Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte

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Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
Das Schweizer Kommunikationsmagazin für Entscheider und Meinungsführer   Sonderausgabe April 2017

66 Jahre Farner
Ein grosses Kapitel
Schweizer Kommunikationsgeschichte
Roman Geiser: Den gesellschaftlichen Zeitgeist abbilden · Zeitreise: Wie Farner die Kommunikations­
landschaft veränderte · Who is who: Das prägendste Farner-Erlebnis · Philipp Skrabal: Kreative
­Offensive · Brands: Die besten Arbeiten von Farner · Standortwechsel: Vom Oberdorf in den «Schmidhof»
Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
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Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
editorial
Matthias Ackeret

Immer im gesellschaftlichen Kontext

                    Als Rudolf «Fänsch» Farner vor 66 Jahren als     und Eigentümer geprägt ist. Auf Gründer
                    Ergänzung zu seiner Werbeagentur – der           ­Rudolf Farner folgten Gustav Däniker und
                    heutigen Publicis – das «Pressebüro Farner»       Christian König. Letzterer gab vor fünf Jah­
                    gründete, war die Welt wirklich eine andere.      ren das Unternehmen an Roman Geiser wei­
                    Der Begriff «Public Relations» hatte für viele    ter. Dieser hatte sich die Sporen in Konkur­
                    Ohren einen schalen Nebenton: «Gunstwerb­         renzfirmen verdient. «Damals merkte ich, wie
                    ler» war die wenig schmeichelhafte Um­            stark die Marke Farner ist», erzählt er im In­
                    schreibung der neuen Kommunikationsform.          terview mit «persönlich». Mit dem Engage­
                    Trotzdem wurde Rudolf Farner ein Star der         ment des erfolgreichen Werbers Philipp Skra­
                    Branche und seine Agentur zum Inbegriff           bal versucht Farner nun verstärkt, in die kre­
                    von allem, was mit Kommunikation möglich          ativen Bereiche vorzustossen und ihrem – mit
                    ist. Selbstredend wurde Farner mit Macht,         Augenzwinkern verbreiteten – 540-Grad-­
                    Militär und bürgerlicher Gesinnung gleich­        Anspruch gerecht zu werden. Wir freuen uns
Matthias Ackeret.   gesetzt. Doch die Zeiten ändern sich. «Was        sehr, in einer «persönlich»-Sonderausgabe
                    Farner auszeichnet? Dass sich die Firma im­       das Wirken der grössten und bekanntesten
                    mer im gesellschaftlichen Kontext bewegt          Kommunikationsagentur vorzustellen. An­
                    und den jeweiligen Veränderungen anpasst»,        lass ist der Standortwechsel der Agentur vom
                    so der heutige CEO und Mehrheitsaktionär          Zürcher Oberdorf in den «Schmidhof» in der
                    Roman Geiser. Heute beschäftigt die Kom­          Stadtmitte. Ohne zu übertreiben, kann man
                    munikationsagentur rund 140 Mitarbeiter, ist      sagen: Farner ist ein fester Bestandteil der
                    an sechs Standorten in der Schweiz vertreten      Schweizer Kommunikationsgeschichte. Oder
                    und ist mittlerweile eine der stärksten Digi­     wie es Roman Geiser formuliert: «Nur wer
                    tal-Units des Landes. Analysiert man die Ge­      eine Vergangenheit hat, hat auch eine Zu­
                    schichte von Farner, so stellt man fest, dass     kunft.» Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen
                    diese jeweils stark durch den jeweiligen CEO      bei der Lektüre. 

                                                                                                                 3
Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
Ruf Lanz
Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
Sonderausgabe Farmer

        3    Editorial Matthias Ackeret, Verleger «persönlich».
        6    Roman Geiser und Philipp Skrabal Die Farner-Formel.
      11     Umfrage Das prägendste Farner-Erlebnis.
      14     Zeitstrahl Die Farner-Stor y seit 1951.
      18     Erfolgsfaktor Roman Geiser über seine Strategie.
      21     Facts & Figures Farner in Zahlen.
      22     Cases Er folgreiche Kampagnen und ihre Umsetzung.
      34     Auf Erfolgskurs Das Farner-Team.
      36     Campaigning So konzipiert man er folgreiche Politkampagnen.

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     Impressum
     Diese Sondernummer ist in Zusammenarbeit mit Farner entstanden.
     Konzeption: Matthias Ackeret («persönlich») und Roman Geiser (Farner)
     Projektleitung: Dino Demarchi (Farner)

     persönlich Verlags AG, Birmensdorferstr. 198, 8003 Zürich, Tel. 043 960 79 00 E-Mail:
     info@­persoenlich.com Verleger / Chefredaktor: Matthias Ackeret Verlags- und Anzeigen­
     leitung: ­Roman Frank Koordination: Peter Wittwer Redaktion: Edith Hollenstein, Michèle
     Widmer, ­Christian Beck, Tim Frei K ­ orrektorat: Sandro Fässler Administration: Andrea Vargas
     ­Abonnement: Nicole Seyd, NZZ-Fachmedien Druck: ­GDZ AG, Spindel­strasse 2, 8041 Zürich,
      Tel. 044 488 81 11 ­Heftformat: 235 × 320 mm Auflage: 8500 Ex., Papier: Umschlag Quattro
      Silk 250 g/m2, Inhalt MultiArt Silk 100 g/m2 von Papyrus.

22   Täglich News auf

                                                                                                 5
Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
04 April 2017

Roman Geiser und Philipp Skrabal

«Jede Zukunft braucht eine Vergangenheit!»

Mit Roman Geiser als CEO und Mehrheitsaktionär hat Farner vor fünf Jahren ein neues Kapitel aufgeschlagen.
Zusammen mit dem neuen Kreativchef Philipp Skrabal will man die grösste Kommunikationsagentur der Schweiz
auch in der Werbung stärker positionieren. «persönlich» hat mit Roman Geiser und Philipp Skrabal über die
Vergangenheit und die Zukunft von Farner gesprochen.

Interview: Matthias Ackeret Bilder: Marc Wetli

Herr Geiser, Farner ist nach 54 Jahren vom        sind, sondern eine gute Plattform für die Ent­       Was heisst das konkret?
Oberdorf in die Zürcher Innenstadt                wicklung der Agentur in den nächsten Jahren          Der Kunde soll uns aus der jeweiligen Per­
gezogen. Was wollen Sie mit diesem                schaffen. Unser Credo war dabei, weiterhin           spektive wahrnehmen. Ein Verband, der ei­
Wechsel symbolisieren?                            im Zentrum der Stadt Zürich zu bleiben.              nen Lobbyauftrag hat, soll Farner in diesem
(Lacht.) Solche Wechsel sollte man nicht                                                               Markt kennenlernen. Einer Organisation, die
überbewerten. Wenn es ein Symbol sein soll,       Sie wollen – gemäss Ihrer Selbstbeschrei­            sich gerade in einem Veränderungsprozess
steht er für die Veränderung unserer Agentur.     bung – 540 Grad abdecken. Bislang sprach             befindet, bieten wir Change und interne
Farner ist seit 2012 sehr stark gewachsen. Mit    man immer von 360 Grad.                              Kommunikation an. Das Gleiche gilt aber
dem Zusammengehen mit YJOO Communi­               Die 540 Grad waren eine Anspielung mit               auch für einen Werbeauftraggeber, der eine
cations, der Nummer drei in der Schweizer         Augen­zwinkern auf die neuen räumlichen
Agenturbranche, ist Ende 2016 ein weiteres        Gegebenheiten. Sie haben recht, alle Agentu­
Team dazugekommen. Wir haben uns an der           ren sprechen von einer 360-Grad-Sicht. Doch          Geiser: «Wir verstehen
Oberdorfstrasse sehr wohl gefühlt, aber ir­       wirklich multidisziplinär und themenüber­            uns in der DNA als
gendwann wurden die Räumlichkeiten zu             greifend arbeiten können nur wenige Unter­           ­Beratungsorganisation.»
klein. Deswegen waren wir nicht unglücklich,      nehmen. Wir haben in den vergangenen Jah­
als wir in den Schmidhof an der Sihlporte zie­    ren sehr viel an diesem Thema gearbeitet und
hen konnten.                                      dadurch einen langen Lernprozess hinter uns.         Kreativagentur sucht. Bei der Konzeption fo­
                                                  Wenn Sie so wollen, haben wir die ganze Inte­        kussieren wir uns aber nicht mehr auf die ein­
Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Farner heute?   gration neu gedacht.                                 zelnen Kategorien, sondern arbeiten interdis­
Über 140, an sechs Standorten.                                                                         ziplinär. Das gilt zum Beispiel auch für die
                                                                                                       politischen Kampagnen. Bei der Bekämp­
Trotzdem steht dieser Wechsel auch für ein                                                             fung der Einheitskasse haben unsere Polit­
                                                  Zu den Personen
neues Regime. Seit fünf Jahren sind Sie                                                                experten sehr eng mit unseren hausinternen
Hauptaktionär von Farner.                                                                              Kreativ- und Digitalabteilungen zusammen­
                                                  Der 49-jährige Roman Geiser hat am 1. Oktober
Ich war im Verwaltungsrat von Young & Ru­                                                              gearbeitet. Wir glauben, dass man mit dem
                                                  2012 die operative Führung und Aktienmehrheit
bicam Holding (Schweiz), als damals der           von Farner übernommen. Geiser war zuletzt Chief      Blick aus unterschiedlichen Perspektiven
Wechsel von Gockhausen nach Zürich be­            Operating Officer EMEA (Europa, Mittlerer Osten      eine viel höhere Kommunikationswirkung
schlossen wurde. Deswegen wusste ich, was es      und Afrika) von Burson-Marsteller International.     erzielt als mit einer isolierten Betrachtung.
bedeutet, seinen angestammten und marken­         Zuvor leitete der studierte Ökonom während sechs     So kommt bei uns immer die Kombination
relevanten Standort zu verlassen. Am Schluss      Jahren Burson-Marsteller Schweiz.                    von thematischem Know-how, Digitalexper­
ist es bei solchen Entscheidungen relevant,       Kreativchef Philipp Skrabal war zuletzt Geschäfts-   tise, Kreation sowie Research & Analytics
dass es für die Kunden, die Mitarbeitenden        führer Kreation und Mitinhaber bei Wirz Werbung      zur Anwendung. Unsere Agentur entspricht
                                                  sowie Executive Creative Director bei Advico Young
und die künftige Entwicklung der ganzen                                                                heute einem Thinktank oder einer Redak­
                                                  & Rubicam / Y&R Group sowie Creative Director
Firma Sinn macht – und nicht nur gegen aus­                                                            tion, in der sich viele unterschiedliche Cha­
                                                  bei Publicis. Der 47-Jährige ist Vizepräsident des
sen. Wir wollen mit diesem Schritt also nicht                                                          raktere und Themenexperten versammeln.
                                                  ADC Switzerland.
der ganzen Welt zeigen, wie wir gewachsen                                                              Unsere Spannbreite reicht vom Lobbyisten

