Der Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V. August 2020
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Der Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V. August 2020 Editorial In den letzten Wochen und Monaten habe ich mit vielen Achtsamkeit Menschen gesprochen und von ihren Ängsten und Sorgen In den letzten zehn Jahren haben zahlreiche Johanniter- gehört, aber auch Berichte über ungeahnte Chancen und schwestern und Gäste MBSR-Seminare (Mindfulness-Based Kreativität in der Lösung von Problemen. Stress Reduction) oder das Seminar „Positive Gefühle kulti- Wir haben im Büro der Schwesternschaft zusammengeses- vieren“ bei Ellen Schepp-Winter absolviert. Allen Absolven- sen und überlegt, wie wir euch Johanniterschwestern und tinnen haben wir hierzu ein zehnwöchiges Online Medita- Fördermitglieder trotz aller Begrenzungen unterstützen kön- tionsprogramm angeboten. Die Resonanz darauf war so gut, nen, Angebote anderer mit zu nutzen und Verbindungen über dass die Referentin die Achtsamkeitsübungen und Medita- digitale Medien zu ermöglichen. tionsanleitungen noch einmal überarbeitet, damit sie für alle Da es ein bunter Strauß von Ideen, Maßnahmen und Ent- nutzbar werden und wir das Programm auf unserer Website scheidungen ist, will ich den Informationen Begriffe zuord- einstellen können. nen, die mir am ehesten geeignet scheinen, die Vielfalt ab- Besonnenheit zubilden. In angespannten und/oder emotionalen Situationen am Ar- Glaube und Gottesdienst beitsplatz wie auch zuhause, nicht unüberlegt oder allzu Zu den kirchlichen Festen hat unser Ordensdekan jeweils schnell zu handeln, sondern angemessen und in Ruhe zu re- Grußworte an uns alle gerichtet, die der Orden oder die agieren, ist Ausdruck von Besonnenheit und Resilienz. Schwesternschaft im Netz eingestellt haben, sodass alle da- Alle Führungskräfte haben in Zusammenarbeit mit der Jo- von profitieren können. Pfarrer Fröhlich aus Nieder-Weisel hat hanniter GmbH ein Resilienz-Coaching-Angebot erhalten. Lesegottesdienste verfasst und über seinen E-Mail-Verteiler Leitende aus den Altenpflegeeinrichtungen haben sehr pro- verschickt. Über Anfragen von weiteren Interessierten freut fitieren können; so deren Rückmeldungen. Die Mehrheit der er sich bestimmt. Führungskräfte glaubt, dass Coaching nach getaner Arbeit Auf der Seite „nach-gedacht“ auf unserer Website finden sich und großer Anstrengung sinnvoll sei; das Verständnis für prä- wunderbare Texte von Mitschwestern, die „Abendgedanken“ ventive Maßnahmen ist regelhaft noch nicht vorhanden. von Johanniterschwester Yvonne Emde bieten Euch allen Für die Regionalschwestern übernimmt unser Förderverein Nachdenkenswertes; sie sind unter „Aktuell“ zu finden. sogar ein erweitertes Programm bestehend aus Coaching und www.johanniter.de/die-johanniter/johanniter-schwesternschaft/ Aus Liebe zum Leben
Seminar mit Resilienz-Trainer Hugo Körbächer, sodass sie für In einigen Videokonferenzrunden mit den Regionalschwestern ihre Arbeit in den Regionen konstruktive Strategien entwi- war der Austausch zur persönlichen Situation möglich und ckeln können und diese effizient umsetzen. wurde von allen als so hilfreich empfunden, dass wir uns in regelmäßigen Abständen im virtuellen Raum treffen. Verantwortung Die vom Förderverein finanzierten Angebote des kollegialen In Absprache mit dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Coaching durch Johanniterschwestern und Resilienz-Coach Dr. Tessen v. Heydebreck, habe ich die Mitglieder gebeten, ihr Marita Neumann werden gerne angenommen. Ganz besonde- Mandat um ein Jahr bis zur nächsten Mitgliederversammlung ren Zuspruch erfährt das oben erwähnte Resilienz-Seminar zu verlängern. Unsere Satzung sieht keine Briefwahl vor und mit Hugo Körbächer, speziell zur Thematik der Krisenbewäl- deshalb erschien uns diese Lösung für die ausgefallene Mit- tigung. gliederversammlung am sinnvollsten. Dankenswerterweise Da wegen der Hygiene- und Abstandsregeln nicht alle in der haben alle zugestimmt, sodass wir hoffentlich am 27. Mai ersten Runde dabei sein können, ist ein zweites Seminar glei- 2021 mit Ihnen gemeinsam unsere Versammlung einschließ- chen Inhaltes im Herbst geplant in das auch Unterstützerin- lich der Wahlen durchführen können. nen der Regionalschwestern mit einbezogen werden. Der Verwaltungsrat wird in der zweiten Oktoberhälfte 2020 tagen, je nach Situation gegebenenfalls in einer Videokonfe- Haltung renz, und unter anderem den Jahresabschluss 2019 entge- Eine Krise zeigt auch die Lebenshaltung, die wir haben. gennehmen sowie den Haushalt für das Jahr 2021 beraten. Die bewährten Kontakte mit Verantwortlichen der Johanniter Bis dahin haben die Regionalschwestern und ich erste Erfah- Seniorenhäuser haben sich auch jetzt wieder als belastbare rungen sammeln können, wie wir Fortbildung, Gemeinschaft Verbindungen erwiesen, um Themen zu diskutieren und Lösun- und die Sorge füreinander unter Corona-Bedingungen gestal- gen für Fragestellungen zu finden. Zu den guten Erfahrungen ten werden. Diese Berichte mit den Verwaltungsratsmitglie- in der Krise gehört für mich im Bereich der Akutkliniken die dern zu diskutieren und erste Auswertungen vorzunehmen, Zusammenarbeit mit Dr. Thomas Krössin, dem Geschäftsführer wird für die weitere Arbeit wichtig und hilfreich sein. der Johanniter GmbH. Sehr schnelle unkomplizierte Abstim- mungen machen Problemlösungen leicht. Trotz angespannter Freundschaft/ Fürsorge Atmosphäre in der Startphase der Pandemie konnten wir bei- Die Regionalschwestern organisieren das schwesternschaftli- spielsweise in aller Sorgfalt über die möglicherweise entste- che Leben vor Ort, halten Kontakt und kümmern sich darum, henden ethischen Fragestellungen von Triage mit Prof. Ulrich dass alle die wollen, auch Beziehungen und Freundschaften Körtner (Leiter der Ethikkommission) in mehreren Telefonkon- pflegen können. ferenzen diskutieren. Das ist mit Beginn der Pandemie schwer, manchmal unmög- Mein Vorstandskollege im Deutschen Evangelischen Kranken- lich geworden. Viele hatten sehr anstrengende Dienste zu hausverband (DEVK), Christoph Radbruch, brachte es auf den leisten, waren zusätzlich in der Familie gefordert oder muss- Punkt: „Corona ist ein Stresstest für das diakonische Profil.“ ten wegen besonderer Risiken Aktivitäten zurückstellen. Wenn man in komplexen Situationen, ohne ausreichende In- 2 Der Schwesternbrief | August 2020
