Brief 01/ - Schoellerbank
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Stiftungs- brief Vermögensverwaltung der Schoellerbank Seite 5 01/ Das österreichische Stiftungswesen im Aufbruch Seite 8 2021 Anne-Sophie Mutter im Interview Seite 18
Service und Information Inhalt Service und Information 05 Vermögensverwaltung der Schoellerbank Eine langjährige Erfolgsgeschichte neu aufgesetzt Recht und Steuer 08 Das österreichische Stiftungswesen im Aufbruch Wissen und Wert 11 05 Philanthropie für Wissenschaft und Forschung Erfahrungen aus Deutschland 14 Musiker, Musik- und Orchesterkultur fördern: Die Deutsche Orchester-Stiftung im Porträt Vermögensverwaltung 18 Anne-Sophie Mutter im Interview der Schoellerbank: Eine langjährige Erfolgs- 22 Beirat für Ethik und Nachhaltigkeit in der Schoellerbank geschichte neu aufgesetzt 14 Musiker, Musik- und Orchesterkultur fördern: Die Deutsche Orchester- Stiftung im Porträt 02 | Stiftungsbrief
Service und Information Editorial Liebe Kundinnen und Kunden, sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Ausgabe des Schoellerbank Stiftungsbriefs widmen wir uns schwerpunktmäßig dem Thema Philanthropie im Stif- tungswesen. Humanitäres Verhalten und Denken sind in schwierigen Zeiten wertvoller denn je. Verschiedene Stiftungen geben Ihnen Einblick, wie sie in diesem Bereich unterstützend tätig sind. Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung präsentiert die Deutsche Orchester-Stiftung, deren Kura- torium er vorsitzt. Er berichtet über die Entstehung, die facettenreichen Förderschwerpunkte und die Zukunftsziele. Er zeigt aber auch die Schwierigkeiten auf, die sich im Zuge der Reformierung des deutschen Stiftungsrechts ergeben werden. Der Deutschen Orchester-Stiftung sehr verbunden und für diese auch unterstützend tätig, ist die Geigenvirtuosin Anne-Sophie Mutter. Sie verriet uns in einem Interview, das wir im November 2020 mit ihr führen durften, wie es zur Gründung der „Anne-So- phie Mutter Stiftung“ und dem „Freundeskreis der Anne-Sophie Mutter Stiftung e. V.“ kam und wie hochbegabte Stipendiaten erfolgreich unterstützt werden. Einen umfassenden und interessanten Überblick über das Österreichische Stiftungswesen gibt Ruth Williams, Generalsekretärin des Verbandes für gemeinnütziges Stiften, in ihrem Beitrag „Das österreichische Stiftungswesen im Aufbruch“ und Georg Schüt- te, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, erläutert u. a. warum Bürgerstiftungen und deren großes Netzwerk von Freiwilligen so wichtig sind. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre unserer Publikation mit vielfältigen Einblicken in das philanthropische Stiftungs- wesen. Ihre Fragen beantworten wir sehr gerne in einem persönlichen Gespräch. Ihr Mag. Dieter Hengl Vorstandsvorsitzender Haftungsauschluss: Sämtliche Angaben in dieser Publikation erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Die Beiträge geben ausschließlich die Meinung der Autoren wider. Eine Haftung der Autoren sowie des Herausgebers und Medieninhabers ist ausgeschlossen. Impressum: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: © Schoellerbank Aktiengesellschaft 2021, Renngasse 3, 1010 Wien; Firmensitz: Wien; Firmenbuchgericht: Handelsgericht Wien; Firmen- buchnummer: 103232m; DVR-Nr.: 0041556. Alle Rechte vorbehalten. Ausführliches Impressum unter www.schoellerbank.at. Fotos: Schoellerbank, Titelbild: Christophe Gateau, Autorenfotos: Conny Kucera, Brigitte Rumpf; Fototelier TOLLINGER, Stephan Huger Studio Huger, Maren Strehlau PHOTOGRAPHY, Philip Bartz, Sima Prodinger, Getty Images (S. 2, 5, 7, 9), I-Stockphoto (S. 2, 11, 15), Deutsche Orchester-Stiftung (S. 17), THE JAPAN ART ASSOCIATION / THE SANKEI SHIMBUN (S. 19, 20); Grafik: ikp Salzburg GmbH; Druck: Samson Druck GmbH. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten grund- sätzlich immer für alle Geschlechter. Kontakt: info@schoellerbank.at Rechtliche Hinweise: Diese Unterlage wurde nur zu Werbezwecken erstellt und stellt keine Finanzanalyse, keine Anlageberatung und keine Anlageempfehlung dar. Die vorliegenden Informationen sind ins- besondere kein Angebot und keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren sowie keine Aufforderung, ein solches Angebot zu stellen. Sie dienen nur der Erstinformation und können eine auf die individuellen Verhältnisse und Kenntnisse der Anlegerin bzw. des Anlegers bezogene Beratung nicht ersetzen. Die vorliegenden Informationen wurden von der Schoellerbank AG, Renngasse 3, 1010 Wien, auf der Grundlage von öffentlich zugänglichen Quellen erstellt, die als zuverlässig einge- schätzt werden. Die Informationen können jederzeit einer Änderung unterliegen. Die Schoellerbank AG ist zu einer Aktualisierung dieser Informationen nicht verpflichtet. Die Haftung der Schoellerbank AG für leichte Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit der Quellenrecherche und -studie und den darauf beruhenden Informationen wird ausgeschlossen. Vervielfältigungen – in welcher Art auch immer – sind nur nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung der Schoellerbank AG zulässig. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre Be- treuerin bzw. Ihren Betreuer. Irrtum und Druckfehler vorbehalten. Stand: 15.07.2021. Diese Marketingmitteilung wurde von der Schoellerbank AG, Renngasse 3, 1010 Wien, erstellt (Medieninhaber und Hersteller). Stiftungsbrief | 03
Service und Information Autoren dieser Ausgabe Sonja Conradi studierte in Deutsch- Gerald Mertens land Rechtswissenschaften. Nach Ab- Der Rechtsanwalt ist seit 1990 bei schluss des Studiums arbeitete sie in der Deutschen Orchestervereinigung mehreren Kanzleien und Unterneh- (DOV) tätig. Zuerst als juristischer Mit- men, insbesondere in den Bereichen arbeiter und seit 2001 als Geschäfts- Internationales Privatrecht und Real führer. Gerald Mertens ist Vorsitzen- Estate. Seit 2008 ist sie als Unter- der des Kuratoriums der Deutschen nehmensjuristin in der Unicredit Bank Austria tätig. Seit Orchester-Stiftung, Vorstandsvorsitzender des Netzwerk 2018 unterstützt sie das Team Wealth Management der Junge Ohren (NJO) sowie Mitglied im Aufsichtsgremium der Schoellerbank im Bereich Nachfolgeplanung und Stiftungs- Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten recht. Aufgrund ihres internationalen Hintergrundes ist mbH (GVL). Er ist Autor des Buches „Orchestermanagement“ sie auch oft mit grenzüberschreitenden Sachverhalten (2. Aufl. 2018) und leitender Redakteur der Zeitschrift „das betraut. Orchester“. Dagmar Hopfgartner Dr. Georg Schütte Mag. Dagmar Hopfgartner trat 1995 Dr. Georg Schütte ist seit dem 1. Januar in die UniCredit Bank Austria ein und 2020 Generalsekretär der Volkswagen- war in den Bereichen Retail, Treasury Stiftung. Zuvor war er zehn Jahre Controlling und Marktrisiko-Manage- Staatssekretär im Bundesministerium ment mit dem Schwerpunkt Osteuro- für Bildung und Forschung und führte pa auf Gruppenebene tätig, bevor sie 2018 – 2019 u. a. die Bund-Länder-Ver- im Februar 2020 zum Wealth Management – Investment handlungen zur künftigen Finanzierung des deutschen Wissen- Services und Solutions der UniCredit Bank Austria AG und schaftssystems. 