Der Nachbar hat's Was der Einkauf in der Region bringt - Oberes Innviertel - Salzburger Verlagshaus

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Der Nachbar hat's Was der Einkauf in der Region bringt - Oberes Innviertel - Salzburger Verlagshaus
ÖSTERRE I C HIS C H E P O S T AG / R M 18 A0 41 5 69 K / VERLAGSO R T 56 00 ST. JOHANN I .P.   SEPTEMBER 2019

          Der Nachbar hat’s
          Was der Einkauf in der Region bringt

          Oberes Innviertel
          Naturschönheiten, Moorgeister und Rauptiere
Der Nachbar hat's Was der Einkauf in der Region bringt - Oberes Innviertel - Salzburger Verlagshaus
Der Nachbar hat's Was der Einkauf in der Region bringt - Oberes Innviertel - Salzburger Verlagshaus
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                                                                                                                                                                  BILD: GRABLER
                                Ulrike Grabler

                               EDITORIAL
                                                                                                   Aus dem Inhalt
                 Was denken Sie?                                                       Vorurteile, und was sie machen
                                                                                      Von Männern, die Frauen sind, und anderen Stigmata                   Seite 6

                                                                                       Wo kaufen wir ein?
                                                                                      Der regionale Einkauf hat seine Vorteile                            Seite 8

                                                                                      Bürgermeister von Oberndorf
„Was denken denn die Leute dann?“ Dieser Satz ist ein Klischee, ei-                   Georg Djundja im Interview                                         Seite 10
ner, den man oft im Spaß von sich gibt und der doch die ganze Wahr-
heit über unsere Gesellschaft beinhaltet. Die traurige Wahrheit,                      Integriert
denn die Gedanken über andere bestimmen den Alltag. Wer sich                          Zwei junge Menschen, die ihren Weg gehen                            Seite 12
nicht in die Angelegenheiten anderer einmischt, der hat zu wenig zu
erzählen. Wer nicht wenigstens eine kleine Anekdote darüber weiß,                     Moosdorf und sein Namensgeber
wie (schlecht) es jemand anderem gerade geht, der ist am Stamm-                       Geschichte und Geschichten vom Ibmer Moor                           Seite 14
tisch fehl am Platz. Schadenfreude schwingt immer mit. Und wehe
dem, der wirklich aus der Norm fällt!                                                 Die Fotografen von Eggelsberg
   In dieser Ausgabe bringen wir Ihnen wie gewohnt viele Artikel                      Seit 40 Jahren auf Motivsuche                                       Seite 16
über unsere Region und die Aufgaben oder Schicksale jener Men-
schen, die sie bewohnen. Jeder von ihnen hat eine andere Herange-                     Hilfe bei der Berufswahl
hensweise an sein Leben und doch sind sie alle eine Gesellschaft. Die                 Wenn Jugendliche sich entscheiden sollen                           Seite 22
einen haben sich selbst verwirklicht, die anderen haben sich integ-
riert und wieder andere meiden einfach die üble Nachrede, indem sie                   Das „kleine Schottland“
zuerst urteilen. In unserer Gesellschaft regiert immer noch das Vor-                  Eine Reise mit dem Campingbus                                      Seite 40
urteil, auch darüber haben wir für Sie einen Beitrag geschrieben.
Über den Tellerrand zu blicken hilft, und so hoffen wir, mit unserem                   Veranstaltungen
Magazin auf die eine oder andere Weise dazu beitragen zu können.                      Was die Region im September zu bieten hat                          Seite 50

  IMPRESSU M
  Medieninhaber: Salzburger Verlagshaus GmbH // Herausgeber: Dr. Maximilian Dasch // Geschäftsführer: Mag. (FH) Maximilian Dasch, Klaus Buttinger LLM.oec.
  5110 Oberndorf, Salzburger Straße 59-61, Tel.: +43 6272/20840, Mail: magazine@svh.at, URL: www.svh.at/salzachbruecke // Druck: Druckerei Berger & Söhne GmbH,
  Wienerstraße 80, 3580 Horn // Redaktion: Ulrike Grabler // Anzeigen: Silvia Windhager, Andreas Zsifkovits, Karin Hochradl, Kurt Baur // Grafik: Sonja Ebert
Der Nachbar hat's Was der Einkauf in der Region bringt - Oberes Innviertel - Salzburger Verlagshaus
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                      Die ersten Salzburger
                       „Armutsfilmtage“
     Bettler am Straßenrand, Sklaverei und Perspektivlosigkeit: Mit drei Dokumentationen zeigt
                           Kurt Bauer Armut in verschiedenen Ländern.

ULRIKE G R A BL E R                                                                                          Erdbeben in Kathmandu (2015)
                                                                                                             zu helfen. Eines der Hilfsprojekte
Armut, soziale Randgruppen,                                                                                  ist eine gut durchdachte Was-
andere Verhältnisse sind der                                                                                 serversorgung, die inzwischen
Stoff für Kurt Bauers Filme. Der                                                                             mehr als 4000 Menschen zu ge-
Obertrumer hat sich Menschen                                                                                 filtertem Trinkwasser verhilft.
und Orten angenommen, die                                                                                    Über einen Zeitraum von zwei-
mit anderen Umständen, als wir                                                                               einhalb Jahren hat Kurt Bauer
es gewohnt sind, zu tun haben.                                                                               mit Tom Stuppner in Nepal ge-
   Großes Thema des Filmema-                                                                                 filmt und daraus diese Doku-
chers ist die Armut, und dieser                                                                              mentation gemacht.
widmet er nun sein erstes Film-                                                                                 Ein weiterer Schauplatz für
festival, das Bilder und Eindrü-                                                                             seine Filme ist Indien. Hier hat er
cke aus den vergangenen fünf                                                                                 das Projekt „Maher“ (Mutter-
Jahren seiner Arbeit mitbringt.                                                                              haus) begleitet. „Das Wunder
   Drei Filme an drei Tagen vom                                                                              von Maher — eine kastenfreie
24. bis zum 26. September zeigt                                                                              Gesellschaft“ nennt sich diese
der Filmemacher im Gemeinde-                                                                                 Dokumentation.
zentrum der Evangelischen                                                                                       Sr. Lucy Kurien gründete 1997
Christuskirche.                                                                                              dieses Projekt, das Frauen und
   Den Anfang machte seine ei-                                                                               Kinder mit Gewalterfahrungen
gene Auseinandersetzung mit                                                                                  aufnimmt. Das Mutterhaus be-
den Bettlern in unseren Straßen.                                                                             findet sich in einem Dorf außer-
„Woher kommen sie, was macht        Die Indien-Doku dreht sich um ein Haus, das seit 22 Jahren Heimat für    halb von Pune. Der bescheidene
ihre Armut und warum bleiben        traumatisierte Menschen ist.                               BILD: BAUER   Anfang, der von Salzburg mit-
sie bei uns“, fragte Bauer sich                                                                              gestaltet wurde, hat sich zu
und ging auf die Suche nach         geben und nachhaltige Ver-          zehnköpfige Familie und erzählt      46 Häusern in Indien entwickelt,
Antworten. „Ich fand Armut,         änderungen zum Positiven            in seiner Dokumentation von ih-      die in 22 Jahren 4500 Kinder,
Verwahrlosung und Arme in           bewirken.“                          rem Alltag.                          Jugendliche und Mütter beher-
Mumbai, Pune, Delhi (Indien),          So führte ihn sein Weg auch         „Nepal — das Armenhaus der        bergt haben. Hier erhalten sexu-
Kathmandu (Nepal) und in Bu-        nach Rumänien, um die Roma          Welt“ heißt eine weitere Doku-       ell misshandelte, geschlagene
dapest, Sajokaza (Ungarn) und       kennenzulernen. Sklaverei, Ge-      mentation, bei der Kurt Bauer        und traumatisierte Kinder, Frau-
in Hermannstadt, Hosman, Pi-        walt und Perspektivlosigkeit        Hilfsprojekte des Mattseers          en und Männer eine Zukunft.
desti, Pauleaska (Rumänien).        dominierten seine Eindrücke,        Tom Stuppner ansieht. Dieser         Die Filme beginnen jeweils um
Überall fand ich Menschen, die      doch auch Bilder der Hoffnung       hat die Organisation „Friends        19.30 Uhr, der Eintritt ist frei und
sich für die Armen engagieren,      fing Kurt Bauer mit seiner Ka-      for Nepal“ gegründet, um den         Spenden gehen an die vorge-
und Projekte, die Hoffnung          mera ein. Er begleitete eine        Menschen nach dem riesigen           stellten Projekte.

                                       Wir sind umgezogen!
                                    Ein neues Büro in Oberndorf für das Team der
                                    Magazine „SALZACHbrücke“ und „mitten:drin“.