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Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
Sonderausgabe Farner

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Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
04 April 2017

                                                                                               dere bauen PR-Units auf oder gründen eine
                                                                                               Identity-Firma. Unsere Veränderung ist
                                                                                               grundlegender: Was bei uns früher ein biss­
                                                                                               chen Inhouse-Kreation war, ist heute eine in­
                                                                                               tegrierte Werbeabteilung, die mit anderen
                                                                                               Werbeagenturen auf Augenhöhe ist. Unsere
                                                                                               Digital-Unit wächst rasant und bringt neue
                                                                                               Dienstleistungen wie Community-Manage­
                                                                                               ment oder Performance-Marketing an den
                                                                                               Markt. Dank der Fähigkeit, diese Kompeten­
                                                                                               zen zu bündeln und zusätzlich mit unserem
                                                                                               Know-how in Themen zu ergänzen – unserer
                                                                                               herkömmlichen PR- und Content-Expertise
                                                                                               sozusagen –, ergibt sich ein vollkommen neues

                                                                                               Skrabal: «Für mich war Farner
                                                                                               ein grosser Schritt in meinem
                                                                                               ­kreativen Schaffen.»

                                                                                               Agenturmodell, das sich nicht mehr auf die
                                                                                               klassischen Kanäle beschränkt. Wie eine Idee
                                                                                               bespielt wird, entscheiden wir erst, nachdem
                                                                                               der Prozess der kanalagnostischen Ideenfin­
                                                                                               dung abgeschlossen ist. Diese Erfahrung ha­
                                                                                               ben wir in den letzten Jahren gesammelt.
                                                                                               Noch zum Thema Content: Wir müssen immer
                                                                                               ein bisschen schmunzeln, wenn andere von
                                                                                               Content-Marketing sprechen. Farner macht
                                                                                               mittlerweile seit 66 Jahren Content.

                                                                                               Herr Skrabal, Sie haben in verschiedenen
                                                                                               Werbeagenturen wie Publicis, Advico Young
                                                                                               & Rubicam oder Wirz gearbeitet. Inwiefern
                                                                                               unterscheidet sich Ihre heutige Tätigkeit
                                                                                               von derjenigen bei früheren Arbeitgebern?
                                                                                               Ich arbeite nun seit bald drei Jahren bei Far­
                                                                                               ner. Und auch in dieser Zeit stand immer die
                                                                                               Idee im Zentrum. Spannend und neu für mich
                                                                                               war es, Problemstellungen nicht nur aus einer
bis zum Kreativen oder dem Digitalexperten.   die für die Bewältigung unserer Aufgaben         wirtschaftlichen, sondern auch aus einer po­
Die Herausforderung besteht darin, diese      notwendig ist. Wir verstehen uns in der DNA      litischen und gesellschaftlichen Perspektive
Mitarbeitenden und deren unterschiedliche     nicht als Kommunikationszulieferer, sondern      anschauen zu können. Für mich war dies ein
Perspektiven auf das gleiche Ziel einzu­      als Beratungsorganisation.                       grosser Schritt nach vorne und eine wichtige
schwören und damit eine neue Form der In­                                                      Erweiterung in meinem kreativen Schaffen.
tegration zu leben.                           Gibt es Vorbilder für Ihr Agenturmodell?         Denn schliesslich zeigt sich immer mehr, dass
                                              Es gibt internationale Vorbilder, aber in der    Corporate- und Marketing-Themen fliessend
Wer akquiriert neue Aufträge?                 Schweiz ist dieses Feld noch nicht richtig ab­   ineinander übergehen oder gar verschmel­
Alle – und dies immer. Aufgrund unserer       gesteckt, obwohl sich die meisten Agenturen      zen. In den sozialen Medien teilen sich die
Grösse und Struktur haben wir über hundert    die Konvergenz der neuen Medien und die          beiden ehemaligen Silos heute dasselbe Pro­
verschiedene Beratungsfunktionen sichtbar     Digitalisierung auf ihre Fahne geschrieben       fil. Das macht Markenführung anspruchsvol­
im Markt. Dies unterscheidet uns sicherlich   haben und in ihre Agenturmodelle zu adap­        ler und die verschiedenen Blickwinkel ein­
von anderen Agenturen. Dadurch können wir     tieren versuchen. Einige klassische Werbe­       nehmen zu können zur Voraussetzung für
auch diejenige Nähe zum Kunden entwickeln,    agenturen gehen ins Content-Marketing, an­       gute Arbeit.

8
Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
xxxxxxx xxxxxxxx Sonderausgabe Farner

Fühlen Sie sich heute als Werber oder als
Kommunikationsspezialist?
Als kreativer Kommunikationsspezialist. Die
Bezeichnung Werber war mir schon früher zu
eng: Werbung ist zwar ein wichtiger Aspekt
meiner Tätigkeit, schliesst aber den ganzen
Rest der Kommunikationsarbeit aus. Wir ma­
chen weit mehr, als bezahlte Flächen mit
Werbung zu bespielen.
  Geiser: Die Veränderung betrifft aber nicht
nur die Werbung. Auch das klassische PR-­
Modell wandelt sich. Es ist heute längst nicht
mehr zeitgemäss, dass man die gesellschaftli­
chen, kommerziellen oder politischen Anlie­
gen seiner Kunden auf einem A4-Blatt nie­
derschreibt und in einer Zeitung oder Zeit­
schrift zu platzieren versucht. Die Welt der
Kommunikation ist schneller, dialogischer
und visueller geworden, und Earned Media ist
nunmehr eine von vielen Möglichkeiten, ei­
nen Inhalt wirkungsvoll an den Nutzer zu

Geiser: «Farner hat heute eine der
stärksten Digital-Marketing-Units der
Schweiz. Das war nicht immer der Fall.»

bringen. Eine Story, eingebunden in einem
Blog mit Videoeinbindung, ist oftmals kraft­
voller als ein mehrseitiger Text. Für viele un­
serer Mitarbeitenden, die früher im Journalis­
mus waren, ist dies ein wichtiger Lernprozess.

