Daktylos - Pädagogische Hochschule Heidelberg
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BILDUNGSWISSENSCHAFTLICHES MAGAZIN DER PÄDAGOGISCHEN HOCHSCHULE HEIDELBERG WISSENSTRANSFER Sommer 2017 . 22. Jahrgang daktylos
daktylos BILDUNGSWISSENSCHAFTLICHES MAGAZIN DER PÄDAGOGISCHEN HOCHSCHULE HEIDELBERG WISSENSTRANSFER SOMMER 2017 Für mich die Einzige Banken gibt es viele. Aber die BBBank ist die einzige bundesweit tätigegenossenschaftliche Privatkundenbank, die Beamten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes einzigartige Angebote macht. Zum Beispiel den B-Tarif für Bankleistungen. Außerdem betreiben wir eine konsequente Mitglieder-Mehrwert-Politik . Als Selbsthilfeeinrichtung für den öffentlichen ® Dienst 1921 gegründet, verfolgen wir bis heute erfolgreich nur ein Ziel: Nutzen stiften für die Gemeinschaft unserer Mitglieder und Kunden. Mit Direktbank und wachsendem Filialnetz sind wir bundesweit für Sie da. Mehr Informationen? Gerne! Die BBBank finden Sie dreimal, in Heidelberg und unter: www.bbbank.de Die Bank für Beamte und den öffentlichen Dienst Ich fahr‘ mit dem Semester-Ticket. Für Studierende gibt‘s das VRN Semester-Ticket im Onlineshop der rnv unter https://tickets.rnv-online.de.
daktylos . 2017 4| 5 Inhalt Editorial ¨« « „WIR BRAUCHEN MEHR COURAGIERTE GRÜNDER!“ gesellschaftliche Fragestellungen – und das weit über den WISSENSTRANSFER Schulkontext hinaus. Zahlreiche Kontakte nicht nur in die Liebe Leserinnen und Leser, Metropolregion Rhein-Neckar manifestieren diesen Wissen- stransfer in die Praxis, nachhaltig insbesondere in der Zusam- Jörg Zeuner, Chef-Volkswirt der Förderbank Kreditanstalt für menarbeit mit großen Unternehmen wie HeidelbergCement, INTRO Wiederaufbau (KfW), äußerte sich kürzlich besorgt darüber, dm-drogerie markt, REWE und Heidelberg Engineering. Eine dass es in Deutschland immer weniger Innovatorinnen und Anfang 2017 vom Senat verabschiedete Transferstrategie pro- 5 EDITORIAL Innovatoren gibt. Insbesondere der Mittelstand laufe deshalb fessionalisiert diesen Prozess und unterstützt bei Ausgrün- Gefahr, an Produktivität zu verlieren und der internationalen dungen und anderen innovativen Ideen. 6 DIE DRITTE MISSION Entwicklung hinterherzulaufen. Zeuner appellierte in diesem Leitideen des Wissenstransfers der Hochschule Zusammenhang ausdrücklich an die Wissenschaft, ihre Ergeb- Lernen Sie im vorliegenden daktylos die Initiativen und Pro- nisse in größerem Maße unternehmerisch zu nutzen. jekte der Hochschule kennen, die bildungswissenschaftliches 8 DIE SMARTE VERNETZUNG Wissen in unterschiedlichen Handlungskontexten nutzbar Ein Gespräch mit Prof. Dr. Christian Spannagel und Dr. Markus Gomer Mit dieser Forderung rennt der Volkswirt freilich an der Pä- machen! dagogischen Hochschule Heidelberg offene Türen ein. „Wis- senstransfer“ heißt das hier: Forscherinnen und Forscher PÄDAGOGISCHE KOMPETENZEN ANWENDEN entwickeln bildungswissenschaftliche Konzepte für aktuelle Birgitta Hohenester-Pongratz 11 E-LEARNING UND MEDIENBILDUNG IN DER PRAXIS Wissenstransfer zwischen Hochschule und Wirtschaftsunternehmen 14 SCHULGEBÄUDE IM WANDEL Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ GESELLSCHAFTLICHE INTEGRATION & INKLUSION 16 MENTAL STARK Heidelberger Kompetenztraining 34 INKLUSION DURCH KLETTERN * Ein Gespräch mit Sonderpädagogik-Studentin Laura Riedl 20 PROTECT Präventionsprogramm gegen Internetsucht 36 WER WOHNT WIE AM BESTEN? Projekt „Unter Dach und Fach“ erstellt Index zum inklusiven Wohnen 22 DER SITZENDE STUDENT Modellprojekt für bewegungsorientierte Gesundheitsförderung 37 FAMILIEN BEI DER INTEGRATION UNTERSTÜTZEN Migrationsforschung und Transkulturelle Pädagogik für die Praxis 23 DAS FREMDE MUSIKALISCH ERKUNDEN Kooperation mit dem Klangforum Heidelberg 38 OPTIMAL DEUTSCH LERNEN Ein Gespräch mit den Wissenschaftlerinnen Dr. Nadja Wulff und Stephanie Krupp 24 GRÜNDEN LERNEN Eigene Geschäftsideen zur Marktreife bringen 40 DAS WOHNPROJEKT HAGEBUTZE Häuser eines ehemaligen Militärgebietes gemeinschaftlich nutzen INSTITUTIONELLE VERANTWORTUNG & TRANSFER 42 NACHRICHTEN INKLUSIV Einfach Heidelberg: Barrierefreies Online-Portal in Leichter Sprache 25 MINT-TRANSFERNETZWERK VERSUS FACHKRÄFTEMANGEL Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften unterstützen MIT BILDUNGSEXPERTISE IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT 26 UNESCO CHAIR Umweltforschung mit Geotechnologien – Eine Visualisierung 45 SOCIAL ENTREPRENEURSHIP Ein Gespräch mit Campusmanager Dr. Björn Pospiech 28 BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG Klimawandel gestalten – Biodiversität fördern 48 WARUM SIND DIE ANDEREN SO ANDERS? Ein Gespräch mit Weiterbildungsexpertin Fadja Ehlail 32 KLEINES LOB – GROSSE WIRKUNG! Institut für Lösungsorientierte Beratung und Supervision (ILBS) 50 VON DER IDEE ZUM EIGENEN UNTERNEHMEN Gründernetzwerk Heidelberg Startup Partners e. V. 33 MIT KINDERN DIE WELT ENTDECKEN Forscherstation unterstützt Kitas bei der Naturerkundung 39 IMPRESSUM
Intro daktylos . 2017 6| 7 DIE DRITTE MISSION Hochschulen haben neben Lehre und Forschung zunehmend auch die Aufgabe, zur * Lösung gesellschaftlicher Probleme beizutragen. Wir verstehen diese „Third Mission“ als Wissenstransfer in unterschiedliche PROF. DR. HANS-WERNER HUNEKE, Lebensbereiche. Gesellschaftliche Verantwortung, Kooperation und regionale Professor für deutsche Sprache und ihre Didaktik, ist seit Oktober 2015 Vernetzung sind dabei wichtige Leitprinzipien. Rektor der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. TEXT: HANS-WERNER HUNEKE Welche Aufgaben haben Hochschulen? Forschung und Lehre, In einem dritten Sinne ergibt sich ein Bedarf an unmittelba- so lautet die traditionelle Antwort. In den letzten Jahren wird rem Austausch zwischen Gesellschaft und Hochschule aus aber auch bei uns immer häufiger nach einer dritten Mission, den Entwicklungstendenzen hin zur postindustriellen Wis- einer „Third Mission“ gefragt. Damit ist die Erwartung ver- sensgesellschaft. Dabei verändert sich das in der Praxis benö- knüpft, dass Hochschulen der Gesellschaft, von der sie ihre tigte Wissen mit stetig wachsender Schlagzahl. Lebenslanges Ressourcen erhalten, etwas zurückgeben. Sicherlich tun sie Lernen wird in der Konsequenz immer mehr zum Normalfall Mission zuweist, kommt auch in der Transferstrategie zum Observation and Education“ ist ein Leuchtturm der Umwelt- dies, indem sie neues Wissen generieren und Fachleute für in den Bildungsbiographien – und damit auch der Weg zurück Ausdruck, der der Senat in seiner Sitzung am 8. Februar 2017 und Nachhaltigkeitsforschung und des Engagements für Bil- künftige berufliche Aufgaben wissenschaftlich