DEZA-Direktorin Patricia Danzi zum Wert der Schule Pensioniert: Lehrerinnen und Lehrer erzählen - Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 5 ...

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Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH                     5 | 2022

DEZA-Direktorin Patricia Danzi zum Wert der Schule

Pensioniert: Lehrerinnen und Lehrer erzählen

                                                                              1
DEZA-Direktorin Patricia Danzi zum Wert der Schule Pensioniert: Lehrerinnen und Lehrer erzählen - Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 5 ...
Innovationen für Ihren
                                                                          Geschäfts- und Schulbedarf
                                                                             18. und 19. Mai 2022

                                                                                Jetzt Ticket buchen
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Die Zukunft des virtuellen Unterrichts
erleben – an der «CONNECT» 2022
Nach drei Jahren Pause findet die «CONNECT» am 18.                   Hybrides Arbeiten setzt sich durch
und 19. Mai 2022 wieder statt. An der Hausmesse von                 Der hybride Arbeitsplatz ist gefragt wie noch nie – ge-
BRACK.CH Business kommen Lösungen, Kompetenzen                      meint ist die Möglichkeit, von praktisch jedem Ort aus
und Know-how der ICT- und Multimedia-Branche zusam-                 arbeiten oder lernen zu können. War dieser Modus
men. Besuchen Sie Vorträge von renommierten Experten                während der Coronapandemie eine von den Behörden
und erleben Sie die neusten Innovationen hautnah. Die               verordnete Vorgabe, möchten ihn viele heute nicht mehr
diesjährige Ausgabe der «CONNECT» legt einen beson-                 missen. Für viele Schüler und Studierende ist die Möglich-
deren Fokus auf virtuelles Präsentieren und Lernen für              keit von hybridem Lernen eine wichtige Voraussetzung
Bildungseinrichtungen sowie hybride Arbeits- und Lern-              bei der Auswahl des Bildungsinstituts.
plätze.
                                                                    Neuheiten und Lösungen
Wissen digital vermitteln                                           Die Komplexität der Anforderungen und auch das
Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Mittlerweile                  Tempo der Entwicklungen können überwältigend sein.
ist es für viele selbstverständlich, zum Arbeiten oder Ler-         Die «CONNECT» ist der ideale Ort, um mit Experten aus
nen das Zuhause nicht mehr zu verlassen. Entsprechend               unterschiedlichen Gebieten unkompliziert ins Gespräch
anpassen müssen sich Arbeitgeber wie auch Bildungs-                 zu kommen und Fragen zu klären.
anbieter. Doch oft sieht die Realität anders aus:
                                                                    Neben den bereits angesprochenen Themen bilden
«Microsoft Teams, Notebook und Webcam. Das muss                     die Bereiche «360°-Sicherheit für Unternehmen und Bil-
reichen», lautet vielfach die Devise. Das Ergebnis sind             dungseinrichtungen» sowie «eMobility» weitere Schwer-
unscharfe Bilder, Dozenten, die ständig aus dem Bild                punkte unserer Hausmesse. Zudem werden an 80 Aus-
fallen, Übertragungsprobleme und monotoner Fron-                    stellerständen innovative und vielfältige Lösungen und
talunterricht. Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten,             Produkte vorgestellt und Branchenexperten halten be-
Mitarbeitende und Lernende mit einem professionellen                gleitend zur Messe spannende Vorträge.
Schulungs- und Konferenzerlebnis zu begeistern.
                                                                    Wir laden Vertreterinnen und Vertreter von Bildungsein-
Unterricht, der sich von der Konkurrenz abhebt                      richtungen herzlich zur «CONNECT» ein. Reservieren Sie
Mit der richtigen Hardware heben Sie sich beim Online-              Ihr gratis Ticket jetzt unter: brack.ch/b2b-event
unterricht von der Konkurrenz ab und überzeugen Do-
zenten und Kunden gleichermassen. Dabei gibt es nicht
das Standardrezept, das für alle passt. Die Bedürfnisse               Wer ist BRACK.CH Business?
sowie die bereits vorhandene Ausrüstung sind bei jeder                BRACK.CH Business schnürt ein Gesamtpaket aus
Institution unterschiedlich. Das Ziel ist nicht der Ersatz            Logistik, Sortiment und Service. Wir liefern über
sämtlicher Hardware, sondern die Ausarbeitung einer                   200 000 Produkte ab eigenem Lager, wobei Bildungs-
ganzheitlichen Lösung für jeden Raum und jede Anwen-                  einrichtungen von Sonderkonditionen profitieren.
dung sowie die Integration bestehender Systeme.