formationen, Entscheidungen treffen muss, ist ein wichtiges Element der Entscheidungsfindung der eigene Wertekanon. Helmut Schmidt äußerte als junger Hamburger Innensenator während der schweren Sturmflut 1962 den Satz: „Charakter zeigt sich in der Krise“. Welche Werte uns wirklich wichtig sind, zeigte sich auch jetzt in der Krise durch die Pandemie. Wir haben große Stär- ken erkennen können, aber auch Schwachstellen. Besonders in der Langzeitpflege sind Pflegende verstärkt da- mit konfrontiert, dass sie den Anforderungen an eine profes- sionelle Pflege und Beziehungsgestaltung nicht gerecht wer- den können. Die Situation in den Einrichtungen war und ist weitgehend durch die Priorisierung des Infektionsschutzes geprägt. Pflegende laufen Gefahr in emotionellen Stress zu geraten, viele fühlen sich erschöpft. Dabei ist „das Virus ge- kommen, um zu bleiben“, wie Ulrich Körtner titelte. Wir benötigen pflegeethische Reflexionen, um die weitere Pflege zu gestalten. Dieses Thema werden wir sowohl in Fort- bildungen bearbeiten wie auch am nächsten Schwesterntag. Solidarität Wertschätzung/ Dankbarkeit Nur wir selbst gestalten, was Pflege zukünftig sein wird. Schwachstellen der Gesellschaft sind deutlich geworden; wer In der Krise haben alle Bürger gemerkt, Pflege ist systemrele- in prekären Situationen leben und arbeiten muss, ist häufiger vant. Damit es nicht bei den freundlich gemeinten Beifalls- von Erkrankung betroffen. bekundungen bleibt, sind wir aufgefordert, kritisch auf die Nicht nur die im Gesundheitswesen Tätigen, einschließlich der eigene Haltung zu schauen. Gerade im WHO-Jahr der pro- vielen Reinigungskräfte in den Einrichtungen, haben Enormes fessionell Pflegenden muss es jeder Johanniterschwester ein geleistet, sondern auch die Beschäftigten im Einzelhandel, bei Anliegen sein, sich für diesen wunderbaren Beruf einzusetzen. der Abfallentsorgung sowie Post und Paketzusteller/-innen. Das Aktionsprogramm 2030 des Berufsverbandes für Pflege- Wir alle dürfen dankbar sein, dass die erste Welle der Corona- berufe (DBfK) nimmt vier Bereiche der Weiterentwicklung in Pandemie so gut bewältigt werden konnte. den Blick: Wir werden aber Geduld und Disziplin benötigen, die Aufmerk- • Profession samkeit auf die nötigen Hygieneregeln zu erhalten. • Bildung Ich freue mich auf Begegnungen am Telefon, in Videokonfe- • Organisation renzen und vielleicht auch wieder persönlich, denn auch mit • Gesundheitssystem. 1,5 Meter Abstand ist ein intensives Gespräch möglich, um Die beschriebenen Ziele werden wir nur erreichen, wenn Erfahrungen auszutauschen. wir bereit sind, strukturkritisch zu sein und interdisziplinär Bleiben Sie geduldig und behütet zu denken und zu handeln. Ausführliche Informationen zum Aktionsprogramm finden Sie auf unserer Website. Ihre Andrea Trenner Erfahrungsberichte unserer Johanniterschwestern Die Corona-Pandemie hat zu starken Jahren kämpft. Wir haben unsere Johan- sönlichen Rückmeldungen, die wir er- Einschnitten in unser Leben geführt und niterschwestern aus den verschiedens- halten haben. Auf den nächsten Seiten viele Berufe vor große Herausforderun- ten pflegerischen Bereichen gebeten, lesen Sie die Erfahrungsberichte. Die gen gestellt. Insbesondere die Pflege ist über ihre Erfahrungen, Erlebnisse und ungekürzten Texte sind unter folgen- in den Fokus gerückt und erfährt aktu- Herausforderungen zu berichten. Wir dem Link zu finden: ell die Aufmerksamkeit, für die sie seit bedanken uns für die zahlreichen per- https://www.johanniter.de/die-johanniter/johanniter-schwesternschaft/aktuell/alle-meldungen/erfahrungsberichte- unserer-johanniterschwestern-waehrend-der-covid-19-pandemie/ 3 Der Schwesternbrief | August 2020
Aktuelles aus der Butiru Christian Schools in Mbale (Uganda) Das Leben in Uganda ist nach wie vor dien sich dem Thema „Welthunger“ wid- nicht einfach. Viele Menschen, darunter men würden, so wie jetzt und überall auch Mütter aus unseren Kleinkredit- dem Corona-Virus, dann wäre das Hun- gruppen, mussten ihr ganzes Kapital auf- gerproblem und das Sterben unzähliger brauchen und hungern trotzdem noch. Kinder vielleicht schon gelöst. Kranke Menschen können sich keine Be- „Wovor wir uns übermäßig fürchten, das handlung mehr leisten und gerade jetzt ziehen wir an“. Wie bei einem Hund, der in der Regenzeit treten schwere Ma- genau weiß wer Angst vor ihm hat, und lariaanfälle auf und überall die Angst hinterher läuft. Auch in der Bibel steht vor dieser neuen Krankheit. Derzeit ster- immer wieder: „Fürchtet Euch nicht“. ben in den Ländern Afrikas südlich der Was wir fürchten und womit wir uns Sahara jeden Tag über 3.000 Kinder an übermäßig beschäftigen, das machen Malaria. Durch den Lockdown mit Man- wir groß, indem wir diesem Raum ge- gel an Behandlungsmöglichkeiten wird ben. In aller Not herum, allen negativen befürchtet, dass sich diese Zahl verdop- Berichten und Mutmaßungen (im Mo- peln wird. ment wird verbreitet, dass Afrika in den „[…] Unsere Gedanken, Worte und Ta- nächsten Monaten schlimmer betroffen mäßigen Händewaschens zu sein. So- ten basieren entweder auf Angst oder sein könnte, als Europa) können wir bald die Ausgangssperre aufgehoben auf Liebe. Da gibt es keine Wahl, weil ist, wollen wir diese Maßnahmen in den nichts anderes zu wählen ist. Aber wir Kleinkreditgruppen und auch durch die haben die Wahl, welches der beiden zu Arbeit der Community Health Worker wählen“. fortsetzen. Oft liegt das Hauptaugen- Diese klugen Worte stammen aus einem merk nur auf Impfprogrammen, Fami- Buch: „Gespräche mit Gott“ von Neale lienplanung und Behandlungen von Donald Walsch. Krieg oder Frieden, Hass bereits bestehenden Krankheiten. Mit oder Vergebung, Raffen oder Helfen, Hilfe unseres Freundeskreises (www. Trennen oder Vereinen … das hängt al- butiru-freundeskreis.net) konnten wir les mit Zwischenstufen dieser beiden die Hospitalapotheke bereits einige Ma- Pole Angst und Liebe zusammen. le auffüllen und sind daher weiterhin Wir bekommen hier die Nachrichten- in der Lage alle Patienten zu versorgen, sender BBC, DW und Al Jazeera und denn die meisten Menschen haben in man hört den lieben langen Tag nur ein der Lockdown-Krise keine finanzielle Thema „Corona“ und das ist schlimm. Möglichkeit mehr zu den Behandlungs- Man hört nicht, das jeden Tag 25.000 kosten etwas beizutragen. Menschen verhungern, die meisten da- Auch hier in Uganda wurden die Schu- runter Kinder. Medien haben eine gro- len Ende März geschlossen. Unsere Wai- ße Macht! Wenn die Mainstream-Me- zwischen „Liebe“ und „Angst“ wählen. senkinder versorgen wir nun zu Hause, Zu Beginn der Krise konnten wir mit also da wo sie jetzt bei ihren Großel- einem Außeneinsatz-Team die umlie- tern, Tanten oder Onkeln wohnen. Da es genden 94 Dörfer mit Wasserkanistern, unmöglich ist, diese Kinder online zu Gesichtsmasken und Seife versorgen. unterrichten, kopieren wir Lehrmateria- Und darüber hinaus die Menschen vor lien und bringen es ihnen im Rahmen Ort in ihrer Muttersprache (Lumasa- von wöchentlichen Besuchen unserer aba) über das neuartige Virus aufklären. Lehrer nach Hause. Dies ist alles sehr Trotz der Nähe zu Kenia und den vielen umständlich! Daher hoffen wir sehr, inoffiziellen Grenzübergängen, sind in dass die Ausgangssperre bald ein Ende unserer Gegend bisher keine Corona- hat und der geregelte Schulbetrieb so- Fälle aufgetreten sind. Erfreulicherwei- wie das normale Leben an sich wieder se stellen wir auch fest, dass die Zahl weitergehen können. der Typhuserkrankungen geringer ist als Es grüßen herzlich in vorjährigen Regenzeiten, auch sehen Elisabeth und Erasmus Mwaka wir bisher keine der gefährlichen Cho- lera-Ausbrüche. Darüber sind wir sehr Butiru Freundeskreis dankbar! Volksbank Hankensbüttel All diese Beobachtungen scheinen eine IBAN: DE07 2579 1635 0061 8870 00 weitere positive Auswirkung des regel- BIC: GENODEF1HMN 4 Der Schwesternbrief | August 2020