qualifizieren. an die Hochschulen. Aus deren Sicht erweitert sich damit das verabschiedet hat. Die Transferstrategie zielt auf die drei Be- dung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Die Outdoor Educa- Erhebliche Chancen liegen aber auch darin, dass sie unmit- Aufgabenfeld der Fort- und Weiterbildung, es eröffnet sich reiche „Innovation & Gründungskultur“, ‚Netzwerk & Interakti- tion gehört ebenso wie die Stärkung des Bewusstseins von telbar einen Beitrag zur Lösung von gesellschaftlichen Auf- aber auch ein unmittelbarer und gleichsam simultaner Zugang on‘ sowie „Offene Hochschule“ und sieht dafür jeweils strate- Biodiversität und Klimawandel zu den Bausteinen, aus denen gaben und Problemen leisten und hier eine dritte Mission zur Nachfrage nach neuem Wissen. gische, strukturelle und operative Maßnahmen vor. ein BNE-Zentrum entstehen soll. MINT-Bildung kann und soll- wahrnehmen. te auch außerhalb der Schule stattfinden und eine Struktur Für das Agieren auf diesem tripolaren Feld einer dritten Missi- Die vorliegende Ausgabe des daktylos zum Thema „Wissen- finden. Die Forscherstation zeigt, wie die Weiterqualifizie- Eine seit Langem bewährte Traditionslinie der dritten Mission on ist die Pädagogische Hochschule Heidelberg in mehrfacher stransfer“ zeigt für diesen besonders wichtigen Teilbereich rung von Erziehern und Erzieherinnen für die naturwissen- ist der Transfer von Technologie aus Hochschulen in Unterneh- Weise gut aufgestellt. Ein intensiver und in beide Richtungen einer dritten Mission, wie erfolgreich ganz unterschiedliche schaftliche Bildung schon in der Elementarerziehung funk- men. Ingenieurwissenschaftlich ausgerichtete Fachrichtungen aktiver Kontakt zum Berufsfeld ist für eine Einrichtung mit der Akteure bereits aktiv sind. Sie agieren in der Hochschule und tionieren kann. Das Institut für lösungsorientierte Beratung liefern Paradebeispiele dafür – nicht nur mit der fremdfinan- Aufgabe der Lehramtsausbildung schon immer von besonde- aus ihr hinaus, stets vernetzt und im Kontakt zu ihren Part- und Supervision (ILBS) bietet auf seinem Aufgabenfeld eine zierten Auftragsforschung, sondern auch, indem Studienpro- rer Bedeutung. Das haben wir übertragen auch auf die Ange- nern, wie das einleitende Interview mit Prorektor Prof. Dr. Qualifikation auf hohem Niveau an. jekte und Qualifikationsarbeiten in Kooperation mit Betrieben bote zur frühen Bildung, zur Gesundheit, zu Medien und zu Christian Spannagel und dem Leiter „Lebenszyklus Bildung“ durchgeführt werden. Daraus ziehen beide Seiten Nutzen – die den Bildungswissenschaften. Der Struktur- und Entwicklungs- bei der Metropolregion Rhein-Neckar, Dr. Markus Gomer, zeigt. Gesellschaftliche Integration und Inklusion Betriebe aus den Problemlösungen, die Hochschulen aus einer plan für die Jahre 2017 – 2021 bietet für die Themenfelder der Der Wissenstransfer findet auf unterschiedlichen Handlungs- Eine Studentin der Sonderpädagogik nutzt Sportarten wie guten Kenntnis der Entwicklungen und Bedarfe der Praxis. dritten Mission gleich in drei von fünf zentralen Leitgedanken feldern statt: Klettern und Slackline zur Integration von Menschen mit Eine andere Traditionslinie können wir bei unseren Partner- Anknüpfungspunkte: Migrationshintergrund. Ein Index für inklusives Wohnen in hochschulen in Lateinamerika beobachten. Die „Extensión Pädagogische Kompetenzen anwenden der Gemeinde, von Sonderpädagogen der Hochschule ent- universitaria“ ist dort neben Forschung und Lehre an vielen Forschung und Entwicklung: E-Learning leistet einen Beitrag zur Medienbildung, im wickelt, wird nun deutschlandweit angewendet. Ein Weiter- Hochschulen fest verankert und typischerweise mit eigenen Es gehört zum Markenkern der Hochschule, dass sie einen Kontakt mit Kooperationspartnern. Im Reallabor „Stadt– bildungsangebot qualifiziert für die Arbeit mit Flüchtlingen, administrativen Strukturen bis hin zu eigenen Prorektoraten Teil ihrer Forschungsleistungen erbringt, indem sie Konzepti- Raum–Bildung“ erforschen unsere Wissenschaftlerinnen Migranten und Migrantinnen. „Einfach Heidelberg“, ein von versehen. Sie schließt den kulturellen und sozialen Austausch onen für die Praxis von Bildungsprozessen auf wissenschaft- und Wissenschaftler mit weiteren Partnern, wie Schul- und PH-Sonderpädagogen und Journalisten gestaltetes Internet- ein, Angebote zu formaler und nonformaler Bildung für jeder- licher Grundlage erarbeitet, überprüft und entwickelt. Bildungslandschaften gut funktionieren. Das Heidelberger portal, bietet Nachrichten in Leichter Sprache an. Das Pro- mann, das zivilgesellschaftliche Engagement, Kompetenztraining (HKT), entwickelt im Fach Sport, wird jekt JuSe Deutsch unterstützt Jugendliche in der Sekundar- die Erweiterung der Chancen zur gesell- Kooperation – lokal und global: bereits mit nationalen und internationalen Partnern ein- stufe beim Deutschlernen. „Hagebutze“ schafft dauerhaft schaftlichen Partizipation. Zu ihren Wurzeln Die Hochschule ist bereits gut vernetzt und wird die Zusam- gesetzt. In der Konzertpädagogik werden Zugänge für jun- bezahlbaren Wohnraum in Heidelberg. Ein PH-Mitarbeiter gehört die „Reforma universitaria“ von menarbeit mit Partnern insbesondere in der Europäischen ge Leute zur Neuen Musik erprobt. Ein Projekt zur Sucht wird zum Firmengründer und eine Akademie-Mitarbeiterin 1918 an der Universität von Córdoba Metropolregion Rhein-Neckar weiter intensivieren. prävention schützt Jugendliche bei ihrem Umgang mit dem zur selbständigen Trainerin. Die Heidelberg Startup-Partners in Argentinien, die sich auf den Internet. Zu langes Sitzen ist ungesund – ein Projekt aus unterstützen Gründerinnen und Gründer. ganzen Kontinent und weit darü- Gesellschaftliche Verantwortung: dem Sport zeigt, was man dagegen tun kann. Ein Angebot ber hinaus ausgewirkt hat. Auch Die Hochschule nimmt gesellschaftliche Diskurse zum The- der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung weist Für all diese Formen des Wissenstransfers ist die Pädagogi- auf dieser Ebene ist die dritte menfeld Bildung in Forschung und Lehre auf und bringt ihre den Weg zur Entrepreneurship. sche Hochschule ein guter Ort – ein guter Ort, weil hier Fach- Mission für beide bereichernd, für die Expertise zugleich in die öffentliche Diskussion dazu ein. leute für Bildungsprozesse ausgebildet werden. Sie werden als Hochschulen und für die Ge- Institutionelle Verantwortung und Transfer Multiplikatorinnen und Multiplikatoren tätig und: Sie transfe- sellschaft. Die wachsende Bedeutung, die die Hochschule der dritten Der „UNESCOChair on World Heritage and Biosphere Reserve rieren das Wissen nicht nur, sie vervielfachen es.