Aber ist der Kunde bereits so weit?
Wir stellen bei unseren Kunden einen grossen
Appetit für integrierte Lösungen fest. Die Auf­
gabenstellungen sind in der heutigen digitalen
und vernetzten Welt so komplex, dass der Far­
ner-Ansatz, multidisziplinär auf solche Aufga­
ben zu schauen, an Attraktivität gewinnt.
                                                   schichte, aber das kommt daher, dass wir uns     Wir setzen also seit Anbeginn auch auf grafi­
Denkt man an Farner, so erinnert man sich          im gesellschaftlichen Kontext bewegen. Die­      sche und werbliche Inhalte. Auf diesem Fun­
ständig auch an dessen Vergangenheit und           ser Kontext ändert sich ständig, was bedeutet,   dament konnte Philipp Skrabal aufbauen und
Mythos. Ist dies heute immer noch hilfreich        dass auch wir uns und unser Angebot ständig      starke neue Akzente setzen. Heute ist die frü­
oder manchmal störend?                             verändern müssen. Farner hat heute eine der      here Inhouse-Abteilung eine vollausgestat­
Jede Zukunft braucht eine Vergangenheit.           stärksten Digital-Units der Schweiz, vor fünf    tete Werbeagentur, die erfolgreich am Markt
Nur wenn man über einen starken Werte­             Jahren war dies aber noch nicht der Fall. Wir    agiert. Der nächste grosse Schritt passiert
katalog verfügt, kann man sich weiterentwi­        sind mit Kraft und erheblichen Investitionen     nun mit dem Zusammenschluss mit YJOO.
ckeln. Dies gilt nicht nur für Farner, sondern     in diesen Markt vorgestossen und haben un­       Historisch waren wir immer stark im Bereich
für jedes Unternehmen, das eine über sech­         ser Team in diesem Bereich markant vergrös­      Unternehmenskommunikation und Public
zigjährige Geschichte hat.                         sert. Heute können wir ernten. Das Gleiche       Affairs. Mit der neuen Disziplin Brand Com­
                                                   gilt für den Ausbau unserer Kreativabteilung.    munications von YJOO sowie einer strate­
Aber bei Farner ist diese doch sehr speziell ...   Pressebüro und Reklamebüro waren ja ur­          gisch erweiterten Kreativabteilung werden
Natürlich haben wir eine spezielle Ge­             sprünglich ein und dasselbe Unternehmen.         wir im Consumer-Bereich stark werden.

                                                                                                                                                  9
Ein grosses Kapitel Schweizer Kommunikationsgeschichte
04 April 2017

Die Veränderungsbereitschaft und Experi­          Wir dürfen auf ein schönes Jahr mit interes­      zeichnet sich durch grosse Stabilität aus, im
mentierfreudigkeit, über die unser Team ver­      santen Arbeiten zurückblicken, unter ande­        Team, in der Entwicklung und im Aktiona­
fügt, hilft uns, den ganzen Transformations­      rem für die Mobiliar, den TCS, das BAKOM,         riat.
prozess besser zu bewältigen. Dies machen         Coca Cola oder TGV Lyria – allesamt in meist
wir aber nicht, weil wir 66-jährig geworden       zweistufigen Pitches gegen namhafte Agentu­       Von Ihrem Agenturgründer «Fänsch» Farner
sind, sondern weil es neue Herausforderun­        ren gewonnen. Aber wie gesagt, wir hängen         stammte das berühmte Bonmot, mit einer
gen gibt, auf die wir reagieren wollen. Der       nicht alles an die grosse Glocke. Auch in die­    Million Franken könne er einen Kartoffel­
Medienwandel und die Digitalisierung pflü­        sem Jahr werden wir wichtige Akzente für un­      sack zum Bundesrat machen.
gen nicht nur das Verlags-, sondern auch das      sere bestehenden und auch neuen Kunden            Gilt dies heute noch?
Agenturwesen um. Farner war in seinem Be­         setzen können. Aber mehr dazu, wenn die           Die Aussage galt damals nicht, und sie gilt
reich immer Marktführer. Diese Position           Zeit reif ist.                                    auch heute nicht. Farner war aber viel zu cle­
kann man nur erreichen und halten, wenn                                                             ver, um die Aussage je zu dementieren. Es ist
man immer eine Spur hungriger ist als die         Herr Geiser, dialektisch gesprochen, wäre         aber richtig, dass Kommunikation Werte
Mitbewerber und Veränderungen als Chance          Farner mittlerweile die grösste Kreativagen­      schafft und somit einen verdienten Preis hat.
sieht.                                            tur der Schweiz …
                                                  (Lacht.) Höchstwahrscheinlich stimmt dies         Kannten Sie Rudolf Farner?
Aber gab es auch Projekte, die nicht              sogar, obwohl wir noch keinen Antrag für den      Nein, leider nicht. «Fänsch» Farner verstarb
gelungen sind?                                    LSA gestellt haben. Es ist eine witzige Fuss­     im Jahr 1984. Da war ich gerade einmal sech­
Wir versuchten einmal, eine Farner-Factory        note, dass unser Gründer Rudolf «Fänsch»          zehn Jahre alt.
zu gründen, die dem Kunden günstigere Lö­         Farner Anfang der Fünfzigerjahre sowohl die
sungen an der Schnittstelle von Inhalt und        Werbeagentur Farner, die heute Publicis           Was war Ihre erste Farner-Begegnung?
Kreativität anbot. Doch im Markt hatte das        heisst, als auch das Pressebüro Farner gegrün­    Ich war Anfang der Neunzigerjahre als Pro­
Angebot nicht die gewünschte Resonanz. So         det hat. Die beiden Firmen haben sich sepa­       jektleiter bei der damaligen Wirtschaftsför­
haben wir das Ganze wieder abgeblasen. Ein        rat weiterentwickelt, führen aber heute das       derung (wf) für politisches Campaigning zu­
anderes Mal versuchten wir, den Bereich           Ranking der Agenturen an.
Sponsoring-Kommunikation auszubauen.
Doch dies brachte nicht die erhofften Resul­      Sie haben vorhin die Politik erwähnt. AKW         Geiser: «Ich wollte
tate. Auch im digitalen Bereich stellen wir       und Militär gehörten früher zu Ihren              irgendwann zurück
heute fest, dass bestimmte Angebote mehr          Standard­themen. Ist dies immer noch so?          in die Schweiz.»
gefragt sind als andere.                          Farner hat sich immer in denjenigen Politthe­
                                                  men engagiert, die die Schweizer Politik und
Herr Skrabal, nimmt der Markt Farner als          Gesellschaft am meisten beschäftigen. Früher      ständig. Damals stand ich im engen Aus­
Werbeagentur wahr?                                war dies der Kalte Krieg, heute stehen andere     tausch mit Farner, einer der Agenturen, wel­
Das ist unterschiedlich. Unsere Kunden mit        Bereiche im Vordergrund. Farner bewegt sich       che die wf bei Kampagnen unterstützte. Spä­
Sicherheit. Mit einigen habe ich auch schon in    auf den tektonischen Platten der Gesell­          ter, als Schweiz-Chef von Burson-Marsteller,
meiner Zeit bei den klassischen Werbeagen­        schaft. Das Militär und die AKW gehören           war es immer mein Ziel, einmal Farner als
                                                  nicht mehr dazu. Heute sind vor allem So­         Nummer eins zu überflügeln. Ehrlich gesagt,
                                                  zial-, Standort- und Europapolitik gefragt. So    ist mir dies trotz grösster Anstrengung nicht
Skrabal: «Bei uns                                 ist es klar, dass eine Agentur wie Farner heute   gelungen. Damals wurde mir klar, wie stark
findet Kreativität in vielen                      in diesen Feldern aktiv ist und die Interessen    die Marke Farner ist.
Bereichen statt.»                                 der Kunden darin vertritt – sei es über Strate­
                                                  gieberatung im Hintergrund, mit einer Kam­        Seit fünf Jahren sind Sie Mehrheitsaktionär
                                                  pagne für einen Politakteur oder mit              von Farner. Wie ist dies passiert?
turen gearbeitet. Abgesehen davon, findet bei     Pressure-­Groups, die sich in diesen Feldern      Im Branchenverband BPRA, den ich damals
uns Kreativität in vielen Bereichen statt, bei­   bewegen.                                          präsidieren durfte, lernte ich den damaligen
spielsweise in der Medienarbeit oder beim                                                           Farner-Mehrheitsaktionär und CEO Chris­
Targeting. Nach aussen treten wir eher leise      Hatte Farner auch Krisen?                         tian König kennen. Bei einem guten Glas
auf. Wir wachsen als Werbeagentur schnell         Die Geschichte von Farner ist letztlich die       Wein haben wir uns dann einfach einmal aus­
genug, um nicht ständig im Markt herumham­        Geschichte der Kommunikationsdisziplin der        getauscht. Ich wollte irgendwann zurück in
peln und Eigenwerbung betreiben zu müssen.        Schweiz. Diese ist eine Erfolgsgeschichte, und    die Schweiz. Ich war damals für Burson-Mar­
Wir legen unsere Energie lieber in die Kam­       so ist auch unser Werdegang ein positiver.        steller als COO für die EMEA-Region und
pagnen unserer Kunden.                            Krisen im eigentlichen Sinne gab es nicht. Es     primär im Ausland tätig, und Christian hatte
                                                  gab immer wieder Herausforderungen, span­         die Absicht, die Nachfolge im Unternehmen
Welches sind die wichtigsten Kunden, die          nende Wegmarken und bedeutende unter­             langfristig zu regeln. So wurde aus diesem
Sie dank Kreativleistung gewonnen haben?          nehmerische Entwicklungen. Die Agentur            Glas Wein sehr bald mehr.