… und plötzlich ist alles anders Das erste Mal hörte ich über die Coronavirus-Erkrankung (Covid-19) im Dezember in den Nachrichten. Mein erster Gedanke war, es ist weit weg in China, wie lange wird es dauern, um in Deutschland anzukommen. Das Virus verbrei- tete sich jedoch weltweit rasend schnell und der erste Fall für Deutschland wurde im Januar 2020 in Bayern bestätigt. Es mussten zeitnah, weltweit und bundesweit, Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden, die für alle Menschen einen gravierenden Einschnitt in das gewohnte Leben be- deuteten. Das Johanniter-Krankenhaus in Stendal reagierte sehr schnell auf die neuen Herausforderungen durch sofort eingeleitete strukturelle Maßnahmen und Eröffnung einer Infektionsstation. Alle Maßnahmen erfolgten und erfolgen in sehr enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung, der Hy- giene, allen Fachabteilungen und dem Gesundheitsamt. Viele Ängste und Unsicherheiten bei Patienten und Mitarbeitern konnten dadurch minimiert werden. Dem hohen Engagement der Mitarbeiter ist es zu verdanken, dass die vielen Umstruk- turierungen so reibungslos verliefen. Dafür kann auch ich nur Danke sagen, auch den Patienten und Angehörigen, die trotz der Beschränkungen unglaublich verständnisvoll und gedul- dig waren. In diesen schwierigen Zeiten bin ich demütiger ge- worden, weiß wieder zu schätzen, wie wertvoll nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Freiheit ist. Frei zu entscheiden, wo, wann und mit wem ich mich treffe, zum Gottesdienst gehe, wohin ich reise, Sport treibe, Vereinsarbeit leiste, im Ehrenamt engagiert bin oder mich fortbilde. Ich bin sehr dankbar darüber in einem Land, mit einem so guten Sozial- und Gesundheitssystem, welches die gesamte Bevölkerung gleichberechtigt versorgt, leben zu dürfen. Wenn ich mir et- was wünschen dürfte, dann dass uns diese Pandemie wach- gerüttelt hat. Gesundheit und ein gutes Gesundheitssystem sind nicht selbstverständlich, daran darf nicht gespart wer- den. Regionalschwester Silke Wasmundt-Lembke Corona im Johanniter-Stift Hannover-Ricklingen Sowohl Einschränkungen als auch Herausforderungen sind Stringenz der Einrichtungsleitung und den Mitarbeitenden durch die Medien zu Genüge bekannt mit der Erkenntnis, aus allen Bereichen des Stifts keinen einzigen Coronafall! dass nun nichts mehr selbstverständlich sei. Wie die Krise all- In den ersten Wochen haben sich die Bewohner meistens an täglich bewältigt wurde, geschah meist im Verborgenen. Und die freiheitsberaubenden Vorschriften gehalten; problemati- das war irgendwie selbstverständlich. scher wurden jedoch die uneinsichtigen Angehörigen, als un- Ich lebe im Johanniter-Stift Hannover-Ricklingen als Seelsor- ser Haus abgeschottet werden musste. gerin unter denselben Bedingungen, sprich Einschränkungen, Das Abstandhalten und das Zuhausebleiben sind den demen- wie die anderen 175 Bewohner auch. ziell Erkrankten nicht zu vermitteln gewesen. Sie konnten die Aufgrund der Mischung unter einem Maßnahmen nicht nachvollziehen, sehnten sich vergeblich Dach von Betreutem Wohnen und der nach körperlichen Kontakt und dem vertrauten Gesicht ihrer Pflege, unterlagen wir alle zusammen Angehörigen. Manche zogen sich deshalb in ihre eigene Welt den strengen Maßnahmen zum Schutz zurück. unserer besonders gefährdeten Mitbe- Der Mundschutz ist eine Barriere bei der Kommunikation, wohner. wenn das Gegenüber nicht mehr gut sehen und nur noch Wir haben bis heute dank des eng- schwer hören kann. In solchen Situationen habe ich mich – maschigen Hygienekonzepts und der unter Herbeirufen aller Schutzengel – über das Kontaktverbot 5 Der Schwesternbrief | August 2020
hinweggesetzt, manchen Bewohner lieb in den Arm genom- Der geduldigen täglichen Mediation der Damen an der Re- men, die Wange gestreichelt und den Mundschutz abgenom- zeption gilt besonderer Dank, denn diese dienen am Durch- men. Der dankbare Blick hat mich immer wieder darin bestä- reiche-Fenster als Brücke zur Außenwelt. Sie nehmen die tigt. In der Sterbebegleitung gelten andere Kriterien, sodass Einkäufe, die Geschenke, die Blumen an, achten am Eingang ich, ohne Maske, die Hand gehalten, die Stirn zum Segen be- konsequent auf Hygiene und weisen Eindringlinge resolut ab. rührt und gesungen habe. Dafür brauchen sie ein solides Nervenkostüm und viel Ein- Auf den Fluren, in den Aufzügen, bei Zimmerbesuchen musste fühlungsvermögen. Die Rezeption ist nicht nur die Visiten- ich oft erklären, beruhigen, schlichten, trösten, denn mit der karte, sondern auch das Herzstück unseres Hauses; das wurde Zeit führten die ständig neuen Einschränkungen zu Missmut, Vielen in dieser Coronazeit wieder bewusst. Unruhe und verängstigtem Fehlverhalten bis hin zu Flucht- Dass wir keine einzige Infektion zu verzeichnen haben, ver- versuchen. Strukturierende und emotionale Elemente, wie Fes- danken wir eindeutig dem guten Willen und dem Durchhalte- te und Veranstaltungen, entfielen vielfach. Ostern, Muttertag, vermögen der im Haus Tätigen. Sie haben sehr viel zusätzliche Frühlingsfest usw. sind dabei irgendwie untergegangen, auch Arbeit leisten und kreativ sein müssen. Bekanntlich offenbart wenn der Sozialdienst punktuelle Highlights angeboten hat. sich der wahre Charakter in Krisensituationen. Unsere Mit- Aber abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, haben un- arbeitenden haben bewiesen – ohne viel darüber zu reden – sere Bewohner in allen Bereichen diese Zeit gut überstanden. dass sie wissen, warum sie in einem Johanniter-Stift arbeiten. Sie sagten mir häufig, wie gut sie sich aufgehoben fühlen, wie Sie haben das Leitbild auf ihre Weise im Alltag einfach gelebt, dankbar sie seien und dass es nicht wie im Krieg sei. Nur: es weil es ihnen die Bewohner wert sind. Und so sind sie jeden fehlen ihnen die Fußpflege, der Friseur, die Krankengymnastik Tag wieder zur Arbeit gekommen, trotz Übermüdung und der und Kontakte nach draußen. Die „Sprech-Viertelstunde“ am Furcht, sich und ihre Familien anzustecken. Ihnen allen sei Besucherfenster hinter einer Folie sei eben doch kein richtiger