Corona - wirtschaft MAGAZIN DER IHK ARNSBERG
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wirtschaft MAGAZIN DER IHK ARNSBERG 18 - REGIONALE 2025: Auszeichnung für zehn Projekte 36 - 10 Jahre Azubi-Finder JULI/AUGUST 2020 www.ihk-arnsberg.de Corona 07+08/2020 © paul - stock.Adobe.com
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editorial Von nun an geht’s bergauf Das Konjunkturklima im Allzeittief, Unternehmen atmeten auf, wenn- die Lage meist zwischen befriedi- gleich die gebotenen Hygiene- und gend und miserabel und die Erwar- Abstandsregeln mindestens gewöh- tungen für die kommenden Monate nungsbedürftig, manches Mal einer eher schlecht. Wenig Grund also für schnellen Erholung auch abträglich Zuversicht? Ich finde nicht. Denn sind. Gute Signale kommen zu- wir spüren auch, wie der Wind sich dem aus der europäischen Nach- allmählich dreht. Bürger, Politik barschaft. Nach und nach werden und Unternehmen zeigen, dass sie Grenzen geöffnet, Produktionen sich durch Corona nicht unterkrie- wieder hochgefahren und Urlaubs- Foto: Detemple gen lassen wollen. destinationen freigegeben. Dr. Ilona Lange Die Krise ist nicht ökonomischen Wir sollten uns dennoch nicht der „ IHK-Hauptgeschäfts- Ursprungs. Corona ist von außen Illusion hingeben, dass das Virus führerin eingefallen und hat die Wirtschaft bereits besiegt und die Krise über- ausgebremst. Völlig unverschuldet wunden ist. Derzeit entfaltet Corona sind Unternehmen in teils existenz- in Südamerika, Indien und Afrika bedrohende Situationen geraten. Ih- seinen Schrecken. Auch die USA ist nen greift der Staat mit Förderpro- arg gebeutelt und wohl noch längst grammen massiv unter die Arme. nicht über den Berg. Diese Entwick- Und das ist gut so. Denn auch diese lungen sind für unsere Wirtschaft Völlig unver- Betriebe sind im Kern gesund. Sie von großer Relevanz. Der Export schuldet sind werden nur an wirtschaftlicher Tä- trägt mittel- wie unmittelbar zu un- tigkeit gehindert. serem Wohlstand bei und sichert Unternehmen Die Wirtschaft hat in den vergange- Arbeitsplätze. Die Corona-bedingt nen Jahren mit viel konjunkturellem schwierigen Bedingungen im Au- in teils existenz- Rückenwind ihre Wettbewerbsposi- ßenhandel werden uns noch eine bedrohende tion gefestigt, ihre Produktionspro- Weile begleiten. Bleibt die Welt von zesse verbessert, neue Produkte einer zweiten Pandemiewelle ver- Situationen kreiert und die Organisation mo- schont dürfte aber auch der globale geraten. dernisiert. Die meisten Unterneh- Handel wieder Fahrt aufnehmen. men sind darum fähig und bereit, Nicht alle Unternehmen am Hellweg sofort wieder hoch zu fahren, wenn und im Sauerland werden die Krise die Bedingungen dies ermöglichen. schadlos überstehen. Bei einigen Noch sind jedoch diese Bedingun- wird sich die Existenzfrage stellen. gen für die nahe Zukunft sehr dif- Die Politik hat für sie die Kassen fus. Es herrscht Unsicherheit darü- weit geöffnet. Das Konjunkturpaket ber, was in den nächsten Monaten hat gewiss Schwächen, ist aber ein an Geschäften möglich sein wird. eindrucksvolles Indiz, dass Bundes- Die Unternehmen fahren auf Sicht. und Landesregierung es ernst mei- Sie planen vorsichtig, sowohl bei nen, wenn sie sagen, niemanden im den Investitionen als auch der Be- Regen stehen zu lassen. schäftigung. Im Inland hat sich der Das Konjunkturklima ist am Tief- Nebel mit den Lockerungen bereits punkt, doch ab jetzt geht’s bergauf! ein gutes Stück gelichtet. Einzel- handel und Gastgewerbe konnten Ihre wieder öffnen. Kunden, Gäste und Ilona Lange wirtschaft 07+08/2020 1
I N H A LT titelthema I corona 5 Konjunktur eingebrochen 9 „Die Sorgen und Nöte tragen wir kontinuierlich der Politik vor” 11 Wege der südwestfälischen Wirtschaft in und aus der Corona-Krise 13 Insolvenzrecht wegen Corona gelockert 14 Jetzt schon Verluste beim Fiskus geltend machen Foto: Jonas Weinitschke - stock.adobe.com 16 Corona-Krise: Service für Unternehmen 17 Konjunkturpaket enthält viele richtige Impulse Die Folgen der Corona-Krise, vom Shutdown bis zum Einbruch auf den globalen Absatzmärkten, bekommt die Region deutlich zu spüren. Die Konjunktur ist eingebrochen. Seite 4 unternehmen & region Der Ausschuss für die 18 REGIONALE 2025: Auszeichnung für zehn Projekte REGIOANLE 2025 hat 22 Das Paradies vor der Haustür – vom Revier ins zehn Projekte ausge- Sauerland zeichnet. Vier Projekte 24 Sauerland-Höhenflug bleibt Qualitätsweg kommen aus dem Be- reich digitale Bildung. Seite 18 politik 25 „Protektionismus ist nie die richtige Antwort“ Foto: FH Südwestfalen 27 Covid-19 setzt Steuereinnahmen zu 30 EU und Mexiko modernisieren Handelsabkommen Das Sauerland-Mu- 31 IHK NRW fordert: Kohleausstiegsgesetz seum präsentiert die nachbessern Sonderausstellung 33 Aus Berlin und Brüssel „Das Paradies vor der Haustür – vom Revier ins Sauerland“ – eine news & service Zeitreise durch die 34 Vollversammlung diskutiert Corona-Politik Entwicklung des Tou- rismus im Sauerland. und Energiewende Foto: Sauerland-Museum Seite 22 35 Jetzt für Südwestfalenaward 2020 bewerben 36 10 Jahre Azubi-Finder 39 Anmeldeschluss für die Winterprüfung 2020/2021 Seit 10 Jahren gibt 41 Arbeitsjubilare es nun die Azubi-Fin- 32 IHK-Börsen der. Im Interview be- 49 Sachverständigenwesen richtet das dreiköp- fige Team über die rubriken Entwicklungen im 1 Editorial Azubirecruiting und 51 Zahlen, bitte! Ausbildungsmarke- 52 Im nächsten Heft/Impressum ting. Seite 36 Foto: Anneser 2 wirtschaft 07+08/2020