1962 in Rheine geboren, studierte er Journa- Schoellerbank AG wechselte. Nebenberuflich schloss die listik sowie Television and Radio. Für seine Promotion forschte Betriebswirtin das Studium an der WU Wien mit dem Fo- der Medien- und Kommunikationswissenschaftler im DFG-Son- kus auf Investment Banking & Catallactis sowie Corporate derforschungsbereich „Bildschirmmedien“ an der Universität Finance ab. Siegen und als Visiting Fellow an der Harvard University. Gerold Humer lernte den Bankberuf Ruth Williams leitete sowohl die bei der OÖ Sparkasse von der Picke Presseabteilung der Österreichnieder- auf und kam vor über 20 Jahre zur lassung des Walt Disney Konzerns als Salzburger Kredit- und Wechselbank auch die Abteilung CSR & Unterneh- (SKWB). Er begleitete aktiv die Fusion menskooperationen bei der Caritas mit der Schoellerbank im Jahre 1998 Österreich. Dort war sie maßgeblich und verantwortet seit damals die in den Aufbau der Caritas Stiftung in- Kundenbetreuungseinheiten der Region Österreich Mitte volviert. Seit Juli 2018 ist Williams Generalsekretärin des und damit die Schoellerbank-Standorte in den Bundeslän- Verbandes für gemeinnütziges Stiften. Die Expertin für der Oberösterreich und Salzburg. Als Nachhaltigkeitsbeauf- Philanthropie, Kooperationen & Sponsoring befasst sich tragter (ESG-Officer) treibt er nun das Thema Nachhaltigkeit Schwerpunktmäßig mit Philanthropie, gemeinnützigem voran, beispielhaft in Form des neu etablierten „Beirats für Stiften, Nachhaltigkeit und sektorübergreifenden Partner- Ethik und Nachhaltigkeit“. schaften. 04 | Stiftungsbrief
Service und Information Vermögensverwaltung der Schoellerbank Eine langjährige Erfolgsgeschichte neu aufgesetzt Neben der Anlageberatung und dem Vorsorgemanagement liegt die Kernkompetenz der Schoellerbank schon seit 1992 in der Vermögensverwaltung. Das erfahrene Wealth Management-Team der Bank kümmert sich im Rahmen eines aktiven Portfoliomanagements um die optimale Veranlagung und nutzt bestmöglich die Ertragschancen auf den Kapitalmärkten. Ein Artikel von Dagmar Hopfgartner Stiftungsbrief | 05
Service und Information Daher ist es bereits Tradition, auf Basis der profunden Markt- Abhängig von den Zielen, meinung unseres Hauses professionell für Privatinvestoren, Unternehmen oder Vereine sowie für Stiftungen zu veranla- Investitionsbeschränkungen gen. Der Fokus einer Vermögensverwaltung liegt auf lang- und natürlich der Investitions- fristigen Ertragschancen bei optimaler Sicherheit. Damit verfolgt die Schoellerbank den bewährten Anlagegrundsatz summe einer Stiftung bieten „Investieren statt Spekulieren“. wir weiterhin unterschiedliche Anlagemöglichkeiten. Im heurigen Jahr wurde die bewährte Vermögensverwaltung den aktuellen Rahmenbedingungen angepasst und moderni- siert, wenngleich die erfolgreichen Anlagegrundsätze gleich blieben. In der Vermögensverwaltung verfolgen wir daher weiterhin eine aktive und verantwortungsvolle Streuung der Investments. Getreu der vom Kunden gewählten Anlagestra- tegie entscheiden wir uns bei der Auswahl der Titel bewusst für qualitativ hochwertige Anlagen und lassen uns nicht von Modetrends leiten. Diese langfristige Ausrichtung bietet Anlegern die Sicherheit, auch über unruhige Zeiten hinweg eine solide Wertentwicklung zu erzielen. Durch Transparenz und Objektivität ist jeder Schritt nachvollziehbar. Abhängig von den Zielen, Investitionsbeschränkungen und natürlich der Investitionssumme einer Stiftung bieten wir weiterhin unterschiedliche Anlagemöglichkeiten. Grundsätzlich kann In der Vermögensverwaltung „Klassik mit Einzeltitel Ak- zwischen einer Vermögensverwaltung mit Fonds und einer tien“ (ab einem Anlagevermögen von EUR 1.000.000,– in Vermögensverwaltung mit Individualwerten gewählt wer- Euro und US-Dollar) wird neben Investmentfonds auch in den. Einzeltitel im Bereich der Aktien investiert. Dies ermöglicht eine noch direktere Investition in international renommier- te und erfolgreiche Unternehmen. Neben den Einzelwerten Die Vermögensverwaltung „Klassik“ (ab einem Anlagever- kommen aber auch weiterhin Investmentfonds zum Einsatz, mögen von EUR 200.000,–) investiert in Investmentfonds die je nach individuellen Risikoaspekten zusammengestellt und kann in fünf unterschiedlichen Investmentansätzen werden. umgesetzt werden (konservativ, traditionell, ausgeglichen, dynamisch, progressiv). Bei dieser Anlagevariante kommen Im Rahmen der Vermögensverwaltung „Exklusiv“ (ab einem ausschließlich Investmentfonds zum Einsatz, die neben den zu veranlagenden Vermögen von EUR 5.000.000,–) entwi- bewährten Qualitätskriterien auch eine kosteneffiziente An- ckeln unsere Spezialisten exklusiv Ihre individuelle Lösung in lage (durch ETFs, Großanlegerfonds) ermöglichen. Die Ver- Euro oder US-Dollar. Diese maßgeschneiderte Veranlagungs- mögensverwaltung „Klassik als Vorsorgelösung“ mit einem strategie – speziell für Stiftungen oder Institutionen – mit klassischen oder nachhaltigen („ESG“ – Environmental, Soci- klar definierten Anlagerichtlinien wird gemeinsam mit unse- al, Governance) Fondsuniversum kann zudem als Vorsorge- ren Kunden, Vermögensexperten und Wealth-Managern in baustein kombiniert werden. einer individuellen Strategie festgelegt. 06 | Stiftungsbrief
