur Steuerpolitik auf eu- litik. Das sind die Maßstäbe die wir bei Seminare ropäischer Ebene zufriedenstellende der Bewertung der Kandidaten zur Eu- Albert Füracker Antworten erhalten. Entscheidend ist, ropawahl anlegen. 14 Den europäischen Wirtschafts- so eine der Forderungen des Bundes der raum stärken Steuerzahler, dass der Steuerwettbe- In diesem Sinne Konzentration auf das Mach- werb fair sein muss: „Wenn der Wettbe- bare – auch in der Steuerpolitik werb unfair ist, muss der Gesetzgeber mit herzlichen Grüßen 14 Impressum tätig werden. Das ist der nationale Ge- setzgeber, das heißt, die Parlamente ha- Studie ben hier den Hut auf. Wenn die natio- 15 Erfahrungen ohne Erbschaftsteuer nalen Parlamente aber nicht mehr wei- Schwedisches Erfolgsmodell ter kommen und Aufgaben an die eu- Gewerbesteuer ropäische Ebene weitergeben, weil manche Fragen nicht mehr national zu Rolf von Hohenhau 15 Kommunen entscheiden über ihre Präsident lösen sind, dann sind die EU-Finanz- Wettbewerbsfähigkeit 16 Dank und Anerkennung für die Ju- biläumsmitglieder im März 2019 Klartext 03|19 2
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:31 Seite 3 Europa politik sind als Kleinunternehmen oder Mittel- Fairer Steuerwettbewerb ständler. Hier braucht es eine bessere Ab- stimmung zwischen den Staaten. Bisher und eine stabile Euro-Zone treten die EU-Finanzminister hauptsäch- lich auf der Stelle. „Eine Schuldenunion wird es mit mir nicht geben“ Klartext: Der Bund der Steuerzahler Manfred Weber, europaweiter Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), warnt davor, Steuersätze harmonisieren sieht Europa zurück auf der Erfolgsspur: „Der Durchschnitt der Neuverschuldung zu wollen. Werden Sie die entsprechen- der Euro-Staaten liegt bei 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, der Euro ist stabil, den Hoheitsrechte der nationalen Parla- wir hatten 2018 zwei Prozent Wirtschaftswachstum und in zehn Jahren wurden 13 mente respektieren? Akzeptieren Sie den Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. In der Steuerung und Begrenzung der Mi- Grundsatz und die Forderung des Euro- gration kommen wir voran. Und beim Klimaschutz sind wir weltweit Vorreiter.“ päischen Bundes der Steuerzahler, auch Europa habe das gemeinsam geschafft. Schwerpunkte des „Klartext“-Interviews in Zukunft einen fairen Steuerwettbe- sind der Steuerbereich, die Stärkung des Stabilitätspakts, Bürokratieabbau, die För- werb zu ermöglichen? derung kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie insgesamt Visionen für Manfred Weber: Entscheidend ist, wie Europa. Der BREXIT müsse Mahnung und Weckruf für die Wähler vor Parteien sein, Sie zu Recht sagen, dass der Steuerwett- die im Ausstieg aus der EU eine Alternative sehen. Die Fragen stellte Chefredakteur bewerb fair sein muss. Wenn der Wett- Rudolf G. Maier. bewerb unfair ist, muss der Gesetzgeber tätig werden. Das ist der nationale Ge- Klartext: Herr Weber, Sie haben als Vor- ten Aufgaben sind die, die die Bürger um- setzgeber, das heißt, die Parlamente ha- sitzender der EVP-Fraktion im Europäi- treiben. Und das ist nach wie vor die ben hier den Hut auf. Wenn die nationa- schen Parlament in Ihrer Rede zur Lage Frage der Sicherung der Außengrenzen. len Parlamente aber nicht mehr weiter- der Union unter anderem gesagt, Europa Wir müssen die illegale Migration been- kommen und Aufgaben an die europäi- sei zurück und es sei heute viel wider- den und trotzdem ein Kontinent der Hu- sche Ebene weitergeben, weil manche standsfähiger als noch vor vier Jahren. manität sein, der weiterhin Schutzbe- Fragen nicht mehr national zu lösen sind, Die Krisenzeiten der vergangenen Jahre dürftigen hilft. Dieser Spagat muss uns dann sind die EU-Finanzminister auch seien gemeinsam gemeistert worden. gelingen. Das zweite große Thema ist die in der Pflicht, Lösungen zu finden. Das Wie begründen Sie diese optimistische wirtschaftliche Stabilität, die Sicherung ist ihr Job. Botschaft? und Schaffung von Arbeitsplätzen und Manfred Weber: Mich stört, dass wir – die Verbesserung der Einkommenssitua- Klartext: Der Euro wird langfristig nur bei allen Problemen – zu wenig über die tion, damit die Menschen mehr Geld im dann eine gewichtige Rolle spielen, Erfolge reden. Wenn wir uns vergegen- Geldbeutel haben. Die künftige wirt- wenn seine Stabilität gesichert ist. Wel- wärtigen, was uns in den letzten zehn schaftliche Prosperität ist ein zentraler chen Beitrag könnte die Kommission Jahren gelungen ist, dann können wir Baustein für die Zukunft Europas. Der leisten, um beispielsweise die Mitglied- stolz sein auf Europa: Die Krisen wurden dritte Schwerpunkt betrifft die Frage, ob staaten der Euro-Zone zur Einhaltung gemeistert oder zumindest gestoppt und wir als Europäische Union außen- und der Europäischen Fiskalregeln zu zwin- Europa ist zurück auf der Erfolgsspur. Der sicherheitspolitisch handlungsfähig wer- gen? Durchschnitt der Neuverschuldung der den. Es geht um Inhalte. Und es geht um Manfred Weber: Der Euro gibt Europa Euro-Staaten liegt bei 0,8 Prozent des den Stil. Ich möchte rausgehen und bei Gewicht in der Welt, er ist stabil, er sorgt Bruttoinlandsprodukts, der Euro ist stabil, den Menschen sein und gemeinsam mit für niedrige Inflationsraten und geringere wir hatten 2018 zwei Prozent Wirtschafts- ihnen Europa gestalten. Deshalb bin ich Neuverschuldung. Aber er hat natürlich wachstum und in zehn Jahren wurden derzeit mit einer Zuhörtour quer durch auch Herausforderungen mit sich ge- 13 Millionen neue Arbeitsplätze geschaf- Europa unterwegs, um die Leute und ihre bracht. Damit die Euro-Zone stabil bleibt, fen. In der Steuerung und Begrenzung Sorgen kennenzulernen. müssen die gemeinsam beschlossenen der Migration kommen wir voran. Und Regeln von allen Staaten eingehalten und beim Klimaschutz sind wir weltweit Vor- Klartext: Sie haben als Spitzenkandidat der Stabilitätspakt gestärkt werden. Dafür reiter. Das sind doch auch einmal gute der Europäischen Volkspartei gute Chan- stehe ich. Wenn von linken Parteien im- Nachrichten, die die einzelnen EU-Staaten cen, Jean-Claude Juncker nachzufolgen. mer wieder