Intro daktylos . 2017 8| 9 DIE SMARTE Auf dem Foto in der Mitte Dr. Gomer, rechts Prof. Spannagel VERNETZUNG Daher jetzt die Transferstrategie? arbeit mit der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH intensi- Spannagel: Genau. Mit der Transferstrategie, die unter Ein- vieren und neu strukturieren. bezug ganz unterschiedlicher Statusgruppen entwickelt und Gomer: Unser Zusammenkommen war ein glücklicher Zu- vom Senat verabschiedet wurde, planen wir nun erstmals, die fall zum richtigen Zeitpunkt. Aufgabe der Regionalentwick- entsprechenden unterstützenden Strukturen zu entwickeln. lung ist es, den strategischen Dialog zwischen Wirtschaft, So soll zum Beispiel eine zentrale Anlaufstelle geschaffen wer- Wissenschaft, Politik und Verwaltung in der Metropolregi- den, an die sich alle Hochschulmitglieder wenden können, die on Rhein-Neckar zu fördern, um den Standort so insgesamt Die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Metropolregion eine forschungsbasierte Transferidee haben, und bei der sie stärker und wettbewerbsfähiger zu machen. Ziel ist es, Wert- Beratungs- und Vernetzungsangebote finden. schöpfung und Mehrwerte durch verbesserte Kooperationen Rhein-Neckar GmbH verfolgen gemeinsam das Ziel, den Wissenstransfer in zu generieren. Hierzu gehört zum Beispiel auch, dass wir Inno- Neben der Schaffung einer Gründungskultur sieht die Transferstrategie vationspotentiale und Best-Practices aus dem Bildungsbereich der Metropolregion zu verbessern. auch den Ausbau der so genannten „Offenen Hochschule“ vor. im Kreise unserer Partner multiplizieren. Was ist darunter zu verstehen? Spannagel: Wir wollen neue Möglichkeiten im Umgang mit Warum ist Ihnen Bildung so wichtig? Ein Gespräch mit Professor Dr. Christian Spannagel und Dr. Markus Gomer. wissenschaftlichen Erkenntnissen eröffnen und verfolgen Gomer: Unsere Gesellschaft befindet sich gerade in einem dabei zwei Ansätze: Zum einen wollen wir die Chancen der tiefgreifenden Transformationsprozess zwischen gestern Digitalisierung konsequent nutzen und den Austausch zwi- und morgen. Die Veränderungen, die Globalisierung oder schen Forschenden zum Beispiel dadurch fördern, dass wir Digitalisierung mit sich bringen, sind in vielen Bereichen Forschungsprozesse offen zugänglich, nachvollziehbar und spürbar und viele Menschen beschäftigen sich mit ihnen. Si- nachnutzbar gestalten. Zum anderen wollen wir mehr Veran- cher ist: Das Arbeiten, Leben und Lernen, wie wir es heute staltungen zum Austausch auch mit der regionalen Öffent- kennen, wird sich gravierend verändern. Noch fehlt es aller- lichkeit durchführen. Die beiden Strategien ergänzen sich dings an überzeugenden, tragfähigen Konzepten, wie wir die gegenseitig und führen zu einer Verbesserung der Wissen- nächste Generation richtig auf die Anforderungen der Zu- schaftskommunikation sowie des Wissenstransfers. kunft vorbereiten. Daher ist die Kooperation mit der Päda- gogischen Hochschule für uns so interessant: Hier sitzen Ex- Wie darf ich mir das vorstellen? pertinnen und Experten, die mit innovativen Konzepten zum Spannagel: Nehmen wir den Bereich „Prävention und Ge- Bildungswandel beitragen und den Transformationsprozess sundheitsförderung“. Unsere Hochschule verfügt hier über didaktisch begleiten! eine große Expertise. Gleichzeitig gibt es in der Region vie- Spannagel: Die Kooperation passt auch deswegen so gut, weil „Bildung“ und „Transfer“ sind zwei Begriffe, die man nicht sofort miteinander in Verbindung bringt. le Unternehmen, die ihr Betriebliches Gesundheitsmanage- unsere beiden Organisationen von dem Konzept des lebens- Dennoch hat die Pädagogische Hochschule Heideberg Anfang 2017 eine Transferstrategie verabschiedet. ment ausbauen wollen, oder Privatpersonen, die sich für langen Lernens überzeugt sind. Als Hochschule verstehen Prof. Dr. Christian Spannagel: Hört man den Begriff „Transfer“, denkt man in der Tat zunächst ein gesundheitsförderliches Leben interessieren. Diese un- wir uns zudem als „lernende Organisation“: Also lasst uns eher an Technologie-Transfer. Dabei liegen die Begriffe „Bildung“ bzw. „Wissen“ und „Transfer“ terschiedlichen Gruppen wollen wir zusammenbringen, um die Hochschule weiter öffnen! Übertragen wir die bereits in gar nicht so weit auseinander. An unserer Hochschule beispielsweise haben bildungswissen- gemeinsam zum Beispiel über das Thema „Gesundheit am der Ausbildung von Bildungsexpertinnen und -experten er- schaftliche Forschungsaktivitäten schon immer einen engen Bezug insbesondere zur Schulpra- Arbeitsplatz“ zu diskutieren. Als Wissenschaftler erhalten folgreich angewendeten didaktischen Konzepte strukturiert xis. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln außerdem häufig neue Kon- wir so wichtige Impulse aus der Praxis und können unsere auf andere Bereiche. Lasst uns neues Wissen generieren! zepte für aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen – weit über den Schulbereich hinaus. Arbeit entsprechend überprüfen und weiterentwickeln. Die Öffentlichkeit erhält gleichzeitig wissenschaftlich fundierte Welche anderen Bereiche kommen dabei in Frage? Den Begriff „Wissenstransfer“ hört man bislang dennoch eher selten. Konzepte zur Verbesserung ihrer Alltags- und Berufspraxis. Spannagel: Mir fällt spontan die interne Aus- und Weiterbil- Spannagel: Ich glaube, dass wir die Verbindung bislang einfach nicht bewusst hergestellt haben. dung von Unternehmen ein. Was auch daran liegen mag, dass ein struktureller Rahmen gefehlt hat und die forschungsbasierten Welche Rolle spielt dabei die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH? Gomer: Ein gutes Beispiel! Nicht alle Firmen haben verinner- Bildungsinnovationen kaum strategisch genutzt wurden. Spannagel: Unsere Hochschule ist insbesondere über die licht, dass Qualifizierungsmaßnahmen zur Förderung von Dr. Markus Gomer: Dabei hat Ihre Hochschule hier wirklich Potenzial. Der Faktor „Wissen“ zahlreichen Schulpraktika, die unsere Studierenden absol- zukunftsorientierten Kompetenzen ein wichtiger Pfeiler der nimmt im nationalen wie internationalen Wettbewerb stark an Bedeutung zu, funktionierende vieren, bereits fest in der Bildungslandschaft der Metropol- Unternehmensstrategie sind und gefährden damit langfris- Bildungs-Netzwerke und ein effektiver Wissenstransfer werden immer mehr zum Standortfaktor. region verankert. Ein Wissenstransfer von und zu anderen tig ihren Erfolg. Einigen Unternehmen fällt es schwer, interne Der Kontakt und Austausch mit Hochschulen wird somit gerade für kleine und mittelständische Partnern – wie beispielsweise Wirtschaftsunternehmen und Qualifizierungskonzepte für alle Altersgruppen und Funktio- Unternehmen immer wichtiger. Aus meiner Sicht kann die PH Heidelberg mit ihrer bildungswis- Vereinen – stand bei uns bislang nicht im Fokus. Wir konnten nen zu etablieren. senschaftlichen und fachdidaktischen Expertise hier absolut zum Leuchtturm werden! dann erfreulicherweise die bereits bestehende Zusammen- Spannagel: Als eine Lösung dieses Problems könnten wir
