Der Fotograf des Präsidenten - Im Weissen Haus bei Barack Obama und Pete Souza - Wahlkampf in den USA: Zwischen Hass und Optimismus - Ringier AG
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Wahlkampf in den USA: Zwischen Hass und Optimismus Unternehmensmagazin Oktober 2016 Im Weissen Haus bei Barack Obama und Pete Souza Der Fotograf des Präsidenten
INHALT 4 18 18 4 N ur die Privaträume sind tabu Fotograf Pete Souza begleitet US-Präsi- dent Barack Obama seit acht Jahren. In dieser Zeit hat er zwei Millionen Bilder gemacht. «Nach fünf Monaten hatte er sich an mich gewöhnt.» 14 Wahlkampf in den USA Die Kür der Präsidentschaftskandidaten. Ringier-Journalisten waren in Cleveland und Philadelphia dabei. Und sahen Hass bei den Republikanern, Optimismus bei den Demokraten. Blickpunkt Ringier Die besten Pressefotos des Quartals entfallen in dieser Ausgabe. Eine Auswahl der besten Bilder finden Sie auf der Facebook-Seite «DomoRingier». 18 Interview Der deutsche Anwalt Christian Schertz vertritt prominente Persönlichkeiten gegen die Medien. Dafür wird er auch mal «Zensur-Taliban» genannt. 22 «Ein Erweckungserlebnis» 26 Die virtuelle Realität wird die Medienwelt revolutionieren, sagt Sebastian Pfotenhauer. Sein Team hat die BlickVR-App entwickelt. 24 I nhouse So einfach funktioniert die VR-App der Blick-Gruppe. Cardboard aufsetzen, und schon sitzt man im Cockpit! ingier trifft Stars 26 R DOMO-Autor René Haenig sitzt in Los Angeles im Restaurant. Die Frau am Nachbarstisch ist ausgesprochen hübsch – und zwinkert ihm sogar zu! Dass sie ein Weltstar ist, merkt Haenig aber nicht. Das Oktober- 22 28 Michael Ringier Der Verleger über Wirtschaftsführer mit Tunnelblick. «Einen wie Trump würden sie in ihrer Firma nie anstellen. Aber als DOMO als Präsidenten wählen, das schon.» eMagazin nter uns 30 U In Pension: Heinz Eugster / Buch-Tipps von Marc Walder 14 Coverfoto: Official White House Photo by Lawrence Jackson Impressum Herausgeber: Ringier AG, Corporate Com- munications. Leitung: Edi Estermann, CCO, Dufourstrasse 23, 8008 Zürich. Chefredaktor: Alejandro Velert. Redaktionelle Mitarbeit: Ulli Glantz und Markus Senn (visuelle Umsetzung), Bettina Bono, René Haenig, Peter Hossli. Übersetzer: Xavier Pellegrini/Textes.ch (Französisch), Claudia Bodmer (Englisch), Ioana Chivoiu, (Rumänisch), Lin Chao/Yuan Pei Translation (Chinesisch). Korrektorat: Peter Hofer, Regula Osman, Kurt Schuiki (Deutsch), Patrick Morier-Genoud (Französisch), Claudia Bodmer (Englisch), Mihaela Stănculescu, Lucia Gruescu (Rumänisch). Layout /Produktion: Zuni Halpern (Schweiz), Jinrong Zheng (China). Bildbearbeitung: Ringier Redaktions-Services Zürich. Druck: Ringier Print Ostrava und SNP Leefung Printers. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Einverständnis der Redaktion. Auflage: 10 000 Exemplare. DOMO erscheint auf Deutsch, Französisch, Englisch, Rumänisch und Chinesisch. Fotos: Pete Souza/White House Press, Olaf Blecker, Geri Born, Andrew Angerer, Brett Carlsen und Denise Truscello für Getty Images DOMO – Oktober 2016 | 3
«Pete, hast du abgedrückt?» Acht Jahre lang folgt Pete Souza Mister President auf Schritt und Tritt. Als Cheffotograf des Weissen Hauses dokumen- tiert er die Amtszeit von Barack Obama. Ab Januar 2017 gehen sie getrennte Wege. Ein Gespräch mit dem Fotogra- fen des Präsidenten über seinen Job, seinen Chef und das Resultat: zwei Millionen Bilder für die Ewigkeit. Interview: Bettina Bono Fotos: Pete Souza
COVER Papst Franziskus uns kennen. Seit er Präsident ist, bin betritt in Kürze ich rund um die Uhr, sieben Tage die Neuland – Pete Woche an seiner Seite. Können Sie Souza ist schon sich vorstellen, was das heisst? Es da: Im September dauerte etwa fünf Monate, bis er 2015 besucht der mich als Teil seines Lebens akzep Pontifex zum ers- tiert hatte. ten Mal die USA. Empfangen wird Der Präsident sagte einst in einem er auf dem Rollfeld Interview, Sie schaffen es, sich im der Luftwaffenba- Hintergrund zu halten. Er nehme Sie sis Andrews nahe oft nicht war. Ein Kompliment für Sie? Washington von Ich denke, es ist eines. Ich bin ein fi Präsident Obama xer Bestandteil des Systems gewor und dessen den. Ich komme und gehe und tue es Familie. in einer unaufgeregten Art. Er soll seinen Geschäften nachgehen kön nen, ohne von mir abgelenkt zu werden. Das ist mein Ziel. Gingen Sie bei so viel Diskretion auch schon vergessen? Einmal wurde ein Meeting des Präsi denten vorverlegt, ohne dass ich darüber informiert wurde. Als ich dann zum ursprünglichen Termin erschien, kamen die Teilnehmer gerade aus seinem Büro. Ich fragte die Assistentin des Präsidenten, warum ich nicht informiert worden sei. Der Präsident hörte uns und wollte wissen, was los sei. Als ich es ihm schilderte, antwortete er über zeugt: «Aber Sie waren doch dabei.» Zwar ist es der amerikanische Präsident, den Sie hautnah begleiten. Doch während acht Jahren fotografie- ren Sie nun denselben Kopf. Wie schaffen Sie es, neugierig zu bleiben? Erst kürzlich sagte eine Freundin zu mir: «Du musst dich auf den 20. Ja nuar 2017 freuen. Für dich gibt es im Weissen Haus nichts mehr Neues zu fotografieren.» Zwei Tage später entstanden an der Eröffnung des African American Museums in Wa shington innert 30 Sekunden zwei einmalige Bilder. Auf einem kniet Vizepräsident Joe Biden neben einer 99-jährigen schwarzen Frau. Auf D ienstagmorgen, acht Uhr dreis sig, in Washington DC. Am die Schranke. «Daran gewöhnen Sie sich schon noch», sagt ein Herr im Herr Souza, Ihr Wandschmuck irritiert mich. Warum so viele? Es ist mein Auftrag, die Amtszeit des Aufnahmen zählt dazu – auch die schlechten. Der Präsident bohrt zwar dem anderen fotografiert Barack Obama gerade George W. Bush, der Foto: Official White House Photo by Chuck Kennedy North west Appointment Gate des Vorbeigehen und klopft mir freund (Lacht) Ja, das glaube ich. Dieses amerikanischen Präsidenten zu do nicht in der Nase, aber auch dieses mit einer Familie posiert. Normaler Weissen Hauses herrscht reges Trei schaftlich auf die Schulter. Beobach Büro war früher der «White House kumentieren. Ich produziere Bilder, Bild würde aufbewahrt werden. weise treffen ehemalige US-Präsiden ben. Wo sich die Tore sonst für Li tet von First Dog «Bo» führt mein Barber Shop». In den 90ern gab es im die noch in 500 Jahren Gültigkeit ten an Beerdigungen aufeinander. mousinen öffnen, karrt der Gärtner Weg direkt zum West Wing, zum Weissen Haus einen Barbier. Als er in haben und in Geschichtsbüchern Sie fotografieren Barack Obama seit Dass aber der eine dem anderen sein seine Ausrüstung rein. Die Nacht Flügel im Weissen Haus, wo gearbei Pension ging, wurde er nicht ersetzt. erscheinen. seiner Wahl zum Senator 