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D er IHK-Konjunkturklimaindika- tor – er besteht aus Bewertungen der Lage- und der Erwartungen – ist von 110,1 Punkte im Januar auf 69,1 Punkte gefallen. „Der tiefste Wert bei unseren Konjunkturumfragen“, sagt Prä- Konjunktur sident Rother. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise am Jahresbeginn 2009 lag er bei 72,2. Heute heißt der Grund Corona. Der dadurch erzwungene Shutdown eingebrochen in Deutschland und die weltweiten Fol- gen der Corona-Krise wirken sich in allen Branchen aus. Der Rückgang im Konsum hat zunächst vor allem Gastronomie, Tourismus, Einzelhandel und Dienstleis- ter getroffen. Doch auch die vorgelager- „Das Konjunkturklima am Hellweg und im Sauerland ist auf ten Branchen wie Großhandel, Verkehr dem Tiefpunkt“, dieses Fazit zog IHK-Präsident Andreas Rother und die Produktion von Gebrauchs- und bei der Vorstellung der Ergebnisse der aktuellen Konjunktur- Verbrauchsgütern haben mit Einbußen umfrage. Die Lage bekommt nur im Baugewerbe mehrheitlich zu kämpfen. Die Industrie verlor nicht ein „Gut“ bis „Befriedigend“. An der Befragung in den ersten nur im Inland, sondern auch im Ausland beiden Mai-Wochen haben sich 577 Unternehmen beteiligt. große Teile seiner Umsätze. Derzeit geben 42 Prozent der Betriebe ihrer derzeitigen Lage ein „Schlecht“. Das sind mehr als viermal so viele wie zu Jah- resbeginn. Die Zahl der Betriebe, die mit ihrer Lage zufrieden sind, hat sich hal- biert. Der Auftragsbestand ist bei 62 Pro- zent der Betriebe gut oder befriedigend (Jahresbeginn 89 %). Die Ertragslage hat sich bei 56 Prozent verschlechtert. Von einer schnellen Erholung noch in diesem Jahr gehen die Unternehmen nicht aus. In allen Branchen fällt die Erwartung für die kommenden zwölf Monate mehr- heitlich negativ aus. Jedes zweite Unter- nehmen erwartet eine Verschlechterung. Die Unternehmen halten sich bei ihren Investitionsplanungen zurück. Über die notwendigen Projekte hinaus sind kaum größere Maßnahmen geplant. Besonders teure Investitionen werden vertagt. Das Hauptmotiv ist folglich der Ersatzbedarf (58 %), gefolgt von Rationalisierungen (44 %). 36 Prozent der Betriebe wollen die Be- legschaft verkleinern. Diesen gegenüber stehen 9 Prozent, die zusätzliches Perso- nal einstellen wollen. Infolgedessen ist in fast allen Branchen mit einem Beschäfti- wirtschaft 07+08/2020 5
titelthema I corona gungsabbau zu rechen. Allein der Groß- Die größten Konjunkturrisiken sehen handel will unter dem Strich die Beleg- die Unternehmen in der Inlandsnachfra- schaften halten. ge (77 %) und der Auslandsnachfrage Bei den Konjunkturrisiken steht die In- (64 %). Ursächlich sind die vielen Unsi- landsnachfrage nun mit 70 Prozent auf cherheiten über die weitere Entwicklung dem ersten Rang. An zweiter Stelle folgen der Pandemie und ihre Auswirkungen für mit 44 Prozent die wirtschaftspolitischen die wichtigen Absatzmärkte, vor allem in Rahmenbedingungen. Der Fachkräfte- Nordamerika, China, Russland und Euro- mangel, in der Vergangenheit das größte pa. Infolgedessen reduziert die Branche Risiko, fällt von 57 Prozent Nennungen die Investitionspläne auf das Notwen- „ auf 22 Prozent. Gestiegen sind die Nen- digste. nungen beim Thema Finanzierung. Noch zu Jahresbeginn war die Finanzierung Hoher Auftragsbestand im Bau kaum von Bedeutung, nun stellt sie für immerhin 15 Prozent der Unternehmen Die Baubranche profitiert noch vom ho- ein Risiko dar. hen Auftragsbestand. Bei den Lageurtei- Im Vergleich zu Wirtschaftskrisen in len zeigt sich lediglich eine Verschiebung der Vergangenheit macht IHK-Hauptge- von einer guten zu einer befriedigenden Diese Krise ist schäftsführerin Dr. Ilona Lange einen sig- Lage. Allerdings erwartet die Branche nicht durch nifikanten Unterschied aus: „Diese Krise einen deutlichen Rückgang der Bautä- ist nicht durch wirtschaftliche Prozesse tigkeit. Der vorsichtige Optimismus vom wirtschaftliche entstanden, sondern gänzlich von außen Jahresbeginn ist verflogen. Die Inlands- Prozesse ent- auf die Wirtschaft getroffen. Unsere Un- nachfrage wird zum größten Konjunktur- ternehmen waren und sind mehrheitlich risiko. standen, sondern im Kern gesund. Das wird uns in der an- Investitionen stehen in den kommen- gänzlich von stehenden Erholungsphase noch sehr zu- den Monaten nicht auf der Agenda. Da- gute kommen.“ mit reagieren die Bauunternehmen auf außen auf die die eingetrübten Erwartungen. Wenn in- Industrie fürchtet vestiert wird, dann vorrangig in den Er- Wirtschaft einbrechenden Export satzbedarf. Trotz allem wollen 92 Prozent getroffen. der Betriebe ihre Arbeitskräfte halten. In der Industrie fällt die Lage bei den Ge- Dr. Ilona Lange und Verbrauchsgüterproduzenten deut- Dienstleister erwarten lich schlechter aus, als bei den Vorleis- kaum Besserung tern und Investitionsgüterproduzenten. Erstere sind mit ihren Produkten nah am Die Corona-Krise führt zu einem deut- Endkunden und konnten aufgrund der lichen Einbruch der Lageurteile bei den Corona-Maßnahmen ihre Produkte nicht Dienstleistungsunternehmen. Bis zum absetzen. Die Hersteller von Investiti- Jahresbeginn profitierte die Branche onsgütern profitieren hingegen auch von noch von der weithin guten Gesamtkon- langfristigen Lieferverträgen. junktur. Bei den wirtschaftsnahen Dienst- Die Erwartungen in der Industrie sind leistungen ist die Lageeinschätzung ins das vierte Mal in Folge negativ. Der Saldo Negative gedreht. Bei den personenbezo- aus Optimisten und Pessimisten liegt bei genen Dienstleistungen gab es bereits zu -26,5 und damit fast sieben Punkte un- Jahresbeginn einen leichten Überhang an ter dem Wert zu Jahresbeginn, allerdings schlechten Urteilen. Entsprechend negati- auch vier Punkte besser als im vergange- ver fällt das Urteil jetzt aus. nen Herbst. Beim Export geht die Hälfte Für die kommenden Monate rechnet der Unternehmen von einem Rückgang die Branche mit einer Verschlechterung des Geschäfts aus. der Geschäftslage. Während sich die Op- 6 wirtschaft 07+08/2020
