Das Jubiläum: 120 Jahre Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. Walnuss, Mandel & Co. AEH-Herbstseminar in Pappenheim Wer den Zug der ...

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Das Jubiläum: 120 Jahre Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. Walnuss, Mandel & Co. AEH-Herbstseminar in Pappenheim Wer den Zug der ...
1/ 2020

Das Jubiläum: 120 Jahre
Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V.
Walnuss, Mandel & Co.
AEH-Herbstseminar in Pappenheim
Wer den Zug der Digitalisierung
bestiegen hat, steigt nicht mehr aus

                    Zeitschrift des Deutschen Evangelischen Frauenbundes,
                    Landesverband Bayern e.V.
www.def-bayern.de                                                           januar 2020 / def aktuell 1
Das Jubiläum: 120 Jahre Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. Walnuss, Mandel & Co. AEH-Herbstseminar in Pappenheim Wer den Zug der ...
Monatslosung Januar 2020 :

     Gott ist treu.
     1. Kor. 1,9 (L)

     inhalt
      4		 Erinnerung an Brunhilde Fabricius
      5		 Des Erinnerns wert: Jugendschutz
     		 und Kinderfürsorge
      7		 120 Jahre DEF – Das Jubiläum, der Bericht
     10 Gesamtgesellschaftliche Leistungsbilanz
     		 ohne blinden Fleck!                                 120-jähriges Jubiläum Deutscher Evangelischer Frauenbund (Artikel S.7)

     11 So kann Digitalisierung das Gesundheits-
     		 wesen positiv beeinflussen
     14 Marienkäfer und der DEF
     		 – Gemeinsamkeiten?                            26 Rezepte: Naturkosmetik, selbstgemacht
     15 Haus für Mutter und Kind                      27 Seminar in Pappenheim:
     16 100 Jahre und kein bisschen leise             		 Walnuss, Mandel & Co.
     		 Jubiläen in Altdorf, Aschaffenburg und Hof    29 GMK-Forum: Zwischen Utopie und Dystopie
     17 Aus der Praxis: Floß, Nördlingen,             30 Workshop: Fotografieren mit dem Smartphone
     		 Rothenburg, Schwabach, Schweinfurt
                                                      31 BLM-Tagung: Qualität im lokalen Rundfunk
     20 Büchertipps                                   		 in Bayern
     21 Hauswirtschaftliche Bildung – warum jetzt?    32 Verzerrte Wirklichkeit
                                                      		 – Rollenbilder von Mädchen im KinderTV
     22 Aus den Gremien: BayLaH und BAG-HW
     23 AEH-Mitgliederversammlung in Schwabach
                                                      33 Medienkreis Bayreuth: Der Mord nebenan
                                                      		 – vom Reiz regionaler Krimis
     24 60 Jahre Verbraucherzentrale Bayern
     25 Studientag: Plastikfrei leben,                34 Gedanken zur Jahreslosung 2020
     		 in kleinen Schritten                          35 Antrag auf Mitgliedschaft / Impressum

       Redaktionsschluss für die Ausgabe 2/2020       Foto auf der Titelseite:
       (April bis Mai 2020): 1. März 2020             Quelle: zaharchik, pixabay.de

2 def aktuell / januar 2020                                                                                www.def-bayern.de
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DEF
                                                           D EF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.

   editorial
   Liebe Leserinnen und Leser,
   Liebe Leserinnen und Leser,
   sicher haben Sie auch zu Weihnachten und zum
   neuen Jahr Karten mit den besten Wünschen ver-
   schickt. Ein wichtiger Wunsch dabei ist der Wunsch
   nach Gesundheit. Gerade, wenn wir wissen, dass            dem Einfluss der Pharmalobby. Oder sind es doch
   der/ die Andere krank ist, drücken wir die Hoffnung       neue Erkenntnisse nach Langzeitstudien, dass die
   auf baldige Genesung aus. Schon bei den Griechen          alten Werte zu niedrig waren und Folgeschäden
   und den Römern galt das Ideal: „Ein gesunder Geist        schon früher eintreten können? Wir hinterfragen
   in einem gesunden Körper“. Sie konnten sich es            die „alten“ Autoritäten, weil wir das Gefühl haben,
   nicht anders vorstellen, aber wir wissen heute, dass      auch sie wissen nicht alles. Wissenschaftliche Studi-
   auch in einem kranken Körper ein Potential für wis-       en stellen sich später als gefälscht heraus oder von
   senschaftliche Höchstleistungen stecken kann, wie         Pharmafirmen gesponsert.
   es Stephan Hawkings eindrucksvoll bewiesen hat.           Und für Frauen gibt es noch weitere Probleme bei
   Andererseits sprechen die vielen Fitness Studios          Gesundheit und Krankheit. Wir sprechen immer von
   davon, dass auch wir noch diesem Leitsatz folgen,         Gleichstellung, aber wo die Forschung das macht,
   was nicht falsch ist. Denn es gibt Erkenntnisse, dass     ist es auch wieder nicht richtig. Denn im medizini-
   körperliche Bewegung den Geist beflügeln kann.            schen Sinn sind Frauen und Männer unterschied-
   Bewegung an der frischen Luft, mit frischem Sauer-        lich. Körperbau, Geschlechtsorgane, Hormone, um
   stoff ist vielleicht noch besser.                         nur die wichtigsten Unterschiede zu nennen. Aber
                                                             in der Pharmaforschung werden Medikamente vor
   Gerade jetzt nach der Weihnachtszeit sind die Zeit-       allem an männlichen Probanden getestet, weil das
   schriften voll mit Diäten, die uns Frauen zur Bikini-     einfacher geht. Und das ist das Problem. Und wie wir
   Figur verhelfen sollen. Die früher religiös verordne-     im November in der Zeitung lesen konnten, werden
   te Fastenzeit wird in eine persönliche Wellness-Kur       auch Implantate für männliche Körper konzipiert.
   umgedeutet. Aber bald müssen wir erkennen, dass           Dass sie dann bei den Frauen nicht passen, seien es
   es die Wunderdiät nicht gibt, die uns für immer die       Hüft- oder Kniegelenke, hat sich erst langsam her-
   schlanke Figur erhält. Unsere Frauen der AEH wis-         ausgestellt, ohne dass die Ärzte oder die Hersteller
   sen, wie wir uns richtig ernähren können und da-          die Informationen weitergegeben hätten. Auch als
   durch auch im Alter länger fit bleiben. Eine gute         Patientinnen / Patienten sind wir gefordert, nachzu-
   Hauswirtschaft ist ein wichtiger Baustein für ein gu-     fragen und mindestens eine zweite Meinung einzu-
   tes Leben.                                                holen. Vielleicht kann in dem Fall der Implantate die
   Aber wie leicht verschwimmen die Grenzen zwi-             digitalisierte Medizin Fortschritte bringen. Wenn
   schen krank und gesund. Bin ich schon „nicht krank“,      jedem Patienten, dank digitaler Technik, das genau
   wenn ich kein Fieber habe? Oder bin ich noch ge-          passende Implanat eingesetzt werden kann, wäre
   sund, wenn ich leicht erhöhten Blutdruck habe?            das ein großer Fortschritt.
   Wie ist es überhaupt mit chronischen Krankheiten?         Die Digitalisierung kann in unserem Leben Gutes
   Die gehen im Allgemeinen nicht mit Fieber einher,         bewirken. Aber wie jede Technik birgt sie Chancen
   aber können die Lebensqualität sehr einschränken.         und Risiken. Wir sind aufgefordert, genau hinzu-
   Andere sind so gut behandelbar, dass man sie gar          schauen und uns zu informieren, damit wir die Ent-
   nicht merkt, wenn man die notwendigen Tabletten           scheidungen fällen können, die mit unserer Ethik
   regelmäßig einnimmt. Ein anderes Mal steht in der         vereinbar sind.
   Zeitung, dass die zuständige Behörde die Grenz-
   werte bei Cholesterin, Bluthochdruck oder Diabe-          In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesundes
   tes neu festgesetzt hat, und auf einmal sind viele        Jahr 2020.
   Menschen behandlungsbedürftig, die gestern noch           Ihre Inge Gehlert,
   ganz gesund waren. Da fragen wir uns schon nach           Landesvorsitzende

www.def-bayern.de                                                                             januar 2020 / def aktuell 3
Das Jubiläum: 120 Jahre Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. Walnuss, Mandel & Co. AEH-Herbstseminar in Pappenheim Wer den Zug der ...
Die Mitglieder des Deutschen Evangeli-
     schen Frauenbundes trauern um Brunhilde
     Fabricius. Sie ist am 25. November 2019
     im Alter von 88 Jahren verstorben. Nach-                   Ihre „Karriere“ im DEF begann mit der Übernahme der
     folgend eine Würdigung durch Inge Gehlert                  Buchhaltung im Kinderkrankenhaus Park Schönfeld.
                                                                Von da war es nicht weit in den Ortsverband Kassel,
     anlässlich der Beisetzung:                                 der der Träger des Kinderkrankenhauses war. Bereits
                                                                1971 wurde sie zur Vorsitzenden des Ortsverbands ge-
     Ansprache für                                              wählt und nach Hannover in die Bundeszentrale ein-
                                                                geladen zu einem staatsbürgerlichen Lehrgang. Hier