2004. Also Smartphone in die Hände drückt und schicht des Secret Service geht nach tet wird. Hier befindet sich das Büro Geblieben ist der Spiegel. bereits vor seiner Präsidentschaft. ihn bittet, ihn zu fotografieren, ist Hause. Und die im Weissen Haus von Fotograf Pete Souza, 61. Seine Und keine einzige Ihrer Aufnahmen Wie hat er sich als «Objekt» verän- doch eher ungewöhnlich. Der Klub tätigen Korrespondenten treffen ein. Fotos zieren die Wände in den Flu Was von Ihrer Zeit im Weissen Haus darf gelöscht werden. Richtig? dert? der ehemaligen Präsidenten ist ja Am X-Ray-Gerät zeigt sich, wer Rou ren. Allgegenwärtig sein «Chef»: bleiben wird, sind über zwei Millionen So ist es. Das Gesetz, die Presidential Abgesehen von den grauen Haaren? ziemlich exklusiv, es gibt nur 43 da tine hat: Man grüsst sich mit Vorna Barack Obama, 54, mit Staatsober Fotos. Records Act, schreibt dem Präsiden Einzig, dass er sich an jemanden ge von. Das sind die Momente, die mir men, stellt den Kaffee im Pappbe häuptern, Obama mit seiner Familie, Das ist eine Hochrechnung. Im ten und dem Vizepräsidenten der wöhnen musste, der ihn ständig fo zeigen, dass mein Job ein Privileg ist. cher auf den Tisch rechts, legt mit Obama mit Kindern. In Pete Souzas Schnitt schiesse ich 250 000 Aufnah USA vor, dass jede Korrespondenz tografiert. Für die «Chicago Tribune» Mit der Herausforderung: Sei immer der Linken die Tasche aufs Band und Büro hingegen hängt ein giganti men pro Jahr. archiviert und für die Nachwelt auf habe ich ihn in seinem ersten Jahr im parat für das Unerwartete. passiert mit dem Badge in der Hand scher Spiegel. gehoben werden muss. Jede meiner Senat dokumentiert. So lernten wir 6 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 7
COVER Ein Job, der viele Entbehrungen mit Am 21. Januar 2017. Bis dahin überle sich bringt. Wann vermissen Sie Ihr gen aber die Anwälte, wie der Über normales Leben? trag vonstatten gehen soll. Der mo (Lacht) Das ist der einzige Nachteil mentane Inhalt gehört in die National dieses Jobs. Er beeinträchtigt mein Archives. Und ich will meinen Na Leben sehr. Aber das trifft auf jeden men, meinen Account behalten. zu, der im Weissen Haus arbeitet. Das Privatleben steht still. Doch ich kann Trotzdem, etwas Persönliches erfährt und will mich nicht beklagen – aber man bereits jetzt über Sie: Sie mögen fragen Sie mal meine Frau! Bo lieber als Sunny! Erwischt! Bo ist mein Bestie. Bo war Wie regelmässig sehen Sie sich denn? der erste Hund der Obamas hier im Im Vergleich zu meinem Job bei der Weissen Haus. Sunny folgte ein Jahr «Chicago Tribune» bin ich mehr Näch später. Ich hatte halt einfach mehr te zu Hause. Die längsten Reisen mit Zeit, Bo kennenzulernen. Ausserdem dem Präsidenten dauern etwa zehn ist er zugänglicher und lässt sich Tage. Aber hier ist nichts planbar. lieber fotografieren. Unser Interview ist der Beweis dafür. Wann fragten Sie das erste Mal an – vor Was für eine Beziehung haben Sie einem halben Jahr? Ich bin 24 Stun zum Präsidenten? den, sieben Tage die Woche auf Abruf. Der Präsident und ich haben eine professionelle Beziehung. Er kennt Man erzählte mir, Sie hatten in acht mich sehr gut und neckt mich oft. Jahren dreimal eine Woche Ferien. Ja, aber ich ging nie weit weg. Das Und was denkt er über Ihre Fotos? Weiteste war Michigan (circa einein Geht er durchs Weisse Haus, bleibt er halb Flugstunden von Washington vor zwei Arten von Fotos stehen: vor entfernt; Anm. d. Red.). Sogar dort jenen, auf denen er mit Kindern von war ich nervös. Mitarbeitern oder Besuchern zu se hen ist, und vor Bildern seiner eige In Jeans und T-Shirt ins Büro zu nen Kinder. Ich durfte grossartige Washington, 1. Mai 2011. Der Präsident verfolgt mit seinen Beratern am Videoscreen die Tötung von Osama bin Laden. Ein Kriegsbild kommen, ist wohl auch ein zu hohes Momente von ihm mit Kindern fest ohne Krieg, in welchem die Mächtigsten selbst nur Zuschauer sind. Risiko? halten. Und ich durfte miterleben, Am 1. Mai 2011 fotografierten Sie Auf dem Weg Alles eine Frage der Organisation. wie seine beiden Töchter grösser Obama und dessen Berater, wie sie nach oben: Barack Wenn ich komme, trage ich Jeans. wurden. Wer die Bilder sieht, erlebt am Videoscreen die Tötung von Obama als Senator Gleich im Raum hinter mir hängen das Heranwachsen von Malia und Osama Bin Laden verfolgen. Wussten auf den Stufen acht Anzüge und diverse Krawatten. Sasha nochmals. Stellen Sie sich vor, Sie damals, was Sie erwarten würde, zum Kapitol in Wa- Leider herrscht ein heilloses Durch Sie gehen durch Ihr Haus und sehen als Sie den Situation Room betraten? shington. Dieses einander. Aber sobald ich zum Präsi die Bilder Ihrer Kinder an den Wän Ja, ich wusste, was kommen würde. Bild von Pete Sou- denten hochgehe, bin ich ordnungs den. Diese Fotos ziehen ihn immer Das war kein unerwarteter Moment. za aus dem Jahre gemäss gekleidet. Ich freue mich auf wieder an. Es war eine Szene, die sich über 45 2005 ziert auch unsere Reisen im Oktober, um Hilla Minuten hinzog. Hier war die Her das Cover seines ry Clinton im Wahlkampf zu unter Sie sagen, er neckt Sie oft. Wie denn? ausforderung, das festzuhalten, was Bildbandes «The stützen. Dann, wenn mein Chef kein (Lacht) Mit eigentlich allem. Er vor sich ging, und dabei so leise zu Rise Of Barack Jackett und keine Krawatte trägt, gilt macht sich lustig über die Tatsache, sein, um das, was sie beobachteten, Obama». «White House casual» für alle. dass ich älter bin als er. Selbstver nicht zu stören. ständlich halte ich dagegen, meine Als @petesouza sind Sie erfolgreich Haare seien nicht so grau wie seine. Gibt es Augenblicke, in denen Sie aktiv auf Instagram. Werden wir je ein Aber ich stecke mehr ein, als ich keinen Zugang haben? Selfie von Ihnen in der Air Force One austeile – schliesslich ist er der Präsi Verlässt der Präsident seine Privat zu sehen bekommen? dent der Vereinigten Staaten. Und räume, bin ich an seiner Seite – bis er Nie! Auf meinem Account (über 1800 wenn sich auf einer Reise eine Grup sich wieder zurückzieht. Restriktio Bilder; Anm. d. Red.) gibt es eine pe um ihn herum für ein Bild bereit nen habe ich keine. Bilder, die den einzige Aufnahme, auf der ich zu macht, dann ist es jeweils mein Chef, Präsidenten privat mit seiner Familie sehen bin. Aber man muss sehr ge der ruft: «Pete, hast du das Bild, hast zeigen, entstehen nach Absprache nau hinschauen, um mich zu erken du abgedrückt?» Selbstverständlich mit ihm und der First Lady Michelle nen. Ich kann nicht verstehen, dass ist das Bild, bevor er fragt, bereits im Obama. Die Obamas entscheiden, es Leute gibt, die es an einer Veran Kasten. Aber tatsächlich ist mein Job welche Familien-Aktivitäten ich