Service und Information Im Rahmen dieser individuellen Vorgehensweise können Ihre Die Vermögensverwaltung „Klassik“ kann zudem in den Präferenzen hinsichtlich Anlageklassen, Länder/Regionen, Schoellerbank Versicherungslösungen eingesetzt werden. Laufzeiten, Bonität und Risikoneigung auf Ihre Bedürfnisse Dabei profitieren auch Stiftungen von den Vorzügen einer hin ausgestaltet werden. Darüber hinaus werden die strate- fondsgebundenen Lebensversicherung (Steuervorteil inner- gische Ausrichtung und die individuelle Benchmark (= Neu- halb der Stiftung bei Einhaltung gewisser Rahmenbedin- tralgewichtungen) sowie die zur Anwendung kommenden gungen, offene Laufzeit des Vertrags, Zusatzleistung für die Bandbreiten, innerhalb deren das Wealth Management-Team Stiftung im Todesfall der versicherten Person, Rentenoption bei der Umsetzung der Anlagestrategie Spielraum hat, fest- mit Rententafelgarantie etc.), auch wenn dieses Thema noch gelegt. keine breite Öffentlichkeit gefunden hat. Die Veranlagung im Rahmen einer Vermögensverwaltung Damit auch Stiftungskunden vollumfänglich von den Anlage- „Exklusiv“ kann in Investmentfonds oder Einzeltiteln (Aktien möglichkeiten der Schoellerbank profitieren können, arbeitet oder Anleihen) erfolgen. Ein „exklusives“ Vermögensverwal- die Schoellerbank an einem „Stiftungsreporting“. Dabei werden tungsmandat bietet zudem kundenspezifische Währungsal- die steuerpflichtigen Anlageerträge und Wertzuwächse so dar- lokationen und regionale Einschränkungen. Dies ermöglicht gestellt, dass durch den Steuerberater eine einfache Darstel- neben einer Vermögensveranlagung in Euro auch eine Ver- lung in den Steuerunterlagen erfolgen kann. Lassen Sie sich anlagung in US-Dollar mit einer Berichtswährung (Euro oder von den Vorzügen der Vermögensverwaltung der Schoeller- US-Dollar). bank überzeugen und sprechen Sie mit Ihrem Berater. Stiftungsbrief | 07
Recht und Steuer Das österreichische Stiftungswesen im Aufbruch Das Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz von 2015 sowie das Innovations- stiftungsgestz 2017 waren wichtige Meilensteine in der Weiterentwicklung des gemeinnützigen Stiftungssektors in Österreich. Ein Artikel von Ruth Williams Österreichs Stiftungslandschaft befindet sich im Umbruch. staatliche Stiftung zum ersten Mal konkrete Public/Private Über 700 gemeinnützige Stiftungen stellen laut einer Schät- Partnerships mit Privatstiftungen und Philanthrop*innen an: zung der Wirtschaftsuniversität Wien aus dem Jahr 2015, Es können Substiftungen gegründet werden, um neuartige jährlich 70 Mio. Euro für soziale Zwecke bereit. Besonders in Bildungs- und Forschungsprojekte zu fördern. Krisenzeiten nimmt die Bedeutung gemeinnütziger Stiftun- gen für die Sicherung des Sozialen zu. Eine dieser Substiftungen ist die Sinnbildungsstiftung, die von 14 Privatstiftungen gegründet wurde. Gemeinsam mit Gemeinnützig aktive Stiftungen haben in Österreich in den Ashoka und einer Förderung der ISB wird gerade das BILDÜN- vergangenen Jahren Hunderte Millionen Euro für die Si- GER Projekt auf den Weg gebracht. Die Sinnbildungsstiftung cherung des sozialen Zusammenhalts bereitgestellt – zur will drängende Probleme im Bildungsbereich durch Förde- Bekämpfung von Obdachlosigkeit, für die Inklusion von rung innovativer Initiativen lösen, wirksame Impulse setzen Menschen mit Behinderung, im Bereich Kunst und Kultur, und nachhaltige Veränderung vorantreiben. Diese Form der Umweltschutz und Bildung und nicht zuletzt auch aktuell zur Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Bekämpfung von COVID-19 und seinen sozialen Folgen. Sie Förderern ist die Zukunft. Stiftungen können Lücken schlie- sind ein unverzichtbarer Teil der Zivilgesellschaft und wichti- ßen, in denen das staatliche Sozialsystem nicht greift, es ge ergänzende Akteure im 3. Sektor. braucht ein stärkeres Miteinander. Insgesamt sind in Österreich aktuell 745 Stiftungen gemein- nützig aktiv – Tendenz steigend. Die meisten Stiftungen för- Gemeinnützige Stiftungen können und wollen den Sozial- dern einzelne Personen oder gemeinnützige Organisationen, staat nicht ersetzen. Sie ermöglichen aber nachhaltige Hilfe, Vereine sowie NGOs. Manche führen eigene Projekte oder geben ergänzende Impulse und setzen besondere Akzente Programme durch. Einige wenige Stiftungen sind ausschließ- für die Entwicklung unseres Gemeinwesens. Stiftungen hel- lich selbst aktiv – sie konzipieren etwa eigene Projekte, be- fen Opfern von Gewalt ebenso wie obdachlosen Menschen. treiben soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser oder for- Stiftungen sind im Bereich der Katastrophenhilfe im Einsatz schen zu gesellschaftspolitischen Themen. oder fördern den Bau von Schulen, engagieren sich im Be- reich des Klima- und Tierschutzes. Aber auch gerade jetzt in Eine Insel des Gelingens und ein innovativer Schritt nach Zeiten der Krise leisten gemeinnützige Stiftungen wertvolle vorne in diesem Bereich war die Gründung der staatlichen Arbeit, wenn es um die Beforschung von COVID-19 und die Innovationsstiftung für Bildung (kurz ISB). Sie bietet als Bekämpfung der sozialen Folgen der Pandemie geht. 08 | Stiftungsbrief
Recht und Steuer Die meisten Stiftungen fördern einzelne Personen oder gemein- nützige Organisationen, Vereine sowie NGOs. Anbei einige Beispiele: die Mittel aus den beiden Fonds nicht ausreichen, um die COVID-19-Spendenaktion: Die WHO startete mit der Stiftung persönliche Lebenssituation abzusichern. Diese Initiative ist Philanthropie Österreich eine Spendenaktion. „Der COVID-19 eine Kooperation der Gemeinnützigen Privatstiftung Philan- Virus hat binnen kürzester Zeit die Gesundheit der Bevölke- thropie Österreich, der Kärntner Kulturstiftung, der Leopold rung derartig gefährdet, wie es sich kaum jemand von uns Museum Privatstiftung sowie des Wiener Volkstheaters. zuvor hätte vorstellen können. Als Gemeinnützige Privatstif- Persönlichkeiten wie Julya Rabinowich und Angelika Kirch- tung Philanthropie Österreich unterstützen wir daher selbst- schlager zählen zu den prominenten Unterstützer*innen. verständlich die Initiative der WHO, um das mit dem Virus verbundene Leid einzugrenzen“, erklärte Dr. Franz Harnon- Wien erforscht Corona: Der Wiener Wissenschafts-, For- court-Unverzagt, Vorsitzender der Gemeinnützigen Privatstif- schungs- und Technologiefonds (WWTF) unterstützt Wie- tung Philanthropie Österreich die schnelle Entscheidung für ner Universitäten und Forschungseinrichtungen mit der die Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation. „COVID-19 Rapid Response Förderung“. 24 Projekte aus unterschiedlichen Disziplinen werden mit je maximal EUR Gemeinsame Initiative unterstützt Künstler*innen: Bei der 50.000,– gefördert, um zeitnah potenziell lebensrettende Initiative „Stiftungen helfen Künstler*innen“ können alle Forschung zu betreiben und wertvolle Daten zu sammeln. Kultur schaffenden Einzelpersonen einen Antrag auf Unter- WWTF-Geschäftsführer Michael Stampfer: „Die Wissen- stützung stellen, die seitens des Corona-Härtefallfonds und schaft hat die Aufgabe, Daten in dieser Ausnahmesituation des Künstler*innen-Sozialversicherungsfonds aufgrund ih- zu erheben und daraus wichtige Lektionen abzuleiten. Wien res rechtlichen Status keine Unterstützung erhalten. Ebenso und Österreich können sich auf ihre Forscher-Community können begründete Härtefälle eingebracht werden, wenn verlassen!“ Stiftungsbrief | 09