über die Hintertür versucht offensichtlich allein nicht erreicht hätten. Bis zum Wahltag am 26. Mai haben Sie wird, den Stabilitätspakt auszuhebeln, Europa hat das gemeinsam geschafft! Da auch den Europäischen Bund der Steuer- dann leisten wir Widerstand. Eine Schul- brauchen wir nicht mit gesenktem Haupt zahler an Ihrer Seite, wenn es gilt für ein denunion wird es mit uns nicht geben. durch die Welt zu rennen. gerechtes Europa einzutreten. Welche Mit diesem klaren Kurs hat sich die EVP Vorstellungen haben Sie für den Steuer- bisher durchgesetzt. Und diesen Kurs wer- Klartext: Welche Weichenstellungen bereich? de ich auch als Kommissionspräsident sind für die kommenden Jahre notwen- Manfred Weber: Der Steuerbereich ist fortführen. Eurobonds, wie seit langem dig? Was sind die Schwerpunkte Ihrer in allererster Linie Sache der National- von den Sozialdemokraten, Linken und Arbeit? staaten. Und das soll grundsätzlich auch Grünen gefordert, lehne ich ab. Ich bin Manfred Weber: Viele Menschen neh- so bleiben. Aber wir haben offensichtlich sehr für Solidarität und Zusammenhalten men die Entscheidungsstrukturen der EU einige Ungerechtigkeiten, etwa im Be- auf diesem Kontinent. Wir werden aber als fremd, unnahbar und unübersichtlich reich der Unternehmensteuern, Stichwort nicht die Hand reichen, um weitere Um- wahr. Deshalb möchte ich Europa zurück Dumping, oder die Frage, dass interna- verteilungstöpfe in der Europäischen Uni- zu den Menschen bringen. Die wichtigs- tionale Internet-Konzerne bessergestellt on zu schaffen. s Klartext 03|19 3
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:31 Seite 4 Bürokratie abbau Klartext: In seinen Positionen zur Europawahl 2019 fordert der Europäische Bund der Steuerzahler unter anderem den Abbau bürokratischer Hürden und die Förderung kleiner und mittelständi- scher Unternehmen. Stehen diese Anlie- gen auf Ihrer Agenda? Manfred Weber: Das bleibt zum Glück immer auf der Agenda. Die Bürokratie ist ein großes Problem, keine Frage. Das liegt aber auch daran, dass wir alle eine gewisse Rechtssicherheit wollen. Und ge- rade wir Deutsche sind in dieser Hinsicht überkorrekt. Die Regeln sind überall gleich, doch im Vollzug, in der Umsetzung, sind wir um einiges strenger als manches Nachbarland. Aber genau das meine ich mit „Europa zu den Menschen bringen“. Die Stoiber-Kommission hat beim Thema Bürokratieabbau einiges vorangebracht. Auch die aktuelle Kommission hat deut- lich weniger Gesetze beschlossen als die davor. In Deutschland plädiert die CSU schon lange für eine 1:1-Umsetzung von EU-Gesetzen. Und ich werde als Kommis- sionspräsident einen Vorschlag machen, wie wir Gesetze auch wieder abschaffen und Bürokratie beschränken können. Ich will aber keine falschen Versprechungen machen, weil ich weiß, dass dies noch mehr frustrieren würde. Fakt ist, das The- ma ist erkannt und ich werde es ange- hen. Was die Förderung kleiner und mittel- Manfred Weber (46) ist europaweiter Spitzenkandidat der Europäischen Volks- ständischer Unternehmen betrifft: Mei- partei (EVP) für das Amt des Kommissionspräsidenten. Er führt seit 2014 die ner Fraktion, den Christdemokraten, ist EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Eine seiner Kernaussagen im Inter- der Mittelstand immens wichtig. Er bildet view mit „Klartext“, der Zeitung des Bundes der Steuerzahler in Bayern: „Damit ja gerade in Deutschland das Rückgrat die Euro-Zone stabil bleibt, müssen die gemeinsam beschlossenen Regeln von unserer Wirtschaft. Wir haben dazu ei- allen Staaten eingehalten und der Stabilitätspakt gestärkt werden. Dafür stehe gene Arbeitsgruppen und einen engen ich. Eine Schuldenunion wird es mit uns nicht geben. Diesen klaren Kurs werde Kontakt. Wir bringen diese Anliegen in ich auch als Kommissionspräsident fortführen.“ die tägliche Arbeit ein und das wird auch so bleiben. Es ist für den Mittelstand be- stimmt kein Nachteil, sollte mit mir je- sie sitzen würden, abschaffen. Andere Schicksal unseres Kontinents. Die Zukunft mand Kommissionspräsident werden, gehen so weit, dass sie das Projekt der Europas liegt in den Händen der Wähler. der von der Qualifikation her Ingenieur Europäischen Union begraben möchten. ist und selbst zwei kleine Firmen gegrün- Deutschland hat ein fundamentales In- Klartext: Welche Vision sollten wir in det hat. teresse an der europäischen Einigung, an Europa anstreben? einem funktionierenden Europa. Wenn Manfred Weber: Ich will gemeinsam Klartext: Herr Weber, zurück zur Euro- das Europa des Miteinanders und der mit den Bürgern ein neues Kapitel für pawahl: Populisten und Nationalisten Partnerschaft scheitert, können wir keine Europa aufschlagen: ein Europa, das wir drängen in das Europaparlament. Warum gute Zukunft haben. Der Brexit muss uns mutig, optimistisch und ambitioniert an- ist diese Wahl eine Schicksalswahl? eine Mahnung sein – und ein Weckruf packen, aber auch ein Europa, das kein Manfred Weber: Es kann passieren, dass für die Wähler vor den Parteien, die im abgehobenes Elitenprojekt sein darf. Po- die Radikalen im Europäischen Parlament Ausstieg Deutschlands aus der EU eine litik muss raus aus den Hinterzimmern so stark werden, dass sie verschiedene Alternative sehen. Das ist keine Alterna- und raus auf die Straße, an die Stammti- Entscheidungen blockieren können. Und tive. Das ist nichts anderes als zerstöreri- sche, auf die Marktplätze, ins Netz und dann würde Europa stillstehen. Ergeb- scher Nationalismus. Daher müssen wir in die Parlamente. Mir ist wichtig, dass nisse wären kaum mehr möglich. Euro- Europa zusammenhalten. Europa braucht wir Europa von den Menschen her den- paweit formieren sich die Kräfte der rech- uns. Und wir brauchen Europa. Die Euro- ken, nicht aus den Amtsstuben in Brüssel. ten Populisten und Nationalisten. Teile pawahl ist keine Nebenwahl, sondern Das heißt, dass wir uns den Themen wid- von ihnen wollen das Parlament, in dem entscheidet ein Stück weit über das men, die die Menschen bewegen – etwa s 4 Klartext 03|19