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Sonderausgabe Farner

Umfrage

Was war für Sie das prägendste
Farner-Erlebnis?
«persönlich» wollte von führenden Unternehmern, Marketingleitern und Spezialisten wissen,
welches ihre prägendste Farner-Er fahrung ist und welchen Stellenwert die berühmteste
Kommunikationsagentur der Schweiz heute hat.

                        Benedikt Weibel                                                           Hansueli Loosli

                        Ehemaliger Generaldirektor SBB, Buchautor                                 VRP Swisscom und Coop Gruppe

                         Farner hat zur Frage der politischen Realisie­                       Farner ist seit Jahrzehnten das prägende Flag­
                         rung der «Neuen Haupttransversalen» ein                              gschiff unter den Schweizer PR-Agenturen.
                         Gutachten erstellt, das von einmaliger Kürze                         Höchst professionell, auf der Höhe der Zeit
                         und Klarheit war. Die beiden Schlussfolge­                           und stets mit der Schweiz und ihren Werten
                         rungen waren: Das Projekt hat politisch keine                        verbunden. Entsprechend schätzt Swisscom
Chance. Und: Das Projekt entspricht nicht der dezentralen Struktur        die Zusammenarbeit mit Farner.
der Schweiz. Damit hat Farner die Tür zum Konzept «Bahn 2000»
­aufgestossen. Ich habe vorher und nachher nie ein Gutachten gese­
 hen, das eine so grosse Wirkung hatte.

                        Baschi Dürr                                                               Andreas Hugi
                        Justiz- und Sicherheitsdepartement                                        CEO und Managing Partner furrerhugi und
                        des Kantons Basel-Stadt                                                   Präsident des Bundes der PR-Agenturen
                                                                                                  der Schweiz (BPRA)
                        Vor meiner Wahl in den Basler Regierungs­
                        rat habe ich mehrere Jahre in der Geschäfts­                              Als Gründungsmitglied des BPRA engagiert
                        leitung von Farner gearbeitet und war dabei                               sich die Agentur Farner seit vielen Jahren für
                        vor allem für das Basler Geschäft verant­                                 die Anliegen unserer Branche. In dieser Zeit
wortlich. Am meisten überraschte mich zu Beginn, in welch verwin­         hat sie einen wertvollen Beitrag zur Professionalisierung der Kom­
kelten Verhältnissen die renommierteste Schweizer PR-Agentur an           munikation und zur Weiterentwicklung des Berufsbildes der Kom­
der Oberdorfstrasse hauste. Als Basler, wo wir das Understatement         munikationsberater geleistet. Vor dem Erfolgsweg, den die Agentur
zuweilen bis zur Affektiertheit pflegen, war und blieb mir dies aber      in den 66 Jahren ihres Bestehens zurückgelegt hat, habe ich grossen
sehr sympathisch. Im Haus drin traf ich auf eine sowohl erfahrene         Respekt: vom kleinen Pressebüro zu einer Zeit, als der Begriff Pub­
als auch junge Truppe, die mit ungekünstelter Kollegialität und Pro­      lic Relations hierzulande noch unüblich war, zu einem der be­
fessionalität das ganze Spektrum der Kommunikationsarbeit be­             kanntesten Namen der Schweizer Kommunikationsbranche. Gegen
herrschte. Die Arbeit wurde immer intelligent und oft mit einer           einen geschätzten Konkurrenten wie Farner darf man also durchaus
Portion Humor angegangen. Ich war sehr gerne bei Farner.                  auch einmal einen Pitch verlieren. Noch lieber aber gewinnen wir.

                                                                                                                                             11
04 April 2017

                          Björn Edlund                                                             Prof. Peter Gomez
                          Ehemaliger CCO Shell und ABB                                             Ehemaliger Rektor der Unversität St. Gallen
                                                                                                   und Präsident der Schweizer Börse
                        Ich habe ja als Leiter der Konzernkommuni­
                        kation – sowohl bei Sandoz bis zur Novartis-                                Meine früheste Prägung durch Farner erfuhr
                        Fusion als auch später bei der ABB – seit den                               ich in den Sechzigerjahren als junger Student
                        frühen Neunzigerjahren die eidgenössische                                   an der HSG. Dr. Rudolf Farner war nicht nur
                        PR-Landschaft aus einer globalen Perspek­                                   ein begnadeter Gastdozent, er brachte in seine
tive beobachten können. Hier in der Schweiz war Farner immer eine          Vorlesung immer seine hübsche Assistentin mit, die – in der vordersten
feste und stabile Grösse, zum Beispiel bei gemeinsamen Projekten           Reihe sitzend – uns doch etwas vom Thema ablenkte. Mit Christian
der Pharma-Industrie im Zusammenhang mit politischen Streitfra­            König als HSG-Alumnus habe ich über die Jahre viele berufliche Kon­
gen wie beim Thema Gentechnologie. Bei der alten Sandoz war Far­           takte gehabt, sodass Farner für mich ein steter Begleiter um die Jahr­
ner auch Berater für unsere höchste Leitung – eine grosse Hilfe,           tausendwende war. Und mit Roman Geiser verbindet mich seit über
wenn wir unangenehme Entwicklungen mit nicht selten heiklen                einem Jahrzehnt unser gemeinsames Engagement für gesellschaftliche
Chefs ansprechen mussten. Aber mein grosser «Farner-Moment» ist            und politische Anliegen – mit höchster Professionalität und doch immer
jüngeren Datums. Der kam, als mein Freund Roman Geiser die Lei­            freundschaftlich, wie es eben für Farner typisch ist.
tung übernahm. PR in der Wirtschaft ist heute sicher nicht mehr laut
reden und zugleich in den Machtzentren diskret Entwicklungen an­
stossen, sondern vor allem gut zuhören können, um breite Koalitio­
nen zu schustern. Das kann Roman, und das braucht die schweizeri­
sche Wirtschaft dringend, um eine bessere Öffentlichkeitsarbeit zu
machen.

                          Martina Vieli                                                            Jean-Marc Hensch
                          Leiterin Unternehmenskommunikation                                       Eidg. dipl. PR-Berater,
                          SRG SSR                                                                  Geschäftsführer Swico

                        Prägende Erlebnisse mit Farner waren für                                  Meine erste Begegnung mit Farner war eher
                        mich nicht die Ausnahme, sondern der inspi­                               unangenehm, auch wenn ich damals nichts
                        rierende Alltag. Farner ist nicht nur die ältes­                          davon wusste. Mein Name war ohne mein
                        te und gleichzeitig modernste Agentur an                                  Wissen im Rahmen eines politischen Man­
der Schnittstelle von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Sie ist auch   dats als Absender für Leserbriefe benutzt worden, die mir dann ei­
die kompletteste, verlässlichste und intelligenteste Agentur. Ich          nen Eintrag bei den «Unheimlichen Patrioten» der linken Szene
durfte während zehn Jahren mit den besten Talenten zusammen­               eintrugen. Das war in den Siebzigerjahren und ist wohl sicher ver­
arbeiten, die der Markt hergibt. Gemeinsam Erfolg zu schaffen, das         jährt. Habe es Farner zurückgezahlt, indem ich dann in den Achtzi­
hat Spass gemacht – jeden Tag.                                             gerjahren mit Farner-Abtrünnigen zusammen eine Agentur aufbau­
                                                                           te, welche ihnen auf dem Markt recht wehtat. Auch verjährt. In der
                                                                           Zwischenzeit hat sich dann unsere Beziehung deutlich normalisiert:
                                                                           Ich war mit dem Farner-CEO im BPRA-Vorstand, durfte Farner als
                                                                           Lieferanten erleben und konnte später sogar als Aktionär und Mit­
                                                                           inhaber ein paar Jahre lang selbst mitmischen. Für mich ist Farner
                                                                           ein Leuchtturm in der hiesigen PR-Landschaft. Es gibt wohl keine
                                                                           Branchengrösse, welche sich nicht bei oder gegen Farner profiliert
                                                                           hätte. Und wenn man sieht, wie sie sich mit gezielter Anpassung des
                                                                           Produktportfolios dem neuen medialen Umfeld angepasst haben:
                                                                           Chapeau!