dafür aufrichtig gedankt. Ersatz für eine herzerwärmende Begegnung mit ihren Lieben. Soeur Ute Hampel Lernen im digitalen Klassenzimmer Die Corona-Pandemie hat auch den Be- Stationen eingesetzt, denn in den Covid- lich. Mittlerweile hat aber jeder wieder reich Pflegebildung massiv beeinflusst. Bereichen ist der Einsatz grundsätzlich „sein Plätzchen“ gefunden. Mit einem Erlass Mitte März wurde in erst einmal nicht für die Schüler/-innen Die Johanniter Bildungs-GmbH hat bin- Nordrhein-Westfalen verfügt, dass zum angedacht. Um sie dennoch auf einen nen weniger Tage in Eigenregie die Lern- einen, die Schulen keinen Präsenzunter- möglichen Einsatz auf den Covid-Sta- plattform „teams“ von Microsoft 365 richt anbieten dürfen und zum anderen tionen gut vorzubereiten, erhielten Ober- implementiert, um weiterhin Unterricht die Schüler/-innen von Schulen im kursschüler/-innen gezielten Unterricht für die Auszubildenden anbieten zu kön- Gesundheitswesen für den Dienst in der zu den Themen „Umgang mit Patienten nen. Die Kollegen haben spontan ihre Praxis freizustellen sind. mit Luftnot“ und „Handhabung von Lehrkompetenz ins digitale Klassenzim- Für die Bonner Krankenpflegeschule be- Schutzkleidung“ inklusive praktischer mer transformiert. Dazu ein Beispiel: deutete dies ad hoc 70 Schüler/-innen Unterweisungen. „Normalerweise“ wurde das Säuglings- aus der Schule in die Praxis umzuplanen. Eine kontinuierliche, geplante, struktu- bad als Unterrichtseinheit in Kleingrup- Auch meldeten sich sämtliche Außen- rierte und praktische Ausbildung war pen demonstriert, wegen der Abstands- einsatzstellen, wie beispielsweise die in den ersten Wochen nur bedingt mög- regeln zeichnete die unterrichtende ambulanten Pflegedienste. Sie konnten die praktische Ausbildung nicht mehr gewährleisten, da große Angst der Kun- den vor zu vielen fremden Menschen in der eigenen Wohnung und fehlender Schutzkleidung herrschten. Auch diese Schüler/-innen waren kurzfristig und sinnvoll in die eigenen Betriebsstätten einzuplanen. Auf den Stationen der Krankenhäuser be- gann gleichzeitig die Umstrukturierung in Infektionsbereiche und „sonstige, klas- sische“ Bereiche. Hierbei halfen auch die Schüler/-innen kräftig mit. In der Folge wurden sie teilweise auf anderen 6 Der Schwesternbrief | August 2020
individuelle Rückmeldung erforderlich „Fotoalbums“ konnten alle einen Ein- ist. druck voneinander erhalten. Am 1. April 2020 startete, trotz Corona- Auch Wiederholungsprüfungen (Exami- Pandemie, die mit Spannung erwartete na) konnten ohne große Veränderun- generalistische Ausbildung. Bei „ge- gen in Schule und Praxis durchgeführt schlossenen Schulen“ und „Kontakt- werden. Das erforderte ein Umplanen, sperren“ war der Kursstart bis zum letz- war aber vor allem für unsere Prüflinge ten Moment ungesichert. Schlussend- enorm wichtig, denn so waren ihre Vor- lich stimmte die Bezirksregierung dem bereitungen nicht „umsonst“ gewesen. vorgelegten Konzept zu und die Schü- Für das gesamte Kollegium der Bildungs- ler/-innen konnten, unter Einhaltung GmbH war und ist die Pandemie und der vorgegeben Hygienemaßnahmen, die damit einhergehenden Einschrän- Lehrkraft dies nun per Video auf und persönlich zum Ausbildungsstart in der kungen auch noch in anderer Hinsicht stellte es den Schülern auf der Lern- Schule begrüßt werden. Seitdem lernen eine Herausforderung. Das Team be- plattform zur Ansicht zur Verfügung. sie vorrangig im digitalen Klassenzim- steht zum Großteil aus Müttern jünge- Anschließend wurden im Chat Fragen mer. Zu Einzelunterweisungen oder Part- rer Kinder, die Zuhause betreut werden geklärt und Inhalte dazu besprochen. nerübungen im Schulgebäude kommen müssen. Daher ist ein Großteil der Kol- Diese Art des Unterrichts wird von allen sie mit Mund-Nasen-Maske. Natürlich legen phasenweise im Homeoffice tätig, gut angenommen und ist eine sehr in- hindert diese Form des Unterrichts das was daher das Arbeiten anspruchsvol- tensive Interaktion zwischen Schüler/-in Kennenlernen der anderen und ein ler und spannender werden ließ. und Lehrer. Gleichwohl ist aber die theo- „Wir“-Gefühl konnte bis jetzt noch nicht Der kollegiale Austausch und die regel- retische Ausbildung im digitalen Raum so ganz entstehen. Dennoch gab und mäßig notwendigen Teambesprechun- viel zeitintensiver, da jede einzelne Leis- gibt es im Chat regen Austausch und gen fanden auch per Videokonferenz tung eines Schülers / einer Schülerin se- dank eines von allen Auszubildenden statt. parat betrachtet werden muss und eine und Lehrern gemeinsam gestalteten Schulleitung Christina Körner Gemeinsam und mit viel Flexibilität durch diese Zeit Ich arbeite in einem kleineren, stationären Hospiz mit acht Betten. Wir begleiten, unterstützen und versorgen hier Patienten, die unsere Gäste sind, in der letzten Lebensphase bis zu ihrem Tod und kümmern uns um ihre Angehörigen. Die Arbeit ist geprägt durch eine hohe individuelle Versorgung im medizinischen, pflegerischen, aber vor allem psychosozialen Bereich. Persönliches Miteinander, Fürsorge und Gespräche bestimmen den Tag. In Zeiten von Corona hat sich im Hospiz, genau wie in allen anderen Einrichtungen, das Leben verän- dert. In den letzten Wochen kamen immer wieder neue Vorgaben, Einschränkungen, Ideen seitens der Aufsichtsbehörden und Dachverbände. Vorgaben hinsichtlich Hygienemaßnahmen, Aufnahmeregeln, Besucherregeln, Einsatz von Mitarbeitern, was organisatorisch zu großen Herausforderungen führte. Die größten Einschränkungen im Alltag unserer Arbeit stellt alle haben unser „Päckchen“ zu tragen, aufgrund eigener das ständige Arbeiten mit Mund-Nasen-Schutz dar. Die Ar- gesundheitlicher Probleme oder weil wir zu Hause Angehöri- beit mit unseren Gästen und deren Angehörigen ist geprägt ge aus Risikogruppen pflegen. Wir erleben, dass uns diese von verbaler aber auch in sehr großem Maße nonverbaler Unsicherheiten vielleicht dazu bringen, mehr „Abstand“ zu Kommunikation. Wie verändert sich das, wenn Mimik nicht unseren Gästen aufzubauen. Gleichzeitig erleben wir, dass oder nur sehr eingeschränkt sichtbar ist? Was macht es mit gerade die Nähe der Großteil unserer Arbeit ist. Im Hospiz uns und wie verändert es unsere Arbeit, wenn wir jemandem leben wir den Tag, der gerade währt, dies hilft auch, oder gegenüberstehen, der stark höreingeschränkt ist und größ- gerade, in Corona-Zeiten. Kein Tag ist gleich, keine Pflege und tenteils durch Lippenlesen „hört“? kein Vorgehen ist klassisch planbar. Gemeinsam und mit viel Zudem gibt es auch bei uns Pflegenden Ängste, Befürchtun- Flexibilität ist auch diese Zeit eine gute Zeit. gen und Unsicherheiten im Umgang mit der Pandemie. Wir Johanniterschwester Judith Leiße 7 Der Schwesternbrief | August 2020
