Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg

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Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
BILDUNGSWISSENSCHAFTLICHES MAGAZIN DER PÄDAGOGISCHEN HOCHSCHULE HEIDELBERG

WISSENSTRANSFER
                                                      Sommer 2017 . 22. Jahrgang
                                                                    daktylos
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
daktylos
                                                                                                                                 BILDUNGSWISSENSCHAFTLICHES MAGAZIN
                                                                                                                                 DER PÄDAGOGISCHEN HOCHSCHULE HEIDELBERG

                                                                                                                                 WISSENSTRANSFER
                                                                                                                                 SOMMER 2017

 Für mich die Einzige

 Banken gibt es viele. Aber die BBBank ist die einzige bundesweit tätigegenossenschaftliche
 Privatkundenbank, die Beamten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes einzigartige
 Angebote macht. Zum Beispiel den B-Tarif für Bankleistungen. Außerdem betreiben wir eine
 konsequente Mitglieder-Mehrwert-Politik . Als Selbsthilfeeinrichtung für den öffentlichen
                                          ®

 Dienst 1921 gegründet, verfolgen wir bis heute erfolgreich nur ein Ziel: Nutzen stiften für die
 Gemeinschaft unserer Mitglieder und Kunden.
 Mit Direktbank und wachsendem Filialnetz sind wir bundesweit für Sie da.
 Mehr Informationen? Gerne!
 Die BBBank finden Sie dreimal, in Heidelberg und unter:
 www.bbbank.de                                                                                     Die Bank für Beamte
                                                                                                   und den öffentlichen Dienst

Ich fahr‘ mit dem Semester-Ticket.
Für Studierende gibt‘s das VRN Semester-Ticket im
Onlineshop der rnv unter https://tickets.rnv-online.de.
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
daktylos . 2017      4| 5

 Inhalt                                                                    Editorial                            ¨«
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                                                                           „WIR BRAUCHEN MEHR COURAGIERTE GRÜNDER!“                        gesellschaftliche Fragestellungen – und das weit über den
     WISSENSTRANSFER                                                                                                                       Schulkontext hinaus. Zahlreiche Kontakte nicht nur in die
                                                                           Liebe Leserinnen und Leser,                                     Metropolregion Rhein-Neckar manifestieren diesen Wissen-
                                                                                                                                           stransfer in die Praxis, nachhaltig insbesondere in der Zusam-
                                                                           Jörg Zeuner, Chef-Volkswirt der Förderbank Kreditanstalt für    menarbeit mit großen Unternehmen wie HeidelbergCement,
     INTRO                                                                 Wiederaufbau (KfW), äußerte sich kürzlich besorgt darüber,      dm-drogerie markt, REWE und Heidelberg Engineering. Eine
                                                                           dass es in Deutschland immer weniger Innovatorinnen und         Anfang 2017 vom Senat verabschiedete Transferstrategie pro-
 5   EDITORIAL                                                             Innovatoren gibt. Insbesondere der Mittelstand laufe deshalb    fessionalisiert diesen Prozess und unterstützt bei Ausgrün-
                                                                           Gefahr, an Produktivität zu verlieren und der internationalen   dungen und anderen innovativen Ideen.
 6   DIE DRITTE MISSION                                                    Entwicklung hinterherzulaufen. Zeuner appellierte in diesem
     Leitideen des Wissenstransfers der Hochschule                         Zusammenhang ausdrücklich an die Wissenschaft, ihre Ergeb-      Lernen Sie im vorliegenden daktylos die Initiativen und Pro-
                                                                           nisse in größerem Maße unternehmerisch zu nutzen.               jekte der Hochschule kennen, die bildungswissenschaftliches
 8   DIE SMARTE VERNETZUNG                                                                                                                 Wissen in unterschiedlichen Handlungskontexten nutzbar
     Ein Gespräch mit Prof. Dr. Christian Spannagel und Dr. Markus Gomer   Mit dieser Forderung rennt der Volkswirt freilich an der Pä-    machen!
                                                                           dagogischen Hochschule Heidelberg offene Türen ein. „Wis-
                                                                           senstransfer“ heißt das hier: Forscherinnen und Forscher
     PÄDAGOGISCHE KOMPETENZEN ANWENDEN                                     entwickeln bildungswissenschaftliche Konzepte für aktuelle      Birgitta Hohenester-Pongratz

11   E-LEARNING UND MEDIENBILDUNG IN DER PRAXIS
     Wissenstransfer zwischen Hochschule und Wirtschaftsunternehmen

14   SCHULGEBÄUDE IM WANDEL
     Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“
                                                                                   GESELLSCHAFTLICHE INTEGRATION & INKLUSION
16   MENTAL STARK
     Heidelberger Kompetenztraining                                           34   INKLUSION DURCH KLETTERN
                                                                                                                                                                                         *
                                                                                   Ein Gespräch mit Sonderpädagogik-Studentin Laura Riedl
20   PROTECT
     Präventionsprogramm gegen Internetsucht                                  36   WER WOHNT WIE AM BESTEN?
                                                                                   Projekt „Unter Dach und Fach“ erstellt Index zum inklusiven Wohnen
22   DER SITZENDE STUDENT
     Modellprojekt für bewegungsorientierte Gesundheitsförderung              37   FAMILIEN BEI DER INTEGRATION UNTERSTÜTZEN
                                                                                   Migrationsforschung und Transkulturelle Pädagogik für die Praxis
23   DAS FREMDE MUSIKALISCH ERKUNDEN
     Kooperation mit dem Klangforum Heidelberg                                38   OPTIMAL DEUTSCH LERNEN
                                                                                   Ein Gespräch mit den Wissenschaftlerinnen Dr. Nadja Wulff und Stephanie Krupp
24   GRÜNDEN LERNEN
     Eigene Geschäftsideen zur Marktreife bringen                             40   DAS WOHNPROJEKT HAGEBUTZE
                                                                                   Häuser eines ehemaligen Militärgebietes gemeinschaftlich nutzen

     INSTITUTIONELLE VERANTWORTUNG & TRANSFER                                 42   NACHRICHTEN INKLUSIV
                                                                                   Einfach Heidelberg: Barrierefreies Online-Portal in Leichter Sprache
25   MINT-TRANSFERNETZWERK VERSUS FACHKRÄFTEMANGEL
     Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften unterstützen
                                                                                   MIT BILDUNGSEXPERTISE IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT
26   UNESCO CHAIR
     Umweltforschung mit Geotechnologien – Eine Visualisierung                45   SOCIAL ENTREPRENEURSHIP
                                                                                   Ein Gespräch mit Campusmanager Dr. Björn Pospiech
28   BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
     Klimawandel gestalten – Biodiversität fördern                            48   WARUM SIND DIE ANDEREN SO ANDERS?
                                                                                   Ein Gespräch mit Weiterbildungsexpertin Fadja Ehlail
32   KLEINES LOB – GROSSE WIRKUNG!
     Institut für Lösungsorientierte Beratung und Supervision (ILBS)          50   VON DER IDEE ZUM EIGENEN UNTERNEHMEN
                                                                                   Gründernetzwerk Heidelberg Startup Partners e. V.
33   MIT KINDERN DIE WELT ENTDECKEN
     Forscherstation unterstützt Kitas bei der Naturerkundung                 39   IMPRESSUM
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
Intro                                                                                                                                                                                                                                                daktylos . 2017       6| 7

DIE DRITTE MISSION
Hochschulen haben neben Lehre und Forschung zunehmend auch die Aufgabe, zur                                                                                                                                                                                            *
                                                      Lösung gesellschaftlicher Probleme beizutragen.
          Wir verstehen diese „Third Mission“ als Wissenstransfer in unterschiedliche
                                                                                                                                                                                                                                   PROF. DR. HANS-WERNER HUNEKE,
       Lebensbereiche. Gesellschaftliche Verantwortung, Kooperation und regionale                                                                                                                                                  Professor für deutsche Sprache und
                                                                                                                                                                                                                                   ihre Didaktik, ist seit Oktober 2015
                                                          Vernetzung sind dabei wichtige Leitprinzipien.                                                                                                                           Rektor der Pädagogischen Hochschule
                                                                                                                                                                                                                                   Heidelberg.
                                                                                                        TEXT: HANS-WERNER HUNEKE