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:31 Seite 5 Subsidiarität anwenden dem Thema Sicherheit mit seinen vielen größte Zukunftsaufgabe. Eine ganze Rei- Steuerzahlerbüro in Facetten. he an Gesetzen hierzu wurde bereits ver- abschiedet, manche Bereiche stehen noch Brüssel – Erfolgreiche Klartext: Unser Mitglied, Europaabge- aus. Wichtig erscheint mir, dass wir Eu- ordneter Markus Ferber, kritisiert zum ropäer die Digitalisierung mutiger ange- Interessenvertretung Thema Subsidiarität mangelnde Selbst- hen. Wir sind bisher zu zögerlich und ha- kritik der Kommission. Als ein aktuelles ben schon manche Entwicklungen über- Beispiel nannte Ferber die Kommissions- sehen. Wir müssen den Menschen die D ie Sozietät Grupp & Partner, eine international tätige Anwalts- kanzlei mit Sitz in Brüssel, ist gleich- vorschläge zu Warnhinweisen auf Luft- Sorgen nehmen, das ist ganz wichtig. zeitig Sitz des Büros des europäischen ballons. Kommissar Timmermans müsse Aber wir dürfen die digitalen Zukunfts- Bundes der Steuerzahler, Taxpayers beim Thema Subsidiarität mehr tun. Gibt themen auch nicht alleine den nicht-eu- Association of Europe (TAE). In der es von Ihnen konkrete Vorstellungen oder ropäischen Unternehmen überlassen. Nachbarschaft zu den Hauptgebäu- Maßnahmen? Wir haben die große Chance, eine KI- den der Europäischen Union ist das Manfred Weber: Die Kommission von Strategie und Digitalstrategie zu schrei- Steuerzahlerbüro mit Konferenzraum Jean-Claude Juncker hat eine gute Bilanz ben und umzusetzen, die wertegebunden bereits seit 23 Jahren die Zentrale für vorzuweisen. Die EU hält sich in der Bin- ist. Das gibt uns die Möglichkeit, die Men- Informationsveranstaltungen mit Eu- nenmarktregulierung stärker aus dem schen besser mitzunehmen und Akzep- ropaabgeordneten und hochrangigen Klein-Klein raus und konzentriert sich tanz zu schaffen. Hierfür werde ich in Vertretern der Europäischen Union auf die großen Aufgaben. Aber wir müs- den nächsten Wochen noch Vorschläge sowie gleichzeitig Anlaufstelle vor al- sen dranbleiben. Wenn ich Kommissi- unterbreiten. lem für Mitglieder des Bundes der onspräsident werde, will ich die natio- Steuerzahler aus Mittelstand, Hand- nalen Parlamentarier zu einem Dialog Klartext: Herr Weber, Sie haben bezug- werk, Gewerbe oder den freien Beru- einladen, um festzulegen, in welchen Be- nehmend auf das politische Chaos in Lon- fen. Zeitnahe Informationen über Ent- reichen sich die Kommission in den don gesagt: „Es ist besser, die EU zu er- wicklungen auf europäischer Ebene nächsten fünf Jahren zurückhält. Eine neuern, als sie zu verlassen oder zu zer- sind ebenso gefragt wie fundierte von mir geführte Kommission wird Res- stören.“ Für Sie und für den Europäischen Auskünfte und Beratungen über Ko- pekt gegenüber nationalen und – ich bin Bund der Steuerzahler ist der Brexit ein operationsmöglichkeiten innerhalb Bayer – regionalen Interessen haben. Ich großes Unglück. Welche Botschaft haben der Europäischen Union. u möchte einen Aufgabencheck vorneh- Sie nach dieser Erfahrung zur Europa- men, was gut in Europa läuft und welche wahl? Themen hier richtig aufgehoben sind und Manfred Weber: Die Entwicklung in welche nicht. Deshalb hat Markus Ferber Großbritannien macht mich traurig. Es Recht: Wir dürfen nicht aufhören, die Sub- ist einfach ein Drama, dass das Land uns sidiarität konkret zu diskutieren und an- verlässt. Unser Ziel ist, dass wir den Aus- zuwenden. tritt vernünftig regeln, um Schaden so Wir dürfen die EU aber auch nicht zum weit wie möglich zu vermeiden. Klar ist Sündenbock für alles machen. Oft sind aber: Es wird nur Verlierer geben. Deshalb es nämlich gerade die Mitgliedstaaten wollen wir Großbritannien auch so eng oder einzelne Interessensgruppen, die wie möglich an der EU angebunden ha- Brüssel auffordern, tätig zu werden, wenn ben. In Großbritannien herrschen wirt- sie auf nationaler Ebene nicht weiter- schaftliche Instabilität, Zukunftsängste kommen. Die Gurkenkrümmung ist das und eine chaotische politische Situation. wohl bekannteste Beispiel für die oft als Der Brexit lehrt, wie viel Europa längst unnötig empfundene Regulierungswut in unserem Alltag ist. Es kommen Nach- der EU. Die EU setzte damit eine Forde- richten, dass in England Medikamente Rechtsanwalt Walter Grupp, Leiter des Steuer- rung des Lebensmittel-Einzelhandels um, gehortet werden, weil man Lieferausfälle zahlerbüros in Brüssel: „Seit 23 Jahren sind wir der feste Kategorien für Obst und Gemüse fürchtet. Man sorgt sich um Universitä- Anlaufstelle vor allem für Mitglieder des haben wollte. Da muss die Kommission ten oder die Sicherheit, weil der Daten- Bundes der Steuerzahler aus Mittelstand, aufpassen, dass sich Europa nicht instru- austausch nicht mehr funktioniert. All Handwerk, Gewerbe oder den freien Berufen.“ mentalisieren lässt. diese Details zeigen, wie hoch vernetzt wir sind. Meine Botschaft für die Euro- Info Klartext: Wie stehen Sie zur Weiterent- pawahl ist daher klar: Die Menschen ent- STEUERZAHLERBÜRO BRÜSSEL wicklung des digitalen Binnenmarkts scheiden bei der Europawahl, wie es mit Leitung: Rechtsanwalt oder zur Stärkung der künstlichen Intel- dem Kontinent weitergeht. Es darf nicht Walter G. Grupp ligenz? das passieren, was beim Brexit gesche- Taxpayers Association of Europe Manfred Weber: Ein funktionierender hen ist, nämlich dass die Menschen am Avenue de la Renaissance 1 Binnenmarkt ist der Schlüssel für unseren Tag nach der Europawahl aufwachen B-1000 Brüssel Wohlstand in Europa. Nach Schätzungen und feststellen, dass sich die Welt ver- Telefon: +32 2 740 20 28 ist noch viel Potenzial vorhanden, sodass ändert hat. Fax: +32 2 740 20 32 wir bei der Stärkung des Binnenmarkts E-Mail: info@taxpayers-europe.org dranbleiben müssen. Die Schaffung eines Klartext: Herr Weber, herzlichen Dank www.taxpayers-europe.org digitalen Binnenmarkts ist dabei die für das aktuelle Interview. u Klartext 03|19 5