BRACK.CH AG | Hintermättlistrasse 3 | 5506 Mägenwil | brack.ch/business
business@brack.ch | Tel. 062 889 60 06 | BRACK.CH Business
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5 | 2022
EDITORIAL

                                                      Liebe Leserinnen und Leser

Ausgabe 5 | 2022 | 3. Mai 2022                        Haben Sie auch schon einmal Ihr Klassenzimmer geputzt, geschrubbt
Zeitschrift des LCH, 167. Jahrgang der
Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerzeitung (SLZ)
                                                      und gebohnert? Ich meine nicht ein bisschen nach einem Elternabend mit
BILDUNG SCHWEIZ erscheint 11 Mal jährlich             Kuchenkrümeln und Kaffeeflecken, sondern so richtig am Ende des Schul-
                                                      jahres oder beim Frühlingsputz: Zuerst alle Pulte und Stühle raus und dann
Impressum
                                                      mit den schweren Maschinen und den scharfen Mitteln rein. Wenn ja, ist
                                                      ­Ihnen sicher aufgefallen, dass in dieser Zeit der Hauswart König ist. Eine
Herausgeber/Verlag
Dachverband Lehrerinnen und Lehrer                     ganz andere Geräuschkulisse erfüllt die Räume. Es geht geschäftig und
Schweiz LCH                                            doch um einiges ruhiger zu und her als im Schulalltag. So erlebte ich das
• Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin
• Franziska Peterhans, Zentralsekretärin               zumindest als Teenager während eines Ferienjobs.
• Beat A. Schwendimann, Leiter der Pädagogischen
  Arbeitsstelle LCH
                                                      Ich fand diese neue Perspektive reizvoll: Statt Schüler war ich nun Teil einer
Zentralsekretariat und Redaktion                      Putzequipe. Das durchbrach bekannte Routinen. Das Schulhaus kam mir
Pfingstweidstrasse 16, 8005 Zürich
Telefon 044 315 54 54
                                                      danach vertrauter vor. Plötzlich fand ich mich im Lehrerzimmer ebenso zu-
E-Mail: bildungschweiz@LCH.ch                         recht wie die Hausherrinnen und Hausherren. Und einige Sachen fielen mir
Internet: www.LCH.ch, www.bildungschweiz.ch
Erreichbar Mo–Do, 8–12 Uhr und 13.30–16.45 Uhr,
                                                      überhaupt erst auf: der frisch duftende Boden, der fehlende Kreidestaub
Fr bis 16 Uhr                                         unter der Wandtafel.
Redaktion
• Christoph Aebischer (ca), Chefredaktor              Eine ähnliche Chance bietet die Ende April lancierte Initiative der Direk-
• Deborah Conversano (dc), Redaktorin Print/Online    tion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). Die DEZA hat analog
• Patricia Dickson (pdi), Redaktorin Print/Online
• Maximiliano Wepfer (mw), Redaktor Print/Online      zur Berufsbildung auch die Volksschule als Erfolgsmodell entdeckt und
Ständige Mitarbeit: Adrian Albisser (Bildungsnetz),   sucht jetzt Inspiration, Ideen und Kooperationspartner für ihre Arbeit. Im
Claudia Baumberger, Fiona Feuz, Marina Lutz
(Cartoon), Christian Urech, Roger Wehrli, Christa     Interview zählt Direktorin Patricia Danzi ab Seite 9 einige Stärken unseres
Wüthrich, Michael Merker/Lea Sturm (Schulrecht)       Bildungssystems auf, die jene in Partnerländern weiterbringen könnten:
Abonnemente/Adressen                                  Die Volksschule geniesst einen hohen Stellenwert und bietet gute Qualität.
Bestellungen/Adressänderungen:                        Die dezentrale Organisation ermöglicht lokal angepasste Lösungen. Ein
Zentralsekretariat LCH, 044 315 54 54,
adressen@LCH.ch                                       alltagsorientierter Unterricht erleichtert den Erwerb nützlicher Kompeten-
Adressänderungen auch im Internet:                    zen. Die Schule bereitet auf das Berufsleben vor. Wer eine zweite Chance
www.bildungschweiz.ch
Für Aktivmitglieder des LCH ist das                   braucht, erhält eine. Wertvoll ist auch die Mehrsprachigkeit.
Abonnement im Verbandsbeitrag
(CHF 82.– pro Jahr) inbegriffen
Jahresabonnement für Nichtmitglieder:                 Selbstverständlichkeiten, möchte man meinen. Sind sie nicht, zeigt ein
Schweiz CHF 113.50, Ausland CHF 192.50                Blick in weniger privilegierte Länder. Für so einen Perspektivenwechsel ist
Einzelexemplar CHF 10.50, ab dem 8. Expl.
CHF 7.50 (jeweils plus Porto und MwSt.)               nun nicht unbedingt ein Engagement in DEZA-Projekten nötig. Der Benefit
                                                      ist viel einfacher zu haben. Wir sehen selbst stets, wo es klemmt: Der eben
Dienstleistungen                                      angelaufene PISA-Vergleichstest wird uns wieder Mankos aufzeigen. Der
Bestellungen/Administration: Zentralsekretariat
LCH, 044 315 54 54, adressen@LCH.ch                   Flickenteppich während der Coronapandemie hat uns wahnsinnig gemacht.
Reisedienst: Jolanda Fraefel, j.fraefel@LCH.ch
                                                      Die Bildungsbürokratie treibt eigenartige Blüten. All diese Kritik hat ihre
Inserate/Druck                                        Berechtigung. Aber im Kern stimmt vieles, was Schweizer Schulen leisten.
Inserateverkauf: Martin Traber, Fachmedien,
Zürichsee Werbe AG, Tel. 044 928 56 09
martin.traber@fachmedien.ch                           Das ist eine Botschaft, die gut-
Mediadaten: www.bildungschweiz.ch                     tut. Dazu mussten Sie weder mit
Druck: FO-Zürisee, 8132 Egg ZH
ISSN 1424-6880                                        schwerem Gerät Böden polieren
Verbreitete Auflage: 41 277 Exemplare                 noch die Schule anderer Länder
Total verkaufte Auflage: 41 277 Exemplare
(WEMF/KS-Beglaubigung 2021)                           retten. Sie mussten bloss dieses
AGB unter www.fachmedien.ch > Über uns > AGB          Editorial lesen. Gern geschehen!