Welche Aufgaben haben Hochschulen? Forschung und Lehre,              In einem dritten Sinne ergibt sich ein Bedarf an unmittelba-
so lautet die traditionelle Antwort. In den letzten Jahren wird      rem Austausch zwischen Gesellschaft und Hochschule aus
aber auch bei uns immer häufiger nach einer dritten Mission,         den Entwicklungstendenzen hin zur postindustriellen Wis-
einer „Third Mission“ gefragt. Damit ist die Erwartung ver-          sensgesellschaft. Dabei verändert sich das in der Praxis benö-
knüpft, dass Hochschulen der Gesellschaft, von der sie ihre          tigte Wissen mit stetig wachsender Schlagzahl. Lebenslanges
Ressourcen erhalten, etwas zurückgeben. Sicherlich tun sie           Lernen wird in der Konsequenz immer mehr zum Normalfall           Mission zuweist, kommt auch in der Transferstrategie zum           Observation and Education“ ist ein Leuchtturm der Umwelt-
dies, indem sie neues Wissen generieren und Fachleute für            in den Bildungsbiographien – und damit auch der Weg zurück        Ausdruck, der der Senat in seiner Sitzung am 8. Februar 2017       und Nachhaltigkeitsforschung und des Engagements für Bil-
künftige berufliche Aufgaben wissenschaftlich qualifizieren.         an die Hochschulen. Aus deren Sicht erweitert sich damit das      verabschiedet hat. Die Transferstrategie zielt auf die drei Be-    dung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Die Outdoor Educa-
Erhebliche Chancen liegen aber auch darin, dass sie unmit-           Aufgabenfeld der Fort- und Weiterbildung, es eröffnet sich        reiche „Innovation & Gründungskultur“, ‚Netzwerk & Interakti-      tion gehört ebenso wie die Stärkung des Bewusstseins von
telbar einen Beitrag zur Lösung von gesellschaftlichen Auf-          aber auch ein unmittelbarer und gleichsam simultaner Zugang       on‘ sowie „Offene Hochschule“ und sieht dafür jeweils strate-      Biodiversität und Klimawandel zu den Bausteinen, aus denen
gaben und Problemen leisten und hier eine dritte Mission             zur Nachfrage nach neuem Wissen.                                  gische, strukturelle und operative Maßnahmen vor.                  ein BNE-Zentrum entstehen soll. MINT-Bildung kann und soll-
wahrnehmen.                                                                                                                                                                                               te auch außerhalb der Schule stattfinden und eine Struktur
                                                                     Für das Agieren auf diesem tripolaren Feld einer dritten Missi-   Die vorliegende Ausgabe des daktylos zum Thema „Wissen-            finden. Die Forscherstation zeigt, wie die Weiterqualifizie-
Eine seit Langem bewährte Traditionslinie der dritten Mission        on ist die Pädagogische Hochschule Heidelberg in mehrfacher       stransfer“ zeigt für diesen besonders wichtigen Teilbereich        rung von Erziehern und Erzieherinnen für die naturwissen-
ist der Transfer von Technologie aus Hochschulen in Unterneh-        Weise gut aufgestellt. Ein intensiver und in beide Richtungen     einer dritten Mission, wie erfolgreich ganz unterschiedliche       schaftliche Bildung schon in der Elementarerziehung funk-
men. Ingenieurwissenschaftlich ausgerichtete Fachrichtungen          aktiver Kontakt zum Berufsfeld ist für eine Einrichtung mit der   Akteure bereits aktiv sind. Sie agieren in der Hochschule und      tionieren kann. Das Institut für lösungsorientierte Beratung
liefern Paradebeispiele dafür – nicht nur mit der fremdfinan-        Aufgabe der Lehramtsausbildung schon immer von besonde-           aus ihr hinaus, stets vernetzt und im Kontakt zu ihren Part-       und Supervision (ILBS) bietet auf seinem Aufgabenfeld eine
zierten Auftragsforschung, sondern auch, indem Studienpro-           rer Bedeutung. Das haben wir übertragen auch auf die Ange-        nern, wie das einleitende Interview mit Prorektor Prof. Dr.        Qualifikation auf hohem Niveau an.
jekte und Qualifikationsarbeiten in Kooperation mit Betrieben        bote zur frühen Bildung, zur Gesundheit, zu Medien und zu         Christian Spannagel und dem Leiter „Lebenszyklus Bildung“
durchgeführt werden. Daraus ziehen beide Seiten Nutzen – die         den Bildungswissenschaften. Der Struktur- und Entwicklungs-       bei der Metropolregion Rhein-Neckar, Dr. Markus Gomer, zeigt.      Gesellschaftliche Integration und Inklusion
Betriebe aus den Problemlösungen, die Hochschulen aus einer          plan für die Jahre 2017 – 2021 bietet für die Themenfelder der    Der Wissenstransfer findet auf unterschiedlichen Handlungs-        Eine Studentin der Sonderpädagogik nutzt Sportarten wie
guten Kenntnis der Entwicklungen und Bedarfe der Praxis.             dritten Mission gleich in drei von fünf zentralen Leitgedanken    feldern statt:                                                     Klettern und Slackline zur Integration von Menschen mit
Eine andere Traditionslinie können wir bei unseren Partner-          Anknüpfungspunkte:                                                                                                                   Migrationshintergrund. Ein Index für inklusives Wohnen in
hochschulen in Lateinamerika beobachten. Die „Extensión                                                                                 Pädagogische Kompetenzen anwenden                                 der Gemeinde, von Sonderpädagogen der Hochschule ent-
universitaria“ ist dort neben Forschung und Lehre an vielen           Forschung und Entwicklung:                                        E-Learning leistet einen Beitrag zur Medienbildung, im            wickelt, wird nun deutschlandweit angewendet. Ein Weiter-
Hochschulen fest verankert und typischerweise mit eigenen             Es gehört zum Markenkern der Hochschule, dass sie einen           Kontakt mit Kooperationspartnern. Im Reallabor „Stadt–            bildungsangebot qualifiziert für die Arbeit mit Flüchtlingen,
administrativen Strukturen bis hin zu eigenen Prorektoraten           Teil ihrer Forschungsleistungen erbringt, indem sie Konzepti-     Raum–Bildung“ erforschen unsere Wissenschaftlerinnen              Migranten und Migrantinnen. „Einfach Heidelberg“, ein von
versehen. Sie schließt den kulturellen und sozialen Austausch         onen für die Praxis von Bildungsprozessen auf wissenschaft-       und Wissenschaftler mit weiteren Partnern, wie Schul- und         PH-Sonderpädagogen und Journalisten gestaltetes Internet-
ein, Angebote zu formaler und nonformaler Bildung für jeder-          licher Grundlage erarbeitet, überprüft und entwickelt.            Bildungslandschaften gut funktionieren. Das Heidelberger          portal, bietet Nachrichten in Leichter Sprache an. Das Pro-
                   mann, das zivilgesellschaftliche Engagement,                                                                         Kompetenztraining (HKT), entwickelt im Fach Sport, wird           jekt JuSe Deutsch unterstützt Jugendliche in der Sekundar-
                     die Erweiterung der Chancen zur gesell-          Kooperation – lokal und global:                                   bereits mit nationalen und internationalen Partnern ein-          stufe beim Deutschlernen. „Hagebutze“ schafft dauerhaft
                      schaftlichen Partizipation. Zu ihren Wurzeln    Die Hochschule ist bereits gut vernetzt und wird die Zusam-       gesetzt. In der Konzertpädagogik werden Zugänge für jun-          bezahlbaren Wohnraum in Heidelberg. Ein PH-Mitarbeiter
                       gehört die „Reforma universitaria“ von         menarbeit mit Partnern insbesondere in der Europäischen           ge Leute zur Neuen Musik erprobt. Ein Projekt zur Sucht­          wird zum Firmengründer und eine Akademie-Mitarbeiterin
                          1918 an der Universität von Córdoba         Metropolregion Rhein-Neckar weiter intensivieren.                 prävention schützt Jugendliche bei ihrem Umgang mit dem           zur selbständigen Trainerin. Die Heidelberg Startup-Partners
                               in Argentinien, die sich auf den                                                                         Internet. Zu langes Sitzen ist ungesund – ein Projekt aus         unterstützen Gründerinnen und Gründer.
                                ganzen Kontinent und weit darü-       Gesellschaftliche Verantwortung:                                  dem Sport zeigt, was man dagegen tun kann. Ein Angebot
                                ber hinaus ausgewirkt hat. Auch       Die Hochschule nimmt gesellschaftliche Diskurse zum The-          der Aka­demie für wissenschaftliche Weiterbildung weist          Für all diese Formen des Wissenstransfers ist die Pädagogi-
                               auf dieser Ebene ist die dritte        menfeld Bildung in Forschung und Lehre auf und bringt ihre        den Weg zur Entrepreneurship.                                    sche Hochschule ein guter Ort – ein guter Ort, weil hier Fach-
                         Mission für beide bereichernd, für die       Expertise zugleich in die öffentliche Diskussion dazu ein.                                                                         leute für Bildungsprozesse ausgebildet werden. Sie werden als
                                     Hochschulen und für die Ge-                                                                        Institutionelle Verantwortung und Transfer                       Multiplikatorinnen und Multiplikatoren tätig und: Sie transfe-
                                     sellschaft.                     Die wachsende Bedeutung, die die Hochschule der dritten            Der „UNESCOChair on World Heritage and Biosphere Reserve         rieren das Wissen nicht nur, sie vervielfachen es.
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
Intro
                                                                                                                                                                                                                                         daktylos . 2017       8| 9

