Der Ackermann - Brünn: Über Freiheit diskutiert Seite 3 - Ackermann-Gemeinde
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Der Ackermann B 20027 F Zeitschrift der Ackermann-Gemeinde 70. Jahrgang | München 2019 | Heft 2 Brünn: Landshut: Mariazell: Über Freiheit Gedanken Auf den Weg diskutiert formuliert gemacht > Seite 3 > Seite 6 > Seite 9 www.ackermann-gemeinde.de
Inhalt Zum Abschluss der (Foto: ag) Europawallfahrt der In dieser Ausgabe: Ackermann-Gemeinde hielt am 4. Mai 2019 der 3 Brünner Symposium Präsident der Tsche- chischen Christlichen 5 Programm Landshut Akademie und Temple- ton-Preisträger, Msgr. 6 Zur Diskussion: Signal für Europa Prof. Dr. Tomáš Halík (Prag), in Mariazell eine 8 Standpunkte viel beachtete Festrede „Christen im Herzen 9 Europawallfahrt Mariazell Europas“. In dieser heißt es: 10 Ort der Begegnung: „Meeting Brno“ „[…] An vielen Orten Europas werden wir wieder zu 12 Sozialwerk Zeugen der Verwechslung Gottes mit der Nation, der Ver- wechslung des christlichen Glaubens mit einer gefährli- 13 Junge Aktion chen Idolatrie - mit der Xenophobie und dem Populismus. […] Populistische Politiker bemühen sich, die Repräsen- 14 Aktuelles tanten der Kirchen dadurch auf ihre Seite zu ziehen, dass sie den Kirchen diverse Privilegien anbieten oder verspre- 16 Literatur chen. Wenn es jedoch zu einer „eingetragenen Partner- schaft“ zwischen der Kirche und den populistischen 19 Aus unserer Gemeinschaft Machthabern kommen sollte, wird das zu einem fatalen Verlust der Glaubwürdigkeit der Kirche führen, beginnend 26 Familiennachrichten mit dem Vertrauensverlust bei der Jugend und der Intelli- genz und bei der großstädtischen Bevölkerung. Dieses 28 Termine geschieht heute zum Beispiel schon in Polen, in Ungarn oder in der Slowakei. Das Ergebnis kann eine überra- schend schnelle Säkularisierung auch von traditionell katholischen Ländern sein. Der Ackermann - Zeitschrift der Ackermann- Das Christentum gerät heute in einem Großteil der Gemeinde München, 70. Jahrgang, Heft 2-2019; westlichen Welt, insbesondere in Europa und in den USA, Hg.: Ackermann-Gemeinde e.V. zwischen Skylla und Charybdis, zwischen zwei gefährli- Redaktion: M. Dörr (verantwortlich), A. Insel, Msgr. D. che Extreme, die sich gegenseitig brauchen, sich gegen- Olbrich, Dr. O. Pustejovsky, D. Schroth, A. Toscano del seitig provozieren und dadurch stärker werden: den extre- Banner. Für das Familienbuch: M. Klieber. men Liberalismus und Säkularismus auf der einen Seite, Heßstraße 24, 80799 München, den christlichen Fundamentalismus auf der anderen Sei- Postfach 340161, 80098 München; te. […] Tel. (089) 27 29 42-0, Fax (089) 27 29 42-40; Christen, die in der Lage sind, die Zeichen der Zeit zu E-Mail: info@ackermann-gemeinde.de; lesen und die Verantwortung für die Zukunft des Christen- Internet: www.ackermann-gemeinde.de; tums in Europa fühlen, müssen den Mut haben, ein klares Kontakt zur Redaktion (Artikel, Fotos, Leserbriefe): redaktion@ackermann-gemeinde.de. Nein zu sagen zum Missbrauch des Christentums in der Kontoverbindungen: LIGA Bank eG München, Rhetorik von Populisten wie Viktor Orbán, Kaczynsky und Luisenstr. 18, 80333 München, weiteren populistischen Politikern. BIC GENODEF1M05. Die Christen in der Politik sollten jene gemeinsame Ackermann-Gemeinde e.V. München: Kompatibilität des Christentums und des säkularen Hu- IBAN DE94 7509 0300 0002 1417 44; manismus, jene „gesunde Laizität“ suchen, zu der Papst Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde e.V.: Benedikt XVI. aufgerufen hat. […] IBAN DE05 7509 0300 0002 1222 00; Stiftung Ackermann-Gemeinde: IBAN DE79 7509 0300 5502 3461 09. Als Manuskript gedruckt. Für gezeichnete Aufsätze trägt Titelbild: der/die Verfasser/in die Verantwortung. Der Bezugs- Zu den deutsch-tschechischen Begegnungstagen in preis wird mit dem Mitgliedsbeitrag abgegolten. Landshut erscheint die Europa-Postkarte N° 14. Sie zeigt Erscheinungsweise: 4 x im Jahr. die Basilika St. Martin und einen Teil der Altstadt. Redaktionsschluss für Heft 3-2019: 23.08.2019 (Foto: ag) Beilage 2 | Der Ackermann 2-2019
Titelbericht Dialog Eindrücke vom Dialog aus Brünn. (Fotos und Grafik: ag) Mitteleuropäischer Dialog über Freiheit Gut 250 Teilnehmerinnen und Teil- Gemeinde Martin Kastler in seiner Be- Anerkennende Worte über die Erfolge nehmer aus Deutschland, Tschechi- grüßung fest. Der Vorsitzende der Ber- der Brünner Symposien und ihren Ein- en, Österreich, Ungarn, der Slowakei nard-Bolzano-Gesellschaft Dozent Dr. satz für Freiheit und Demokratie fanden und Polen zog es auch heuer wieder Matěj Spurný ging in seiner Einführung auch der stellvertretende Hauptmann am Palmsonntag-Wochenende zum auf die Sehnsüchte im Jahr 1989 und des Südmährischen Kreises Marek 28. Brünner Symposium „Dialog in die danach beschrittenen Wege ein. Šlapal, der deutsche Botschafter in der Mitte Europas“ in die Metropole Auch verwies er auf Frustrationen, Ego- Prag Dr. Christoph Israng sowie Georg Mährens. Bei Vorträgen und Podi- ismen und den Nationalismus, die sich Zehetner, Gesandter der Botschaft der umsdiskussionen ging es um das entwickelt hätten. „Die Tagung will auch Republik Österreich in Prag. Dr. Tomáš Thema „Freiheit. Bestandsaufnahme das Ideal der Freiheit wieder mit Leben Kafka übermittelte die Grüße des tsche- 30 Jahre nach dem Aufbruch von füllen und schauen, wie dann Politik chischen Außenministers. 1989“. Veranstalter dieses traditions- aussehen kann“, so Spurný. Der Einführungsvortrag oblag dem reichen mitteleuropäischen Dialogs Die Ausdauer der zwei Veranstalter Wiener Schriftsteller und Historiker Dr. sind die Ackermann-Gemeinde und über mehr als ein Vierteljahrhundert Philipp Blom zum Titel „Europa 1989 – die Bernard-Bolzano-Gesellschaft, betonte Brünns neue Oberbürgermeis- 2019. Eine Bestandsaufnahme 30 Jah- die Schirmherrschaft hatten die terin Dr. Markéta Vaňková in ihrem re nach Erringung der Freiheit“. Einlei- Stadt Brünn und der Südmährische Grußwort. „Ohne Ihr Zutun wäre das tend machte er deutlich, dass es meh- Kreis übernommen. nicht möglich gewesen“, zollte sie der rere Aspekte von Freiheit, wie politische Die Eröffnung fand im Historischen Ackermann-Gemeinde und der Bern oder individuelle Freiheit, gebe und sich Sitzungssaal des Neuen Rathauses ard-Bolzano-Gesellschaft Anerken- 1989 die Menschen in der ČSSR ent- statt. „Das Brünner Symposium ist ein nung, wies aber einen Teil auch ihrer scheiden mussten, welche Freiheitsas- Leuchtturm in der deutsch- Stadt zu. „Brünn ist eine Stadt, die tap- pekte für sie wichtig seien. Für heute tschechischen Arbeit“, stellte der Bun- fer ist und keine Angst hat, Kontrover- desvorsitzende der Ackermann- sen anzugehen“, bekannte Vaňková. > Seite 4 Der Ackermann 2-2019 | 3