Foto: Wrona/IHK Gemeinsam haben sie die Konjunkturbefragung vorgestellt (v. li.): Hubertus Gössling (Gössling Spedition GmbH, Verkehrsunter- nehmen aus Arnsberg), Stefan Severin (Geschäftsbereichsleiter Volkswirtschaft, IHK), Peter Eickhoff (Eickhoff GmbH, Handelsun- ternehmen aus Warstein), Johannes A. Lehde (J. Lehde GmbH, Bauunternehmen aus Soest), Andreas Deimann (Hotel Deimann GmbH & Co. KG, Tourismusunternehmen aus Schmallenberg), Dirk Ufer (Schröder, Tetampel & Ufer OHG, Dienstleistungsunter- nehmen aus Arnsberg), Andreas Rother (IHK-Präsident, ahd GmbH & Co. KG, Dienstleistungsunternehmen aus Ense), Yvonne Dallmer (Dallmer GmbH & Co. KG, Industrieunternehmen aus Arnsberg), Dr. Ilona Lange (IHK-Hauptgeschäftsführerin). timisten und Pessimisten zu Jahresbeginn in ihren Antworten berücksichtigen. noch die Waage hielten, überwiegen jetzt Das Gastgewerbe geht nicht von einer mit 45 zu 12 Prozent die Pessimisten. schnellen Erholung aus. Drei Viertel pla- Demzufolge will ein Drittel der Betriebe nen mit einer schlechteren Geschäftslage. seine Belegschaft verkleinern. Einstellen Der Optimismus aus dem Jahresanfang möchte nicht einmal jeder zehnte Betrieb. ist gänzlich verflogen. Die Sichtweise der Branche auf die Gastgewerbe hart getroffen Risiken für die weitere wirtschaftliche Kaum noch ein Entwicklung hat sich sehr deutlich ge- Thema ist der Mit dem Gastgewerbe hat der Shutdown ändert. Ganz oben auf der Liste stehen eine Branche getroffen, die bis zum Jah- nun die Wirtschaftspolitischen Rahmen- Fachkräftemangel resbeginn ihrer Lage noch Top-Noten gab. bedingungen mit 64 Prozent Nennungen Nicht mal ein Prozent urteilte damals mit (Jahresbeginn: 37 %), es folgen die Aus- „schlecht“. In der aktuellen Umfrage ur- landsnachfrage mit 61 Prozent (5 %), die teilte nicht mal ein Prozent mit gut. Zu Inlandsnachfrage mit 55 Prozent (11 %) berücksichtigen ist jedoch der Zeitraum und die Finanzierung mit 48 Prozent (2 der Befragung vom 2.-16. Mai. Bis zum %). Kaum noch ein Thema ist der Fach- 8. Mai galt für die Gastronomie der Shut- kräftemangel mit 18 Prozent Nennungen, down, Ferienwohnungen und Hotels dür- zu Jahresbeginn noch das Risiko Num- fen erst seit dem 18. Mai wieder öffnen. mer 1 für 80 Prozent der Betriebe. Die Lockerungen aus der zweiten Maiwo- Drei Viertel der Betriebe werden dieses che konnten folglich nicht alle Befragten Jahr weniger investieren als in der Ver- wirtschaft 07+08/2020 7
titelthema I corona gangenheit. Zudem wollen zwei Drittel Auch im Außenhandel sieht die Branche der Betriebe ihre Beschäftigtenzahl ver- mehr Sorgen als Chancen. Mehr als jeder ringern. Ein Drittel will die Arbeitskräfte zweite Betrieb erwartet geringere Exporte, Mehr als jeder zumindest halten. ein Drittel geht von stabilen Exporten aus. zweite Betrieb Hauptrisiko für die zukünftige wirtschaft- Handel gespalten liche Entwicklung ist für neun von zehn erwartet Großhändlern jedoch die Inlandsnachfra- Im Einzelhandel hat sich die Lage im Ver- ge. geringere Exporte gleich zum Jahresbeginn insgesamt ver- Der Einzelhandel will in Folge der Kri- schlechtert. Jeweils ein knappes Drittel se seine Beschäftigtenzahl verringern. Im schätzt die Lage als „gut“ beziehungswei- Großhandel – als einzige Branche – über- se als „schlecht“ ein. Ursächlich für das ge- wiegen leicht die Betriebe, die zusätzliche spaltene Urteil sind die unterschiedlichen Mitarbeiter einstellen wollen. Auswirkungen des Shutdowns auf die Handelssegmente. Während beispielswei- Verkehrswirtschaft zurückhaltend se Modehändler ihre Geschäfte komplett schließen mussten und infolgedessen die Die Wirtschaftslage der Verkehrsunter- Umsätze einbrachen, konnte der Lebens- nehmen hat sich deutlich verschlechtert. mitteleinzelhandel von der Schließung Schon in den letzten Befragungen prägten der Gastronomie profitieren. Mehr als je- die Pessimisten die Erwartungen der Bran- der zweite Betrieb rechnet mit weiterhin che an die künftige Geschäftsentwicklung. schlechteren Geschäften. Ein Aufhellen Über 60 Prozent rechnen mit schlechteren der Konsumlaune wird nicht erwartet. Das Geschäften als in der Vergangenheit. Die größte Konjunkturrisiko ist für zwei Drit- Branche will künftig weniger investieren. tel der Einzelhändler folglich die Inlands- Sofern Geld in die Hand genommen wird, nachfrage. handelt es sich fast ausschließlich um Im Großhandel fällt das Lageurteil eben- den Ersatz von Fahrzeugen und Produk- falls negativer aus. Der konsumnahe Groß- tionsmitteln. Die Zurückhaltung bei den handel ist dabei wesentlich stärker betrof- Erwartungen spiegelt sich auch bei den fen als der produktionsnahe Großhandel. Beschäftigungsabsichten wider. Der Per- Sieben von zehn Großhändler erwarten, sonalstamm wird über alle Betriebe hin- dass ihre Geschäfte weiter nachlassen. weg sinken. bec/sev 8 wirtschaft 07+08/2020
„Die Sorgen und Nöte tragen wir kontinuierlich der Politik vor“ Die Corona-Krise hat auch die IHK herausgefordert. Und sie hat gleichzeitig die Aufgaben der IHK in den Fokus der Unternehmen gerückt: Sie ist Beraterin und Förderin der Unternehmen ebenso wie politische Interessenver- treterin der Wirtschaft wirtschaft: Frau Dr. Lange, wie hat die veröffentlicht werden. Per E-Mail errei- IHK die vergangenen Monate erlebt? chen wir zudem rund 7.000 Mitgliedsun- ternehmen. Und ganz wichtig war natür- Dr. Ilona Lange: Auch für die IHK ist die- lich die Einrichtung unserer Hotline zur se Zeit sehr herausfordernd. Wir sind NRW-Soforthilfe für Solo-Selbständige mehr denn je wichtige Informationsquel- und Kleinunternehmen. le, fachkundiger Berater oder einfach nur Foto: DIHK/Paul Aidan Perry aufmerksamer Zuhörer für unsere Unter- Was genau will die IHK mit der Hotline er- nehmen. Wir verfolgen täglich, welche reichen? Verordnungen aus den Ministerien in Ber- lin und Düsseldorf kommen und welche Mit unserer Hotline haben wir die Arbeit Foto: Detemple Relevanz sie für die Betriebe haben. Dann der Bezirksregierung und damit der Lan- Dr. Ilona Lange informieren und beraten wir sofort über desregierung unterstützt. Die Bezirksre- IHK-Hauptgeschäfts- alle Kanäle, hunderte Telefonate und tau- gierung hat die Anträge bearbeitet und ge- führerin sende von E-Mails. nehmigt. Wir haben die Fragen rund um das Antragsverfahren beantwortet. Unser Freuen Sie sich über die vielen Kontakte zu gemeinsames Ziel war es, dass die Sofort- „ den Mitgliedsunternehmen? hilfe auch sofort bei den notleidenden Un- ternehmen ankommt. Das ist in den aller- Ja, schon, aber der Anlass ist natürlich meisten Fällen gelungen. überaus unerfreulich. Worüber ich mich wirklich freue ist, dass es uns schnell ge- Wie viele Unternehmen haben die Hotline lungen ist, über verschiedene Kommuni- denn angerufen? kationswege sehr viele Mitglieder zu er- reichen. So konnten wir zeigen, dass die Nachdem der Antrag online gestellt wur- Die IHK IHK an der Seite ihrer Unternehmen steht de, sind bei uns die