DIE SMARTE                                                                                                            Auf dem Foto in der Mitte Dr. Gomer, rechts Prof. Spannagel

VERNETZUNG
                                                                                                                      Daher jetzt die Transferstrategie?                                      arbeit mit der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH intensi-
                                                                                                                      Spannagel: Genau. Mit der Transferstrategie, die unter Ein-             vieren und neu strukturieren.
                                                                                                                      bezug ganz unterschiedlicher Statusgruppen entwickelt und               Gomer: Unser Zusammenkommen war ein glücklicher Zu-
                                                                                                                      vom Senat verabschiedet wurde, planen wir nun erstmals, die             fall zum richtigen Zeitpunkt. Aufgabe der Regionalentwick-
                                                                                                                      entsprechenden unterstützenden Strukturen zu entwickeln.                lung ist es, den strategischen Dialog zwischen Wirtschaft,
                                                                                                                      So soll zum Beispiel eine zentrale Anlaufstelle geschaffen wer-         Wissenschaft, Politik und Verwaltung in der Metropolregi-
                                                                                                                      den, an die sich alle Hochschulmitglieder wenden können, die            on Rhein-Neckar zu fördern, um den Standort so insgesamt
Die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Metropolregion                                                         eine forschungsbasierte Transferidee haben, und bei der sie             stärker und wettbewerbsfähiger zu machen. Ziel ist es, Wert-
                                                                                                                      Beratungs- und Vernetzungsangebote finden.                              schöpfung und Mehrwerte durch verbesserte Kooperationen
Rhein-Neckar GmbH verfolgen gemeinsam das Ziel, den Wissenstransfer in                                                                                                                        zu generieren. Hierzu gehört zum Beispiel auch, dass wir Inno-
                                                                                                                      Neben der Schaffung einer Gründungskultur sieht die Transferstrategie   vationspotentiale und Best-Practices aus dem Bildungsbereich
der Metropolregion zu verbessern.                                                                                     auch den Ausbau der so genannten „Offenen Hochschule“ vor.              im Kreise unserer Partner multiplizieren.
                                                                                                                      Was ist darunter zu verstehen?
                                                                                                                      Spannagel: Wir wollen neue Möglichkeiten im Umgang mit                  Warum ist Ihnen Bildung so wichtig?
Ein Gespräch mit Professor Dr. Christian Spannagel und Dr. Markus Gomer.                                              wissenschaftlichen Erkenntnissen eröffnen und verfolgen                 Gomer: Unsere Gesellschaft befindet sich gerade in einem
                                                                                                                      dabei zwei Ansätze: Zum einen wollen wir die Chancen der                tiefgreifenden Transformationsprozess zwischen gestern
                                                                                                                      Digitalisierung konsequent nutzen und den Austausch zwi-                und morgen. Die Veränderungen, die Globalisierung oder
                                                                                                                      schen Forschenden zum Beispiel dadurch fördern, dass wir                Digitalisierung mit sich bringen, sind in vielen Bereichen
                                                                                                                      Forschungsprozesse offen zugänglich, nachvollziehbar und                spürbar und viele Menschen beschäftigen sich mit ihnen. Si-
                                                                                                                      nachnutzbar gestalten. Zum anderen wollen wir mehr Veran-               cher ist: Das Arbeiten, Leben und Lernen, wie wir es heute
                                                                                                                      staltungen zum Austausch auch mit der regionalen Öffent-                kennen, wird sich gravierend verändern. Noch fehlt es aller-
                                                                                                                      lichkeit durchführen. Die beiden Strategien ergänzen sich               dings an überzeugenden, tragfähigen Konzepten, wie wir die
                                                                                                                      gegenseitig und führen zu einer Verbesserung der Wissen-                nächste Generation richtig auf die Anforderungen der Zu-
                                                                                                                      schaftskommunikation sowie des Wissenstransfers.                        kunft vorbereiten. Daher ist die Kooperation mit der Päda-
                                                                                                                                                                                              gogischen Hochschule für uns so interessant: Hier sitzen Ex-
                                                                                                                      Wie darf ich mir das vorstellen?                                        pertinnen und Experten, die mit innovativen Konzepten zum
                                                                                                                      Spannagel: Nehmen wir den Bereich „Prävention und Ge-                   Bildungswandel beitragen und den Transformationsprozess
                                                                                                                      sundheitsförderung“. Unsere Hochschule verfügt hier über                didaktisch begleiten!
                                                                                                                      eine große Expertise. Gleichzeitig gibt es in der Region vie-           Spannagel: Die Kooperation passt auch deswegen so gut, weil
                „Bildung“ und „Transfer“ sind zwei Begriffe, die man nicht sofort miteinander in Verbindung bringt.   le Unternehmen, die ihr Betriebliches Gesundheitsmanage-                unsere beiden Organisationen von dem Konzept des lebens-
                Dennoch hat die Pädagogische Hochschule Heideberg Anfang 2017 eine Transferstrategie verabschiedet.   ment ausbauen wollen, oder Privatpersonen, die sich für                 langen Lernens überzeugt sind. Als Hochschule verstehen
                Prof. Dr. Christian Spannagel: Hört man den Begriff „Transfer“, denkt man in der Tat zunächst         ein gesundheitsförderliches Leben interessieren. Diese un-              wir uns zudem als „lernende Organisation“: Also lasst uns
                eher an Technologie-Transfer. Dabei liegen die Begriffe „Bildung“ bzw. „Wissen“ und „Transfer“        terschiedlichen Gruppen wollen wir zusammenbringen, um                  die Hochschule weiter öffnen! Übertragen wir die bereits in
                gar nicht so weit auseinander. An unserer Hochschule beispielsweise haben bildungswissen-             gemeinsam zum Beispiel über das Thema „Gesundheit am                    der Ausbildung von Bildungsexpertinnen und -experten er-
                schaftliche Forschungsaktivitäten schon immer einen engen Bezug insbesondere zur Schulpra-            Arbeitsplatz“ zu diskutieren. Als Wissenschaftler erhalten              folgreich angewendeten didaktischen Konzepte strukturiert
                xis. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln außerdem häufig neue Kon-             wir so wichtige Impulse aus der Praxis und können unsere                auf andere Bereiche. Lasst uns neues Wissen generieren!
                zepte für aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen – weit über den Schulbereich hinaus.             Arbeit entsprechend überprüfen und weiterentwickeln. Die
                                                                                                                      Öffentlichkeit erhält gleichzeitig wissenschaftlich fundierte           Welche anderen Bereiche kommen dabei in Frage?
                Den Begriff „Wissenstransfer“ hört man bislang dennoch eher selten.                                   Konzepte zur Verbesserung ihrer Alltags- und Berufspraxis.              Spannagel: Mir fällt spontan die interne Aus- und Weiterbil-
                Spannagel: Ich glaube, dass wir die Verbindung bislang einfach nicht bewusst hergestellt haben.                                                                               dung von Unternehmen ein.
                Was auch daran liegen mag, dass ein struktureller Rahmen gefehlt hat und die forschungsbasierten      Welche Rolle spielt dabei die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH?         Gomer: Ein gutes Beispiel! Nicht alle Firmen haben verinner-
                Bildungsinnovationen kaum strategisch genutzt wurden.                                                 Spannagel: Unsere Hochschule ist insbesondere über die                  licht, dass Qualifizierungsmaßnahmen zur Förderung von
                Dr. Markus Gomer: Dabei hat Ihre Hochschule hier wirklich Potenzial. Der Faktor „Wissen“              zahlreichen Schulpraktika, die unsere Studierenden absol-               zukunftsorientierten Kompetenzen ein wichtiger Pfeiler der
                nimmt im nationalen wie internationalen Wettbewerb stark an Bedeutung zu, funktionierende             vieren, bereits fest in der Bildungslandschaft der Metropol-            Unternehmensstrategie sind und gefährden damit langfris-
                Bildungs-Netzwerke und ein effektiver Wissenstransfer werden immer mehr zum Standortfaktor.           region verankert. Ein Wissenstransfer von und zu anderen                tig ihren Erfolg. Einigen Unternehmen fällt es schwer, interne
                Der Kontakt und Austausch mit Hochschulen wird somit gerade für kleine und mittelständische           Partnern – wie beispielsweise Wirtschaftsunternehmen und                Qualifizierungskonzepte für alle Altersgruppen und Funktio-
                Unternehmen immer wichtiger. Aus meiner Sicht kann die PH Heidelberg mit ihrer bildungswis-           Vereinen – stand bei uns bislang nicht im Fokus. Wir konnten            nen zu etablieren.
                senschaftlichen und fachdidaktischen Expertise hier absolut zum Leuchtturm werden!                    dann erfreulicherweise die bereits bestehende Zusammen-                 Spannagel: Als eine Lösung dieses Problems könnten wir
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
Intro                                                                                                                                            Pädagogische Kompetenzen anwenden                                                                            daktylos . 2017       10 | 11