Titelbericht / Aus dem Bundesvorstand > von Seite 3 sich dann das Bürgerforum aufspaltete Freiheiten des Kapitalismus“ oder der und „nicht so viele Inhalte (waren), dass Traum von wissenschaftlicher Freiheit. konstatierte er eine Begrenzung der eine politische Partei entstehen konnte“. Als letzte überspannte Freiheit nannte Freiheit(en) durch Terrorismus oder Ein entscheidendes Jahr war für Pithart Mlčoch das Geld, mit dem heute alles Populismus. Doch Blom nannte auch 1997 mit dem Wechsel der Regierung gekauft werden könne – bis hin zum Länder wie Ungarn, Polen, Österreich, und der neuen Rolle in der Opposition Politiker oder Wissenschaftler. Diese die Slowakei, in denen es Tendenzen bis hin zum destruktiven Widerstand. Überstrapazierungen der Freiheit(en) der Einschränkung von Freiheit(en) Die Trennung in zwei Staaten ohne ein drückten sich auch im verlorenen Ver- gebe – ganz zu schweigen von der Referendum ist für ihn bis heute schwer trauen gegenüber Institutionen, in der „Bedrohung im Osten. Ein nuklearer nachvollziehbar. „Die Bernard-Bolzano- verschmutzten Natur und in der dro- Krieg wird wieder realistisch“. „Wenn Gesellschaft und die Ackermann- henden ökologischen Apokalypse aus. eine Gesellschaft die Hoffnung in eine Gemeinde waren von Anfang an gegen „Wenn wir uns weiter verführen lassen, mögliche bessere Zukunft verliert, dann jeden Ethno-Nationalismus, wir dürfen werden wir weiter diese Gefahren ha- verliert sie auch die Bereitschaft, demo- ein gutes Gewissen haben, wir Christen ben“, fasste der Ökonom zusammen. kratische Strukturen zu bewahren“, standen und stehen erfolgreich gegen Als Basis für das europäische Projekt lautete Bloms These. den Mainstream“, so Pithart abschlie- schlug er daher eine „Zivilisation der Das Programm am Samstagvormittag ßend. Liebe“ vor, bei der die Idee der Versöh- widmete sich den Vorstellungen von Ein weiteres Statement steuerte der nung und die Gerechtigkeit Basis für 1989 im Vergleich zur aktuellen Situa- Ökonom Prof. Dr. Lubomír Mlčoch, frü- den Frieden sind. tion. Senatspräsident a.D. Dr. Petr Pit- her Berater von Präsident Václav Ha- Vor dem Hintergrund dieser Stellung- hart wies in seiner verlesenen Rede mit vel, bei. „Die Desillusionierung in der nahmen diskutierten auf dem Podium dem Titel „Unser Traum von 1989 und Politik hat tiefere Ursachen“, meinte aus Ungarn Minister a.D. Zoltán die Situation von heute“ darauf hin, Mlčoch und verwies auf den vorpoliti- Bolgan, aus Deutschland Reiner Peter dass die Schlüsseleinrichtungen in der schen Raum, unterschiedliche Träume Deutschmann und aus Tschechien Politik funktionieren und daher nichts von Freiheit und ebenso verschiedene Dozentin Dr. Tereza Stöckelová sowie verloren sei. Als belastend nach der Auslegungen von Werten wie die Kon- Senator Dr. Marek Hilšer zum Thema Wende sah er die Kürzung der ersten sumfreiheit, die Gewissens- oder auch „Vorstellungen von Freiheit und ihre Legislaturperiode auf zwei Jahre, wo Religionsfreiheit, die „wirtschaftlichen aktuellen Ausprägungen in Mitteleuro- pa“, moderiert von Ondřej Matějka. Ein zweites großes Podium fand am Sonntag zum Thema „Kampf um Frei- Stadt heit – eine bleibende Aufgabe auch Brünn nach 30 Jahren?“ statt. Dieses bestrit- ten die FDP-Bundestagsabgeordnete bleibt Renata Alt, der Vorsitzende der tsche- chischen Piraten und Abgeordnete Dr. Partner Ivan Bartoš, der Senator und Rektor der Brünner Masaryk-Universität Dr. Mikuláš Bek, der ungarische Politikwis- Empfang durch die Oberbürgermeisterin (Mitte) senschaftler Dániel Hegedüs und der frühere tschechische sozialdemokrati- Die Stadt Brünn/Brno unterstütze wei- mer hieß der Rektor der Jesuitenkir- sche Ministerpräsident und spätere EU- terhin das Brünner Symposium che Pater Vojtéch Suchý SJ willkom- Kommissar Dr. Vladimír Špidla. Die „Dialog in der Mitte Europas“. Dies men. Hauptzelebrant Pfarrer Jan Moderation oblag der deutschen Politik- machte die neue Brünner Oberbür- Hanák ging in seiner Predigt auf die wissenschaftlerin Prof. Dr. Barbara germeisterin Dr. Markéta Vaňková bei Vorschriften und Gebote der Pharisä- Krause. einem Empfang vor der Eröffnung der er auf der einen und die spontanen Markus Bauer/ag Konferenz deutlich. Hierzu empfing Worte Jesu auf der anderen Seite ein. sie die Veranstalter sowie die diplo- Dabei warf er auch einen Blick auf die matischen Vertreter aus Tschechien, zahlreichen Regeln heute. „Es be- Österreich und Deutschland, unter steht die Gefahr, dass die Vorschrif- ihnen der deutsche Botschafter in ten zum Inhalt werden“, meinte der Prag Dr. Christoph Israng und der Seelsorger. Er motivierte dazu, das tschechische Botschafter in Berlin Angebot Jesu anzunehmen. „Sprin- Tomáš Jan Podivínský. gen wir hinein in das Abenteuer mit Tradition beim Symposium hat auch Gott!“ der Gottesdienst. Die Tagungsteilneh- Markus Bauer/ag Heilige Messe (Fotos: ag) 4 | Der Ackermann 2-2019
Aus dem Bundesvorstand Ausgezeichnet: Anna Gašparová und David Nemeček (m.) mit Martin Landshut-Programm steht Kastler (l.), Oliver Herbst und Matěj Spurný (r.). (Foto: M. Bauer) Deutsche und Tschechen aus allen Regionen und allen Gene- rationen kommen Anfang August auf Einladung der Acker- mann-Gemeinde und der Sdružení Ackermann-Gemeinde zu den deutsch-tschechischen Begegnungstagen in Landshut zusammen. Auf sie wartet ein reichhaltiges Programm. Zur Eröffnung werden neben den beiden Vorsitzenden Martin Kastler und Daniel Herman der Landshuter Oberbürgermeister Alexander Putz und der tschechische Botschafter Tomáš Jan Podivínský sprechen. Die Landshuter Hofkapelle bringt musikalisch die Stadtgeschichte näher. An den Vormittagen treten namhafte Persönlichkeiten als Referenten und Diskutanten auf, unter ihnen Landtagspräsi- dentin a.D. Barbara Stamm, der Kunsthistoriker Dr. Jiří Fajt, Senator Pavel Fischer und die Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing Prof. Dr. Ursula Münch. Die Fest- rede am Sonntag hält Prof. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Arbeitskreise und Exkursionen runden das inhaltliche Programm ab. Die Eröffnungsvesper gestalten die Geistlichen Beiräte Msgr. Dieter Olbrich und Msgr. Adolf Pintíř. Den weiteren Gottesdiensten stehen Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, Abt Filip Zdeněk Lobkowicz und der Münchner Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg vor. Aktiv bringten sich auch die deutsch- tschechische Kulturwoche „Rohrer Sommer“ und die Junge Aktion ein. Auch das Gemeinschaftserlebnis kommt nicht zu kurz. ag Ein Höhepunkt der deutsch-tschechischen Begegnungs- tage in Landshut wird die Bayerisch-Böhmische Kultur- nacht am 2. August. Diese macht die Kultur unseres Nachbarlandes sowie die Nachbarschaft erlebbar und richtet sich auch an die Landshuter Bevölkerung. Auf dem Programm stehen von 19 bis 22 Uhr an verschiede- nen Orten in der Innenstadt Lesungen (mit Kateřína Tučková, Radka Denemarková und Sabine Dittrich), Konzerte (Klassik, Barock, Sakrale Musik, Roma-Musik), Führungen durch Ausstellungen und das LANDSHUT- Essaywettbewerb museum, die Kinderoper Brundibár sowie Mitmachaktio- Bereits zum 9. Mal riefen Martin Kastler und Dozent Dr. Matěj nen in der Fußgängerzone (Volkstanz und ein Clown). Spurný als Vorsitzende der Veranstalter des Brünner Symposi- Am späten Abend schließen sich bis 1 Uhr ein Jazz- ums zum Europäischen Essaywettbewerb für Studierende auf. Konzert und eine deutschechische Disco mit Poetry an. Zu dem Thema „30 Jahre nach 1989. Wie steht es um die Frei- Die Kulturnacht wird mit zahlreichen Partnern sowie mit heit in Europa?“ wurden über vierzig Beiträge eingereicht. In Unterstützung der Stadt Landshut und dem Bayerischen Brünn/Brno konnten die drei Preisträger ihre Texte vortragen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales ver- und zur Diskussion stellen. Der erste Preis ging an David wirklicht. Schirmherr ist der tschechische Botschafter in Němeček (Mitte, Foto: ag) mit seinem Text „Du bist anders als Berlin, Tomáš Jan Podivínský. Der Eintritt zu allen Pro- bei der Hochzeit“. Er plädiert in seinem Text mit vielen Meta- grammpunkten ist frei. Das Programmheft sowie weitere phern und argumentativer Stärke für ein Mühen um Freiheit, Informationen sind auf der Internetseite der Ackermann- für Achtung von Werten und für Selbstreflexion. ag Gemeinde verfügbar. ag Der Ackermann 2-2019 | 5
Zur Diskussion Auch ein Signal für Europa: Im Vorfeld der Europawahl leuchtete die Allianz- Arena in München in den Farben der EU. (Foto: Verbindungsbüro des EP München) Landshuter Signal für Europa Europa braucht... „Anfang August 2019 kommen auf 2) den Menschen im Mittelpunkt. zustande kommen und wer Verant- Einladung der Ackermann-Gemeinde Politisches Handeln muss am Wohl wortung dafür trägt. Dies bedeutet für (München) und der Sdružení Acker- der Menschen ausgerichtet sein. Es uns eine Stärkung des Europäischen mann-Gemeinde (Prag) in Landshut gilt, die Würde jedes Einzelnen zu Parlamentes und der Gemeinschafts- deutsche und tschechische Christin- schützen und ihn in seiner Eigenver- methode zulasten des Europäischen nen und Christen zusammen. Wir antwortung und seinen Fähigkeiten Rates und der intergouvernementalen wollen unter dem Motto „Europa 1989 zu unterstützen. Angesichts der Her- Zusammenarbeit. – Europa 2019: Mut zur Zukunft“ ein ausforderungen der Globalisierung Signal für ein weiteres Zusammen- gilt es, den Primat der Politik zu ver- wachsen Europas setzen. teidigen. 5) Verlässlichkeit. In einer immer stärker globalisierten Welt müssen wir uns alle darauf verlassen können, Wir sind überzeugt, 3) Solidarität. In Europa muss der dass Verträge und Regeln eingehal- Europa braucht … gesellschaftliche Zusammenhalt ge- ten werden. Deshalb ist eine geregel- stärkt werden. Es greift zu kurz, den te, weltweite Zusammenarbeit unver- Wert Europas darauf zu beschränken, zichtbar. Dies hilft, den Frieden zu 1) Bürgerengagement. Die Auf- ob etwas dem eigenen Land finanziel- sichern. bruchsstimmung und der Glaube an le und wirtschaftliche Vorteile bringt eine gemeinsame Zukunft in Freiheit oder nicht. Uns ist bewusst, dass eu- und Frieden, die nach dem Fall des ropäische Solidarität, die es ange- 6) keinen Nationalismus. Nationa- Kommunismus und des Eisernen Vor- sichts der Ungleichheiten in stärkeren lismus bewirkt Spaltungen in Europa hangs vorherrschten, sind verflacht. Maße braucht, auch ein Mehr an Kos- und hat im 20. Jahrhundert zweimal Alle sind gefordert, sich mutig und ten bedeuten kann. in eine Katastrophe geführt. Nationa- zuversichtlich für ein Miteinander in ler Egoismus droht Europa zu läh- Europa einzusetzen. men. Uns ist bewusst, dass wir in 4) Demokratie, die Partizipation Europa und weltweit Verantwortung und Transparenz beinhaltet. Es muss für andere tragen. deutlich werden, wie Entscheidungen 6 | Der Ackermann 2-2019
Zur Diskussion Europa braucht Visionen Die Vorstände von Ackermann- Gemeinde und Sdružení Ackermann- Vor gar nicht allzu langer Zeit gab es che persönlichen Vorteile man noch Gemeinde haben mit Blick auf die in Deutschland einen Bundeskanzler, alles einheimsen könnte. deutsch-tschechischen Begegnungs- der Menschen mit Visionen gerne Ein Engagement für Europa beugt tage gemeinsam das „Landshuter zum Arzt geschickt hätte. In der heuti- zudem nationalistischen Tendenzen Signal für Europa“ verabschiedet. Die gen Debatte um große Narrative und vor. Für die Generation Erasmus ist darin genannten Punkte dienen als die Geschichte, die doch nicht enden es selbstverständlich geworden, ins Beitrag zu den Diskussionen in wollte, wird jedoch zunehmend klar, (europäische) Ausland zu reisen, dort Landshut. So stehen beispielsweise dass ein langfristiges Ziel in und für Freunde zu finden, zu studieren oder am Freitagnachmittag zu den ge- Europa vor allem für die jüngere Ge- zu arbeiten. Die Förderung internatio- nannten sechs Punkten Arbeitskreise neration unabdingbar ist. naler Jugendarbeit leistet zudem ei- mit externen Impulsgebern auf dem Die jungen Leute haben dieses Ver- nen wichtigen Beitrag zur europäi- Programm. langen nicht zuletzt in ihren freitägli- schen Verständigung. Um jedoch die Aus Sicht der Jungen Aktion nimmt chen Demonstrationen für eine kon- breite Öffentlichkeit anzusprechen, ist der JA-Bundessprecher Matthias Mel- sequente Klimapolitik ausgedrückt, hier der Beitrag der Bildungseinrich- cher Stellung zu dem verabschiede- die auch dem vergangenen Europa- tungen unerlässlich. Auch für ärmere ten Text. Sein Kommentar „Europa wahlkampf ihren Stempel aufgedrückt Jugendliche, die nicht an Austausch- braucht eine Vision“ ist ein erster Dis- haben. In diesem Sinne sollten mei- programmen teilnehmen können, kussionsbeitrag zum „Landshuter ner Meinung nach die Themen Soli- muss Europa erfahrbar gemacht wer- Signal für Europa“ und soll zum weite- darität und