Intro Pädagogische Kompetenzen anwenden daktylos . 2017 10 | 11 zum Beispiel gemeinsam so genannte „smarte Bildungsräu- me“ entwickeln, die es heterogenen Belegschaften ermögli- chen, auch an niedrigschwelligen Bildungsangeboten teilzu- kräfte im Umgang mit äußerst heterogenen Klassen; dabei er- fahren sie unter anderem, wie schwer es sein kann, im Erwach- senenalter eine neue Sprache zu lernen und werden dadurch E-LEARNING UND MEDIENBILDUNG nehmen. Gomer: Tatsächlich! Smarte Bildungskonzepte könnten formel- les, non-formelles und informelles Lernen vereinen und den für eventuelle Schwierigkeiten sensibilisiert. Das Reallabor Asyl wiederum leistet einen wichtigen Beitrag dazu, Flücht- linge schnellstmöglich in die Arbeitswelt zu integrieren – und IN DER PRAXIS Horizont der klassischen Weiterbildung deutlich erweitern. leistet somit auch einen potenziellen Beitrag zur Reduzierung Spannagel: Und unsere Wissenschaftlerinnen und Wissen- des Fachkräftemangels. Die Möglichkeiten sind vielfältig… Studentische E-Learning-Projekte stärken den Wissenstransfer schaftler erhalten einen weiteren Erkenntnisgewinn. Kommen hier die „smarten Bildungsräume“ ins Spiel, die vorhin kurz zwischen Hochschule und Wirtschaft. Eigentlich eine Win-win-Situation für alle. Kritiker werden diesen engen erwähnt wurden? Bezug zum Markt vermutlich dennoch ablehnen. Wird die Pädagogische Gomer: Genau. „Smarte“ Bildungsräume leben von der Ver- TEXT: ANNETTE SCHULZE UND HOLGER MEEH Hochschule Heidelberg denn nun zu einer unternehmerischen Hochschule? netzung und von verschiedenen Formen des Lernens. Unser Spannagel: Nein, die Befürchtung braucht keiner zu haben! gemeinsames Ziel muss es sein, Bildungszugänge niedrig- Seit dem Sommersemester 2010 bietet die Pädagogische Die Hochschule wird nicht unternehmerisch, aber der Bereich schwelliger als bisher für alle zu ermöglichen. Die Herausfor- Hochschule Heidelberg den Masterstudiengang „E-Learning des Transfers unterliegt zumindest zum Teil wirtschaftlichen derung dabei ist, die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade und Medienbildung“ an und bildet Experten für den Einsatz Prinzipien. Forschung und Lehre gehorchen jedoch weiterhin stehen. Und das meine ich sowohl in Bezug auf den vorhan- digitaler Medien aus, die ihr erlangtes Know-how in ihrem spä- ausschließlich der Wissenschaft. Die Grundlagenforschung, denen Wissenstand, die individuellen Lernformen als auch in teren Berufsleben erfolgreich anwenden können. Bereits im die an unserer Hochschule betrieben wird, hat weiterhin Bezug auf Raum- und Zeitdimensionen. Studium erlangen die Studierenden neben dem notwendigen ihren zentralen Stellenwert! Aber bleiben wir bei dem Bei- Spannagel: Webbasierte Technologien ermöglichen in der Tat interdisziplinären Fachwissen auch umfassende Kompetenzen, spiel der betrieblichen Aus- und Weiterbildung: Was spricht bereits heute ganz neue, faszinierende Möglichkeiten des indi- um sich schnell und selbstständig in neue theoretische und GmbH, die Volkshochschule Rhein-Pfalz-Kreis, die Landesver- dagegen, in der Hochschule ein entsprechendes Konzept zu viduellen Lernens! Als Hochschule denken wir den Wissenstrans- praxisorientierte Fragestellungen und Diskurse im Medienbe- suchsanstalt für Gartenbau sowie die Reichspräsident-Fried- entwickeln, wenn der Bedarf besteht, und damit – nach einer fer außerdem bidirektional. Die Partner können nicht nur von reich einarbeiten zu können. rich-Ebert-Gedenkstätte. In beiden Modulen bearbeiten Studie- erfolgreich evaluierten Pilotphase – beispielsweise über die uns lernen, sondern wir auch von ihnen. Um bei dem Beispiel rende Projekte in Kooperation mit den Partnern an konkreten Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung in die breite „E-Learning“ zu bleiben: Wir können Unternehmen dabei un- ENGE VERZAHNUNG VON THEORIE UND PRAXIS medienbezogenen Aufgabenstellungen und erreichen so eine Öffentlichkeit zu gehen? terstützen, ihre Fachthemen didaktisch so aufzubereiten, dass enge Verzahnung von Theorie und Praxis im Bereich medien- ihre Angestellten sich stetig weiterbilden können und im bes- Eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis und der Wis- gestützten Lernens. Kommen wir zurück zum Thema Bildung für die Region. Wo sehen Sie ten Falle auch wollen. Gleichzeitig erhalten wir Kenntnisse senstransfer zwischen Hochschule und Wirtschaft bzw. schu- besondere Herausforderungen? über die Anforderungen, die Betriebe an ihre Angestellten ha- lischen Institutionen sind im Masterstudiengang „E-Learning NEUE FORSCHUNGSERGEBNISSE IN Gomer: Klar ist, dass auch die Bildungslandschaft auf die sich ben. Dieses Wissen können wir wiederum in die Lehre einfließen und Medienbildung“ (ELMEB 21) ein grundlegendes Prinzip. UNTERNEHMEN ANWENDEN immer stärker abzeichnenden Megatrends reagieren muss lassen, um diese noch zukunftsfähiger zu gestalten. Deshalb nehmen in ELMEB 21 die beiden projektartig ange- und sich deshalb bereits heute im Veränderungsmodus be- legten Module 7 (Forschungsprojekt) und 9 (Praxisprojekt) im Die Partner werden so in die Lage versetzt, innovative Medi- findet. Das heißt aber nicht, dass bislang alles schlecht war! Wagen wir einen weiteren Blick in die Zukunft: Studienverlauf einen zentralen Platz ein. Ziel des Studiums ist, enkonzepte für den Aus- und Weiterbildungsbereich auf Basis Dennoch werden bestimmte Schlüsselqualifikationen bedeut- Wie soll sich denn die Zusammenarbeit zwischen Ihren beiden Organi- den Studierenden den Erwerb profunder Kenntnisse in der wis- neuester Forschungsergebnisse zu entwickeln und gemeinsam samer – beispielsweise digitale Kompetenzen oder die Fähig- sationen zukünftig gestalten? senschaftlichen, didaktischen und praktischen Beschäftigung mit Experten aus der Hochschule optimal zu nutzen: Neue keit, in Netzwerken und diversen, interkulturellen Teams zu Gomer: Wir haben uns ja gerade erst gemeinsam auf diesen mit den medienspezifischen Studienbereichen zu ermöglichen, Forschungsergebnisse werden in den Unternehmen angewen- arbeiten. Die Herausforderung ist, die Lehramtsstudierenden spannenden Weg begeben. Es gilt daher, zunächst die ent- damit sie diese in verschiedenen Berufsfeldern