für staltung bevorzugen, dem Präsiden wesentlich einfacher mit jemandem, sie fotografieren darf. Der Secret ten für ein Selfie den Rücken zuzu der weiss, was seine Rolle ist. Service begleitet den Präsidenten kehren. Dabei hätten sie doch die immer, das kann er nicht ändern. Wie Chance, ihm in die Augen zu schauen Ist es mit ein Grund, warum Barack viel Zugang der Fotograf hat, obliegt und die Hand zu schütteln! Und das Obama auf Ihren Bildern so persön- aber ihm. Es war meine Bedingung, sage ich als Fotograf. lich wirkt? vollen Zugang zu haben, bevor ich Viele Leute schielen nach einer Ka diesen Job annahm. Obama hätte Wann wird Ihr Instagram Account mera, wenn sie wissen, dass sie foto Washington, 20. Januar 2009. Ein Schnappschuss aus dem Warenlift. Die zärtliche Geste des ersten schwarzen Präsidentenpaares Nein sagen können, was er nicht tat. persönlich? grafiert werden, und fühlen sich am Abend der Amtseinführung geht ans Herz. Alle Anwesenden schauen diskret weg – ausser Pete Souza. 8 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 9
COVER 1 2 3 1 Die beliebteste Unterhaltung bei Sport- veranstaltungen in Amerika, die «Kiss Cam», fordert 2012 das US-Präsiden- tenpaar zum Küssen auf. Und es kommt dieser Einladung nur zu gerne nach. 2 Lässigkeit im Oval Office: Obama sitzt auf seinem Schreibtisch und lässt die Beine baumeln. 3 Der Präsident gilt als ehrgeiziger Basketballspieler. Auf dem Platz beim Weissen Haus zeigt er im Match mit Kon- gressmitgliedern vollen Körpereinsatz. 4 5 6 4 Eines der Lieblingsbilder von Obama aus dem Jahr 2012: Der kleine Spider- Man schaut an Halloween beim grossen Spinnenmann-Fan im Oval Office vorbei. 5 Im Anschluss an eine Sitzung zum The- ma Gesundheitswesen beisst Obama im Kroger Supermarket in Bristol (Virginia) herzhaft in eine Nektarine. 6 First Dog «Bo» ist gerade mal sechs Monate alt, als er mit Herrchen Obama über den Rasen des Weissen Hauses tollt. 7 8 9 7 Na, das waren dann doch ein paar Bur- ger zu viel, Marvin Nicholson, oder? Als der Reiseverantwortliche des Präsidenten in der Umkleidekabine der University of Texas auf die Waage tritt, hilft Obama dem Zeiger noch etwas weiter nach oben. 8 Ihn kann kein Wässerchen trüben: Der Präsident 2012 während einer Rede im Regen in Virginia. Gleich zu Beginn entschuldigt er sich bei den weibli- chen Anwesenden für deren zerstörte Frisuren. 9 Die kleine Ella im Elefanten-Kostüm ist selbst für den Präsidenten zu süss – und haut ihn buchstäblich von den Füssen. Die Tochter seines Sicherheitsbeauf- tragten schafft dies übrigens ein zweites Mal – als sie vor dem Resolute Desk im Oval Office auf dem Teppich krabbelt, schliesst sich Obama ihr an. 10 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 11
COVER mich, dass ich eine letzte Chance habe, dieses Licht einzufangen. Wird Ihnen das Weisse Haus fehlen? Sie haben hier im Rosengarten sogar geheiratet. Ich werde die Menschen vermissen. Es ist eine sehr familiäre Atmosphä re. Aber ich werde es nicht vermis sen, jeden Tag hierherkommen zu müssen. Es gibt da draussen noch ein anderes Leben für mich. Was werden Sie tun? Ich weiss es noch nicht. Sicher weiter fotografieren, eventuell unterrichten. Wenn Sie sich Ihre Bilder der vergangenen acht Jahre anschauen, Allein und unerkannt – beides ist heute für den Präsidenten undenkbar. Dieses Bild was sagen diese Bilder über Sie zeigt Senator Obama 2005 in den Strassen Moskaus. Ein Bild von Pete Souza damals persönlich aus? Über Ihre Entwick- für die «Chicago Tribune». lung als Fotograf? Es gibt einen Mann, der inspiriert und fasziniert mich. Es ist dieser hier (zeigt auf ein Bild von Bruce Spring steen an der Wand hinter ihm). Er ist 67 und spielt noch immer vierstün dige Rockkonzerte. Ich war in den Fünfzigern, als ich diesen Job an nahm. Und ich durfte zeigen, dass man in meinem Alter ein guter Foto graf sein kann. Ehrlich, ich hatte im Vorfeld Bedenken. Es ist ein schwie riger Job, der Ausdauer verlangt. Doch ich bin heute der intelligentere Fotograf, als ich es mit 30 Jahren war. Und ich denke, ich habe es geschafft, meinem Auftrag, die Amtszeit von Barack Obama historisch zu doku mentieren, ein künstlerisches Flair zu gegeben. Das war mein Ziel. «Touch it, dude!» Dieser Aufforderung kann der fünfjährige Jacob nicht widerstehen Wie stehts um das Ziel, Ihr Gitarren- und streicht dem Präsidenten übers Haar. Und erhält so die Antwort auf seine Frage, spiel voranzutreiben? ob sich das Haar von Barack Obama gleich anfühlt wie seines. Jacob ist der Sohn eines Woher wissen Sie das denn? Leider Mitarbeiters des Weissen Hauses. hat man Ihnen verschwiegen, dass ich zwar als Sechsjähriger mit Gitar respielen angefangen habe – leider unwohl. Nicht Barack Obama. Die Haare des Präsidenten gleich anfüh aber nie viel besser geworden bin. Kamera hat keinerlei Wirkung auf len wie seine. Dieses Bild ist in seiner Ein paar Akkorde beherrsche ich ihn. Das war schon vor seiner Präsi Aussage ganz klar. Aber das hat ein recht gut, das wars dann aber. dentschaft so. Bilder wie damals, als zig mit Obama zu tun. Und ich habe er unerkannt über den Roten Platz in das Glück, ihn fotografieren zu dür Dann doch eher Tourfotograf als Moskau schlendert, werden nie mehr fen. Wenn er es dem Jungen nicht Gitarrist von Bruce Springsteen? möglich sein. Denn heute ist Barack erlaubt hätte, gäbe es dieses Bild Das würde ich mir auf jeden Fall Obama wohl der meistfotografierte nicht. Also sagt das Bild mehr über überlegen. Eine ganze Tour wäre mir Mensch der Welt. Und obwohl es den Menschen Obama aus als über wohl zu viel. Aber so zehn Shows immer heisst, Muhammad Ali sei der mich als Fotografen. würden mich sehr reizen. Bekannteste, denke ich, dass das mittlerweile Obama ist. Trotzdem, Wann ist das Licht im Oval Office Und mit dem Gesangstalent, das der die Kamera kümmert ihn noch im eigentlich am schönsten? Präsident offenbar hat, könnten sich mer nicht. Meine Bilder zeigen einen Im Winter. Dann steht die Sonne tief, Ihre Wege gar auf einer Showbühne zugänglichen Präsidenten. die Bäume tragen keine Blätter mehr. wieder kreuzen? Das Licht fällt direkt ins Oval Office. Bettina Bono für (Lacht) Er könnte problemlos als Wie das vom kleinen Jungen, der dem Von November bis Januar ändert sich DOMO auf Besuch Gaststar einen Al-Green-Song über Präsidenten ins Haar fasst? die Intensität des Lichtes tagsüber. bei Pete Souza im nehmen – und ich würde ihn dabei «Hey, du hast da was», scheint Malia ihrem Vater zu sagen und wischt ihm etwas aus dem Gesicht. Beobachter dieses herzlichen Der Kleine wollte wissen, ob sich die Bald ist es wieder so weit. Ich freue Weissen Haus. bestimmt fotografieren. Moments an einem Nachmittag im Februar 2015 im Oval Office ist Pete Souza. 12 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 13