Von unserem Büro in Oberndorf       bäudekomplex. Wir, das sind         und mitten:drin). Für unser altes    lette und Wasseranschluss sind
in der Salzburger Straße 59–61      Sonja Ebert (Grafik und Druck-      Büro suchen wir einen Nachmie-       vorhanden.
sind wir in die Salzburger Straße   unterlagen    SALZACHbrücke         ter. Dieses Büro liegt ebenerdig        Eine Übernahme ist sofort
56 Top C1C umgezogen.               und mitten:drin), Silvia Windha-    und hat eine große Fensterfront      möglich. Bei Interesse wenden
  Das neue Büro befindet sich       ger (Medienberatung SALZ-           mit einer kleinen Terrasse/Grün-     Sie sich bitte an Klaus Buttinger
auf der gegenüberliegenden          ACHbrücke) und Ulrike Grabler       fläche. Der Raum hat eine Grö-       unter     der    Telefonnummer
Straßenseite des alten im Ge-       (Redaktion    SALZACHbrücke         ße von 26 Quadratmetern, Toi-        0664/524 53 49.
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Magerwiese im Klostergarten mit blühender Karthäusernelke.             Eine Steinhummel genießt das
                                                   BILD: PETER STURM   Angebot.    BILD: KLAUS MANDERY

 Was kreucht und fleucht
   im Klostergarten?
    Exkursion für bayerische Lehrer zeigte sehr hohe Artenvielfalt hinter
                       den Laufener Klostermauern.

Auf eine Entdeckungsreise           das dramatische Ausmaße an-        tiere. Mit dem massenhaften In-
durch die heimische Artenviel-      genommen hat, kann jede Schu-      sektenschwund ist das Funktio-
falt schickte die Bayerische Aka-   le und jeder Gartenbesitzer ei-    nieren unserer Ökosysteme in
demie für Naturschutz und           nen wertvollen Beitrag zur Er-     Gefahr.“
Landschaftspflege (ANL) Gym-        haltung unserer Bienen leisten",      Als Lebensraum für Wildbie-
nasiallehrer zur Fortbildung in     so die Botschaft des Lehr-         nen eignen sich neben blühen-
den Klostergarten Laufen.           gangsleiters    Diplom-Biologe     den Wiesen auch Beerensträu-
   Das Ergebnis war erstaunlich,    Peter Sturm. „Gerade für den       cher und Obstbäume, vor allem,
denn hier leben wirklich viele      Menschen ist der Schutz der        wenn sie zu unterschiedlichen
Wildbienenarten. Allein 40 ver-     kleinen Bestäuber überlebens-      Zeiten blühen. Etwas Alt- und
schiedene fanden die Teilneh-       wichtig. Zwei Drittel unserer      Totholz oder Wildbienenhölzer
mer an diesem Tag. Sechs Hum-       Nahrungsmittel sind auf Be-        bieten Nistmöglichkeiten für
melarten und auch seltene Ar-       stäubung durch Bienen ange-        Holzbewohner. Staudenbeete
ten wie die Glockenblumen-          wiesen. Ebenso wichtig ist die     mit hochwüchsigen und lange
Scherenbiene haben sich hinter      Bestäubung von Wildpflanzen,       blühenden Stauden wie etwa
den Klostermauern angesiedelt.      denn diese sind die Grundlage      Strauchmalven oder Herzge-
„In Zeiten des Insektensterbens,    für Insekten, Vögel und Säuge-     spann machen wenig Arbeit.
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                       Die Schubladen in
                        unseren Köpfen
   Kevin ist keine Diagnose, Sexualität ist schwer begreiflich, Männer weinen und
Frauen machen Karriere. In Zeiten von Toleranz und Offenheit urteilen und beurteilen
                        wir schneller, als wir denken können.

ULRIKE G R A BL E R                    dienen. So ist das Vorurteil oft         Oft braucht es dazu gar nicht    und auch gedemütigt. Dabei
TH OMAS NIE D E R R E I T ER           auch ein Ausdruck des Neids,          viel. Manchmal genügt es, wenn      kam es auch vor, dass man sie
                                       der Unzufriedenheit mit dem ei-       man als Frau Kinder hat und         mit extremen Aussagen kon-
In Bruchteilen von Sekunden            genen Dasein. Was man selbst          trotzdem berufstätig ist. Die       frontierte wie zum Beispiel: „Der
ordnen wir Menschen, Eindrü-           gerne machen würde, aber noch         Schere zwischen Stadt und Land      Herr mit dem Schnurrbart hätte
cke und Begegnungen sofort             nicht geschafft hat, stört einen      ist dabei doch beachtlich.          dich ins Gas geschickt!“ Susanne,
ein, um schneller handeln und          oft gewaltig am Gegenüber.               Dass viele Klischees überholt    die körperlich beeinträchtigt ist
weniger denken zu müssen. Er-                                                sind und Vorurteile auch zu Hass    und auch mit körperlich beein-
                                       Jeder kennt einen
fahrungen helfen uns, andere zu                                              und Diskriminierung führen          trächtigen Menschen zusam-
                                       Blondinenwitz
kategorisieren, in Schubladen zu                                             können, ist nicht neu.Wir haben     menarbeitet, erzählt: „In meiner
sperren und somit die kompli-          Niemand ist frei von Vorurteilen,     mit einigen Menschen aus der        Arbeit wird nur zwischen Hören-
zierte Welt besser verstehen zu        jeder kennt einen Blondinen-          Region gesprochen, die „aus der     den und Nicht-Hörenden unter-
können. Wir sehen jemanden             witz! Wir können uns von Vorur-       Norm fallen“ und stark mit den      schieden! Hier interessiert sich
und haben Bilder im Kopf, wir          teilen nicht befreien, aber wir       Vorurteilen anderer konfron-        niemand für die Anordnung
hören einen Namen und urteilen         können sie uns bewusst machen         tiert werden. Wir freuen uns,       meiner Chromosomen.“
schon darüber, wie diese Person        und versuchen, uns von ihnen          dass sie mit uns gesprochen ha-        Etwas Positives konnte sie der
wohl ist. Wir fällen ein Urteil, ob-   nicht im Handeln beeinflussen         ben und verstehen, dass wir          jahrelangen Schikane und dem
wohl uns die Grundlage an Fak-         zu lassen. „Es spricht vieles da-     nicht von allen Fotos machen        Mobbing jedoch abgewinnen,
ten noch völlig fehlt. Vorurteile      für, dass in einem leeren Kopf die    durften.                            sie erkannte, wer ihre wahren
hat jeder Mensch, sie entstehen        Vorurteile besonders blühen“,                                             Freunde sind. Für Susanne spie-
                                                                             Two Spirits – zwei Seelen
aus eigenen Erfahrungen und            sagt Sir Peter Ustinov, der ein ei-                                       len Erziehung und Religion
aus Prägungen durch das Um-            genes Buch über Vorurteile ge-        Susanne F. (Name von der Re-        sowie eine generelle Offenheit
feld. Vorurteile schützen uns vor      schrieben hat. Wenn wir unsere        daktion geändert) wurde als         eine große Rolle beim Abbau
Ungewohntem und Fremdem,               Vorurteile bewusst akzeptieren        Mann geboren und passte ihren       von Vorurteilen. „Die Menschen
aber auch vor unangenehmen             und über sie nachdenken, kön-         Körper vor ein paar Jahren an       müssen aufeinander zugehen“,
Dingen. Wenn Kevin zum Bei-            nen wir sie auch beiseitelegen,       das Geschlecht an, in dem sie       sagt sie. Sie weiß, dass in vielen
spiel im Job fleißiger ist als wir,    denn sie betreffen ja in erster Li-   sich wohlfühlt. So wurde sie kör-   indigenen Völkern (z. B. bei Indi-
der homosexuelle Nachbar ei-           nie nicht uns, sondern die Men-       perlich und auch rechtlich zur      anerstämmen in Nordamerika)
nen gepflegteren Garten hat            schen, die wir in Schubladen ste-     Frau. Laut eigenen Angaben ha-      bis heute ein drittes Geschlecht
oder die Karrierefrau ihren Herd       cken. Das ist, wenn überhaupt,        be man sie auf ihrem langen         existiert. Übersetzt nennt man
vernachlässigt, um Geld zu ver-        nur im ersten Augenblick lustig.      Weg schikaniert, ausgegrenzt        dies „two Spirits“, wonach zwei

