Bulletin 3 - Nuklearforum Schweiz
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Bulletin 3 März 2011 Medienrummel um Mühleberg-Abstimmung Seite 4 Keine Laufzeitbeschränkung in Spanien Seite 13 Niederländische Minderheits- regierung bekennt sich zur Kernenergie Seite 14 Kanada: ACR-1000 besteht Vorabklärungen Seite 21 Erste Konsultativabstimmungen zur Kernenergie Seiten 10 + 11
Inhaltsverzeichnis 2 Editorial 3 Sicherheit und Strahlenschutz 26 Spanische Sicherheitsbehörde Forum 4–9 für Laufzeitverlängerung von Cofrentes 26 Grabenkämpfe gehen weiter – Medienspiegel zur Mühleberg-Abstimmung 4 Wissenschaft und Forschung 26–28 Abschiedsvorlesung von Nachrichten 10–34 Prof. Wolfgang Kröger 26 Der schwachen Kernkraft auf der Spur 27 Politik 10–16 Wissenstransfer zwischen Japan und Polen 28 Entscheid mit Signalwirkung Argentinien und Brasilien bauen im Kanton Bern 10 Forschungsreaktoren 28 Kanton Nidwalden gegen Tiefenlager- standort Wellenberg 11 Fusion 29 Kanton Waadt: Grosser Rat für Ersatz- Plasma-Ausbrüche erfolgreich geschwächt 29 kernkraftwerke und Sachplanverfahren 12 Regierungsrat des Kantons Neuenburg Atomwirtschaft 30–32 gegen neue Kernkraftwerke 12 Polens PGE: Ausschreibungen lanciert 30 Weg frei für längere Laufzeiten in Spanien 13 Baltisches Kernkraftwerk: Niederlande: neues Kernkraftwerk Vertrag für Stromexport 30 bis 2015? 14 Dominion: Serviceaufträge für Areva 30 Finnland: Brennstoffsteuer geplant 15 GEH und Lockheed Martin spannen USA: Repräsentantenhaus von Minnesota zusammen 31 hebt Moratorium auf 16 Indien: EIL arbeitet für Nuklearprojekte der NPCIL 31 Stellungnahmen / Meinungsumfragen 16–17 Vietnam: erster Schritt für USA: grosse Mehrheit unterstützt Machbarkeitsstudie 32 die Kernenergie 16 Energiewirtschaft 32–34 Internationale Zusammenarbeit 17 Unternehmensergebnis der Französisch-saudische Vereinbarung 17 Axpo Holding 2009/10 32 Alpiq: Jahresergebnis 2010 33 Versorgung 17–20 BKW: «gutes» operatives Ergebnis 2010 33 Cameco: Lieferabkommen für finnisches Uran 17 nuklearforum.ch/mehr 34 Japanische Itochu sichert sich usbekisches Uran 18 Interview 35–36 Peninsula versorgt Energieproduzenten Der Tschernobyl-Unfall als historisch mit amerikanischem Uran 18 einmaliges Ereignis 35 Namibia: Uranmine aus Umweltsicht genehmigt 19 Kolumne 37–38 Zeitplananpassung für ACP 19 Keine Einwände gegen Eagle-Rock- Arnolds Wirtschaftsblick 37 Bewilligung in USA 20 Steckdose statt Zapfsäule 37 Wiederaufarbeitung / Entsorgung 20 Hoppla! 39 Babcock gewinnt Entsorgungsauftrag Ein Fingerhut polarisiert 39 in Grossbritannien 20 nuklearforum.ch/mehr 40 Reaktoren / Kernkraftwerke 21–26 Kanada: Auslegungsprüfung für ACR-1000 abgeschlossen 21 AP1000: Reaktorschutzgebäude für sicher befunden 21 Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 USA: Neuzertifizierung des GEH-ABWR zugelassen 22 Türkei: vertiefte Abklärungen vor Ort 23 USA: Nachrüstarbeiten in San Onofre abgeschlossen 24 Neuer modularer Untergrund-Reaktor 24 Mexiko: Abschluss von Modernisierungs- arbeiten in Laguna Verde 25
Editorial 3 Chantal Balet Präsidentin der Fédération romande pour l’énergie (FRE) Wer seinen Hund töten will, sagt, er habe Tollwut Zwischen Trugbildern und Realität ist es Weitere Denkanstösse nicht immer einfach, den Kurs der Vernunft zu halten. Dabei geht es um durchaus ver- Für 2050 wird eine Weltbevölkerung von nünftige Lösungen: den Ersatz der 40% unse- gegen 9 Milliarden erwartet. Mit anderen res Stroms, die in der Schweiz heute aus Worten: Es ist mit 3 Milliarden zusätzlichen Kernenergie produziert werden, wenn unse- Energiekonsumenten zu rechnen. Strom ist re Kraftwerke einst erneuert werden müs- überall und ersetzt nach und nach die fos- sen. Aber wie ein französisches Sprichwort silen Energieträger. Die Welt wird mit gros- sagt: Wer seinen Hund töten will, sagt, er ser Geschwindigkeit elektrifiziert. Deshalb habe Tollwut. Und genau dies tun die funda- stehen unsere Gesellschaften vor der Her- mentalistischen Kernkraftgegner. Aber in- ausforderung, diese stark ansteigende Strom- dem sie nur die Mängel der Kernkraft sehen, nachfrage zu befriedigen und gleichzeitig verlieren sie ihre ganze Glaubwürdigkeit. dem Wirtschaftswachstum und dem Umwelt- Alle Wissenschafter und Ingenieure, die in schutz Rechnung zu tragen. der Kernenergie tätig sind, als unfähig oder gar als Lügner zu bezeichnen, ist vor allem Heute ist die Energieversorgungssicherheit ein Armutszeugnis für die Argumente der eng mit dem Wirtschaftswachstum ver- Gegner. Sicher, wie jede Energiequelle hat knüpft. Die Zeit für günstiges Erdöl ist end- auch die Kernenergie ihre Nachteile, das be- gültig abgelaufen. Die erneuerbaren Ener- streitet niemand. Aber die Vorteile – Zuver- gien werden zwar ausgebaut, reichen aber lässigkeit, Sicherheit, genügend Rohstoff, heute nicht, um genügend Energie zu wirt- Kosten usw. – überwiegen so stark, dass es schaftsverträglichen Preisen zu produzieren. unvernünftig wäre, darauf zu verzichten. 40 Deshalb sind die Versorgungsautonomie und Jahre gute und zuverlässige Dienste unserer die Beherrschung des Energiepreises – ganz Kraftwerke sollten dafür Beweis genug sein. besonders für die Schweiz – wichtige strate- gische Fragen. Aber wir müssen auch die Bevölkerung davon überzeugen, den Trugbildern abzu- schwören. Dafür müssen wir Zahlen und Tat- sachen vorlegen und uns an der täglichen Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 Debatte beteiligen. Wenn sich alle – Produ- zenten, Verteiler und Konsumenten – dafür einsetzen, können wir ein Vertrauensvotum erhalten.