Recht und Steuer Der Verband für gemeinnütziges Stiften ist die politisch un- die Ausweitung der steuerlichen Begünstigung gemeinnüt- abhängige Interessenvertretung von über 100 gemeinnützig ziger Stiftungen. Für eigennützige Privatstiftungen muss es aktiven Stiftungen und Fonds in Österreich. Seit seiner Grün- einfacher werden, aus der bestehenden Rechtsform heraus dung im Jahr 2014 vertritt der Verband selbstständig ge- gemeinnützig tätig zu sein. Und während Ausschüttungen meinnützige Akteur*innen in Österreich. Er versteht sich als von Stiftungen an Begünstigte im Sozialbereich oder im Be- Sprachrohr gegenüber Politik und Gesellschaft. Ziel des Ver- reich der Entwicklungszusammenarbeit steuerbefreit sind, bandes ist es, seine Mitglieder zu vernetzen und sie in ihrem gilt das nicht für Zuwendungen an österreichische Schulen engagierten Handeln bestmöglich zu unterstützen. Die Grün- oder Bildungs-NGOs. Um dem philanthropischen Engage- dung der Interessenvertretung ging mit der Novellierung des ment einen weiteren Schub zu verleihen, fordert der Verband Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetzes 2015 einher. Dieses darüber hinaus die rasche Umsetzung der geplanten Ein- hat einen wichtigen Meilenstein für die Weiterentwicklung richtung einer Koordinations-, Beratungs- und Servicestelle des gemeinnützigen Stiftungssektors gelegt und das Wirken für Stiftungen, gemeinnützige Vereine, soziale Unternehmen gemeinnütziger Stiftungen auf vielen Ebenen vereinfacht. und Freiwillige, wie sie im Regierungsprogramm angeführt wird. Für modernes Engagement braucht es zeitgemäße Das Gemeinnützigkeitsgesetz hat eine echte Trendwende rechtliche Grundlagen. Nur in Kooperation werden sich die und neue Möglichkeiten für gemeinnützige Stiftungen mit drängendsten Herausforderungen unserer Gesellschaft lösen sich gebracht – die Zahl der Abwanderungen von Stifter*in- lassen. nen ins Ausland ist seither gesunken, die Zahl der neuen ge- meinnützigen Stiftungen angestiegen. Der Verband für ge- Mit „Achtung, Stiftung! Gemeinnützige Stiftungsarbeit in meinnütziges Stiften war auch erfreut über die Maßnahmen, Österreich: Gründen, Führen, Auflösen“ hat der Verband für die die neue Regierung Anfang 2020 in ihrem Regierungs- gemeinnütziges Stiften im September 2010 ein neues Pra- programm verankert hat. Die geplante Einrichtung einer xishandbuch für Stifter*innen und jene, die es noch werden Koordinations-, Beratungs- und Servicestelle für Stiftungen, wollen, präsentiert. Die Publikation ist auf Initiative von Ver- gemeinnützige Vereine, soziale Unternehmen und Freiwillige bandsvorstandsmitglied Sonja Jöchtl (Geschäftsführerin der wird die Arbeit dieser zukünftig erleichtern und somit posi- Stiftung Europäisches Forum Alpbach) entstanden und ist tiv zur notwendigen Sektor-Entwicklung beitragen. Auch das das erste seiner Art in Österreich. Es wurde gemeinsam mit klare Bekenntnis der Bundesregierung, gemeinnützige Aktivi- den Expert*innen von LeitnerLeitner und LeitnerLaw erarbei- täten von Stiftungen steuerlich zu begünstigen, die KESt-Be- tet und setzt einen Maßstab für zeitgemäße Best Practice freiung für ökologische bzw. ethische Investitionen und die in der gemeinnützigen Stiftungsarbeit. Das Nachschlage- geplante Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit für Vereine werk soll ein Werkzeug für die Praxis darstellen und ist so- im Bildungsbereich sind wichtige angedachte Schritte in mit in erster Linie nicht für Jurist*innen geschrieben. Nach Richtung eines zeitgemäßen Regelwerkes für das österreichi- dem Motto „Gründen, Führen, Auflösen“ soll es als Orientie- sche Stiftungswesen. rungsrahmen für steuerrechtliches und stiftungsrechtliches Know-how aus einer Hand dienen. Ziel ist es auch, das Wis- Trotz allem ist die Gesetzeslage in der Praxis noch immer sen über den Sektor und seine Möglichkeiten einem breiteren recht komplex. Konkret fordert der Verband für gemeinnüt- Publikum zu eröffnen und so hoffentlich noch mehr enga- ziges Stiften die unbegrenzte Fortführung des Bundes-Stif- gierte Menschen, Unternehmen, Organisationen zum Stiften tungs- und Fondsgesetzes über das Jahr 2020 hinaus sowie zu bewegen. Mehr zum Verband unter: www.gemeinnuetzig-stiften.at Mehr zum Buch unter: www.achtung-stiftung.at Mehr zur Innovationsstiftung für Bildung: innovationsstiftung-bildung.at Mehr zur Sinnbildungsstiftung: sinnbildungsstiftung.at 10 | Stiftungsbrief
Wissen und Wert Philanthropie für Wissenschaft und Forschung Erfahrungen aus Deutschland Wenn die Corona-Pandemie und die Niedrigzinsphase das Stiftungshandeln erschweren, sind neue Ansätze gefragt: Fördern lässt sich auch mit Engagement, Zeit und guten Ideen, wie Beispiele aus der Wissenschaftsförderung zeigen. Ein Artikel von Georg Schütte Stiftungsbrief | 11
Wissen und Wert Stiften ist mehr als eine Sache des Geldes dierende, die sich neben ihrem Studium für gesellschaftliche Mit mehr als 23.000 Stiftungen, von denen rund ein Viertel oder wohltätige Belange einsetzen. Das Stipendium soll ihnen die Wissenschaftsförderung zum Zweck hat, ist der deutsche Freiräume verschaffen, damit sie sich ohne finanzielle Sorgen Stiftungssektor von einem erstaunlichen Wachstum geprägt. verstärkt diesem Engagement widmen können. Hinzu kommt, Täglich kommen ein bis zwei neue Stiftungen hinzu. Doch dass die Studierenden und ihre Förderer oftmals während der knapp zwei Drittel der Stiftungen haben ein Kapital von we- Förderphase aufeinandertreffen, um voneinander profitieren niger als einer Millionen Euro. Das ist – gerade in Zeiten von zu können, z. B. in Form einen Mentorats, eines Erfahrungs- Corona und Niedrigzinsen – zum Leben zu wenig und zum austauschs oder auch mit der Möglichkeit, über ein Praktikum Sterben zu viel, wie man so schön sagt.1 zusätzliche Orientierung für die Berufswahl zu erhalten. Doch es lohnt sich, auch einen Blick auf die Bürgerstiftungen Während bei seiner Einführung im Jahr 2011 deutschlandweit zu werfen: Inzwischen gibt es über 400 Bürgerstiftungen in nur etwas über 5.000 Studierende mit einem