     Brunhilde Fabricius                                        lernte sie die ehrenamtliche Arbeit im vorparlamenta-
                                                                rischen Raum kennen. Irmgard von Meibom nutzte die
     Sehr geehrte Trauergemeinde, sehr geehrte Freunde          Möglichkeiten, die die neutrale Position des DEF in der
     und Freundinnen, Weggefährtinnen und Weggefähr-            Politik bot, um die Stellung der Frauen und das Anse-
     ten, sehr geehrte Angehörige von Brunhilde Fabricius,      hen der Verbraucher in der Gesellschaft zu verbessern.
     Brunhilde Fabricius war von 1981 bis 2003 Bundesvor-       Dies war ganz im Sinne von Brunhilde Fabricius, die
     sitzende des Deutschen Evangelischen Frauenbun-            die vielfältigen Möglichkeiten, die der DEF in seiner
     des. Auf der Bundestagung 2003 in Hamburg wurde            Struktur bot, gerne nutzte. Dafür vernetzte sie sich mit
     ich zu ihrer Nachfolgerin gewählt und habe das Amt         Frauen aus anderen Verbänden, sie wurde Vorsitzen-
     bis 2015 ausgeübt. Heute steht Dietlinde Kunad an          de der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland,
     der Spitze des Bundesverbands, die aber krankheits-        für vier Jahre Präsidentin des Deutschen Frauenrates,
     bedingt, sie liegt im Krankenhaus, nicht kommen            was auch eine immense Reisetätigkeit zur Folge hatte.
     kann. Ihre Gebete begleiten uns.                           In dieser Zeit arbeitete sie auch ökumenisch mit dem
                                                                Katholischen Deutschen Frauenbund zusammen, es
     Ich habe 16 Jahre mit Brunhilde Fabricius zusammen-
                                                                gab eine feste Arbeitsgemeinschaft. Mehrere ökume-
     gearbeitet, und so stehe ich heute hier, um im Namen
                                                                nische Kongresse fanden an unterschiedlichen Orten
     des Deutschen Evangelischen Frauenbundes Dank zu
                                                                statt. Daneben die Gründung des Christinnenrates,
     sagen und meiner Trauer über ihren Tod Ausdruck zu
                                                                denn die Ökumene endet nicht mit den beiden gro-
     verleihen.
                                                                ßen christlichen Kirchen. Brunhilde Fabricius dachte
     Der DEF verliert mit ihr seine Ehrenvorsitzende, auf die   immer in größeren Dimensionen, wenn ihr auch die
     er sich auch nach ihrem Ausscheiden als Vorsitzende        beharrliche Arbeit im „klein, klein“ durchaus nicht un-
     immer verlassen konnte. Sie war, auch in schwierigen       bekannt war, wenn es wichtig war, zum Beispiel Sat-
     Zeiten, immer mit Rat und Hilfe zur Stelle.                zungsfragen oder die vertragliche Ausgestaltung der
     Die vier Jahre, die ich zunächst im Bundesvorstand         Zusammenarbeit der verschiedenen Frauenverbände.
     war, wurden von ihrer Leitung geprägt. Ihr Wissen          Mit dem Deutschen Frauenrat reiste sie auch nach Pe-
     und die schnelle Erkenntnis, was wichtig war, haben        king zur UNO Weltfrauenkonferenz, wo sie neben den
     zu einer guten und auch zielgerichteten Arbeit ge-         interessanten Begegnungen mit Frauen aus aller Welt
     führt. Jetzt in der Adventszeit denke ich auch gerne       auch die Heilkünste der chinesischen Medizin in Form
     an die Vorstandssitzungen in Kassel zurück, zu denen       der Akupunktur kennen und schätzen lernte.
     sie zum Gänsebraten einlud. Der Geruch der schmo-          Der DEF war für Brunhilde Fabricius, man könnte fast
     renden Gans machte die Arbeit vielleicht nicht ganz        sagen, ein Sprungbrett für ihre frauenpolitischen Ak-
     so stringent. Aber die Atmosphäre bei diesem Arbeits-      tivitäten, aber andererseits war der DEF auch die Mit-
     essen war sehr friedlich. Diese Tradition mit dem Gän-     te, von der aus sie tätig wurde und in den ihre Arbeit
     sebraten konnte ich leider nicht fortführen.               auch wieder ausstrahlte.
     Als Ehrenvorsitzende kam sie zwar nicht mehr zu al-        Verantwortung übernehmen für sich und andere, das
     len Vorstandssitzungen, aber sie war da, wenn sie ge-      ist der Leitsatz des DEF und dieses Motto hat Brunhil-
     braucht wurde. Sie war eine Türöffnerin für mich in        de Fabricius gelebt. Sie hat ihren Antrieb für ihr Tun
     die EKD, von der ich als Bayerische Landesvorsitzende      selbst so beschrieben: „Frauen sind die Hälfte der Be-
     doch weit weg war.                                         völkerung mit anderen Erfahrungen, als sie Männer

4 def aktuell / januar 2020                                                                               www.def-bayern.de
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DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund

   machen, und mit anderen Zugängen und die müssen            Des Erinnerns wert Die
   eingebracht werden in das gesellschaftspolitische Le-
   ben in Kirche und Gesellschaft. Diese Erfahrungen dür-
                                                              Kommission für Kinder-
   fen nicht unter den Tisch fallen. Dafür kämpfe ich.“       schutz und Jugendfürsorge
   Daher engagierte sie sich auch in ihrer Kirche, sowohl
                                                              Im Handbuch zur Frauenfrage, 1908 vom DEF her-
   in der Landeskirche als auch in der EKD. Sie war im 7.
                                                              ausgegeben, werden neun Arbeitskommissionen des
   Präsidium der EKD Synode, und gerade in der Zeit der
                                                              Bundesvorstandes aufgelistet. Die für Kinderschutz
   Wiedervereinigung leistete sie einen wichtigen Bei-
                                                              und Jugendfürsorge rangiert unter Nummer V. Als Lei-
   trag auch zum Zusammenfinden der Kirchen in Ost
                                                              terin wird Fräulein M. Dittmer in Berlin genannt, wohin
   und West.
                                                              die im Januar 1906 in Hannover gegründete Kommis-
   Sie sagt dazu: „Da habe ich gerne mitgemacht. Man          sion zum 1. Oktober 1907 verlegt worden war. 44 Da-
   hatte das Gefühl, man arbeitet da mit an einem histo-      men aus den Ortsgruppen arbeiteten in der Kommis-
   rischen Moment.“                                           sion mit und tauschten ihre Erfahrungen aus. Schon
   Historisch war auch die 100-Jahrfeier des DEF und          seit seinem Bestehen hatte sich der Verband mit der
   der Evangelischen Frauenhilfe im September 1999 in         Kinderschutzfrage beschäftigt, denn sie berührte vie-
   Berlin. Brunhilde Raiser, die Vorsitzende der Evangeli-    le Gebiete der praktischen Arbeit. Etwa in der Waisen-
   schen Frauenhilfe, und Brunhilde Fabricius sprühten        pflege, der Fürsorge für Säuglinge und kranke Kinder,
   nur so von Geist, als sie die 100 Jahre Revue passieren    beim Einsatz für Halte- und Ziehkinder, der Errichtung
   ließen und als Christinnen auch die Zukunft dachten.       von Kleinkinderschulen, Spielplätzen, dem Betreiben
   Als Frau und als Christin sich für die Gleichberechti-     von Kinderheimen oder Kindervolksküchen. Es waren
   gung einsetzen, für Chancengerechtigkeit weltweit          mannigfache Arbeitsfelder.
   eintreten als Mitglied im Leitungsgremium der welt-        So erstaunt es nicht, dass beim starken Anwachsen des
   weiten Diakonie, als stellvertretende Vorsitzende in       Verbandes und zunehmender Bedeutung des Kinder-
   der Zentralstelle für Entwicklungshilfe. Alles Funktio-    schutzes und der Jugendfürsorge den Ortsgruppen
   nen im Ehrenamt. Es ging ihr dabei nicht um Ruhm und       Hilfestellung seitens des Gesamtverbandes gegeben
   Ehre, wenn sie sich auch über die Anerkennung freute,      werden musste, zumal es lokal recht unterschiedli-
   die mit der Verleihung von Orden und Auszeichnun-          che Voraussetzungen gab, etwa zwischen Groß- und
   gen einhergingen, sondern es ging Brunhilde Fabrici-       Kleinstädten, aber auch den unterschiedlichen Län-
   us darum, die Welt gerade für Frauen gerechter zu ma-      dern innerhalb des Reiches.
   chen und so das Evangelium in der Welt zu verbreiten.      Die Kommission verschaffte sich zunächst durch Ab-
   Ich mag gar nicht daran denken, wie viele Kilometer        frage der örtlichen Gegebenheiten einen Überblick
   sie mit ihrem Auto zurücklegte. Ein Schutzengel behü-      und formulierte für den Bundesvorstand Vorschläge
   tete sie auf diesen Wegen. Sie tat dies alles, um Frauen   zur Verbesserung der Situation, formulierte Petitio-
   Gehör zu verschaffen, die selbst nicht reden konnten.      nen. Auch wenn jene Jahre vorbei waren, in denen
   Es machte ihr Freude etwas zu bewegen und sie konn-        es zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht nur „als ge-
   te damit andere anstecken, dass sich Frauen ebenfalls      rechtfertigt“ angesehen wurde, sondern man „lobend
   engagierten, egal welchen Alters. Unsere Suche nach        hervorhob“, dass in der Tuchmanufaktur in Yorkshire
   jungen Frauen konterte sie mit der Bemerkung: „Die         „Kinder schon mit 4 Jahren imstande seien, ihren Le-
   jungen Frauen haben keine Zeit, aber es wachsen doch       bensunterhalt zu erwerben“, so gab es auch hundert
   genügend 60-Jährige nach. Um die müssen wir uns be-        Jahre später durchaus gewerbliche Kinderarbeit. Die
   mühen.“                                                    inzwischen eingeführten gesetzlichen Bestimmungen
   In diesem Sinn arbeitet der Deutsche Evangelische          wurden nicht immer eingehalten, auch wenn sich seit
   Frauenbund weiter. Unser 120. Jubiläum mussten wir         Einführung der Arbeitskarten die Situation gebessert
   leider ohne unsere Ehrenvorsitzende im Oktober in          hatte. Doch auf dem Gebiet der Heimarbeit ließ sie
   Hannover feiern, aber alle Teilnehmerinnen erinner-        sich nach wie vor kaum kontrollieren und war zudem
   ten sich noch an unsere Bundestagung 2017 in Hof-          in etlichen Familien dringend nötig, um eine kinder-
   geismar, wohin sie zur Verleihung des ökumenischen         reiche Familie auch nur notdürftig über die Runden
   Frauenpredigtpreises angereist war.                        zu bringen. Von den gesundheitlichen Schäden etwa
   Wir danken Brunhilde Fabricius für ihren unermüdli-        bei der Herstellung von Bleisoldaten in der Spielzeug-
   chen ehrenamtlichen Einsatz zugunsten der weltwei-         industrie, einem Hauptzweig der Heimarbeit, oder in
   ten Frauenarbeit. Wir werden ihr Andenken in Ehren         der Beschäftigung in der Zigarrenfabrikation ganz zu
   halten. Ruhe in Frieden!                                   schweigen. Für Botengänge etwa beim Zeitungszu-
                                                              stellen, dem Austragen von Frühstücksbrötchen und
   Inge Gehlert
                                                              Milch wurden Kinder gern verpflichtet. Das führte

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Das Jubiläum: 120 Jahre Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. Walnuss, Mandel & Co. AEH-Herbstseminar in Pappenheim Wer den Zug der ...
Bildquelle beide Bilder: AddF
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       Kinder beim Flötenspiel. Margaretenhort, Harburg, Träger:     und Kindern; Kinderheimat, Kirchrode, Träger: Deutscher
       Deutscher Evangelischer Frauenbund, Ortsverband Harburg       Evangelischer Frauenbund, Ortsverband Hannover

     dann oft dazu, dass sie in der Schule übermüdet und           Die Ortsgruppe war verpflichtet, der Stadt stets die er-
     unaufmerksam waren. Verantwortungsbewusste Leh-               forderliche Anzahl an Waisenpflegerinnen zu stellen.
     rer sorgten dann wohl dafür, dass den Kindern die             Sie lag 1906 bei 100 Personen. Da war eine Organisa-
     Arbeitskarte entzogen wurde. Das grundsätzliche Pro-          tion natürlich notwendig, und folgerichtig wurde die
     blem allerdings wurde damit nicht gelöst. Gegen eine          Stelle vom Magistrat schon bald zu „einer besoldeten
     mäßige Beschäftigung etwa im Gartenbau oder beim              gemacht“ und alle städtischen Waisenpflegerinnen
     Botengang gab es auch keine Einwände, doch freies             waren dieser Zentrale unterstellt. Andere Städte folg-
     unbeschwertes Heranwachsen war in einer solchen               ten diesem Beispiel.
     Situation kaum gegeben.                                       In kleineren Orten jedoch war meistens ein Beamter
     So war die Einrichtung von Horten für Kinder zwi-             des städtischen Waisenrates, oft der Vorsteher des Ar-
     schen sechs und zwölf Jahren, „denen es an genügen-           men- und Armenkrankenhauses, der alle städtischen
     der häuslicher Aufsicht mangelt und die dadurch in            Unterstützungen verteilte, zum Generalvormund aller
     Gefahr stehen zu verwahrlosen“, ein Anliegen des DEF.         Armenmündel ernannt. Er führte dann auch die Pro-
     Vorsorgende und bewahrende Fürsorge war in jenen              zesse, um die Alimente einzutreiben und brachte die
     Jahren ein bis dahin unbekannter Aspekt.                      Kinder bei Ziehmüttern unter. Zur Beaufsichtigung
     Bei all den Aktivitäten war es wichtig, einen guten           der Kinder und Zieheltern standen Waisenpflegerin-
     Kontakt zu den Behörden aufzubauen. An einigen                nen ihm zur Seite. In anderen Orten war die General-
     Orten gelang das problemlos, an anderen aber war              vormundschaft auf alle unehelich geborenen Kinder
     es schwierig, wenn die städtischen Beamten das Heft           ausgedehnt. Es gab aber auch Städte, in denen das
     nicht aus der Hand geben wollten, zumal an Frauen, die        Vormundschaftsgericht Kinder direkt den DEF-Damen
     doch nach damaliger Vorstellung nicht als gleichwerti-        zuwies, besonders dort, wo die Sorge und Betreuung
     ge oder gar kompetente Persönlichkeit anerkannt wur-          von Waisenkindern vom DEF initiiert worden war.
     den. Zwar hatte die Neufassung des BGB einige Härten          Ganz eng verbunden mit diesem Themenbereich war
     und Ungerechtigkeiten gegen Frauen kürzlich neu               die Stellung des unehelich geborenen Kindes, „das
     geregelt, doch wurden sie in der Praxis oft nicht umge-       unter so ungünstigen Bedingungen ins Leben“ ge-
     setzt. Eine dieser Neuregelungen war, dass es Frauen          treten war, es musste „nach Möglichkeit rechtlich ge-
     nun möglich war, Pflegschaften und Vormundschaften            schützt werden“. Die Fürsorge und Besserstellung des
     zu übernehmen. Hier und da wurde den Damen des                unehelichen Kindes und auch die Versorgung etwa
     DEF sogar ein Vorschlagsrecht eingeräumt.                     der Kriegswaisen, wo man das uneheliche dem ehe-
     Auf das in Hannover praktizierte Verfahren wurde mit          lichen Kind gleichstellen wollte, trafen jedoch auch
     dem Hinweis, es zur Nachahmung aufzunehmen, be-               auf scharfe Kritik bei Mitgliedern des Verbandes. Vom
     richtet: „Seit Juni 1906 ist der Vorsitzenden der Wai-        „Untergraben aller sittlichen Begriffe“ war die Rede
     senpflegerinnen im Rathaus (Armen-Amt) ein Bureau             und einer „wilden Ehe Vorschub“ zu leisten oder „al-
     zur Verfügung gestellt, auf welchem sie täglich ihre          len christlichen Auffassungen hohnsprechender Be-
     Arbeits- und Sprechstunde abhält einmal um die Ar-            griffsverwirrungen“. Da war - wie man sieht - noch viel
     beit zu zentralisieren, andererseits um den persönli-         Überzeugungsarbeit zu leisten, bis das von Margarete
     chen, mündlichen Verkehr mit der Behörde zu erleich-          Dittmer ihren Ausführungen vorangestellte Zitat von
     tern, dem Geschäftsgange einen großen Teil des sonst          Jean Paul verwirklicht sein würde: „Schaffet die Tränen
     erforderlichen Bureaukratismus zu nehmen und die              der Kinder ab! Das lange Regnen in die Blüten ist so
     Beschleunigung dringender Fälle zu ermöglichen.“              schädlich.“
                                                                   Halgard Kuhn