Forum 4 Grabenkämpfe gehen weiter – Medienspiegel zur Mühleberg-Abstimmung Im Vorfeld der Mühleberg-Abstimmung vom 13. Februar 2011 redeten viele von einem Stimmungstest für die nationale Abstimmung zu den Rahmenbewilligungsgesuchen für neue Kernkraftwerke (KKW). Wenn dem wirklich so ist, kann sich die Schweiz auf eine hitzige Debatte einstellen. Die Kernenergie ist bekanntermassen für viele Menschen ein sehr emotionales Thema. Diese Emotionen lassen sich für einen Abstim- mungskampf gezielt schüren und lenken, was einzelne Akteure eindrücklich bewie- sen haben. Dementsprechend hoch gingen die Wogen im Kanton Bern und darüber hinaus. Wie ein Blick auf die Medienberichterstattung in den gut zwei Monaten vor dem Urnengang zeigt, hatten sachliche Argumente oft einen schweren Stand. Es wur- de viel polarisiert und polemisiert und nicht selten rückten Nebenschauplätze und machtpolitische Spiele in den Vordergrund. Der eigentliche «Kampf um Mühleberg» ging Zeitung» sowie dem «Bund» und tags darauf so richtig los, nachdem die Stadt Bern Ende auch «Le Matin Dimanche» die 40-seitige Bro- November 2010 in einer Volksabstimmung schüre «Neue Energie für die Schweiz» bei. den Atomausstieg bis 2039 beschlossen hat- Das Heft – herausgegeben vom Verein Klar- te. Schon im Vorfeld dieser Abstimmung textEnergie und grösstenteils vom Kanton zeichnete sich deutlich ab, dass die Schweiz Basel-Stadt finanziert – pries die Vorzüge in den folgenden Wochen nicht nur zuschau- von Wind, Holz, Photovoltaik und Biomasse en würde. Am 13. November lag dem «Tages- für den Ersatz der Kernenergie. In Bern Anzeiger», der «Basler Zeitung», der «Berner waren, gelinde gesagt, nicht alle von dieser «Einmischung» begeistert. In Basel berief man sich auf das kantonale Atomschutz- gesetz, das zu solchen Massnahmen gegen die Nutzung der Kernenergie verpflichte. Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung «Aus dem städtischen Resultat auf die kanto- nale Abstimmung im Februar 2011 zu schlie- ssen, wäre unseriös.» So wurde Berns Stadt- präsident Alexander Tschäppät am Tag nach der Ausstiegs-Abstimmung unter anderem von der «Aargauer Zeitung» zitiert (Bulletin 12/2010). «Bund»-Redaktor Simon Thönen sah das anders: «Der gestrige Ausstiegsentscheid der Stadt hat in dieser Auseinandersetzung Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 vor allem deshalb Gewicht, weil die Stadt Bern die bedeutendste Nachbargemeinde des AKW-Standorts Mühleberg ist», schrieb er in seinem Kommentar vom 29. November. Die «städtische Anti-AKW-Haltung» sei nun glaub- würdig und die Kantonsbevölkerung solle Unlautere Einmischung? Das Magazin sich überlegen, «ob sie der eigenen Hauptstadt «Neue Energie für die Schweiz». gegen deren Willen für weitere Jahrzehnte ein Foto: cR Kommunikation AKW vor die Stadttore setzen» wolle. Thönen, so legte die «Weltwoche» anfangs Februar 2011
FORUM 5 dar, war in den 1980-ern als Anti-AKW-Akti- vist in leitender Funktion aktiv. Diese Haltung drückte in den meisten seiner Artikel zur Mühleberg-Thematik durch. Am selben Tag wie Thönens Kommentar erschien in der «Schweizer Illustrierten» eine Reportage aus den drei KKW-Standortgemeinden Mühleberg BE, Döttingen AG und Däniken SO mit dem Titel «Ein Kernkraftwerk? Ja, gern!». Der Autor des Artikels war «zu Besuch bei drei Gemein- depräsidenten, die miteinander um die neuen Kernkraftwerke rangeln.» Im Berner Grossen Rat – dem Kantonsparla- ment – wurden während des Abstimmungs- kampfs verschiedene Einmischungsvorwürfe laut. Während die Linke der Mühleberg- Betreiberin BKW FMB Energie AG im Hin- blick auf den 13. Februar am liebsten einen Maulkorb verpasst hätte, kritisierte die bür- gerliche Seite die anti-nuklearen Äusserun- gen des Berner Regierungsrates, allen voran Eckte mit ihren Aussagen vor allem bei bürgerlichen der Energiedirektorin Barbara Egger (SP). Grossräten an: Regierungsrätin und Energiedirektorin Mit einer eigenen Kostenschätzung für ein Barbara Egger-Jenzer, SP. neues KKW goss der Regierungsrat, wohl- Foto: Staatskanzlei Bern gemerkt selbst BKW-Mehrheitsaktionär und mit Barbara Egger im Verwaltungsrat ver- treten, zusätzliches Öl ins Feuer (Bulletin 1/2011). Diese Kostenschätzung war die Ant- auf die Welt kämen als Buben. Anfangs De- wort auf eine Interpellation von EVP-Gross- zember berichtete die Wissenschaftssendung rat Josef Jenni. Die «Berner Zeitung» bezeich- «Einstein» des Schweizer Fernsehens (SF) da- nete die Interpellation Mitte Dezember 2010 rüber und liess unter anderem einen der Ver- als «Steilvorlage [an den Regierungsrat], um fasser zu Wort kommen. Das Bundesamt für aufzuzeigen, welche finanziellen Risiken Gesundheit wollte keine Stellung nehmen, sich der Kanton Bern mit dem Bau eines da die Studie noch nicht von der Wissen- neuen AKW aufhalsen würde.» Gleichzeitig schaft geprüft und anerkannt sei. Eine noch wies der BZ-Redaktor auf die fragwürdigen fragwürdigere Studie tauchte in der letzten Quellen und Experten für die Kostenschät- Woche vor der Abstimmung in Form einer zung der Regierung hin. Diese und andere Masterarbeit an der Universität Bern auf. Mit wenig konstruktive und zermürbende Que- Unterstützung des Immobilienberatungs- relen zwischen Regierungsrat und Grossem unternehmens seines Professors hatte ein Rat sowie innerhalb der grossen Kammer Student herausgefunden, dass die Nähe zu Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 sollten vor allem die Berner Tageszeitungen einem KKW die Immobilienpreise negativ aber auch andere Medien bis in die letzte beeinflusst. Dieser Einfluss sei bei einem Woche vor der Abstimmung beschäftigen. leistungsstärkeren Werk wie Leibstadt grös- ser als bei einem kleineren wie Mühleberg, Fragwürdige Wissenschaft und was die «Berner Zeitung» am 10. Dezember Möchtegern-Ständeräte als «politisch brisant» bezeichnete. Die Erklä- rung dafür lieferte im gleichen Artikel der Im Dezember wurde eine «Studie» umherge- betreuende Professor: «Offenbar hat die Be- reicht, die bewiesen haben wollte, dass im völkerung mehr Respekt vor einem grossen Umfeld von KKW deutlich weniger Mädchen AKW als vor einem kleinen.» ➜