Deutschlandsti- Deutschland, in denen sich immer mehr Menschen für ihre pendium gefördert werden konnten, sind es inzwischen mehr Region engagieren.2 Die Zahl hat sich seit 2008 verdreifacht. als 28.000.3 Auch in dieser Entwicklung zeigt sich, dass die Noch gibt es – wie bei den anderen Stiftungen – starke Unter- Verbindung von finanziellem philanthropischem Einsatz ein- schiede zwischen Ost und West: Zwar sind die kapitalstärks- hergeht mit Engagement, Zeit und Ideen, die die Stifterinnen ten Bürgerstiftungen im Westen Deutschlands zu verorten, und Stifter sowie die Studierenden in die Förderung einbrin- die größeren Netzwerke und damit das größere Engagement gen. Dieses beachtliche Wachstum ist wohl nur dadurch zu der Bürgerinnen und Bürger finden sich aber in Ostdeutsch- erklären, dass es die Menschen auf vielfältige Weise mitei- land. Während im West durchschnittlich 64 Ehrenamtliche nander verbindet und nicht nur über das bloße Zahlen eines für eine Bürgerstiftung tätig sind, sind es im Osten sogar 85. Stipendiums. Zwar ist Stiften immer noch eine Sache des Geldes und in 2) Mit Endowments Engagement verstärken und weiten Teilen ein Wohlstandsphänomen, die Bürgerstiftun- nachhaltig wirken gen aber zeigen in eine neue Richtung: Bürgerstiftungen ar- Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts aus dem Jahr beiten mit einem großen Netzwerk von Freiwilligen, die mit 2013 ist in Deutschland das sogenannte „Endowment-Ver- ihrem Engagement, ihren Ideen und ihrer eingesetzten Zeit bot“ gekippt worden. Bis dahin war es wegen des Grundsatzes helfen, die Förderziele der Bürgerstiftungen zu verwirklichen. der zeitnahen Mittelverwendung einer Stiftung nicht möglich, Der Trend zeigt deutlich: Stiften ist eben nicht nur eine Sache in den Kapitalstock einer anderen Stiftung einzuzahlen. Unter des Geldes, sondern auch eine der eingebrachten Zeit und der bestimmten Voraussetzungen ist dies seit 2014 in Deutsch- guten Ideen. land aber möglich, was ganz neue Kooperationsformen – ge- rade auch von und mit kleineren Stiftungen – zulässt. Stif- Mit diesem Beitrag möchte ich zeigen, wie dieser Trend auch tungen können sich zusammentun, ihre Kräfte bündeln und in der Wissenschaftsförderung fruchtbar gemacht werden gemeinsam agieren. kann. Hier ein konkretes Beispiel von der Universität Lübeck: Neben 1) Das Deutschlandstipendium als Motor für Engagement der VolkswagenStiftung haben sich der Stifterverband für Das Deutschlandstipendium ist ein Förderkonzept, das sich die deutsche Wissenschaft, die Possehl-Stiftung, die Han- an Studierende an deutschen Hochschulen richtet und eine seatische Universitätsstiftung, die Sparkassen-Stiftung, die Alternative zu den klassischen Begabtenförderungswerken Friedrich Bluhme und Else Jebsen-Stiftung für die chronobio- darstellt. Grundlage ist ein staatliches Anreizsystem: Findet logische Forschungsarbeit von Prof. Oster engagiert. Die Pro- sich ein privater Stifter, der bereit ist, 1.800 Euro zu zahlen, fessur ist nun mit einem eigenen Endowment ausgestattet legt der Staat noch einmal 1.800 Euro drauf. Dies ergibt für und steht der Universität als zusätzliche Stiftungsprofessur einen Studierenden für ein Jahr ein monatliches Stipendium dauerhaft zur Verfügung. von 300 Euro. 3) Mit wenig Geld zu herausragenden Ideen: Solche philanthropischen Anreizsysteme sind auch aus ande- die Small-Grants-Förderung ren Ländern bekannt. Österreich ist hier ja ein besonders gu- Dass nicht immer große Geldbeträge notwendig sind, um tes Beispiel. Doch beim Deutschlandstipendium geht es noch gute Wissenschaft und Forschung zu fördern, belegen auch um etwas mehr als lediglich um die Verdopplung der Gelder. die Small-Grants-Förderprogramme, die die Volkswagen- Denn die Stipendiatinnen und Stipendiaten sind zumeist Stu- Stiftung seit einigen Jahren aufgelegt hat. Das Förderkonzept 12 | Stiftungsbrief
Wissen und Wert ist inzwischen vielfach in ähnlicher Form auch von anderen den späteren Projekterfolg auswirkt. Die Stiftung unterstreicht Förderorganisationen aufgegriffen worden und scheint einen damit, wie ernst sie ihre Verantwortung beim Aufspürgen ori- Nerv zu treffen. Im Bereich der Natur- und Lebenswissen- gineller und gewagter Ideen nimmt. Und sie versucht damit schaften können bei „Experiment!“ kleinere explorative For- auch, die bekannten Schwächen des Peer-Review-Verfahrens schungsprojekte gefördert werden. Dabei lässt das maximal auszugleichen – Überlastung, impliziter Bias oder sozialdy- mögliche Fördervolumen von EUR 120.000,– keine großen namische Prozesse in Gutachtergruppen. Es sind schließlich Schritte zu. Es geht hier um nicht viel mehr – aber eben auch die besten Ideen, die zählen und eine Chance verdienen, nicht nicht weniger – als das Ausprobieren oder Antesten einer günstige Konstellationen in Begutachtungsrunden. Forschungsidee, von der noch nicht sicher ist, ob sie über- haupt erfolgreich sein kann. Die VolkswagenStiftung wird Der Dreiklang von Geld, Engagement und Ideen derzeit jedoch mit Anträgen überrannt. Mehr als 800 sind es Die drei Beispiele zeigen, dass philanthropisches Engagement in diesem Jahr. auch jenseits bloßer Finanzfragen möglich, sinnvoll und ge- winnbringend ist. Dies gilt ganz besonders für die dringend Ziel der Förderung ist es, risikoreichen und gewagten Ideen gebotene Nachhaltigkeitstransformation, die Bekämpfung den Weg zu bereiten. Natürlich kann mit der durch die Stif- des Klimawandels, den Umweltschutz und die Sicherung tung in Aussicht gestellten Fördersumme die dahinterste- eines nachhaltigen Wachstums als Lebensgrundlage für alle hende Forschungsarbeit nicht vollständig finanziert werden. Menschen. Mehr denn je kommt es gerade in diesen Zeiten Wenn sich aber zeigt, dass hinter der Idee etwas steckt, dass darauf an, Engagement zu bündeln, klugen und originellen der Ansatz vielversprechend ist, dann kann die Stiftungsför- Ideen den Weg zu bereiten und jenseits der finanziellen Un- derung ein Anfang sein, um bei einem anderen Förderer eine terstützung auch andere Formen der Förderung in den Blick größere Summe einzuwerben, mit der dann ein längeres For- zu nehmen. Dies kann bedeuten, die passenden Akteure zu- schungsvorhaben finanziert werden kann. sammenzuführen, philanthropische Förderungen komple- mentär zu staatlichen Maßnahmen zu entwickeln oder auch Für die Stiftung bedeutet dies, dass sie ein Gespür entwickeln mit wenigen Mitteln und originellen Auswahlinstrumenten muss für besonders