                                                      Christoph Aebischer
                                                      Chefredaktor
                                                                                              Christoph Aebischer zu Besuch in der Direktion für
                                                                                              Entwicklung und Zusammenarbeit. Foto: Jon Aebischer

                                                                                                                                                    3
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                9   Kinder verlassen ihre Heimat, um im
                Flüchtlingscamp zur Schule zu gehen.
                DEZA-Direktorin Patricia Danzi schildert
                im Interview, wieso sie das tun.

                                         13    Erich Zimmerli ist
                                         pensioniert und dennoch
                                         Lehrer geblieben.
                                         BILDUNG SCHWEIZ lässt
                                         Lehrerinnen und Lehrer
                                         berichten, wie sie den
                                         Übergang ins Rentenalter
                                         erleben.

                                                              28    Auch Lehr-
                                                              personen dürfen
                                                              ihre Meinung
                                                              äussern – aber
                                                              es gibt Grenzen.

                           26   Lesley Bogaert findet weniger
                           Lehrpersonen pro Klasse eine gute
                           Sache. Doch der Schulversuch in
                           Regensdorf (ZH) endet trotzdem. Eine
                           Spurensuche nach den Gründen.

    31    Marie Curies Leben
    und das anderer Frauen in
    Büchern kindgerecht
    erzählt. Die Redaktion hat
    hineingelesen.                        Fotos auf dieser Seite: DEZA, Roger Wehrli,
                                          Philipp Baer, istock/jacoblund, istock/
                                          PictureLake
                                          Titelbild: Margrit Gilli (l.o.), Bruno Rupp (r.o.),
                                          Erich Zimmerli (l.u.) und Gaby Willi (r.u.)
                                          Fotos/Montage: Roger Wehrli/Beatrice Roos

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5 | 2022
INHALT

                            AUS DEM LCH | AKTUELL

                        7 LCH möchte sichtbar machen, wo Lehrpersonen fehlen
                        8 Zürich lässt Personen ohne Ausbildung unterrichten
                        9 Patricia Danzi: «Das Engagement an vielen Schulen ist gross»

                            ÜBERGÄNGE

                      13 Drei Wege in den Ruhestand
                      17		 Bruno Rupp: «Gedanken zu meiner Pensionierung»
                      20 Die Herkunft prägt die Berufswahl – und damit die Zukunft

                            PÄDAGOGIK | SCHULRECHT

                      23 Die Alpen als Klassenzimmer
                      26 Hypothese: Je weniger Lehrpersonen, desto besser
                      28 Lehrer darf seine Meinung trotz Treuepflicht äussern