FORUM 6 Am 13. Februar stimmte Bern nicht nur über Gruppe Neue Energie Bern zusammenge- Mühleberg ab, es war auch noch ein Stände- schlossen hätten. Ihr Motto: Würde die ratssitz zu vergeben. Da war es nichts als Schweiz die Solarbranche gleich stark för- logisch, dass die Kandidatinnen und Kandi- dern wie Deutschland, könnte man Mühle- daten auch an ihrer Haltung zur Kernenergie berg allemal ersetzen. Im gleichen Artikel gemessen wurden. Am 13. Dezember titelte musste BKW-Sprecher Antonio Sommavilla beispielsweise die «Berner Zeitung»: «Berni- die «Informationszeitung» zur Energieversor- sche EVP schickt AKW-Gegner Marc Jost ins gung der BKW rechtfertigen. Gleichentags Rennen». Dass ein EVP-Vertreter gegen neue äusserte sich auch der schon erwähnte KKW ist, überrascht wenig, und auch seine Simon Thönen im «Bund» zur KKW-Thema- Konkurrenz hielt sich in dieser Frage ans tik. Unter dem Titel «Der Lösungsmix der jeweilige Parteiprogramm. Die zeitliche Ver- AKW-Gegner» liess er Gegner und Befürwor- knüpfung der Mühlebergfrage mit der ter zu Wort kommen. Der Artikel endete mit Ständeratsersatzwahl ermöglichte aber den dem Fazit einer Studie der Beratungsfirmen Kandidierenden den einen oder anderen zu- Infras und TNC Consulting: «Es gibt Möglich- sätzlichen Wahlkampfauftritt an Podiums- keiten für eine Stromversorgung ohne AKW, diskussionen. doch sie sind in der Energiepolitik bisher nicht eingeplant.» Dazu fehle der politische Befürworter in der Defensive Wille. Kurz vor Weihnachten einigten sich die Am 10. Januar beschrieb die «Berner Zei- Stromversorger und KKW-Projektanten tung», wie sowohl Gegner als auch Befür- Alpiq, Axpo und BKW und beschlossen, eine worter der Kernenergie die Ängste der gemeinsame Planungsgesellschaft für alle Stimmbürger schürten – die einen mit drei Projekte zu gründen (Bulletin 1/2011). Tschernobyl-Horrorszenarien, die anderen Während die Unternehmen von einem «Mei- mit der drohenden Stromlücke. In der glei- lenstein» sprachen, tat die Gegnerschaft die chen Ausgabe erfuhr die Leserschaft, dass an Meldung geschlossen als «AKW-Propaganda» den Weltcup-Skirennen in Adelboden Flyer ab. mit dem Slogan «Aus YB zu Bern, nein zum AKW Mühleberg» verteilt wurden. Beim Ber- «Der Bund» vermeldete am 6. Januar 2011, ner Fussballklub Young Boys (YB) wusste dass sich rund 50 Unternehmer, die sich man nichts von dieser Anlehnung an die nach eigenen Angaben für erneuerbare Ener- eigene Kampagne. Den lautesten Vorwurf gien und Energieeffizienz engagieren, zur der unlauteren Propaganda musste sich Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 Keine Überraschungen von den Ständeratskandidaten: Christa Markwalder (FDP) und Adrian Amstutz (SVP) sind für neue KKW, Ursula Wyss (SP) und Marc Jost (EVP) dagegen. Fotos: Parlamentsdienste Bern /Staatskanzlei Bern
FORUM 7 indes am gleichen Tag erneut die BKW an- hören. Grund dafür war die Mitteilung der BKW, dass sie aufgrund des zunehmenden Widerstands und schleppender Verfahren ihre Windenergie-Ausbauziele für die Schweiz drastisch nach unten korrigieren müsse. Darüber berichteten neben der «Tagesschau» des SF auch die «Berner Zei- tung», die «Handelszeitung» und verschie- denste Blogs. Zwei Tage später lieferte «Der Bund» einen Bericht aus der Standortgemein- de Mühleberg («Keine Angst vor einem neu- en AKW») und einen Artikel über die Nach- bargemeinden von Mühleberg («Auch um- liegende Gemeinden wollen profitieren»). Wie als Gegengewicht dazu betitelte Simon Thönen seinen Bericht aus der Stadtberner Politik mit «Die wichtigste Nachbargemeinde ist antinuklear». Skandale und Scharmützel Eines von vielen: Anti-Mühleberg- Am 16. Januar kam der grosse «Zwischen- Plakat des Komitees «Nein zum neuen lager-Skandal» auf. Die «Sonntagszeitung» AKW Mühleberg». berichtete über Pläne der BKW, neben einem Foto: Komitee «Nein zum neuen AKW Mühleberg» neuen KKW ein Zwischenlager für radio- aktive Abfälle zu bauen. So weit so gut – schliesslich sind Zwischenlager an KKW- Standorten durchaus üblich. Dass sich die über die Reaktionen verschiedener, vor al- BKW diese Option auch offenhalten will, lem bürgerlicher Grossräte. In der gleichen war in den Unterlagen zum Rahmenbewilli- Ausgabe kommentierte Sarah Nowotny, de- gungsgesuch schon länger öffentlich einseh- ren Tonalität bei Berichten zum Thema bar. So hatte die Zeitschrift «Beobachter» Kernenergie der ihres Kollegen Thönen je- Ende Dezember darüber berichtet. Der an- weils in nichts nachstand, die Stellungnah- gebliche «Skandal» bestand darin, dass das me Eggers als «Keine Manipulation in letzter Zwischenlager in den Abstimmungsunter- Minute». Den Maulkorb, den bürgerliche lagen nicht erwähnt wurde – am Folgetag Grossräte ihrer Energiedirektorin gerne ver- weit verbreitet von «Blick» über «20 Minuten» passt hätten, erhielten indes Greenpeace bis «Berner Zeitung» und «Tages-Anzeiger». und Alpiq vom Bundesamt für Kommunika- Ein grosser Aufschrei ging einen knappen tion (Bakom). Laut «Beobachter» vom 18. Ja- Monat vor der Abstimmung durch die linken nuar hielt das Bakom die TV-Spots beider und grünen Reihen des Kantonsparlaments. Organisationen für politische Werbung und Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 Einzelne Politiker drohten gar mit einer verbot deswegen ihre Ausstrahlung im Fern- Stimmrechtsbeschwerde. sehen. Dank zahlreicher Websites musste die Öffentlichkeit trotzdem nicht auf die Es dauerte nur zwei Tage, bis die bürgerli- Filme verzichten. chen Grossräte ihrerseits einen Grund zum Aufbegehren geliefert erhielten, und zwar Im letzten Monat vor dem 13. Februar wurde in Form von klar anti-nuklearen Äusserun- nicht nur fast täglich über Scharmützel zwi- gen von Regierungsrätin Barbara Egger. schen Gross- und Regierungsräten berichtet, «Mühleberg: Harsche Kritik an der Regie- es häuften sich auch Meldungen über Komi- rung» betitelte «Der Bund» seinen Bericht tees verschiedenster Couleur, die sich für
FORUM 8 Stein des Anstosses: Inserat der Mühleberg-Befürworter mit alt Bundesrat Moritz Leuenberger. Foto: Komitee «Ja zu Mühleberg» oder gegen die Kernenergie einsetzten. Ne- Medienecho blieb indes relativ gering: ben jeder Lokalpartei, die Stellung bezog, «Mühleberg I: BKW verschleierte Über- gab es Touristiker aus dem Berner Oberland, flutungsgefahr» titelte Simon Thönen im die Atomstrom zwar nicht «sexy» fänden, «Bund». aber «keine valable Alternative» sähen («Ber- ner Zeitung», 15. Januar 2011), oder Bauern, Am 26. Januar durften in der SF-Sendung die um ihre Einnahmen aus erneuerbaren «Rundschau» Nationalrat und Kernenergie- Energien fürchteten und deshalb gegen KKW befürworter Christian Wasserfallen und Jürg weibelten («Schweizer Bauer», 19. Januar Buri, Geschäftsführer der Schweizerischen 2011). Ärztinnen und Ärzte sowie Unterneh- Energiestiftung, die Klingen kreuzen. Tags mer äusserten sich hüben wie drüben. darauf rechnete die «Weltwoche» unter dem Titel «Grünes Horrorszenario» vor, was Buri PR-Gags und Wikileaks-Methoden in der Sendung nicht ausführen konnte: dass es «600 Riesenwindräder» mit einer Mast- Der ganz grosse