Verlässlichkeit unseres den. So können Verlustängste in ei- ren Mitdiskutieren einladen. Signals für Europa auf den Zukunfts- ner Welt, die sich rasch verändert und aspekt erweitert werden. Denn ein immer vernetzter wird, aufgefangen stärkerer gesellschaftlicher Zusam- werden. menhalt im heutigen Europa ist nicht In unserer globalisierten Zeit droht viel wert, wenn er nicht nachhaltig ist. der Mensch zusehends aus dem Blick Die Verlässlichkeit internationaler zu geraten. Auch Politiker – gewählte Regeln und Verträge (z.B. das Pari- Vertreter der Gesellschaft eines Lan- Wir wissen um das reiche Erbe un- ser Klimaschutzabkommen) ist hier- des – scheinen teilweise gegenüber seres Kontinents, der über Jahrhun- bei ein wichtiges Element zukunftsori- internationalen Großkonzernen in derte durch Christentum und Juden- entierter Solidarität. Entscheidungsprozessen an Gewicht tum sowie durch zahlreiche weitere In Anbetracht der Tatsache, dass zu verlieren. In Europa bestehen je- Einflüsse geprägt wurde. Das Prinzip Jugendliche und junge Erwachsene doch Pläne, an diesem Punkt aktiv zu „in Vielfalt geeint“ machen wir uns zu von heute in einer Zeit aufgewachsen werden. In der Europäischen Union eigen. Das christliche Menschenbild sind, in der Mitteleuropa von Reise- gibt es kein Citizens United Urteil wie ruft in besonderer Weise dazu auf, freiheit und friedlichem Miteinander in den USA. Über eine Digitalsteuer andere Menschen als unsere Näch- geprägt war, braucht Europa das Ver- wird derzeit kontrovers diskutiert. Da- sten wahrzunehmen und Solidarität ständnis, dass diese Möglichkeiten mit wird, denke ich, ein wichtiger Bei- mit ihnen zu üben. Wir setzen uns nicht selbstverständlich sind. Europa trag zum Erhalt einer transparenten dafür ein, das Miteinander in Europa ist – trotz mancher Schwachpunkte – Demokratie geleistet, wie sie in ande- zu stärken und die Europäische Uni- ein großes Friedensprojekt. Das Ab- ren führenden Ländern (USA, Russ- on zu einer wirksamen globalen und wälzen von Problemen auf Brüssel land, China) derzeit eher dekonstru- sozialen Friedensmacht werden zu oder das gegeneinander Ausspielen iert wird. Eine weitere Stärkung des lassen.“ von europäischen und nationalen Europäischen Parlaments und damit Interessen zum politischen Machter- der direkt gewählten Volksvertreter ist halt sabotiert die internationale Zu- dementsprechend zu begrüßen. Die- sammenarbeit und schädigt das Bild se Demokratie, die den Menschen ins der Europäischen Union in den Köp- Zentrum stellt und nach dem gemein- fen der Menschen. Hier braucht Euro- samen Wohlergehen aller trachtet, ist pa Engagement – von Jung und Alt. meiner Meinung nach der Standort- Ein Engagement, das auf die Straße vorteil und das Markenzeichen Euro- geht, an Wahlen teilnimmt, kritisch pas. Diese Demokratie ist die Vision, nachdenkt und frei nach Kennedy die Europa und seine Gesellschaft fragt, was man eigentlich für Europa braucht. tun kann, anstatt zu überlegen, wel- Matthias Melcher JA-Bundessprecher Der Ackermann 2-2019 | 7
Standpunkte Die deutsch-tschechischen Begegnungstage in Landshut werden auch ein großes Gemeinschafts- erlebnis und ein Fest des Wiedersehens. Es gibt „Was zieht uns viele Gründe, um daran teilzunehmen. „Der Acker- mann“ stellt daher die Frage: nach Landshut?“ Wir beide waren in engem Kontakt heiten als Normalität, sind uns aber mit der Jungen Aktion, durch die Ge- bewusst, dass diese nicht selbstver- burt unseres ersten Sohnes konnten ständlich sind. Noch wenige Jahre wir aber in den letzten Jahren kaum zuvor wäre unsere Geschichte als noch an Veranstaltungen teilnehmen. deutsch-tschechisches JA-Paar, das Die Begegnungstage in Landshut sich während des Europäischen Frei- bieten uns nun die Möglichkeit, als willigendienstes kennengelernt hat deutsch-tschechische Familie wieder und nun zweisprachige Kinder in Prag in der Ackermann Gemeinde aktiv zu großzieht, sehr viel unwahrscheinli- werden und Freundschaften aufleben cher gewesen. Damit auch unsere Natascha und Lukáš Dulíček, ehema- zu lassen. Kinder die Vorzüge eines gemeinsa- lige Freiwillige in München und Prag, Da wir beide erst nach 1989 gebo- men Europas erleben können, leben als deutsch-tschechische Fa- ren sind, empfinden wir das heutige braucht es sicher „Mut zur Zukunft“. milie in Prag: Europa und damit verbundene Frei- Prof. Dr. Horst ren und stärker in das politische Blick- nungstage, da es in unmittelbarer Glassl, Histori- feld stellen. In unseren Gemeinschaf- Nachbarschaft zu Tschechien liegt. ker, ehemali- ten wollen wir die gemeinsamen Wer- Schon im Mittelalter gab es enge ger e.V.-Vor- te, die in den europäischen Verträgen politische und familiäre Beziehungen sitzender und verankert sind, verstärkt in unserem zwischen Bayern und Böhmen, als seit Jahrzehn- Umfeld herausstellen. Vor allem se- die Prinzessin Ludmilla, die Tochter ten aktives AG hen wir es als unsere Aufgabe an, des böhmischen Herzogs Friedrich -Mitglied: den aufkeimenden Nationalismus in (Bedřich), zuerst den Grafen von Bo- dem verschiedenen europäischen gen und nach dessen Tod den bayeri- Bei dem diesjährigen Treffen unserer Staaten Ostmitteleuropas entgegen- schen Herzog Ludwig den Kehlheimer Ackermann-Gemeinde in Landshut zutreten. Wünschenswert wäre es heiratete. Als Witwe gründete Ludmil- steht besonders die enge Zusammen- aus meiner Sicht, wenn wir uns stär- la 1232 das heute noch in Landshut arbeit mit unserer tschechischen Part- ker sowohl für eine gemeinsame bestehende Kloster Seligenthal. nerin, der Sdružení Ackermann- Flüchtlings- und Asylpolitik als auch Gemeinde, im Mittelpunkt. Gemein- für eine gemeinsame Verteidigungs- sam müssen wir in Landshut in unse- politik einsetzen würden. ren Dialogen versuchen, das christ- Landshut ist geographisch eine ge- lich-jüdische Erbe Europas zu bewah- eignete Stadt für unsere Begeg- Sebastian ersten Blick so gut wie noch nie: Wir nungen, das gewachsene Vertrauen Kraft. 2006- leben in einem freien und friedlichen über Jahre, das Knüpfen von Kontak- 2011 JA- Europa, können über innereuropäi- ten, die über den Tag hinaus reichen. Bundesspre- sche Grenzen hinweg studieren, ar- Diesen Weg gehen wir seit jeher und cher, Mitglied beiten, Handel treiben. Doch den der- in dieser Kontinuität wird sicher auch der Acker- zeitigen Geschwindigkeitsrausch in Landshut stehen. Der Kern Europas mann- einer sich in allen Lebensbereichen sind die Regionen und diese Regio- Gemeinde: digitalisierenden Welt nehme ich mit- nen müssen wir mit Leben füllen. unter als brutal wahr: Es dringt meist Nach außen können wir so als Ge- Oft fällt der Satz: „Europa ist unsere nur der durch, der am lautesten meinschaft ein starkes Bild abgeben, Zukunft.“ Für mich ist Europa natür- schreit bzw. provoziert (das sind nicht das Spuren hinterlässt. Das ist Ge- lich auch Zukunft, aber eines eigent- selten Populisten) oder die meisten genwart – und damit ein Grundpfeiler lich noch viel mehr: Gegenwart, die Emotionen weckt. Tage später ist das für die Zukunft. Gegenwart zu gestalten. Die Rah- oft verraucht und vergessen. Wirklich menbedingungen dafür sind auf den nachhaltig sind für mich die Begeg- 8 | Der Ackermann 2-2019