Vorturteile aufgrund der Herkunft ...                                        ... oder aus anderem Grund grenzen aus!                BILDER: PIXABAY
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Seelen in einem Körper leben.       läuft, wären wir früher gekom-          Standpunkt zu Vorurteilen ist        in Seeham gefällt, und dass sie
Swinger zieht es seit über zwan-    men“, heißt es oft. Vorurteile          klar: „Ob du willst oder nicht, du   es schön fänden, dass ich nach
zig Jahren nach Munderfing zu       entstehen eben unter anderem            teilst die Menschen immer in         Seeham gezogen bin, dabei lebt
Herbert und Maria, die weit über    durch mangelndes Fachwissen             Gruppen ein! Das hängt von dei-      meine Familie seit mehreren Ge-
die Gemeindegrenzen (je weiter      und fehlende Fakten. Je mehr            ner Erfahrung und deiner Sozia-      nerationen hier und ich habe im
weg man fährt, umso besser          man sich mit einer Sache be-            lisierung ab.“                       selben See wie alle andere
kann man Vorurteilen entkom-        schäftigt, sie kennenlernt, über            Weiters hänge für sie viel von   schwimmen gelernt.“
men) als seriöser, sauberer Ort     sie weiß, desto eher kann man           der Erziehung ab, wobei nicht           Nebenbei engagiert sich Ma-
für versteckte Neigungen be-        sich auch ein echtes Urteil bil-        nur die Familie, sondern auch        ria, die sechs Sprachen spricht,
kannt sind.                                                                                                      für Flüchtlinge und erlebte
   Geht man die Treppe zu Her-                                                                                   mehrmals, wie man diese „über-
bert und Marias Club hoch,                                                                                       lieb“ behandelte. Ihnen ist auch
drängt sich ein in verschnörkel-                                                                                 nicht geholfen, wenn man sie ih-
ten Lettern geschriebener                                                                                        rer Selbstständigkeit entledigt
Spruch ins Auge: „Die morali-                                                                                    und in Watte packt. Mitleiden
sche Entrüstung ist der Heili-                                                                                   hindert an der Mithilfe.
genschein der Scheinheiligen.“                                                                                      Marias Tipp, um die Schubla-
Wer sein Leben nach den eige-                                                                                    den im Kopf breit gefächert zu
nen Vorstellungen gestalten                                                                                      halten, ist, dass man sich seine
will, darf ihrer Meinung nach                                                                                    kindliche Neugier bewahren soll
nicht zu viel auf die Meinung an-                                                                                und bereit ist, Neues auszupro-
derer setzen. Die beiden bieten                                                                                  bieren. Reisen und Lesen sei auch
in geschützter Atmosphäre den                                                                                    nicht schlecht. Ein bunter Freun-
Austausch von Sexualität auf                                                                                     deskreis bringt Vorteile: „Eine
freiwilliger Basis an. Um mit ein                                                                                meiner besten Freundinnen
paar Vorurteilen aufzuräumen:                                                                                    kommt aus Syrien, ich habe eine
Nicht jeder, der in einen Swin-                                                                                  Freundin mit italienischen und ei-
gerclub geht, möchte mit einem                                                                                   ne mit japanischen Wurzeln.
anderen als dem eigenen Part-                                                                                    Auch der Freundeskreis meiner
ner schlafen, dort sind nicht nur   Herbert und Maria haben sich gegen die Vorurteile durchgesetzt.              Eltern ist international, ich bin
ältere Herren anzutreffen und                                                                     BILD: PRIVAT   früh mit verschiedenen Kulturen
es sind auch nirgends Kameras                                                                                    in Berührung gekommen.“
angebracht. Es wird auch nicht      den. Ein Urteil, das dann auch ei-      Schulbildung und Peergroups             Wenn wir also das nächste
auf die Mitarbeiterinnen zurück-    nen ehrlichen Hintergrund hat           eine wichtige Rolle spielten. Wir    Mal an der Baumarktkasse auf
gegriffen, wenn mal „Not an der     und das meistens nicht so ver-          alle übernahmen in den ersten        einen Mann mit Stöckelschuhen
Frau“ ist, und ein Swingerclub      nichtend ausfällt wie jenes ohne        Lebensjahren das Weltbild und        treffen, eine Frau mit ein paar
hat nichts mit einem Bordell zu     Kenntnis.                               die Schubladen unserer Eltern,       Kilo zu viel sehen oder unser Ar-
tun. Alles geht, nichts muss und                                            weil sie in unserer Kindheit der     beitskollege in Väterkarenz
                                    Erfahrung, Erziehung
ein Nein ist verbindlich.                                                   Dreh- und Angelpunkt in unse-        geht, dann halten wir eine Se-
                                    und Sozialisierung
   Doch die Etablierung seines                                              rem Leben waren.                     kunde länger unseren Mund und
Clubs war für das Ehepaar nicht     Maria Erker aus Seeham ist jung            Marias Herkunft und Ge-           öffnen dafür lieber unseren
immer leicht. Weil sie das anbo-    und erfolgreich, hat mehrere            schlecht ist häufiger ein Thema.     Geist, nutzen unser Potenzial im
ten, was manche bisher ver-         Studien abgeschlossen und ei-           Eine Frau, gebildet und vom          Gehirn und fangen zu denken an.
steckt ersehnt hatten und für       nen Doktor in Altertumswissen-          Land kommend, passt nach wie         Vielleicht lernen wir dann die To-
viele absolutes Neuland und         schaft gemacht. „Die Angst vor          vor für einige Menschen nicht        leranz kennen, die nicht nur un-
extrem verpönt war, wurden          Demütigung und Ausgrenzung              ins Weltbild. Viele halten sie für   seren Mitmenschen, sondern
auch Herbert und Maria in eine      ist sehr alt, Scham war immer ein       eine Zugezogene. „Ich wurde          auch uns das Leben wesentlich
Schublade gesteckt und zu-          wirkungsvolles Instrument. Das          bereits öfters gefragt, wie es mir   erleichtern wird.
nächst einmal als Außenseiter       wussten bereits die Menschen
gesehen. „Früher wurden wir wie     früherer Epochen, zum Beispiel
Aussätzige behandelt“, sagt         im Mittelalter: Wer gegen ein
Maria. „In der Gemeinde waren       Gesetz verstieß oder eine gesell-
alle gegen uns. Vor allem die       schaftliche Norm verletzte, wur-
Frauen haben protestiert, die       de am Pranger bloßgestellt,
haben uns immer wieder vorge-       sichtbar für alle. Die Scham dien-
halten, wir würden ein Bordell      te ganz offiziell als Mittel zur Dis-
eröffnen. Inzwischen herrscht       ziplinierung der Menschen und
Harmonie und die Situation hat      Aufrechterhaltung der staatli-
sich zu einem positiven Mitei-      chen Ordnung“, erzählt sie.
nander gewandelt.“                     Daneben machte sie eine Aus-
   Herbert habe oft erlebt, dass    bildung zur Erzieherin und Ju-
sich Paare erst nach mehreren       gendleiterin und leitet heute das
Anläufen in den Swingerclub         örtliche Jugendzentrum in See-
trauten. „Wenn wir gewußt hät-      ham. Hauptberuflich ist sie in der
ten, wie zwanglos hier alles ab-    Kulturvermittlung tätig. Marias
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    Regionale Produkte und
      heimische Händler
 Kurze Wege und reale Ansprechpartner bringt der Einkauf in der Region. Außerdem
          stärkt er die Infrastruktur und verschönert somit das Umfeld.