telefonischen An- und alles tut, um sie durch diese heraus- fragen regelrecht explodiert. Besonders steht an der Seite fordernde Zeit zu begleiten. hervorheben möchte ich das erste Wo- chenende, an dem zwölf IHK-Mitarbeiter der Unternehmen. Was genau macht die IHK denn? auf freiwilliger Basis die Hotline besetzt Dr. Ilona Lange haben. Von Freitag bis Sonntag hatten wir Bereits am 28. Februar sind wir mit un- allein 900 Anrufe. Am Montag darauf wa- serer Infoseite www.ihk-arnsberg.de/ ren es noch einmal rund 1.700 Anrufe. Die corona online gegangen. Dort finden alle Telefone standen nicht still, ans Tagesge- Unternehmer stets aktuell und gebündelt schäft brauchten die Kolleginnen und Kol- die wichtigsten Informationen. Dazu zwei legen nicht denken. Bis Anfang Juni ha- Zahlen: Würden wir die Webseite ausdru- ben wir 12.500 Anrufe gezählt. Die Zahlen cken, hätten wir eine Broschüre mit rund zeigen, wie groß der Beratungsbedarf bei 25 Seiten. Die Seite haben wir inzwischen den Betrieben war. Die Zahlen zeigen aber über 100-mal aktualisiert, weil fast täglich auch, wie wichtig nach dem Shutdown die neue Hinweise, Regeln und Verordnungen staatlichen Hilfen für die Betriebe waren, wirtschaft 07+08/2020 9
titelthema I corona die vollkommen unverschuldet in die Kri- breit zu streuen. se geraten sind. Gab es denn im IHK-Alltag besondere Her- Und wie erfährt die Politik von den Sorgen ausforderungen? der Unternehmen? Eine große Herausforderung stellte sich in Die IHK-Organisation hat den Austausch der Berufsausbildung. Wir mussten 3.500 mit der Politik in den vergangenen Mona- Prüflinge und Prüfer neu koordinieren. ten noch einmal intensiviert. In der Pra- Das heißt konkret: Wir haben die Ab- xis war auch bei uns die Videokonferenz schlussprüfung Teil 1 von 650 Auszubil- das Instrument der Wahl. Wir haben eine denden und die Prüfungen von 210 Wei- „ Vollversammlung und vier Präsidiums- terbildungsteilnehmern verschoben. Diese sitzungen virtuell durchgeführt und die Termine müssen wir im Herbst neu orga- aktuellen Herausforderungen intensiv be- nisieren. 660 klassische Zwischenprüfun- sprochen. Mit den beiden IHKs aus Ha- gen haben wir ganz abgesagt. 1.520 Aus- gen und Siegen haben wir uns auf süd- zubildenden wollten im April eigentlich westfälischer Ebene abgestimmt. Auf der ihre Abschlussprüfungen schreiben. Dafür Ebene von IHK NRW gab es insgesamt war alles organisiert, doch dann kam der 14 Videokonferenzen, zwei davon mit Shutdown. Diese Prüfungen haben wir im Danken möchte ich NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart und Juni nachgeholt, parallel zu den mündli- den Prüfern und Staatssekretär Dammermann. Der DIHK chen Abschlussprüfungen. hat in Berlin gezielt die Politik angespro- Unternehmern für chen. Weitere wichtige Instrumente sind Wie haben die Prüflinge das aufgenom- ihr Engagement. unsere Blitz- und Konjunkturbefragungen. men? Deren Ergebnisse zeigen ein handfestes Dr. Ilona Lange Lagebild, wie es um die Wirtschaft bestellt Mit großem Verständnis für die Situation. ist. Und nicht zuletzt helfen uns die vie- Aber die Prüfer, 850 an der Zahl, sollten len persönlichen Kontakte in die Unter- wir nicht vergessen. Auch diese mussten nehmerschaft. Die konkreten Sorgen und wir kontaktieren und über die neue Situa- Nöte tragen wir kontinuierlich der Politik tion und die neuen Termine informieren. vor und betreiben so Interessenvertretung Das alles zu organisieren, war und ist eine für die Wirtschaft. Der Erfolg zeigt sich in Mammutaufgabe. Ich bin wirklich stolz, den Rettungspaketen. Viele Forderungen dass die Kolleginnen und Kollegen diese der IHK-Organisation finden sich darin Herausforderung so gut gemeistert haben. wieder. Danken möchte ich den Prüfern und Un- ternehmen für ihr Engagement. Welche Themen bewegen die Unternehmen neben der Soforthilfe? Welche Erkenntnis ziehen Sie als IHK-Hauptgeschäftsführerin aus den Kri- Besonders wichtig und zeitintensiv in der senmonaten? Beratung sind alle Fragen rund um die Themen KfW-Kredite, Bürgschaften und Zu den Erkenntnissen dieser Zeit gehört weitere Finanzierungshilfen. Aus dem für mich, dass die IHK gerade in Krisenzei- Einzelhandel und dem Gastgewerbe ha- ten der Wirtschaft einen enormen Rück- ben wir zudem viele Fragen zu den The- halt bietet. Oder, wie es ein Gastronom an men Hygienekonzepte und Schutzaus- der IHK-Hotline sagte: „Ihr seid die einzi- rüstung bekommen. Deshalb stehen wir gen, die uns zuhören.“ auch in engem Kontakt mit den Gewer- bevereinen und Wirtschaftsförderern, um Informationspakete und Hilfsangebote Das Interview führte Thomas Becker. 10 wirtschaft 07+08/2020
Foto: SIHK von links: Dr. Ralf Geruschkat, Hauptgeschäftsführer der SIHK zu Hagen, Ralf Stoffels, Präsident der SIHK zu Hagen, Dr. Ilona Lange, Hauptgeschäftsführerin der IHK Arnsberg, Andreas Rother, Präsident der IHK Arnsberg, Klaus Gräbener, Hauptge- schäftsführer der IHK Siegen, und Felix G. Hensel, Präsident der IHK Siegen. Wege der südwestfälischen Wirtschaft in und aus der Corona-Krise In einem gemeinsamen Pressegespräch informierten die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammern Arnsberg, Hagen und Siegen über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft „ in Nordrhein-Westfalens stärkster Industrieregion und Wege aus der Krise. Dabei reichte das Themenspektrum von der Ausbildung, der europäischen Dimension der Krise bis hin zur Zukunft der sozialen Marktwirtschaft in Zeiten staatlicher Unterstützung von Unternehmen. Andreas Rother, Digitalunternehmer und dungsmessen können in der klassischen Präsident der IHK Arnsberg, sah insbeson- Form aktuell nicht stattfinden“, so Rother. dere die berufliche Ausbildung vor großen Die IHKs unterstützen beide Seiten bei der Herausforderungen, ist aber auch zuver- Suche, zum Beispiel mit Azubi-Findern, sichtlich gestimmt. „Trotz Corona gibt es Berufliche Bildungslotsen und Programme auch 2020 sehr gute Chancen für einen der passgenauen Besetzung. Auch virtu- Trotz Corona gibt Karrierestart über eine berufliche Ausbil- elle Ausbildungsmessen sind in verschie- es auch 2020 sehr dung“, so Präsident Rother. Noch immer denen Bereichen Südwestfalens bereits in stellten die Unternehmen deutlich mehr Planung. gute Chancen für Ausbildungsplätze zur Verfügung, als es Für Ralf Stoffels, Industrieunternehmer eine berufliche Bewerberinnen und Bewerber gebe. Die aus Ennepetal und Präsident der SIHK zu Herausforderung bestünde aktuell darin, Hagen, darf vor allem auch die europäi- Ausbildung. Angebot und Nachfrage zusammenzu- sche Dimension der Corona-Krise nicht Andreas Rother bringen. „Schülerinnen und Schüler sind aus dem Fokus geraten. „Nationale und für die Unternehmen über die Schulen internationale Wertschöpfungsketten sind derzeit schwer zu erreichen und Ausbil- Teil der DNA unserer südwestfälischen wirtschaft 07+08/2020 11