12
Umfrage Was war für Sie das prägendste Farner-Erlebnis? Sonderausgabe Farner

                        Claude Longchamp                                                             Guido Egli

                        Verwaltungsratspräsident gfs.bern                                            Ehemaliger CEO der Mövenpick Holding,
                                                                                                     VR-Präsident der Grand Casino Luzern
                          1989 stimmt die Schweiz über die GSoA-Ini­                                 Gruppe, Luzern
                          tiative zur Abschaffung der Armee ab. Volk
                          und Stände sagen klar Nein. An der Univer­                                 Seit bald 15 Jahren begleitet Farner-Partner
                          sität Bern verfasse ich die VOX-Analyse.                                   Urs Knapp mit seinem Team die Kommuni­
                          Demnach stimmten 72 Prozent der Soldaten                                   kation von Mövenpick. Farner berät Füh­
für die Initiative. Tage nach der Publikation sass ich auf einem Podium    rungsorgane in kommunikativen Themen, unterstützte M&A-Pro­
neben Gustav Däniker. Es war die Fortsetzung des Kalten Krieges mit        jekte, optimierte Prozesse für Krisenkommunikation und arbeitete
anderen Mitteln. Später erfahre ich, der vormalige Farner-Direktor         für die Unternehmenskommunikation. Über die Jahre gab es einige
habe seinen früheren Arbeitgeber eingespannt, um das Ergebnis der          prägende Erlebnisse mit Farner. Stellvertretend möchte ich die
Volksabstimmung zu deuten. So kam es zur Unterscheidung zwischen           Staatskellerei Zürich nennen, die seit 20 Jahren zu Mövenpick gehört.
harten und weichen Armeegegnern. Letztere seien in der Mehrzahl            Den Grundstein für diesen traditionsreichen Weinproduzenten legte
und hätten sich bloss für eine dumme Anweisung ihres Feldweibels           Gottfried Keller im vorletzten Jahrhundert. Für das 150-Jahr-Jubi­
revanchiert. Die VOX-Analyse widersprach. 62 Prozent der Ja-Stim­          läum wirkte Farner als Sparringspartner von Geschäftsleitung und
mer bezeichneten sich als harte Armeegegner. Es sollte mein letzter        Kommunikationsstelle in der Planung des Jubiläumsakts. Zudem un­
VOX-Bericht sein. In Geschichtsbüchern steht, die Armeeabschaffer          terstützte Farner die Erarbeitung sämtlicher Kommunikationsmittel
hätten die politische Kultur der Schweiz fundamental verändert. Auch       – sehr engagiert, flexibel und professionell. Letztendlich wurde ­dieser
Farner ist ziemlich anders geworden. In den 25 Jahren, während ­derer      Jubiläumsanlass zu einem grossen Erfolg.
ich mit der Firma beruflich kooperiert habe, lernte ich eine ganz
­andere Generation von PR-Leuten kennen.

                        Christoph Ott                                                                Peter Hogenkamp
                        Head Branding & Marketing Communication                                      CEO Scope Content AG
                        Die Mobiliar
                                                                                                     Wenn mir vor 30 Jahren, während meines
                       Seit Jahren schon wird über integrierte Kom­                                  Zivil­dienstes im Spital, jemand gesagt hätte,
                       munikation gesprochen, geschrieben, getwit­                                   ich würde einst bei einer Agentur verkehren,
                       tert und gepostet. Über die Vernetzung der                                    die das jährliche lokale Schützenfest parallel
                       Kanäle und damit auch über die Vernetzung                                     mit einer Veranstaltung auf ihrer Dachter­
von Disziplinen und Rollen, welche die unterschiedlichen Kanäle                                      rasse nachspielt – ich hätte es kaum geglaubt.
bedienen. Meist geht es dabei jedoch um die Synchronisation und            Doch die Realität ist eben anders als das Klischee: Die Agentur
die gegenseitige Befruchtung von On- und Offline. Was aber ist mit         ­Farner, vom CEO bis zur Praktikantin, ist mir immer als moderner,
der Verschmelzung von Marketing- und Unternehmenskommunika­                 ­offener und zugänglicher Ort begegnet (was sich inzwischen auch im
tion? Kommunikation, Markenführung und Reputationsmanage­                    Bürogebäude manifestiert, obwohl ich das verwinkelte Haus in der
ment stehen im Dienst der Unternehmensstrategie und demnach im               Oberdorfstrasse immer charmant fand). Ja, einige schossen, aber nie­
Dienst von strategischen und operativen Zielen und müssen integ­             mand musste, und so war und ist das Farner-Knabenschiessen eine
riert betrieben werden. In Zeiten dieser Herausforderung bietet die          sympathische und von der Einladung via Bierdeckel über Bratwurst
vermeintlich «alte Dame» Farner ein vielversprechendes und zeit­             und Kartoffelsalat bis zu den illustren Gästen in Hemdsärmeln eine
gemässes Set-up.                                                             unprätentiöse, warmherzige Veranstaltung.
                                                                             Wüssten wir es nicht eh schon alle, würde uns dort einmal mehr klar,
                                                                             dass ein öffentliches Bild sich gern vor Ort relativiert. In diesem
                                                                             Sinne, aus aktuellem Anlass: Prost und gut Schuss!

                                                                                                                                                   13
04 April 2017

66 Jahre Farner

Straightforward

Die Geschichte von Farner Consulting ist auch die Geschichte der Kommunikati-
onsarbeit in der Schweiz. Von den Anfängen des Presse- und Reklamebüros in
den Fünfzigerjahren über professionelle Abstimmungskampagnen bis zum neuen
Selbstverständnis als vollständigstes Beratungsunternehmen: Die Agentur hat
sich entlang des sozialen Wandels stets neu erfunden und die Entwicklungen der
Kommunikation in der Organisation gespiegelt.

Text: Dino Demarchi Bilder: Farner-Archiv, Markus Senn (Porträts König und Geiser)

1951             Dr. Rudolf Farner gründet das                thias Diggelmann seiner Erfahrungen als
    «Presse­ büro Farner» in Zürich – von                     Basis einer fiktiven Geschichte; Persön­
    ­Public R
            ­ elations hat bis dahin noch nie­                lichkeiten, die Dr. Rudolf Farner (1917
     mand in der Schweiz gehört                               bis 1984) und Dr. Gustav Däniker (1928
  – Coca-Cola gehört zu den ersten Kunden                     bis 2000) gekannt haben, sehen in einzel­
  – Farner bringt aus den USA die Erfahrung                   nen Figuren überzeichnete Charakter­
     mit, dass auch PR und Werbung betriebs­                  züge der beiden damaligen Mitinhaber
     wirtschaftlich organisiert sein können                   der Agentur
                                                                                                             an der Expo 64 in Lausanne und produ­
1957 Farner etabliert einen seiner ersten                1963 kommt ein Büro in Düsseldorf dazu –            ziert mit einem US-Regisseur den «Far­
    Kunden breit in den Medien und macht                      und Farner macht im Auftrag der Stiftung       ner-Film» über die Schweizer Armee; der
    die Truffes du Jour und Luxemburgerli                     der Wirtschaft zur Förderung des Gewäs­        Film wird für den Oscar nominiert
    von Sprüngli bekannt                                      serschutzes die erste Gewässerschutz­
                                                              kampagne in der Schweiz; Ökologie wird      1965 Farner macht Werbung für Barbie,
1958 Dr. Gustav Däniker                                       Medienthema                                    zum Beispiel mit Fashion-Shows
   (Bild) übernimmt die
   Agenturleitung                                        1964 Für die Erhaltung von Aventicum, 1972 Das PR-Büro wird rechtlich verselbst­
                                                              «Hauptstadt der Schweiz in römischer           ständigt und losgelöst von der Werbe­
1960 Farner führt als Pio­                                    Zeit», sammelt Farner die nötigen Mittel,      agentur Farner, der späteren Werbeagen­
    nier erste professionelle                                 betreibt den Pavillon «Wehrhafte Schweiz»      tur Publicis
    politische Abstimmungskämpfe, was zu
    ­Irritationen führt; in einer Interpellation
     fragt Nationalrat Grütter (SP) am 9. März
     1960: «Ist der Bundesrat nicht der Auffas­
     sung, dass es der schweizerischen Demo­
     kratie unwürdig ist, wenn private Reklame­
     ­büros gegen Bezahlung durch interessierte
      Kreise in politischen Fragen die öffentli­
      che Meinung zu beeinflussen suchen?»