zum Beispiel gemeinsam so genannte „smarte Bildungsräu-
me“ entwickeln, die es heterogenen Belegschaften ermögli-
chen, auch an niedrigschwelligen Bildungsangeboten teilzu-
                                                                           kräfte im Umgang mit äußerst heterogenen Klassen; dabei er-
                                                                           fahren sie unter anderem, wie schwer es sein kann, im Erwach-
                                                                           senenalter eine neue Sprache zu lernen und werden dadurch
                                                                                                                                                 E-LEARNING UND MEDIENBILDUNG
nehmen.
Gomer: Tatsächlich! Smarte Bildungskonzepte könnten formel-
les, non-formelles und informelles Lernen vereinen und den
                                                                           für eventuelle Schwierigkeiten sensibilisiert. Das Reallabor
                                                                           Asyl wiederum leistet einen wichtigen Beitrag dazu, Flücht-
                                                                           linge schnellstmöglich in die Arbeitswelt zu integrieren – und
                                                                                                                                                 IN DER PRAXIS
Horizont der klassischen Weiterbildung deutlich erweitern.                 leistet somit auch einen potenziellen Beitrag zur Reduzierung
Spannagel: Und unsere Wissenschaftlerinnen und Wissen-                     des Fachkräftemangels. Die Möglichkeiten sind vielfältig…             Studentische E-Learning-Projekte stärken den Wissenstransfer
schaftler erhalten einen weiteren Erkenntnisgewinn.
                                                                           Kommen hier die „smarten Bildungsräume“ ins Spiel, die vorhin kurz    zwischen Hochschule und Wirtschaft.
Eigentlich eine Win-win-Situation für alle. Kritiker werden diesen engen   erwähnt wurden?
Bezug zum Markt vermutlich dennoch ablehnen. Wird die Pädagogische         Gomer: Genau. „Smarte“ Bildungsräume leben von der Ver-               TEXT: ANNETTE SCHULZE UND HOLGER MEEH
Hochschule Heidelberg denn nun zu einer unternehmerischen Hochschule?      netzung und von verschiedenen Formen des Lernens. Unser
Spannagel: Nein, die Befürchtung braucht keiner zu haben!                  gemeinsames Ziel muss es sein, Bildungszugänge niedrig-               Seit dem Sommersemester 2010 bietet die Pädagogische
Die Hochschule wird nicht unternehmerisch, aber der Bereich                schwelliger als bisher für alle zu ermöglichen. Die Herausfor-        Hochschule Heidelberg den Masterstudiengang „E-Learning
des Transfers unterliegt zumindest zum Teil wirtschaftlichen               derung dabei ist, die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade          und Medienbildung“ an und bildet Experten für den Einsatz
Prinzipien. Forschung und Lehre gehorchen jedoch weiterhin                 stehen. Und das meine ich sowohl in Bezug auf den vorhan-             digitaler Medien aus, die ihr erlangtes Know-how in ihrem spä-
ausschließlich der Wissenschaft. Die Grundlagenforschung,                  denen Wissenstand, die individuellen Lernformen als auch in           teren Berufsleben erfolgreich anwenden können. Bereits im
die an unserer Hochschule betrieben wird, hat weiterhin                    Bezug auf Raum- und Zeitdimensionen.                                  Studium erlangen die Studierenden neben dem notwendigen
ihren zentralen Stellenwert! Aber bleiben wir bei dem Bei-                 Spannagel: Webbasierte Technologien ermöglichen in der Tat            interdisziplinären Fachwissen auch umfassende Kompetenzen,
spiel der betrieblichen Aus- und Weiterbildung: Was spricht                bereits heute ganz neue, faszinierende Möglichkeiten des indi-        um sich schnell und selbstständig in neue theoretische und         GmbH, die Volkshochschule Rhein-Pfalz-Kreis, die Landesver-
dagegen, in der Hochschule ein entsprechendes Konzept zu                   viduellen Lernens! Als Hochschule denken wir den Wissenstrans-        praxisorientierte Fragestellungen und Diskurse im Medienbe-        suchsanstalt für Gartenbau sowie die Reichspräsident-Fried-
entwickeln, wenn der Bedarf besteht, und damit – nach einer                fer außerdem bidirektional. Die Partner können nicht nur von          reich einarbeiten zu können.                                       rich-Ebert-Gedenkstätte. In beiden Modulen bearbeiten Studie-
erfolgreich evaluierten Pilotphase – beispielsweise über die               uns lernen, sondern wir auch von ihnen. Um bei dem Beispiel                                                                              rende Projekte in Kooperation mit den Partnern an konkreten
Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung in die breite                 „E-Learning“ zu bleiben: Wir können Unternehmen dabei un-             ENGE VERZAHNUNG VON THEORIE UND PRAXIS                             medienbezogenen Aufgabenstellungen und erreichen so eine
Öffentlichkeit zu gehen?                                                   terstützen, ihre Fachthemen didaktisch so aufzubereiten, dass                                                                            enge Verzahnung von Theorie und Praxis im Bereich medien-
                                                                           ihre Angestellten sich stetig weiterbilden können und im bes-         Eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis und der Wis-           gestützten Lernens.
Kommen wir zurück zum Thema Bildung für die Region. Wo sehen Sie           ten Falle auch wollen. Gleichzeitig erhalten wir Kenntnisse           senstransfer zwischen Hochschule und Wirtschaft bzw. schu-
besondere Herausforderungen?                                               über die Anforderungen, die Betriebe an ihre Angestellten ha-         lischen Institutionen sind im Masterstudiengang „E-Learning        NEUE FORSCHUNGSERGEBNISSE IN
Gomer: Klar ist, dass auch die Bildungslandschaft auf die sich             ben. Dieses Wissen können wir wiederum in die Lehre einfließen        und Medienbildung“ (ELMEB 21) ein grundlegendes Prinzip.           UNTERNEHMEN ANWENDEN
immer stärker abzeichnenden Megatrends reagieren muss                      lassen, um diese noch zukunftsfähiger zu gestalten.                   Deshalb nehmen in ELMEB 21 die beiden projektartig ange-
und sich deshalb bereits heute im Veränderungsmodus be-                                                                                          legten Module 7 (Forschungsprojekt) und 9 (Praxisprojekt) im       Die Partner werden so in die Lage versetzt, innovative Medi-
findet. Das heißt aber nicht, dass bislang alles schlecht war!             Wagen wir einen weiteren Blick in die Zukunft:                        Studienverlauf einen zentralen Platz ein. Ziel des Studiums ist,   enkonzepte für den Aus- und Weiterbildungsbereich auf Basis
Dennoch werden bestimmte Schlüsselqualifikationen bedeut-                  Wie soll sich denn die Zusammenarbeit zwischen Ihren beiden Organi-   den Studierenden den Erwerb profunder Kenntnisse in der wis-       neuester Forschungsergebnisse zu entwickeln und gemeinsam
samer – beispielsweise digitale Kompetenzen oder die Fähig-                sationen zukünftig gestalten?                                         senschaftlichen, didaktischen und praktischen Beschäftigung        mit Experten aus der Hochschule optimal zu nutzen: Neue
keit, in Netzwerken und diversen, interkulturellen Teams zu                Gomer: Wir haben uns ja gerade erst gemeinsam auf diesen              mit den medienspezifischen Studienbereichen zu ermöglichen,        Forschungsergebnisse werden in den Unternehmen angewen-