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:32 Seite 6 Realistische Steuerzinsen Mit Musterprozessen gegen zu hohe Steuerzinsen Wie die Entstehung von Nachzah- lungszinsen vermieden werden kann Von Klaus Grieshaber D ie Betriebsprüfung ist vorbei und die geänderten Steuerbescheide für die geprüften Jahre flattern ins Haus. Erst jetzt wird vielen Steuer- zahlern bewusst, dass nicht nur die Steu- fenden Steuerjahres. Wird zum Beispiel die Einkommensteuer für das Jahr 2016 erstmals im Februar 2019 mit 10.000 Euro festgesetzt, fallen neben der Steuerzah- lung auch noch Zinsen an. Sie betragen ernachzahlungen zu begleichen sind, son- monatlich ein halbes Prozent Zins für vol- dern für diese auch noch Zinsen vom Fi- Rechtsanwalt Klaus Grieshaber, Vize- nanzamt festgesetzt wurden. Während „… spätestens jetzt fragt sich der be- präsident des Bundes der Steuerzah- die Zinsen für ein Guthaben auf dem triebs- und leidgeprüfte Steuerzahler, ler in Bayern: „Der Bund der Steuer- Sparbuch seit Jahren gegen null tendie- wo dieser Liquiditätsvorteil angesichts zahler setzt sich nicht nur bei den po- ren, hat sich diese Entwicklung bei den der seit Jahren anhaltenden Niedrig- litischen Entscheidungsträgern für Steuerzinsen nicht niedergeschlagen. zinsphase sein soll. Sechs Prozent Zin- niedrigere Steuerzinsen ein. Gleich- Stolze 0,5 Prozent pro Monat, also sechs sen für die Anlage eines Guthabens zeitig wird ein Musterprozess mit Prozent im Jahr, kann der Fiskus zusätz- sind seit Jahren nicht annähernd er- dem Ziel geführt, die Verfassungs- lich verlangen. Teuer werden die Zinsen zielbar.“ mäßigkeit des Zinssatzes auf den immer dann, wenn es zu Steuerfestset- Prüfstand zu stellen.“ zungen für frühere Jahre kommt und da- le zehn Monate (seit dem 01.04.2018), ins- bei eine Schuld zugunsten des Finanz- gesamt fünf Prozent, sprich 500 Euro zu- amts festgestellt wird. Dies passiert, wenn sätzlich. Je länger das betreffende Steu- Guthabens sind schon seit Jahren nicht der Steuerbescheid erst spät ergeht oder erjahr zurückliegt, desto mehr werden annähernd erzielbar. ein Steuerbescheid nachträglich geändert auch die Zinsen. Nehmen wir das Beispiel Dennoch hält der Gesetzgeber an der wird und Nachzahlungen zu leisten sind. einer Betriebsprüfung, die die Jahre 2013 Verzinsung fest. Wahrscheinlich auch, Hintergrund einer nachträglichen Ände- bis 2015 betraf. Verschiedene Umstände weil er daran gut verdient. Denn die Zin- rung sind oftmals Außenprüfungen des haben dazu geführt, dass die geänderten sen, die der Staat von den Steuerzahlern Finanzamts, bei denen regelmäßig die Steuerbescheide auch hier erst im Februar für Nachzahlungen erhält, übersteigen letzten drei Jahre der beim Finanzamt 2019 ergehen. Für das Jahr 2013 hat das die Zinsausgaben, die die Finanzämter eingereichten Steuererklärungen geprüft Finanzamt eine Nachzahlung in Höhe ihrerseits für Steuererstattungen an die werden. Aber auch Grundlagenbescheide, von 40.000 Euro festgesetzt. Der Zinslauf Steuerzahler auskehren. Allein im Jahr beginnt mit April 2015 und endet mit 2017 hat der Staat rund 367 Millionen „Nach der Gesetzesbegründung soll dem Januar 2019. Das bedeutet für unse- Euro Zinsen eingenommen! In einigen Zweck der Vorschrift sein, dass Liqui- ren Steuerzahler, dass nur für das Jahr Vorjahren summierten sich die Einnah- ditätsvor- oder -nachteile, die durch 2013 neben der Nachzahlung von 40.000 men auf mehr als eine Milliarde Euro. die nicht zeitnahe Festsetzung ent- Euro auch noch 23 Prozent Zinsen in Höhe Deshalb setzt sich der Bund der Steuer- stehen, ausgeglichen werden …“ von 9.000 Euro anfallen werden. zahler für niedrigere Steuerzinsen ein, Für die Verzinsung der Steuerforderung nicht nur in der Politik, sondern auch vor zum Beispiel aus einer Fondsbeteiligung soll es dabei keine Rolle spielen, wer für Gericht! Konkret unterstützt der Verband oder an einer Vermietungsgemeinschaft, die späte Festsetzung verantwortlich ist. die Klage eines Ehepaares aus Nordrhein- die oft erst verzögert festgestellt werden Ob den Steuerzahler, das Finanzamt oder Westfalen: Das Finanzamt benötigte für und dann zu einer Erhöhung der Einkom- niemanden die Schuld an der Verzöge- die Bearbeitung ihrer Steuererklärungen mensteuerbescheide führen, lösen Steu- rung trifft, nach dem Gesetz sind die Zin- für die Jahre 2010 und 2011 mehrere Mo- er- und dann auch Zinsnachforderungen sen festzusetzen. Nach der Gesetzesbe- nate und setzte dann neben den Steuern des Finanzamts aus. gründung soll Zweck der Vorschrift sein, auch Zinsen in Höhe von sechs Prozent Die Rechtsgrundlage für die Verzinsung dass Liquiditätsvor- oder -nachteile, die pro Jahr fest. In beiden Fällen hatten die von Steuernachforderungen, aber auch durch die nicht zeitnahe Festsetzung ent- Kläger die lange Bearbeitungszeit nicht -erstattungen, findet sich in den Paragra- stehen, ausgeglichen werden. Und spä- verschuldet. Mit dem BdSt-Musterver- fen 233a und 238 der Abgabenordnung. testens jetzt fragt sich der betriebs- und fahren soll geprüft werden, ob der Zins- Dort ist neben der Höhe der Zinsen von leidgeprüfte Steuerzahler, wo dieser Li- satz noch verfassungsgemäß ist. Aktuell einem halben Prozent pro Monat auch quiditätsvorteil angesichts der seit Jahren liegt das Verfahren dem Bundesfinanzhof der Beginn des Zinslaufs geregelt. Er be- anhaltenden Niedrigzinsphase denn sei. in München vor (Az.: BFH – III R 25/17). ginnt 15 Monate nach Ablauf des betref- sechs Prozent Zinsen für die Anlage eines Erst jüngst hatte der Bundesfinanzhof in s 6 Klartext 03|19