gute Ideen. Sie lässt sich dabei von einer wirklich kreativen Ideen den Weg zu bereiten. Experten-Jury unterstützen, die die besten Ideen auswählt. Weil dies bei der Vielzahl der Anträge mit menschlichem Maß Die Wissenschaft mit ihrer Fähigkeit, Probleme zu lösen und und der jeweils notwendigerweise nur begrenzten fachlichen neue Ansätze für die Bewältigung von Zukunftsherausforde- Expertise und Perspektive kaum mehr gerecht zu bewerk- rungen zu bieten, ist hier besonders gefragt. Sie begegnet stelligen ist, gibt es seit vier Ausschreibungsrunden auch ein hohen gesellschaftlichen Erwartungen. Hier sind auch wis- zusätzliches Auswahlinstrument. Über ein nachgelagertes senschaftsfördernde Stiftungen gefordert, solches Verän- Losverfahren können nach einer zuvor erfolgten fachlichen derungs- und Lösungspotenzial mit ihren Förderungen zu Auswahl weitere Vorhaben in die Förderung aufgenommen heben. Der von mir anhand einiger Beispiele skizzierte Trend werden. Für die Antragstellerinnen und Antragsteller bedeu- der Mischung von finanzieller Förderung mit Engagement und tet dies eine echte zusätzliche Chance. neuen Ideen stimmt mich hoffnungsvoll, dass der Stiftungs- sektor auch zur Bewältigung der Corona-Pandemie und zu Über ein paralleles Begleitforschungsprojekt möchte die Stif- den notwendigen Transformationsprozessen einen wichtigen tung herausfinden, wie sich dieses Auswahlinstrument auf die Beitrag leisten kann. Diversität der Auswahl, die Geschlechtergerechtigkeit sowie 1 Zur Stiftungsstatistik (Stand 2019): stiftungen.org, zuletzt gesehen am 21. September 2020. 2 Zu den Bürgerstiftungen (Stand 2019): buergerstiftungen.org, zuletzt gesehen am 21. September 2020. 3 Zur Statistik (Stand 2019): deutschlandstipendium.de, zuletzt gesehen am 21. September 2020. Stiftungsbrief | 13
Wissen und Wert Musiker, Musik- und Orchesterkultur fördern Die Deutsche Orchester-Stiftung im Porträt Mit einer Spendenkampagne konnten Tausend Musikerinnen und Musiker unterstützt werden. Für die Zukunft plant die Deutsche Orchester-Stiftung gezielte Fördertätigkeit und Vernetzungsarbeit. Ein Artikel von Gerald Mertens Den Impuls zur Gründung der Deutschen Orchester-Stiftung dächtnisfonds als Sondervermögen ein. Wegen der Gemein- lieferte im Jahr 2004 ein pensionierter Berufsmusiker. Willy nützigkeit der Treuhandstiftung war keine Erbschaftsteuer zu Werner Schulz aus Erftstadt bei Köln war in seiner langen entrichten. Karriere als Oboist bei der Staatskapelle Dresden, im Gür- zenich-Orchester Köln, beim WDR Sinfonieorchester und im Die aufwendigen Formalien bei der Abwicklung des Nachlas- Bayreuther Festspielorchester tätig. Er war mit seiner Ehe- ses – bedingt durch die Form der Treuhandstiftung – veran- frau Brungard kinderlos geblieben. Im Jahr 2004 haben bei- lasste die DOV, die Deutsche Orchester-Stiftung mit Wirkung de in einem notariellen Erbvertrag zunächst die Deutsche ab 15. September 2014 als eigenständige und rechtsfähige Orchestervereinigung (DOV) – den Berufsverband der pro- Stiftung des privaten Rechts auszugründen. Das Stiftungska- fessionellen Musiker – als Alleinerbin ihres gesamten Ver- pital war inzwischen durch die angetretene Erbschaft sowie mögens eingesetzt. Da die DOV zwar von der Körperschaft- weitere Vermächtnisse und Zustiftungen auf rund 900.000 steuer befreit, aber nicht gemeinnützig war und somit im Euro angewachsen. Nachdem die Stiftung zehn Jahre ehren- Erbfall voll steuerpflichtig gewesen wäre, enthielt der Erb- amtlich von einem fünfköpfigen Kuratorium geführt worden vertrag als Auflagen die Errichtung einer Stiftung sowie des war, erfolgte zum 1. Januar 2015 die Berufung eines haupt- „Werner-Schulz-Gedächtnisfonds“ – mit der Zweckbindung, amtlichen Geschäftsführers. „notleidende deutsche Orchestermusiker mit Hochschulab- schluss“ zu unterstützen. Welche Ziele verfolgt die Stiftung? Die Deutsch Orchester-Stiftung (DO-S) ist sowohl fördernd Diese letztwillige Verfügung bildete die juristische Basis für als auch operativ tätig. Die Förderschwerpunkte sind vor die Gründung der Deutschen Orchester-Stiftung. Die Stif- allem: Förderung des Orchesternachwuchses durch Unter- tung wurde zum 1. April 2005 von der DOV zunächst als stützung des Bundesjugendorchesters, Förderung des Di- nicht rechtsfähige, aber gemeinnützige Treuhandstiftung rigentennachwuchses im Dirigentenforum, Förderung des mit einem Grundkapital von 50.000 Euro gegründet. Die Publikumsnachwuchses für Konzert und Musiktheater sowie Gründung einer nicht rechtsfähigen Treuhandstiftung ist in Förderung von Projekten der musikalischen, instrumentalen Deutschland bislang relativ einfach möglich. Durch weitere, und vokalen Bildung. Durch den Schulz-Fonds besteht seit gezielt eingeworbene Zustiftungen wuchs das Kapital rasch 2013 auch die Möglichkeit zur Unterstützung einzelner Mu- auf rund 150.000 Euro an. Als Brungard Schulz einige Jahre siker in Notlagen. nach ihrem Mann im Jahr 2013 verstarb, trat die Stiftung – noch unter treuhänderischer Verwaltung der DOV – die Ge- Die Stiftung fördert schwerpunktmäßig Projekte der Musik- samtrechtsnachfolge an und richtete den Werner-Schulz-Ge- vermittlung durch professionelle (Orchester-) Musiker und 14 | Stiftungsbrief
Wissen und Wert Wir sind der Überzeugung, dass der direkte Kontakt zwischen Künstlern und Kindern essenziell ist, um emotional zu berühren und zu begeistern. Chorsänger. Wir sind der Überzeugung, dass der direkte Kon- Wie finanziert sich die Stiftung? takt zwischen Künstlern und Kindern essenziell ist, um emo- Die Finanzierung der Stiftung beruht im Wesentlichen auf tional zu berühren und zu begeistern. Die direkte Begegnung drei Säulen: 1. Spenden, 2. Erträgen aus der Vermögens- weckt unmittelbar Interesse und motiviert zur Nachahmung. verwaltung und 3. Zuwendungen der DOV. Die DOV leistet Aber auch andere Projekte in Schulen, Vereinen oder bei Fes- einen regelmäßigen Zuschuss zu den Verwaltungskosten und tivals werden von der Stiftung gefördert. überlässt Personal im Rahmen eines Gestellungsvertrages. Das Stiftungsvermögen besteht vorrangig aus Immobilien, Mit zwei eigenen Projekten fördert die Stiftung sowohl jun- Immobilienfonds und konservativ orientierten Aktienfonds, ges Publikum als auch Innovation in professionellen Ensem- wobei vor allem regelmäßige Mietverträge eine stabile Er- bles: tragsbasis darstellen. Weitere wichtige Einnahmequelle sind 1. Die Plattforum „Abenteuer Klassik“ bietet Kindergärten, regelmäßige