titelthema I corona Industrieregion. Die industrielle Produk- serte Möglichkeiten degressiv ausgestal- tion fußt vom Anfang bis zum Ende auf teter Abschreibungen, deutlich weniger internationalen Lieferbeziehungen, die in Bürokratie und flexiblere Arbeitszeitvor- der Krise komplett auf den Prüfstand ge- schriften, die besser zu modernen Produk- kommen sind“, so Präsident Stoffels. Die- tionsbedingungen passten. Felix G. Hensel: se Grundlagen müssten auf europäischer „Neiddebatten um Reichensteuern helfen Ebene gesichert werden. Deshalb sollte da nicht wirklich weiter. Es muss viel- die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, sich mehr darum gehen, möglichst viele Unter- dafür einsetzen, dass die angekündigten nehmen zu behalten, die überhaupt noch Grenzöffnungen - bei aller notwendigen Steuern zahlen können.“ Zudem müsse Rücksicht auf den Pandemieschutz – euro- wegen der starken außenwirtschaftlichen paweit möglichst einheitlich und transpa- Orientierung der südwestfälischen Indust- rent sind. Europa müsse zudem weiterhin rie auch aus seiner Sicht insbesondere auf „ Taktgeber gegen den weltweit aufkeimen- europäischer Ebene alles dafür getan wer- den Protektionismus und Vorbild für den den, unterbrochene Lieferketten wieder in weltweiten Freihandel sein. Stoffels for- Gang zu bringen und bestehende Liefer- dert zudem: „Der europäische Green-Deal und Reisebeschränkungen schnellstmög- darf die Wirtschaft in der Krise nicht über- lich zu beseitigen. Schließlich gingen über fordern. Die Unternehmen stehen zum Kli- 60 Prozent der südwestfälischen Exporte maschutz, aber zusätzliche finanzielle Be- in den europäischen Raum. lastungen könnten viele Unternehmen an Ilona Lange verwies bei diesem Thema Der europäische den Rand der Belastungsfähigkeit bringen. auf die Arbeit der Auslandshandelskam- Green-Deal darf Dies gilt auch für die diskutierte Verschär- mern. Diese habe sich in der Krise be- fung des CO2-Reduktionsziels für das Jahr währt. „Sie helfen, aus dem nationalen die Wirtschaft in 2030“. Die Übergangsphase des Brexit, einen internationalen Erfolg zu machen. die Ende des Jahres endet, sollte zudem Sie schaffen Zugänge, vermitteln Kontakte der Krise nicht um zwei Jahre verlängert werden, um die und lösen Probleme. Sie sind für Unter- überfordern. wichtigen Handelsbeziehungen zum Ver- nehmen da, die noch vor dem Schritt ins einigten Königreich reibungslos abwickeln Ausland stehen oder die schon Jahrzehnte Ralf Stoffels zu können. vor Ort sind“, erläuterte Lange. Die AHKs Felix G. Hensel, Unternehmer aus der sind In 92 Ländern und an insgesamt 140 Elektroindustrie und Präsident der IHK Standorten präsent. Siegen, meinte, dass das Einmalige der Die AHKs üben derzeit eine enorm derzeitigen Krise darin besteht, dass sie wichtige Brückenkopffunktion aus. Un- zeitgleich nahezu alle wirtschaftlichen ternehmen, denen es aufgrund von Bereiche sowie die gesamte Gesellschaft Reisebeschränkungen und Quarantä- trifft. „Dadurch gibt es Baustellen ohne nebestimmungen nicht möglich ist, Pro- Ende“, betonte Felix G. Hensel. „Bei jeder duktions- oder Niederlassungsstandorte einzelnen dieser Baustellen wird der Staat zu besuchen, können die AHK-Mitarbei- um Hilfe gebeten. Bund und Land häufen terinnen und Mitarbeiter vor Ort einbin- derzeit Schuldenberge auf, die jedes bis- den. Ein Service, der derzeit sehr gut an- herige Maß sprengen. Die damit vielfach genommen werde. Die AHKs informieren verbundene Vorstellung, man könnte mit über www.ahk.de aktuell und umfassend geliehenem Geld in Hülle und Fülle jedes über die Gegebenheiten an den Standorten Problem lösen, ist auch eine Hypothek, (Infektionslage, Mobilität, Exit-Strategien, die uns das Virus hinterlässt.“ Die derzei- wirtschaftliche Lage). Lange: „Die Kolle- tige Krise sei nur zu überwinden, wenn es ginnen und Kollegen genießen auch des- schnell gelinge, die Wirtschaft wieder in halb aktuell einen erstklassigen Ruf, weil Fahrt zu bringen. Hierfür benötige man niemand von ihnen nach Deutschland zu- eine grundlegende Steuerreform, verbes- rückgekehrt ist.“ 12 wirtschaft 07+08/2020
Insolvenzrecht wegen Corona gelockert Das Coronavirus bringt auch eigentlich solvente Unternehmen in eine finanzielle Schieflage. Damit es nicht zu zahlreichen Pleiten kommt, wurde das Insolvenzrecht geändert. Unternehmer müssen dabei jedoch einiges beachten. Von einem Tag auf den anderen sind ist vermutlich im Grunde genommen sol- durch die Corona-Krise bei etlichen Un- vent und nur wegen der aktuellen Krise ternehmen die Umsätze stark oder sogar zahlungsunfähig geworden. Das ist jedoch komplett weggebrochen. Die Folge: Vie- kein Freifahrtschein. Schließlich können lerorts wird die Liquidität knapp, und die sich Betriebe auch im Jahr 2020 aus an- Zahlungsunfähigkeit droht. In normalen deren Gründen als Corona überschulden. Zeiten müsste ein Geschäftsführer spätes- Daher gilt: Unternehmen sollten nicht nur tens drei Wochen nach dem Eintritt der genau dokumentieren können, dass sie im Zahlungsunfähigkeit die Insolvenz anmel- vergangenen Jahr solvent waren, sondern den. Ansonsten droht dem Unternehmer auch, wann und wodurch sie 2020 in eine eine Strafe wegen Insolvenzverschlep- finanzielle Schieflage geraten sind. pung. Da durch das Virus momentan auch Außerdem sollten Unternehmen ihren im wirtschaftlichen Leben nichts normal Lieferanten im Einkauf ihre momentane ist, hat