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:32 Seite 7 EINLADUNG zwei Verfahren Zweifel an der Verfas- Ausschüsse Steuer- und Finanzpolitik, Euro- sungsmäßigkeit der Zinshöhe geäußert papolitik und Mittelstandspolitik gemein- und den betroffenen Steuerzahlern Aus- sam mit dem Austrian Economics Center setzung der Vollziehung (AdV) gewährt. und dem Bund der Steuerzahler in Bayern Das bedeutet, dass sie die festgesetzten Zinsen vorerst nicht bezahlen müssen. „Europawahl 2019 – Es geht um alles – Parallel prüft auch das Bundesverfas- sungsgericht zwei Fälle, in denen es um Bedeutung, Forderung und Herausforderungen“ die Zinsen zur Gewerbesteuer geht. Hier- Montag, 8. April 2019, 17.00 Uhr, Hotel Bayerischer Hof, Promenadeplatz 6, München „Wer mit einer Steuernachzahlung rechnet, sollte die Erklärung möglichst Einführung von: frühzeitig einreichen. Eine andere Al- ternative kann die Leistung einer frei- Rolf Baron von Hohenhau willigen Anzahlung auf eine zu erwar- Präsident des Bundes der Steuerzahler tende Steuer sein.“ in Bayern e. V. Präsident Bund der Steuerzahler Europa (TAE) zu hatte der Bund der Steuerzahler im Frühjahr 2018 eine umfangreiche Stel- Zum Thema sprechen: lungnahme an das Bundesverfassungs- Prof. Dr. Angelika Niebler, MdEP gericht gesandt. Vor diesem Hintergrund Mitglied im Ausschuss für Industrie, sollten Steuerzahler gegen die Zinsfest- Forschung und Energie des setzungen Einspruch einlegen und die Europäischen Parlaments Aussetzung der Vollziehung beantragen. Präsidentin Wirtschaftsbeirat Bayern Die Kritik von Verbänden und Gerich- Stellvertretende Parteivorsitzende der CSU ten ist bei der Finanzverwaltung zumin- dest teilweise angekommen. Nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeri- Dr. Barbara Kolm (A) ums vom 14.12.2018 ist für Zinsfestset- Präsidentin Austrian Economics zungen ab dem 01. April 2012, gegen die Center der Steuerzahler Einspruch eingelegt und den Antrag auf Aussetzung der Vollzie- hung gestellt hat, diese auch zu gewäh- ren. Für die Festsetzung der Zinsen für Schlusswort einen früheren Zeitraum steht die Ge- währung der Aussetzung der Vollziehung Dr. Ingo Friedrich im Ermessen des Finanzamts und soll Präsident Europäischer Wirtschaftssenat (EWS) nur gewährt werden, wenn die Vollzie- Vizepräsident Europäisches Parlament ret. hung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche In- Im Anschluss an die Vorträge bietet sich Gelegenheit zur Diskussion. teressen gebotene Härte zur Folge hätte Ihre Anmeldung bitte bis 31. März 2019. Freunde und Gäste sind herzlich willkommen. und im Einzelfall ein besonderes berech- Wir bitten jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer um namentliche Anmeldung. Sollten tigtes Interesse des Antragstellers zu be- Sie Ihre Zusage nicht einhalten können, teilen Sie uns dies bitte mit. Sie ermöglichen da- jahen ist. Ob, in welcher Höhe oder wann durch die Teilnahme weiterer Interessenten. die Zinsen dann zu zahlen sind, ist dann Mit der Teilnahme an der Veranstaltung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Sie von den Entscheidungen des Bundesfi- gegebenenfalls auf Aufnahmen zu sehen sind, die im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit nanzhofs bzw. des Bundesverfassungs- des Wirtschaftsbeirates Bayern verwendet werden. Diese Zustimmung kann jederzeit gerichts abhängig. durch Mitteilung an den Wirtschaftsbeirat widerrufen werden. Deshalb sollte man in seine Überle- gungen mit einbeziehen, ob es nicht Mit freundlichen Grüßen grundsätzlich besser ist, die Entstehung von Nachzahlungszinsen zu vermeiden. Rolf Baron von Hohenhau Info Für die Einkommensteuererklärung 2018 Vorsitzender des Ausschusses gelten erstmals neue Fristen. Steuer- Steuer- und Finanzpolitik Wirtschaftsbeirat Bayern zahler, die ihre Steuererklärung selbst Odeonsplatz 14 Dr. Ingo Friedrich verfassen, müssen diese bis spätestens 80539 München Vorsitzender des Ausschusses zum 31.07.2019 beim Finanzamt einrei- Europapolitik Telefon 089/242286-0 chen. Wird die Steuererklärung über den Fax 089/291518 Steuerberater, Rechtsanwalt oder einen Alexander Lerch E-Mail: info@wbu.de Lohnsteuerhilfeverein eingereicht, ist Vorsitzender des Ausschusses Internet: www.wbu.de Stichtag eigentlich der letzte Februartag Mittelstandspolitik im Jahr 2020, der aber, weil er auf einen s Klartext 03|19 7
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:32 Seite 8 Aner kennung Samstag fällt, auf den 2. März, den nächs- des Bescheids noch hin, kann eine frei- bare und finale Antwort auf die He- ten Werktag, verschoben wird. Die Ab- willige Leistung die Verzinsung stoppen. rausforderungen des 21. Jahrhunderts gabefristen wurden zwar verlängert, der Die Leistung muss sich aber auf eine sein. Prof. Dr. Otto leistet einen zentra- Beginn des Zinslaufes allerdings nicht. konkrete spätere Steuerfestsetzung be- len Beitrag für ein selbstbewusstes und Hier beginnt für das Steuerjahr 2018 der ziehen und aus dem Zahlungsbeleg sollte zukunftsorientiertes Europa!“, stellte Zinslauf weiterhin mit dem 01. April neben der Freiwilligkeit hervorgehen, Dr. Friedrich unter Beifall fest. Der EWS- 2020. Wer mit einer Steuernachzahlung für welche Steuerart und für welches Award sei die höchste Auszeichnung rechnet, sollte darauf achten, die Erklä- Jahr die Zahlung erfolgt. Wenn das Fi- des Europäischen Wirtschaftssenats für rung möglichst frühzeitig einzureichen. nanzamt diese Leistung angenommen Persönlichkeiten, die sich in besonde- Eine andere Alternative kann die Leis- und behalten hat, werden später festge- rem Maße für die europäische Wirt- tung einer freiwilligen Anzahlung auf setzte Nachzahlungszinsen aus sachli- schaft und Gesellschaft verdient ge- eine zukünftige Steuer sein. Ergibt sich chen Billigkeitsgründen erlassen, so der macht haben. In den Laudationes und beispielsweise im Rahmen der Betriebs- Anwendungserlass zur Abgabenord- der Erwiderung des Preisträgers kamen prüfung eine Steuernachzahlung, die nung. Es empfiehlt sich, hierbei den herausragende Verdienste zum Aus- Prüfung zieht sich aber bis zum Erlass Steuerberater einzubinden. u druck: Prof. Dr. Otto habe den einstigen Otto-Versand zu einer weltweit agie- renden Handels- und Dienstleistungs- EWS-Award für Prof. Dr. Michael Otto gruppe mit rund 50.000 Mitarbeitern entwickelt. Heute sei die Otto Group Auszeichnung für einen mit 123 wesentlichen Unternehmen in mehr als 30 Ländern Europas, Nordame- rikas und Asiens aktiv. Im März 2014 ehrbaren Kaufmann brachte Prof. Dr. Otto die Mehrheit der Gesellschafteranteile an der Otto GmbH A uf die Frage „Wie beurteilen Sie die Verantwortung der Unter- nehmer?