anschließend det und Erkenntnisse aus der Praxis fließen in die Forschung von heute so zu qualifizieren, dass sie den Schülerinnen und sprechenden Strukturen aufzubauen. Die Kooperation mit der reflektieren, anwenden und selbständig weiterentwickeln kön- zurück. Für die Studierenden bieten die Projekte den Vorteil, Schülern möglichst wirksam diejenigen Kompetenzen vermit- Pädagogischen Hochschule Heidelberg ist für uns eine Art nen. Dabei werden im Forschungsprojekt von studentischen bereits im Verlauf des Studiums ihr fachspezifisches Wissen teln, die diese später am Arbeitsmarkt einsetzen können. Und Modellprojekt, das sich in der Region multiplizieren könnte. Tandems mediengestützte Bildungsmaßnahmen, wie bei- selbstständig und forschend reflektiert anzuwenden und im von denen wir heute noch nicht exakt wissen, wie sie aussehen Wir wollen gemeinsam lernen, wie Wissenstransfer erfolgreich spielsweise Onlinekurse, unter spezifischen Fragestellungen Austausch mit anderen außerhalb des Hochschulkontextes werden… funktionieren kann und diese Erkenntnisse wiederum zurück wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse dienen anschlie- in einem möglichen zukünftigen Berufsfeld Erfahrungen zu Spannagel: Wir betreiben in der Tat eine Art Zukunftsfor- in die Region und beispielsweise auch in andere Universitäten ßend als Basis für die Weiterentwicklung bzw. Anpassungen sammeln. Für den Studiengang selbst ergibt sich daraus die schung. Bildung bzw. der Zugang zu Bildung hat aber auch spiegeln. der beforschten Bildungsmaßnahmen. Im Praxisprojekt führen Chance, die eigenen Lehrinhalte praxis- und zukunftsorien- eine ganz unmittelbare Auswirkung auf unsere heutige Ge- Spannagel: Im Gegensatz zum Technologietransfer hat man die Studierenden eigenständig ein anwendungsbezogenes Me- tiert weiterentwickeln zu können. Auch die Hochschule profi- sellschaft: Information und Wissen sind die Grundpfeiler einer im Bildungsbereich in der Regel am Ende des Entwicklungs- dienprojekt von der Planung bis zur Produktion bzw. Anwen- tiert hierbei nicht nur von der Kompetenz der im Studiengang funktionsfähigen und stabilen Demokratie. Wir brauchen auf- prozesses kein konkretes, greifbares Produkt. Umso wichtiger dung durch. Die Bandbreite möglicher Projekte reicht hierbei Lehrenden, sondern auch von den Studierenden, die in einem geklärte Menschen, die auch kritische Fragen stellen und sich sind meiner Meinung nach stabile Netzwerke. Mit der Metro- von Onlinekursen für Fortbildungszwecke über digitale Lern- Modul interdisziplinär und fachfremd andere Veranstaltungen für Prozesse und Zusammenhänge interessieren sowie sich polregion Rhein-Neckar GmbH haben wir einen Partner ge- angebote für die politische Bildung bis hin zur Konzeption von besuchen und medienspezifische Projekte im Austausch mit für andere einsetzen. funden, der die gleichen Ziele wie wir verfolgt. Und uns dabei Lernanwendungen für nichtstaatliche Organisationen (NGO’s). Lehramtsstudierenden entwickeln. Zwei Beispiele aus der Praxis unterstützt, uns im regionalen Innovationssystem langfristig Dabei können sie auf die verschiedenen Angebote des Medien- werden auf den folgenden Seiten vorgestellt. Welchen Beitrag kann die Pädagogische Hochschule konkret leisten? als der zentrale Partner für Bildungsfragen zu etablieren! zentrums (MeZ) der Hochschule zurückgreifen, etwa wenn es Spannagel: Indem wir unsere Expertise zum Beispiel in dem um die Produktion audiovisueller Materialien geht. von Herrn Gomer genannten Bereich „Interkulturelle Bildung“ * DIPLOMPÄDAGOGIN DR. ANNETTE SCHULZE ist in die Region bringen. Wir qualifizieren beispielsweise Lehr- Das Gespräch führte Verena Loos. Seit Beginn des Studiengangs besteht für die genannten Mo- E-Learning-Dozentin und Expertin für Lernen mit digitalen Medien. dule eine enge Kooperation mit einer Vielzahl an Wirtschafts- * unternehmen und gesellschaftlichen Akteuren aus der Metro- PROFESSOR DR. CHRISTIAN SPANNAGEL ist an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg als Prorektor für Forschung, Medien und IT für den Bereich Transfer und Innovation verantwortlich. polregion Rhein-Neckar. Zu nennen sind hier etwa die SAP AG, DIPLOMPÄDAGOGE HOLGER MEEH ist Geschäftsführer die Springer-Verlag GmbH, die BASF SE, die Roche Diagnostics des Medienzentrums, E-Learning-Dozent und DR. MARKUS GOMER leitet die Stabsstelle Lebenszyklus Bildung der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH und kümmert betreut die Arbeitsstelle Neue Medien. sich um die Koordination und Initialisierung von Bildungsprojekten in der Region. Deutschland GmbH, die dm-drogerie markt GmbH + Co. KG, die Heidelberger Druckmaschinen AG, die Heidelberg Engineering
Pädagogische Kompetenzen anwenden daktylos . 2017 12 | 13 FORSCHUNG PLUS WIRTSCHAFT WISSENSAUSTAUSCH IN DER ERGIBT WIN-WIN TEXT: VERENA LOOS DIGITALEN BUSINESS LOUNGE Die dm-drogerie markt GmbH führt zur beruflichen Weiterentwicklung ihrer Angestellten eine webbasierte Lernplattform ein. Welche Anforderungen die Lernenden an dieses System haben, hat ein ELMEB 21 -Student erforscht. E-Learning-Studierende der Hochschule ermitteln in einer Bedarfsanalyse für das PRAXIS ALS ERGÄNZUNG ZUR THEORIE Hightech-Unternehmen Heidelberg Engineering, dass „Für mich war sofort klar, dass ich diese Bedarfsanalyse durch- führen wollte“, so Roth, der das Vorhaben mit einer Sonder- die Implementierung eines Online-Expertenforums genehmigung nicht im Tandem, sondern alleine übernahm. „Mich hat dabei besonders gereizt, dass es sich um ein Projekt TEXT: BIRGITTA HOHENESTER-PONGRATZ für seine Kunden nützlich ist. aus der freien Wirtschaft handelt, das zudem noch ganz am Anfang steht.“ Für den Studenten war das Projekt außerdem Der E-Learning-Sektor boomt. Unternehmen entwickeln in Daten quantitativ ausgewertet. Sie haben erfragt, ob bei den eine wertvolle Ergänzung zu den theoretischen Studieninhal- finanziell gut ausgestatteten Spezialabteilungen E-Lear- Kunden bereits Vorwissen bezüglich solcher digitalen Foren ten: „Wir erhalten einen sehr guten Überblick über die vor- ning-Konzepte, um unternehmensintern, aber auch verstärkt vorhanden ist, wie hoch der Austauschbedarf bei Fachthemen handenen E-Learning-Systeme und deren Möglichkeiten bzw. im Kontakt mit Kunden ihr Know-how zu transportieren. ist, welche Fragestellungen von besonderem Interesse sind, Grenzen. Dieses Wissen konnte ich in die Erstellung der Fragen E-Learning-Experten, wie sie an der Hochschule ausgebildet wie häufig die Plattform wohl genutzt werden würde und wel- Die dm-drogerie markt GmbH ist der größte und einer der direkt einfließen lassen.