das Bundejustizministerium im Zahlungsunfähigkeit nicht verschweigen. Vielerorts wird März das Covid-19-Insolvenzaussetzungs- Ansonsten kann sich die Geschäftsleitung gesetz (COVInsAG) verabschiedet. des Betruges strafbar machen, denn dann die Liquidität Für Unternehmen, die sich durch die geht die Rechtsprechung davon aus, dass knapp und die Coronakrise überschuldet haben und ihre die Lieferanten getäuscht wurden, indem Rechnungen nicht mehr bezahlen können, die Zahlungsunfähigkeit verschwiegen Zahlungsfähigkeit besteht derzeit – nach aktuellem Stand bis wurde. Ein guter Rat ist daher, Gläubiger droht. einschließlich September (wobei sich der in kritischen Phasen darauf hinzuweisen, Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit dass aufgrund der aktuellen Lage eine einer Fristverlängerung offengehalten hat) Zahlung nicht garantiert werden könne. – keine Pflicht zur Insolvenzanmeldung, Zudem sollten Unternehmen die eigene sofern die Aussicht auf eine erfolgreiche wirtschaftliche Gesamtsituation am Tag Sanierung besteht. Für Betriebe, die schon der Bestellung ausreichend dokumentie- vor dem Ausbruch der Pandemie finanzi- ren. So können sie im Streitfall später be- elle Probleme hatten, gelten die neuen Re- weisen, dass sie begründet davon ausge- gelungen indes nicht. gangen sind, eine Insolvenz zu verhindern Bei dieser Abgrenzung orientiert sich und Zahlungen leisten zu können. der Gesetzgeber am Kalender und unter- „Das ist eine für viele Unternehmen stellt: Wer bis zum 31. Dezember 2019 sinnvolle Regelung in der akuten Krise“, keine Probleme mit der Liquidität hatte, sagt DIHK-Chefjustiziar Stephan Werni- Foto: Zerbor - stock.adobe.com wirtschaft 07+08/2020 13
titelthema I corona cke. „Sie taugt aber nur für eine Über- eine genaue Dokumentation ihrer Ent- gangsphase. Künftig brauchen wir neue scheidungen und Vorgänge achten – zu- Verfahren zu einer Restrukturierung, be- mal sie auch noch Jahre später zur Re- vor es zu einer Insolvenz kommt. Für Be- chenschaft gezogen und haftbar gemacht troffene bleibt es sehr wichtig, sich gut auf werden kann. Unternehmen den eigenen Fall hin beraten zu lassen.“ Alles in allem gilt: Um unternehmerische sollten Entschei- Nicht zuletzt besteht auch die Gefahr Entscheidungen auch im Nachhinein noch einer Strafbarkeit wegen Untreue. Entzie- rechtfertigen zu können, sollten Unterneh- dungen sehr hen Entscheidungsträger der Gesellschaft men diese sehr ausführlich dokumentie- ausführlich dem Unternehmen Liquidität ohne recht- ren und ihre Liquiditätslage jederzeit sorg- fertigenden Grund oder tätigen sie Aus- fältig kontrollieren. Besteht nicht mehr die dokumentieren. zahlungen an Gesellschafter aus dem ge- Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung, schützten Stammkapital, machen sie sich greift auch das COVInsAG nicht mehr. möglicherweise strafbar. Auch Investitio- Dann muss die Geschäftsführung unver- nen, die bei drohender Insolvenz vorge- züglich einen Insolvenzantrag stellen. nommen werden, können den Tatbestand der Untreue erfüllen, wenn sie nicht ge- ---autor--------------------------------------------------- rechtfertigt sind. Vor diesem Hintergrund Martin Pirkl sollte die Geschäftsführung ebenfalls auf Redakteur Markt und Mittelstand Jetzt schon Verluste beim Fiskus geltend machen Aufgrund der Corona-Krise werden das Jahr 2020 selbst viele Betriebe, die seit Jahrzehnten ein sehr stabiles Geschäft betreiben, mit einem Minus abschließen. Diese Verluste können sie schon jetzt bei der Steuer geltend machen und sich damit vorab Geld vom Finanzamt zurückholen, das dieses sonst erst im nächsten Jahr erstatten würde. Die jetzt von der Bundesregierung geschaf- leisteter Vorauszahlungen für 2019“. Von fene Möglichkeit des unterjährigen pau- der Krise betroffene Unternehmen können schalierten Verlustrücktrags geht auf eine den Antrag sofort stellen. Voraussetzung Initiative des DIHK zurück. „Gerade auch dafür ist, dass sie für 2019 noch keinen für kleine und mittlere Betriebe ist die- Steuerbescheid bekommen haben und im Verluste können se pragmatische Entscheidung von Bund vergangenen Jahr Vorauszahlungen zur Unternehmen und Ländern eine wertvolle Hilfe in sehr Einkommen- oder Körperschaftsteuer ge- schwieriger Lage“, sagt DIHK-Präsident zahlt haben. Und so funktioniert es: schon jetzt bei der Eric Schweitzer. „Sie können jetzt kurzfris- Angenommen ein Betrieb oder Einzelun- Steuer geltend tig bereits einen Teil der Steuererstattung ternehmer hat 2019 wegen eines voraus- geltend machen, die ihnen ohnehin später sichtlichen Gewinns von 80.000 Euro ins- machen. zustehen würde.“ gesamt 24.000 Euro an Einkommensteuer Bund und Länder haben die Details in ei- vorausgezahlt. Außerdem hat er am 10. nem Erlass vom 24. April geregelt. Dessen März 2020 auch bereits die erste Steuer- Titel: „Corona-Sofortmaßnahme: Antrag rate von 6.000 Euro für das laufende Jahr auf pauschalierte Herabsetzung bereits ge- überwiesen. Im Antrag an das Finanzamt 14 wirtschaft 07+08/2020
Insgesamt Foto: Stanisic Vladimir - stock.adobe.com soll die Sonderregelung den Unternehmen weist der Betrieb auf drastische Umsatzein- knapp 6,7 Mio. Euro aus dem Jahr 2019 aktuell weitere brüche oder vorübergehende Geschäfts- greift. Die Vorauszahlung vermindert sich schließung durch den Corona-Shutdown in diesem Fall bei einem Steuersatz von 4,5 Milliarden Euro hin. Daraufhin setzt das Finanzamt die 30 % von 2 auf 1,7 Mio. Euro. Das Fi- erste Quartalszahlung aus 2020 auf null. nanzamt erstattet für das Jahr 2019 dann an kurzfristiger Zugleich beantragt der Betrieb den pau- 300.000 Euro. Auch in diesem Fall würde Entlastung schalierten Verlustrücktrag aus dem Jahr das Unternehmen zudem die Vorauszah- 2020 ins Vorjahr. Damit werden 15 Prozent lung des ersten Quartals 2020 (in Höhe bringen. des für 2019 zugrunde gelegten Gewinns von 500.000 Euro) komplett zurücker- in Höhe von 80.000 Euro pauschal als Ver- halten, insgesamt also einen Betrag von lust abgezogen. Im Beispielfall wären das 800.000 Euro. 12.000 Euro. Auf Grundlage des verblei- Die pauschalierte Abzugsmöglichkeit be- benden Gewinns von 68 000 Euro wird die zieht sich lediglich auf Einkommen- und Steuer-Vorauszahlung neu festgesetzt: Bei Körperschaftsteuer. Die gezahlte Gewerbe- einem Steuersatz von 30 Prozent wären steuer bleibt außen vor. Insgesamt soll die das 20.400 Euro. Die Vorauszahlung für Sonderregelung den Unternehmen aktuell 2019 fällt damit um 3.600 Euro niedriger weitere 4,5 Milliarden Euro an kurzfristiger aus. Diesen Betrag kann das Finanzamt Entlastung bringen. „Das ist ein spürbarer sofort erstatten. Zusammen mit der Rück- Schritt“, sagt Rainer Kambeck, der Leiter erstattung aus dem ersten Quartal 2020 er- des DIHK-Steuerbereichs. „Wir können uns hält der Betrieb sofort 9.600 Euro zurück. eine Ausweitung der Regelung im Laufe des Wie bisher bleibt auch der pauschale Ver- Jahres vorstellen, denn in vielen Betrieben lustrücktrag auf maximal eine Million Euro sind die Verluste höher.