arbeiten. Die Herausforderung ist, die Lehramtsstudierenden                spannenden Weg begeben. Es gilt daher, zunächst die ent-              damit sie diese in verschiedenen Berufsfeldern anschließend        det und Erkenntnisse aus der Praxis fließen in die Forschung
von heute so zu qualifizieren, dass sie den Schülerinnen und               sprechenden Strukturen aufzubauen. Die Kooperation mit der            reflektieren, anwenden und selbständig weiterentwickeln kön-       zurück. Für die Studierenden bieten die Projekte den Vorteil,
Schülern möglichst wirksam diejenigen Kompetenzen vermit-                  Pädagogischen Hochschule Heidelberg ist für uns eine Art              nen. Dabei werden im Forschungsprojekt von studentischen           bereits im Verlauf des Studiums ihr fachspezifisches Wissen
teln, die diese später am Arbeitsmarkt einsetzen können. Und               Modellprojekt, das sich in der Region multiplizieren könnte.          Tandems mediengestützte Bildungsmaßnahmen, wie bei-                selbstständig und forschend reflektiert anzuwenden und im
von denen wir heute noch nicht exakt wissen, wie sie aussehen              Wir wollen gemeinsam lernen, wie Wissenstransfer erfolgreich          spielsweise Onlinekurse, unter spezifischen Fragestellungen        Austausch mit anderen außerhalb des Hochschulkontextes
werden…                                                                    funktionieren kann und diese Erkenntnisse wiederum zurück             wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse dienen anschlie-       in einem möglichen zukünftigen Berufsfeld Erfahrungen zu
Spannagel: Wir betreiben in der Tat eine Art Zukunftsfor-                  in die Region und beispielsweise auch in andere Universitäten         ßend als Basis für die Weiterentwicklung bzw. Anpassungen          sammeln. Für den Studiengang selbst ergibt sich daraus die
schung. Bildung bzw. der Zugang zu Bildung hat aber auch                   spiegeln.                                                             der beforschten Bildungsmaßnahmen. Im Praxisprojekt führen         Chance, die eigenen Lehrinhalte praxis- und zukunftsorien-
eine ganz unmittelbare Auswirkung auf unsere heutige Ge-                   Spannagel: Im Gegensatz zum Technologietransfer hat man               die Studierenden eigenständig ein anwendungsbezogenes Me-          tiert weiterentwickeln zu können. Auch die Hochschule profi-
sellschaft: Information und Wissen sind die Grundpfeiler einer             im Bildungsbereich in der Regel am Ende des Entwicklungs-             dienprojekt von der Planung bis zur Produktion bzw. Anwen-         tiert hierbei nicht nur von der Kompetenz der im Studiengang
funktionsfähigen und stabilen Demokratie. Wir brauchen auf-                prozesses kein konkretes, greifbares Produkt. Umso wichtiger          dung durch. Die Bandbreite möglicher Projekte reicht hierbei       Lehrenden, sondern auch von den Studierenden, die in einem
geklärte Menschen, die auch kritische Fragen stellen und sich              sind meiner Meinung nach stabile Netzwerke. Mit der Metro-            von Onlinekursen für Fortbildungszwecke über digitale Lern-        Modul interdisziplinär und fachfremd andere Veranstaltungen
für Prozesse und Zusammenhänge interessieren sowie sich                    polregion Rhein-Neckar GmbH haben wir einen Partner ge-               angebote für die politische Bildung bis hin zur Konzeption von     besuchen und medienspezifische Projekte im Austausch mit
für andere einsetzen.                                                      funden, der die gleichen Ziele wie wir verfolgt. Und uns dabei        Lernanwendungen für nichtstaatliche Organisationen (NGO’s).        Lehramtsstudierenden entwickeln. Zwei Beispiele aus der Praxis
                                                                           unterstützt, uns im regionalen Innovationssystem langfristig          Dabei können sie auf die verschiedenen Angebote des Medien-        werden auf den folgenden Seiten vorgestellt.
Welchen Beitrag kann die Pädagogische Hochschule konkret leisten?          als der zentrale Partner für Bildungsfragen zu etablieren!            zentrums (MeZ) der Hochschule zurückgreifen, etwa wenn es
Spannagel: Indem wir unsere Expertise zum Beispiel in dem                                                                                        um die Produktion audiovisueller Materialien geht.
von Herrn Gomer genannten Bereich „Interkulturelle Bildung“
                                                                                                                                                                                                                                   *
                                                                                                                                                                                                                                          DIPLOMPÄDAGOGIN DR. ANNETTE SCHULZE ist
in die Region bringen. Wir qualifizieren beispielsweise Lehr-                                                 Das Gespräch führte Verena Loos.   Seit Beginn des Studiengangs besteht für die genannten Mo-                       E-Learning-Dozentin und Expertin für Lernen mit
                                                                                                                                                                                                                                                                digitalen Medien.
                                                                                                                                                 dule eine enge Kooperation mit einer Vielzahl an Wirtschafts-
                 *                                                                                                                               unternehmen und gesellschaftlichen Akteuren aus der Metro-
                 PROFESSOR DR. CHRISTIAN SPANNAGEL ist an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg als Prorektor für Forschung,
                 Medien und IT für den Bereich Transfer und Innovation verantwortlich.
                                                                                                                                                 polregion Rhein-Neckar. Zu nennen sind hier etwa die SAP AG,                      DIPLOMPÄDAGOGE HOLGER MEEH ist Geschäftsführer
                                                                                                                                                 die Springer-Verlag GmbH, die BASF SE, die Roche Diagnostics                           des Medienzentrums, E-Learning-Dozent und
                 DR. MARKUS GOMER leitet die Stabsstelle Lebenszyklus Bildung der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH und kümmert                                                                                                             betreut die Arbeitsstelle Neue Medien.
                 sich um die Koordination und Initialisierung von Bildungsprojekten in der Region.
                                                                                                                                                 Deutschland GmbH, die dm-drogerie markt GmbH + Co. KG, die
                                                                                                                                                 Heidelberger Druckmaschinen AG, die Heidelberg Engineering
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
Pädagogische Kompetenzen anwenden
                                                                                                                                                                                                                                            daktylos . 2017     12 | 13