6 def aktuell / januar 2020                                                                                        www.def-bayern.de
Das Jubiläum: 120 Jahre Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. Walnuss, Mandel & Co. AEH-Herbstseminar in Pappenheim Wer den Zug der ...
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund

   Das Ehrenamt hochleben lassen                                                                  120J.
   120 Jahre Deutscher                                                                            def
   Evangelischer Frauenbund
   Mehr als hundert Teilnehmerinnen waren nach Han-          die Parlamentarische Staatsse-
   nover gekommen, um mit dem Deutschen Evangeli-            kretärin im Bundesministerium
   schen Frauenbund (DEF) sein 120-jähriges Bestehen         für Familie, Jugend, Frauen und Senio-
   zu feiern. Die Gründung erfolgte im Frühsommer 1899       ren Caren Marks und Franz Müntefering als Vorsitzen-
   in Kassel, da dort die Gründungsvorsitzende Gertrud       der der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenor-
   Knudsen lebte. Leider konnte sie krankheitsbedingt        ganisationen (BAGSO). Marks setzte das Engagement
   nur ein Jahr amtieren, und so kam der Verbandssitz        der Frauen des DEF über die Jahrzehnte mit dem Jubi-
   nach Hannover, der Heimat ihrer Nachfolgerin, der         läum 100 Jahre Frauenwahlrecht in diesem Jahr in Be-
   langjährigen Bundesvorsitzenden Paula Mueller-Ot-         ziehung und nutzte die Gelegenheit, den Beitrag der
   fried. Der Bundesverband hat noch nach 120 Jahren         Frauen zur Entwicklung und für den Fortbestand der
   seinen Sitz in Hannover, deshalb fand dort auch die       Demokratie zu würdigen. Franz Müntefering strahlte
   Jubiläumsfeier statt.                                     in Gestik und Mimik und als ausgezeichneter Redner
   Ein Festgottesdienst in der Marktkirche stand am Be-      selbst viel von dem Elan aus, mit dem auch die DEF-
   ginn des Jubiläumstags. Die Liturgie hatte die Pfar-      Frauen, allen voran Irmtraut Pütter als Demographie-
   rerin und 2. Bundesvorsitzende Hella Mahler, Gleich-      Beauftragte des Bundesverbands, die Arbeit dieses
   stellungsbeauftragte der Landeskirche Hannovers,          neun Millionen Mitglieder umfassenden Senio-
   übernommen. Dort legten Dietlinde Peter, Doris Ki-        rendachverbands mit tragen und gestalten.
   schel und Luitgard Herrmann beispielhaft für alle Mit-    Bei den weiteren Grußworten von Susanne Kahl-
   glieder Zeugnis ab, was es für sie heißt, sich im Deut-   Passoth, Vorsitzende der Evangelischen Frauen in
   schen Evangelischen Frauenbund zu engagieren. Das         Deutschland (EFiD), und Mechthild Burk vom Bun-
   Trio Wesendonck spielte im Gottesdienst Clara Schu-       desvorstand der Katholischen Frauengemeinschaft
   manns Klaviertrio, opus 17 und Hella Mahler berich-       Deutschlands (kfd) stand das kirchliche Engagement
   tete von der großen Stärke der Künstlerin, die selbst     der DEF-Frauen im Dachverband Evangelische Frauen
   in schwersten Umständen ihres Lebens, allein mit den      in Deutschland und in der Ökumene im Mittelpunkt.
   Kindern und einem kranken Mann, zu einer solchen          Jutta Wojahn vom Katholischen Deutschen Frauen-
   Komposition fähig gewesen war.                            bund (KDFB) verlas das Grußwort
   Die Predigt hielt Landessuperintendentin Dr. Petra        ihrer Präsidentin Dr. Ma-
   Bahr so fulminant, dass es die Frauen kaum auf den        ria Flachsbarth, Lisi
   Sitzen hielt. Den ganzen Tag bis abends wurde davon       Meier, die Vorsitzen-
   mit Begeisterung gesprochen. Die Fürbitten für den        de der Bundesar-
   Verband und seine Mitglieder                              beitsgemeinschaft
   hielt Hella Mahler mit Diet-
   linde Peter, Angela-So-
   phie Brandt, Hannelo-
   re Herbel und Doris
   Kischel.
   Nach dem Gottes-
   dienst schritten
   die Frauen über
   den Platz hinüber
   in das Alte Rat-
   haus. Dort konnte
   Bundesvorsitzen-
   de Dietlinde Kunad
   zahlreiche Gäste be-
   grüßen. Es sprachen

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Katholischer Jugendsozialarbeit, schickte ein Gruß-
     wort. Als älteste Besucherin nahm auch eine Dame
     teil, die die letzte noch lebende Schülerin der Schule
     des DEF für Soziale Fragen in Hannover ist. Nach den
     Reden war Zeit für Gespräche bei einem köstlichen
     Buffet…
     Nach der Stärkung gingen die Feierlichkeiten im Ste-
     phansstift weiter. Dort eröffnete Cornelia Wenzel vom
     Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel
     (AddF) mit einem begeisternden Vortrag. Sie stellte
     das Archiv des DEF als einen archivarischen Glücksfall
     dar: Stets sorgsam geführt, in seltener Geschlossen-
     heit und auch schon lange Jahre fachkundig von der
     gleichfalls anwesenden Halgard Kuhn betreut, kamen       Internetportal Digitales Archiv der deutschen Frau-
     450 Kisten aus dem Archiv des Verbands nach Kassel       enbewegung kann die interessierte Öffentlichkeit
     in das AddF. Dort wurden die Bestände erschlossen        auch in beispielhafte Dokumente der 120-jährigen
     und sogar bereits exemplarisch digitalisiert. Nicht      Verbandsgeschichte wie Protokollbücher oder das
     nur das Findbuch des DEF steht online, sondern über      frühe Pressearchiv über Zeitungsartikel über den DEF
             die Plattformen META und das neue vom Bund       Einblick nehmen. Zum Bestand gehören über 3200 Ak-
                                        aus Anlass der 100    ten, 600 Fotos, über 5400 Bücher oder Broschüren und
                                              Jahre Frauen-   noch einmal 429 Zeitschriftentitel. Eine wahre Fund-
                                                wahlrecht     grube für die Geschichte der ersten Frauenbewegung.
                                                im vergan-    Die Frau, die diesen Schatz noch in Hannover hütete
                                                genen Jahr    und die die Verbandshistorikerin par excellence ist,
                                                aufgesetzte   ist Halgard Kuhn, die die Aufgabe übernahm, die Ge-
                                                              schichte der Vorsitzenden der Gründerzeit, Gertrud
                                                                    Knudsen und Paula Mueller-Otfried, zu schildern,
                                                                                    dann die Zeit des Nationalsozia-
                                                                                       lismus mit ihren Gefahren, für
                                                                                          die die Theologin Meta Eyl
                                                                                           steht. Halgard Kuhn stell-
                                                                                             te ihr Wirken im histori-
                                                                                              schen Zusammenhang
                                                                                              dar, bevor sie mit Hil-
                                                                                               degard Ellenbeck und
                                                                                               Irmgard von Meibom
                                                                                               durch die Nachkriegs-
                                                                                              und Aufbauzeit bis in
                                                                                             die 80er-Jahre führte.
                                                                                           Das Wirken von Brunhilde
                                                                                         Fabricius, die leider nicht an
                                                                                      der Tagung teilnehmen konn-
                                                                                  te, schilderte warmherzig Ulrike
                                                              Börsch. Brunhilde Fabricius hatte neben ihrem Vorsitz
                                                              im DEF noch zeitweise den Vorsitz bei der Evangeli-
                                                              schen Frauenarbeit und war vier Jahre Präsidentin des
                                                              Deutschen Frauenrats. Sie war Mitglied in der EKD-
                                                              Synode und in der Landeskirche Hannover. Damit war
                                                              sie in Kirche und Gesellschaft bestens vernetzt. Inge
                                                              Gehlert, die von 2003 bis 2008 Bundesvorsitzende war
                                                              und noch einmal von 2013 bis 2015 den Bundesvorsitz
                                                              übernommen hatte, berichtete über das Profil des Ver-
                                                              bands heute in der Ökumene, der Familienpolitik und
                                                              im Engagement für die Gesellschaft und dem Einsatz

8 def aktuell / april 2019                                                                               www.def-bayern.de
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DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund

   Aus dem
   Bundesverband
   Impressionen
   von der
   120-Jahr-Feier
   für Demokratie. Die DEF-Frauen hielten dabei an ihrer    AEH-Vorsitzende Lydia Klein. Dabei kamen in äußerst
   Freiheit und Unabhängigkeit fest, an ihrer Selbststän-   lebendiger Art Erfahrungen von Frauen in Ost und
   digkeit und dem Priestertum aller Gläubigen, auch als    West zur Sprache, Überzeugungen überzeugender
   das nicht einfach war und den Verband die kirchlichen    Frauen.
   Zuschüsse kostete und zum Verkauf seiner beiden          Der Jubiläumstag schloss mit einem festlichen Abend-
   Häuser in Hannover zwang. Bärbel Claus konnte den        essen im Stephansstift, wo sehr
   Verband krankheitshalber nur ein Jahr leiten, steht      viel erzählt und das Erlebte be-
   ihm natürlich aber immer noch nahe und nach Kräf-        sprochen wurde.
   ten zur Verfügung. Seit 2015 ist Dietlinde Kunad die     Bettina Marquis
   DEF-Bundesvorsitzende, und sie nutzte die Gelegen-
   heit des Jubiläums, um auf die Chancen und Risiken
   der verbandlichen Gegenwart zu sprechen zu kom-
   men. Ihren Schwung und ihre Begeisterung für den
   Verband und seine bedeutende Gremienarbeit konn-
   ten alle spüren. Oftmals seien die DEF-Frauen in den
   Gremien die einzigen verbliebenen Ehrenamtlichen
   unter lauter delegierter hauptamtlicher Fachlichkeit
   und sie brächten die Stimme der Ehrenamtlichen,
   die ja sehr häufig, wenn nicht überhaupt meistens
   Frauen seien, zur Geltung. Gäbe es den DEF nicht,
   „so müssten wir ihn heute noch ins Leben rufen“,
   so Dietlinde Kunad. Sie ging aber auch auf die
   schwere Situation des Verbands ein, dass die
   ehrenamtlich tätigen Vorsitzenden kaum Nach-
   folgerinnen finden und viele Ortsverbände nach
   und nach schließen. Oft sei noch ein Stamm von
   Frauen vorhanden, jedoch niemand mehr bereit, als
   erste oder zweite Vorsitzende Verantwortung zu über-
   nehmen. Wo könne der Bundesverband übernehmen,
   entlasten, ermutigen, damit die Arbeit weitergehen
   kann? Solche Zukunftsfragen stelle sich der Verband          „Großer Dank an alle
   gerade.
                                                                 beim Jubiläum
   Nach ihrem ernsten Plädoyer für die Verbandsarbeit
   und das Ehrenamt moderierte Dietlinde Kunad eine              Beteiligten, Unterstützerinnen
   Gesprächsrunde mit der sächsischen Bundestagsab-              und Teilnehmerinnen:
   geordneten und CDU-Politikerin Katharina Landgraf,            Ihr wart einfach Spitze!“
   die im Umland von Leipzig beheimatet ist, und der              Dietlinde Kunad, Bundesvorsitzende
   Allgäuer Verbraucherschützerin und ehem. bayerische

www.def-bayern.de                                                                           januar 2020 / def aktuell 9
Das Jubiläum: 120 Jahre Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. Walnuss, Mandel & Co. AEH-Herbstseminar in Pappenheim Wer den Zug der ...
Wohlstand und Prosperität einer Gesellschaft er-
     Gesamtgesellschaftliche                                    schließen sich nicht nur über Kennziffern wie das

     Leistungsbilanz ohne                                       Brutto-Inlands-Produkt (BIP), sondern es muss gleich-
                                                                berechtigt auch eine Kennziffer geben, die die un-
     blinden Fleck! Forde-                                      entgeltlich erbrachten Leistungen der privaten Haus-
                                                                halte sichtbar macht. Denn das BIP beruht tagtäglich
     rung nach einem Privat-                                    und generativ auf Voraussetzungen, die es nicht sel-
                                                                ber geschaffen hat und garantieren kann. Es geht
     Haushaltsbezogenen                                         darum, die Lebensleistungen unabhängig von Ge-
                                                                schlecht, Leistungsort und Bezahlung zu würdigen.
     Inlands-Produkt (PHIP)                                     Folglich erachtet es der DEF für notwendig, bei der
                                                                wirtschaftlichen Gesamtrechnung ein Privat-Haus-
     Hannover - Bei seinem Jubiläum in Hannover am 19.          haltsbezogenes Inlands-Produkt (PHIP) einzuführen
     Oktober 2019 erinnert der Deutsche Evangelische            und mit dem Brutto-Inlands-Produkt (BIP) regelmäßig
     Frauenbund (DEF) daran, dass es dem DEF seit 120           gleichzeitig zu veröffentlichen. Es ist höchste Zeit, der
     Jahren um gesellschaftspolitisches und kirchliches         Arbeit in Privathaushalten Wertschätzung und Würdi-
     Engagement von, für und mit Frauen geht. Eine ge-          gung zu geben und diese so sichtbar zu machen. Der
     rechte Teilhabe bei der Gestaltung der Gesellschaft        DEF fordert die Politik auf, diese Kennziffer beispiels-
     ist durchgängig Anliegen des DEF. Schon die Gründe-        weise aus den Zeitverwendungsstudien zu berechnen
     rinnen des Deutschen Evangelischen Frauenbundes            oder durch geeignete Methoden zu erheben.
     vertraten 1899 ein Gegenmodell zur vorherrschenden
     Geschlechterhierarchie. Sie gaben sich eine Organi-
     sationsstruktur, in der leitende Funktionen nur von        Höchste Zeit für einen
     Frauen wahrgenommen werden durften. So erklärte
     die Gründungsvorsitzende Gertrud Knutzen, der DEF          verbesserten Persönlich-
     habe nicht vor, ein Kindergarten zu werden, in dem
     die Männer die Kindergärtnerinnen und die Frauen
                                                                keitsschutz bei Upskir-
     die Kinder seien. Man wolle selbständig handeln.           ting und Downblousing
     Mit dieser Grundhaltung setzten DEF-Frauen vielfäl-
                                                                Die Bundesregierung hat im November 2019 einen
     tige Gleichstellungsthemen auf die kirchliche und
                                                                von der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht
     politische Agenda. Ihr Einsatz war maßgeblich mit­
                                                                vorgelegten Gesetzentwurf angenommen, der Stra-
     entscheidend für das kirchliche Wahlrecht von Frau-
                                                                fen für „Upskirting“ und „Downblousing“ vorsieht.
     en. DEF-Frauen waren und sind in den Parlamenten
                                                                Denn Frauen unter den Rock oder in den Ausschnitt
     aktiv und aus ihren Reihen kam die 1. Bundesminis-
                                                                hinein zu fotografieren ist zwar eine massive sexis-
     terin der Bundesrepublik Deutschland, Elisabeth
                                                                tische Handlung, aber bisher nach gegenwärtigem
     Schwarzhaupt. Der entscheidende Schritt zur inner-
                                                                Recht nicht strafbar. Es gilt lediglich als eine Ord-
     familiären Gleichberechtigung nach dem Wegfall des
                                                                nungswidrigkeit. Nun soll nicht nur die Herstellung
     Stichentscheids 1957 wurde in Westdeutschland erst
                                                                einer solchen entwürdigenden Fotografie, sondern
     1976 mit dem Ende der geschlechtsspezifischen Zu-
                                                                auch das Weiterleiten solcher Aufnahmen unter Strafe
     ordnung von Arbeitsfeldern vollendet (Aufhebung
                                                                gestellt werden, die bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe
     der „Hausfrauen-Ehe“). Seit dieser Zeit ist Wahlfreiheit
                                                                oder Geldstrafe umfassen kann.
     für Männer und Frauen in Bezug auf Familien- und
     Erwerbsarbeit rechtlich gegeben. Das bekräftigt die        „Upskirting und Downblousing - vor einiger Zeit hät-
     Gleichstellung von Frauen und Männern und daraus           ten wir mit diesen Begriffen nichts anfangen können.
     leitet sich eine Gleichwertigkeit von Familien-/Hausar-    Inzwischen sind sich aber die großen Parteien einig,
     beit und Erwerbsarbeit ab.                                 dass es sich hierbei um einen Straftatbestand handelt,
                                                                der ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden muss.
     Im Gegensatz dazu ist im Bericht über den gesellschaft-
                                                                Zu verdanken haben wir das unter anderem auch einer
     lichen Reichtum diese Gleichwertigkeit von marktver-
                                                                Petition im Internet, die 109.000 UnterstützerInnen
     mittelten Leistungen (Brutto-Inlandsprodukt) und
                                                                gefunden hat. In anderen europäischen Ländern ist
     nicht marktvermittelten Gütern und Dienstleistungen
                                                                Upskirting schon länger strafbar. Es war daher höchste
     im privaten Haushalt bisher nicht angekommen. Das
                                                                Zeit, dass Frauen nicht länger diesen entwürdigenden
     ist ein blinder Fleck in der gesellschaftlichen Leis-
                                                                Angriffen rechtlos ausgeliefert sind.“ So kommentiert
     tungsbilanz. Für die Sichtbarkeit der gerechten Teil-
                                                                Inge Gehlert, Vorsitzende des Deutschen Evangeli-
     habe genügt nicht die rhetorische Wertschätzung der
                                                                schen Frauenbunds, Landesverband Bayern e. V. (DEF)
     Hausarbeit – wir fordern Fakten und Zahlen!
                                                                die Kabinettsentscheidung.