“ Immerhin gibt es begrenzt (zusammenveranlagte Ehepaa- bereits positive Rückmeldungen aus der re: zwei Million Euro). Das bedeutet, dass Praxis: Die ersten Erstattungen sind schon die Verlustanrechnung bis zu einem von auf aktuell arg strapazierten Konten. wirtschaft 07+08/2020 15
titelthema I corona Corona-Krise: Service für Unternehmen Das Coronavirus und der Kampf gegen die Die IHK Arnsberg verfügt seit über 30 Epidemie haben unser Land in kurzer Zeit Jahren über einen Service, der Existenz- erheblich verändert. So wurden die persön- gründer, aber vor allem Unternehmen in lichen Kontakte auf ein Minimum reduziert. Schwierigkeiten unterstützt - den IHK-Men- Unternehmen wurden aufgrund behörd- toren-Service: 43 Mentorinnen und Mento- licher Verordnungen geschlossen, andere ren aus vielen Branchen und Fachbereichen mussten schließen, da sie keine Kundenkon- der Wirtschaft sind ehrenamtlich tätig. Ne- takte mehr hatten. ben ehemaligen Unternehmern, Betriebs- 43 Mentorinnen Bund und Land NRW haben versucht, leitern und Leitern des Finanz- und Rech- mit verschiedenen Finanzierungshilfen nungswesens sind auch Bankfachleute bis und Mentoren aus (z. B. „Soforthilfe“, neue oder überarbeitete hin zu Experten aus Vertrieb und Marke- vielen Branchen KfW-Programme wie auch Programme der ting Mitglieder im Service. Somit kann der NRW.BANK, Umsatzsteuerreduzierung im Mentoren-Service Solounternehmen sowie und Fachbereichen Gastgewerbe) die Auswirkungen der Coro- kleinen und mittleren Unternehmen bei na-Krise auf die Unternehmen zu reduzie- fast allen betriebswirtschaftlichen Themen der Wirtschaft ren. unterstützend zur Seite stehen. Aufgrund sind ehrenamtlich der einschlägigen Gesetzgebung dürfen die Unterstützung durch Mentoren aber nicht die Betreuung von tätig. IHK-Mentoren-Service Kleinstunternehmen in insolvenzrechtli- chen Fragen übernehmen. Diese können Trotz der umfangreichen Unterstützungs- nur durch Insolvenzanwälte beraten wer- maßnahmen, die durchaus schnell zur Ver- den. Die in der Region vorhandenen Schuld- fügung standen, werden sie nicht allen Un- nerberatungsstellen beraten grundsätzlich ternehmen über die nächsten Wochen und nur Privatpersonen. Monate helfen. Auch die Anfang Mai be- schlossenen Erleichterungen und Öffnungs- Hotline der Schuldnerhilfe Köln perspektiven werden nicht allen Unterneh- men die notwendigen Umsätze bringen. Es Um aber den Solounternehmern und Kleinst- ist bereits heute schon absehbar, dass nicht unternehmen erste rechtliche Fragen zu be- alle Unternehmen unbeschadet durch die antworten, hat die IHK Arnsberg mit der Krise kommen werden. Viele Fachleute ge- Schuldnerhilfe Köln gGmbH eine Zusam- hen zudem davon aus, dass die Auswirkun- menarbeit vereinbart. Die Schuldnerhilfe be- gen dieser Krise gravierender sein werden als rät mittels Hotline seit vielen Jahren Selbst- die der weltweiten Finanzkrise 2008/2009. ständige in der finanziellen Krise. Kontakt zum IHK-Team Bei betriebswirtschaftlichen Fragen: Bei rechtlichen Fragen: Informationen zum Mentoren-Service: André Berude Christoph Strauch André Berude Telefon: 02931 878-142 Telefon: 02931 878-144 Telefon: 02931 878-142 E-Mail: berude@arnsberg.ihk.de E-Mail: strauch@arnsberg.ihk.de E-Mail: berude@arnsberg.ihk.de Michael Rammrath Maja Puppe Elisabeth Susewind Telefon: 02931 878-172 Telefon: 02931 878-149 Telefon: 02931 878-205 E-Mail: rammrath@arnsberg.ihk.de E-Mail: puppe@arnsberg.ihk.de E-Mail: susewind@arnsberg.ihk.de Hotline der Schuldnerhilfe Köln gGmbH: 0800 8884888. Weitere Informationen unter: www.ihk-arnsberg.de/krisenhotline_fuer_mitglieder www.schuldnerhilfe-koeln.de 16 wirtschaft 07+08/2020
Konjunkturpaket enthält viele richtige Impulse Das Corona-Paket der Bundesregierung enthält viele richtige Impulse zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Fol- gen der Pandemie. Gut ist vor allem, dass es bei zentralen Instrumenten einen branchenübergreifenden Ansatz geben soll. „ So unterstützen die Ausweitung des Ver- dungsbetriebe und Auszubildende. Sie gibt lustrücktrags und die zusätzlichen Über- den gemeinsamen Aktivitäten der Partner brückungshilfen für besonders stark betrof- in der Allianz für Aus- und Weiterbildung fene Betriebe die Liquidität in der Breite der Rückenwind. Das eröffnet auch Betrieben Wirtschaft. Auch die befristete Senkung der mit akuten Liquiditätsproblemen die Chan- Umsatzsteuer und die Entlastung bei der ce, die Ausbildung von jungen Fachkräften EEG-Umlage folgen ebenfalls dieser Philo- fortzusetzen. sophie. Sehr positiv und zukunftsgerichtet Für die auf Nachwuchs angewiesene sind auch die Investitionsanreize, die von Wirtschaft ist es ebenfalls richtig, das digi- Es ist jetzt auch der degressiven Abschreibung und der aus- tale Lernen in Schulen zu verstärken und eine besondere geweiteten Forschungsförderung ausgehen. den Ausbau von Ganztagschulen und Kitas Die Bewältigung der Corona-Epidemie voranzutreiben. Letzteres ist eine wichtige Zeit, neu und wird uns eher Jahre als Monate beschäf- Voraussetzung dafür, dass beim Re-Start beherzt anzu- tigen. In einem ersten Schritt müssen die der Wirtschaft die Vereinbarkeit von Beruf Liquiditätshilfen jetzt schnellstmöglich bei und Familie gelingt. Denn Lücken an dieser packen. den besonders betroffenen Unternehmen Stelle könnten sonst zum Engpass für Be- Dr. Eric Schweitzer ankommen. Wir müssen hier kurzfristig triebe und Eltern werden.