“ antwortete Prof. Dr. Michael Otto: „Die soziale Marktwirt- schaft und die Regeln eines ehrbaren tionspartner Bund der Steuerzahler aus- gezeichnet. Der Europäische Wirt- schaftssenat ist ein europäisches Gre- mium aus Unternehmern, die sich be- ratend an der Gestaltung der Zukunft & Co. KG in die Michael-Otto-Stiftung, eine gemeinnützige Stiftung bürgerli- chen Rechts, ein, um die Zukunft des internationalen Handels- und Dienst- leistungskonzerns als Familienunter- Kaufmanns sollten wieder mehr Beach- Europas beteiligen. Die Laudatio bei der nehmen für weitere Generationen zu tung finden. Die Freiheit wirtschaftli- Preisverleihung hielt Dr. Peter Tschent- sichern. Die Ausschüttungen der Otto chen Handelns und die soziale Verant- scher, 1. Bürgermeister und Präsident Group kommen in Zukunft dem Stif- wortung gegenüber allen Anspruchs- des Senats der Freien und Hansestadt tungszweck zugute, um soziale, um- In Würdigung verantwortungsvol- len Wirkens als Unternehmer wurde Prof. Dr. Michael Otto, Vierter von links, mit dem EWS-Award 2018 aus- gezeichnet. Von links die Gratulanten: Rolf Baron von Hohenhau, Präsident des Bundes der Steuerzahler, Wolf- gang Franken, EWS-Generalsekretär, Dr. Peter Tschentscher, 1. Bürgermeis- ter und Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, EWS-Präsident Dr. Ingo Friedrich und Dipl.-Kfm. Michael Jäger, EWS-Ge- schäftsführer und Generalsekretär des europäischen Bundes der Steuer- zahler. gruppen sind zwei Seiten ein und der- Hamburg. EWS-Präsident Dr. Ingo Fried- weltorientierte, kulturelle und mildtä- selben Medaille. Die große Mehrheit rich stellte den Europäischen Wirt- tige Projekte zu unterstützen. Prof. Dr. der Unternehmer hält sich auch daran, schaftssenat als eine Vereinigung vor, Otto ist überzeugter Familienunterneh- beides zu berücksichtigen.“ Unter an- die für den Erfolg des europäischen Pro- mer mit ausgeprägtem Verantwor- derem für diese Einstellung wurde der jektes kämpfe. Ein Instrument sei die tungsbewusstsein für die Konsequen- Vorsitzende des Aufsichtsrates der Otto Verleihung des EWS-Awards an heraus- zen seines eigenen Tuns. „Die Wirt- Group (rund 50.000 Mitarbeiter) mit ragende Unternehmerpersönlichkeiten: schaft muss für den Menschen da sein, dem EWS-Award des Europäischen „Für uns Europäer dürfen Amazon, Goo- nicht umgekehrt“, so die Maxime seines Wirtschaftssenats (EWS) mit Koopera- gle und Facebook nicht die unantast- Handelns. u 8 Klartext 03|19
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:32 Seite 9 Mehr Sachlichkeit Steuerzahler als eine konstruktive und NUXIT macht Schlagzeilen notwendige Einflussnahme gewertet. Neu-Ulms Oberbürgermeister Noeren- berg ärgerte ein „frecher“ Artikel in der „Der Widerstand wächst“ Zeitung des Bundes der Steuerzahler. In einem dreiseitigen Brief an den Präsiden- D ie „Augsburger Allgemeine“, Lo- kalteil Neu-Ulm, fasst die Beden- ken und die Kritik des Bundes der Steuerzahler in Bayern zusammen: „Der Widerstand gegen den NUXIT wächst – men sein. Es komme, abgesehen von der Mindesteinwohnerzahl, ganz besonders darauf an, dass die Stadt Neu-Ulm die Ge- währ dafür biete, die auf sie zukommen- ten des Bundes der Steuerzahler, die „Klar- text“-Redaktion und den örtlichen Regio- nalverband des Bundes der Steuerzahler, den er gleichzeitig an die Medien verteilte, den vielfältigen Aufgaben konkret auch übermittelte er seine „Fassungslosigkeit“ auch außerhalb des Landkreises. Jetzt hat bewältigen zu können. Notwendig sei ein über den über weite Strecken hinweg sich der Bund der Steuerzahler in Bayern umfassend ausgearbeitetes, umsetzungs- nicht nur falschen, sondern geradezu fre- zu Wort gemeldet. In seiner Mitglieder- reifes Konzept, so die Bezirksregierung. chen Artikel. Gleichzeitig informiert er zeitung ,Klartext‘ wird sehr deutlich Stel- Diese Anforderung dürfte, so von Hohen- darüber, nicht alle Unrichtigkeiten auf- lung gegen die Kreisfreiheit bezogen. „Wir hau, bis heute nicht ansatzweise erfüllt greifen zu wollen. Besonders stört sich appellieren mit dem zuständigen Regio- der OB über den Vergleich von BREXIT nalverband an die Vernunft der Beteilig- und NUXIT und informiert ausführlich über den rechtlichen Unterschied. Ge- „Es braucht jetzt besonnene, verant- meint war die vergleichbare Entwicklung, wortungsbewusste Mandatsträger, dass sich bereits die Gräben vertiefen, die rechtzeitig die Weichen auf Ge- dass die Spaltung der Bürgerinnen und meinsamkeit und Rückkehr zur Nor- Bürger in zwei Lager in vollem Gange sei. malität stellen.“ Einen großen Anteil des Briefes verwen- det der OB, dem Eindruck entgegenzutre- ten“, schreibt der Präsident des Landes- ten, der Prozess der Kreisfreiheit sei von verbandes Rolf Baron von Hohenhau. Es ihm angestoßen worden. Er stellt die Fra- sei zu erwarten, dass der NUXIT über Jahre ge: „Ist den Bund-der-Steuerzahler-Juris- hinweg auf beiden Seiten erhebliche per- ten etwa entgangen, dass ein SPD-Stadtrat sonelle und finanzielle Ressourcen binde. den Prozess in Gang gesetzt hat …“ Und Die Folgekosten seien insgesamt nicht an anderer Stelle: „Die mir zugeschriebene absehbar. „Es braucht jetzt besonnene, initiierende Zündung kann ich beim bes- verantwortungsbewusste Mandatsträger, ten Willen nicht nachvollziehen. Dement- die rechtzeitig die Weichen auf Gemein- sprechend darf ich auch Ihre kühne Be- samkeit und Rückkehr zur Normalität hauptung entkräften, dass ich mir mit stellen“, so von Hohenhau. Die Entwick- Gerold Noerenberg, Oberbürgermeis- der Kreisfreiheit Neu-Ulms ein Denkmal lung zeige, dass sich bereits die Gräben ter der Großen Kreisstadt Neu-Ulm, setzen möchte.“ Abschließend stellt Ober- vertiefen, dass die Spaltung der Bürge- dementiert in einem Brief an den rinnen und Bürger in zwei Lager bereits Bund der Steuerzahler, maßgeblicher „Das Medienecho weist nach, dass die in vollem Gange sei. Initiator des Austritts aus dem Land- NUXIT-Diskussion mit guten Argumen- Wie auch in weiteren Veröffentlichun- kreis Neu-Ulm gewesen zu sein: „Ist ten in Richtung Ablehnung eines Kreis- gen wird über die sachliche, nachvollzieh- dem Bund der Steuerzahler etwa ent- austritts Fahrt aufgenommen hat.“ bare Argumentation des Bundes der Steu- gangen, dass ein SPD-Stadtrat den erzahler gegen den NUXIT informiert: un- Prozess in Gang gesetzt hat ….