1962 Umzug an die Oberdorfstrasse 28 mit
    7 Mitarbeitenden – für die nächsten
    54 Jahre der Farner-Hauptsitz
  – In einem seiner Romane, «Das Verhör                                                                       Links: neuer Farner-Hauptsitz an der Oberdor f­
                                                                                                              strasse 28, Zürich, im Jahr 1962.
    des Harry Wind», bedient sich der ehe­                                                                    Oben: Dreharbeiten zum Oscar-nominierten
    malige Farner-Mitarbeiter Walter Mat­                                                                     Farner-Film «Wehrhafte Schweiz».
Sonderausgabe Farner

                                                                             kehrs; sie führt auch die Geschäftsstelle
                                                                             des VöV

                                                                          1982 Nach einem Brandanschlag auf das
                                                                             zweite McDonald’s-Familienrestaurant
                                                                             in Zürich Stauffacher hilft Farner bei der
                                                                             Wiedereröffnung und unterstützt bei der
                                                                             Eröffnung von weiteren 36 Restaurants
                                                                             in der Schweiz

                                                                          1984 Nach sechsjähriger Vorbereitung, an
                                                                             welcher die Agentur entscheidend mit­
                                                                             wirkt, führt die Kampagne gegen die
                                                                             Bankeninitiative der SPS zur klaren Ab­
                                                                             lehnung durch 73 Prozent des Volkes

                                                                          1987 Eröffnung von Farner Genf, später
                                                                             eine Filiale von Farner Teuber Communi­
                                                                             cations (FTC)

                                                                          1988 Farner konzipiert und betreut mit der
                                                                             Muba den Schweizer Pavillon an der
                                                                             World Expo 88 in Brisbane, Australien,
                                                                             inklusive Sesselbahn und Skipiste

                                                                          1989 Nach dem Mauerfall eröffnet Farner
1977 Farner lanciert in der Schweiz die da­     Oben: Rudolf Farner          eine Filiale in Berlin
                                                gründet 1951 die erste
   mals unbekannte Automarke Mitsubishi
                                                PR-Agentur der Schweiz.
   mit einem Rennanlass im Stockental und                                 1990 Gründung von Farner Bern
   japanischem Buffet mit Sake
                                                Unten: Media-Monitoring   1992 Als einzige PR-Grossagentur nimmt
                                                analog: Farner und
1978 «Uf d’Socke mache» heisst die Aktion,      Sekretariat seines
                                                                             Farner als Aussteller an der ersten Inter­
   welche die halbe Schweiz auf die Beine       Pressebüros.                 net-Expo in Zürich teil
   und zu sportlicher Aktivität bringt – über
   40 000 Preise sind zu gewinnen, und Hazy
   Osterwald schreibt zur Kampagne einen
   Hit; der Farner Betriebsausflug heisst
   seither «Sockenmarsch»

1979 Farner führt erfolgreich die Abstim­
   mungskämpfe über die Atominitiative I
   und die Guttempler-Initiative, die beide
   im Sinne von Bundesrat und Parlament
   verworfen werden

1980 Dominique Brunner und Heinz Gut
   übernehmen die Geschäftsleitung, Gustav
   Däniker wechselt in den Bundesdienst

1981 Farner gewinnt im Auftrag der SBB
   und des Kantons Zürich den zentralen
   Abstimmungskampf für die Zürcher
   S-Bahn, ein Meilenstein in der Attrakti­
   vitätssteigerung des öffentlichen Ver­

                                                                                                                       15
04 April 2017

       Als erster
       Nicht-Amerikaner
       wurde Rudolf
       Farner 1964 zum
       World President der
       International
       Advertising
       Association
       ernannt.

1993 Farner gewinnt im Auftrag der Versi­          1999 Das vierte «Farner Forum Financial         2002 Farner gewinnt den IPRA Golden
       cherer alle vier Krankenkassenvorlagen          Relations» befasst sich mit Investor-­          World Award for Public Relations Excel­
       und ebnet der Neuordnung des Gesund­            Relations im Internet                           lence für die Prophylaxe-Aktion «Diabe­
       heitswesens in der Schweiz den Weg            – Die Agentur ist Mitglied der ÖBU                tes-Frühstück», welche in der Folge welt­
     – Für die Aids-Hilfe Schweiz führt Farner         «Schweizerische Vereinigung für ökolo­          weit zum Einsatz kommt
       eine Zielgruppenkampagne, «Frauen und           gisch bewusste Unternehmensführung»           – Anlässlich des Firmenjubiläums be­
       Aids»                                                                                           schenkt Farner die Öffentlichkeit mit ei­
     – Farner organisiert am 22. Mai in Bern mit   2000 Dr. Jacqueline Moeri, Partnerin, wird          nem Workshop für Freiwilligenorganisa­
       35 000 Manifestanten die grösste De­            zur Präsidentin der Schweizerischen Pub­        tionen
       monstration seit den Dreissigerjahren           lic Relations Gesellschaft (SPRG) gewählt     – 2001 wird und bleibt Farner die Nummer
                                                     – Jean-Marc Hensch, unter anderem Präsi­          eins im Agentur-Ranking des Bundes der
1997 Farner lädt erstmals alle ehemaligen              dent der Prüfungskommission SPRG,               Public Relations Agenturen der Schweiz
      Mitarbeiter zum «Ex Relations»-Anlass            stösst als Partner mit seinem Team zur          (BPRA) und für die nächsten zehn Jahre
      ein                                              Agentur                                         Marktführerin in der Schweiz
                                                     – VR-Präsident Gustav Däniker stiftet den
1998 Dr. Christian König (Bild) übernimmt              Farner «Kreativitätspreis», mit dem bis     2003 Gründung der Werbeabteilung Farner
       im Rahmen eines                                 heute jährlich unter dem Titel «Best            Creative
       Management-Buy-outs                             Excellence» hervorragende Kundenpro­          – Publikation des Farner-Kommunikati­
       das Aktien­paket des                            jekte prämiert werden                           onsindex (Umfrage zu geplanten Kom­
       sich zurückziehenden                          – Die Agentur unterstützt die Marktein­           munikationsausgaben bei den 500 füh­
       Dr. Gustav Däniker                              führung des ersten Hybridautos, des             renden Schweizer Unternehmen)
     – Weitere Partner sind Do­                        Toyota Prius                                  – Die Agentur lanciert das neue Weiter­
       minique Brunner, Dr. Jacqueline Moeri,                                                          bildungsprogramm «Farner PDP»
       Dr. Walter Spahni und Dr. Andreas Kurz;     2001 «50 Jahre Farner»-Feier im Oberdorf            (Professional Development Program)
       Niklaus Knüsel wird       Verwaltungs­          mit sechs Beizen und Boutiquen in der
       ratspräsident                                   umliegenden Altstadt                        2004 Farner firmiert neu als Farner
     – Die Agentur gehört nun vollständig dem        – Farner ist Gründungsmitglied der Gesell­        Consulting AG
       aktiven Management                              schaft der Investor Relations Agenturen       – Gründung der Eventabteilung
                                                       der Schweiz (GIRAS)                             Farner Emotions