“ eine Pleitewelle und damit verbundenen Beschäftigungsverluste vermeiden. Denn ---autor--------------------------------------------------- nur dann entsteht Zuversicht und nur dann Dr. Eric Schweitzer können die Konjunkturanreize tatsächlich DIHK-Präsident auch ihre positive Wirkung entfalten. Bei der breiten Palette angekündigter öf- fentlicher Investitionen von Bund, Ländern und Kommunen vor allem im Bereich neuer Technologien und Mobilität kommt es nicht nur aufs Geld an. Die in Aussicht gestellten Investitionsmittel können nur dann einen wirksamen Impuls auslösen, wenn die Pla- nungsverfahren in den kommenden Mona- ten auch wie geplant beschleunigt werden. Wir hoffen auch, dass der als Lehre aus der Pandemie formulierte Digitalisierungsschub für die öffentliche Verwaltung in den kom- menden Monaten und Jahren anhält. Denn das wird sich im Interesse gerade auch der Wirtschaft im erleichterten tagtäglichen Austausch zwischen Betrieben und Behör- den positiv niederschlagen. Aus Sicht der IHK-Organisation ist die Foto: Nils Hasenau geplante Unterstützung der Ausbildungs- aktivitäten ein wichtiges Signal für Ausbil- DIHK-Präsident Eric Schweitzer wirtschaft 07+08/2020 17
unternehmen & region Foto: FH Südwestfalen Die Berufskollegs im Hochsauerlandkreis wollen gemeinsam neue Wege gehen, um Azubis in der Ausbildung auf die Anforderun- gen der Industrie 4.0 vorzubereiten. REGIONALE 2025: Auszeichnung für zehn Projekte Umweltbildung, Ausbildung, Berufsorientierung sowie ein außerschulischer Lernort für Schülerinnen und Schü- ler und Lehrkräfte: Digitale Bildungsprojekte standen im Fokus der jüngsten Sitzung des REGIONALE-Ausschus- ses. Vier der zehn vom Ausschuss ausgezeichneten Projekte für die Zukunft Südwestfalens kamen aus diesem Bereich. Aber auch Verantwortliche aus lief ungewohnt. Statt sich am Tisch zusammengefunden und ausge- Kultur, Tourismus und Stadtpla- gegenüberzusitzen, diskutierten tauscht. nung reichten kluge Vorhaben ein. die Verantwortlichen in einer Tele- „Der persönliche Umgang ist uns So soll die westliche Olper Innen- fonkonferenz über Projekte, die der allen natürlich lieber. Aber wir sind stadt ein neues Gesicht bekom- Region weiterhelfen. froh, die REGIONALE 2025 auch men, innovative Konzepte für Ge- während der Corona-Pandemie fort- bäude sind geplant. Und in ganz REGIONALE-Beirat mit führen zu können. Das ist auch wich- Südwestfalen soll die öffentliche Videokonferenz – tig für die Projektverantwortlichen. Tourismus-Infrastruktur mit ihren Ausschuss diskutiert Sie wollen ja wissen, wie es um ihre Rastplätzen und Wanderwegen telefonisch Idee steht und kontinuierlich daran aufgewertet werden - mit einem arbeiten“, sagte Dr. Karl Schneider, mobilen Management-System, das Mit der Entscheidung, zehn inno- Landrat des Hochsauerlandkreises die Arbeitsabläufe aller Partner vative Vorhaben auszuzeichnen, und Vorsitzender des REGIONA- vereinfacht und optimiert. folgte der Ausschuss den Empfeh- LE-Ausschusses. „Zumal wir in der Die erste Sitzung des REGIONA- lungen des Beirats – dieser hat- Region über die REGIONALE 2025 LE-Ausschusses im Jahr 2020 ver- te sich in einer Videokonferenz nach digitalen, nachhaltigen und 18 wirtschaft 07+08/2020
Foto: Sauerland-Radwelt e.V. / Tanja Evers Radfahrerinnen und Radfahrer informieren sich in Medebach über den weiteren Streckenverlauf. Die öffentliche Infrastruktur in Südwestfalen mit digitaler Hilfe nachhaltig zu bewirtschaften, ist Ziel des REGIONALE-2025-Projekts. authentischen Projekten suchen. Es Unternehmen aus der Region mit Altstadt, Rathausquartier, Biggesee geht also auch um Vorhaben, die uns dem Projekt zeigen, wie sie diese und dem „Bigge Valley“ mit den langfristig helfen und auch Bestand Technologie anwenden und bei- dort ansässigen Digitalunterneh- haben abseits solcher Sonderlagen, spielsweise ihre Lieferketten ver- men besser miteinander verbinden. wie wir sie derzeit erleben.“ bessern können. Dafür erarbeitet Geplant sind ein neues Bürgerrat- Das Ziel eines jeden Projekts ist es, sie konkrete Beispiele anhand realer haus mit multifunktionalem Saal, mit drei Sternen ausgezeichnet zu Lieferketten bei Firmen. Die neue den alle Einwohner nutzen können, werden. Denn dann stehen Förder- Technologie macht vor allen Dingen sowie New-Work-Möglichkeiten für gelder bereit und das Vorhaben Zahlungen, Bestellungen, Abrech- die Verwaltungsmitarbeiterinnen kann umgesetzt werden. Den ersten nungen und andere buchhalterische und Mitarbeiter. Außerdem soll ein Stern gibt es für eine sehr gute Idee, Informationen viel einfacher und si- „House of learning“ entstehen. In- den zweiten für ein tragfähiges Kon- cherer. ternational ausgerichtet, soll sich zept hinter der Idee. Acht Vorhaben hier in Zusammenarbeit mit der Uni sind neu dabei im REGIONALE-Pro- Die nachfolgenden Projekte Siegen und der heimischen Wirt- zess, eines hat den zweiten Stern haben alle jeweils den ersten schaft ein Ort für digitales Lernen erhalten. Im Einzelnen sind das: Stern erhalten. und Lehren entwickeln. • Projekt „Blockchain für die Sup- • „Bigge Valley 2.0“ • Projekt „Nachhaltiges Qualitäts- ply Chain“ (2. Stern) Die Stadt Olpe plant, die Innenstadt management für die öffentliche Die „Blockchain“-Technologie wird umzugestalten. Sie soll mit drei Bau- Infrastruktur – am Beispiel des bei vielen Firmen als eines der steinen aus dem Stadtentwicklungs- Tourismus“ wichtigsten technologischen The- konzept im Rahmen der REGIONA- Die beiden Tourismusregionen Sau- men der Zukunft angesehen und LE 2025 nachhaltig weiterentwickelt erland und Siegen-Wittgenstein könnte künftig in vielen Arbeitsbe- und die Zusammenarbeit mit der Di- verfügen über sehr gut markierte reichen zum Einsatz kommen. Die gitalwirtschaft gestärkt werden. Die und ausgezeichnete Wanderwege. Fachhochschule Südwestfalen will Stadt möchte die Bereiche zwischen Sie zählen zur Freizeitinfrastruktur wirtschaft 07+08/2020 19
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