ULRIKE G R A BL E R

Wer wissen will, woher die Le-
bensmittel kommen, die er täg-
lich verzehrt, oder wohin das
Geld geht, dass er für verschie-
dene Produkte ausgibt, der ist
gut beraten, wenn er bei seinen
Einkäufen einen realen An-
sprechpartner in der Nähe hat.
   Genauso, wenn der neue
Fernseher nicht mehr geht, die
Kaffeemaschine streikt oder ei-
ne Brille gebraucht wird. All das
kann man auch im Internet oder
im Großhandel kaufen, doch die
Beratung oder Antworten auf
spätere Fragen gibt es dann
nicht dazu.
   Regionale Betriebe — egal, ob
Produzenten oder Händler —
stärken unsere Infrastruktur. Sie
sorgen für gute Angebote, die
wir tagtäglich brauchen. Sie
schaffen aber auch Arbeitsplät-
ze und tragen dazu bei, dass un-
sere Regionen lebenswert blei-
ben. Meistens sind diese Betrie-
be Familienbetriebe, die sich für
ihre Aufgabe einsetzen, um den
Konsumenten das Leben zu er-
leichtern. Das gilt für den Le-
bensmittelbereich genauso wie         Familie Lecker und die Biokiste.                                                       BILDER: GRABLER
für andere Alltagsprodukte und
Dinge, die zum Leben nötig sind.      Hauptaugenmerk liegt natürlich     zweites Standbein für unseren      ranken. Auf den Feldern des
                                      auf den Produkten aus der Regi-    Betrieb entdeckt und seit der      Hofes wächst auch Getreide,
Frische Lebensmittel kommen
                                      on. Geliefert wird die Kiste an    Gründung wächst sie stetig.“       das zum Brotbacken oder eben
direkt vor die Haustüre
                                      zwei Tagen pro Woche in Öster-                                        für die Nudeln verwendet wird.
                                                                         Regionales Angebot
Seit zehn Jahren gibt es die Öko-     reich und Bayern. In Laufen                                           Gemahlen wird es in einer regio-
                                                                         schafft Arbeitsplätze
kiste am Biohof Lecker in Lau-        kommt die Kiste mit dem Las-                                          nalen Mühle, auch hier bleiben
fen. Zur Familie Lecker gehören       tenfahrrad vor die Haustüre.       Familie Lecker hat 20 Mitarbei-    die Wege in der Region.
drei Bauernhöfe, dazu gibt es           Die meisten Kunden bekom-        ter in ihrem Betrieb und Abneh-      Besonders ist der „Laufener
noch andere Familienbetriebe,         men ihre Ökokiste ein Mal pro      mer für 600 bis 700 Ökokisten      Landweizen“, eine ursprüngliche
die den Inhalt für die Ökokiste       Woche, manche auch nur alle        pro Woche. Vom eigenen Be-         Sorte, die weniger Ertrag bringt,
beisteuern.                           zwei Wochen.                       trieb in Laufen stammen Eier       dafür aber gesünder und ver-
   Die Ökokiste, das ist ein saiso-      „Wir machen das aus Über-       und Nudeln. Aktuell gibt es auch   träglicher ist. Für die Bauernfa-
nal zusammengestelltes Paket          zeugung“, sagt Hans Lecker.        grüne und rote Weintrauben,        milie wurde das zweite Stand-
an frischen Bio-Lebensmitteln.        „Die Ökokiste haben wir als        die sich entlang der Hofmauern     bein zum ertragreichen Ge-
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schäft und für die Region stei-
gerte es auf jeden Fall die
Wertschöpfung. Der Betrieb
bringt Arbeitsplätze und eine
Aufwertung der regionalen In-
frastruktur.
  Die Kunden bekommen ihre
Kisten nach Hause geliefert,
sparen sich Wege und wissen,
woher die Produkte stammen.
„Wer will, kann uns auf unseren
Höfen besuchen und sich einen
Eindruck von der Produktion
verschaffen“, sagt Lecker. Die
Ökokisten werden vom Betrieb
befüllt, die Kunden erfahren
davon und können bei Bedarf
einzelne Produkte auch aus-
tauschen.                            Andrea und Gerhard Landlinger vom Compactmarkt in Obertrum le-
  Im Hintergrund tüftelt Hans        gen Wert auf die Kundenbetreuung.
Lecker mit seinem Team, was
der Kunde in Zukunft brauchen        insgesamt liegt der Einkauf         trifft, haben wir eigentlich glei-
könnte. „Das ist dann ein Pro-       beim Fachhändler bei 85 %, das      che Preise wie im Internet oder
zess. Wenn wir etwas Neues im        Internet wäre gar nicht so stark,   bei großen Händlern. Wir haben
Sortiment haben, müssen wir          wie man meinen könnte. Im Ge-       Marken, keine Billigware, und da
den Kunden ja auch erst davon        schäft der Familie Landlinger ar-   ist die Preisspanne nicht sehr
überzeugen.“                         beiten insgesamt sieben Perso-      unterschiedlich. Wir haben auch
                                     nen. „Bei uns gibt es die Liefe-    Kunden, die suchen im Internet
85 % kaufen im Fachhandel
                                     rung, die Montage und einfach       nach Produkten und kaufen die-
Im Lebensmittelbereich ist der       eine Betreuung. Wenn jemand         se dann bei uns, weil sie davon
regionale Einkauf schon fast         einen Fernseher bei uns kauft,      überzeugt sind.“
Standard geworden, viele Kon-        dann will er ja am Abend schon         Während wir uns über die
sumenten kennen ihre Bauern,         zu Hause damit fernsehen. Das       Vorteile des regionalen Einkau-
von denen sie regelmäßig das         ist das große Plus des Fach-        fens unterhalten, fragt eine
eine oder andere Produkt bezie-      händlers. Und wir sind schneller    Kundin nach einem Blue-Ray-
hen – und das ganz bewusst.          als jeder Versandhandel.“ Dran-     Player, der schnell gefunden ist.
   Auch in anderen Bereichen         bleiben müsse man, meint Land-      Sie hat einen Apple-Laptop und
besinnt man sich des lokalen An-     linger, seine Angebote bewer-       ist sich nicht sicher, ob ihre An-
gebots. „Unsere Klientel will Ser-   ben und den Kontakt zu den          schlüsse mit jenen des Players
vice“, sagt Gerhard Landlinger       Kunden halten. „Wir haben einen     kompatibel sind oder sie weite-
vom Compactmarkt in Ober-            sehr hohen Anteil an Stamm-         res Zubehör braucht. Kurzer-
trum. Er vertreibt Waschma-          kunden. Ich würde sogar sagen,      hand beschließt sie, heim nach
schinen, Fernseher, Kaffeevoll-      er liegt bei 99 %. Wenn der Kun-    Mattsee zu fahren, den Laptop
automaten und andere Haus-           de zufrieden ist, kommt auch        zu holen und gleich an Ort und
haltsgeräte sowie Zubehör. Man       das nächste Mal, wenn er etwas      Stelle zu sehen, was gebraucht
sieht ihm an, dass die gute Be-      braucht, wieder. Wenn der Preis     wird. So einfach geht das eben
treuung seiner Kunden bei ihm        passt, punktet der Fachhandel       mit dem Fachhändler in der
Priorität hat. Landlinger meint,     eigentlich immer. Was uns be-       Region!
Der Nachbar hat's Was der Einkauf in der Region bringt - Oberes Innviertel - Salzburger Verlagshaus
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  Der Bürgermeister und
      sein Oberndorf
     Bürgermeister Georg Djundja ist, wie er ist, und darauf legt er Wert.
     Große Projekte wie Oberndorf gegen ein Blackout zu wappnen sind
       ihm ebenso wichtig wie die persönlichen Sorgen des Einzelnen.

Bürgermeister Georg Djundja ist        ten um, wer bringt die idealen          spräch nicht mehr korrekt läuft,
offen und nimmt sich kein Blatt        Werte für die Aufgabe des Bür-          bricht man es besser ab.
vor den Mund. Seine persönliche        germeisters mit.
Geschichte ist, obwohl sie nichts                                              Wie beschreiben Sie Obern-
zur Sache tut, bekannt, er lebt        Wie verhalten Sie sich                  dorf? Warum ist die Stadt
mit einem Mann zusammen.               selbst, wenn Sie dann doch              ein Ort, an dem man leben
Oberndorf ist für ihn eine mo-         aufgrund Ihrer Neigung                  möchte?
derne Stadt mit Lebensqualität         diskriminiert werden?                   Oberndorf ist ein regionales
und in der Politik will er einen of-   Ich glaube, weil ich immer offen        Zentrum. Ich finde die Lebens-
fenen Dialog in Oberndorf und          damit umgegangen bin, ver-              qualität in Oberndorf sehr hoch.
die parteipolitischen Fehden           trauen mir die Leute und haben          Alles ist vor der Haustür, wir ha-
Vergangenheit sein lassen.             kein Problem damit. Ich hatte           ben sieben Schulen und wir sind
                                       auch als Organist und christli-         ein Kulturstandort. Die Lebens-
Redaktion: Warum sind                  cher Mensch in der Kirchenge-           qualität macht sich auch bei den
Sie Politiker geworden?                meinschaft bisher keine negati-         Wohnungswünschen bemerk-
Georg Djundja: Das kam vor             ven Erfahrungen. Der Großteil           bar, wir haben weit mehr Anfra-
vielen Jahren aus einer Situati-       der Bevölkerung ist eigentlich          gen als Angebot. Auf diese hohe
on, in der jemand diskriminiert        tolerant. Das Thema ist aber            Lebensqualität bin ich stolz, die
wurde. Ich war Beobachter und          trotzdem immer noch nicht auf-          gilt es zu erhalten.
hatte den Drang, etwas zu ver-         gearbeitet, weil es einfach zu
ändern, mich einzusetzen. Ich          wenige Menschen gibt, die sich          Welche persönliche Vision
wollte anpacken.                       zu ihrem Anderssein bekennen,           haben Sie für Oberndorf?
                                       die öffentlich darüber sprechen.        Oberndorf soll eine Stadt des
War das die richtige Ent-              Es fehlen die Leute, die aufste-        Miteinanders sein, in der man
scheidung? Ist der Ta-                 hen und ehrlich mit ihren Nei-          gerne lebt. Es geht um unsere
tendrang noch vorhanden?               gungen umgehen.                         Infrastruktur, die Frage, wie wir
Absolut! Ich bin von ganzem                                                    hier leben wollen, und wie gehen     Georg Djundja im Stadtpark
Herzen Bürgermeister. Ich mag          Ein ehrlicher und toleranter            wir miteinander um. Oberndor-
es, mich um große Investitionen        Umgangston ist auch in                  fer sind wir ja alle gemeinsam.      deutet, wir lassen die Oberndor-
zu kümmern, und ich mag es,            der Politik wichtig. Dafür                                                   fer selbst entscheiden, was ihre
mich für die vermeintlich kleinen      war Oberndorf nicht un-                 Kann der Bürgermeister               Gemeinde braucht, um attrakti-
Dinge einzusetzen. Die sind            bedingt bekannt in der                  seine Bürger dazu erziehen,          ver zu werden. Wir werden das
meistens gar nicht klein. Es geht      Vergangenheit. Hat sich                 wie sie miteinander um-              gemeinsam mit der Bevölkerung
ja darum, das Beste für die Ge-        das verändert?                          gehen?                               und auch Experten betrachten.
sellschaft in seiner Stadt zu fin-     Ja, es geht immer um den Ton            Nein, ich bin nicht dazu da, die
den. Die Aufgabe ist groß und          und das Umfeld. In der Gemein-          Gesellschaft zu erziehen, aber       Thema Infrastruktur, was
sie ist schön! Ich will auch Tole-     devertretung geht es nicht ums          ich kann es vorleben. Wir haben      gibt es aktuell zu tun in
ranz leben. Die Bevölkerung            Streiten. Es geht darum, dass alle      in Oberndorf mehr als 60 Verei-      Oberndorf?
kommt mit vielen zum Teil sehr         aneinemStrangziehen.Wennei-             ne — von den Historischen Schif-     Ganz elementar ist für mich die
persönlichen Dingen zu mir. Ich        ne Idee gut ist, spielt es keine Rol-   ferschützen über Sportvereine        Wasserversorgung. Sie ist so
will ein Ansprechpartner sein          le, von wem sie kam. Wir müssen         bis zu Chören. Diese Vereine         selbstverständlich für uns alle,
und zuhören.                           nicht alle einer Meinung sein, die      schaffen eine Stadtgemein-           dass wir wenig darüber spre-
                                       besten Ideen kommen sogar               schaft und so ist es wichtig, sie    chen. Wir in Oberndorf haben
Sie sind der erste offen               durch konträre Ansichten. Ich           zu unterstützen. Das Ehrenamt        ausreichend Trinkwasser in
schwule Bürgermeister                  finde,unsistdasimerstenhalben           verdient Respekt und Wert-           bestmöglichem        Hygienezu-
des Landes und sie sprechen            Jahr sehr gut gelungen, habe            schätzung. Die Bürger selbst         stand. Wir haben jetzt auch ein
auch öffentlich darüber.               aber den Anspruch, dass es noch         sollen mitgestalten können.          eigenes Aggregat für die Was-
Ja, ich will ein Vorbild sein und      besser wird. Die Toleranz hört bei      Welche Ideen dann gut für alle       serpumpe, um im Fall eines
ich würde für keinen Job der           mir dann auf, wenn die Sache ins        sind, findet man heraus.             Blackouts sicher versorgt zu
Welt meine Persönlichkeit ver-         Persönliche geht. Bei Unterstel-                                             sein. Der Verkehr ist natürlich
leugnen. Es geht ja gar nicht um       lungen und Angriffen wird auch          Das heißt für Oberndorf?             auch immer Thema in Obern-
meine Weltanschauung, son-             ein sehr diplomatischer Georg           Im Herbst starten wir einen          dorf. Als regionales Zentrum
dern darum, wer setzt am bes-          Djundja lauter. Wenn das Ge-            Agenda-21-Prozess. Das be-           sind wir ein großer Parkplatz für
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Oberndorf, der sich bis vor das Rathaus erstreckt.      BILD: GRABLER