                                                                                                                                 FORSCHUNG PLUS WIRTSCHAFT
                             WISSENSAUSTAUSCH IN DER                                                                             ERGIBT WIN-WIN                                                                  TEXT: VERENA LOOS

                            DIGITALEN BUSINESS LOUNGE                                                                            Die dm-drogerie markt GmbH führt zur beruflichen Weiterentwicklung ihrer
                                                                                                                                 Angestellten eine webbasierte Lernplattform ein. Welche Anforderungen die
                                                                                                                                 Lernenden an dieses System haben, hat ein ELMEB 21 -Student erforscht.
                                             E-Learning-Studierende der Hochschule ermitteln
                                                               in einer Bedarfsanalyse für das                                                                                                    PRAXIS ALS ERGÄNZUNG ZUR THEORIE

                                          Hightech-Unternehmen Heidelberg Engineering, dass                                                                                                       „Für mich war sofort klar, dass ich diese Bedarfsanalyse durch-
                                                                                                                                                                                                  führen wollte“, so Roth, der das Vorhaben mit einer Sonder-
                                            die Implementierung eines Online-Expertenforums                                                                                                       genehmigung nicht im Tandem, sondern alleine übernahm.
                                                                                                                                                                                                  „Mich hat dabei besonders gereizt, dass es sich um ein Projekt
TEXT: BIRGITTA HOHENESTER-PONGRATZ                               für seine Kunden nützlich ist.                                                                                                   aus der freien Wirtschaft handelt, das zudem noch ganz am
                                                                                                                                                                                                  Anfang steht.“ Für den Studenten war das Projekt außerdem
Der E-Learning-Sektor boomt. Unternehmen entwickeln in           Daten quantitativ ausgewertet. Sie haben erfragt, ob bei den                                                                     eine wertvolle Ergänzung zu den theoretischen Studieninhal-
finanziell gut ausgestatteten Spezialabteilungen E-Lear-         Kunden bereits Vorwissen bezüglich solcher digitalen Foren                                                                       ten: „Wir erhalten einen sehr guten Überblick über die vor-
ning-Konzepte, um unternehmensintern, aber auch verstärkt        vorhanden ist, wie hoch der Austauschbedarf bei Fachthemen                                                                       handenen E-Learning-Systeme und deren Möglichkeiten bzw.
im Kontakt mit Kunden ihr Know-how zu transportieren.            ist, welche Fragestellungen von besonderem Interesse sind,                                                                       Grenzen. Dieses Wissen konnte ich in die Erstellung der Fragen
E-Learning-Experten, wie sie an der Hochschule ausgebildet       wie häufig die Plattform wohl genutzt werden würde und wel-     Die dm-drogerie markt GmbH ist der größte und einer der          direkt einfließen lassen.“
werden, sind deshalb sehr begehrt auf dem Arbeitsmarkt,          che anderen Rahmenbedingungen die Nutzung erleichtern           wirtschaftlich erfolgreichsten Drogeriekonzerne in Europa.       Bei der Erstellung des Online-Fragenbogens wurde Roth zu-
weiß Stefan Ulrich, Leiter des Medienzentrums und Dozent         würden (Sprache, Anonymität etc.). Sie haben unter anderem      Neben der Wirtschaftlichkeit legt der Konzern auch großen        dem von einem interdisziplinären Team, bestehend aus Dozen-
im Studiengang E-Learning und Medienbildung. Kontakte zu         herausgefunden, dass vor allem Interesse an der Diskussion      Wert auf die Zufriedenheit seiner Mitarbeiterinnen und Mit-      ten aus dem Studiengang sowie aus der Psychologie, betreut:
potenziellen Arbeitgebern entstehen bereits im Studium: Das      von neuen Untersuchungsverfahren und klinischer Diagnostik      arbeiter: Jeder der rund 39.000 Angestellten soll Raum und       „Das habe ich gerade zu Beginn als äußerst hilfreich erlebt.“
Forschungspraktikum im dritten Semester führt die Absolven-      besteht und dass sich mehr als ein Drittel der Befragten im     Möglichkeit erhalten, sich stetig fachlich und persönlich wei-   An dem Praxisprojekt schätzt der junge Mann außerdem die
tinnen und Absolventen in unterschiedliche Unternehmen der       Praxisalltag mehrmals pro Monat fachlichen Austausch mit        terzuentwickeln. Das unternehmensinterne Aus- und Wei-           Einblicke in ein Wirtschaftsunternehmen: „Ich habe bereits er-
Region, beispielsweise zu den Heidelberger Druckmaschinen        Kolleginnen und Kollegen wünscht. Die Ergebnisse der Erhe-      terbildungskonzept setzt dabei auf die Selbstständigkeit der     folgreich auf Lehramt studiert und hatte folglich bislang nur
AG, zu Bruker Bio Spin oder zu SAP. Die Studierenden brin-       bung sprechen insgesamt für eine Implementierung des Fo-        Lernenden sowie auf individuelle Lösungen: „Unsere Mitarbei-     Einblick in den Schulbereich. Zu wissen, wie ein Unternehmen
gen dabei ihre bereits erworbene Forschungs- und Methode-        rums. Ein weiteres Ergebnis der Nachwuchswissenschaftler: In    terinnen und Mitarbeiter können ganz unterschiedliche Semi-      funktioniert bzw. welche Anforderungen an Mitarbeitende ge-
nexpertise ein und beraten die Unternehmen bei einer von         einer Folgeuntersuchung könnte die quantitative Auswertung      nare und Werkstätten besuchen, die von Fachexpertinnen und       stellt werden, wird mir später bei der Betreuung von Schüle-
ihnen gewählten E-Learning-Fragestellung. Eine klassische        durch qualitative Interviews ergänzt werden, um die digitale    -experten in Präsenzzeit abgehalten werden“, erklärt Elisa       rinnen und Schülern sehr helfen.“
Win-win-Situation entsteht: Unternehmen erhalten aktuelles       Business Lounge zukünftig noch kundenspezifischer gestalten     Köhl, die bei dm im Bereich „Mitarbeiter – Lernen+Entwickeln“
Forschungswissen, Studierende Unternehmenskontakte und           zu können.                                                      tätig und selbst eine Alumna des ELMEB-Studiengangs ist. Das     VON DER KONZEPTION ZUR ENTWICKLUNG
Praxiserfahrung.                                                                                                                 bestehende Angebot soll nun um eine digitale Komponente er-
                                                                 KONTAKTE-NETZWERK IN DER METROPOLREGION                         gänzt werden, indem ein Learning Management System (LMS)         Die Forschungsergebnisse von Matthias Roth lässt dm nun in
AUSTAUSCHPLATTFORM FÜR EXPERTENWISSEN                                                                                            etabliert wird: „In webbasierten Systemen kann der Lernstoff     das Projektpflichtenheft einfließen, das wiederum Grundla-
                                                                 Wie sehr das studentische E-Learning-Wissen von den Unter-      unabhängig von Zeit und Ort bearbeitet werden, was bei unse-     ge für die LMS-Entwicklung ist. So hängt die Einstellung der
Ein gutes Beispiel für diesen erfolgreichen Wissenstransfer      nehmen wertgeschätzt wird, zeigt sich am Tag der offenen Tür,   ren mehr als 1.800 dm-Märkten – verteilt über ganz Deutsch-      zukünftigen Autoren zu dem Online-Tool zum Beispiel eng
ist die Zusammenarbeit mit Heidelberg Engineering, ein auf       den der Studiengang einmal im Jahr in der Hochschule ver-       land – ein großer Vorteil ist“, so Köhl.                         mit der Dauer der Mediennutzung in der Freizeit zusammen.
Bildgebungslösungen spezialisiertes Hightech-Unternehmen,        anstaltet. Auf Posterpräsentationen werden die Forschungs-                                                                       In Bezug auf den erfolgreichen Einstieg in das neue System
das diagnostische Geräte für die augenheilkundliche Praxis       ergebnisse der unterschiedlichen Unternehmenskooperatio-        BEDARFE DER LERNENDEN KENNEN                                     wünschten sich 54,4 Prozent der Befragten eine praktische
entwickelt, herstellt und vertreibt. Produkte des Heidelberger   nen visualisiert und von studentischen Projektleiterinnen und                                                                    Schulung, im weiteren Verlauf werden dann eher die persönli-
Unternehmens werden weltweit von Augenärzten und Op-             -leitern kommuniziert: Der Tag hat sich zu einem Get-together   Damit ein solches System auch effizient ist, muss es sehr ge-    che Unterstützung durch besonders geschulte User sowie per
tometristen eingesetzt. Philip Heinzig und Christian Dicken-     der Abteilungsleitenden und Weiterbil-                          nau auf das Vorwissen und die Wünsche der Lernenden zuge-        Telefon über eine zentrale Anlaufstelle als hilfreich empfun-
scheid haben für das Unternehmen im Dezember 2016 eine           dungschefs entwickelt, von deren re-                            schnitten sein. Der Erfolg der Implementierung hängt daher       den. Köhl abschließend: „Wir wissen jetzt genau, über welche
Bedarfsanalyse durchgeführt, ob seine Kunden ein online-ge-      gem Austausch untereinander und mit                             mit davon ab, ob man bereits in der Konzeptionsphase genau       Erfahrungen unsere Autoren verfügen und welche Wünsche
stütztes Expertenforum zu augenheilkundlichen Themen be-         den Studierenden alle Seiten pro-                               weiß, über welche Erfahrungen mit digitalen Lernplattformen      bzw. Bedenken sie haben. Dieses Wissens hilft uns, die Lern-
fürworten und nutzen würden. Unterstützt wurden die Studie-      fitieren. In den vergangenen                                    die zukünftigen Nutzer verfügen, welche Einstellung sie ge-      plattform erfolgreich zu implementieren.“
renden im Unternehmen von Chris Fischer, einer Alumna des        Jahren ist so ein differenzier-                                 genüber dem Lernen mit digitalen Medien haben und welche
PH-Studiengangs, die seit 2014 Managerin für E-Learning bei      tes Netzwerk an Kontakten                                       Wünsche bzw. Ängste bezüglich eines LMS bestehen.
Heidelberg Engineering ist.                                      entstanden, das mittlerweile                                    Um diese Fragen für den Drogeriewarenhändler möglichst voll-
Soll ein Forum in die digitale Business Lounge implementiert     auch viele Alumni der Hoch-                                     ständig beantworten zu können, hat Matthias Roth eine Um-
werden? Dazu haben Heinzig und Dickenscheid einen diffe-         schule einschließt.                                             frage zunächst unter den zukünftigen Autoren durchgeführt,
renzierten Online-Fragebogen entwickelt und die erhobenen                                                                        also den Personen, die die Lehrinhalte bereitstellen werden.
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
Pädagogische Kompetenzen anwenden

Schulgebäude
                                                                                                                                                                                                                                                            daktylos . 2017   014 | 15

                                                                                                                                    Lehrerbedürfnissen macht optimale ar-
                                                                                                                                    chitektonische Gestaltung von Schulge-
                                                                                                                                    bäuden und -räumen erst möglich.“

                                                                                                                                    HETEROGENITÄT –

im Wandel
                                                                                                                                    KOOPERATIONSPARTNER –
                                                                                                                                    ELEKTRONISCHE MEDIEN

                                                                                                                                    Im Projekt werden drei Themenpakete
                                                                                                                                    zu folgenden Bereichen unterschieden:

                                                                                                                                    • Heterogenität: Wie müssen Räumlichkeiten
                                                                                                                                    beschaffen sein, um Lernende mit verschiedenen
                                                                                                                                    Voraussetzungen in individualisierenden Settings
Die aktuelle Entwicklung im Schulwesen führt zu ganztägiger Schulbetreuung mit                                                      unterrichten zu können? (Wie können Räumlich-
                                                                                                                                    keiten flexibel gestaltet werden, auch hinsichtlich
individualisierten Lernformen, zu integrierten Schulformen wie Gemeinschafts-                                                       Rückzugsmöglichkeiten sowie energetischen und         Lernatelier mit „Baumhäusern“ in der Alemannenschule in Wutöschingen.
                                                                                                                                    ästhetischen Aspekten?)
schulen und zur Aufnahme von Lernenden mit Handicaps in Regelklassen.                                                                                                                     mögliche Optionen für eine gewinnbrin-       berg, der SRH Hochschule und der Uni-
                                                                                                                                    • Kooperationspartner und multiprofessionelle         gende Anpassung der Raumsituation            versität Stuttgart kooperierten bei der
Die räumlichen Gegebenheiten der Schulen müssen sich dieser Entwicklung                                                             Kooperation: Welche Partner sind beispielsweise       angeboten.                                   Sichtung sämtlicher Heidelberger Schulen
                                                                                                                                    beim Gestalten von Ganztagsunterricht potenzielle                                                  der Sekundarstufe I. Architektur- und
anpassen: Hier setzt das Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ an.                                                                         Unterstützer und wie integriert man die Angebote?     STRUKTUREN FÜR DIE „PHASE                    Pädagogikstudierende fertigten zusam-
                                                                                                                                    (Vereine, Musikschulen, AGs in Einrichtungen oder     NULL“ BEIM UMBAU VON SCHUL-                  men Pläne der Schulen an und prüften
                                                                                                                                    Betriebe bieten Optionen für Veranstaltungen: Wel-    GEBÄUDEN                                     die Raumsituation.
TEXT: CHRISTINE DRUSKEIT
                                                                                                                                    cher Raumbedarf entsteht durch Kooperationen
                                                                                                                                    und wie gestaltet sich die Nutzung in der Schule      Karin Haupt-Mukrowsky berichtet: „Eine       Viele Schulbauten wurden in den letzten
                                                                                                                                    oder im Umfeld der Schule? Wie wird in den Schu-      Schule hatte einen sehr großen Raum          Jahren nach und nach erweitert. Häu-
                                                                                                                                    len mit Doppelbelegungen umgegangen?)                 mit einzelnen Schülerarbeitsplätzen          fige Probleme sind fehlende Verbin-
                                                                                                                                                                                          ausgestattet auf einer zweiten, erhöh-       dungen zwischen Gebäuden und lange
                                                                                                                                    • Elektronische Medien/Digitalisierung: Wie           ten Ebene, mit Holzleisten in durchläs-      Wege, was unter anderem am Beispiel
                                                                                                                                    können Smartphone, Tablet, Internet und andere        sigen Abständen abgetrennt – ähnlich         der Geschwister-Scholl-Schule ersicht-
                                                                                                                                    elektronische Medien in den Unterricht einge-         wie Baumhäuser –, zwar abgeteilt, aber       lich wurde. Zu dieser Schule entwarfen
                                                                                                                                    bunden werden? (Stichwörter: Steckdosen, tech-        offen einsehbar. Dabei wurde die Re-         die Studierenden Modelle mit Lösungs-
                                                                                                                                    nische Ausstattung, passende Arbeitsplätze.)          gel, sich in diesen Lernräumen leise         vorschlägen. Ein Modell zeigte die Ver-
                                                                                                                                                                                          zu verhalten, von allen in bemerkens-        bindung der vorhandenen Gebäude
                                                                                                                                    Die Pädagogische Hochschule Heidel-                   werter Weise eingehalten. Wie funkti-        durch viele nebeneinander gesetzte,
                                                                                                                                    berg engagiert sich im Projekt insbeson-              oniert Arbeiten in welchem architekto-       direkt angrenzende kleine Häuschen.
Entwurf zur Neugestaltung der Geschwister-Scholl-Schule in Heidelberg
von Henrike Heuer und Anne Sauter (1. Platz im Wettbewerb).                                                                         dere im Themenbereich der multiprofes-                nischen Rahmen, welche Lernformen            Kleine Einheiten kommen dem Bedürf-
                                                                                                                                    sionellen Kooperation und ist zusätzlich              werden durch welche Räumlichkeiten           nis von Schülerinnen und Schülern nach
                                                                                                                                    auch im Arbeitspaket zum Umgang mit                   unterstützt? Diesen spannenden Fra-          einem persönlichen, festen Raum nach.
Gefördert vom baden-württembergischen Ministerium für Wis-        mit Inklusion und dem Ganztagsbetrieb einhergehen, setzte         Heterogenität tätig. Mit anderen Exper-               gen sind wir auf der Spur, um am Ende        Denn räumliche Gebundenheit und Ab-
senschaft, Forschung und Kunst bringen im Reallabor „Stadt-       sie sich intensiv auseinander im Projekt „WissGem“, als sie und   ten aus den beteiligten Hochschulen                   des Projekts Handlungsempfehlungen           grenzung innerhalb eines Systems wird
Raum-Bildung“ (2015 bis 2018) von Seiten der Pädagogischen        Prof. Dr. Albrecht Wacker zwei Jahre die Etablierung von Ge-      werden ausgewählte Schulen besucht;                   für dem Umbau von Schulen erstellen          als angenehmer empfunden als große,
Hochschule Heidelberg Karin Haupt-Mukrowsky, M. A., und           meinschaftsschulen in Baden-Württemberg begleiteten. Über         zum Bereich Kooperationspartner bis-                  zu können.“ Insbesondere für die soge-       nicht aufgeteilte Räume. Die Modelle
Prof. Dr. Albrecht Wacker ihre pädagogische Expertise ein. Wei-   110 Interviews wurden innerhalb dieses Projekts geführt, das      lang jeweils drei Schulen in ländlicher               nannte „Phase null“ beim Umbau von           der Studierenden wurden im Stadtteil
tere Kooperationspartner sind unter anderem die SRH Hoch-         an sechs Hochschulen in Baden-Württemberg angesiedelt war,        Umgebung und drei Schulen aus dem                     Schulgebäuden, ganz zu Beginn, wenn          Kirchheim der Öffentlichkeit präsentiert
schule Heidelberg, das Institut für Städtebau Stuttgart, die      unzählige Beobachtungsbögen zum Unterricht erstellt, Lehr-        städtischen Raum. Die meisten Gebäude                 die ersten Schritte eingeleitet werden,      und die besten in einem Wettbewerb
Universität Stuttgart sowie zivilgesellschaftliche Akteure wie    kräfte, Lernende und Eltern befragt: Schnell wurde dabei auch     sind älteren Datums, andere neu erbaut,               fehlten noch Hilfestellungen und wis-        prämiert.
Gemeinden und Schulen (u. a. die Geschwister-Scholl-Schule in     deutlich, dass der Raumsituation eine wesentliche Bedeutung       bereits mit Klassenräumen, die bei-                   senschaftlich fundierte Ausarbeitungen
Heidelberg). Das Ziel eines Reallabors ist die Zusammenarbeit     für erfolgreiche Lernprozesse zukommt.                            spielsweise separate Gruppenbereiche                  von sinnvollen Handlungsabläufen und         Das Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ ist
von Wissenschaft und Personen aus dem Feld, die eine unmit-                                                                         beinhalten. Anlagen werden besichtigt,                Prozessen.                                   angesetzt mit einer Laufzeit bis 2018.
telbare Verwertung und Praxisanbindung der wissenschaftli-        Im Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ arbeiten Karin Haupt-Mu-        Interviews und Gruppendiskussionen                                                                 Schulen, die an dem Angebot interes-
chen Befunde ermöglicht.                                          krowsky und Prof. Dr. Albrecht Wacker in einem erweiterten        sowie Befragungen mit Schulleitern und                ANALYSE DER HEIDELBERGER                     siert sind, haben die Möglichkeit, sich
                                                                  Rahmen mit Experten anderer Fachrichtungen zusammen, Ar-          Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern                SCHULEN DER SEKUNDARSTUFE I                  beim Projekt zu bewerben und als weite-
VON ANFORDERUNGEN SPEZIELL AN GEMEIN-                             chitekten, Städtebauern und Fachleuten aus Kommunen und           sowie sonstigen Akteuren der Schule                                                                re Praxispartner von der wissenschaft-
SCHAFTSSCHULEN ZU WEITEREN SCHULFORMEN                            Verwaltungen. Albrecht Wacker sieht dringenden Bedarf an          geführt. Die konkreten Gegebenheiten                  Der Wissensaustausch findet nicht nur        lich fundierten und konkret praxisbezo-
                                                                  der Verbindung von pädagogischer mit architektonischer Ex-        der einzelnen Schulen werden analy-                   auf der Ebene der Experten statt, die Stu-   genen Expertenarbeit im Rahmen des
Karin Haupt-Mukrowsky kennt den traditionellen Unterricht         pertise: „In der Zusammenarbeit erfährt man, wie anders der       siert, auch die Umgebung, wie Zugangs-                dierenden bringen sich ein in Seminaren      Reallabors „Stadt-Raum-Bildung“ zu
aus ihrer Zeit als Lehrerin. Mit neuen Anforderungen an die       Blickwinkel beispielsweise der Architekten ist. Das Einbringen    wege, gerne oder weniger gerne ge-                    und weiteren Teilprojekten. Studierende      profitieren.
Schulen, die mit einem veränderten Blick auf Heterogenität,       von pädagogischem Fachwissen zu Lernformen, Schüler- und          nutzte Orte benannt und abschließend                  der Pädagogischen Hochschule Heidel-
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
Pädagogische Kompetenzen anwenden
                                                                                                                                                                                              daktylos . 2017      16 | 17