“ Er sei bürgermeister Noerenberg der Schlagzeile ter anderem über die Erkenntnisse der Ju- zutiefst davon überzeugt, dass die des Bundes der Steuerzahler „Rückkehr risten des Verbandes zum personellen und Kreisfreiheit ausschlaggebend dafür zur Vernunft“ den Appell „Rückkehr zur finanziellen Aufwand für Entflechtung sein werde, die positive Entwicklung Sachlichkeit“ entgegen. Das sei, so Präsi- und Übergabe der Aufgaben. Landrat Tors- der Stadt Neu-Ulm fortzuführen. dent von Hohenhau, eine sehr gute Basis ten Freudenberger hatte im Interview mit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der „Klartext“ aus Sicht des Bundes der Steu- sein. Es zeuge von wenig Realitätssinn, Stadt Neu-Ulm und des Landkreises Neu- erzahler nachvollziehbar gute und über- wenn Oberbürgermeister Gerold Noeren- Ulm zu einer einvernehmlichen und Steu- zeugende Argumente für ein auch künftig berg das Geschehen in 46 Jahren Kreiszu- ern sparenden Lösung zu kommen. Der gutes Miteinander von Stadt und Land- gehörigkeit seit der Gebietsreform prak- Bund der Steuerzahler in Bayern werde kreis vorgestellt. Vor seiner offiziellen Stel- tisch zu ignorieren scheine. Niemand sei mit seinem Regionalverband vor Ort die lungnahme an den Freistaat Bayern hatte ohne Einbeziehung der vielfältigen Ver- Entwicklung sorgfältig beobachten und der Kreistag des Landkreises Neu-Ulm flechtungen der letzten Jahrzehnte in der Erkenntnisse seiner Fachabteilungen ger- dem Kreisaustritt mit 44:9 Stimmen eine Lage, die Bürgerinnen und Bürger über ne zur Verfügung stellen. Das gesamte klare Absage erteilt. Auch den Verantwort- die tatsächlichen Auswirkungen und Kos- Medienecho habe eindrucksvoll nachge- lichen der Regierung von Schwaben dürf- ten einer Kreisfreiheit wahrheitsgemäß wiesen, dass durch die Einflussnahme des ten, so Rolf Baron von Hohenhau, Präsident zu informieren. In der überwältigenden Bundes der Steuerzahler mit neuen und des Bundes der Steuerzahler in Bayern, er- Mehrheit der Zuschriften aus der Stadt guten Argumenten die NUXIT-Diskussion hebliche Bedenken über die weitreichen- Neu-Ulm sowie aus dem Landkreis Neu- in Richtung Ablehnung eines Kreisaus- den Konsequenzen eines NUXIT gekom- Ulm werde der „Weckruf“ des Bundes der tritts Fahrt aufgenommen habe. u Klartext 03|19 9
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:32 Seite 10 Gerechtigkeits empfinden Fairer Steuerwettbewerb: Mehrheits- Klartext: Damit sind einige wichtige Weichen im europäischen Steuerrecht entscheidungen oder Einstimmigkeit? gestellt worden. Welchen weiteren Hand- lungsbedarf sehen Sie? Ist der für Steuern Steuerschlupflöcher schließen — wirt- zuständige Kommissar, Herr Moscovici, nicht zu zögerlich bei der Umsetzung be- schaftliche Aktivitäten erleichtern rechtigter Interessen der europäischen Steuerzahler? Jeder Mittelständler muss über einen Teil des erwirtschafteten Gewinns als Steuer Markus Ferber: Die genannten Richtli- abführen. Meldungen über LuxLeaks und Panama Papers kratzen am Gerechtigkeits- nien befinden sich derzeit in den Mit- empfinden vieler. Durch die Vielzahl der Skandale drängt sich der Eindruck auf, dass gliedstaaten in der Umsetzung. Die soll- der Kampf für eine faire Unternehmensbesteuerung kaum vorankommt. Das ten wir abwarten und dann sorgfältig Gegenteil ist der Fall, erklärt Markus Ferber im „Klartext“-Interview. Kaum ein anderes evaluieren, wo noch Handlungsbedarf Thema hat den CSU-Finanzexperten Markus Ferber, aktives Mitglied des Bundes der besteht. In jedem Fall sind wir bei der Steuerzahler, in den letzten Jahren so sehr beschäftigt wie die Frage, wie die Unter- Unternehmensteuer ein gutes Stück vo- nehmensbesteuerung in Europa gerechter und fairer werden kann. Die Fragen stellte rangekommen. Ich plädiere dafür, dass Chefredakteur Rudolf G. Maier. wir Mechanismen wie den automati- schen Informationsaustausch auch auf Klartext: Herr Ferber, als wirtschafts- bei Steuerthemen so viel bewegt wie andere Steuerarten ausdehnen. Beim so- und finanzpolitischer Sprecher der EVP- seit Jahrzehnten nicht – das lag vor allem Fraktion im Europäischen Parlament daran, dass das Europäische Parlament „In der Steuerpolitik will die EU-Kom- und als aktives Mitglied des Bundes der bei diesem Thema viel Druck gemacht mission zu schnelleren Entscheidun- Steuerzahler setzen Sie sich erfolgreich hat. Wir haben beispielsweise den auto- gen und so zu einheitlicheren Regeln für die Interessen von Mittelstand, matischen Informationsaustausch zwi- in der Europäischen Union kommen. Handwerk oder Gewerbe ein. Trotzdem schen Steuerbehörden bei der Körper- Ich begrüße diese Initiative, warne ist die Frage berechtigt, ob die Europäi- schaftssteuer erheblich ausgeweitet und aber davor, Steuersätze harmonisieren sche Union im Kampf gegen Steuerhin- darüber hinaus mehrere Richtlinien ver- zu wollen. Davon muss die Kommissi- terziehung und aggressive Steuerpla- abschiedet, die explizit das Ziel haben, on die Finger lassen. Denn das ist mit nung mehr als einen Schritt weiterge- Steuerschlupflöcher zu schließen: etwa den Hoheitsrechten der nationalen kommen ist? bei der Wegzugsbesteuerung oder im Parlamente nicht vereinbar.“ Markus Ferber: In den vergangenen Verhältnis von Mutter- und Tochterge- Jahren hat sich auf europäischer Ebene sellschaften. genannten CumEx-Skandal haben wir beispielsweise gesehen, dass der man- gelnde Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden bei der Kapitalertrags- steuer ein erhebliches Problem darstellt. Allerdings scheint der für Steuern zu- ständige Kommissar Pierre Moscovici das Thema aussitzen zu wollen – das fin- de ich sehr enttäuschend. Klartext: Herr Ferber, trotz der beschrie- benen Fortschritte besteht auch bei den Mitgliedsverbänden des europäischen Bundes der Steuerzahler der Eindruck, dass einige Mitgliedstaaten wie Luxemburg und Irland erheblich vom Steuerdumping profitieren. Hier stellt sich die berechtigte Frage: Woran scheitert ein großer Wurf für mehr Steuergerechtigkeit in Europa? Markus Ferber: Oftmals hakt es bei den Finanzministern, denn Steuerentschei- dungen werden im Ministerrat einstim- mig gefasst. Der derzeitige Abstim- mungsmodus hilft vor allem denjenigen Ländern, die ein Interesse daran haben, Fortschritte im Kampf gegen unfairen Europaabgeordneter Finanzexperte Markus Ferber, Mitglied des Bundes der Steuerwettbewerb zu blockieren. Wir ha- Steuerzahler in Bayern: „Ich wünsche mir, dass in der kommenden Legislatur- ben in der Vergangenheit mehr als ein- periode neben dem Kampf gegen Steuervermeidung auch das andere Ziel der mal gesehen, wie die größten Steuersün- EU-Steuerpolitik, nämlich der Abbau von Steuerhindernissen, wieder verstärkt der die Entscheidungsfindung im Minis- in den Fokus rückt.“ terrat ausgebremst haben. Beim Schlie- s 10 Klartext 03|19