die umliegenden Gemeinden.          auf das Thema hin, sprechen da-
Wir wollen, dass das Land die Lo-   rüber und setzen einzelne Pro-
kalbahn attraktiver macht, und       jekte um. Wir informieren die
dann brauchen wir mehr P&R-         Leute über unsere Kanäle darü-
Parkplätze. In Oberndorf selbst     ber, wie sie im Alltag Abfall ver-
geht ja alles gut zu Fuß. Was den   meiden können. Wir sind außer-
Hochwasserschutz betrifft, ha-      dem eine Fair-Trade-Gemeinde.
ben wir im Juli gerade wieder ge-   Das bedeutet, bei uns im Rat-
sehen, dass unser Schnecken-        haus gibt es Fair-Trade–Pro-
pumpwerk uns vor Schlimmem          dukte, Kaffee zum Beispiel. Bei
bewahrt hat. Aktuell brauchen       unseren Veranstaltungen ist die
wir aber noch zwei Retentions-      Vorgabe, dass mindestens ein
becken bei den Zubringerbä-         Fair-Trade-Produkt verwendet
chen. Das ist bereits geplant und   werden muss. Wir halten unsere
die Finanzierung steht. Jetzt       Vereine dazu auch an.
geht es darum, mit den An-             Ein Mal im Jahr, heuer am
rainern zu sprechen, wie wir das    15. September, haben wir den
umsetzen. Wir sprechen von          autofreien Tag. Dazu legen wir
360.000 Kubikmetern und einer       im Rathaus kostenlos Fahrkar-
Summe von 2,5 Millionen Euro.       ten für die Lokalbahn auf. Wir
                                    sind auch gerade am Evaluieren,
Wie verhält sich Oberndorf          ob wir eine e5-Gemeinde wer-
in Sachen Klimaschutz?              den sollen.
Ja, wir wollen Bewusstsein
schaffen. Wie weisen sehr oft                         Ulrike Grabler
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             Sie leben mitten unter uns
       Ehrlich willkommen Geheißene bereichern unsere Gesellschaft. Zwei Beispiele von jungen
                        Menschen, die sich mit Fleiß bei uns integriert haben.

TH OMAS HA A S                                                                                                zelnen und seine freie Entschei-
                                                                                                              dung sowie korrupte Machtver-
Sie erlernen Deutsch im Eilzugs-                                                                              hältnisse oder private Fehden,
tempo, knien sich mit Eifer in ihre                                                                           die vor allem junge Menschen ir-
Ausbildung rein und werden im                                                                                 gendwann nicht mehr ertragen
Betrieb geschätzt: Wer seine                                                                                  können. Auch in diesen aus un-
Heimat weit hinter sich lässt für                                                                             serer Sicht rückständigen Ge-
die Chance auf ein selbstbe-                                                                                  sellschaftssystemen verfügen
stimmtes Leben in Sicherheit,                                                                                 viele Jugendliche über Smart-
der setzt sich auch gerne dafür                                                                               phones und Internetzugang. Die
ein.                                                                                                          gefährliche „Droge“ der Freiheit,
  Den Wunschberuf zu erlernen,                                                                                der Menschenrechte und natür-
nach den eigenen Interessen ein                                                                               lich auch der wirtschaftlichen
Studium zu wählen, sich dort                                                                                  Selbstbestimmung verbreitet
niederzulassen, wo man sich           Hevy floh aus Syrien, um ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. In-    sich heute schneller, als es in
wohlfühlt, mit einem Partner der      zwischen ist sie Apothekenhelferin in Bürmoos.             BILD: HAAS   manchen Ländern des Nahen
Wahl zusammenzuleben und in                                                                                   und Mittleren Ostens oder auch
Frieden und Sicherheit eine Exis-     verdienern zählen. Immerhin er-    men in der oberen Hälfte der Be-     in Afrika dem jeweiligen Regime
tenz, vielleicht auch eine Familie    laubt die wirtschaftliche Lage     dürfnispyramide allzu oft nur        oder restriktiven Familienclans
zu begründen – all diese Freihei-     der allermeisten Familien die      geträumt werden. Da braucht es       lieb sein kann.
ten und offenen Wege sind in          Anschaffung von Smartphones        noch nicht einmal einen Bürger-
                                                                                                              Zwischen gegnerischen Clans
unserer Gesellschaft selbstver-       und dem einen oder anderen         krieg oder politische Verfol-
                                                                                                              und Auswanderung
ständlich geworden.                   elektronischen Spielgerät –        gung, da muss kein IS-Terror
  Dergestalt selbstverständlich,      auch wenn dafür bei dem einen      über ganze Landstriche ziehen        Bei Umair waren die Verhältnis-
dass sich kaum noch jemand be-        oder anderen Zusatzangebot         oder Hungersnöte und Natur-          se in Pakistan zwar alles andere
wusst darüber Gedanken macht          der Schule gespart werden          katastrophen Millionen Men-          als ruhig und stabil. So richtig
– schon gar nicht jene jungen         muss.                              schen aus ihrem ursprünglichen       bedrohlich wäre die Lage für den
Menschen, die bei uns in Sicher-                                         Lebensraum vertreiben. In vielen     Jugendlichen aus dem offenbar
                                      Gesellschaftliche Fesseln,
heit und Wohlstand heranwach-                                            Fällen sind es schlicht die engen    falschen Familienclan aber erst
                                      korrupte Machtverhältnisse
sen. Mit Wohlstand sind absolut                                          gesellschaftlichen Fesseln und       mit Erreichen der Volljährigkeit
gesehen auch jene gemeint, de-        Rund um Europa aber kann von       Vorgaben, das fehlende Ver-          und damit auch strafrechtlicher
ren Eltern nicht zu den Spitzen-      solchen Entscheidungsproble-       ständnis für die Würde des Ein-      Verfolgbarkeit geworden. Nicht,

                                                                                                                   PranaVita
                                                                                                                Energetische Methode und
                                                                                                                  Bewusstseinstraining