US-WAHLKAMPF Ganz nah dran Die US-Präsidentschaftswahlen sind das aufregendste Ereignis des Jahres. Ringier- Journalisten erleben es aus nächster Nähe. Text: Peter Hossli Fotos: Stefan Falke D er Fotograf packt mich am Arm. Schlecht und wenig geschlafen hat er. Wach hielten ihn Bettwanzen, Konfetti mit Hillary Clinton (68) erst- mals eine Frau als Kandidatin fürs höchste Amt im Land. im überteuerten, aber herunterge- Eine Woche zuvor kürten die Re- kommenen Hotel am Stadtrand von publikaner in Cleveland, Ohio, den Philadelphia. Nun ist ihm heiss. Es New Yorker Tycoon Donald Trump geht weder vor- noch rückwärts. Vor (70) zu ihrem Kandidaten. Ebenfalls jedem Eingang zur Halle harrt ein mit Rock, Ballonen und Konfetti und Bodyguard mit dickem Hals und fast so vielen Menschen. dunkler Brille. «No», sagen sie alle. Es sind die beiden lautesten Mo- Nein, hier kommt keiner mehr rein. mente eines lauten und sehr teuren «Du», sagt Stefan, der Fotograf, der Spektakels, das sich alle vier Jahre hinter mir geht, kein Bild machen wiederholt: die Präsidentschaftswah- kann, weil er umzingelt ist von Men- len der USA. Je eine Milliarde Dollar schen, die er nicht fotografieren will, geben die Demokraten und die Repu- der mich am Arm hält, «nie wieder blikaner für den Wahlkampf aus. machen wir das». Ich schaue zurück. Er beginnt mit Spekulationen über «Nein, nie wieder.» Journalismus ist mögliche Kandidaten. Mal pompöser, unmöglich, wenn einem Bodyguards mal armseliger künden sie ihre Kan- die Wege dorthin versperren, wo das didaturen an. Sie sammeln Geld für passiert, das man zeigen sollte. die Vorwahlen. Und geben dann auf, Auf der Bühne spricht gerade US- wenn ihre Werte bei den Umfragen Präsident Barack Obama (54). Schief- mies oder die Kassen leer sind. Zuletzt gehen darf da nichts, wissen Body- bleiben zwei übrig, heuer eben die guards. Wir müssen auf die Tribüne. Demokratin Clinton und der Republi- Es ist Wahlkampf in Amerika, und kaner Trump. das ist wahrlich ein Kampf. Für die Kandidaten wie für die vielen Repor- Reportage ohne Filter Vor allem Hass ter, die ihnen nachstellen. Die Medien schauen früh und immer gegen Hillary Über 15 000 Journalisten zwängen hin. Nie so intensiv wie während den Clinton: Impres sich in die Wells Fargo Arena in Phil- Parteitagen. Der Weg dorthin ist für sionen vom adelphia, nochmals so viele Delegier- Reporter lange. Er beginnt im Januar. Parteikonvent der te, Politikerinnen und Helfer – und Videojournalistin, Fotograf und A utor Republikaner in eben Bodyguards. Es ist Ende Juli, die der Blick-Gruppe melden sich bei Cleveland. Alle Demokraten halten hier i hren Partei- verschiedenen Stellen an. Die Veran- Fotos entstanden konvent ab, nominieren zu satter stalter weisen ihnen Hotelzimmer zu. mit dem iPhone. Rockmusik, fallenden Ballonen und Zuletzt überprüfen noch Beamte 14 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 15
US-WAHLKAMPF des Secret Service jede Anmeldung, lange nach Mitternacht. Vor- und hüller Carl Bernstein (72), den hollän- also jene Bundespolizisten, die sonst nachmittags treffen wir in Cleveland dischen Rechtspopulisten Geert Wil- Leib und Leben des Präsidenten Töfffahrer, die Trump schützen; ders (52). Senator Carl Levin (82) schützen. Bis in der Woche vor dem Waffen narren, die Clinton ins Ge- erzählt, wie er das Schweizer Bank- Start des ersten Konvents in Cleve- fängnis stecken wollen; Demonstran- geheimnis zu Fall brachte. land ist noch unklar, ob es wirklich ten, die Trump verteufeln. Ohnehin Wer viel arbeitet, muss Spass ha- klappt mit dem Akkreditieren. Dann schlafen wir kaum, zumal in Phila- ben. Wir testen für ein Video die Fan- der Entscheid: Angenommen. Aber: delphia uns die Bettwanzen die Ruhe Artikel von Hillary und Trump, die Die Akkreditierungen müssen zu rauben. Mützen und Leibchen, Poster, Tassen einer fixen Stunde abgeholt werden. Wir befragen republikanische und Schlüsselanhänger. Trump, so Wer das nicht schafft, verliert den Delegierte in Cleveland, was sie von das Verdikt, bietet seinen republika- Zugang. Donald Trump halten. Und lernen: Es nischen Anhängern eine grellere und Der journalistische Ansatz ist ist den meisten wichtiger, Hillary vielfältigere Auswahl. Wohingegen klar: Wir sind zu dritt vor Ort, berich- Clinton zu verhindern, als Trump ins sich Demokraten dezenter und edler ten über das, was wir selber sehen, Weisse Haus zu bringen. kleiden. Pikantes Detail: Viele hören, erleben, gehen so nahe ran Wir befragen demokratische Frau- Trump-Souvenirs sind in Asien und wie möglich, berichten ohne Filter. en in Philadelphia, wie wichtig es Lateinamerika fabriziert – obwohl Dabei gilt es alle vier Blick-Kanäle denn sei, dass nun erstmals eine Frau Trump doch verspricht, die Arbeits- zu bedienen. Was bei sechs Stunden als Kandidatin nominiert wird – und plätze aus China und Mexiko zurück Zeitdifferenz zwischen Ort der Ereig- lernen, dass vor allem die älteren in die USA zu bringen. nisse und der Schweiz nicht ganz Frauen stolz darauf sind, die jüngeren Vier Tage feiern sich die Republi kaner bei Hummer und Zigarren in Cleveland. Rund 300 Millionen Dollar bringt der Parteikonvent der Stadt. Zehn Minuten von der Arena entfernt finden wir East Cleveland, eine der ärmsten und gefährlichsten Gegen- den der USA. Fast jeder Einwohner ist schwarz. Das durchschnittliche Jah- reseinkommen liegt bei 12 600 Dollar. Häuser zerfallen, Autos verrosten. Ein Barbier erzählt uns, dass kein müder Cent der Republikaner zu ih- nen fliesse: eine perfekte Geschichte, um Amerika ausserhalb der Arena zu schildern. Es ist Donnerstag. Noch fehlt et- was für Sonntag. Eine Stunde von Cleveland entfernt liegt Warren, die Hauptstadt jenes Bezirks in Ohio mit der höchsten Anteil an Trump-Wäh- lern in den Vorwahlen. Noch vor vier Jahren gewann hier Obama – es ist dieser perfekte kleine Ort für Reporter, um zu zeigen, warum Trump so viele Stimmen holt. einfach ist. Zumal am Parteikonvent aber Hillary nicht für die richtige Frau Videojournalistin Late Night Snack jeweils weit nach Redaktionsschluss halten. Stephanie Seliner Donnerstagnacht in Philadelphia, das passiert, was wirklich packt – der filmt Peter Hossli eigentlich schon Freitagmorgen. Die skurrile Auftritt von Trump-Gattin Perfekte Politik-Shows bei einem letzten Ballone fallen. Satter Rock Melania (46), der eloquente Nachruf Die Parteitage? Es sind perfekte Poli- Kommentar. tönt aus den Lautsprechern. Eine auf die eigene Amtszeit von Präsident tik-Shows. Die Präsidenten Clinton letzte Einschätzung auf Video, ein Barack Obama, die Liebeserklärung und Obama