Nachbarschaft Gebet am Gnadenaltar in der Basilika von Mariazell. Nach der Wallfahrts- messe zogen die Bischöfe, Konzele- branten und Wallfahrer zum Gnaden- altar und beteten das „Gebet für Eu- ropa“. (Foto: ag) te Linzer Bischof Dr. Ludwig Schwarz erinnerte an die Glaubenszeugen: „Das Blut der Märtyrer ist kein Ver- lust, sondern Same für neues Chris- tentum!“ In diesen Kontext schloss Bischof Schwarz auch alle in Lagern oder bei Flucht und Vertreibung ge- storbenen Menschen ein. Auch dar- „Europa und das Christentum aus hätten sich „neue Früchte im blut- getränkten Europa“ entwickelt. Heute gehören zusammen“ gelte es besonders, so der Altbischof, die christlichen Wurzeln Europas wie- der zum Blühen zu bringen. Er erin- Rund 600 Pilger aus fünf Nationen, Jesus Christus in Verbindung ge- nerte an den Beitrag des Heiligen aus Deutschland, Österreich, der Slo- bracht und in unterschiedlicher Weise Johannes Paul II. zum Zusammen- wakei, Slowenien sowie aus Tsche- Länder und Kulturen zueinander ge- wachsen Europas. „Als Christen be- chien machten sich Anfang Mai auf bracht und damit Europa vorgebildet, ten wir für eine Einheit, in der die Viel- den Weg zur Europawallfahrt nach wie wir es heute erleben und sehen. falt in Kultur und Tradition nicht Mariazell in der Steiermark. Unter der Angesichts der bevorstehenden Wah- trennt, sondern bereichert. Hier am Schirmherrschaft des Wiener Erzbi- len zum Europaparlament ist es das Gnadenort Mariazell bekennen wir schofs Dr. Christoph Kardinal Schön- Anliegen, die Menschen Europas bei- uns zu den christlichen Werten und born hatte die Ackermann-Gemeinde einander zu halten oder wieder zuei- den Fundamenten Europas, der Basis diese Wallfahrt initiiert und organi- nander zu bringen: Das ist ein we- für die europäische Einigung“, kon- siert. Im Vorfeld der Europawahlen sentlicher Inhalt unserer Wallfahrt“, kretisierte der Bischof. Er sprach wollten sie für ein friedliches und aus führte der Weihbischof aus. Um die auch von „Jahrzehnten der Gottlosig- christlichem Geist geprägtes Mitei- Einheit Europas und der Völker der keit in Ost und West“, die tiefe Spuren nander in Europa beten. Welt werde, so Weihbischof Hauke in den Völkern hinterlassen hätten. Den Auftakt bildete am Freitagbend weiter, gerade auch hier in Mariazell, „Das Christentum in Europa ist ent- eine Andacht zu den heiligen Patro- konkret am Gnadenbild der „Magna scheidend, ansonsten führt es zu ei- nen Europas. Der tschechische Wall- Mater Austriae“ bzw. der „Mater Gen- ner Katastrophe. Europa und das fahrtsseelsorger Pater Václav Steiner tium Slaworum“ seit Jahrhunderten Christentum gehören zusammen“, beschrieb in seiner Begrüßung die gebetet. Mit dem „Gebet für Europa“ fasste er diesen Aspekt zusammen. Basilika als „Ort der Begegnung“ für von Kardinal Carlo Maria Martini, dem Nach dem Schlusssegen zogen die die Menschen vieler Völker und Nati- Vater Unser in deutscher und tsche- Priester und Pilger zum Gnadenbild, onen und dankte den Wallfahrern für chischer Sprache sowie dem Pontifi- wo alle gemeinsam das „Gebet für ihr Kommen. Auf das „von Gott ge- kalsegen endete die am Gnadenbild Europa“ sprachen. Dieses hatte der knüpfte Band, das alle Grenzen über- gefeierte, eindrucksvolle Andacht zu Schirmherr der Wallfahrt Kardinal Dr. windet“, wies Weihbischof Hauke, der den Patronen Europas. Christoph Schönborn den Pilgern als Beauftragter der Deutschen Bi- Zur Wallfahrtsmesse war am Sams- besonders ans Herz gelegt. schofskonferenz für die Vertriebenen- tag die gesamte Basilika bis auf den Den Abschuss bildete eine Fest- und Aussiedlerseelsorge teilnahm, in letzten Platz besetzt. Superior Pater stunde am Nachmittag im Pfarrsaal seiner Begrüßung hin. Im Fokus der Dr. Michael Staberl OSB begrüßte die mit einer Rede von Prof. Dr. Tomáš Andacht standen die sechs Heiligen Pilger. „Mariazell ist ein wahrhaft eu- Halík (s. S. 2). Sie stand unter dem Europas: Benedikt von Nursia, Cyrill ropäischer Ort“, stellte er fest. Als Thema „Christen im Herzen Euro- und Method, Birgitta von Schweden, wichtig – gerade jetzt und heute – pas“. Halík blickte sorgenvoll auf Ent- Katharina von Siena und Edith Stein. hielt er es, sich proeuropäisch zu äu- wicklungen in der Kirche und in Euro- Sie wurden kurz in ihrem Wirken vor- ßern, die christliche Prägung Europas pa. Musikalisch umrahmt wurde das gestellt und auch die Fürbitten bezo- zu betonen und „für eine gute und Programm von Stephanie Kocher, gen sich auf sie. In seiner Predigt christliche Zukunft unserer Länder zu Simon Ullmann und Irina Ullmann betonte Hauke mit Blick auf die Patro- beten“. Auch er dankte der Acker- vom „Rohrer Sommer“. ne: „Sie haben durch ihren Glauben mann-Gemeinde für die Initiative zu Menschen verschiedener Länder mit dieser Europawallfahrt. Der emeritier- Markus Bauer/ag Der Ackermann 2-2019 | 9
Nachbarschaft Als beim Brünner Symposium im Jahr 2015 der damals frisch gewählte Oberbürger- meister Petr Vokřál die Pläne für ein „Jahr der Versöhnung“ verkündete, dabei positive Worte zur multiethnischen Ge- schichte seiner Stadt fand und das geschehene Unrecht klar benannte, war ihm eine echte Überraschung gelungen. Kurz darauf wurde mit großer Mehrheit vom Stadtrat eine „Deklaration zur Versöhnung und einer gemeinsamen Zukunft“ verab- schiedet. Es folgten in Brünn/Brno, 70 Jahre nach Ende des Zweiten Welt- krieges, Monate mit einem reichen Veranstaltungsprogramm. Es bein- haltete Gedenkfeiern, bei denen an künstlerischen Veranstaltun- die Bevölkerungsgruppen erinnert gen, die sich auf das jeweili- wurde, die Brünn durch Krieg, die NS- ge Hauptthema des Festivals Verfolgung, den Holocaust, durch die beziehen. Das Motto im Jahr 2017 Die Ackermann-Gemeinde zählt zu Vertreibung, insbesondere beim war „Einigkeit in Vielfalt“. Den Höhe- den Partnern von „Meeting Brno“. Sie „Brünner Todesmarsch“, und letztlich