Ambulante Pflege in Corona-Zeiten Professionelle Pflegefachkräfte ambulanter Pflegedienste übernehmen im Alltag einer pflegebedürftigen Person eine Vielzahl verschiedener Aufgaben. In pflegefachlichen Fragen stehen sie beratend zur Seite, sind behilflich bei der Vermittlung von Dienstleistungen im Be- reich der Pflege und Hauswirtschaft. Ziel der häuslichen Pfle- ge ist es, dem Pflegebedürftigen noch so lange wie es geht, ein selbstständiges Wohnen in der Häuslichkeit zu ermöglichen. Die genannten Aufgaben und Refinanzierungen stellen einen sind jetzt ausreichend vorhanden. Täglich gab es schriftliche tarifgebundenen Pflegedienst schon zu „normalen“ Zeiten im- Anweisungen zu Hygienemaßnahmen, die an Türen und Pinn- mer wieder vor große Herausforderungen. Der Lockdown be- wänden angebracht wurden. reitete mir schlaflose Nächte aufgrund massiver Absagen der In Niedersachsen wurden Pflegeheime, aufgrund der vielen Leistungen durch unsere Kunden. Diese hatten Angst vor An- Coronafälle in einem Heim in Wolfsburg, geschlossen. Das steckung durch unsere Mitarbeiter/-innen, zumal persönliche hieß Aufnahmestopps, keine Besuche etc. Unser Dienst ist Schutzausrüstung anfangs für ambulante Dienste überhaupt nun zum Aufnahmeort geworden. Hochgradig pflegebedürfti- nicht verfügbar war. Krankenhäuser und Pflegeheime standen ge Menschen werden von uns und ihren Angehörigen rund hierbei im Fokus. Die uns zugesagten 1.000 Stück FFP2- bzw. um die Uhr versorgt. Beratungsbesuche, Pflegevisiten und FFP3-Masken sind bis heute nicht eingetroffen. Dennoch Erstgespräche mussten gut überlegt und natürlich unter Be- standen uns glücklicherweise in den ersten Wochen selbst- achtung der Hygienevorschriften und Abstandsregelungen genähte Schutzmasken durch eine Nähaktion meiner Schwä- durchgeführt werden. Seit Bekanntwerden des Virus versor- gerin zur Verfügung. Die Rede ist hier von professioneller gen die 36 Mitarbeitenden unserer Diakoniestation weiterhin Pflege mit Stoffmasken! unauffällig aber mit großem persönlichen Risiko und Einsatz In den folgenden Wochen trafen nach und nach Einmalschutz- unsere Kunden. masken und Kittel ein. Handschuhe, Schutzbrillen und Visiere Johanniterschwester Heike v. Knobelsdorff Leben im Johanniter-Haus Köln-Porz in Zeiten der Corona-Pandemie Seit Anfang März 2020 ist in unserem Glück war in der ganzen Zeit das schö- ein Konzert mit zwei Streicherinnen Haus nichts mehr wie vorher. Nachdem ne Wetter und unser großer Garten. des Kölner Gürzenich-Orchesters. wir zunächst unsere Eingangsbereiche Wann immer möglich, sind wir mit un- Die Besucher fehlen uns allen, nicht mit zusätzlichen Desinfektionsmittel- seren Bewohnern draußen. Alles was nur unseren Bewohnern. Es ist stiller im spendern ausstatteten und versucht ha- sonst im Haus stattfindet, passiert nun Haus und die neue Normalität ist auf- ben noch schnell Mund-Nasen-Schutz im Garten. Am 31. März begannen wir wendig, weil wir alle ständig an unsere und FFP2-Masken zu bestellen, um ge- zum Beispiel eine schöne neue Tradition Masken denken müssen und noch in- wappnet zu sein, überschlugen sich kurz mit unserem evangelischen Pastor An- tensiver als sonst desinfizieren. Aber danach die Ereignisse. Eine Verordnung dreas Daniels. Weil er keinen Gottes- wenn es so bleibt, haben wir großes jagte die nächste und immer wenn wir dienst mit unseren Bewohnern im Haus Glück gehabt und hoffen darauf, dass dachten, jetzt haben wir alles berück- feiern kann, haben wir den Gottesdienst es irgendwann wieder so sein wird, wie sichtigt und erledigt, musste alles wie- nach draußen verlegt. Pfarrer Daniels vorher. der über den Haufen geworfen werden. steht im Garten vor den Balkonen und Johanniterschwester Kathrin Jördens Wir schlossen unsere Einrichtung für Be- die Bewohner sitzen auf dem Balkon sucher, richteten Quarantäne- und zeit- ihres Wohnbereiches oder am offenen weise auch Isolationsbereiche ein. Das Zimmerfenster und feiern mit. Es ist Restaurant wurde geschlossen und alle sehr stimmungsvoll und besonders. Alle Bewohner blieben zum Essen auf ihren genießen die halbe Stunde und freuen Etagen. Alle Mitarbeiter und Bewohner sich auf die nächste Woche. Denn so- werden täglich nicht nur nach ihrem lange es keine regulären Gottesdienste Befinden befragt, sondern gezielt auf geben darf, wird diese Tradition wö- Symptome für Sars-CoV-2 angespro- chentlich immer dienstags fortgeführt. chen. Und bei allem ist immer die Angst Aber nicht nur Gottesdienst wird im im Hintergrund, dass irgendwer das Vi- Garten gefeiert. Wir hatten schon Schla- rus ins Heim einschleppen könnte, Mit- gerkonzerte mit Mr. Musik, Choräle vom arbeiter und Bewohner erkranken oder Posaunenchor der Evangelischen Kir- in Quarantäne müssen. Unser großes chengemeinde Porz-Wahn-Heide und 8 Der Schwesternbrief | August 2020
Mit Verbandsmaterial durch den Festsaal Unterricht an der Pflegeschule des Johanniter-Krankenhauses in Treuenbrietzen Seit März diesen Jahres ist der Unter- im Festsaal. „Ausgestattet mit moder- der Überschrift des Artikels. Um alle richt an der Pflegeschule des Johanniter- ner Technik habe der Unterricht etwas Materialien im Rahmen der Unterrichts- Krankenhauses Treuenbrietzen nicht wie von einer Vorlesung im Hörsaal“, so einheit „Wundbehandlung“ adäquat vor- gewöhnlich. Bedingt durch die aktuel- die Auszubildenden. Dankbar für diese führen zu können, schiebt die Autorin len Vorgaben für Brandenburger Pflege- Möglichkeit wird aktuell noch immer als Lehrende einen mit Wundbehand- schulen, mussten schnellstmöglich ad- im Festsaal gelehrt. Selbstverständlich lungsmaterial bespickten Servicewagen äquate Lösungen für den Erhalt eines muss die Unterrichtsmethodik den Ge- von Tisch zu Tisch durch den Festsaal. qualitativen Schulbetriebes eruiert wer- gebenheiten angepasst werden: Die Ab- Als sie rückblickend auf ihren Unter- den. Mehrere Präsenzunterrichtsmodel- standsregeln eliminieren Gruppenar- richt schaut, lächelt sie und denkt: „ver- le wurden ausprobiert, da ausschließ- beiten, der stets zu tragende Mund- rückte Corona-Zeit – mit Verbandsma- lich Homeschooling keine Option dar- Nasen-Schutz erschwert Unterrichts- terial auf einem Servicewagen durch stellte. Während ein Jahrgang Aufträge interaktionen und das Präsentieren be- den Festsaal“. erhielt, erfolgte die Wissensvermittlung nötigter Unterrichtsmaterialien bedarf Verena Briese, M.A. für den anderen Jahrgang vor Ort – ge- Improvisation. Letzteres gibt Anlass zu Lehrerin Pflegeschule teilt in zwei Klassenräumen, um die Ab- standsvorgaben zu gewährleisten. Für die Lehrenden bedeutete dies, den Un- terrichtsstoff doppelt und zeitversetzt zu vermitteln. Unser ländlich gelegenes Krankenhaus ist geprägt von baulichen Besonderheiten, wie eines historischen Gutshofgeländes mit einem sich darauf befindlichen Festsaalgebäude, das als Seminar- und