reden bei den Demokra- letzter Text, dann geht es zu Fuss von Bill Clinton (70) an Hillary. Die ten, ein dritter, Jimmy Carter (91), rund drei Kilometer zum Hotel. Die Tageszeitung aber soll doch a ktuell meldet sich per Video. Mit den Hän- Arbeit ist gemacht, der Hunger sein, hintergründig, überraschend – den greifen lässt sich die aufgekratz- kommt. Zeit zu essen, blieb in den und sich vom Meer der Nachrichten te Stimmung im Saal. Feste Plätze letzten 14 Tagen wenig. Morgens um abheben. Genau wie der Sonntags- haben die Reporter nur auf der Tribü- 3 sitzen wir bei Hamburgern und Blick, der mit latent aktuellen Repor- ne. Um in den Saal zu gelangen, Pommes bei Checkers. Es duftet nach tagen brillieren soll. braucht es eine spezielle Bewilligung. schlechtem Frittier-Öl, wirkt wie in Es gibt nur eine Möglichkeit: na- Gültig: eine Stunde. Wer sie bis dann einem Gemälde von Edward Hopper. hezu rund um die Uhr zu produzie- nicht zurückbringt, verliert den Zu- Ja, es war toll, intensiv zu arbei- ren, abends Reden zu hören, darüber gang zur Halle. ten, ungefiltert Politik zu konsumie- zu schreiben. Stefan Falke fotogra- Der Aufwand lohnt sich. Im Saal ren. Dann fällt der Satz: «Vielleicht fiert, Stephanie Seliner dreht Videos. trifft man zum kurzen Schwatz und gehen wir in vier Jahren wieder hin. Mehr Optimismus als Hass: Impressionen vom Parteikonvent der Demokraten in Philadelphia. Rechts unten: Videojournalistin Stephanie Seliner, Jeder Tag beginnt früh und endet zum Interview: den Watergate-Ent- Vielleicht.» Autor Peter Hossli und Fotograf Stefan Falke mit ihrer Akkreditierung (v.l.). 16 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 17
INTERVIEW Anwalt Schertz! Geht es um Berichte über Prominente, sollten Journalisten es sich mit ihm nicht verscherzen. Böse Zungen nennen den Medienanwalt «Zensur-Taliban». Dabei kämpft Christian Schertz nur für die Privat- sphäre seiner Klienten und gegen unwahre Aussagen – nicht nur in der Boulevardpresse. Interview: René Haenig Fotos: Olaf Blecker Herr Schertz, wie sah Ihr Zimmer aus, Ja, aber nicht mehr mit 14. Da ver- über Personen oder Unternehmen Es gibt die Unterteilung in absolute Zeit in der Öffentlichkeit stehen. Die, Christian Schertz Wie weit geht das Informationsrecht als Sie 14 Jahre alt waren? schlang ich Bücher über die Beatles: vor oder gegen Verletzungen der Pri- Personen der Zeitgeschichte und re- die wirklich eine zeitgeschichtliche bei der Zeitungs- der Öffentlichkeit? Christian Schertz: Ein typisches Ju- Wo waren sie im Studio? Wer schrieb vat- und Intimsphäre. Ich setze nur lative – solche, die kurze Zeit durch Relevanz haben, sind überschaubar. lektüre im Büro. Das ist ein Abwägen zwischen Infor- gendzimmer – dazu eine Gitarre, po- welchen Song? Wovon war er inspi- durch, was jedem Individuum zu- einen Schicksalsschlag oder ein Er- Gilt das auch für Politiker? Die Anwaltskanzlei mations- und Pressefreiheit sowie litische Plakate wie «Frieden schaf- riert? Wobei ich natürlich auch das steht. Wer hier von Zensur spricht, eignis in den öffentlichen Blickwin- Politiker müssen mehr hinnehmen Schertz Bergmann dem Persönlichkeitsrecht des Einzel- fen ohne Waffen» an der Wand und Bedürfnis hatte, mehr über die Perso- hat den Begriff nicht verstanden und kel geraten. Zu ersteren zählt, wer als Sänger, Moderatoren oder Sport- residiert am nen. Ich formuliere es mal so: Die Öf- Poster von den Beatles ... nen dahinter zu erfahren. verharmlost das Schicksal von Perso- durch sportliche oder künstlerische ler. Sie verwalten Interessen des Vol- Berliner Kurfürs- fentlichkeit hat ein Interesse daran, ... aus dem Jugendmagazin «Bravo»? Heute verhindern Sie Berichterstat- nen, die unter Diktaturen darunter Leistungen oder durch eine politi- kes und müssen sich harte Fragen tendamm und zählt informiert zu werden über politische Nein. Aus dem «White Album» der tung über Prominente und haben den leiden. sche Funktion in den Köpfen der gefallen lassen – und mehr Eingriffe zu den Top 3 der Dinge, auch über das Schaffen von Beatles. Ruf eines «Zensur-Taliban». Wann ist jemand überhaupt eine Menschen bleibt. Nicht dazu zählen in ihre Persönlichkeitsrechte als ein deutschen Presse- Stars, aber es gibt Grenzen. Aber «Bravo» haben Sie gelesen? Ich gehe nur gegen unwahre Berichte Person des öffentlichen Lebens? C- oder D-Promis, die eine gewisse «normaler» Promi hinnehmen. rechtskanzleien. Die wo beginnen? 18 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 19
INTERVIEW Bei der Privatsphäre. Die ist grund- vardmedien, ob sie der Verrohung im richte zu ihrer Krebserkrankung ins sätzlich auch für Prominente ge- Netz hinterherschreiben wollen oder Netz stellen. Viele Menschen geben schützt. Es gibt weder ein Recht auf ob sie nicht lieber positive Geschich- alles von sich preis und sind sich Sensationsgier noch darauf, durchs ten bieten, bei denen sie Promis nicht nicht bewusst, dass sie ihren Rechts- Schlüsselloch gucken zu dürfen. Die vorführen. Zudem brauchen People- schutz faktisch verlieren und einen Gerichte haben immer wieder klarge- Magazine Prominente mehr als um- Sachverhalt schaffen, den sie nie wie- macht, dass berühmte Personen eine gekehrt, da diese inzwischen eigene der rückgängig machen können. Berichterstattung über ihr Auftreten Kanäle wie Instagram & Co. haben, Sie sprechen offenbar aus Erfahrung? und ihre Arbeit oder Leistung dulden um sich mitzuteilen. Ich hatte tragische Fälle, wo alles, müssen. Nicht aber darüber, wie ihre Wer sucht wann Ihren Rat als was Leute im Netz erzählten, ihnen familiären Verhältnisse sind oder wie Medienanwalt – und warum? später auf die Füsse fiel. Es sind Fälle und wo wer mit wem wohnt. Vor al- Der späteste Zeitpunkt ist, wenn ir- von Suizid bekannt, gerade unter lem, wenn man diese Dinge nicht gendwo eine Schlagzeile prangt, die Schülern. Deshalb warne ich in Vorle- selbst preisgibt. eine Rechtsverletzung beinhaltet. sungen Jugendliche und Studenten Was manche Prominente jedoch tun. Wir werden aber in vielen Fällen im davor, im Netz allzu viel Persönliches Vor allem B- und C-Promis, die oft Vorfeld beauftragt, etwa weil jemand preiszugeben. durch Vermarktung ihrer Privatsphä- krank ist, vom Partner getrennt oder Nutzen Sie selbst soziale Medien wie re bekannt werden. Ein A-Promi, der ein Vorwurf erhoben wurde. Dinge, Facebook, Twitter & Co.? die Tür zu Privatem verschlossen die möglicherweise öffentlich wer- Ich habe mich mal bei Facebook an- hält, keine Homestorys und derglei- den und zu einer Beschädigung oder gemeldet, um es mir anzuschauen chen macht, muss Eingriffe in seine einem Rechtsverlust führen könnten. und für ein Buch zu recherchieren. Privatsphäre nicht