punkt stellte dabei die Einladung von gestaltet deutsch-tschechische Got- durch das kommunistische Regime 120 Nachkommen der bedeutendsten tesdienste, bringt sich bei der Gestal- verloren hatte. Das „Jahr der jüdischen Familien aus Brünn dar. tung von Gedenkakten ein, präsen- Versöhnung“ hat so in der Brünner 2018 bilanzierte das Festival mit dem tiert sich an Ständen und bot auch Stadtgesellschaft viel in Bewegung Titel „Zeit zur Re/vision“ die hundert- schon Lesungen an. gebracht und weit darüber hinaus in jährige Geschichte des tschecho/ „Das Festival zeigt, wie man sich Tschechien und im Ausland seine slowakischen Staates. ohne Scheuklappen der eigenen, verdiente Aufmerksamkeit erhalten. Und im Jahr 2019 beschäftigte es auch schmerzhaften Geschichte stel- Doch schon bald stand die Frage im sich vom 29. Mai bis 9. Juni mit dem len und wie daraus ein neues Mitei- Raum, wie geht es weiter. Geboren Thema „Freiheit“ unter der Überschrift nander entstehen kann“, würdigt der war die Idee des Festivals „Meeting „jetzt, da wir haben, was wir wollten“. AG-Bundesvorsitzende Martin Kastler Brno“. Auch die neue Brünner Oberbürger- „Meeting Brno“. Und tatsächlich Das Festival versteht sich als eine meisterin Dr. Markéta Vaňková steht schafft es unzählige Begegnungen Plattform für Begegnungen von Men- hinter der Idee des Festivals, so dass zwischen Tschechen, Deutschen und schen unterschiedlicher Meinungen, es weiterhin auf die Unterstützung der Österreichern. Dabei bindet Brünn Kulturen und Religionen. Es knüpft an Stadt bauen kann. auch seine Partnerstädte Stuttgart die Idee von „Meeting Rimini“ an. Der Ein bedeutender alljährlicher Be- und Leipzig sowie die Patenstadt der erste Jahrgang fand 2016 statt und standteil von „Meeting Brno“ ist der Brünner Schwäbisch Gmünd ein. vertiefte das Thema der deutschen Versöhnungsmarsch, der an den „Brünn macht es vor, wie eine und jüdischen Vergangenheit der „Brünner Todesmarsch“ erinnert und selbstbewusste, zukunftsgerichtete Stadt Brünn. Das Programm besteht vom Massengrab in Pohrlitz/Pohoře- und kreative Vergangenheitsbewälti- seither aus Diskussionsforen und lice nach Brünn führt. An diesem gung aussehen kann,“ so Kastler. nehmen seither jährlich mehrere Dies sei vorbildhaft und verdient un- Die Reihe „Ort der Begegnung“ stellt hundert Menschen teil, zu einem sere Anerkennung. Daher hat der seit Heft 1-2014 Ortschaften und Ereig- Großteil junge Tschechen, aber auch Bundesvorstand beschlossen dem nisse vor, die bezeugen, wo und wie sudetendeutsche Zeitzeugen und ihre Festival „Meeting Brno“ in Landshut deutsch-tschechische Nachbarschaft Nachkommen. Dies ist gelebte die „Versöhnungsmedaille der Acker- ganz konkret gelebt wird. Versöhnung. mann-Gemeinde“ zu verleihen. ag 10 | Der Ackermann 2-2019
Kirche und Gesellschaft Vor der Seligsprechung Pallottinerpater Richard Henkes (1900-1945) vor einer Verurteilung. Doch der lieren – wohl im Bewusstsein des danach als Prediger in ober- eigenen Todes. Keine zwei Monate schlesischen Kirchen weiterhin später wurde er dann ein Opfer der mutig auftretende und als Pfarr- Epidemie und starb qualvoll nach nur verwalter einer kleinen Hultschi- fünf Tagen am 22. Februar 1945. ner Dorfgemeinde von seinen Zu wenig bekannt war und ist, dass Ordensoberen eingesetzte Pal- Pater Henkes sich in der relativ kur- lotiner Henkes schwieg weiterhin zen Zeit seiner Tätigkeit – vor allem nicht: Nach einer Predigt über im Hultschiner Gebiet – für eine nach- (Porträt, gemalt von P. A. Givel SAC) den „Mord an Unschuldigen“ in haltige Verständigung zwischen Deut- den Branitzer Behindertenanstal- schen, Tschechen und Polen einsetz- ten des späteren Weihbischofs te. Ein Westerwäldler in Ober- und Nie- Nathan, in denen die Nazis ebenfalls Die innerkatholische Würdigung derschlesien, in Mährisch Schlesien das Euthanasie-„Programm“ umset- durch die „Seligsprechung“ dieses und Tschechisch-“Schüler“ bei einem zen wollten und konnten, wurde Hen- Ordensmannes sollte gerade im Jahr gewissen Dr. Josef Beran im KZ kes verhaftet und am 10. Juli 1943 ins 2019 auch weiteren Gesellschafts- Dachau? Wie passt das zusammen? KZ Dachau gebracht. In der Zwangs- kreisen in Deutschland und in seinen Holen wir doch den auch 2019 au- arbeit lernte er den Prager Professor Nachbarländern bekannt gemacht ßerhalb „katholischer Kreise“ trotz und Seminar-Regens Beran, den spä- und gerade jetzt im friedenserhalten- anstehender kirchlicher Seligspre- teren Erzbischof von Prag, kennen den Sinn gewürdigt werden. chung Unbekannten aus dem Verges- und versuchte, seine bereits erworbe- Dr. Otfrid Pustejovsky senheitskeller! nen Tschechisch-Kenntnisse zu ver- 1900 wurde der spätere Schönstatt- bessern, um nach dem Krieg wieder fromme Richard im kleinen wester- wäldischen Dorf Ruppach geboren, in das gemischtsprachige mährisch- schlesische Gebiet zurückzukehren. Segen für Europa erlebte als 18-Jähriger noch als Sol- Bei den Mithäftlingen war Henkes dat den Ersten Weltkrieg, trat später wegen seiner ungebrochenen Glau- den Pallottinern bei und war, nach der bensstärke, seiner Selbstlosigkeit – Priesterweihe 1925, Religionslehrer. Lebensmittelpakete seiner Schwester Bereits von 1933 an wandte er sich verteilte er einfach weiter! - in der seelsorglich und öffentlich gegen den Trostlosigkeit der KZ-Alltage eine mo- NS-Totalitarismus, wurde vom Orden ralisch-religiöse Stütze. zunächst durch Versetzung nach Als Ende 1944 im KZ Dachau zum Oberschlesien aus der „Schusslinie“ wiederholten Male eine Typhusepide- Unter dem Titel „Heimat im Herzen genommen, aber bereits 1937/38 mie – vor allem unter den besonders Europas – Die Sicht der Kirche“ bo- nach Denunziation vor ein Sonderge- drangsalierten russischen Häftlingen ten beim Sudetendeutschen Tag die richt in Breslau gestellt. Noch hatte er – ausbrach, meldete er sich aus dem Ackermann-Gemeinde und das Su- Glück: Das Amnestiegesetz nach sogenannten „Priesterblock“ 26 frei- detendeutsche Priesterwerk ein Ge- dem „Anschluss“ Österreichs an das willig zur Pflege der Todkranken in spräch mit dem Regensburger Bi- „Dritte Reich“ bewahrte ihn zunächst Block 17 und ließ sich mit diesen iso- schof Dr. Rudolf Voderholzer an (Foto: ag). Im Namen der beiden Ver- Am 15. September 2019 wird Pater Richard Henkes SAC, ein „Apostel der anstalter begrüßte der Geistliche Bei- deutsch-tschechischen Verständigung“, im Limburger Dom seliggesprochen. rat Msgr. Dieter Olbrich, Regionalde- Aus Rom reist hierzu Kurienkardinal Kurt Koch an. Die Eucharistiefeier beginnt kan