Spendenaufrufe, die sich schwerpunktmäßig Schulen, Musikvermittlern und Orchestermusikern kos- an pensionierte Orchester- und Chormitglieder, deren Hin- tenlos hochwertige Lehr- und Anschauungsmaterialien terbliebene und an die Mitglieder der Berufsorchester und für die musikalische Bildung rund um die Themen Orches- -chöre richten. ter, instrumentales und vokales Musizieren an. So hängt zum Beispiel inzwischen in mehreren Tausend deutschen Herausforderung Corona-Pandemie Klassen- und Musikzimmern von Grundschulen und wei- Als Mitte März 2020 in Deutschland durch das Aufflammen terführenden Schulen ein von der Stiftung mit dem Bun- der Corona-Pandemie der komplette Shutdown des öffentli- desjugendorchester und anderen Partnern entwickeltes chen Lebens bevorstand, war offensichtlich, dass vor allem überdimensionales Orchesterplakat, das kostenlos zur freischaffende Musikerinnen und Musiker kurzfristig in exis- Verfügung gestellt wird. tenzielle Not geraten würden. Über Nacht durften sie nicht 2. Der „Preis Innovation“ fördert den Wettbewerb unter pro- mehr als Solisten oder in Ensembles auftreten, als Aushilfen fessionellen Orchestern, Chören und Big Bands. Der Preis in Berufsorchestern spielen oder unterrichten. Ab dem 16. ermutigt Orchester, Chöre und Ensembles, neue, innovati- März 2020 startete die Deutsche Orchester-Stiftung spon- ve und zukunftsorientierte Wege zu beschreiten. tan die bundesweite Spendenkampagne #MusikerNothilfe. Stiftungsbrief | 15
Wissen und Wert Es ging darum, vor allem Freischaffenden kurzfristig und un- Vermögensverhältnisse angegeben werden müssen? Auch bürokratisch finanziell zu helfen, bis staatliche Hilfsprogram- die Zulegung, also die Möglichkeit der Zusammenlegung von me greifen würden. Die Kampagne fand eine überwältigen- – in der Regel – kleineren Stiftungen, die aufgrund der Kapi- de Resonanz und breite öffentliche Aufmerksamkeit. Nach talmarktlage kaum noch lebensfähig sind, macht Sinn. wenigen Tagen erklärten sich Kulturstaatsministerin Monika Viele weitere Punkte sind jedoch für die weitere Entwicklung Grütters und Chefdirigent Kirill Petrenko (Bayerische Staats- von Stiftungen als negativ zu bewerten. Aus dem ganzen oper und Berliner Philharmoniker) von sich aus bereit, die Entwurf spricht ein staatliches Aufsichts- und Mündelden- Schirmherrschaft über die Kampagne zu übernehmen. ken des 19. Jahrhunderts. Vor allem die geplanten massiven Eingriffsrechte der Stiftungsaufsicht schränken die Privat- Spendenkampagne #MusikerNothilfe erbringt autonomie von Stiftungen und Stiftern unverhältnismäßig über 5,3 Millionen Euro stark ein. Die Errichtung von Stiftungen wird erschwert, u. Zahlreiche Berufsorchester und Konzerthäuser, Dirigenten a. deshalb, weil sie zukünftig von einer behördlichen Geneh- und Solisten, Rock- und Popmusiker, Rundfunksender, Zei- migung abhängig gemacht wird. Die Bestimmungen zu einer tungen, Online-Medien, aber auch Plattformen wie Spotify Verbrauchsstiftung sind viel zu eng und einschränkend, eine oder Betterplace und zahlreiche Freunde der Musik aus dem Teilverbrauchsstiftung wird nicht geregelt, in der Praxis sehr Publikum unterstützten die Kampagne. Nach drei Wochen er- häufige Treuhandstiftungen sind überhaupt nicht erwähnt. reichte der Spendenstand 1 Million Euro, nach drei Monaten Die Auflösung der seit Jahrzehnten bewährten Kopplung von 2 Millionen Euro und im Juni 2021 über 5,3 Millionen Euro. Stiftungsrecht und Vereinsrecht erscheint problematisch. Mehreren Tausend Musikerinnen und Musiker in Deutschland Der Referentenentwurf ist auch handwerklich schlecht ge- konnten Soforthilfen von jeweils 600 Euro ausgezahlt wer- macht, zum Beispiel ist völlig unklar, worin der Unterschied den, um die erste Not im Corona-Lockdown zu lindern. zwischen einer „Errichtungssatzung“ und einer „Stiftungsver- fassung“ bestehen soll. Die Definition des Grundstockvermö- Was will die Stiftung weiterhin erreichen? gens und die Verwendung von Zuschüssen und Spenden sind Mit unserer vielfältigen Fördertätigkeit und Vernetzungs- ebenfalls nicht sauber geregelt. Beispiel: Eine Stiftung veräu- arbeit wollen wir einen größeren Rückhalt in Politik, Verwal- ßert eine in ihrem Besitz befindliche Immobilie im Buchwert tung, Wirtschaft und Öffentlichkeit für die deutsche Orches- von 500.000 Euro und erzielt hierfür aufgrund gestiegener ter- und Musikkultur erreichen. Dafür setzen wir auch mit Immobilienpreise 750.000 Euro. Nach meinem Verständnis unseren Förderprojekten für den Musiker-, Publikums- und müsste dieser Mehrerlös selbstverständlich für die Errei- Dirigentennachwuchs vielfältige Zeichen und Impulse für die chung des Stiftungszwecks eingesetzt werden können. Nach Zukunft. Der außerordentliche Erfolg der Spendenkampagne dem Referentenentwurf könnte man zu der Auffassung ge- #MusikerNothilfe ermutigt uns, ein professionelles Fundrai- langen, dass dieser Mehrerlös zwingend dem Grundstockver- sing aufzubauen – mit dem Ziel, zukünftig jährlich sechsstel- mögen zuzuschlagen ist. Weiterer Punkt: Bereits bestehende lige Spendensummen zu generieren und mit diesen Mitteln Stiftungen könnten erhebliche Probleme bekommen, weil für mehr #MusikerZukunft mit neu zu schaffenden Arbeits- und sie bislang keine Übergangsbestimmungen vorgesehen sind Weiterbildungsstipendien zu ermöglichen. Die bundesweit und sie nach neuem Recht ihre Satzungen auch nicht an die und auch international gewachsene Aufmerksamkeit, die neue Rechtslage anpassen könnten. unsere Stiftung inzwischen genießt, hat bereits dazu geführt, dass sie im Sommer 2020 in zwei Testamenten als Allein- Fazit: Lieber keine Reform des Stiftungsrechts als diese, die erbin eingesetzt wurde. Wir hoffen, dass sich dieser Trend das Stiftungswesen in Deutschland massiv beschädigen weiter fortsetzt. würde. Reform des deutschen Stiftungsrechts Über Gerald Mertens Ich sehe den Referentenentwurf zur Anpassung des Stif- Rechtsanwalt Gerald Mertens ist seit 2001 Geschäftsführer tungsrechts überwiegend kritisch. Es gibt nur wenige positi- der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) und zusätzlich ve Punkte, wie beispielsweise die Einführung eines Stiftungs- seit 2005 Kuratoriumsvorsitzender der Deutschen Orches- registers. Was nützt dieses aber, wenn dort nicht einmal die ter-Stiftung. 16 | Stiftungsbrief
Wissen und Wert Stiftungsbrief | 17