                                                                                                              PranaVita wird an der Intern.
                                                                                                              Prana-Schule Austria – Burgi
                                                                                                              Sedlak, gelehrt, Ihrem zertifi-
                                                                                                              zierten Bildungs-Institut seit
                                                                                                              1993. Prana bedeutet soviel wie
                                                                                                              „Lebensenergie“, und wird auch
                                                                                                              „Chi“, „Ki“ oder „Licht“ genannt.
                                                                                                              Dieses Prana zirkuliert im Körper
                                                                                                              und hält ihn gesund. Das Wohl-
                                                                                                              befinden von uns Menschen
                                                                                                              geht verloren, wenn Blockaden
                                                                                                              im Prana-Fluss entstehen. Pra-
                                                                                                              naVita dient der Gesunderhal-
                                                                                                              tung, Gesundwerdung und
                                                                                                              Stress-Bewältigung! Weitere
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                                                                                                              finden Sie auf: www.prana.at
                                                                                                                                     WERBUNG
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dass Umair ein solch windiges         stellt!“, erklärte ihm der Polizist,   Traiskirchen und wieder zurück       erfuhren Hevy und Umair enga-
Bürschchen gewesen wäre, das          der ihn hier aufgegriffen und          nach Seekirchen ins Clearing-        gierte Unterstützung – und
sich in jungen Jahren schon eini-     seine Fingerabdrücke genom-            House, wo später auch Umair          setzten die eröffneten Chancen
ges aufs Kerbholz geladen hät-        men hatte.                             unterkam.                            aber auch mit eifrigem Fleiß und
te. Er besuchte das College, lern-                                                                                Zielstrebigkeit um. „Da gab es
                                      Der Versklavung durch                  Von Chancen und Fleiß
te eifrig und wollte nichts lieber,                                                                               keine Zeit, um stundenlang auf
                                      den Mann entkommen
als sich über ein Wirtschaftsstu-                                            Umair und Hevy hatten das gro-       Facebook zu sein. Ich habe nur
dium die Grundlage für ein soli-      Hevys kurdische Familie lebte          ße Glück, bei uns auf Menschen       gelernt und im Bus die aufge-
des Leben schaffen.                   schon seit Generationen in Syri-       getroffen zu sein, denen es ein      schnappten deutschen Worte
   Wie bei vielen jungen Män-         en – die Staatsbürgerschaft be-        ehrliches Anliegen ist, jungen       gegoogelt,      um      schneller
nern aus seiner Verwandtschaft        kam sie aber erst per Generalde-       Menschen auf ihrem Weg ins Le-       Deutsch zu sprechen. Hevy ist
war aber zu erwarten, dass ein        kret nach Ausbruch des Bürger-         ben zu helfen, die nach schreckli-   mittlerweile glücklich verheira-
gegnerischer Clan mit korrupten       kriegs. Davor hatte Hevy dort          chen Erlebnissen verunsichert        tet und als Apothekenhelferin
Verbindungen in Politik und           weder Rechte noch Perspekti-           und vollkommen hilflos bei uns       eine Bereicherung des Betriebs
Verwaltung auch Umair wahllos         ven, nur jene, viel zu früh einem      ankommen und nichts weiter           für die arabisch sprechende
mit Klagen und Verleumdungen          der Familie genehmen Mann als          wollen, als ein für unsere Begrif-   Kundschaft.
eindecken würde, nur um einem         Frau und quasi private Sklavin         fe ganz normales Leben führen.          Umair ist als gelernter
weiteren Mitglied der verhass-        zugewiesen zu werden. Die Vier-        Es war ihnen allerdings auch von     Koch/Kellner erfolgreich in der
ten anderen Familie das Leben         zehnjährige wünschte sich ein          Anfang an bewusst, dass es           Salzburger Spitzenhotellerie an-
zur Hölle zu machen.                  ganz anderes Leben, 2011 ge-           eben nicht selbstverständlich        gekommen, wo seine Vermitt-
   Um dem Sohn die Chance für         lang ihr der illegale Grenzüber-       ist, etwas lernen zu dürfen, sich    lung bei den besonderen Be-
ein selbstbestimmtes Leben zu         tritt in die Türkei trotz generel-     einen Beruf erwählen zu können       dürfnissen muslimischer Gäste
eröffnen, schickten die Eltern        len Ausreiseverbots. Dann folg-        und frei über sein eigenes Leben     sehr geschätzt wird. „In den ver-
ihn schweren Herzens mit sech-        ten die schrecklichsten drei Ta-       zu entscheiden. Umso fruchtba-       gangenen fünf Jahren habe ich
zehn zum älteren Bruder, der in       ge in Hevys Leben: Mit anderen         rer war der Boden, auf den die       keinen Urlaub gemacht, sondern
Griechenland Fuß gefasst hatte.       eingepfercht in einen Lastwa-          Bemühungen der Helferinnen            jeden freien Tag in Weiterbil-
Von den dortigen Behörden             gen, ging es ohne Aussteigen bis       und Begleiter fielen. Der indivi-    dung investiert.“ Sobald er die
umgehend abgewiesen, schlug           in ein Waldstück in Österreich.        duell passende Sprachkurs, der       Abendmatura geschafft hat,
sich Umair auf eigene Faust bis       Dem Aufgreifen folgten Trans-          externe Hauptschulabschluss,         möchte er seinen Traum vom
nach Österreich durch. „Du hast       porte in die Erstaufnahme bei          die Lehrstelle und die vielen Be-    Wirtschaftsstudium doch noch
gerade einen Asylantrag ge-           St. Georgen, von dort nach             hördenwege: In allen Belangen        wahr machen.
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                 Moosdorf: Ibmer Moor,
                 Paradies oder Museum?
      Hier zeigt die Natur noch, was sie könnte: Ein reichhaltiges Vorkommen auch seltener Tier-
      und Pflanzenarten in naturnahen Lebensräumen wie dem Ibmer Moor in Moosdorf belebt
        in wohltuender Schönheit eine Natur, die der Mensch sich nicht (mehr) zunutze macht.

TH OMAS HA A S                     Geschichten über versunkene,       wieder einen Jüngling in ihr       Buben beinahe im Moor versun-
                                   verschwundene oder gar ver-        feuchtes Grab holen würden.        ken und nach der Erleuchtung
Gleichzeitig war und ist eine      wunschene Wanderer und an-         Zugegeben, eine schaurig-          durch ein wundersames Irrlicht
solch ungebändigte Naturland-      dere Unglückliche. Mangels an-     schöne Art, den Freitod ge-        schließlich in einer Kapelle am
schaft ihren Bewohnern wie Be-     derer Sündenböcke musste           schwängerter junger Frauen,        Rand des Moores verschieden.
suchern auch immer schon ein       noch bis ins vergangene Jahr-      homosexueller Jünglinge oder       Ein Schuster wiederum, dem
wenig unheimlich. Wo es dem        hundert hinein oft die Natur in    anderer Außenseiter unter den      sich auf seinem nächtlichen Weg
Menschen nicht gelungen war,       ihren undurchschaubaren Er-        gesellschaftlichen Teppich zu      durch das Moos ein Irrlicht be-
die weitgehende Herrschaft         scheinungsformen herhalten,        kehren oder (Raub-)Morde zu        harrlich an die Fersen geheftet
über Boden und Wasser, über        wenn tragische Ereignisse mit      vertuschen. Gerne wurden sol-      haben soll, habe dieses schließ-
Pflanzen und Tiere und über die    gesellschaftlichen Tabus ein-      che Geschichten zusätzlich reli-   lich mittels Weihwasser zum Er-
Nutzung oder auch bloß Pas-        hergingen.                         giös verbrämt.                     löschen gebracht und auf diese
sierbarkeit der Flächen zu über-      Wie oft hört man von ver-                                          Weise eine arme Seele der Erlö-
                                                                      Gar schaurig ist’s im Moos
nehmen, dort rankten sich bald     fluchten Übeltätern, die als un-                                      sung zugeführt. Dass diese Irr-
Legenden und Sagen um eine         tote Moorleichen immer wieder      So sei ein gewisser Veit Zinder,   lichter schlichte Selbstentzün-
solche Gegend und ihre Natur-      Jungfrauen in das schwarze         der Zeit seines Lebens kein Fei-   dungen von Metangas-Blasen
erscheinungen. Moore und vor       Nass gelockt hätten, oder von      ner gewesen sein soll, im Zuge     sind, die aus dem Moorwasser
allem Moorseen boten seit jeher    vormals liederlichen Dirnen, die   einer wirren Jagd nach ver-        aufsteigen, war den Menschen
reichlich Stoff für gruselige      sich als Moorweiblein immer        meintlichen Laternenschaukler-     früher freilich nicht bekannt.
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Selbst der kundige Besucher                                                                                 Vegetation und Tierwelt.Jede
von heute ist nicht vor dem                                                                                 Störung, jeder Eingriff brächte
Schauer gefeit, den solche un-                                                                              dieses System zwangsläufig aus
gewöhnlichen Lichtspiele über                                                                                jenem Gleichgewicht, das wir als
den Rücken jagen.                                                                                           so wohltuend empfinden.
  Die größte zusammenhän-                                                                                      Umso erschreckter müssen
gende Moorlandschaft Öster-                                                                                 wir andernorts umgekehrt zur
reichs an der Grenze zwischen                                                                               Kenntnis nehmen, wenn Bäche
Salzburg und Oberösterreich er-                                                                             in Minutenschnelle ganze Dörfer
zählt in ihrer abenteuerlichen                                                                              fluten, wenn eine Mäuseplage
Geschichte der vergangenen                                                                                  die Ernte eines Jahres vernich-
150 Jahre aber auch durchaus                                                                                tet oder wenn Bienen und ande-
greifbar vom Werden und Ver-                                                                                re Insekten oder auch Vögel kei-
gehen in Gestalt der beeindru-                                                                              nen Lebensraum mehr finden.
ckenden Geduld der Natur, wel-     Entlang des Moorlehrpfads gibt es verschiedene Aussichtsplattfor-        Oft kann der Besuch eines Na-
cher die zerstörerische Gier des   men zum Beobachten der Artenvielfalt im Moor.          BILD: HAAS        turidylls, wie wir es mit den
Menschen Hohn spottet.                                                                                      hier erwähnten Moorgebieten
   Aus dem nördlichen Teil des     sern kann in einem Jahr bis zu ei-   dings bis zuletzt beim manuellen    gleichsam vor der Haustür ha-
gewaltigen Salzburger Sees,        nem Millimeter Torf entstehen.       Abbau, wodurch die Eingriffe        ben, die Augen dafür öffnen, wie
den die Gletscher der Würm-        Durch große Abbaumaschinen           nicht so drastisch ausfielen wie    schön und wichtig das Funktio-
Eiszeit zwischen Untersberg und    wurden bis zur Jahrtausend-          in den südlich angrenzenden         nieren natürlicher Systeme ist.
dem heutigen Weilhartsforst        wende in den Salzburger Teilge-      Salzburger Mooren, welche in-       Fortschreitender Bodenversie-
hinterlassen hatten, war im Ver-   bieten Bürmoos und Weidmoos          zwischen allerdings aufwendig       gelung, Überdüngung, Ausbeu-
lauf von über 10.000 Jahren ei-    mehrere Meter hohe Torfbe-           und durchaus gelungen renatu-       tung natürlicher Ressourcen
ne ausgedehnte Moorland-           stände abgetragen und über ein       riert wurden.                       und anderen Eingriffen aus blin-
schaft mit mächtigen Torf-         eigens verlegtes Schienensys-           Wer heute durch das Ibmer        der Gewinnsucht und Begeiste-
schichten gewachsen. Durch         tem abtransportiert.                 Moor spaziert, etwa vom Park-       rung für die technischen Mög-
das Absterben und Vermodern                                             platz bei der Kapelle im Ort Ibm    lichkeiten kann mit Blick auf
                                   Spuren intakter Natur
der untern Teile eines an der                                           startend, gewinnt entlang des       Sonnentau und Brachvogel in
Oberfläche       schwimmenden      Auch im Ibmer Moor wurde Torf        Moorlehrpfads       faszinierende   Ibm nur entgegengehalten wer-
Teppichs aus Moosen und Grä-       gestochen, dort blieb es aller-      Einblicke in die üppige Fülle von   den: „So muss Natur!“
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      Eggelsberg: Ein Club, der die
      schönsten Momente einfängt
   Seit 40 Jahren gibt es den Fotoclub Eggelsberg. Seine Mitglieder halten Menschen, Ereignisse,
                            Landschaften und Tiere für die Zukunft fest.