Holger Kruschina übernahm die um 14.00 Uhr. Anschließend laden Diözese und Pallottiner zum Pater-Richard- Moderation. „Seelsorger müssen na- Henkes-Fest in den Bischofsgarten am Roßmarkt ein. Den Abschluss der Feier- he an den Menschen sein, was sie lichkeiten bildet ein liturgisches Abendlob um 19 Uhr in der Pallottinerkirche St. bewegt, aber auch das große Ganze Marien (Wiesbadener Straße 1). Die Seligsprechung von Pater Henkes wird die des Weltgeschehens im Blick haben“, erste Seligsprechung sein, die im Bistum Limburg gefeiert wird. betonte Bischof Rudolf. Mit Blick auf Aus Anlass der Seligsprechung wird in Limburg auch die Ausstellung „Zeugen die Geschichte und das soziale En- für Menschlichkeit. Christlicher sudetendeutscher Widerstand 1938-1945“ zu gagement sieht er in einer „vitalen sehen sein. Henkes ist einer von zehn vorgestellten Persönlichkeiten in der Aus- Kirche“ „einen Segen für Europa“. stellung der Ackermann-Gemeinde. ag Der Ackermann 2-2019 | 11
Sozialwerk Maria Stock leuchtet (Foto: K. Janu) Nacht der Lichter mit Taizé-Gebet in Maria Stock (Foto: Pod střechou z.s.) Angekommen Sozialwerk. „ In Maria Stock wird gemeinsam von Deutschen und Sozialwerk. „ Ich bin kein Priester, es gibt Bastelgruppen für Advent- Tschechen das historische und religi- der verzweifelt! Was uns der Herr und Osterwaren, regelmäßigen Reli- öse Erbe gepflegt. Es ist ein Ort der gibt, ist Hoffnung. Er verlässt uns gionsunterricht, Wein-Segnungen Begegnung und ein Fixpunkt geistli- nie.“ Davon ist Pater Karel Janu zu- und weitere Gelegenheiten der Be- chen Lebens. Dies verdient unsere tiefst überzeugt und er hat Recht be- gegnung. So hat sich eine Basis der Unterstützung,“ so Msgr. Dieter Ol- halten. Lange hat er gut erhaltene Gemeindemitglieder gebildet, die brich. Kirchenbänke für die Kirche St. Jo- auch bei Renovierungen mit Hand Um die Wallfahrtkirche in Maria hannes der Täufer in Döschen/ anlegt. Auch deutschsprachige Gläu- Stock/Skoky baulich zu erhalten und Dešná, Diözese Brünn/Brno an der bige kommen inzwischen wieder zu die Aktivitäten an diesem Ort zu för- mährisch-österreichischen Grenze, den Wallfahrten nach Döschen. dern, wurde auf Initiative der Acker- gesucht und wandte sich mit seinem Viel Arbeit wartet in den fünf Ge- mann-Gemeinde die Kollekte des Anliegen an die Ackermann- meinden noch auf ihn. Doch er behält diesjährigen Sudetendeutschen Ta- Gemeinde. Das Sozialwerk konnte sein Gottvertrauen. Auch an das So- ges dem westböhmischen Wallfahrts- helfen (s. Heft 2019/1). zialwerk gerichtet meint er: „Ich ort gewidmet. Der Erlös beim Pfingst- Nun haben die Kirchenbänke, die er möchte mich bei allen für Ihre aktive gottesdienst in der Regensburger in einem Depot der Erzdiözese Mün- Hilfe und Ihr Interesse bedanken.“ Donauarena betrug 4.354,33 €. Vor chen und Freising ausfindig machen sw der Übergabe der Kollekte sind noch konnte, ihren neuen Platz gefunden. zweckgebundene Spenden an das Fünf Jahre nach Übernahme der Spendenkonto: Sozialwerk der Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde Pfarrei und weiterer vier Gemeinden Ackermann-Gemeinde e.V., Kenn- e.V., Kennwort „Spende Maria hat P. Janu es mit seiner anstecken- wort „Spende Döschen“, LIGA-Bank Stock“ (IBAN: DE05 7509 0300 0002 den Begeisterung, Elan und Ausdau- München, IBAN: DE05 7509 0300 1222 00 bei der Liga-Bank München, er geschafft, „seine“ Kirchen zu füllen; 0002 1222 00, BIC: GENODEF1M05 BIC: GENODEF1M05) möglich. sw Patrone Europas im neuen Gewand Sozialwerk. Die Europawallfahrt Edith Stein) enthält es Fürbitten zu nach Mariazell (s. S. 9) gehört nun den Patronen und das „Gebet für zwar der Vergangenheit an, doch Europa“ von Carlo Maria Kardinal allen, die daran teilhaben durften, Martini (1927-2012), das zur Europa- wird sie lange in guter Erinnerung wallfahrt vom Schirmherrn Dr. Chris- bleiben. toph Kardinal Schönborn (Wien) ans Viel Anklang hat auch das Heftchen Herz gelegt und in Mariazell gebetet „Heilige Patrone Europas“ gefunden, wurde. Es fasst all die Gedanken das anlässlich dieser Europawallfahrt zusammen, die Christen im Blick auf vom Sozialwerk in deutscher und unseren Kontinent ansprechen und tschechischer Sprache nach fast 20 berühren. Jahren neu aufgelegt und optisch Das Heftchen eignet sich für An- modernisiert wurde. Neben der Vor- dachten, Gottesdienste und andere stellung der Vita und Bedeutung der Begegnungen, bei denen für die Zu- sechs zu Patronen Europas ernann- kunft Europas gebetet werden soll. ten Heiligen (Benedikt von Nursia, Es ist gegen eine Spende über das Cyrill und Method, Birgitta von Sozialwerk erhältlich (Tel. 089 / 27 Schweden, Katharina von Siena, 29 42 31). sw 12 | Der Ackermann 2-2019
Junge Aktion Demokratie braucht Demo- kraten xxx (Foto: EP) Thilo Tiede (r.) bei seinem Blick nach Tschechien Vortrag. Jugendbildungsreferat. „ Frühlings- Plasto“ fand in diesem Jahr erneut in Junge Aktion. Die diesjährige Poli- Umgang mit Feinden der Demokratie der Woche nach Ostern in Regens- tische Weiterbildungswoche stand in der Praxis. burg statt. Es stand unter dem Thema unter dem Gesamtthema "Demokratie Die Feier der Liturgie zu den Kar– „Über den Tellerrand hinaus - unser ohne Demokraten? Mitteleuropa 1919 und Ostertagen sind ebenso ein fes- Nachbar Tschechien“. Die Teilnehme- und heute". Rund 60 Jugendliche und ter Bestandteil der Woche. Dazu ge- rin Hannah Panten erinnert sich: junge Erwachsene aus Deutschland, hörte auch ein abendlicher Kreuzweg „Schon als wir ankamen, lernten wir Tschechien und der Slowakei reisten und die Osternacht um 5 Uhr mor- ein bisschen tschechisch, schließlich hierzu in den Osterferien ins Benedik- gens. Diese hinterließ mit ihrer Fest- sind auch Namen verschieden.