Konferenz-Center genutzt wird. Auf Grund seiner Größe eröffnete dies die Möglichkeit, einen gesamten Kurs zu lehren. Da Homeschooling-Auf- träge den wertvollen Austausch zwi- schen Lehrenden und Lernenden nur bedingt zulassen, entschieden wir uns für den Präsenzunterricht – selbstver- ständlich unter strengster Einhaltung aller Hygienevorgaben. So wurden die Schüler/-innen eines Kurses auf zwei Klassenräume verteilt zeitversetzt un- terrichtet und ein gesamter Jahrgang Corona-Sprechstunde in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete Rund 850 Geflüchtete leben derzeit in kung beantwortet. Auch wer nur den getestet. Er wurde sofort in einer leer- der Gemeinschaftsunterkunft (GU) auf Verdacht einer COVID-19-Erkrankung stehenden Wohnung in Quarantäne dem ehemaligen US-Kasernengelände hat, kann sich hierher wenden. Zusätz- versetzt, die Mitbewohner und weitere Sportsfield Housing im Hanauer Stadt- lich informieren Aushänge in verschie- Kontaktpersonen in häusliche Absonde- teil Wolfgang. Zur Vorbereitung auf mög- denen Sprachen in den Treppenhäusern rung. Einige Tage später wurden zwei liche Infektionen wurde der Regional- der Flüchtlingsunterkünfte über das weitere Personen positiv getestet und verband Hanau & Main-Kinzig der Jo- Corona-Virus, mögliche Schutzmaßnah- ebenfalls in Quarantäne versetzt. Wir hanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) – mein men und Verhaltensregeln. Die Sprech- haben als JUH eine Notfall-Hotline ge- Arbeitgeber – zum 1. April 2020 von der stunde startete im April täglich von 15 schaltet, bei der sich Bewohner/-innen, Stadt Hanau beauftragt, eine Corona- bis 17 Uhr. Da bis Ende April keine In- die Symptome entwickeln, rund um die Sprechstunde für die Sportsfield-Bewoh- fektionen in der GU vorlagen, wurde Uhr an sieben Tagen in der Woche mel- ner einzurichten. In dieser Sprechstun- die Sprechstunde auf zwei Termine wö- den können. Vor diesem Hintergrund de werden gesundheitliche Fragen zum chentlich reduziert. Ende Mai wurde wurden die Sprechstunden wieder täg- Corona-Virus und der COVID-19-Erkran- ein Bewohner positiv auf COVID-19 lich durchgeführt. Als JUH hatten wir 9 Der Schwesternbrief | August 2020
die Aufgabe, die positiv getesteten rantänemaßnahmen beendet. Mit der Personen sowie die Kontaktpersonen, Stadt Hanau stehen wir in regelmäßi- die ihre Wohnungen nicht verlassen gem Austausch, seit dem 22. Juni ha- durften, mit Lebensmitteln zu versorgen ben wir die Sprechstunde wieder auf und übernahmen die Wäschereinigung einmal wöchentlich reduziert. Bei Be- sowie die Müllentsorgung. Die Infizier- darf kann die Versorgung von uns wie- ten waren symptomlos und die Krankheit der hochgefahren werden. hat sich – durch das disziplinierte Ver- halten aller Beteiligten – nicht weiter- Regionalschwester Karin Schnaudt verbreitet. Mittlerweile sind alle Qua- Durch die Corona-Pandemie erfährt die Pflege endlich die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt Die Corona-Pandemie beschäftigt die Menschen auf der gan- samt 120 COVID-19-Verdachts- zen Welt. Am 27. Februar 2020 war die Corona-Krise auch in fälle betreut. Außerdem wurden unserem Bundesland, Schleswig-Holstein, angekommen. Wir hier 30 bestätigte COVID-19- leiteten Maßnahmen ein, um das Virus so lange wie mög- Patienten behandelt, von denen lich vom Krankenhaus fernzuhalten. So wurde umgehend ein 7 Patienten in unserem Kran- Zelt vor der Klinik aufgebaut, um bei Patienten mit COVID- kenhaus verstarben. Alle ver- 19-Verdacht einen entsprechenden Abstrich außerhalb der storbenen Patienten waren aus Klinik vornehmen zu können. Es wurden Urlaubssperren ver- regionalen Pflegeheimen in das hängt und Besuchsverbote – mit Ausnahmeregelungen für Krankenhaus eingewiesen wor- Angehörige – ausgesprochen. Die Kommunikation musste den und alle hatten sich gegen ebenfalls der Bedrohungslage angepasst werden; virologisch eine intensivmedizinische Be- unproblematische Video- und Telefonkonferenzen gewannen handlung entschieden. Seit dem an Bedeutung. 14. Mai befindet sich kein Pa- Die Notaufnahme wurde in zwei Bereiche aufgeteilt. Eine tient mit nachgewiesener COVID-19-Infektion mehr in un- Sektion betreut die COVID-19-Verdachtsfälle; der andere serem Haus. Es werden allerdings weiterhin Patienten mit Abschnitt ist den nicht mit COVID-19 infizierten Patienten einem Verdacht auf COVID-19 auf unserer Infektionsstation vorbehalten. Ein weiterer wichtiger organisatorischer Schritt betreut. Das Fazit kann also lauten: Die erste Phase ist war die Implementierung einer eigenständigen COVID-19- überwunden, die Krise ist aber noch nicht vorbei. Station in unserem Haus. Im Ergebnis konnte die Anzahl der Zu verdanken haben wir den vergleichsweise glimpflichen Beatmungsplätze von zunächst sechs auf zehn und später Verlauf der Corona-Pandemie in Deutschland vor allem den nach einem Stufenplan auf 18 Plätze erhöht werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den unterschiedlichen Seit dem 11. März wurden dann kontinuierlich Patienten mit Berufsgruppen in den Krankenhäusern und Altenheimen, in einem positivem COVID-19-Befund im Johanniter-Kranken- erster Linie den Pflegefachkräften und Ärzten, die Patienten haus Geesthacht behandelt. Immer wieder sind Pflegekräfte betreuten und sich dabei täglich der Gefahr ausgesetzt ha- und Ärzte dabei mit Patienten konfrontiert, denen es anfäng- ben, sich mit COVID-19 anzustecken. Viele machten bereit- lich relativ gut geht, bevor sie um den 8. bis 10. Tag sehr willig Überstunden, übernahmen neue Aufgaben und stell- schnell schwer erkranken und „intensivpflichtig“ werden. ten ihre familiären Verpflichtungen hinter die beruflichen Die größte Herausforderung war deshalb, unser Personal zu Erfordernisse zurück. schützen. Infektionsschutzkleidung und Mund-Nasen-Schutz Traurig, aber wahr: Erst durch die Corona-Pandemie erfährt sowie FFP2-Masken waren stets ausreichend vorhanden. die Pflege endlich die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt und Ferner musste sich unsere Krankenpflegeschule den durch wird als systemrelevanter Beruf „entdeckt“. Aber Beifall COVID-19 ausgelösten Herausforderungen stellen. Ab dem und Einmalzahlung – wenn sie denn kommt – reichen bei 16. März fand für unsere Krankenpflegeschüler der Theorie- weitem nicht aus, um die Attraktivität des Pflegeberufes Unterricht im Home-Office statt. Die praktische Einsatzpla- zu steigern. Der Gesetzgeber ist dringend dazu aufgefor- nung wurde angepasst, indem die Schüler aus den COVID- dert zügig Grundlagen zu schaffen, um ein deutlich verbes- 19-Bereichen auf andere Stationen wechselten. Seit dem 18. sertes Vergütungssystem, bessere Arbeitsbedingungen sowie Mai sind nach einem Erlass des Gesundheitsministeriums einen adäquaten Personalschlüssel für die Pflege in den Kran- Praxisbegleitungen im Krankenhaus wieder zulässig und der kenhäusern, Altenheimen und ambulanten Pflegediensten zu Ausbildungsbetrieb normalisiert sich wieder. Seit dem 11. März etablieren. 2020 wurden im Johanniter-Krankenhaus Geesthacht insge- Oberin Carmen Schönberg 10 Der Schwesternbrief | August 2020