10 def aktuell / januar 2020                                                                               www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.

  Digitalisierung im
  Gesundheitswesen
  Kommt die Therapie
  bald per App?
   Gesundheits-Apps, Telemedizin, OP-Roboter: Die             Was sagt die Ethik zur Digitalisierung?
   Möglichkeiten, die die Digitalisierung im Gesund-                                     Eine ethisch hinterfragende
   heitswesen bietet, sind vielfältig. Doch trägt dies                                   Haltung nimmt Julia Inthorn,
   wirklich zu einer besseren Gesundheit der Patienten                                   Direktorin des Zentrums für
   bei? Wo liegen Grenzen der Techniknutzung? Und                                        Gesundheitsethik an der
   welche Gefahren gibt es für unsere Daten? Diese                                       Evangelischen     Akademie
   Fragen wurden auf der gemeinsamen Tagung der                                          Loccum, ein. Entscheidend
   Akademie für politische Bildung Tutzing, dem Lan-                                     sei die Frage, wie man mit
   desverband Bayern des Katholischen Deutschen                                          der neuen Technik umgeht.
   Frauenbunds sowie den Evangelischen Frauen in                                         Muss der behandelnde Arzt
   Bayern diskutiert.                                                                    die Meinung der intelligent-
                                                                                         en Maschine annehmen?
                            „Die Digitalisierung muss         Und mit welcher Begründung kann er diese zurück-
                            dem Bürger den größtmögli-        weisen? Neben Bedenken und Schwierigkeiten exist-
                            chen Nutzen bringen", sagt        ieren aber auch Potentiale der Technik. Genau dieses
                            Maria Marlene Bohrer-Steck        Spannungsfeld will Inthorn mithilfe der Ethik bearbe-
                            vom Zentrum Digitalisierung       iten, die sie als „konstruktiven Streit" begreift. Wich-
                            Bayern. Für den Bereich der       tig sei, dass die Technik nicht einen ethischen und
                            Gesundheit würden die Po-         aufmerksamen Umgang der Ärzte und Pfleger mit
                            tentiale allerdings bisher        ihren Patienten ersetzt. Auch müssten das Ethos der
                            kaum ausgeschöpft. Zu den         medizinischen Berufe sowie die Arzt-Patienten-Bezie-
                            Möglichkeiten einer digita-       hungen neu ausgehandelt werden, nicht zuletzt durch
                            len Gesundheitsversorgung         die Miteinbeziehung möglichst aller Betrof­fener. Da-
   gehören unter anderem ein vernetztes Gesundheits-          bei gebe es durchaus Grenzen der Techniknutzung,
   wesen, eine kompatible digitale Patientenakte, durch-      nämlich wenn Menschenwürde und die Autonomie
   gängige Standards und eine zunehmend personali-            der Patienten gefährdet sind.
   sierte Medizin. Darüber hinaus können aggregierte
   Gesundheitsdaten die Vorsorgeforschung vorantrei-
                                                              Besuch beim Arzt oder bei Dr. Google?
   ben. Künstliche Intelligenz ermöglicht wiederum in                                  „Ärzte werden nicht mehr
   den Bereichen Diagnostik und Therapie revolutionäre                                 als Halbgötter angesehen",
   Fortschritte. Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG),                                 beschreibt Cinthia Briseño
   das am 7. November vom Deutschen Bundestag ver-                                     von Frisk Innovation das
   abschiedet wurde, soll die digitale Entwicklung weiter                              sich wandelnde Verhältnis
   voranbringen und sieht unter anderem Gesundheits-                                   von Patienten und ihren
   Apps auf Kassenkosten, Angebote von Online-Sprech-                                  Ärzten. Mittlerweile würden
   stunden (Telemedizin) sowie ab 2021 die Umsetzung                                   viele in ihrem Arzt eher
   einer elektronischen Patientenakte vor. Auf der Tagung                              eine Art „medical guide"
   "Diagnose via Skype - Therapie per App?" wurde über                                 sehen, der sie auf Augen-
   die neusten Entwicklungen der Digitalisierung im Ge-       höhe berät. Dieser Rollenwandel ist auf den Trend
   sundheitswesen gesprochen.                                 zurückzuführen, dass immer mehr Menschen sich im
                                                              Internet über Krankheiten informieren, auch wenn die

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Informationsqualität gerade durch Suchalgorithmen        rapie angewandt wird, basierend auf den prognosti-
     von Google beeinflusst und teilweise verzerrt wird.      zierten Erfolgschancen und der damit verbundenen
     Das führt etwa dazu, dass sich trotz wachsender Infor-   Lebenserwartung. Lohnt sich eine Therapie in den
     mationsfülle im Netz die Gesundheitskompetenz der        Augen des Programms nicht, wird sie ausgeschlossen.
     Menschen nicht steigert. Eine Veränderung des Arzt-      Die Einschätzungen der Software beruhen auf den
     Patienten-Verhältnisses bedingt auch der Einsatz von     bisherigen Krankheitsverläufen des Patienten, persön-
     Künstlicher Intelligenz, wobei hierdurch Wahrschein-     lichen Verhaltensdaten, Risikofaktoren der Lebensfüh-
     lichkeiten bis zur Vorhersage des Todes eines Pati-      rung sowie durchschnittlichen Krankheitsverläufen.
     enten berechnet werden können. Die Ärzte stellt dies     Möglich ist dies, weil die Weitergabe von Patienten-
     vor neue Herausforderungen, wie sie mit den Informa-     daten oft mit nicht ausreichend anonymisierten Dat-
     tionen umgehen und wie sie diese an den Patienten        en erfolgt. Aufgrund von Sicherheitslücken bei Kran-
     herantragen.                                             kenhausnetzwerken und Gesundheits-Apps werden
                                                              medizinische Daten zudem häufig im Bereich der
     Wie verändert sich die Arbeitswelt                       Organisierten Kriminalität erbeutet und für Zwecke
     im Gesundheitswesen durch die                            wie Erpressung, Industriespionage und Datenhehlerei
     Digitalisierung?                                         missbraucht. Welchering fordert deshalb die vollstän-
                               „In der Praxis gibt es kaum    dige Anonymisierung der Patientendaten, wenn diese
                               ein Feld der Arbeitsgestal-    zum Beispiel für Forschungszwecke weitergegeben
                               tung, das nicht von Tech-      werden.
                               nik berührt wird“, sagt
                               Michaela Evans von der         Datenschutz und Verbraucherrechte im
                               Universität Bielefeld. Be-     Kontext von eHealth
                               sonders die Berufsbilder im                             Gesundheits- und Lifestyle-
                               Gesundheitswesen werden                                 apps begleiten Verbrauch-
                               sich verändern, denn durch                              erinnen und Verbraucher im-
                               die Digitalisierung werden                              mer mehr im Alltag und bieten
                               diese mit neuen Aufga-                                  vielfältige Nutzungsmöglich-
     ben ergänzt. Zum Beispiel müssen die Bereiche Qua­                                keiten. Beispielsweise sind
     litätsmanagement oder Risikomanagement besetzt                                    Schrittzähler mittlerweile auf
     werden. Aus diesem Grund sollte besonders im Fokus                                jedem Handy installiert und
     stehen, inwiefern Technik bestehende Berufe verän-                                selbst Schmerzpatienten ha-
     dert, damit dies auch Einfluss auf Löhne oder die                                 ben die Möglichkeit, per App
     Berufsgruppierung haben kann, betont Evans. Wichtig                               ein Schmerztagebuch zu füh-
     sei dabei, die Beschäftigten in den Prozess der Digi-    ren. „Doch nicht alle Apps sind gleich gut“, warnt Eva
     talisierung einzubeziehen. Zudem solle Technik aus       Traupe vom Verbraucher-Service Bayern. Besonders
     der Fachlichkeit gestaltet werden, damit diese einen     gefährlich seien Diagnoseapps, durch die Nutzer
     emanzipatorischen Effekt auf die Angestellten habe.      in Versuchung kommen, den Arzt zu ersetzen. „Wir
                                                              brauchen ein Qualitätssiegel für Gesundheitsapps“,
     Was passiert mit unseren Patientendaten?                 fordert sie deshalb. Zudem empfiehlt die Juristin beim
                              „Wirft ein Patient genügend     App-Download auf Datenschutz zu achten. Am besten
                              Lebenszeit ab gegenüber         sei es, wenn die Daten in Deutschland oder der EU
                              dem, was die Therapie           gespeichert werden, weil die Bürger so im Falle eines
                              kostet?“ Diese zweifelhafte     Datenleaks die Möglichkeit haben, rechtliche Schritte
                              Fragestellung liegt laut dem    einzuleiten.
                              freien Journalisten und IT-     Den Seminarbericht erstellten Natalie Weise und Frederik Haug,
                              Experten Peter Welchering       Akademie für politische Bildung Tutzing (www.apb-tutzing.de).
                              dem Geschäftsmodell des         Aus dieser Quelle stammen ebenfalls die Fotos.
                              Konzerns Aspire Health zu-
     grunde, der sich darauf spezialisiert, Algorithmen-
     basierte Wahrscheinlichkeitsprognosen zu erstellen
     und diese an Krankenkassen zu verkaufen. Dabei soll
     die Software beispielsweise entscheiden, welche The­

12 def aktuell / märz
                 januar
                      2016
                        2020                                                                                   www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.