“ So tinerkloster nach Niederalteich. lichkeit einen besonderen Eindruck. wurde zum Beispiel aus „Johannes“ Das Thema wurde zum einen durch Nicht fehlen durfte am letzten Abend ein „Honza“. In den kommenden drei Vorträge behandelt. Der erste Refe- eine Party, die traditionell mit einem Tagen folgte eine abwechslungsrei- rent Thilo Tiede war viele Jahre im Eröffnungswalzer begann. Auch hier ches Programm mit Arbeitskreisen Europäischen Parlament beschäftigt war das deutsch-tschechisch-slowa- (Foto: ja), kreativen und sportlichen und berichtete auch von seinen rei- kische Miteinander spürbar. Aktivitäten sowie tschechischer chen Erfahrungen aus der Praxis. Dankbar für die Begegnungen, die Sprachanimation. Auch Spiele waren Eine Exkursion führte nach Regens- inhaltlichen Impulse und den erlebten auf Tschechisch. Zum Abschluss des burg. Dort referierte der bayerische Spaß sowie in Vorfreude auf ein Wie- letzten gemeinsamen Abends gab es Landtagsabgeordnete Tobias Gott- dersehen bei der Sommerwoche in einen Gottesdienst. Danach startete hardt, der den Europaausschuss des Landshut machten sich alle auf den die Party. „Plasto lohnt sich immer“, Landtages leitet. Auch er spannte Heimweg. ja zeigte sich Hannah zum Abschluss einen Bogen zwischen Theorie und zufrieden. Ein Wiedersehen gibt es Praxis. Unter der Leitung des EVS- bereits Ende Juli in Haidmühle. Freiwilligen Michal Vosinek übten die ja Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann selbst die Demokratie und den Die Junge Aktion dankt herzlich der Stiftung Ackermann-Gemeinde Stuttgart für die Unterstützung Nächtlicher Kreuzweg in der Jugendarbeit! Niederalteich (Fotos: ja) Im Landtag mit Schülern über Europa Junge Aktion. Vor der Europawahl hatte der Bayerische Landtag rund 190 Schülerinnen und Schüler aus ganz Bayern ins Maximilianeum nach München eingeladen, damit sie mit Abgeordneten aller Fraktionen über Europa diskutie- ren. Bevor an runden Tischen die Schüler und Politiker ins Gespräch kamen, eröffnete die Landtagspräsidentin llse Aigner mit einem Talk mit dem 99-jährigen Dr. Adalbert Mischlewski, Initiator einer deutsch-französischen Städtepartner- schaft, und der JA-Bundesgeschäftsführerin Amálie Kostřížová den Abend. Kostřížová berichtete von der deutsch-tschechischen Begegnungsarbeit der Jun- gen Aktion. Mit Blick auf Europa und den Nachbarn Deutschland sieht sie Gefah- Landtagspräsidentin Ilse Aigner (l.) hatte sich als Gesprächspartner ren durch populistische Politiker, Fake News und Vorurteile. „Die Menschen Amálie Kostřížová und Dr. Adalbert brauchen dringend mehr Infos und Hintergrundwissen,“ so die JA- Mischlewski eingeladen (Foto: Bild- Bundesgeschäftsführerin in ihrem Statement. ja archiv Bayerischer Landtag) Der Ackermann 2-2019 | 13
Aktuelles Gesellschaftsgestaltung als kirchlicher Auftrag schen Bereich spielt“, sprach Kastler Dialog in Schön- einen weiteren Aspekt an und bezog xxx (Foto: M. Bauer) see (v.l.): M. sich zum einen auf die Tätigkeiten der Dörr (Modera- Kirche im sozial-caritativen Bereich, tor), M. Kastler, zum anderen auf die Rolle der Kirche Dr. Vybíralová, als wichtiger Gesprächs- und Diskus- Generalvikar sionspartner. Eine Herausforderung Fuchs, J. Unter- länder, General- für die Kirchen ist auch der Umgang sekretär Přibyl. mit Migration. Den Missbrauch dieses Themas seitens mancher tschechi- Ein bayerisch-böhmischer Dialog zum mit Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und scher Politiker kritisierte die Theologin Thema „Wie steht es um die katholi- unter Berücksichtigung der Situation und Historikerin Dr. Eva Vybíralová – sche Kirche?“ fand Anfang April im der Opfer erfolgen müsse. Als weitere mit der Konsequenz, dass bisweilen Centrum Bavaria Bohemia statt. In Herausforderungen nannte er die eine „Hysterie gegen Migranten“ ent- der von Matthias Dörr, AG-Bundes- Armut, Migration sowie die Globalisie- standen sei. Sie selbst erlebe Kirche geschäftsführer, moderierten Podi- rungsprozesse. Aufgabe der Kirche in der Diaspora; so seien ihre beiden umsdiskussion ging es zunächst um sei „nicht nur die Glaubensvermitt- Kinder in ihren Klassen die einzigen die aktuelle Situation der Kirche in lung, sondern auch die Gesellschafts- Katholiken. Dennoch betonte auch den beiden Ländern. „Wir müssen als gestaltung“, so der Landeskomitee- sie, optimistisch zu sein und der Christen optimistisch sein – auf bei- Vorsitzende. Qualität eine höhere Bedeutung den Seiten der Grenze“, unterstrich Den Missbrauchsskandal bei den zuzumessen als der Quantität – und der AG-Bundesvorsitzende Martin Regensburger Domspatzen sowie auch bewusst zu fragen: „Was mache Kastler. Die Kirchen in Deutschland dessen Aufarbeitung nannte Regens- ich für meine Kirche?“ und Tschechien seien nicht vergleich- burgs Generalvikar Michael Fuchs Markus Bauer/ag bar – besonders auch wegen der Un- „einen Jahre und Jahrzehnte langen, terdrückung der Kirche im Kommunis- sehr schmerzhaften Prozess“. Er ge- mus und den daraus resultierenden stand ein, dass lange Zeit nur die Martin Kastler zur Glaubenspraxis in Folgen. In Tschechien, wo Kastler Täter wahrgenommen worden seien Tschechien: seit mehreren Jahren hauptsächlich und weniger die Opfer bzw. Betroffe- „Diejenigen, die sich zu ihrem Glau- lebt und arbeitet, habe er nicht weni- nen. Umso mehr werde bei der Aufar- ben bekennen, engagieren sich aktiv ge „aktive Glaubensbeispiele“ erlebt. beitung auch der Blick auf die instituti- für Glauben und Kirche und zahlen Bei den „brennenden Fragen an die onellen Gegebenheiten gerichtet, um auch für kirchliche Einrichtungen. Das Kirche“ nannte Joachim Unterländer, Solches künftig zu verhindern. sind dann weniger Taufscheinchris- Vorsitzender des Landeskomitees der „Es ist allgemein anerkannt, dass ten, sondern Christen und Katholiken Katholiken in Bayern, die Miss- die Kirche eine wertvolle Rolle im aus ihrer Überzeugung heraus!“ brauchsskandale, deren Aufarbeitung kulturellen, geistigen und philosophi- In Diskussion mit Minister und Staatssekretärin Zur Podiumsdiskussion „30 Jahre Freiheit. Mein Europa, meine Geschichte, mei- ne Zukunft.“, die Ende Mai von der Hanns-Seidel-Stiftung und der Repräsentanz des Freistaats Bayern in der Tschechischen Republik veranstaltet wurde, waren neben dem bayerischen Europaminister Dr. Florian Herrmann, der tschechi- schen Staatssekretärin für Europaangelegenheiten Milena Hrdinková und Karla Stánková, der Leiterin des Regionalbüros Pilsen der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer auch der Bundessprecher der Jungen Aktion, Matthias Melcher, eingeladen. Die vier Gäste tauschten sich über ihre persönli- chen Erfahrungen mit Europa aus. Sie diskutierten über Erfolge der bayerisch- Nach der Diskussion (v.l.): Organisa- tschechischen Zusammenarbeit und entwarfen unter der kompetenten Moderati- tor M. Kastler (l.) Staatsminister Dr. on von Kilian Kirchgessner auch eigene Zukunftsvisionen für Europa. Alle Disku- F. Herrmann, Staatssekretärin M. tanten waren sich über den großen Wert der Freiheit – die jedoch auch Verant- Hrdinková, K. Stánková und JA- Bundessprecher M. Melcher (Foto: wortung mit sich bringt – einig, wenngleich sich in konkreten Zukunftsvisionen Hanns Seidel Stiftung Prag) auch Unterschiede zeigten. ja 14 | Der Ackermann 2-2019
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