                                                                              Kennen Sie das? Sie stehen vor einer         sches Mentaltraining die Persönlichkeit     normal. Solange die Situation als kon-
                                                                              wichtigen Prüfung oder einer entschei-       jugendlicher Sportler so stärkt, dass sie   trollierbar, als Herausforderung erlebt
                                                                              denden Verhandlung. Sie sind inhaltlich      ihre Leistungsmöglichkeiten im Wett-        wird, erhöht die Aufregung sogar die
                                                                              gut vorbereitet. Und trotzdem haben Sie      kampf optimal ausschöpfen, Doping-          Aufmerksamkeit und die Konzentration.
                                                                              das Gefühl, Ihr Wissen und Ihre Fähig-       versuchen widerstehen und parallel zur      Verliert ein Mensch in dieser Situation je-
                                                                              keiten nicht abrufen zu können und der       leistungssportlichen Entwicklung ein        doch das Gefühl der Kontrolle, entsteht
                                                                              Situation nicht gewachsen zu sein. Nein?     zweites, berufliches Standbein aufbau-      Angst oder sogar Panik. Die Situation
                                                                              Sehr gut und herzlichen Glückwunsch –        en können“, berichtet Knörzer. Bei der      wird dann als Bedrohung erlebt und kann
                                                                              Sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit        Implementierung dieses Mentaltrainings      nicht mehr adäquat gelöst werden.
                                                                              bereits mental stark! Wenn Ihnen die         in Schulen, in denen die jugendlichen
                                                                              Situation jedoch bekannt vorkommt, ge-       Leistungssportler unterrichtet wurden,      MENTAL STARK DANK HKT
                                                                              hören Sie vermutlich zu den Personen,        zeigte sich, dass auch andere Schüle-
                                                                              die vor wichtigen Ereignissen Schwierig-     rinnen und Schüler von dem Programm         Laut Knörzer sind Inkongruenzen zwar
                                                                              keiten haben, ihre Kompetenzen zielfüh-      profitierten und insbesondere in Klas-      grundsätzlich notwendige Vorausset-
                                                                              rend abzurufen. Aber keine Angst, Sie        senarbeits- und Prüfungssituationen er-     zung für eine persönliche Weiterentwick-
                                                                              sind nicht allein – viele Menschen und       folgreich umsetzten. „Auf diesen Erfah-     lung, „man braucht jedoch Strategien
                                                                              insbesondere Schülerinnen und Schüler        rungen aufbauend, haben wir zunächst        und Kompetenzen, um sie kontrolliert
                                                                              bzw. Studierende besitzen mangelhafte        ein spezielles Trainingsprogramm für        lösen zu können“. Das Heidelberger
                                                                              oder gar keine mentalen Strategien und       Schülerinnen und Schüler entwickelt         Kompetenztraining setzt genau hier an
                                                                              Kompetenzen, ihr Wissen und Können           und setzen dieses seit 2006 erfolgreich     und schult die sogenannten „potentialen
                                                                              in herausfordernden Situationen gezielt      in verschiedenen Schulen ein“, sagt der     Ressourcen“, also alle Fähigkeiten und
                                                                              und systematisch abzurufen.                  Professor.                                  Verhaltensweisen, die der Erreichung
                                                                                                                                                                       von Zielen wie dem erfolgreichen Ab-
                                                                              Abhilfe verspricht ein Programm, das an      Doch damit nicht genug: Das HKT wurde       schluss eines Studiums dienen, gezielt
                                                                              der Pädagogischen Hochschule Heidel-         seitdem systematisch weiterentwickelt       und systematisch. Unabhängig vom dem
                                                                              berg entwickelt wurde: das Heidelberger      und auf weitere Bereiche transferiert.      Bereich, in dem das HKT eingesetzt wird,
                                                                              Kompetenztraining (HKT). Maßgeblich          „Das Schöne und Spannende an unse-          folgt es dabei stets den folgenden vier
                                                                              verantwortlich hierfür ist Dr. Wolfgang      rem Programm ist, dass es sich auf viele    Schritten:
                                                                              Knörzer, der als Professor für Sportwis-     unterschiedliche Lebensbereiche über-          1. Ziele formulieren
                                                                              senschaft/-pädagogik über langjährige        tragen lässt“, so Knörzer. Neben der Im-       2. Sich konzentrieren
                                                                              Erfahrung im Bereich der Gesundheits-        plementierung in den deutschen Schu-           3. Seine Stärken aktivieren
                                                                              bildung verfügt. „Wir haben festgestellt,    lunterricht wird das HKT daher auch in         4. Die Zielintention abschirmen
                                                                              dass es gerade in der Schulpraxis, aber      außerschulischen Bereichen wie etwa
                                                                              natürlich auch in anderen beruflichen        der Integration von Flüchtlingen oder in    Jeder HKT-Prozess ist dabei so ausgerich-
                                                                              Situationen oft nicht reicht, sich inhalt-   unterschiedlichen beruflichen Heraus-       tet, dass sowohl digitale (logisch-rationale)
                                                                              lich vorzubereiten. Man braucht darüber      forderungssituationen im In- und Aus-       als auch analoge (körperlich-emotiona-
                                                                              hinaus eben auch Fähigkeiten und Stra-       land erfolgreich eingesetzt.                le) Denk- und Erlebensprozesse berück-
                                                                              tegien, um das Gelernte in der Praxisan-                                                 sichtigt werden: „Wir passen in Abhän-
                                                                              wendung nachhaltig optimal und in der        AUFGEREGT ZU SEIN IST NORMAL                gigkeit des vorliegenden Systems jedoch

MENTAL STARK
                                                                              ‚richtigen‘ inneren Haltung einsetzen zu                                                 die Schwerpunkte an: Setzen wir unser
                                                                              können“, so Knörzer. Oft bliebe es jedoch    Knörzer weiter: „Durch neurowissen-         Training zum Beispiel in den ‚Fazenda da
                                                                              mehr oder weniger dem Zufall überlas-        schaftliche und psychologische Studien      Esperança‘ in Brasilien ein, wo margina-
                                                                              sen, ob es gerade jungen Menschen ge-        wissen wir, dass die Befriedigung zentra-   lisierten Jugendlichen und Erwachsenen
                                                                              länge, dann gut zu sein, wenn es darauf      ler psychischer Grundbedürfnisse – wie      sowie Süchtigen aller Art Hilfe für ein er-
                                                                              ankomme, oder ob sie scheiterten. „Wir       etwa Selbstwerterhöhung, Bindung an         neuertes Leben geboten wird, fördern wir
                                                                              haben daher ein Training zur Entwick-        wichtige Bezugspersonen oder das Ge-        eher logisch-rationale, inhaltsorientierte
                                                                              lung mentaler Stärke aufgebaut, das das      fühl, Einfluss auf Situationen nehmen zu    Prozesse. Einem deutschen Polizisten
                                                          TEXT: VERENA LOOS   Ziel verfolgt, über die Stärkung mentaler    können – in einem direkten Zusammen-        hilft hingegen eher die Auseinanderset-
                                                                              Selbststeuerungsprozesse Menschen in         hang mit der Motivationslage von Men-       zung mit der Beziehungsebene zwischen
                                                                              ihrem Ziel- und Bedürfnisbefriedigungs-      schen steht. Und das unabhängig bei-        Menschen und der Art und Weise, wie
FÜR MEHR SCHULISCHEN, BERUFLICHEN ODER SPORTLICHEN ERFOLG UND                 streben zu unterstützen – sprich mental      spielsweise von Alter, Geschlecht oder      gesprochen, von welchem Körperaus-
                                                                              stark zu sein“, erklärt der Sportwissen-     kulturellem bzw. sozialem Hintergrund.“     druck, von welcher Mimik und Gestik die
DAS EIGENE WOHLBEFINDEN:                                                      schaftler.                                   Werden folglich die Grundbedürfnisse        Sprache begleitet wird. Hier setzen wir
                                                                                                                           eines Menschen befriedigt, werden zu-       den Schwerpunkt demnach auf analoge
DAS HEIDELBERGER KOMPETENZTRAINING UNTERSTÜTZT MENSCHEN JEDER                 VOM LEISTUNGSSPORT IN DIE                    gleich und integrativ dessen psychische     Prozesse“, erklärt Knörzer.
                                                                              SCHULE                                       Leistungsfähigkeit, sein Wohlergeben
ALTERS- UND BERUFSGRUPPE DABEI, EINE POSITIVE PROBLEMLÖSUNGS-                                                              bzw. seine Gesundheit und seine Ent-        WIRKSAMKEIT ERWIESEN
                                                                              Gemeinsam mit seinem Team nutzt              wicklung gefördert.
HALTUNG EINZUNEHMEN UND DIE EIGENE SELBSTWIRKSAMKEITSÜBERZEUGUNG              Knörzer dabei Erfahrungen aus dem            Vor Prüfungen oder wichtigen Wett-          Dass dieses Vorgehen wirksam und er-
                                                                              Leistungssport: „Das HKT beruht auf          kämpfen – typischen Inkongruenzsitua-       folgreich ist, wurde im Rahmen verschie-
ZU STÄRKEN.                                                                   einem Programm, das durch systemi-           tionen – aufgeregt zu sein, ist demnach     dener Wirksamkeitsstudien bestätigt.
Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
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