Coup in Sachen Publicity höhe von 98 m und einem Rotordurchmesser gelang am 23. Januar der Solarfirma Mega- von 82 m bräuchte, um auf das KKW Mühle- sol. Sie bot der BKW an, für die 13 Milliar- berg verzichten zu können. Der 31. Januar den Franken, die ein neues KKW laut Mega- war der Tag der Leitartikel für die Berner sol kosten könnte, Solarpanels auf Hundert- Tageszeitungen. Während sich Michael Hug, tausenden von Hausdächern zu installieren. Chefredaktor der «Berner Zeitung», auf den So brauche es kein neues KKW in Mühle- Standpunkt «Ein Nein zu Mühleberg bringt Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 berg. Diese Offerte wurde von der «Sonn- ausser Symbolik nichts» stellte, war die tagszeitung» und etlichen anderen Print- und «Bund»-Redaktion uneins, sodass beide Online-Medien aufgegriffen. Zwei Tage spä- Standpunkte vertreten wurden. ter langte auch die Gruppe Fokus Anti-Atom ziemlich tief in die Trickkiste und veröffent- Vorwürfe in der Schlussphase lichte BKW-internen Mailverkehr. Dieser deckte angeblich auf, dass die BKW den Am 1. Februar regten sich verschiedene Aarberger Gemeindebehörden bewusst Akteure über ein Plakat der Befürworter mit Sicherheitsmängel verschwiegen habe. Das einem Bild von Moritz Leuenberger und
FORUM 9 einem pro-nuklearen Zitat aus seiner Zeit als vom 10. Februar hielten Stadt und EWB sich Energieminister auf. Der Betroffene selbst zurück und wollten nach der Abstimmung zeigte sich «not amused», gab jedoch an, auf auf die Vorwürfe zurückkommen. rechtliche Schritte zu verzichten. Davide Scruzzi kommentierte den Sachverhalt in der Diese Aufzählung von Artikeln und Meldun- «NZZ» folgendermassen: «Vielleicht ist aber gen ist mitnichten vollständig. Neben zahl- Moritz Leuenberger ohnehin bald froh um reichen weiteren Medienberichten waren eine kleine AKW-freundliche Zitatsammlung auch unzählige Leserbriefe von Befürwor- – falls ‹sein› Unternehmen Implenia dereinst tern wie Gegnern erschienen. Wenn diese um Bauaufträge für neue AKW buhlt.» Meinungsäusserungen und das Berner Ab- stimmungsresultat wirklich als Stimmungs- Die letzte Woche vor der Abstimmung blieb barometer für das nationale Referendum zu – was die Medien anbelangt – relativ ruhig. den hängigen Rahmenbewilligungsgesuchen Einzig der Vorwurf von Greenpeace, die Be- taugen, bedeutet das vor allem eines: Die fürworter würden mittels Plakaten und Inse- Gegner der Kernenergie mögen – heute – raten Falschinformationen über den CO2- zahlenmässig knapp in der Unterzahl sein. Ausstoss des unter anderem mit Erdgas be- Doch sie verstehen es sehr gut, sich in Szene feuerten neuen Stadtberner Heizkraftwerks zu setzen und ihren Stimmen Gehör zu ver- Forsthaus verbreiten, sorgte nochmals für schaffen. (M. Re.) eine Schlagzeile. Laut der «Berner Zeitung» Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011
Nachrichten 10 Entscheid mit Signalwirkung BKW erfreut im Kanton Bern Die BKW FMB Energie AG (BKW) – die Be- treiberin des Kernkraftwerks Mühleberg – Am 13. Februar 2011 waren die Stimmbe- nahm das Abstimmungsresultat mit Befriedi- rechtigten des Kantons Bern aufgerufen, gung zur Kenntnis. «Diese Zustimmung sich in einer Konsultativabstimmung zur stärkt sowohl den Standort Mühleberg als positiven Stellungnahme des Kantons auch die BKW, die auf einen technologisch zum Ersatz des Kernkraftwerks Mühle- diversifizierten, nahezu CO2-freien Produk- Politik berg zu äussern. 51,2% der Stimmenden tionspark und einen hohen Versorgungs- sprachen sich für ein Ersatzkernkraft- standard setzt. Sie trägt der Tatsache Rech- werk aus. Die Stimmbeteiligung betrug nung, dass der Standort Mühleberg eine 51,7%. wichtige Rolle für die Stromversorgung des Grossraums Bern, der Nordwest- und der Mit der Zustimmung der Stimmberechtigten Westschweiz spielt», erklärte das Unterneh- wird der rot-grüne Regierungsrat nun den men. Bundesbehörden mitteilen, der Berner Sou- verän sei für den Ersatz des Kernkraftwerks Uvek: Abstimmungswillen wird Mühleberg. mitberücksichtigt Das Berner Kantonsparlament – der Grosse Die Energiekonzerne Alpiq, Axpo und BKW Rat – hatte sich im Sommer 2010 dafür aus- planen als Ersatz für bisherige Anlagen zwei gesprochen, dass sich die Berner Regierung neue Kernkraftwerke (Bulletin 1/2011). Für in der Vernehmlassung der Bundesbehörde die beiden Anlagen stehen die drei Standorte positiv zum Ersatzkernkraftwerk Mühleberg Beznau (AG), Mühleberg (BE) und Niederamt äussert. Daraufhin beantragte der Regie- (SO) zur Diskussion. Ab Mitte Jahr erfolgt die rungsrat, die Stellungnahme dem Referen- öffentliche Auflage aller Unterlagen zu den dum zu unterstellen, was der Grosse Rat bil- drei Rahmenbewilligungsgesuchen für Er- ligte (Bulletin 7/2010). satzkernkraftwerke. Der Bundesrat wird un- ter Würdigung aller Stellungnahmen, Ein- sprachen und Einwendungen voraussichtlich Mitte 2012 über die Rahmenbewilligungsge- suche entscheiden und dem Parlament eine entsprechende Botschaft unterbreiten, schreibt das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika- tion (Uvek) in einer Stellungnahme. Dabei würden selbstverständlich auch die in Volks- abstimmungen gemachten Meinungsäusse- rungen der Bevölkerung aus betroffenen Kantonen mitberücksichtigt. Der Entscheid des Parlaments unterliegt schliesslich dem Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 fakultativen Referendum. Eine allfällige Referendumsabstimmung zu den Rahmen- bewilligungsgesuchen für Ersatzkernkraft- werke kann laut Uvek voraussichtlich Ende Die Stimmberechtigten des Kantons Bern haben die 2013/Anfang 2014 stattfinden. (M. A. nach kantonale Stellungnahme, die ein Ersatzkernkraftwerk Staatskanzlei des Kantons Bern, Abstim- am Standort Mühleberg befürwortet, in der Volks- mungsresultate, und BKW, Medienmittei- abstimmung vom 13. Februar 2011 gutgeheissen. lung, sowie Uvek, Stellungnahme zum Ab- Foto: BKW stimmungsresultat im Kanton Bern, 13. Feb- ruar 2011)