ULRIKE G R A BL E R                Jahresbeginn gemeinsam aus-           te und fangen die besten Motive     Jury stellen befreundete Foto-
                                   gewählt. Das jüngst Mitglied ist      ein. Auch zu Hause wird die Ge-     clubs aus Österreich und
Der Zauber des Moments liegt       15, das älteste 80 Jahre und alle     gend erkundet — die Umgebung        Deutschland.
der Vereinstätigkeit des Eggels-   fotografieren mit Eifer ganz un-      bietet ohnehin eine Fülle an          Unter ihnen gibt es auch eine
berger Fotoclubs zugrunde.         terschiedliche Motive.                schönen Motiven, und das zu je-     Meisterschaft, die jeder alle zehn
Hier geht es um die schönsten         Für Obmann Andreas Schachl         der Jahreszeit. Über die Kirchen,   Jahre austrägt. Heuer ist Eg-
Bilder, die das Leben liefert.     ist die Fotografiererei aber          Kapellen und Wegkreuze der          gelsberg an der Reihe, den
Wunderschöne          Moorland-    schon weit mehr als ein Hobby.        Gemeinde haben die Mitglieder       „Städtewettbewerb“ zu veran-
schaften oder spannende Kat-       „Ich fotografiere, seit ich 15 Jah-   des Fotoclubs auch schon ge-        stalten. Am 21. September wählt
zengrimassen — das Fotogra-        re alt bin. Wenn es in der Ge-        meinsam einen Bildband gestal-      eine Jury den Siegerclub und
fenauge weiß, wie man Beson-       meinde Eggelsberg etwas zu            tet, der in der Gemeinde erhält-    das beste Einzelbild aus. Dazu
deres festhält.                    knipsen gibt, dann mache ich          lich ist.                           gibt es einen Katalog und ab
   Das „Leben in und am Wasser“    das. Hauptsächlich bei all den           Jedes Jahr wird der Clubmeis-    dem 19. Oktober auch eine Aus-
ist September–Thema des Fo-        kirchlichen Veranstaltungen.“         ter ermittelt. „Wir haben einen     stellung im Haus Rauhberg in
toclubs Eggelsberg. Ein Mal im        Kein Wunder, denn der Foto-        Fotopool mit all unseren Wer-       Gundertshausen.
Monat treffen sich die 15 Hob-     club Eggelsberg ist ein sehr akti-    ken. Jeder sucht sich sein bestes     Der Fotoclub Eggelsberg hat
byfotografen zu einem be-          ver Verein. Neben den monatli-        aus und die schicken wir            heuer sein 40-jähriges Jubiläum
stimmten Thema und bespre-         chen Treffen gehen die Mitglie-       dann gesammelt an unsere ex-        gefeiert. Ein Besuch auf der
chen gegenseitig ihre Arbeiten.    der auf Fotosafaris in die unter-     terne Jury, die das Siegerbild      Homepage lohnt sich jedenfalls:
Diese Themen werden schon zu       schiedlichsten Länder und Städ-       auswählt“, sagt Schachl. Diese      www.fotoclub-eggelsberg.at
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Josef Kammerstetter ist der Landschaftsfoto-Profi im Fotoclub Eg-
gelsberg.                                     BILD: KAMMERSTETTER

Mit dieser Katze gewann Andreas Schachl den Landesfotowettbe-
werb.                                             BILD: SCHACHL
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 Vom Start-up zum international
  erfolgreichen Unternehmen
Mit B&R hat einer der                  Kosmetika oder Lebensmittel,         das Unternehmen unlängst ein         mit großen Büroflächen und top-
größten Arbeitgeber der                werden mit dem Know-how und          Kamera- und Beleuchtungssys-         modern ausgestatteten Semin-
                                       der Technologie von B&R herge-       tem entwickelt, das Maschinen        arräumen. Auch zusätzliche La-
Region seinen Sitz in
                                       stellt. Die Technik aus Eggelsberg   die Fähigkeit des Sehens verleiht.   bors für Forschung und Entwick-
Eggelsberg. Vom kleinen                verbirgt sich in zahlreichen Ma-     Außerdem bietet B&R Transport-       lung werden darin Platz finden.
Start-up hat sich das                  schinen, wie beispielsweise Ge-      systeme mit modernster Mag-          Der zukunftsweisende Innova-
Unternehmen in 40 Jahren               tränkeabfüllanlagen, die Fla-        netschwebetechnologie an, die        tions- und Bildungscampus bie-
zum Spezialisten der                   schen automatisiert produzieren      in ihrer Funktionsweise einzigar-    tet somit die perfekten Schu-
Industrie-Automatisierung              und abfüllen.                        tig am Markt sind.                   lungs- und Weiterbildungsbe-
                                                                                                                 dingungen für neue und beste-
entwickelt.                            Intelligenz                          Hightech-Produkte
                                                                                                                 hende Mitarbeiter. B&R setzt da-
                                       für Maschinen                        aus Eggelsberg
Eine Erfolgsgeschichte hat die                                                                                   mit auch weiterhin auf den
Firma B&R aus Eggelsberg ge-           Das Kerngeschäft des Innviertler     B&R ist fest in Eggelsberg ver-      Standort Eggelsberg.
schrieben. Mit Innovationsgeist,       Unternehmens sind Steuerungs-        wurzelt und wird 2020 die 4.000-                            WERBUNG
Know-How und Mut hat sich das          systeme für Maschinen. Die           Mitarbeiter-Marke überschrei-
Unternehmen von der kleinen            Steuerung dient sozusagen als        ten. Alle B&R-Produkte werden
Idee zum weltweit gefragten            Gehirn der Maschine und sorgt        an den Produktionsstandorten
                                                                                                                   B&R Industrial
Spezialisten und zum beliebten         dafür, dass sämtliche Prozesse       Eggelsberg und Gilgenberg auf
                                                                                                                   Automation GmbH
Arbeitgeber in der Region entwi-       automatisch ablaufen. Rund 700       rund 40.000 m2 Fläche gefertigt.       B&R Straße 1
ckelt. B&R ist für alle führenden      Mitarbeiter beschäftigen sich bei    Über Logistikzentren in Atlanta        5142 Eggelsberg
Maschinenbauer weltweit ein ge-        B&R täglich mit der Forschung        (USA), Shanghai (China), Pune          Tel. +43 7748 6586-0
schätzter Partner.                     und Entwicklung neuer Produkte       (Indien) und Campinas (Brasili-        www.br-automation.com
   Das Unternehmen beschäftigt         und Technologien. Das lässt die      en) werden die Produkte an Kun-        office@br-automation.com
in Eggelsberg etwa 2.200 Mitar-        umfangreiche und vielfältige         den weltweit geliefert.                Bewerbungen an:
beiter, weltweit sind es 3.750. Vie-   Produktpalette von B&R stetig           Aktuell entsteht in Eggelsberg      jobs@br-automation.com
le alltägliche Konsumgüter, wie        weiterwachsen. Zum Beispiel hat      ein neuer Automation Campus
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       Die Renaissance des                                                                                    B I E R SI N N L I C H E S
                                                                                                                Hopfen aus der

        Hopfenpflückens
                                                                                                                  Apotheke

  Der Hopfenanbau hatte im Oberen Innviertel früher große Bedeutung,
      dann verschwand das „grüne Gold“ und heute ist es im Trend.