Wissen und Wert „Wenn die Sonne nicht scheint, stehen die Künstler im Regen“ Im März gab Anne-Sophie Mutter einem deutschen Sender ein Interview, in dem sie über die, durch den ersten Lockdown verursachte immense Notlage von Künstlern einging. In diesem Zusammenhang beschrieb sie ihre Situa- tion und die ihrer Kollegen folgendermaßen: „Wenn die Sonne nicht scheint, stehen die Künstler im Regen“. Dieser Satz gab Anlass zum Nachdenken! Ein Artikel von Sonja Conradi Viele Künstlerinnen und Künstler konnten aufgrund der Pan- nicht meine internationale Zielsetzung. Daher gründete ich demie ihren Beruf über eine lange Zeit nicht mehr oder nur die „Anne-Sophie Mutter Stiftung“ und den „Freundeskreis der eingeschränkt ausüben. Dies war Grund genug, die von Frau Anne-Sophie Mutter Stiftung e.V.“, um mit Hilfe dieses Vereins Mutter vor vielen Jahren gegründete „Anne-Sophie Mutter und seiner Mitglieder das erforderliche Stiftungsvermögen zu Stiftung“ – die hochbegabte Nachwuchstalente vielschichtig sammeln. Dies sind zwei juristisch voneinander unabhängige fördert – sowie den dieser Stiftung angeschlossenen Verein Einrichtungen, die satzungsgemäß die gleichen Zwecke ver- „Freundeskreis der Anne-Sophie Mutter-Stiftung, e.V.“ genauer folgen. Die Mitglieder erleben diese Förderung u. a. durch Pri- vorzustellen. In einem Interview beschreibt Frau Mutter den vatkonzerte mit. Auch der Erwerb von Instrumenten und das Anlass der Stiftungsgründung und den dazugehörigen Verein, damit verbundene Ausleihen an die Stipendiaten gehören zu den Stiftungszweck, die Kriterien unter welchen Voraussetzun- unseren Zielsetzungen. Wir agieren weltweit und haben aktu- gen die Stipendiaten gefördert und ausgewählt werden und die elle und ehemalige Stipendiaten aus 14 verschiedenen Län- Tätigkeit ihrer Stiftung in dieser für Künstler so dramatischen dern. Mit unseren Konzertreisen und Tourneen rücken wir ins Zeit. Wir bedanken uns bei Frau Mutter, dass sie sich ausführ- internationale Rampenlicht, erweitern mit diesen Reisen den lich Zeit genommen hat und bei ihrer Assistentin Frau Bette, die Horizont der Musiker und regen mögliche Begegnungen mit im Vorfeld die Koordination für das Interview übernommen hat. lokalen Komponisten oder auch mit Instrumentenbauern an. Bei diesen Tourneen versuche ich immer wieder, neue Talente Frau Mutter, was hat Sie dazu veranlasst, Ihre Stiftung zu zu finden, die dann von der Stiftung und dem Freundeskreis gründen und welchen Zweck verfolgt Ihre Stiftung? Ist sie gefördert werden. Diese Internationalität ist mir sehr wichtig. nur in Deutschland tätig? Meine erste Stiftung, die Rudolf-Eberle-Stiftung, gründete War Ihre Stiftung etwas völlig Neues oder gab es bereits ich in den 80er-Jahren – auch in Erinnerung an Baden-Würt- ähnlich konzipierte Institutionen? tembergs Wirtschaftsminister Rudolf Eberle. Er förderte mich Es gibt Stiftungen, die sich auf den Ankauf und das Verleihen schon früh und war daran beteiligt, dass die erste Stradivari von wertvollen Instrumenten fokussieren. Bei vielen Stiftun- für mich beschafft wurde, die ich später kaufte. Ich habe so- gen werden Instrumente nur für eine gewisse Zeit verliehen. mit selbst erfahren, wie es ist, mit einem außergewöhnlichen Bei uns sind es Leihgaben auf unbestimmte Zeit. Mir ist keine Instrument unterstützt zu werden. Diese Stiftung erfüllte aber Stiftung bekannt, die ein so persönliches Engagement, wie 18 | Stiftungsbrief
Wissen und Wert „Bei diesen Tourneen ver- suche ich immer wieder, neue Talente zu finden, die dann von der Stiftung und dem Freundeskreis gefördert werden.” zum Beispiel die Wahl des Lehrers, die Reisen zu Dirigenten, Dezember gestalteten wir Gottesdienste musikalisch mit und Vorspielen, die Verhandlungen mit Record-Labels, an den Tag riefen zu Spenden auf, etwa für den Corona-Nothilfefonds der legt. Die Vergabe von Kompositionsaufträgen lässt den Verein Deutschen Orchesterstiftung. In manchen Fällen wie in der Musikgeschichte schreiben. Für die Stipendiaten sind diese Thomaskirche in Leipzig gibt es einen eigenen Verein, den wir neuen Werke eine wichtige Chance, das Werkverständnis zu unterstützten, um den Musikern zu ermöglichen, „Gagen“ zu vertiefen, und es ist natürlich eine fantastische Lernplattform. erhalten. Musiker spielten für Musiker, eine notwendige Initia- „Mutter’ Virtuosi“ (Anmerkung der Redaktion: Anne-Sophie tive, die zeigt, dass wir eine Gemeinschaft sind und auf diese Mutter’s exklusives Solisten-Ensemble) ist ein fruchtbarer Weise einen Beitrag für die Gottesdienstbesucher, aber eben Playground auf dem Weg des gemeinsamen Musizierens. Das auch für die ca. 55.000 Musiker, die unverschuldet in eine gro- ist eine echte Masterclass, die andere Stiftungen nicht haben. ße Notsituation geraten sind, leisten können. Ein eigener Not- hilfefonds seitens meiner Stiftung existiert nicht. Wir unter- Hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie der Fokus, d. stützen aber unsere Stipendiaten da, wo Probleme sind. h. etwas am Einsatz Ihrer Fördermittel geändert? Musste Ihre Stiftung andere Schwerpunkte setzen? Gibt es aus Was bedeutet die Corona-Pandemie für Sie beruflich? aktuellem Anlass einen Nothilfefonds Ihrer Stiftung? Empfinden Sie es als Berufsverbot? Wir haben das Glück, 160 treue, der Musik verbundene Mit- Es ist ein Berufsverbot, das auf uns lastet wie ein Leichentuch. glieder im Freundeskreis zu haben, die uns auch in der Krisen- Wir werden mit sämtlichen Freizeiteinrichtungen, Bordellen zeit stark unterstützen. Es gingen viele Spenden ein, die es und Nagelstudios gleichgestellt. Das ist falsch, beleidigend uns ermöglichten, Projekte zu fördern. So gibt es den Kanal und passt nicht zu dem, was Markus Söder 2018 so schön „TALKING CELLO“ von Pablo Ferrández, unserem spanischen formuliert hat: „Ein Staat, der nicht bereit ist, Kunst und Kul- Cello-Stipendiaten. Wir haben auch Hauskonzerte ins Leben tur zu fördern, verliert seine Seele.“ Es ist bitter zu sehen, für gerufen. Man konnte vor dem letzten Lockdown bei diesen wie wenig wichtig für die Seelengesundheit der Menschen Hauskonzerten die Gage an die Künstler überweisen und die Kultur erachtet wird. Nicht spielen zu können ist die Total- dann später ein Hauskonzert einlösen. Diese Konzerte waren amputation. Es ist unentschuldbar seitens der Politik, dass es in der Repertoireerarbeitung, aber auch wegen der derzeit so weit gekommen ist. Jetzt müssen wir wieder den Weg des limitierten menschlichen Kontakte ein wichtiger Fokus. Im totalen Shutdowns gehen. Stiftungsbrief | 19
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