16
66 Jahre Farner Sonderausgabe Farner

  – Farner ist exklusiver Schweizer Brand­      2007 Aufbau «Web Competence Center»                2013 Daniel Jörg stösst zu Farner und baut
    partner des globalen Omnicom-Agentur­         – Per 1. Januar 2008 übernimmt Farner die           die Digital-Abteilung auf; er erweitert
    netzes Porter Novelli                           Aktivitäten von Mediapolis Bern und               das Portfolio mit Services in Research &
  – Dr. Daniel Heller und Urs Knapp werden          Zürich                                            Analytics, Digital Marketing, Commu­
    Partner und damit Miteigentümer der                                                               nity & Social
    Agentur                                     2008 Eröffnung einer Filiale in Basel
  – Farner-CFO Rosmarie Widmer Gysel wird         – Der Agenturleiter Baschi Dürr wird 2012        2014 Philipp Skrabal, Vorstand im Art Di­
    in die Schaffhauser Regierung gewählt           in den Basler Regierungsrat gewählt                rector’s Club Switzerland und vielfacher
                                                                                                       Kreativ-Preisträger, übernimmt als Chief
2005 Christian König vertritt neu den Bund      2009 Start des neuen Geschäftsfeldes Spon­             Creative Officer die Werbe- und Event­
    der PR-Agenturen der Schweiz BPRA              soring und Events als Reaktion auf die              abteilung; der Schritt löst eine Diskus­
    im internationalen Dachverband ICCO            vermehrte Anfrage von Kunden, diese                 sion über das Verschwimmen der Diszip­
    und amtiert als ihr Treasurer                  Aktivitäten in der Gesamtkommunika­                 linen aus
  – «Farner goes International» nennt sich         tion stärker einzubinden                          – Michel Grunder, Leiter von Farner Bern,
    das Besuchsprogramm bei PR-Agenturen                                                               wird Partner
    in verschiedenen europäischen Städten,      2012 Farner wird Exclusive Affiliate des
    das seither laufend weitergeführt wird          globalen     Omnicom-Agenturnetzes             2015 Farner gewinnt zum zweiten Mal den
  – Farner besteht die CMS-Zertifizierung           Fleish­manHillard                                  Branchen-«Oscar» als beste Agentur der
    (Consultancy Management Standard der          – Frédéric Jacquemoud übernimmt die                  DACH-Region
    ICCO)                                           Leitung von Farner Westschweiz                   – Daniel Jörg und Frédéric Jacquemoud
                                                  – Farner erhält als erste Schweizer PR-              werden Partner
2006 Der erste «Knabenschiessen-Apéro»              Agentur den Branchen-«Oscar» (Hol­               – Die Agentur akquiriert das auf Change-­
    findet statt                                    mes Report) mit dem Titel «D-A-CH                  Management und interne Kommunika­
  – Farner wird exklusiver Schweizer Brand­         Consultancy of the Year»                           tion spezialisierte Beratungsunterneh­
    partner von Regester Larkin, dem welt­        – Christian König überträgt die Aktien­              men Enzaim und etabliert dieses als
    weiten Branchenleader für Krisenkom­            mehrheit und die operative Führung von             neuen Marktbereich
    munikation, und feiert dies mit einem           Farner an Roman Geiser,                          – Das Farner-Team besteht schweizweit
    stark besuchten Forum zum Thema «Kri­           ehemaliger COO von                                 erstmals aus über hundert Mitarbeitenden
    senkommunikation»                               Burson-Marsteller
  – Christian König wird von der ICCO als           EMEA und Präsident                             2016 Farner geht mit dem Reputation Insti­
    erster Schweizer und zweiter deutsch­           des BPRA der Schweiz.                              tute eine Partnerschaft ein, einem inter­
    sprachiger Europäer in die Hall of Fame         In der über sechzigjähri­                          nationalen Expertennetzwerk aus Wis­
    gewählt                                         gen Geschichte der Agentur wird Roman              senschaftlern und Praktikern auf dem
  – Der scheidende SBB-Chef Benedikt                Geiser (Bild) der erst vierte Mehrheits­           Gebiet der Reputationsforschung, und
    Weibel äussert öffentlich seine Anerken­        eigentümer                                         baut somit den evidenzbasierten Ansatz
    nung für die Rolle von Farner bei der er­                                                          weiter aus
    folgreichen Lancierung der Bahn 2000                                                             – Die Agentur bezieht im Juni neue Büros
                                                                                                       im Schmidhof, Zürich, und lebt das multi­
                                                                                                       disziplinäre Zusammenspiel von PR und
                                                                                                       Public Affairs, Content-Management,
                                                                            Gustav Däniker und         Kreation, digitaler Kommunikation und
                                                                            Rudolf Farner im
                                                                                                       Research & Analytics
                                                                            Gespräch mit Königin
                                                                            Margaret anlässlich      – Über 250 Kunden und ehemalige Far­
                                                                            des Advertising-­          ner-Mitarbeitende besuchen am 24. Au­
                                                                            Association-­
                                                                            Kongresses.                gust die neuen Büroräumlichkeiten
                                                                                                     – Mit YJOO Communications übernimmt
                                                                                                       Farner die erfolgreichste Jungagentur
                                                                                                       des Landes und verwirklicht den An­
                                                                                                       spruch, die vollständigste und umfas­
                                                                                                       sendste Agentur der Schweiz zu sein 

                                                                                                                                              17
04 April 2017

Farner

Nähe als Erfolgsfaktor

Die Kommunikationsagentur Farner hat die Geschichte ihrer Branche massgeblich bestimmt.
Doch was heisst das für die Zukunft? CEO Roman Geiser wagt einen Blick nach vorne.

Text: Roman Geiser Bilder: Pascal Rohner, Markus Senn (Porträt Geiser)

                                                       Seit 66 Jahren ist die Agentur Farner an den         gen «hybriden» Spagat. Zwischen Sparkurs
                                                       Schnittstellen von Gesellschaft, Wirtschaft          und Luxus. Zwischen Teilen und Besitzen,
                                                       und Politik aktiv. Die Geschichte von Farner         zwischen ökologischer Verantwortung und
                                                       ist also auch die Geschichte der Kommunika­          hemmungslosem Genuss. Parallel zur wach­
                                                       tionsarbeit in der Schweiz. Wie nur wenige           senden Komplexität und den zunehmenden
                                                       Agenturen hat sie seit der Gründung 1951             Widersprüchen nimmt die Flut von Informa­
                                                       durch Dr. Rudolf Farner die Kommunikati­             tionen unaufhaltsam zu. Noch nie gab es so
                                                       onsdisziplin mitgeprägt und mitentwickelt.           viele Inhalte, in so rasantem Tempo, auf so
                                                       Damals wie heute muss sich die Agentur               vielen Kanälen, von so vielen Absendern, mit
                                                       selbst laufend verändern, experimentieren,           so vielfältigen und zum Teil widersprüchli­
                                                       neue Wege beschreiten und damit die Ba­              chen Aussagen. Noch nie hatten wir persön­
                                                       lance zwischen Herkunft und zukunfts­                lich so viel Kontrolle darüber, ob, wann und
                                                       fähigen Veränderungen finden. Heute steht            wie wir etwas sehen, hören oder lesen. Noch
                                                       die Agentur Farner wieder an einer bestim­           nie hatten wir so viele Möglichkeiten, uns mit
Roman Geiser, CEO und Managing Partner,                menden Wegmarke, denn wie selten zuvor               Familie, Freunden oder Gleichgesinnten aus­
Farner Consulting AG.
                                                       verändert sich die Welt der Kommunikation.           zutauschen. Das führt dazu, dass wir in einer
                                                       Wie sieht das neue Umfeld aus? Wohin geht            Zeit, in der wir immer mehr Auswahl und we­
                                                       die Reise von Farner an dieser Wegmarke?             niger Geduld haben, alle das Gleiche tun:
                                                                                                            ausblenden, ignorieren, selektionieren. Da­
                                                        Komplexität, Widersprüche und                       bei geht selbst das Gute und Richtige unter,
                                                        ­Informationsflut prägen das neue Umfeld            wenn es nicht radikal relevant ist.
                                                       Egal, in welcher Branche Unternehmen, Insti­
                                                       tutionen oder Personen tätig sind – die Heraus­      Unternehmen und Marken
                                                       forderungen sind geprägt durch Komplexität.          als soziale Systeme
                                                       Wir alle erleben, dass es in dieser schnellen, di­   Der letzte grosse Trend an der aktuellen Weg­
                                                       gitalen, globalen und vernetzten Welt keine          marke für Agenturen ist schliesslich die Su­
                                                       einfachen Lösungen mehr gibt. Niemand kann           che nach einer neuen Sinnhaftigkeit. So müs­
                                                       sich hinstellen und sagen: «Wir kennen den ei­       sen Marken alles gleichzeitig sein: nahbar,
                                                       nen richtigen Weg.» Zu offensichtlich sind die       anschlussfähig, reaktionsfähig, ökologisch,
                                                       Auswirkungen des Medienwandels. Zu offen­            gesellschaftlich verankert und auf Augen­
                                                       sichtlich ist der Umstand, dass sich die Kunden      höhe mit dem Konsumenten. Unternehmen
                                                       und damit auch die Agenturen in ständiger            und deren Marken sind in dieser Welt soziale
                                                       Transformation befinden.                             Systeme, die in einem gesellschaftlichen Kon­
                                                         Darüber hinaus ist das neue Umfeld voller          text operieren. Sie müssen Vertrauen über
                                                       Widersprüche, denn die Anspruchsgruppen              Beziehungsqualität und Nähe aufbauen. Nur
                                                       der Kommunikation leben in einem ständi­             wer dabei seine Stakeholder und das ganze

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Sonderausgabe Farner

Mit seiner markanten 360-Grad-Architektur bietet das Schmidhof-Gebäude im Herzen von Zürich auf zwei Stockwerken die idealen Räumlichkeiten für das Zürcher Team.