WOLFG ANG R E IND L

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts
galt die Gegend um das Ibmer                                                                                  Alexander Pöllner ist Brau-
Moor als Hoffnungsgebiet für                                                                                  meister in der Privatbrauerei
den Hopfenanbau der Monar-                                                                                    Schnaitl.       BILD: SCHNAITL
chie. In Bürmoos, Hackenbuch
und Ibm wurde das „grüne Gold“                                                                                Meinen ersten Hopfen habe
auf insgesamt 60 Hektar Fläche                                                                                ich in der Apotheke gekauft.
angebaut, Hunderte Menschen                                                                                   Damals, in den frühen 90er-
fanden gut bezahlte Arbeit als                                                                                Jahren, gab es noch kaum
Hopfenpflücker. Mit dem Ersten     Bei der Hopfenernte um 1910 in Hackenbuch.                 BILD: PRIVAT    Angebote für Hobbybrauer
Weltkrieg wurde es still um die                                                                               und schon gar keine Online-
heimischen      Hopfenkulturen.    merbier, bei dem alle Rohstoffe      Hopfens zu einer außerordent-         Shops, in denen man unter
Heute jedoch ist Hopfen aus un-    ausnahmslos aus dem kleinen          lich gesunden Spezialität verar-      verschiedensten Hopfensor-
serer Region wieder gefragt.       oberösterreichischen         Dorf    beitet werden. Der Hopfen             ten wählen konnte. Ich war ei-
Das gemeinsame Hopfenpflü-         stammen: Die Wintergerste            selbst ist eine seit Jahrhunder-      ner der wenigen Spinner, die
cken in den Brauereien wurde       wächst auf den Feldern neben         ten bekannte Heilpflanze, die         sich in den Kopf gesetzt hat-
zum gesellschaftlichen Ereignis.   der Brauerei, der Hopfen ge-         für gesunden Schlaf, starke Ner-      ten, zu Hause ihr eigenes Bier
   Der Trend zu regionalen Pro-    deiht im Brauereigarten und das      ven und guten Appetit sorgt.          zu brauen. Und so blieb mir
dukten ist auch beim Bier deut-    Wasser stammt aus dem eige-             Einen Einblick in den Hopfen-      der Weg zur Apotheke nicht
lich spürbar. Mehrere Privat-      nen Tiefbrunnen. Die Zahl der        anbau vor über 100 Jahren er-         erspart, um hier den Hopfen
brauereien im Innviertel und im    Bierfreunde, die sich gerne am       laubt die Sonderausstellung           für mein allererstes eigenes
Flachgau pflanzen mittlerweile     gemeinsamen          herbstlichen    „Grünes Gold“, die im Bürmooser       Bier zu erwerben. Ich kann
Rohstoffe wie Gerste und Hop-      Hopfenpflücken         beteiligen,   Torf-Glas-Ziegel-Museum noch          mich nicht mehr erinnern,
fen auf ihrem eigenen Braue-       wächst von Jahr zu Jahr.             bis Ende November donnerstags         woher       dieser    Hopfen
reiareal an und brauen daraus        Dabei ist Hopfen nicht nur fürs    (17 bis 21 Uhr) und sonntags (14      stammte, aber ich fasste da-
spezielle Biere. In der Privat-    Bierbrauen geeignet. Eine abso-      bis 18 Uhr) zu sehen ist. Am 8. No-   mals den festen Entschluss,
brauerei Schnaitl in Gunderts-     lute Delikatesse ist der Hopfen-     vember gibt es hier Interessan-       irgendwann einmal meinen
hausen entsteht so die „Gun-       spargel, bei dem im Frühjahr die     tes und Amüsantes zum „Tau-           eigenen Hopfen anzubauen.
dertshausener Ernte“, ein Som-     überflüssigen Jungtriebe des         sendsassa Hopfen“ zu hören.              Heute stehe ich als Brau-
                                                                                                              meister im Sudhaus der Pri-
                                                                                                              vatbrauerei Schnaitl in Gun-
                                                                                                              dertshausen und habe mein
                                                                                                              damaliges Hobby längst zum
                                                                                                              Beruf gemacht. Durch die
                                                                                                              großen Fenster kann ich di-
                                                                                                              rekt auf den kleinen Hopfen-
                                                                                                              garten schauen, wo wir seit
                                                                                                              2011 unseren eigenen Hop-
                                                                                                              fen für die Gundertshausener
                                                                                                              Ernte anbauen. Ich mag es,
                                                                                                              den Pflanzen beim Wachsen
                                                                                                              zuzusehen, bis zu 10 cm
                                                                                                              schaffen sie im Mai und Juni
                                                                                                              pro Tag. Und ich freue mich
                                                                                                              schon aufs gemeinsame
                                                                                                              Hopfenpflücken im Septem-
                                                                                                              ber, wenn ich die reifen Inn-
                                                                                                              viertler Hopfendolden in den
                                                                                                              Händen halten werde und
                                                                                                              weiß, dass ich daraus auch im
                                                                                                              nächsten Jahr wieder ein echt
                                                                                                              regionales Bier brauen kann!
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  Ein Tag mit heimischen
       „Rauptieren“
   Im Naturrefugium im Oberen Innviertel hat sich unsere Redakteurin
   auf eine Erkundungstour quer durch Baumhoroskop, Kratzdistel und
                        Wiesenknopf gemacht.

MAR T I N A MO L I H

Kleine Ochsenaugen beobach-
ten uns, der Boden zittert leise.
Waldvögelchen umschwirren
mich und ein, zwei Bläulinge tan-
zen vor uns durch den Wald.
Nein, das wird keine neue
Geschichte aus Mittelerde, son-
dern ein Erlebnisbericht von ei-
ner wunderbaren Wanderung
durch das Frankinger Moos
mit Schmetterling-Liebhaberin
Christa Schlögl.
   Ich treffe sie auf dem Park-
platz des Seminarhauses Holz-
östersee in Holzleithen bei Fran-
king. Sie ist Kräuterpädagogin
und Mitbegründerin des Natur-
refugiums im Oberen Innviertel.
Mit Rucksack, Kamera und Son-        Christa Schlögl im Naturparadies.                         BILD: MOLIH
nenhut ausgerüstet, starten wir
durch den Garten rund um das         nen sie gerade zu Mittag essen.     zu drei Mal pro Jahr legt er hier
Lern- und Sprachcamp der Fa-         Distelfalter sind Wanderfalter,     auf der üppig grünen Wiese sei-
milie Obermair. Der Weg ist ge-      erzählt mir Christa. Ihre Heimat    ne Eier ab. Immer auf die Brenn-
säumt von vielen verschiedenen       ist Südafrika. Sie fliegen in       nesseln, und zwar die großen. So
Baumarten, die dem keltischen        Schwärmen und legen große           hat die Raupe, die genauso sta-
Baumkreis entsprechen. Mei-          Strecken zurück, indem sie sich     chelig ist wie ihre Fraßpflanze,
nem Geburtsdatum zufolge bin         vom Wind tragen lassen. Hier,       genügend Nährstoffe, um die
ich die Weide. Tatsächlich neben     bei uns, vermehren sie sich und     wundersame Verwandlung in
der Birke mein Lieblingsbaum.        die Nachkommen machen sich          den leuchtend orangen Falter zu
Das keltische Baumhoroskop           zurück auf den Weg in die sub-      vollziehen. „Ich würde mir sehr
bescheinigt mir Einfühlsamkeit       tropischen Steppengebiete, un-      wünschen, dass mehr Menschen
und künstlerisches Talent, eine      sere Wintertemperaturen wür-        auch im Kleinen etwas für Insek-
vielseitige Weltbürgerin und         den sie nicht überleben. Dazu       ten tun würden. Es reicht schon,
voller Unruhe zu sein. Und dass      fällt der Naturliebhaberin gleich   wenn man im eigenen Garten ein
ich intuitive Vorausahnungen         auch das Schlagwort Lichtver-       kleines Stück Wiese einfach mal
besäße. Das muss wohl stim-          schmutzung ein. „Nicht nur Zug-     stehen lässt. Das ist besser als
men, denn schon nach den ers-        vögel, sondern eben auch            jedes noch so gut gemeinte In-
ten Schritten inmitten dieser        Schmetterlinge sind durch die       sektenhotel. Das Schlimmste für
herrlichen Natur bin ich mir ganz    permanente Beleuchtung ihrer        mich sind Rasenmähroboter, die
sicher: Das wird ein richtig schö-   Flugrouten auf ihrem Weg ge-        jedes Wachstum quasi im
ner Arbeitstag.                      stört und gefähr-                   Keim schon ersti-
                                     det.“                               cken.“
Vom Winde verweht
                                     Das Gras
Rund 2000 Nacht- und 190 bis
                                     wachsen lassen
215 Tagfalterarten gibt es in un-
serer Gegend. Als Erstes begeg-      Nach ein paar Metern be-
nen wir den Distelfaltern. Ihre      treten wir die Kinderstube
gelb-braun-orangen        Flügel     der Nesselfalter. So
passen perfekt zu den violetten      wird der Kleine Fuchs
Blüten der Kratzdistel, auf de-      auch genannt. Bis
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