dulden. Das gilt Können Sie ein Beispiel nennen? Inzwischen bin ich wieder abgemel- für sein Haus oder Grundstück und Ja. Wenn ein Prominenter schlimm det, ich empfand es auch als einen auch, wenn er essen geht, egal in wel- erkrankt und für den Heilungspro- unfassbaren sozialen Stress. Einen cher Begleitung. zess mediale Ruhe benötigt. Wenn Twitter-Account haben wir als Kanz- Teilweise liest man als Journalist von dann auch noch die Boulevardmedi- lei, nutzen ihn aber zurückhaltend. Ihnen, noch ehe man begonnen hat zu en hinterherhecheln, wie das nach «Bild», «Bunte» oder «Gala» lesen Sie schreiben? Michael Schumachers Skiunfall zu nur aus beruflichen Gründen? Richtig! Wir haben ein Instrument, beobachten war, – wobei ich da nicht Auszugsweise lese ich sie auch, um das sich presserechtliches Informati- anwaltlich involviert war – ist das so- zu sehen, wie eine Zeitung gerade onsschreiben nennt. Das dient der wohl physisch als auch psychisch ein Thema öffentlich begleitet. Das Information bestimmter Medien, kontraproduktiv. In solchen Fällen ist zwar keine Fachlektüre, aber dass ein Bericht, der in einer Zeitung sprechen wir mit Ärzten und Kran- Material, mit dem ich arbeite. oder einem TV-Beitrag erschienen kenhauspersonal darüber, wie sie Ist der Anspruch auf das «Recht am und rechtswidrig ist, nicht übernom- reagieren, wenn sich Medien melden. eigenen Bild» in Zeiten von Leser- men werden darf. Eine Art Früh- Oft finden auch Hintergrundgesprä- Reportern mit Handykameras, warnsystem, mit dem wir Erst- che mit Chefredaktoren statt. Facebook und Internet noch gegeben? Schlagzeilen im Keim ersticken. Haben Sie schon prominente Mandan- Gerade wegen dieser Entwicklung Mögen Sie eigentlich Journalisten? ten abgelehnt? mehr denn je. Heute kann jeder jeden Ich finde Medien wichtig, und es Ja! Ich übernehme so gut wie keine heimlich fotografieren oder filmen braucht unbedingt investigativen Fälle, wo jemand nach dem Medien- I hnen nicht gelungen ist, deren und das sofort weltweit verbreiten. Journalismus, der Missstände in Po- anwalt schreit, der jahrelang seine HIV-Erkrankung aus den Medien Persönlich Und nur weil es faktisch extrem viele litik und Wirtschaft aufdeckt. Nur Christian Schertz, Privatsphäre vermarktet, alle Medien herauszuhalten, weil die Staatsanwalt- Rechtsverletzungen diesbezüglich Christian Schertz zählt seit Jahren zu den renommiertesten Medienrechtlern in Deutschland, lehrt als wundere ich mich häufig, dass man 50, entstammt zu sich nach Hause eingeladen und schaft selbst der Meinung war, gibt, darf man nicht davon ausgehen, Honorarprofessor an der Technischen Universität Dresden und ist immer wieder Gast in politischen sich in dem Beruf mit dem Tun ande- einem alten damit sein Geld verdient hat. Presseerklärungen abgeben zu dass es hinzunehmen ist. Talkshows. Seine Kanzlei am Berliner Kurfürstendamm gründete er zusammen mit Simon Bergmann vor elf rer beschäftigt, mit dem Ziel nur run- Berliner Juristen- Gibt es Situationen, in denen Sie durch müssen? Mussten Sie schon in eigener Sache Jahren. Heute beschäftigen die beiden sieben Anwälte. Schertz vertritt den Satiriker Jan Böhmermann terzuschreiben und zu kritisieren. clan. Sein Vater die Decke gehen könnten, weil sich Ich bin bis heute fassungslos. Leider derzeit gegen den türkischen Präsidenten Erdogan. Böhmermann veräppelte zuvor in seiner TV-Show «Neo gegen Medien vorgehen? Diese Tendenz sowie die Meinung, war Richter und Mandanten nicht an Ihren Rat halten? ist immer wieder festzustellen, dass Magazin Royale» seinen Anwalt, indem er einen Kleinwüchsigen als «Scherz-Anwalt Dr. Christian Witz» Vielfach – weil auch schon über mich dass nur ein kritischer Journalist ein Polizeipräsident Es kam schon vor, dass ich am Wo- Ermittlungsbehörden Medien Details auftreten liess. Schertz selbst nimmt diese Persiflage als Kompliment. Unwahrheiten verbreitet oder meine guter Journalist ist, finde ich gerade von Berlin. In chenende an der Tankstelle Schlag- und Intimitäten kundtun und damit Privatsphäre verletzt wurde. heute gefährlich für den gesellschaft- seiner Jugend zeilen lesen musste, wo ein Mandant nicht selten zu einer Vorverurteilung Apropos Privates: Sie und die Eiskunst- lichen Zusammenhalt. spielt Schertz in entgegen meinem Rat in einem Ex- beitragen. Wobei in jüngster Zeit ein lauf-Legende Katharina Witt sollen ein Glauben Sie, dass sich das je zum einer Rockband klusivinterview mit der Presse über Umdenken stattfindet. Paar sein. Besseren ändern wird? Gitarre. Er studiert sein Privatleben geredet hat. Wie ist es aus Ihrer Erfahrung grund- Sie glauben nicht ernsthaft, dass ich Das hat es schon. Die Art, wie «Bild» in Rechtswissen- Nehmen Sie als Mensch Anteil an der sätzlich in unserer Gesellschaft um die Mandanten empfehle, sich nicht zu den 1990er-Jahren und Anfang dieses schaften in Berlin Blossstellung Ihrer Mandanten? Privatsphäre bestellt? ihrem Privatleben zu äussern, und es Jahrtausends berichtete und Persön- und München, Einige Leute kommen wegen schwe- Ich glaube, die Privatsphäre ist nach dann selbst tue – unabhängig davon, lichkeitsrechte verletzte, stelle ich heu- absolviert sein rer Schicksalsschläge zu mir oder wie vor unbedingt schützenswert. ob die Mutmassungen richtig sind. te so nicht mehr fest. Das gilt auch für Referendariat in weil sie Angst haben vor öffentlicher Aber durch Facebook hat sich viel Insofern: Nice try! Fotos: Getty Images (3), Handout die «Bunte», die von «Vorführungsge- New York und Vorführung. Da bringt es nichts, als verändert. Mark Zuckerberg erkann- Zum Schluss: Sie sagten mal in einem schichten» und schweren Eingriffen in arbeitet unter Anwalt mitzuweinen, sondern zu te, dass es das Bedürfnis der Men- Interview, dass Sie die Zehn Gebote die Privatsphäre immer mehr Abstand anderem für den helfen und zu schützen. Aber es gibt schen gibt, öffentlich stattzufinden. nicht immer einhalten. Mit welchem genommen hat. Rundfunksender immer wieder Fälle, die mich emoti- Daraus hat er ein Milliardengeschäft Gebot haben Sie am meisten Mühe? Haben Sie dafür eine Erklärung? RIAS Berlin. onal mitnehmen, weil sie tragisch gemacht – mit der Folge, dass Millio- Mit «Du sollst den Feiertag heiligen». Das mag mit der Verrohung im Inter- Privat sammelt sind oder ich es nicht schaffe, sie aus nen permanent alles Mögliche von Weil ich an diesen Tagen oftmals net zu tun haben und der damit ver- Schertz Foto- der Öffentlichkeit herauszuhalten. sich preis geben. Es geht sogar so Vertrauen auf Schertz’ Beistand als Anwalt (v. l.): Schwedens Prinzenpaar Carl Philip und Sofia, Satiriker Jan arbeite. Das bringt mein Job mit bundenen Frage für Premium-Boule- kunst. So wie im Fall einer Sängerin, wo es weit, dass Leute Untersuchungsbe- Böhmermann, Homeland-Star Claire Danes, oder Oscar-Preisträger Christoph Waltz. sich. 20 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 21