NACHRICHTEN 11 Kanton Nidwalden Sicherheitsaspekt bilde dabei ein zentrales gegen Tiefenlagerstandort Kriterium, so das Eidgenössische Depar- Wellenberg tement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) in einer Stellung- nahme. Das Stimmvolk des Kantons Nidwalden hat sich am 13. Februar 2011 klar gegen In Etappe 2 werden die Standortgebiete si- ein mögliches Tiefenlager für schwach- cherheitstechnisch weiter und vertieft unter- und mittelaktive Abfälle am Standort sucht. Am Ende der Etappe 2 findet eine Ein- Politik Wellenberg ausgesprochen. Es hiess eine engung auf mindestens zwei Standorte pro entsprechende Stellungnahme des Regie- Abfallkategorie (schwach- und mittelaktive rungsrats an den Bundesrat gut. sowie hochaktive Abfälle) statt. Die Stellungnahme des Nidwaldner Regie- Volksabstimmung voraussichtlich 2020 rungsrats verlangt, dass der Wellenberg aus der Liste der möglichen Tiefenlager-Stand- In Etappe 3 erfolgt die definitive Standort- orte für schwach- und mittelaktive Abfälle wahl und das Rahmenbewilligungsverfah- zu streichen ist. Mit 79,74% Ja-Stimmen bei ren wird eingeleitet. Der Bundesrat wird einer Stimmbeteiligung von 50,76% haben dann über die Rahmenbewilligungsgesuche die Stimmberechtigten diese Vernehmlas- entscheiden und dem Parlament eine ent- sungsantwort unterstützt. Der Regierungsrat sprechende Botschaft unterbreiten. Dabei hatte sie dem Bundesrat bereits am 30. No- würden selbstverständlich auch die in vember 2010 unter dem Vorbehalt der Volksabstimmungen gemachten Meinungs- Zustimmung der Stimmbürgerinnen und äusserungen der Bevölkerung aus betroffe- Stimmbürger eingereicht. Gemäss Kantons- nen Kantonen mitberücksichtigt, erklärte das verfassung ist die Verabschiedung von Ver- Uvek. Der Entscheid des Parlaments unter- nehmlassungen des Regierungsrates zuhan- liegt dem fakultativen Referendum. Eine all- den des Bundes der obligatorischen Volks- fällige Referendumsabstimmung zu den Rah- abstimmung unterstellt, soweit sie sich auf menbewilligungsgesuchen für geologische «Atomanlagen, insbesondere Lagerstätten Tiefenlager könnte voraussichtlich um das für radioaktive Abfälle und sie vorbereiten- Jahr 2020 stattfinden. Ziel sei es, im Jahr de Handlungen auf dem Gebiet des Kan- 2030 ein Lager für schwach- und mittelaktive tons» beziehen. Laut der Nidwaldner Regie- Abfälle und 2040 ein Lager für hochaktive rung hat sich die Bevölkerung nun bereits Abfälle in Betrieb zu nehmen. viermal gegen Vorbereitungshandlungen für ein geologisches Tiefenlager im Wellenberg Im September 2010 hatte sich das Nidwald- ausgesprochen. ner Stimmvolk deutlich gegen den schritt- weisen Ausstieg aus der Kernenergie ausge- Erster Meilenstein im Herbst 2011 sprochen (Bulletin 10/2010). (M. A. nach Staatskanzlei des Kantons Nidwalden, Medi- Der Bundesrat wird voraussichtlich noch die- enmitteilung, und Uvek, Stellungnahme zum sen Herbst entscheiden, für welche der vor- Abstimmungsresultat im Kanton Nidwalden, Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 geschlagenen sechs Standorte Bözberg (AG), 13. Februar 2011) Jura-Südfuss (SO/AG), Nördlich Lägeren (AG und ZH), Südranden (SH), Wellenberg (NW) und Zürich Nord-Ost/Zürcher Weinland (ZH und TG) die Evaluation fortgesetzt wird und welche ausscheiden (Bulletin 6/2010). Der
NACHRICHTEN 12 Kanton Waadt: Grosser Rat Regierungsrat des Kantons für Ersatzkernkraftwerke und Neuenburg gegen neue Sachplanverfahren Kernkraftwerke Der Grosse Rat – das Kantonsparlament In einem Bericht zuhanden des Grossen – des Kantons Waadt empfiehlt seinem Rats – dem Kantonsparlament – zu den Stimmvolk, an der Konsultativabstim- Rahmenbewilligungen für Ersatzkern- mung vom 15. Mai 2011 die positiven Stel- kraftwerke spricht sich die Regierung Politik lungnahmen zu den Rahmenbewilli- des Kantons Neuenburg gegen Neubauten gungsgesuchen für Ersatzkernkraftwerke aus. Jedoch ist sie mit dem Verfahren des und zum Sachplanverfahren Tiefenlager Bundes zum Sachplanverfahren Tiefen- Etappe 1 zu unterstützen. lager Etappe 1 und dessen Resultaten ein- verstanden. An den Schlussabstimmungen vom 22. Feb- ruar 2011 sprach sich der Grosse Rat des Die Regierung des Kantons Neuenburg will Kantons Waadt für die Ersatzkernkraftwerke auf erneuerbare Energien und Gaskraft- an den Standorten Beznau, Mühleberg und werke setzen und empfiehlt dem Kantons- Niederamt aus und hiess auch das Sachplan- parlament in einem Bericht, Ersatzkernkraft- verfahren für Tiefenlager gut. Damit schloss werke abzulehnen. Sie schlägt weiter vor, sich der Grosse Rat der Mehrheit des Regie- dem Verfahren des Bundes zum Sachplan rungsrats doch noch an. In der ersten Lesung geologische Tiefenlager zuzustimmen. Der eine Woche früher hatte der Grosse Rat die Sicherheit sei oberste Priorität zu geben. Der Ersatzkernkraftwerke Niederamt und Mühle- Bericht der Regierung ist die Grundlage ei- berg sehr knapp angenommen, Beznau und nes Dekrets, das als Vernehmlassungsant- das Sachplanverfahren ebenso knapp abge- wort zu den Rahmenbewilligungsgesuchen lehnt. für Ersatzkernkraftwerke und zum Sachplan- verfahren geologische Tiefenlager dient. Wie Das Ersatzkernkraftwerk Beznau wurde mit es die Neuenburger Verfassung vorschreibe, 70 Ja-Stimmen zu 49 Nein-Stimmen und 24 entscheide der Grosse Rat über die Haltung Enthaltungen angenommen, dasjenige von des Kantons, hält die Neuenburger Regie- Mühleberg mit 71 Ja-Stimmen zu 41 Nein- rung in einer Medienmitteilung vom 14. Feb- Stimmen bei 31 Enthaltungen und dasjenige ruar 2011 fest. Das Dekret untersteht dem von Niederamt mit 70 Ja-Stimmen zu 54 fakultativen Referendum. Nein-Stimmen bei 20 Enthaltungen. Die po- sitive Stellungnahme für die erste Etappe das Für drei bis vier Gaskraftwerke anstelle Sachplanverfahrens für Tiefenlager hiess der von Kernkraftwerken Grosse Rat mit 72 Ja-Stimmen zu 33 Nein- Stimmen bei 36 Enthaltungen gut. Laut dem Regierungsrat wird anlässlich der nächsten Revision des kantonalen Energiege- Im Kanton Waadt unterliegen sämtliche Fra- setzes Artikel 1 dahingehend ergänzt, dass gen zum Thema Kernenergie laut Verfassung eines der Ziele des Gesetzes die Verringe- Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 dem obligatorischen Referendum. Die Ab- rung des Energieverbrauchs hin zu einer stimmung, die konsultativen Charakter hat, 2000-Watt-Gesellschaft darstellt. Dieses wird am 15. Mai 2011 stattfinden. (M. A. nach langfristige Ziel sei in der Vernehmlassung Grossem Rat des Kantons Waadt, Sitzungs- der Gesetzesrevision stark unterstützt wor- protokoll, 22. Februar 2011) den. Der Regierungsrat sei sich allerdings dessen bewusst, dass bis 2020 eine Versor- gungslücke entstehen könnte. Um dieser zu begegnen, schlägt er entsprechend dem Szenario 1, Variante C «fossil-zentral» der