                                                            werde und jede Person ein Recht auf Einspruch habe.
                                                            Diese Position haben die beiden großen konfessionel-
                                                            len Frauenverbände Bayerns nach einem Seminar an
                                                            der Akademie für Politische Bildung in Tutzing ent-
                                                            wickelt, das der Frage nachging, wie Digitalisierung
                                                            unser Gesundheitswesen beeinflusst. Sabine Slawik,
                                                            stellvertretende Vorsitzende des KDFB in Bayern, und
                                                            Elke Beck-Flachsenberg, Vorsitzende der EFB, haben
                                                            festgestellt: „Als christliche Frauenverbände sehen
                                                            wir Probleme beim jetzt beschlossenen Digitale-Ver-
                                                            sorgung-Gesetz.“ Dieses stelle einen ersten Schritt in
                                                            die richtige Richtung dar, da künftig eine Regulierung
                                                            stattfinde und Daten für Forschung zur Verfügung
                                                            stünden. Eine große Schwachstelle im Gesetz aber
                                                            haben die Verbände bei der Weitergabe der Daten er-
                                                            kannt. Sie seien ungenügend geschützt.
   Initiatorinnen der Pressemitteilung
                                                            Dass die Digitalisierung auch im Gesundheitswesen

   So kann Digitalisierung                                  Einzug halten werde, sei Fakt. Aber nach Ansicht des

   das Gesundheitswesen
                                                            KDFB und der EFB müssten stets ethische Aspekte die
                                                            Grundlage für Gesetze sein. „Wir wollen den Fortschritt

   positiv beeinflussen
                                                            begleiten und gestalten – als Nutzerin, Patientin, Be-
                                                            schäftigte, betreuende und pflegende Angehörige“, so

   Frauenverbände fordern
                                                            Lieselotte Feller, die für den KDFB das Seminar organi-
                                                            sierte. Gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen wurden

   professionellen statt wirt-                              Aspekte erarbeitet, die dazu beitragen könnten, dass
                                                            die digitale Transformation im Gesundheitswesen
   schaftlichen Imperativ                                   effizient und sinnvoll erfolge: Sie muss aus der Fach-
                                                            lichkeit der Pflegenden heraus entwickelt werden. Der
   Nachdem nur wenige Tage zuvor das „Digitale-Ver-         Nutzen für alle Betroffenen muss im Mittelpunkt ste-
   sorgung-Gesetz” (DVG) von der Bundesregierung            hen. Die Digitalisierung darf nicht zu einem Abbau der
   verabschiedet wurde, war die gemeinsame Tagung           Fachkräfte in den Gesundheitsberufen führen. Beim
   der zwei Frauenverbände, Evangelische Frauen in          Veränderungsprozess sind die unterschiedlichsten
   Bayern (EFB) und der Katholische Deutsche Frau-          Lebenssituationen von Menschen zu berücksichtigen.
   enbund Bayern (KDFB), mit ihrer Tagung unter dem         „Die Politik ist hier besonders gefordert, die Interes-
   Thema: „Diagnose via Skype, Therapie per App“, in        sen der Betroffenen zu schützen und eine Dominanz
   der Akademie für politische Bildung Tutzing hoch-        des technisch Machbaren zu verhindern“, betont Jörg
   aktuell (siehe Bericht). Die Frauen diskutierten die     Siegmund von der Akademie für Politische Bildung.
   Fragen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen           Der KDFB und die EFB wollen in ihrer Bildungs- und
   aus der Sicht der Pflegenden und der Patienten. „Bei     Lobbyarbeit an der Thematik dran bleiben. Ihre Ziele
   dem neuen Gesetz sind noch viele Fragen offen, wie       dabei sind: ein sensibler und sicherer Umgang mit
   zum Beispiel die ethischen Fragen beim Einsatz von       Daten und das Festhalten am Prinzip der Solidarge-
   Robotern und künstlicher Intelligenz in der Pflege“,     meinschaft. Patienten und ihr Verhalten müssten in
   so Inge Gehlert, Landesvorsitzende des Deutschen         den Mittelpunkt gestellt werden. Dabei dürfe aber
   Evangelischen Frauenbundes. Die folgende gemein-         nicht übersehen werden, dass Menschen - als Patien-
   same Pressemitteilung von EFB und KDFB greift die-       ten ebenso wie Pflegende oder Ärztinnen und Ärz-
                                                            te - zu verantwortlichem Handeln aufgerufen seien.
   se Fragen auf.
                                                            Dazu müssten sie aber auch befähigt werden. So wur-
   Der Katholische Deutsche Frauenbund, Landesver-          de auch die Notwendigkeit eines digitalen Bildungs-
   band Bayern (KDFB) und die Evangelischen Frauen          managements mit dem Ziel der aufgeklärten Pati-
   in Bayern (EFB) sehen eine dringende Notwendigkeit       enten deutlich: Nur so könne die Digitalkompetenz
   für ein Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) II. In die-     erreicht werden, die bei der persönlichen Prävention
   sem Gesetz müsse festgeschrieben werden, dass Pa-        beispielsweise im Umgang mit Gesundheits-Apps
   tientendaten ausreichend anonymisiert werden, eine       und der medizinischen und pflegerischen Betreuung
   Verschlüsselung bei der Übertragung sichergestellt       notwendig sei.

www.def-bayern.de                                                                          januar 2020 / def aktuell 13
Was hat ein Marienkäfer                                  gen Menschen. Sie

     mit dem Deutschen
                                                              unterstützen ande-
                                                              re soziale Projekte

     Evangelischen Frauen-                                    entweder aktiv oder

     bund gemeinsam?
                                                              durch Spenden. Auf
                                                              Landesebene ist der
                                                              DEF Träger eines