“ werden, sind deshalb sehr begehrt auf dem Arbeitsmarkt, che anderen Rahmenbedingungen die Nutzung erleichtern wirtschaftlich erfolgreichsten Drogeriekonzerne in Europa. Bei der Erstellung des Online-Fragenbogens wurde Roth zu- weiß Stefan Ulrich, Leiter des Medienzentrums und Dozent würden (Sprache, Anonymität etc.). Sie haben unter anderem Neben der Wirtschaftlichkeit legt der Konzern auch großen dem von einem interdisziplinären Team, bestehend aus Dozen- im Studiengang E-Learning und Medienbildung. Kontakte zu herausgefunden, dass vor allem Interesse an der Diskussion Wert auf die Zufriedenheit seiner Mitarbeiterinnen und Mit- ten aus dem Studiengang sowie aus der Psychologie, betreut: potenziellen Arbeitgebern entstehen bereits im Studium: Das von neuen Untersuchungsverfahren und klinischer Diagnostik arbeiter: Jeder der rund 39.000 Angestellten soll Raum und „Das habe ich gerade zu Beginn als äußerst hilfreich erlebt.“ Forschungspraktikum im dritten Semester führt die Absolven- besteht und dass sich mehr als ein Drittel der Befragten im Möglichkeit erhalten, sich stetig fachlich und persönlich wei- An dem Praxisprojekt schätzt der junge Mann außerdem die tinnen und Absolventen in unterschiedliche Unternehmen der Praxisalltag mehrmals pro Monat fachlichen Austausch mit terzuentwickeln. Das unternehmensinterne Aus- und Wei- Einblicke in ein Wirtschaftsunternehmen: „Ich habe bereits er- Region, beispielsweise zu den Heidelberger Druckmaschinen Kolleginnen und Kollegen wünscht. Die Ergebnisse der Erhe- terbildungskonzept setzt dabei auf die Selbstständigkeit der folgreich auf Lehramt studiert und hatte folglich bislang nur AG, zu Bruker Bio Spin oder zu SAP. Die Studierenden brin- bung sprechen insgesamt für eine Implementierung des Fo- Lernenden sowie auf individuelle Lösungen: „Unsere Mitarbei- Einblick in den Schulbereich. Zu wissen, wie ein Unternehmen gen dabei ihre bereits erworbene Forschungs- und Methode- rums. Ein weiteres Ergebnis der Nachwuchswissenschaftler: In terinnen und Mitarbeiter können ganz unterschiedliche Semi- funktioniert bzw. welche Anforderungen an Mitarbeitende ge- nexpertise ein und beraten die Unternehmen bei einer von einer Folgeuntersuchung könnte die quantitative Auswertung nare und Werkstätten besuchen, die von Fachexpertinnen und stellt werden, wird mir später bei der Betreuung von Schüle- ihnen gewählten E-Learning-Fragestellung. Eine klassische durch qualitative Interviews ergänzt werden, um die digitale -experten in Präsenzzeit abgehalten werden“, erklärt Elisa rinnen und Schülern sehr helfen.“ Win-win-Situation entsteht: Unternehmen erhalten aktuelles Business Lounge zukünftig noch kundenspezifischer gestalten Köhl, die bei dm im Bereich „Mitarbeiter – Lernen+Entwickeln“ Forschungswissen, Studierende Unternehmenskontakte und zu können. tätig und selbst eine Alumna des ELMEB-Studiengangs ist. Das VON DER KONZEPTION ZUR ENTWICKLUNG Praxiserfahrung. bestehende Angebot soll nun um eine digitale Komponente er- KONTAKTE-NETZWERK IN DER METROPOLREGION gänzt werden, indem ein Learning Management System (LMS) Die Forschungsergebnisse von Matthias Roth lässt dm nun in AUSTAUSCHPLATTFORM FÜR EXPERTENWISSEN etabliert wird: „In webbasierten Systemen kann der Lernstoff das Projektpflichtenheft einfließen, das wiederum Grundla- Wie sehr das studentische E-Learning-Wissen von den Unter- unabhängig von Zeit und Ort bearbeitet werden, was bei unse- ge für die LMS-Entwicklung ist. So hängt die Einstellung der Ein gutes Beispiel für diesen erfolgreichen Wissenstransfer nehmen wertgeschätzt wird, zeigt sich am Tag der offenen Tür, ren mehr als 1.800 dm-Märkten – verteilt über ganz Deutsch- zukünftigen Autoren zu dem Online-Tool zum Beispiel eng ist die Zusammenarbeit mit Heidelberg Engineering, ein auf den der Studiengang einmal im Jahr in der Hochschule ver- land – ein großer Vorteil ist“, so Köhl. mit der Dauer der Mediennutzung in der Freizeit zusammen. Bildgebungslösungen spezialisiertes Hightech-Unternehmen, anstaltet. Auf Posterpräsentationen werden die Forschungs- In Bezug auf den erfolgreichen Einstieg in das neue System das diagnostische Geräte für die augenheilkundliche Praxis ergebnisse der unterschiedlichen Unternehmenskooperatio- BEDARFE DER LERNENDEN KENNEN wünschten sich 54,4 Prozent der Befragten eine praktische entwickelt, herstellt und vertreibt. Produkte des Heidelberger nen visualisiert und von studentischen Projektleiterinnen und Schulung, im weiteren Verlauf werden dann eher die persönli- Unternehmens werden weltweit von Augenärzten und Op- -leitern kommuniziert: Der Tag hat sich zu einem Get-together Damit ein solches System auch effizient ist, muss es sehr ge- che Unterstützung durch besonders geschulte User sowie per tometristen eingesetzt. Philip Heinzig und Christian Dicken- der Abteilungsleitenden und Weiterbil- nau auf das Vorwissen und die Wünsche der Lernenden zuge- Telefon über eine zentrale Anlaufstelle als hilfreich empfun- scheid haben für das Unternehmen im Dezember 2016 eine dungschefs entwickelt, von deren re- schnitten sein. Der Erfolg der Implementierung hängt daher den. Köhl abschließend: „Wir wissen jetzt genau, über welche Bedarfsanalyse durchgeführt, ob seine Kunden ein online-ge- gem Austausch untereinander und mit mit davon ab, ob man bereits in der Konzeptionsphase genau Erfahrungen unsere Autoren verfügen und welche Wünsche stütztes Expertenforum zu augenheilkundlichen Themen be- den Studierenden alle Seiten pro- weiß, über welche Erfahrungen mit digitalen Lernplattformen bzw. Bedenken sie haben. Dieses Wissens hilft uns, die Lern- fürworten und nutzen würden. Unterstützt wurden die Studie- fitieren. In den vergangenen die zukünftigen Nutzer verfügen, welche Einstellung sie ge- plattform erfolgreich zu implementieren.“ renden im Unternehmen von Chris Fischer, einer Alumna des Jahren ist so ein differenzier- genüber dem Lernen mit digitalen Medien haben und welche PH-Studiengangs, die seit 2014 Managerin für E-Learning bei tes Netzwerk an Kontakten Wünsche bzw. Ängste bezüglich eines LMS bestehen. Heidelberg Engineering ist. entstanden, das mittlerweile Um diese Fragen für den Drogeriewarenhändler möglichst voll- Soll ein Forum in die digitale Business Lounge implementiert auch viele Alumni der Hoch- ständig beantworten zu können, hat Matthias Roth eine Um- werden? Dazu haben Heinzig und Dickenscheid einen diffe- schule einschließt. frage zunächst unter den zukünftigen Autoren durchgeführt, renzierten Online-Fragebogen entwickelt und die erhobenen also den Personen, die die Lehrinhalte bereitstellen werden.