INTERVIEW – VIRTUAL REALITY «Plötzlich im Cockpit» Die Blick-Gruppe präsentiert ihre Apps für Virtual Reality. Projektleiter Sebastian Pfotenhauer ist vom Erfolg der Technologie überzeugt: «Wer die virtuelle Reali- tät zum ersten Mal erlebt, hat ein Erweckungserlebnis.» Interview: Alejandro Velert Foto: Geri Born Sebastian Pfotenhauer, die Technologie- Das ist die richtige Strategie. Das digitale aus jeder Perspektive, wortwörtlich. Branche verkündet mal wieder «The next Geschäft wird für Ringier immer wichtiger. Könnten Sie live von einem Katastrophenge- big thing» – das nächste grosse Ding. Dieses Deshalb müssen wir viel mehr Geschichten biet berichten? Ist das technisch möglich? Mal ist es Virtual Reality (VR). Ist das nicht und Produkte digital anbieten – und dabei Nein. Für ein gutes VR-Video brauchen wir nur ein neuer Hype? spielen Videos eine zentrale Rolle. Wir ha- derzeit noch eine kleine Vorlaufzeit. Eine Das ist weit mehr als nur ein Hype, das ist ben beim Blick unsere Video-Abrufe inner- Live-Berichterstattung vor Ort scheitert in meinen Augen die Videotechnologie der halb eines Jahres mehr als verdreifacht. auch an den enormen Datenmengen, die Zukunft. VR wird die Art und Weise, wie wir Doch die Konkurrenz schläft nicht. Also übertragen werden müssen. Bewegtbilder konsumieren, völlig verän- müssen wir immer einen Schritt schneller Was planen Sie für die Zukunft? dern. Das berühmte Holodeck aus dem sein, Trends frühzeitig wahrnehmen und «Blick VR» ist der Startschuss ins virtuelle Raumschiff Enterprise wird dank VR ir- ausprobieren – so wie bei Virtual Reality. Abenteuer. Wir werden berichten und das gendwann Realität werden. Wie gehen Sie und Ihr Team bei der Entwick- Thema intensiv begleiten, seit kurzem in Die TV-Serie Raumschiff Enterprise spielt lung vor? Es gibt ja keine Erfahrungswerte. einem eigenen Navigationsbereich bei allerdings in einer weit entfernten Zukunft. Nicht ganz. Dem Thema 360 Grad widmet Blick.ch. Und bereits 2017 möchten wir etwa Natürlich, die Technik steckt noch in den sich der Blick schon seit über sechs Jahren. Konzerte live in VR übertragen. Anfängen, aber die Entwicklung ist rasant Am Anfang als 360-Grad-Fotografie, seit Werden solche Dienstleistungen für die – und die fast schon kindliche Begeisterung anderthalb Jahren auch als Video. Die Er- User kostenpflichtig sein? ist bei jedem zu spüren, der sich zum ersten fahrung ist also da – vor allem in der Person Zunächst ist alles gratis. Langfristig sehe Mal eine VR-Brille aufsetzt. Plötzlich sitzt von Dominik Baumann, der ein weltweit ich VR als Möglichkeit, Paid Content im man in einem Flugzeug-Cockpit oder steht anerkannter Experte ist. Nur – und da haben digitalen Bereich durchzusetzen. Nehmen in der Sixtinischen Kapelle! Sie recht – auch Dominik und mit ihm unser wir ein Finale der Fussball-WM: Mit VR Was ist VR eigentlich genau, wie lässt sich Videoteam lernen jeden Tag dazu. Etwa bei kann der Zuschauer von seinem Sofa aus die Technologie umschreiben? der Frage, wie man am besten Geschichten das Spiel im Stadion erleben. Oder mit Ma- Im Grunde steckt dahinter nichts anderes in Virtual Reality erzählt. nuel Neuer im Tor stehen, wenn Ronaldo als die 3-D-Brille, die wir alle als Kinder Arbeiten Sie auch mit anderen Unterneh- einen Freistoss schiesst. Ich glaube fest genutzt haben. Das Geheimnis besteht men zusammen? daran, dass dafür viele Fans zahlen wür- darin, für jedes Auge ein eigenes Bild zu Der Austausch in diesem für alle noch sehr den. kreieren. Unser Gehirn macht daraus ein jungen Feld ist immens wichtig. Nur, wenn Welches sind die nächsten technischen Gesamtbild und erzeugt eine Art von Drei- wir mit anderen Unternehmen reden, kön- Hürden, die es zu überwinden gilt? dimensionalität. Zusätzlich haben wir bei nen wir Fehler vermeiden und von den Er- Wenn ein User in eine Richtung blickt oder unseren VR-Videos beim Blick – erzeugt fahrungen anderer profitieren. Das ist ein läuft, müssen sich auch die Geräuschkulis- durch mindestens zwei Kameras – ein Geben und Nehmen. Wir arbeiten etwa eng se und die Töne verändern. Das möchten 360-Grad-Panorama und können in alle mit der «Los Angeles Times» zusammen, wir irgendwann auch beim Blick anbieten. Richtungen schauen. So, als wären wir aber auch mit Youtube, die unsere Eine andere grosse Hürde sind die Daten- tatsächlich an diesem Ort. 360-Grad-Videos so gut fanden, dass sie mengen, die die VR-Technologie erfordert. Was entwickeln Sie zusammen mit der Blick- selbst eine Kooperation vorschlugen. Neue Technologien wecken Ängste. Was ist, Gruppe genau? Wie reagieren die User in den Tests? wenn die Menschen nicht mehr zwischen Wir haben mit «Blick VR» zwei Apps für eine Niemand will die Brille absetzen! Man kann VR und der Realität unterscheiden können? Cardboard-Nutzung entwickelt: eine Versi- viel über VR schreiben oder erzählen, aber Oder sich in der virtuellen Realität verlieren, on fürs iPhone und eine für Android-Geräte. man muss es ganz einfach erlebt haben. weil sie viel angenehmer ist? Hinzu kommt eine dritte App, speziell für Wie wird sich die journalistische Arbeit Die Furcht vor etwas Neuem ist menschlich. Samsung Gear VR. Diese Brille bietet noch verändern? So wie man sich einst vor den ersten Auto- Sebastian einmal ein viel intensiveres Erlebnis und Von nun an sind nicht mehr nur die Journa- mobilen fürchtete. Die Menschen müssen Pfotenhauer, kostet nicht mal hundert Franken. Zum listen, sondern auch unsere User direkt am VR ausprobieren und selber entscheiden, Head of Video Start gibt es mehr als 40 Videos, und jede Geschehen. Diese Unmittelbarkeit ist ein ob sie es nutzen möchten oder nicht. Meine Ringier AG, mit Woche kommt ein neuer Beitrag hinzu. riesiger Pluspunkt. Und eine ebenso grosse Erfahrung ist: Wer einmal eine solche Bril- der Samsung Gear Ringier nimmt in der Medienbranche eine Herausforderung. Denn die Konsumenten le aufsetzt, hat so etwas wie ein Erwe- VR. «Virtual Vorreiterrolle ein und investiert sehr früh in werden Nähe, Emotionalität und die rele- ckungserlebnis und möchte mehr davon. Reality wird alles diese Technologie. vanten Informationen verlangen. Und dies Und dieses Mehr wollen wir anbieten! verändern.» 22 | DOMO – Oktober 2016