                                                                                                                  Bildquelle: Anita Stöwesand, pixelio.de
     Zugegeben ein ungewöhnlicher Vergleich, aber ein         Hauses für Mutter
     Blick auf die Gemeinsamkeiten lohnt sich:                und Kind in Fürth,
     Wie der Marienkäfer ist der Deutsche Evangelische        und in München
     Frauenbund (DEF) überall zu finden – sei es auf dem      unterhält er ein Ap-
     Land oder in der Stadt, sei es in großen Gruppen         partementhaus für
     oder vereinzelt: Der DEF hat 28 Ortsverbände in Bay-     alleinstehende Frau-
     ern, sei es in kleineren Orten wie Marktsteft in Fran-   en mit niedrigem
     ken oder in Städten wie München, sei es mit 20 oder      Einkommen.
     1000 Mitgliedern. Ebenso ist der kleine Käfer wie der    Das 5. und sehr wichtige Standbein ist die Bildungs-
     DEF nicht so auffällig, aber dennoch sehr nützlich:      arbeit – ein Leben lang: Vor Ort werden meist mo-
     Beide wirken eher im Kleinen und es gibt sie in un-      natlich Veranstaltungen zu ganz unterschiedlichen
     terschiedlichen Arten – genauso ist jede Gruppe des      Themen angeboten. Studienfahrten, eventuell auch
     DEF einzigartig und wirkt häufig im Verborgenen.         Literatur-, Gesundheits- oder Kreativkreise runden
     Und dann hat der Marienkäfer sechs Beine - so wie        das Programm ab. Aber auch der Landesverband
     der Deutsche Evangelischen Frauenbund auch sechs         veranstaltet Tagungen u.a. zu Themen wie Medien-
     Standbeine hat.                                          kompetenzförderung, Nachhaltigkeit und Verbrau-
     Das 1. Standbein des DEF ist der christlicher Glaube:    cherbildung, aber auch landesweite Studienfahrten
     Frauen im Deutschen Evangelischen Frauenbund             werden angeboten. Überall sind Gäste herzlich will-
     fühlen sich verantwortlich für die Schöpfung, aber       kommen.
     auch verantwortlich für sich und andere. Dabei ist       Das 6. Standbein, ohne das der DEF nicht existieren
     ihnen das Priestertum aller Gläubigen bei gleichzei-     könnte, ist jedes einzelne Mitglied. Jede Frau mit
     tiger Anbindung an ihre Kirche wichtig – ohne dabei      ihren Fähigkeiten, Nöten, Sorgen, Erwartungen ist
     ihre Eigenständigkeit aus dem Blick zu verlieren.        wichtig und tragende Säule des Verbandes. Als Chris-
     Das 2. Standbein ist die verlässliche Frauengemein-      tin gestalten die Mitglieder übergemeindlich, über-
     schaft: Bei Veranstaltungen, Fahrten und Festen vor      parteilich, eigenverantwortlich und unabhängig, mit
     Ort oder landesweit erleben die Mitglieder eine Ge-      Freude freiwillig und ehrenamtlich die Gesellschaft
     meinschaft, in der sich gegenseitig geholfen wird.       und evangelische Kirche mit – immer getragen vom
     Die Ortsverbände und Anschlussvereine bieten ei-         Verbandszweck: Verantwortung für sich und andere
     nen geschützten Raum für gleichgesinnte Frauen,          übernehmen als 1. Schritt der Nächstenliebe.
     egal aus welcher sozialen Schicht oder Herkunft und      Aber es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit vom
     mit welcher Bildung oder welchen Alters.                 Marienkäfer und Deutschen Evangelischen Frau-
     Das 3. Standbein ist das verantwortungsvolle Ehren-      enbund: Wenn sie sich zusammentun, sind sie sehr
     amt: Die Frauen im Frauenbund sind selbstbewusst         wohl sichtbar: Denken Sie an die unterschiedlichen
     immer an den Bedürfnissen der Menschen orientiert.       Frauen-Aktionstage im März: den ökumenischen
     Dabei können die Gruppen unabhängig – auch fi-           Weltgebetstag der Frauen am 1. Freitag im März, den
     nanziell – agieren. Die Frauen werden nicht betreut,     internationalen Frauentag am 8. März, den Equal Pay
     sondern gestalten und agieren eigenverantwortlich.       Day (um den 18. März herum) oder den Internatio-
     In zahlreichen Gremien setzen sich DEF-Frauen für        nalen Tag der Hauswirtschaft am 21. März. An jedem
     die Belange von Frauen und Familien ein – sei es im      dieser Tage wird an die noch bestehenden Ungerech-
     kirchlichen oder vorparlamentarischen Raum, sei es       tigkeiten erinnert und deren Beseitigung gefordert.
     in unterschiedlichen Parteien oder Projekten.            Und zu guter Letzt ist der Marienkäfer ein Glücks-
     Das 4. Standbein des DEF ist das soziale Engage-         symbol. Auch hier besteht eine Gemeinsamkeit: Die
     ment: Vor Ort helfen Frauen dort, wo es nötig ist und    Mitglieder im DEF fühlen sich in der Regel glücklich
     das kann ganz unterschiedlich geschehen: Sei es z.B.     und lebenszufrieden, wie eine Mitgliederbefragung
     bei Krankenhaus- oder Altenheimbesuchen oder in          unlängst ergeben hat.
     der Begleitung von Minderjährigen oder bedürfti-         Katharina Geiger

14 def aktuell / januar 2020                                                                         www.def-bayern.de
DEF Deutscher Evangelischer Frauenbund, Landesverband Bayern e.V.

                                                             Neues aus dem „Muki“
                                                             Haus für Mutter und Kind
    Lesetipp                                                 – immer in Bewegung!
    Demokratie                                               Im November fand wie jedes Jahr die Mitgliederver-
                                                             sammlung des Freundeskreises Haus für Mutter und
    – Streiten, Lernen, Leben                                Kind statt. Mitgliedsfrauen und Interessierte aus den
    Das aktuelle Themenheft des                              Ortsverbänden und Anschlussvereinen aus ganz Bay-
                                                             ern - von Aschaffenburg bis Bad Reichenhall - machten
    Evangelischen Literaturportals                           sich auf den Weg nach Fürth. Sie wurden informiert,
                                                             was in dieser eigenständigen Einrichtung des Deut-
    Es ist offensichtlich wieder notwendig, sich mit
                                                             schen Evangelischen Frauenbundes, Landesverband
    den demokratischen Grundlagen unserer Ge-
                                                             Bayern e.V. im vergangenen Jahr angeboten wurde,
    sellschaft zu befassen. So schreibt der Kulturbe-
                                                             wo Gestaltungspotentiale in der Betreuung von jun-
    auftragte der EKD Dr. Johann Hinrich Claussen
                                                             gen Müttern und ihren Kindern, aber auch Probleme
    in seinen einleitenden Gedanken. Das aktuelle
                                                             waren. Es wurde in den Berichten deutlich, dass in den
    Themenheft will einen Beitrag dazu leisten, sich
                                                             betreuten Einzelwohnungen, in den vier Außenwohn-
    den Fragen nach Demokratie, Toleranz und Men-
                                                             gruppen, in Appartements und in der Kindertages-
    schenrechten neu zu stellen.
                                                             krippe wichtige Hilfe zur Selbsthilfe betrieben wird.
    Im 64 Seiten starken Empfehlungsheft werden
                                                             Damit die Einrichtung aber auch über das Jahr 2020
    60 Bücher für Erwachsene und 40 für Kinder- und
                                                             hinaus - nach dem rentenbedingten Dienstende des
    Jugendliche vorgestellt: „Worin liegt der Wert der
                                                             langjährigen Heimleiters Popp und seiner Stellver-
    Demokratie?“, „Warum ist es so schwer, sich pro-
                                                             treterin, der pädagogischen Leitung Frau Schmidt
    duktiv zu streiten?“, „Kann ein Christ sich aus po-
                                                             - hauptberuflich-professionell im Sinne des DEF ge-
    litischen Fragen heraushalten?“. Auf diese Fragen
                                                             führt werden kann - bei gleichzeitiger ehrenamtlicher
    suchen die vorgeschlagenen Bücher Antworten.
                                                             Aufsicht, wurde die Satzung geändert. So wurde ein-
    Es geht aber auch um die Strategien der neuen
                                                             stimmig beschlossen, dass nach der nächsten Mitglie-
    Rechten, Antisemitismus und biografische Berich-
                                                             derversammlung am 12. Mai 2020 die Einrichtung von
    te (z. B. zum Thema Heimat). Neben Sachbüchern
                                                             einem Geschäftsführenden Vorstand (= hauptberuf-
    wurden auch empfehlenswerte Romane, Bilder-
                                                             liche Heimleitung und Stellvertretende Heimleitung)
    bücher und erzählende Kinder- und Jugendbü-
                                                             geleitet werden soll, dem ein fachkompetenter ehren-
    cher aufgenommen.
                                                             amtlich tätiger Verwaltungsrat vorsteht. Dieses Modell
    Das Heft kann für 2 € inkl. 7 % MwSt. zzgl. Versand-     haben sich schon viele sozial-diakonische Einrichtun-
    kosten bestellt werden:                                  gen gegeben und arbeiten damit sehr erfolgreich.
    Evangelisches Literaturportal e.V., Bürgerstraße 2a,     Am Ende konnten sich die Anwesenden beim Besuch
    37073 Göttingen                                          in der Kinderkrippe ein Bild machen, wie in dieser Ein-
    Mail: info@eliport.de / Internet: www.eliport.de         richtung ganz praktisch gearbeitet wird: Sie erlebten
                                                             die ganz Kleinen singend und tanzend. Dabei lernen
                                                             die Kinder spielend zu sprechen und auf andere Kinder
    Das Evangelische Literatur-                              zu achten – angeleitet von einem der beiden ausgebil-
    portal ist der Dachverband                               deten Musiklehrer im Haus. Deren Angebote reichen
    der evangelischen öffent-                                im Haus von Tanz und Bewegung, Singen, Sprechen
    lichen Büchereien. Er gibt                               und Instrumentalspiel. Zum einen geschieht dies re-
    Buch- und Hörbuchemp-                                    gelmäßig für Mütter mit deren Kindern und zum an-
    fehlungen für einen großen                               deren werden Sing- und Tanzübungen immer wieder
    Nutzerkreis, für Bibliothe-                              in den Tagesablauf der Kinderkrippe eingebunden.
    ken und Gemeinden, Kitas                                 Und dies konnten die anwesenden Frauen sehr gut
    und Schulen ebenso wie für                               beobachten. (Bild siehe Heftrückseite)
    Familien, Eltern und interes-
                                                             Katharina Geiger
    sierte Leserinnen und Leser.

www.def-bayern.de                                                                           januar 2020 / def aktuell 15
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