Pädagogische Kompetenzen anwenden Schulgebäude daktylos . 2017 014 | 15 Lehrerbedürfnissen macht optimale ar- chitektonische Gestaltung von Schulge- bäuden und -räumen erst möglich.“ HETEROGENITÄT – im Wandel KOOPERATIONSPARTNER – ELEKTRONISCHE MEDIEN Im Projekt werden drei Themenpakete zu folgenden Bereichen unterschieden: • Heterogenität: Wie müssen Räumlichkeiten beschaffen sein, um Lernende mit verschiedenen Voraussetzungen in individualisierenden Settings Die aktuelle Entwicklung im Schulwesen führt zu ganztägiger Schulbetreuung mit unterrichten zu können? (Wie können Räumlich- keiten flexibel gestaltet werden, auch hinsichtlich individualisierten Lernformen, zu integrierten Schulformen wie Gemeinschafts- Rückzugsmöglichkeiten sowie energetischen und Lernatelier mit „Baumhäusern“ in der Alemannenschule in Wutöschingen. ästhetischen Aspekten?) schulen und zur Aufnahme von Lernenden mit Handicaps in Regelklassen. mögliche Optionen für eine gewinnbrin- berg, der SRH Hochschule und der Uni- • Kooperationspartner und multiprofessionelle gende Anpassung der Raumsituation versität Stuttgart kooperierten bei der Die räumlichen Gegebenheiten der Schulen müssen sich dieser Entwicklung Kooperation: Welche Partner sind beispielsweise angeboten. Sichtung sämtlicher Heidelberger Schulen beim Gestalten von Ganztagsunterricht potenzielle der Sekundarstufe I. Architektur- und anpassen: Hier setzt das Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ an. Unterstützer und wie integriert man die Angebote? STRUKTUREN FÜR DIE „PHASE Pädagogikstudierende fertigten zusam- (Vereine, Musikschulen, AGs in Einrichtungen oder NULL“ BEIM UMBAU VON SCHUL- men Pläne der Schulen an und prüften Betriebe bieten Optionen für Veranstaltungen: Wel- GEBÄUDEN die Raumsituation. TEXT: CHRISTINE DRUSKEIT cher Raumbedarf entsteht durch Kooperationen und wie gestaltet sich die Nutzung in der Schule Karin Haupt-Mukrowsky berichtet: „Eine Viele Schulbauten wurden in den letzten oder im Umfeld der Schule? Wie wird in den Schu- Schule hatte einen sehr großen Raum Jahren nach und nach erweitert. Häu- len mit Doppelbelegungen umgegangen?) mit einzelnen Schülerarbeitsplätzen fige Probleme sind fehlende Verbin- ausgestattet auf einer zweiten, erhöh- dungen zwischen Gebäuden und lange • Elektronische Medien/Digitalisierung: Wie ten Ebene, mit Holzleisten in durchläs- Wege, was unter anderem am Beispiel können Smartphone, Tablet, Internet und andere sigen Abständen abgetrennt – ähnlich der Geschwister-Scholl-Schule ersicht- elektronische Medien in den Unterricht einge- wie Baumhäuser –, zwar abgeteilt, aber lich wurde. Zu dieser Schule entwarfen bunden werden? (Stichwörter: Steckdosen, tech- offen einsehbar. Dabei wurde die Re- die Studierenden Modelle mit Lösungs- nische Ausstattung, passende Arbeitsplätze.) gel, sich in diesen Lernräumen leise vorschlägen. Ein Modell zeigte die Ver- zu verhalten, von allen in bemerkens- bindung der vorhandenen Gebäude Die Pädagogische Hochschule Heidel- werter Weise eingehalten. Wie funkti- durch viele nebeneinander gesetzte, berg engagiert sich im Projekt insbeson- oniert Arbeiten in welchem architekto- direkt angrenzende kleine Häuschen. Entwurf zur Neugestaltung der Geschwister-Scholl-Schule in Heidelberg von Henrike Heuer und Anne Sauter (1. Platz im Wettbewerb). dere im Themenbereich der multiprofes- nischen Rahmen, welche Lernformen Kleine Einheiten kommen dem Bedürf- sionellen Kooperation und ist zusätzlich werden durch welche Räumlichkeiten nis von Schülerinnen und Schülern nach auch im Arbeitspaket zum Umgang mit unterstützt? Diesen spannenden Fra- einem persönlichen, festen Raum nach. Gefördert vom baden-württembergischen Ministerium für Wis- mit Inklusion und dem Ganztagsbetrieb einhergehen, setzte Heterogenität tätig. Mit anderen Exper- gen sind wir auf der Spur, um am Ende Denn räumliche Gebundenheit und Ab- senschaft, Forschung und Kunst bringen im Reallabor „Stadt- sie sich intensiv auseinander im Projekt „WissGem“, als sie und ten aus den beteiligten Hochschulen des Projekts Handlungsempfehlungen grenzung innerhalb eines Systems wird Raum-Bildung“ (2015 bis 2018) von Seiten der Pädagogischen Prof. Dr. Albrecht Wacker zwei Jahre die Etablierung von Ge- werden ausgewählte Schulen besucht; für dem Umbau von Schulen erstellen als angenehmer empfunden als große, Hochschule Heidelberg Karin Haupt-Mukrowsky, M. A., und meinschaftsschulen in Baden-Württemberg begleiteten. Über zum Bereich Kooperationspartner bis- zu können.“ Insbesondere für die soge- nicht aufgeteilte Räume. Die Modelle Prof. Dr. Albrecht Wacker ihre pädagogische Expertise ein. Wei- 110 Interviews wurden innerhalb dieses Projekts geführt, das lang jeweils drei Schulen in ländlicher nannte „Phase null“ beim Umbau von der Studierenden wurden im Stadtteil tere Kooperationspartner sind unter anderem die SRH Hoch- an sechs Hochschulen in Baden-Württemberg angesiedelt war, Umgebung und drei Schulen aus dem Schulgebäuden, ganz zu Beginn, wenn Kirchheim der Öffentlichkeit präsentiert schule Heidelberg, das Institut für Städtebau Stuttgart, die unzählige Beobachtungsbögen zum Unterricht erstellt, Lehr- städtischen Raum. Die meisten Gebäude die ersten Schritte eingeleitet werden, und die besten in einem Wettbewerb Universität Stuttgart sowie zivilgesellschaftliche Akteure wie kräfte, Lernende und Eltern befragt: Schnell wurde dabei auch sind älteren Datums, andere neu erbaut, fehlten noch Hilfestellungen und wis- prämiert. Gemeinden und Schulen (u. a. die Geschwister-Scholl-Schule in deutlich, dass der Raumsituation eine wesentliche Bedeutung bereits mit Klassenräumen, die bei- senschaftlich fundierte Ausarbeitungen Heidelberg). Das Ziel eines Reallabors ist die Zusammenarbeit für erfolgreiche Lernprozesse zukommt. spielsweise separate Gruppenbereiche von sinnvollen Handlungsabläufen und Das Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ ist von Wissenschaft und Personen aus dem Feld, die eine unmit- beinhalten. Anlagen werden besichtigt, Prozessen. angesetzt mit einer Laufzeit bis 2018. telbare Verwertung und Praxisanbindung der wissenschaftli- Im Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ arbeiten Karin Haupt-Mu- Interviews und Gruppendiskussionen Schulen, die an dem Angebot interes- chen Befunde ermöglicht. krowsky und Prof. Dr. Albrecht Wacker in einem erweiterten sowie Befragungen mit Schulleitern und ANALYSE DER HEIDELBERGER siert sind, haben die Möglichkeit, sich Rahmen mit Experten anderer Fachrichtungen zusammen, Ar- Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern SCHULEN DER SEKUNDARSTUFE I beim Projekt zu bewerben und als weite- VON ANFORDERUNGEN SPEZIELL AN GEMEIN- chitekten, Städtebauern und Fachleuten aus Kommunen und sowie sonstigen Akteuren der Schule re Praxispartner von der wissenschaft- SCHAFTSSCHULEN ZU WEITEREN SCHULFORMEN Verwaltungen. Albrecht Wacker sieht dringenden Bedarf an geführt. Die konkreten Gegebenheiten Der Wissensaustausch findet nicht nur lich fundierten und konkret praxisbezo- der Verbindung von pädagogischer mit architektonischer Ex- der einzelnen Schulen werden analy- auf der Ebene der Experten statt, die Stu- genen Expertenarbeit im Rahmen des Karin Haupt-Mukrowsky kennt den traditionellen Unterricht pertise: „In der Zusammenarbeit erfährt man, wie anders der siert, auch die Umgebung, wie Zugangs- dierenden bringen sich ein in Seminaren Reallabors „Stadt-Raum-Bildung“ zu aus ihrer Zeit als Lehrerin. Mit neuen Anforderungen an die Blickwinkel beispielsweise der Architekten ist. Das Einbringen wege, gerne oder weniger gerne ge- und weiteren Teilprojekten. Studierende profitieren. Schulen, die mit einem veränderten Blick auf Heterogenität, von pädagogischem Fachwissen zu Lernformen, Schüler- und nutzte Orte benannt und abschließend der Pädagogischen Hochschule Heidel-