NACHRICHTEN 13 Energieperspektiven 2035 des Bundes den Bau von drei bis vier Gaskraftwerken vor (Bulletin 3/2007). Eines davon könnte in der Region Entre-deux-Lacs zu stehen kommen. (M. A. nach Staatskanzlei des Kantons Neuen- burg, Medienmitteilung, 14. Februar, und Bericht, 8. Februar 2011) Politik Weg frei für längere Laufzeiten in Spanien Das spanische Abgeordnetenhaus hat am 15. Februar 2011 den Gesetzentwurf für eine nachhaltige Wirtschaft definitiv gut- Bei der Beratung des Gesetzentwurfs für eine nachhal- geheissen. Der Artikel, der eine Laufzeit- tige Wirtschaft hat das spanische Abgeordnetenhaus – beschränkung für spanische Kernkraft- wie der Senat zuvor – einen Artikel, der die Betriebszeit werke auf 40 Jahre verlangte, wurde – wie der spanischen Kernkraftwerke auf maximal 40 Jahre vom Senat vorgeschlagen – gestrichen. begrenzen wollte, gestrichen. Nun kann das Gesetz in Kraft treten. Foto: Congreso de los Diputados Nach dem Senat hiess auch das Abgeordne- tenhaus das Gesetz für eine nachhaltige Wirtschaft gut. Es soll als Grundlage für ein Erfreute Nuklearindustrie nachhaltigeres Entwicklungs- und Wachs- tumsmodell der Wirtschaft dienen. Der Das Foro de la Industria Nuclear Española Senat hatte während seiner Beratung einen und das Foratom, die Dachorganisation der Artikel, der die Betriebszeit der spanischen europäischen Atomforen, zeigten sich erfreut. Kernkraftwerke auf maximal 40 Jahre be- In einer Stellungnahme betonte das Foro grenzen wollte, aus dem Gesetzesvorschlag Nuclear, es sei nun entscheidend, eine umfas- entfernt. Die Streichung war von der sozialis- sende Energievereinbarung mit dem Konsens tischen Arbeiterpartei, der rechts-konservati- aller politischen Kräfte zu erreichen, die sich ven Volkspartei, vom katalanischen bürger- auf die drei Pfeiler Sicherheit, Wettbewerbs- lich-liberalen Parteienbündnis und den bas- fähigkeit und Nachhaltigkeit stütze. Santiago kisch-bürgerlichen Nationalisten unterstützt San Antonio, Generaldirektor des Foratom, worden. Das Abgeordnetenhaus schloss sich meinte: «Wir begrüssen den Entscheid der mit 334 Ja-Stimmen zu 10 Nein-Stimmen und spanischen Regierung, der ähnliche Entwick- ohne Enthaltung der Streichung an. Das lungen quer durch Europa widerspiegelt. In Gesetz tritt in Kraft, sobald es im Amtsblatt der Tat hat eine zunehmende Anzahl euro- veröffentlicht worden ist. päischer Länder beschlossen, entweder die Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 Betriebszeit ihrer Kernkraftwerke zu ver- Dass Kernkraftwerke in Spanien höchstens längern oder neue zu bauen. Dies zeigt klar 40 Jahre in Betrieb bleiben dürfen, hatte Mi- auf, dass die Kernenergie als effektives und nisterpräsident José Luis Rodriguez Zapatero bedeutendes Mittel betrachtet wird, zu den in einem Gesetz festschreiben wollen, als er CO2-armen Wirtschaftszielen Europas beizu- entschied, die Betriebsbewilligung des Kern- tragen.» (M. A. nach spanischer Regierung kraftwerks Santa María de Garoña nicht über und Congreso de los Diputados, Medien- das Jahr 2013 hinaus zu verlängern (Bulletin mitteilungen, 15. Februar, sowie Foro de la 7/2009). Zuvor kannte Spanien keine Lauf- Industria Nuclear Española und Foratom, zeitbeschränkungen. Medienmitteilungen, 16. Februar 2011)
NACHRICHTEN 14 Niederlande: neues Kernkraft- Bedingungen für Neubau werk bis 2015? Im Schreiben an das Parlament zählt die Re- gierung die Auflagen auf, denen ein neues Der Bau eines neuen Kernkraftwerks in Kernkraftwerk in den Niederlanden genügen den Niederlanden könnte um das Jahr muss. Dies sind unter anderem: 2015 beginnen, schreibt der stellvertre- tende Ministerpräsident und Minister für • Die Auslegung muss der modernsten Tech- Wirtschaft, Landwirtschaft und Innova- nologie entsprechen (dritte Reaktorgenera- Politik tion, Maxime Verhagen, in einem Brief tion). vom 11. Februar 2011 an das Parlament, • Die Anforderungen an die Sicherheit sind den das Kabinett genehmigt hatte. Vor- sehr streng. Dazu gehört, dass die Wahr- aussetzung seien strenge Sicherheits- und scheinlichkeit eines Unfalls mit Kern- Unterhaltsauflagen. schmelze weniger als einmal in einer Mil- lion Jahre beträgt. Die Kernenergie sei zuverlässig, kostengüns- • Betreiber neuer Kraftwerke finanzieren tig und helfe bei der Bekämpfung des Klima- mit einem Fonds die Forschung im Bereich wandels. Deshalb hält sie die Regierung für radioaktive Abfälle und Endlagerung. eine logische Wahl im Übergang zu erneuer- • Betreiber tragen die Kosten für Bau, Abfall- baren Energien, steht in einer Medienmittei- entsorgung, Stilllegung und Haftung. lung des Wirtschaftsministeriums. • Damit ein neues Kernkraftwerk den Be- trieb aufnehmen kann, müssen alle ent- Verhagen sagte vor dem Parlament, er rechne sprechenden Konventionen und Gesetze bis zum Ende kommenden Jahres mit Bauge- eingehalten werden. suchen für ein oder zwei neue Kernkraft- werkseinheiten. Deshalb werde er umgehend Koalitionsvertrag: Kernenergie anfangen, in seinem Ministerium Know-how ausbauen für den Genehmigungsprozess aufzubauen, «denn ich will die Genehmigung noch in der Seit Mitte Oktober 2010 regiert eine Minder- laufenden Legislaturperiode erteilen.» Das heitskoalition aus der rechtsliberalen Volks- wäre bis 2015. partei für Freiheit und Demokratie (VVD) und dem Christdemokratischen Appell (CDA) unter Premierminister Mark Rutte die Nie- derlande. Am 30. September 2010 hatte sie sich auf eine Regierungsvereinbarung mit dem Titel «Freiheit und Verantwortung» ge- einigt. Laut dem Koalitionsvertrag müssen die Niederlande in Bezug auf die Energiever- sorgung ihre Abhängigkeit von anderen Län- dern, hohen Preisen und umweltschädlichen Energieträgern verringern. Die Energiever- sorgungssicherheit müsse erhöht werden Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 und die Renditemöglichkeiten auf dem Ener- giemarkt würden stärker ins Blickfeld ge- rückt. In Bezug auf nachhaltige Energiever- sorgung seien die auf europäischer Ebene angestrebten Ziele massgeblich: eine Redu- Nach dem Willen der niederländischen Regierung soll zierung der CO2-Emissionen um 20% und die am bestehenden Standort Borssele bald ein neues Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Ener- Kernkraftwerk gebaut werden. gien auf 14% bis 2020. Um die angestrebte Foto: Minister-president@flickr.com CO2-Reduktion zu erreichen und die Abhän- gigkeit bei der Energieversorgung zu verrin-