COVID-19 - eine Pandemie, die die Welt erschüttert Bedingt durch die Nähe zum Hotspot im Kreis Heinsberg war der Stadt getroffen. Wichtig war das Evangelische Krankenhaus Bethesda Mönchengladbach es, neben den Leitlinien der Jo- bereits am 28. Februar 2020 mit der COVID-19 Erkrankung hanniter GmbH, ein einheitliches konfrontiert. Rückblickend kann gesagt werden, dass dieser Vorgehen aller Gladbacher Kran Umstand Fluch und Segen zugleich war. Fluch, weil wir in kenhäuser abzustimmen, um den Mönchengladbach 28 Mitarbeiter in häusliche Quarantäne Bewohnern der Stadt Sicherheit schicken mussten, weit vor dem Termin, an dem der offi- und Vertrauen in dieser Krise zu zielle Lockdown die anderen Kliniken traf. Segen an diesem vermitteln. Ereignis war, dass wir früh eingestiegen sind mit einer in- Was hat die COVID-19-Pandemie ternen Task Force, die sich mit den wichtigsten Themen be- mit uns hier vor Ort gemacht? fasst hat, bevor der erste positiv getestete Patient bei uns Unsere Erkenntnis: Wir sitzen als aufgenommen wurde. Wieviel Schutzausrüstung, Arznei- und Mannschaft in einem Boot, die Desinfektionsmittel stehen uns zur Verfügung und wie kön- alle gemeinsam in dieselbe Rich- nen wir die Materialien kontingentieren und verteilen, damit tung rudern und zupacken müssen. Wir sind noch enger zu- das betroffene Personal geschützt ist? Wer kann Schutz- sammengeschweißt und Kommunikation sowie Interdiszipli- masken nähen und woher bekommen wir die Materialien? narität haben noch höhere Stellenwerte bekommen. Wie können wir Intensivkapazitäten ausbauen, welches Per- Abschließend lässt sich sagen, dass alle Bereiche im Gesund- sonal ist bereit sich einarbeiten zu lassen und wie stellen heitswesen bislang bereits eine aufreibende und intensive wir eine zeitnahe Einarbeitung sicher? Wie fangen wir unse- Zeit hinter sich gebracht haben. Fallzahlen und Todesrate in re Mitarbeiter auf, wenn junge Menschen kurz nach der Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern können uns Aufnahme an die Beatmungsgeräte angeschlossen werden zuversichtlich stimmen und zeigen, dass sich jede einzelne müssen und dann womöglich sogar sterben? Welche Station Anstrengung mehr als gelohnt hat. Sollten wir erneut ein wird zur Isolierungseinheit umgewandelt, wer schult das größeres Aufkommen an COVID-19-Erkrankten verzeichnen, Personal im Umgang mit COVID-19-Patienten und, ganz glaube ich, dass wir bei den Johannitern sagen können: „Wir wichtig, wie kommunizieren wir wichtige Dinge in unserem sind vorbereitet und gut aufgestellt!“ Krankenhaus? Neben den täglichen Task-Force-Sitzungen Vielen Dank an alle, die jeden Tag ihr Bestes gegeben haben haben wir uns zu Anfang wöchentlich auf Stadtebene mit und weiterhin geben und dadurch das Johanniter-Boot durch Vertretern der anderen Gladbacher Krankenhäusern, der Feu- die Corona-Pandemie gesteuert haben! erwehr, dem Gesundheitsamt und dem Oberbürgermeister Oberin Michaela Lammich Lose Fäden des Lebens aufnehmen und zusammen führen Eine DIN-A4-Seite habe ich zur Verfü- sehen von Johanniterschwestern, die ich gung, um mich vorzustellen. Also star- aus anderen Zusammenhängen kannte te ich mit den nackten Fakten. Ich bin und die unnachahmliche Atmosphäre, Brigitte Scharmach, 66 Jahre alt, Kran- leiteten einen tief in meine Vergangen- kenschwester und Diplom-Volkswirtin heit und meine Seele führenden Ent- und seit März 2020 im Ruhestand. Seit wicklungsprozess ein. Wenn irgendwie 1993 leitete ich Krankenhäuser in unter- möglich, besuchte ich die nachfolgen- schiedlicher Trägerschaft, zuletzt 13 Jah- den Schwesterntage. re das Johanniter-Krankenhaus in Treu- Ich komme aus einem sehr christlichen enbrietzen. Zweimal war ich verheira- Elternhaus. In Bonn geboren, wuchs ich tet, habe keine Kinder und lebe heute in einem beschaulichen Dorf am Rhein als glücklicher Single mit meiner Katze auf und machte an der dortigen Ursu- Cappucchina in einer Dachgeschosswoh- linenschule Abitur. An der Bonner Uni- nung mit Terrasse in Berlin-Steglitz. versitätsklinik absolvierte ich die Rot- Den Lockdown konnte ich also komfor- kreuz-Schwesternschule und fast auto- tabel zum Abschalten und „Runterkom- matisch wurde ich Rotkreuzschwester men“ nutzen. Nur meine Katze prakti- Es war ein weiter Weg aus dem oft mit Haube und Brosche. Diese habe zierte anfangs strenge soziale Distanz spröden Krankenhausmanagement in ich während meiner Zeit als Stations- da ich zu viel Zeit in „ihrer“ Wohnung die Johanniter-Schwesternschaft. 2007 schwester in Köln-Kalk durchgehend verbrachte. Das hat sich Gott sei Dank war ich zum ersten Mal Gast auf dem mit erhobenem Haupt gegen alle Spöt- gelegt und langsam kehren auch meine Schwesterntag in Nieder-Weisel. Die gu- teleien getragen. Dennoch gab es auch gesunden Lebensgeister zurück. ten Gespräche, das unerwartete Wieder- Zweifel, über den von mir eingeschla- 11 Der Schwesternbrief | August 2020
genen Weg. Beispielsweise die erste Ge- Die innere Entfremdung von meinen fielen alle Zweifel von mir ab. Am Er- haltsabrechnung nach meinem Examen christlichen Wurzeln und meinem so- nennungsgottesdienst zur Johanniter- und die unüberwindliche Abneigung ge- zialen Kern jedoch verschärfte sich. Wer schwester 2019 hat meine rheinische gen das dunkelblaue Festkleid mit den bin ich und wohin gehe ich? Familie teilgenommen und mit mir ge- „Biesen am Busen“. Da kam Treuenbrietzen, das Haus mit feiert. Es kam, wie es kommen musste, ich den schwarzen Zahlen, den guten me- Zu Beginn der Corona-Pandemie haben studierte Volkswirtschaftslehre an der dizinisch-pflegerischen Inhalten und Pflegende als „Alltagshelden“ viel Zu- Universität zu Köln mit dem Abschluss der hervorragenden Mitarbeiterschaft. spruch erhalten, untermalt durch Klat- „Diplom-Volkswirtin“. Das Studium fi- Und es kam die unbekannte Welt der schen und Singen der Bürger von den nanzierte ich mit unzähligen Nacht- Johanniter. Tauwetter setzte in meiner Balkonen. wachen in unterschiedlichen Kranken- Seele ein, die Freude an den wunder- Die Politik kündigte eine Extrazahlung häusern, aus denen ich immer flüchtete, baren Andachten und Gottesdiensten für die Pflegenden an. Der Corona-be- wenn die Anwerbungen durch die Obe- wuchs. dingte Pflegebonus – 1.000 Euro vom rinnen zu drängend wurden. Ich wollte Die Schwesterntage brachten mich zu- Bund und je nach Bundesland Aufsto- mich einfach noch nicht fest binden. rück in die Zeit mit Haube und Brosche. ckung um 500 Euro – gibt es nun