Umbruch_KT_03_2019_V6.qxp_Klartext 25.02.19 16:32 Seite 11 Einstimmig keitsprinzip ßen von Steuerschlupflöchern, beim Ab- Markus Ferber: Ich würde mir wün- es, wenn wir in der EU zu einer ge- bau von grenzüberschreitenden Steuer- schen, dass in der kommenden Legis- meinsamen Körperschaftsteuerbemes- hindernissen und bei der Verbesserung laturperiode neben dem Kampf gegen sungsgrundlage kämen, sodass die glei- der Zusammenarbeit der Steuerbehörden Steuervermeidung auch das andere chen Steuertatbestände in allen Mit- würde ich es deshalb sehr begrüßen, Ziel der EU-Steuerpolitik, nämlich der gliedstaaten gleich bewertet werden. wenn wir künftig zu Mehrheitsentschei- Abbau von Steuerhindernissen, wieder Das würde einerseits Steuerschlupflö- den kämen. Das wäre am Ende im Sinne verstärkt in den Fokus rückt. In einem cher schließen und andererseits grenz- eines faireren Steuerwettbewerbs. Was integrierten Binnenmarkt sollte es überschreitende wirtschaftliche Akti- die Höhe der Steuersätze angeht, müssen unser Ziel sein, dass das grenzüber- vität erleichtern. wir aber die Budgetrechte der nationalen schreitende Wirtschaften nicht durch Parlamente respektieren. Hier hat die Ein- steuerliche Hindernisse erschwert Klartext: Herr Ferber, herzlichen Dank stimmigkeit durchaus ihren Platz. wird. Ein erster wichtiger Schritt wäre für dieses Gespräch. u „Die Geschäftsmodelle der Digital- wirtschaft ermöglichen es den Un- ternehmen, auch ohne einen physi- Bund der Steuerzahler schen Sitz in einem Mitgliedstaat ho- PRESSEMITTEILUNG in Bayern e.V. he Gewinne zu erwirtschaften. Des- halb bin ich sehr dafür, das Körper- schaftsteuerrecht um das Konzept ei- Wettbewerb — auch im Bereich der Steuern ner virtuellen Betriebsstätte zu er- weitern.“ Klartext: Wie kann man dafür sorgen, Das Einstimmigkeits- dass auch große Internetkonzerne wie Google und Facebook ihren fairen Anteil prinzip muss bleiben an Steuern zahlen? Was halten Sie von Bei allem Verständnis, Fortschritte im Kampf gegen unfairen Steuerwettbewerb, wie der Idee, deren Umsätze zu besteuern? er von einigen Ländern praktiziert werde, zu beenden, dürfe das Einstimmigkeitsprinzip Markus Ferber: Wir brauchen ein Un- nicht angetastet werden. Die EU-Kommission müsse andere Möglichkeiten einsetzen, ternehmensteuerrecht, das den Heraus- um Steuerdumping einen Riegel vorzuschieben, so Rolf Baron von Hohenhau, Präsident forderungen des 21. Jahrhunderts gerecht des Bundes der Steuerzahler in einer Pressemitteilung. wird. Das Körperschaftsteuerrecht basiert noch immer auf der Idee einer physischen Betriebsstätte. Dieses Konzept passt aber nicht mehr zu den Geschäftsmodellen der Digitalwirtschaft, die es Unterneh- men ermöglichen, auch ohne einen phy- D er europäische Bund der Steuerzahler (Taxpayers As- sociation of Europe) erteilte dem Vorschlag der EU-Kommission, das Prinzip der Einstimmigkeit in len Widerstand durchsetzen zu kön- nen. In der EU drohe überhaupt eine Harmonisierungswelle in weiteren Bereichen: Heute gehe es um die Harmonisierung der Steuern, dann sischen Sitz in einem Mitgliedstaat hohe Steuerfragen abzuschaffen, eine kla- der Sozialsysteme und weiteren Le- Gewinne zu erwirtschaften. Deswegen re Absage. Es bestehe, so der Präsi- bensbereichen in Europa. Diese Ent- dent des europäischen Bundes der wicklung widerspreche dem Grund- „In einem integrierten Binnenmarkt Steuerzahler, Rolf Baron von Hohen- gedanken der Subsidiarität und Ei- sollte es unser Ziel sein, dass das grenz- hau, durchaus die Gefahr, dass unter genverantwortung in Europa und überschreitende Wirtschaften nicht dem Deckmantel eines faireren Steu- damit der gelebten Realität. Es gelte durch steuerliche Hindernisse er- erwettbewerbs mit qualifizierter die Kulturen und Traditionen der schwert wird. Ein erster wichtiger Mehrheit auch Europasteuern ein- Bürger Europas in allen Bereichen Schritt wäre eine gemeinsame Körper- geführt werden. Die Forderung der zu erhalten. Der europäische Bund schaftsteuerbemessungsgrundlage.“ EU-Kommission, die traditionellen der Steuerzahler kämpfe auch des- Ansichten zur nationalen Souverä- halb für den Erhalt des Steuerwett- bin ich sehr dafür, dass wir unser Kör- nität zu überdenken, bekomme in bewerbs und das Prinzip der Ein- perschaftsteuerrecht um das Konzept ei- diesem Zusammenhang einen be- stimmigkeit, um die Bürger und Un- ner virtuellen Betriebsstätte erweitern. sonderen Beigeschmack. Bisher ternehmen Europas vor einer aus- Eine Besteuerung von Umsätzen statt schütze das Prinzip der Einstimmig- ufernden Steuerbelastung zu schüt- Gewinnen würde nicht zu unserem Steu- keit die europäischen Steuerzahler zen. Die Bildung eines Kartells bei ersystem passen. Deswegen halte ich eine vor Eingriffen, beispielsweise in die der Besteuerung in Europa müsse Besteuerung von Umsätzen maximal als Budgetrechte der Nationalstaaten. verhindert werden. Präsident von Übergangslösung für denkbar. Von Hohenhau befürchte, dass es der Hohenhau appellierte an die Euro- EU-Kommission heute darum gehe, paabgeordneten, den Bund der Steu- Klartext: Im Mai sind Europawahlen. einmal ihre Machtposition zu stär- erzahler bei dieser Forderung zu un- Welche offenen Baustellen muss die neue ken und gleichzeitig den Steuerwett- terstützen, um auch künftig einen Europäische Kommission in den kom- bewerb in Europa abzuschaffen, um fairen Wettbewerb der Steuer - menden Jahren Ihrer Meinung nach drin- neue Europasteuern ohne nationa- systeme in Europa zu garantieren. u gend in Angriff nehmen? Klartext 03|19 11
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