NACHRICHTEN 15 gern, muss die Nutzung der Kernkraft aus- Die Autoren stellen in ihrem Bericht zwei gebaut werden, heisst es weiter. Geneh- Steuermodelle vor, die beide den Gewinn migungsanträge für den Bau neuer der Kernkraftwerksbetreiber aus dem Kernkraftwerke, die den Anforderungen ge- Verkauf von CO2-Emissionszertifikaten in nügen, würden bewilligt. Unterirdische CO2- Betracht ziehen. Laut Ministerium würden Speicherung sei möglich, sofern strenge solche sogenannte Marktlagengewinne je Sicherheitsanforderungen eingehalten wür- nach gewähltem Modell zu 43 – 45% be- den und es hinreichenden Rückhalt in der steuert. örtlichen Bevölkerung gebe. Diese Frage Politik werde allerdings erst aktuell, wenn die Steuereinnahmen in Millionenhöhe Genehmigung für ein neues Kernkraftwerk erteilt worden sei. Im Minimalsteuermodell würde die Brenn- stoffsteuer 44,5% des Marktpreises für CO2- Zwei Bauvorhaben am Standort Borssele Emissionsrechte betragen. Der angewendete Referenzpreis entspricht dem mittleren Preis Die niederländischen Versorgungsunterneh- des Jahres 2010 von EUR 15 (CHF 19) je Ton- men Delta NV und Energy Resources Hol- ne CO2, aber die Steuer würde mindestens ding (ERH) beabsichtigen – unabhängig von- EUR 2 (CHF 2,6) je MWh betragen. Damit einander – am bestehenden Standort Borsse- würde die Steuer zumindest EUR 67 Mio. le in der Provinz Zeeland im Südwesten der (CHF 87 Mio.) im Jahr einbringen. Steigt der Niederlande ein neues Kernkraftwerk zu Emissionszertifikatspreis auf EUR 30 je Ton- bauen (Bulletins 7/2009 und 10/2010). Sie ne, so würde die Steuer auf EUR 6,7 (CHF haben beide mit dem Einreichen einer soge- 8,7) pro MWh anwachsen und jährlich EUR nannten Startnotiz das Bewilligungsverfah- 223 Mio. (CHF 290 Mio.) generieren. ren eingeleitet. (M. A. nach Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft und Innovation, Im flexiblen Steuermodell würde die Brenn- Medienmitteilung, 11. Februar 2011, und stoffsteuer EUR 1,7 (CHF 2,2) je MWh plus Koalitionsvertrag zwischen CDA und VVD, 30% des Marktlagengewinns betragen. Ein 30. September 2010) Emissionszertifikatspreis von EUR 15 je Ton- ne CO2 würde EUR 57 Mio. (CHF 74 Mio.) einbringen. Bei einem Preis von EUR 30 je Tonne ergäben sich Steuereinnahmen von Finnland: Brennstoffsteuer jährlich EUR 207 Mio. (CHF 270 Mio.). Sollte geplant bei diesem Modell der Emissionshandels- preis unter EUR 9,3 (CHF 12) pro Tonne CO2 fallen, so würde sich eine «negative» Steuer Die finnische Regierung denkt über die ergeben, die an «positive» Steuereinnahmen Einführung einer Brennstoffsteuer auf späterer Jahre angerechnet werden könnte. Uran nach. Die Steuer könnte jährlich Millionen einbringen, meldete das Minis- Finnische Industrie nicht gefährden try of Employment and the Economy (MEE). Laut Bericht wäre selbst eine «moderate» Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 Brennstoffsteuer unter den gegenwärtigen Am 4. Februar 2011 unterbreiteten Pasi Umständen nicht angemessen, da sie die Holm, CEO des Pellervo Economic Research Rentabilität von Neuinvestitionen in Kern- Institute PTT, und Markku Ollikainen, Pro- energieprojekte gefährden würde. Das fessor für Umwelt- und Ressourcenwirtschaft Ministerium betonte, dass die Einführung der Universität Helsinki, Wirtschaftsminister einer Brennstoffsteuer die internationale Mauri Pekkarinen eine von der Regierung in Wettbewerbsfähigkeit der finnischen Indus- Auftrag gegebene Studie zur Einführung trie nicht gefährden dürfe. Der aufgrund der einer Brennstoffsteuer. Steuer resultierende Anstieg der Energie-
NACHRICHTEN 16 kosten könnte durch eine Senkung der Steu- USA: grosse Mehrheit unterstützt er auf die Stromwirtschaft ausgeglichen die Kernenergie werden. Die finnische Energy Industries Association Die öffentliche Unterstützung der Kern- (Energiateollisuus ry) bezeichnete die Ein- energie bleibt in den USA hoch. Für eine führung einer solchen Steuer als «kurzsich- breite Mehrheit spielt die Kernenergie tig» und im Widerspruch mit den energie- weiterhin eine wichtige Rolle bei der und klimapolitischen Zielen Finnlands. Die Stromversorgung. Dies zeigt die neueste Politik geplante Brennstoffsteuer sei nicht im Ein- telefonische Meinungsumfrage, welche klang mit der Energiesteuer-Richtlinie der die Bisconti Research Inc. /GfK Roper im Europäischen Union, wonach die Strom- Auftrag des Nuclear Energy Institute (NEI) erzeugung nach Verbrauch und nicht nach Mitte Februar 2011 durchgeführt hat. Stellungnahmen / Meinungsumfragen Produktion besteuert werden sollte. (M. A. nach MEE, Medienmitteilung, 4. Februar, In der jährlich zweimal durchgeführten NEI- und World Nuclear News, 7. Februar 2011) Meinungsumfrage werden jeweils 1000 er- wachsene Einwohner der USA zu Energie- und Stromversorgungsthemen befragt. Laut NEI liegt die Fehlermarge bei ±3%. USA: Repräsentantenhaus von Minnesota hebt Moratorium auf 71% der Mitte Februar 2011 Befragten befür- worteten die Kernenergie als eine der Mög- lichkeiten in den USA Strom zu erzeugen, Zwei Wochen nachdem der Senat des ame- während 29% diese ablehnten. Im März 2010 rikanischen Bundesstaates Minnesota die sprachen sich sogar 74% für die Nutzung der Aufhebung eines Moratoriums zum Bau Kernenergie aus. neuer Kernkraftwerke gutgeheissen hat- te, sprach sich das Repräsentantenhaus Die Umfrage zeigte auch eine klare Unter- ebenfalls dafür aus. stützung für die Vergabe von Darlehensga- rantien: 79% waren der Meinung, dass «die Das Repräsentantenhaus von Minnesota Regierung Darlehensgarantien für Solar, nahm in dritter Lesung mit 81 zu 50 Stimmen Wind- und fortgeschrittene Nuklearanlagen die Gesetzesvorlage SF4 an. Sie sieht die Auf- sowie andere CO2-arme Energietechnologien hebung des Moratoriums zum Bau neuer anbieten soll als Investitionsanreiz und um Kernkraftwerke vor, das seit 1994 in Kraft die Wettbewerbsfähigkeit der USA zu ge- ist. Das Repräsentantenhaus fügte zudem währleisten». 19% waren damit nicht einver- eine Bestimmung hinzu, welche die Aufar- standen. beitung ausgedienter Brennelemente verbie- tet. Eine Mehrheit der Abgeordneten lehnte Auf die Frage, wie wichtig die Kernenergie es hingegen ab, den Bau neuer Kernkraft- für die Deckung des zukünftigen Strom- werke in Minnesota von der Inbetriebnahme bedarf sein werde, sagten 84% der Befragten eines nationalen Lagers für hochaktive Ab- «wichtig» verglichen mit 11%, sie als «nicht Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 fälle abhängig zu machen. wichtig» bewerteten. 66% teilten die Mei- nung, dass «wir in Zukunft unbedingt mehr Nachdem der Senat bereits Anfang Februar Kernkraftwerke bauen sollen», während 30% 2011 seine Beratungen zur Gesetzesvorlage gegenteiliger Meinung waren. abgeschlossen hatte, kommt es jetzt zum Differenzbereinigungsverfahren. (M. A. nach «Die wachsende Unterstützung für die Kern- State of Minnesota, Journal of the House, energie der letzten Jahre kann wahrschein- 17. Februar 2011) lich auf eine grössere Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die wichtigsten Vorteile