INHOUSE – VIRTUAL REALITY An dieser Stelle berichtet DOMO regelmässig über Projekte und Teams aus der Ringier-Welt Blick in die Zukunft Auf in die virtuelle Realität! Mit der neuen BlickVR-App lassen sich neue Welten ins Wohnzimmer holen. Cardboard oder GearVR-Brille aufsetzen und schon bald sind Sie Pilot, Fallschirmspringer oder Rennfahrer. Wie kann ich mir 360-Grad-Videos mit einer Cardboard-Brille anschauen? Einfach Video im Brillen-Modus aufstarten, Smartphone reinstecken und schon gehts los. Man kann sich wie in der Realität umschauen, einfach den Kopf drehen. Ermöglicht wird der räumliche Eindruck, weil die App auf jedes Auge ein anderes Bild schickt. Einfache Cardboard-Brillen aus Karton kosten im Handel rund sieben Franken. Es gibt auch stabilere Varianten aus Plastik mit unterstützender Optik. Funktionieren die Videos auch ohne Brille? Auf jeden Fall – wenn auch das Erlebnis nicht ganz so eindrück- lich ist. Um sich umzuschauen, das Smartphone rundherumdre- hen oder ganz einfach mit dem Finger rechts und links bzw. nach oben und unten wischen. Warum ist das Bild in der Brille nicht so gut wie direkt auf dem Display? Da für das Cardboard der Bildschirm in der Mitte halbiert ist, steht auch nur die halbe Auflösung zur Verfügung. Je besser das Smartphone-Display, desto schärfer und besser wirkt das 360-Grad-Video in der Brille. Wie hoch ist der Datenverbrauch? Benutzen Sie wenn möglich die App im WLAN oder mit Daten-Flatrate. Der Datenverbrauch ist rund fünf- bis sechsmal höher als bei normalen Videos. Wofür ist die spezielle App für die Samsung Gear VR? Diese App lässt sich nur mit der Samsung-Brille nutzen und bietet ein noch intensiveres VR-Erlebnis. Die Inhalte sind gleich wie in der normalen App. Wenn die Brille aufgesetzt wird, ist das Menü direkt in der 360-Grad-Umgebung zu sehen. Der Cursor bewegt sich synchron mit dem Kopf, ein Video oder ein Menüpunkt kann mit einem Klick auf das Touchpad seitlich an Gestaltung: der Brille geöffnet werden. Angelina Arquint (Polygrafin Ringier 3. Lehrjahr) Leo Faccani (Polygraf Ringier 2. Lehrjahr) 24 | DOMO – Oktober 2016 DOMO – Oktober 2016 | 25
RINGIER TRIFFT STARS Der Po und ich Oft wird Männern unterstellt, dass sie Frauen nur auf den Hintern schauen. DOMO-Autor René Haenig hats nicht getan. Und so checkt er nicht, mit wem er in Los Angeles flirtet. Doch wer rechnet damit, im Restaurant neben Jennifer Lopez zu sitzen? Text: René Haenig S eit Minuten werde ich das Gefühl nicht los, diese Frau zu kennen. Nur woher? Seit sie mit Freundinnen zweiten Tag lädt mich das Paar zum Abendessen ein. Für 20 Uhr ist ein Tisch reserviert. Solveig gibt mir die Platz nehmen, zwinkert die eine mir zu: «Hi, how are you?» Gut gehts, antworte ich, und sie merkt sofort an lauthals lachend und schäkernd das Adresse: 8764 Melrose Ave, West meinem (deutschen) Akzent, dass ich Restaurant betreten hat und sich an Hollywood. nicht von hier bin. «Where do you den Nebentisch setzte, plaudert sie come from?» – «From Switzerland, mit mir. Sie ist nett. Sie ist sexy. Ver- Promi-Auflauf im Restaurant Zürich.» – «Oh, Maybe I’ll come some- dammt sexy. Verzweifelt werfe ich Eine halbe Stunde vorher rufe ich ein time for a concert to Switzerland!» meinen Gastgebern Blicke zu: «Helft Taxi. Nachdem der Fahrer mich im mir, wer ist sie?» Martin und seine Hotel Le Méridien Delfina in Santa «The most famous ...» Frau Solveig amüsieren sich darüber, Monica aufgegabelt und ich ihm die Während sie mich weiter über die dass ich nicht draufkomme. Adresse genannt habe, erklärt er mir, Schweiz und Zürich ausfragt, frage Eigentlich ist diese Geschichte dass das «Cecconi’s» das angesag ich mich, woher mir diese Frau be- nicht gerade rühmlich für mich als teste Promi-Restaurant in der Stadt kannt vorkommt. Ihr Bemerkung mit People-Journalisten. Preiszugeben, sei. Als er aus mir rausbekommen dem Konzert hätte mich stutzig ma- dass ich in Hollywood mal neben hat, dass ich mit Bond-Regisseur chen müssen. Doch irgendwie sitze Jennifer Lopez gesessen bin und Martin Campbell zum Essen ver ich auf der Leitung. Martin und seine dabei keinen blassen Schimmer hat- abredet bin, will er wissen, ob ich Frau amüsieren sich über meine ver- te, mit welchem Star ich gerade Schauspieler sei. Sorry für die Frage, zweifelten, Hilfe suchenden Blicke. Smalltalkbetrieb. er kenne mich nicht. «No problem!» Irgendwann kann ich ihm zuflüstern: Mir musste erst auf die Sprünge ge- Ich bin nur ein Journalist, aus der «Wer ist sie? Ich habe sie schon holfen werden. Doch der Reihe nach. Schweiz. Immerhin, Letzteres beein- mal gesehen!» Sekunden später, als Im April 2007 bin ich im Auftrag druckt ihn ein wenig. keiner schaut, sagt er nur: «The most der Schweizer Illustrierten in Los Vorm «Cecconi’s» ist kurz warten famous ...», formt dazu mit seinen Angeles. Für eine Homestory bei angesagt. Aus einer Stretchlimousine Händen einen Po. Endlich machts bei Hollywood-Starregisseur Martin lässt ein Chauffeur ein älteres Paar mir Klick. Den berühmtesten, kna- Campbell und dessen Schweizer aussteigen. Ich folge den beiden ein- ckigen Po hat zu dieser Zeit nur eine: Ehefrau Solveig Romero. Sie werden fach – und entdecke an der Bar Mar- Jennifer Lopez. US-amerikanische bald Eltern ihres erstes Kinds. Camp- tin. Wir warten noch auf Solveig. Sängerin mit puerto-ricanischen bell gehört in der Traumfabrik zur Martin erklärt mir so lange, wer Wurzeln. Berühmt durch Hits wie «If Riege der Top-Regisseure. Der ge schon alles hier ist: An einem Tisch You Had My Love», «Love Don’t Cost bürtige Neuseeländer drehte Kas- lacht Danny DeVito, ein paar Tische a Thing» und «Jenny from the Block». senschlager wie die James-Bond- weiter nippt Al Pacino an einem Zudem erfolgreich als Schauspiele- Streifen «Golden Eye» und «Casino Weinglas. Ein Filmproduzent ist auch rin. Aber eben: Ich hatte ihr ja auch Royale» sowie die Action-Abent euer da, seinen Namen habe ich allerdings nicht auf den Hintern geguckt. Mit «Die Maske des Zorro» und «Die Le- vergessen. So oder so: Einen solchen Pferdeschwanz und dezent ge- gende des Zorro». Promi-Auflauf habe ich noch nicht schminkt sieht Lopez zudem ganz Das Paar lebt in den Hügeln von erlebt. anders aus, als ich sie von Bildern her Malibu. Dort, wo sich eine Millionärs- Als Solveig kommt, gehen wir zu kenne. Foto: Alix/Allpix/Laif villa an die andere reiht, alle mit Blick unseren reservierten Plätze. Wir Und ausserdem: Wer rechnet denn auf den Pazifik. Zwei Tage lang zeigen lassen die letzten Tage Revue passie- schon damit, im Restaurant neben mir Martin und Solveig, wie sie leben. ren, als die eingangs erwähnten «J. Lo» zu sitzen und von ihr angeflir- Inklusive Privatstrand am Meer. Den Frauen den Nachbartisch ansteuern. tet zu werden? Okay, in Amerika ist hat auch nicht jeder Millionär. Am Sie lachen – und als sie neben uns eben alles möglich ... 26 | DOMO – Oktober 2016
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