nur 1986 begann die Lebensphase „Kran- Es war nicht zu Ende, die losen Fäden für die Altenpflege. kenhausmanagement“ in Berlin. Mit 39 meines Lebens wollten verbunden wer- Zukünftig möchte ich mich aktiv in Jahren übernahm ich als Verwaltungs- den. Meine Fördermitgliedschaft in der die Johanniter-Schwesternschaft als chefin die Leitung eines großen kom- Schwesternschaft reichte nicht. Denn Regionalschwester der Region Berlin/ munalen Krankenhauses in Berlin und es gab immer noch das abgelehnte Sachsen einbringen und meinen Bei- dann in Salzgitter. Diese Jahre waren dunkelblaue Kleid der Vergangenheit trag leisten, dass es nicht beim Klat- von Sanierungen, Bettenabbau, Stand- und das noch nicht akzeptierte schwar- schen, Singen und einmaligen Pflege- ortschließungen und massivem Stellen- ze Kleid der Zukunft. Ich habe die Hür- bonus bleibt. abbau geprägt. Meine Karriere stimmte de gemeistert. Bei der Anprobe im An- und meine Arbeit wurde wertgeschätzt. wärterinnenseminar in Nieder-Weisel Regionalschwester Brigitte Scharmach Andere Länder - andere Pflege Auslandsaufenthalte unserer Schüler/-innen aus der Johanniter Bildungs-GmbH Bonn Die Schwesternschaft e.V. ist Gesellschafter der Johanniter zur Essensversorgung die den Patienten zum Beispiel auch Bildungs-GmbH Bonn. Seit Jahren bietet die Bildungs-GmbH mal eine zweite Tasse Kaffee holten, Sekretärinnen für den ihren Schülerinnen und Schülern Auslandseinsätze an, die Papierkram, Pflegehelferinnen sowie OP- und Laborboten. sich großer Beliebtheit erfreuen. Zu Beginn dieses Jahres ab- Die Stationen haben uns alle sehr freundlich aufgenommen solvierten acht Auszubildende vier Wochen einen Auslands- und gut eingearbeitet. Wir durften entsprechend unseres einsatz in Österreich und in der Schweiz. Die Schülerinnen Ausbildungsstandes arbeiten und sogar Verbände und die und Schüler wurden in verschiedenen Pflegebereichen der ein oder andere Blutentnahme machen. Das ist etwas, das Häuser unter der fachlichen Leitung der Pflegedirektionen eingesetzt. Die inhaltlichen Schwerpunkte dieses Praktikums liegen im fachlichen und kulturellen Bereich. Hier berichten sie wie es war: Grüß Gott aus Wien Am 2. Februar 2020 starteten wir mit vollgepackten Koffern nach Wien. Wir, zwei Mädels aus dem Oberkurs und zwei Jungs aus dem Mittelkurs freuten uns schon auf unser kleines Abenteuer. Ein Monat arbeiten in Wien lag vor uns, und wir waren neugierig auf die Unterschiede und die Mentalität der Österreicher. Unterschiede gab es einige, die uns aber sehr gut gefielen. Wir arbeiteten 12 Stunden am Tag, aber niemals mehr als drei Tage am Stück. Anfangs zogen sich die 12 Stunden ein wenig hin, klar wir sind ja nur 7,5 Stunden gewohnt. Der zweite große Unterschied besteht darin, dass viele Hilfskräfte und Arbeitsgruppen den Schwestern zuarbeiteten. So war es V.l.n.r.: KMelina Verhaert, Ann-Christin Euler, Nick Fabry, immer ein sehr angenehmes Arbeiten. Es gab Servicekräfte Latifa Sonntag, Kira Floßbach vor Schloss Schönbrun 12 Der Schwesternbrief | August 2020
hier auf Normalstation leider weniger der Fall ist. Unser nicht natologischen Intensivstation eingesetzt wurde. Auch hier vorhandener Wiener Dialekt enttarnte uns schnell bei unseren wurde im 12-Stunden-Schichtsystem gearbeitet. Die Struktur Patienten, sorgte aber auch für viel lustigen Austausch und lässt Spielraum und Entscheidungsfreiheit zur Ausübung der Insider-Tipps. Interessant war auch das Bestellen unseres pflegerischen Tätigkeiten und bietet mehr Zeit für und mit Mittagessens, denn das war gar nicht so leicht. Wer weiß den Patienten. schon, was Risipisi oder Melanzani ist? Aber es gab natürlich Die größte Herausforderung war die Sprache. Wir mussten auch die Klassiker wie Germknödel. erst alltägliche Begriffe neu erlernen, wie zum Beispiel den Untergebracht waren wir bei der Johanniter-Unfall-Hilfe und peripheren Venenkatheter, den wir als „Viggo“ kennen, teilten uns jeweils zu zweit ein kleines Zimmer mit Bad. An welcher hier als „Venflon“ bezeichnet wird oder das „Etikett“, unseren freien Tagen frühstückten wir zusammen und kochten das hier „Pickerl“ heißt. im Gemeinschaftsraum der Sanitäter. Obwohl unsere Unter- Das moderne Universitätsklinikum Sankt Pölten hat uns mit kunft etwas außerhalb vom Stadtzentrum lag, war man durch seiner Vielfältigkeit, top Ausstattung und Größe sehr beein- die wirklich tollen, zuverlässigen Bahnverbindungen, schnell druckt. dort wo man hin wollte. Unsere freien Tage verbrachten wir Die besonderen Arbeitszeiten, gaben uns an vielen freien Ta- im Wiener Zentrum, besuchten den Stephansdom, die berühm- gen die Möglichkeit für Freizeitaktivitäten. Wir lernten das te Benediktinerabtei „Stift Melk“ und Schloss Schönbrunn, schöne Niederösterreich kennen, besuchten die grandiose Aus- die Sissi-Ausstellung und probierten Kaffee Melange. stellung „Körperwelten“, besichtigten das prunkvolle Schloss Unsere Zeit in Wien war eine tolle Erfahrung. Es war interes- Schönbrunn, die Benediktinerabtei „Stift Melk“ und haben im sant zu sehen, wie „Pflege“ in anderen Ländern organisiert Skigebiet „Hochkar“ die Pisten unsicher gemacht. wird und wie unterschiedlich das Arbeiten sein kann. Wir Ann-Christin Euler und Kira Floßbach haben uns von der guten Laune der Wiener anstecken lassen und nehmen viele positive Eindrücke mit nach Hause. Grüezi aus Basel Latifa Sonntag, Melina Verhaert, Am 3. Februar 2020 startete unser erster Dienst. Obwohl vieles Andreas Fankhauser, Nick Fabry unserem System glich, gab es dennoch deutliche Unterschiede. Einer besteht darin, dass die Dienste in der Schweiz länger Grüß Gott aus Sankt Pölten sind als in Deutschland. Man kann sich wirklich Zeit für die Bereits am Tag nach unserer Anreise traten wir unsere Arbeit Patienten nehmen und eine individuell angepasste, professio- auf den jeweiligen Stationen an. Ann-Christin aus der Erwach- nelle Pflege durchführen. Das machte uns deutlich, je besser senenpflege hat ihren Einsatz auf der Unfallchirurgie absol- die Pflege, desto schneller wurden die Patienten wieder fit. viert, während Kira aus der Kinderkrankenpflege auf der neo- Die Zeit zwischen den Diensten nutzten wir zur Besichtigung von Basel und Umgebung. So verging die Zeit wie im Flug. Der Einsatz in Basel war eine tolle Erfahrung. Dieser Austausch hat uns in der Liebe zu unserer Arbeit bestärkt. Hande Kizilkan und Donjeta Gashi Im Baseler Münster ist Erasmus von Rotterdam begraben. Der humanistische Gelehrte war einer der Wegbereiter der Reformation. Er hat 1514–1529 sowie 1535 bis zu seinem V.l.n.r.: Kira Floßbach und Ann-Christin Euler im Tod 1536 in Basel gelebt und ließ hier seine Schriften Universitätsklinikum St. Pölten drucken. 13 Der Schwesternbrief | August 2020
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