Spielfeld versteht und in der Lage ist, Bezie­          benen Transformation im alten Denken in                  ner deutlich gewachsene Kreativ- und Event-
hungen zu pflegen und auszubauen, kann die              Disziplinen oder Kanälen (wie Werbung, PR,               Unit, mit einer Unit Change-Management
Suche nach Sinnhaftigkeit bei Kunden und                Direct, Digital usw.) kaum mehr zu bewälti­              und mit den Bereichen Research und Ana­
Mitarbeitenden zum kommunikativen Ent­                  gen. Erfolgreiche Kommunikation kann                     lytics. Schliesslich setzte die Agentur mit dem
scheidungskriterium machen.                             heute nur noch gemeinsam und disziplin­                  Zusammengehen mit YJOO Communica­
                                                        übergreifend entstehen. Das Navigieren in                tions 2016 einen weiteren grossen Akzent, in­
Die Antwort: ko-kreieren, Brücken bauen                 der oben beschriebenen Komplexität setzt                 dem Marke und Konsument in der Agentur
und auf Vertrauen setzen                                heute eine Haltung voraus, die den Kontext               eine grössere Bedeutung einnehmen. Damit
Wer sich in dieser Welt des Wandels neues               im Sichtfeld behält. Weg vom Denken und                  ist die Agentur zum wohl komplettesten
Terrain erschliessen will – ob als Kommuni­             Handeln in Silos, hin zu einer übergreifenden            Dienstleister im Bereich Kommunikation der
kationsabteilung oder als Beratungsunter­               und kompletten Sicht. Das prägt auch die Zu­             Schweiz angewachsen. Aber diese Diszipli­
nehmen –, muss näher dran sein: am Men­                 sammenarbeit mit den Kunden, denn der                    nen allein genügen nicht für eine umfassende
schen, an Themen, an Märkten, am gesell­                Blick auf das Notwendige basiert auf einem               Perspektive, selbst wenn sie harmonisch und
schaftlichen und politischen Kontext und an             partnerschaftlichen Zusammenarbeitsver­                  übergreifend zusammenarbeiten. Es braucht
dem sich daraus stetig entwickelnden Wissen.            hältnis, auf aktivem Zuhören, auf Perspekti­             zusätzlich eine thematische Tiefe, Technolo­
«Nähe» muss deshalb die Art der Beratung,               venwechsel und passgenauer Methodik.                     gieverständnis, analytisches Denken und das
das Denken und die Arbeit einer modernen                Kommunikation ist damit nicht mehr ein Pro­              Wissen um die Prozesse in Organisationen.
Agentur prägen.                                         dukt, sondern ein Prozess. Und Ko-Kreation
  Im Austausch mit den Kunden sowie in der              ist die Haltung, die es in der internen Zusam­           Hin zu einer vernetzten, interaktiven und
Zusammenarbeit in der Agentur selbst über­              menarbeit und an der Schnittstelle zum Kun­              partizipativen Welt
setzt sich das Thema «Nähe» in Ko-Kreation.             den braucht.                                             Der Begriff «Nähe» sollte aber nicht nur die
Früher war es möglich, Aufgaben mit isolier­              Um diesen Perspektivenwechsel laufend                  Art und Weise bestimmen, wie Agenturen mit
ten Kompetenzen anzugehen, denn wir leb­                vornehmen zu können, hat sich Farner in den              Kunden zusammenarbeiten oder wie eine
ten in einer linearen, struktur- und hierar­            letzten Jahren breiter aufgestellt. Die klassi­          Agentur disziplinübergreifend auf Aufgaben­
chieorientierten Welt. Kommunikative Her­               schen Kompetenzen wie Unternehmenskom­                   stellungen blickt, sondern er sollte auch die
ausforderungen sind aber heute angesichts               munikation und Public Affairs wurden er­                 Arbeit selbst prägen: Wo es früher genügte,
des Medienwandels und der oben beschrie­                gänzt mit einem starken Digital-Team, mit ei­            Zielgruppen mit den richtigen Botschaften zu

                                                                                                                                                                    19
04 April 2017

                                                                                                                            Am Standort Zürich finden
                                                                                                                            regelmässig Austausch-,
                                                                                                                            Weiterbildungs-
                                                                                                                            und Best-Practice-­
                                                                                                                            Veranstaltungen statt.

bedienen, muss Kommunikation heute die           cher als anderen Anbietern des Agenturspek­        prägen langjährige Kundenbeziehungen und
Menschen verbinden und miteinbeziehen.           trums, von «senden» auf «austauschen» um­          Freundschaften, die weit über den Dienstleis­
Erzwungene Aufmerksamkeit hat ausgedient.        zustellen und disziplinübergreifend zu arbei­      tungsauftrag der Agentur hinausgehen, die
So wird die ehemals lineare Welt zu einer ver­   ten. Unsere Nähe zu Inhalten ist der zweite        Marke Farner.
netzten, interaktiven und partizipativen Welt,   Treiber, der uns hilft, den Medienwandel er­         Diese Stabilität und Verlässlichkeit, der un­
und transaktionale Push-Strategien werden        folgreich zu nutzen. Das Thema Con­      tent-     ternehmerische Impetus und die Verankerung
ersetzt durch Community-Management und           Marketing wurde in den letzten Jahren zum          in der Schweiz legten erst die Grundlage dafür,
Influencer-Relations. In dieser neuen Welt       Buzzword der Agenturwelt; Farner arbeitet          dass sich die Agentur laufend weiterentwi­
treiben zudem nur Inhalte an, die radikal re­    seit 66 Jahren an Themen und Inhalten.             ckeln konnte und heute an der Wegmarke
levant sind. Nur Kommunikationsideen, die          «Nähe» bedeutet in der neuen Welt zudem,         grosser Transformationen die Kommunikation
kreativ stark sind, werden verstanden. Nur       mit Daten umgehen zu können und Wissen            weiterentwickeln wird. Doch in welchen Fel­
was einen Nutzen bringt, wird gehört, gelesen    daraus zu schöpfen, Perspektiven aus Politik,      dern wird die Agentur morgen innovieren?
und erfahren. Nur wer Interaktion ermög­         Wirtschaft und Gesellschaft zu kennen, geo­       Virtual und Augmented Reality? User-Experi­
licht und so Menschen dazu bewegt, andere        grafisch mit Standorten in allen Landesteilen      ence? Brand-Studios? Programmatic Adverti­
Menschen zu bewegen, schafft Wahrnehmung         und Wirtschaftsregionen vor Ort zu sein und        sing? Der Weg ist noch unbestimmt, aber Neu­
in der ganzen Breite.                            gut vernetzte und multidisziplinäre Berater        gier und Offenheit, der Antrieb, sich laufend zu
                                                 zu haben, die näher an den Herausforderun­        verändern, und viel Erfahrung im Rucksack
Brücken bauen für den Vertrauensaufbau           gen und Themen der Kunden sind.                   werden der Agentur dabei helfen, auch nach
Letztlich entscheidet «Nähe» auch über den                                                          66 Jahren die Kommunikationsdisziplin
Markterfolg der Kunden, denn wie erfolg­         Transformation bei Kunden –                       ­weiterhin mitzugestalten. 
reich Unternehmen, Institutionen und Perso­      Transformation bei Agenturen
nen sind, hängt massgeblich davon ab, wie sie     Das starke Wachstum von Farner in den letz­
wahrgenommen werden und ob man ihnen              ten Jahren gründet ausser auf der inhalts­
Vertrauen schenkt. Mit jedem Kontakt gewin­       getriebenen Beziehungspflege als Kern des
nen oder verlieren sie an Reputation. Und         Dienstleistungsportfolios auch auf einer un­
Vertrauen entsteht dabei nur über Bezie­         vergleichlichen Kontinuität, die es in der
hungsqualität und Nähe. Somit liegt Markt­        Kommunikationsbranche nur selten gibt. Das
erfolg in der Fähigkeit, Beziehungen aufzu­      Unternehmen war zunächst im Besitz von
bauen und diese zu pflegen. Und die Aufgabe       Dr. Rudolf Farner und Dr. Gustav Däniker,
eines Kommunikationsdienstleisters muss es        der in den Neunzigern die Aktienmehrheit an
sein, die dafür notwendigen Brücken zu            Dr. Christian König übergab. Seit 2012 ist
bauen, tragfähige Ideen und Inhalte zu entwi­    ­Roman Geiser Mehrheitsinhaber und CEO
ckeln sowie Medien- und Alltagsforschende         und damit erst der vierte Mehrheitspartner in
für die Kunden zu sein.                           66 Jahren Agenturgeschichte. Zur Kontinui­
  Historisch in der PR gross geworden, hat        tät tragen auch die vielen langjährigen Mitar­
Farner partizipative Kommunikation von je­        beitenden in Schlüsselpositionen und das
her tief in der DNA. Es fällt uns damit einfa­    Partnermodell der Agentur bei. Schliesslich

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