Pädagogische Kompetenzen anwenden daktylos . 2017 16 | 17 Kennen Sie das? Sie stehen vor einer sches Mentaltraining die Persönlichkeit normal. Solange die Situation als kon- wichtigen Prüfung oder einer entschei- jugendlicher Sportler so stärkt, dass sie trollierbar, als Herausforderung erlebt denden Verhandlung. Sie sind inhaltlich ihre Leistungsmöglichkeiten im Wett- wird, erhöht die Aufregung sogar die gut vorbereitet. Und trotzdem haben Sie kampf optimal ausschöpfen, Doping- Aufmerksamkeit und die Konzentration. das Gefühl, Ihr Wissen und Ihre Fähig- versuchen widerstehen und parallel zur Verliert ein Mensch in dieser Situation je- keiten nicht abrufen zu können und der leistungssportlichen Entwicklung ein doch das Gefühl der Kontrolle, entsteht Situation nicht gewachsen zu sein. Nein? zweites, berufliches Standbein aufbau- Angst oder sogar Panik. Die Situation Sehr gut und herzlichen Glückwunsch – en können“, berichtet Knörzer. Bei der wird dann als Bedrohung erlebt und kann Sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Implementierung dieses Mentaltrainings nicht mehr adäquat gelöst werden. bereits mental stark! Wenn Ihnen die in Schulen, in denen die jugendlichen Situation jedoch bekannt vorkommt, ge- Leistungssportler unterrichtet wurden, MENTAL STARK DANK HKT hören Sie vermutlich zu den Personen, zeigte sich, dass auch andere Schüle- die vor wichtigen Ereignissen Schwierig- rinnen und Schüler von dem Programm Laut Knörzer sind Inkongruenzen zwar keiten haben, ihre Kompetenzen zielfüh- profitierten und insbesondere in Klas- grundsätzlich notwendige Vorausset- rend abzurufen. Aber keine Angst, Sie senarbeits- und Prüfungssituationen er- zung für eine persönliche Weiterentwick- sind nicht allein – viele Menschen und folgreich umsetzten. „Auf diesen Erfah- lung, „man braucht jedoch Strategien insbesondere Schülerinnen und Schüler rungen aufbauend, haben wir zunächst und Kompetenzen, um sie kontrolliert bzw. Studierende besitzen mangelhafte ein spezielles Trainingsprogramm für lösen zu können“. Das Heidelberger oder gar keine mentalen Strategien und Schülerinnen und Schüler entwickelt Kompetenztraining setzt genau hier an Kompetenzen, ihr Wissen und Können und setzen dieses seit 2006 erfolgreich und schult die sogenannten „potentialen in herausfordernden Situationen gezielt in verschiedenen Schulen ein“, sagt der Ressourcen“, also alle Fähigkeiten und und systematisch abzurufen. Professor. Verhaltensweisen, die der Erreichung von Zielen wie dem erfolgreichen Ab- Abhilfe verspricht ein Programm, das an Doch damit nicht genug: Das HKT wurde schluss eines Studiums dienen, gezielt der Pädagogischen Hochschule Heidel- seitdem systematisch weiterentwickelt und systematisch. Unabhängig vom dem berg entwickelt wurde: das Heidelberger und auf weitere Bereiche transferiert. Bereich, in dem das HKT eingesetzt wird, Kompetenztraining (HKT). Maßgeblich „Das Schöne und Spannende an unse- folgt es dabei stets den folgenden vier verantwortlich hierfür ist Dr. Wolfgang rem Programm ist, dass es sich auf viele Schritten: Knörzer, der als Professor für Sportwis- unterschiedliche Lebensbereiche über- 1. Ziele formulieren senschaft/-pädagogik über langjährige tragen lässt“, so Knörzer. Neben der Im- 2. Sich konzentrieren Erfahrung im Bereich der Gesundheits- plementierung in den deutschen Schu- 3. Seine Stärken aktivieren bildung verfügt. „Wir haben festgestellt, lunterricht wird das HKT daher auch in 4. Die Zielintention abschirmen dass es gerade in der Schulpraxis, aber außerschulischen Bereichen wie etwa natürlich auch in anderen beruflichen der Integration von Flüchtlingen oder in Jeder HKT-Prozess ist dabei so ausgerich- Situationen oft nicht reicht, sich inhalt- unterschiedlichen beruflichen Heraus- tet, dass sowohl digitale (logisch-rationale) lich vorzubereiten. Man braucht darüber forderungssituationen im In- und Aus- als auch analoge (körperlich-emotiona- hinaus eben auch Fähigkeiten und Stra- land erfolgreich eingesetzt. le) Denk- und Erlebensprozesse berück- tegien, um das Gelernte in der Praxisan- sichtigt werden: „Wir passen in Abhän- wendung nachhaltig optimal und in der AUFGEREGT ZU SEIN IST NORMAL gigkeit des vorliegenden Systems jedoch MENTAL STARK ‚richtigen‘ inneren Haltung einsetzen zu die Schwerpunkte an: Setzen wir unser können“, so Knörzer. Oft bliebe es jedoch Knörzer weiter: „Durch neurowissen- Training zum Beispiel in den ‚Fazenda da mehr oder weniger dem Zufall überlas- schaftliche und psychologische Studien Esperança‘ in Brasilien ein, wo margina- sen, ob es gerade jungen Menschen ge- wissen wir, dass die Befriedigung zentra- lisierten Jugendlichen und Erwachsenen länge, dann gut zu sein, wenn es darauf ler psychischer Grundbedürfnisse – wie sowie Süchtigen aller Art Hilfe für ein er- ankomme, oder ob sie scheiterten. „Wir etwa Selbstwerterhöhung, Bindung an neuertes Leben geboten wird, fördern wir haben daher ein Training zur Entwick- wichtige Bezugspersonen oder das Ge- eher logisch-rationale, inhaltsorientierte lung mentaler Stärke aufgebaut, das das fühl, Einfluss auf Situationen nehmen zu Prozesse. Einem deutschen Polizisten TEXT: VERENA LOOS Ziel verfolgt, über die Stärkung mentaler können – in einem direkten Zusammen- hilft hingegen eher die Auseinanderset- Selbststeuerungsprozesse Menschen in hang mit der Motivationslage von Men- zung mit der Beziehungsebene zwischen ihrem Ziel- und Bedürfnisbefriedigungs- schen steht. Und das unabhängig bei- Menschen und der Art und Weise, wie FÜR MEHR SCHULISCHEN, BERUFLICHEN ODER SPORTLICHEN ERFOLG UND streben zu unterstützen – sprich mental spielsweise von Alter, Geschlecht oder gesprochen, von welchem Körperaus- stark zu sein“, erklärt der Sportwissen- kulturellem bzw. sozialem Hintergrund.“ druck, von welcher Mimik und Gestik die DAS EIGENE WOHLBEFINDEN: schaftler. Werden folglich die Grundbedürfnisse Sprache begleitet wird. Hier setzen wir eines Menschen befriedigt, werden zu- den Schwerpunkt demnach auf analoge DAS HEIDELBERGER KOMPETENZTRAINING UNTERSTÜTZT MENSCHEN JEDER VOM LEISTUNGSSPORT IN DIE gleich und integrativ dessen psychische Prozesse“, erklärt Knörzer. SCHULE Leistungsfähigkeit, sein Wohlergeben ALTERS- UND BERUFSGRUPPE DABEI, EINE POSITIVE PROBLEMLÖSUNGS- bzw. seine Gesundheit und seine Ent- WIRKSAMKEIT ERWIESEN Gemeinsam mit seinem Team nutzt wicklung gefördert. HALTUNG EINZUNEHMEN UND DIE EIGENE SELBSTWIRKSAMKEITSÜBERZEUGUNG Knörzer dabei Erfahrungen aus dem Vor Prüfungen oder wichtigen Wett- Dass dieses Vorgehen wirksam und er- Leistungssport: „Das HKT beruht auf kämpfen – typischen Inkongruenzsitua- folgreich ist, wurde im Rahmen verschie- ZU STÄRKEN. einem Programm, das durch systemi- tionen – aufgeregt zu sein, ist demnach dener Wirksamkeitsstudien bestätigt.
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