NACHRICHTEN 17 dieser Technologie zurückgeführt werden», ministeriums eine Arbeitsgruppe des Kacare Internationale Zusammenarbeit meinte Ann Bisconti, Präsidentin der Bis- nach Frankreich reisen, um einen Vorge- conti Research /GfK Roper. Zum zweiten Mal hensplan mit dem Commissariat à l’énergie in Folge habe der amerikanische Präsident atomique et aux énergies alternatives (CEA) zudem die Bedeutung der Kernenergie in auszuarbeiten. (M. A. nach Ministère de seiner Rede zur Nation hervorgehoben (Bul- l’économie, des finances et de l’industrie, letins 2 /2010 und 2 /2011). Medienmitteilung, 23. Februar 2011) Die öffentliche Wahrnehmung der Sicherheit von Kernkraftwerken habe sich in den letz- ten Jahrzehnten verändert, so Bisconti. Die Cameco: Lieferabkommen aktuelle Umfrage habe gezeigt, dass für 67% für finnisches Uran der Befragten die Kernkraftwerke als sicher gelten, verglichen mit 35% im Jahr 1984. (M. A. nach NEI, Medienmitteilung, 23. Feb- Die kanadische Cameco hat am 8. Februar ruar 2011) 2011 zwei Vereinbarungen mit der finni- schen Talvivaara Mining Company zum Erwerb von Uran unterzeichnet. Das Uran wird in der Nickelmine bei Sotkamo im Französisch-saudische Osten des Landes als Nebenprodukt ge- Vereinbarung wonnen. Versorgung Die Talvivaara Mining geht davon aus, dass Frankreich und Saudi-Arabien haben am die Nickelmine bei Sotkamo rund 770’000 22. Februar 2011 in Riad ein Abkommen Pfund U3O8 oder 350 t U im Jahr liefern wird, zur friedlichen Nutzung der Kernenergie sobald sie ihre volle Produktionskapazität abgeschlossen. erreicht hat. Um das Uran aus dem geförder- ten Gestein zu extrahieren, wird eine neue Im Vorfeld des ausserordentlichen Minister- Anlage erstellt, die rund EUR 45 Mio. (CHF treffens am International Energy Forum (IEF) 44 Mio.) kosten wird. Die Cameco ist bereits haben der französische Ministre chargé de Brennstofflieferant für finnische Energiever- l’Industrie, de l’Energie et de l’Economie sorger und wird weiterhin technische Unter- numerique, Eric Besson, und der ehemalige stützung in Auslegung, Bau, Inbetriebnahme Wirtschaftsminister Saudi-Arabiens und und Betrieb der Uranextraktionsanlage leis- jetzige Präsident der King Abdullah City for ten. Die Bauarbeiten sollen laut Talvivaara Atomic and Renewable Energy (Kacare), Mining in den kommenden Monaten begin- Hashim Abdullah Yamani, ein bilaterales nen und 2012 abgeschlossen sein. Kooperationsabkommen zur Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie un- Mit dem ersten Abkommen wird die Cameco terzeichnet. Die Kacare ist eine im April 2010 für die Deckung der Baukosten im Voraus gegründete staatliche Institution mit dem Investitionen in der Höhe von maximal USD Ziel, die Entwicklung alternative Energien 60 Mio. (CHF 58 Mio.) aufbringen. Diese Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 voranzutreiben. werden mit künftigen Uranlieferungen ver- rechnet. Sobald die USD 60 Mio. aufge- Die Vereinbarung stellt die Grundlage für braucht sind, wird die Cameco das Uran von eine globale industrielle und institutionelle der Talvivaara erwerben. Diese Vereinba- Partnerschaft dar. Sie soll zur Diversifi- rung läuft bis zum 31. Dezember 2027. Das zierung des Energiemix von Saudi-Arabien zweite Abkommen deckt die Zahlungsmoda- beitragen. Das Land erwartet eine Verdrei- litäten ab. Der Kaufpreis wird aus einer For- fachung des Strombedarfs bis 2032. Im April mel berechnet, die den Marktpreis zum Zeit- 2011 wird laut des französischen Wirtschafts- punkt der Lieferung zugrunde legt. ➜
NACHRICHTEN 18 Die Abkommen bedürfen noch der Ratifizie- entwickeln sowie Investitionen und Handel rung der Euratom-Versorgungsagentur und zu fördern. Bereits im August 2008 hatten der Zustimmung der Europäischen Kommis- beide Länder ein Abkommen geschlossen, sion. Im April 2010 hatte die Talvivaara dem dass die Förderung und den Schutz japani- Ministry of Employment and the Economy scher Investitionen in Usbekistan zum Ziel (MEE) ein Gesuch zum Abbau von Uran als hat (Bulletin 9/2008). Nebenprodukt eingereicht. Das Umweltver- träglichkeitsverfahren und die Vorbereitun- In Usbekistan befinden sich laut der Kern- Versorgung gen zur Umweltzulassung seien am Laufen, energieagentur NEA der OECD die zwölft- meldete die Talvivaara. (M. A. nach Cameco, grössten Uranvorkommen der Welt (Bulletin Medienmitteilung, 7. Februar, und Talvivaara 8/2010). Die Uranproduktion des Landes Mining Company, Medienmitteilung, 8. Feb- steht weltweit an siebter Stelle mit rund 5%. ruar 2011) (M. A. nach Ministry of Economy, Trade and Industry (Meti), Medienmitteilung, 7. Februar, und Itochu, Medienmitteilung, 8. Februar 2011) Japanische Itochu sichert sich usbekisches Uran Peninsula versorgt Die japanische Itochu Corporation hat Energieproduzenten mit mit dem usbekischen Staatsunternehmen amerikanischem Uran Navoi Mining and Metallurgical Combinat (NMMC) einen langfristigen Vertrag über Uranlieferungen geschlossen. Die australische Peninsula Energy Ltd. hat am 15. Februar 2011 mit «einem der Die Itochu und die NMMC unterzeichneten grössten Energieproduzenten der USA» den Uranliefervertrag, der über zehn Jahre einen Vertrag für die Uranversorgung un- läuft, im Beisein des japanischen Ministers terzeichnet. Der Rohstoff dafür soll im für Wirtschaft, Handel und Industrie, Banri Nordosten des amerikanischen Bundes- Kaieda, des usbekischen Ersten Stellvertre- staats Wyoming gewonnen werden. tenden Ministerpräsidenten und Finanzmi- nisters, Rustam Azimow, und der Ministerin Mit wem die Peninsula das Uranlieferabkom- für Aussenwirtschaftsbeziehungen, Investi- men abgeschlossen hat, wurde nicht veröf- tionen und Handel Usbekistans, Galina fentlicht. Die Peninsula wird während sie- Saidowa. ben Jahren insgesamt 1,15 Mio. Pfund U3O8 (442 t U) zu einem gleitenden Fixpreis lie- Die Itochu erwartet eine verstärkte Nachfra- fern. Gewonnen werden soll das Uran aus ge nach Uran aufgrund der Notwendigkeit, den Vorkommen des Lance Project im Nord- die Treibhausgasemissionen zu verringern osten von Wyoming rund 50 km von der und wegen des weltweiten Ausbaus der Stadt Gillette. nuklearen Stromerzeugung. Der Vertrag soll Bulletin Nuklearforum Schweiz 3 / 2011 eine stabile Versorgung Japans mit Uran Anfang Februar 2011 hatte die Peninsula be- ermöglichen, schreibt die Itochu. kannt gegeben, dass das Uranvorkommen des Lance Project dank neuer Probebohrun- Memorandum zwischen Japan gen auf rund 33 Mio. Pfund U3O8 (12’700 t U) und Usbekistan geschätzt wird. Etwa ein Zehntel davon be- ruht auf Messungen, rund ein Fünftel gilt als Zudem unterzeichneten Japan und Usbe- identifiziert und die restlichen 8700 t U gehen kistan eine Absichtserklärung, um gemein- auf Schätzungen zurück. Nach Angaben der sam die Rohstoffvorkommen Usbekistans zu Peninsula entsprechen diese Angaben dem
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