                            RUBRIKEN

                        3 IMPRESSUM
                      30 BILDUNGSNETZ
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                      32 REISEN LCH
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                      37 BILDUNGSMARKT
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 3 Kurse für Lehrpersonen aller Stufen
 3 Summer School Digital Teaching
 3 Aus- und Weiterbildung Schulleitung                             Login                           077 479 28 48
 3 CAS, DAS, MAS, Zusatzausbildungen
 3 Diplomstudiengänge Berufsbildung    www.phlu.ch/weiterbildung   anfordern                      Norbert Müller

                                                                                                                     5
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Neuerscheinungen für die Volksschule

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DEZA-Direktorin Patricia Danzi zum Wert der Schule Pensioniert: Lehrerinnen und Lehrer erzählen - Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 5 ...
5 | 2022
AUS DEM LCH / AKTUELL

LCH möchte sichtbar machen, wo
Lehrpersonen fehlen
An der Präsidentenkonferenz LCH vom 23. April 2022 in Zürich beschlossen
die Präsidentinnen und Präsidenten, das Datenmonitoring in den Kantonen
voranzutreiben und zwei Kommissionen zusammenzulegen. Zudem
verabschiedeten sie Franziska Peterhans und Samuel Zingg.

Nach zwei Jahren im digita-     «Wir möchten als Verband        den, hob Schwendimann her-         WAS, WANN, WO
len Format fand die Präsi-      nicht nur sagen, Löhne rauf     vor. Die beiden Kommissio-
dentenkonferenz LCH am          und Arbeitszeit runter, son-    nen werden nun auf den
23. April 2022 wieder in Prä-   dern auch festhalten, wie es    1. August 2022 zusammenge-         Autismus und Arbeit
senz statt. Das Zürcher Mar-    für uns korrekt ist», betonte   legt und während einer Über-       In der Schweiz gibt es in
riott Hotel war ausserdem ein   Franziska Peterhans die         gangsphase im Co-Präsidium         jedem Schuljahrgang rund
würdiger Ort, wo die Präsi-     Bedeutung dieses im Jahr        von Schwendimann und               tausend Kinder und Jugendli-
dentinnen und Präsidenten       2014 erstellten, standespoli-   Dorothee Miyoshi, Präsiden-        che mit einer Autismusspek-
zwei Mitglieder der             tischen Grundsatzdoku-          tin der SoPK, geleitet. Die frei   trumstörung. Bei einem
Geschäftsleitung LCH verab-     ments. Bei der nun fälligen     werdenden Sitze in der neuen       geschätzten Anteil von 1 bis
schieden konnten.               Überarbeitung sei man sich      Kommission, deren Regle-           2 Prozent autistischer Kinder
                                in den Gremien rasch einig      ment auch angenommen               bedeutet das, dass im Jahr
Konzertierte Aktion             geworden und schneller ans      wurde, sollen gemäss eines         2023 zwischen 800 bis 1600
Doch der Reihe nach: Fran-      Ziel gekommen als erwartet,     neuen Expertisenprofils            Jugendliche in die Berufswelt
ziska Peterhans, Zentralse-     sagte die Zentralsekretärin.    besetzt werden.                    einsteigen werden. Dieser
kretärin LCH, berichtete                                                                           Einstieg bleibt nach wie vor
zunächst über einen Vorstoss    Diese Feststellung lässt sich   Zwei Verabschiedungen              sehr schwierig. Der Verein
im Kanton Aargau. Dieser for-   auch für die engagierte Dis-    Zum Schluss verabschiedete         «autismus deutsche
dert die Regierung auf, mit     kussion an der Konferenz        Zentralpräsidentin LCH Dag-        schweiz» hat für die Online-
einem Monitoring zu erhe-       übertragen. Mit dem Blick für   mar Rösler zunächst Samuel         Fachtagung «Autismus und
ben, wie viele Stellen mit      präzise Formulierungen feil-    Zingg. Sie lobte den schei-        Arbeit» vom 21. Mai 2022
adäquat ausgebildeten und       ten die Präsidentinnen und      denden Vizepräsidenten als         diverse Informationen, Hin-
qualifizierten Lehrerinnen      Präsidenten an den neun For-    eine Person, die angesehen         weise und Erfahrungen vor-
und Lehrern besetzt werden      derungen des Positionspa-       und gern gesehen war. «Er ist      bereitet. Betroffene, Eltern
konnten. Hintergrund des        piers. Diese drehten sich       ein Schnelldenker und hat          und Fachpersonen geben ihr
Vorstosses ist der sogenann-    unter anderem um die Jah-       ein enormes Gespür für             Wissen weiter und beleuch-
te qualitative Lehrpersonen-    resarbeitszeit, den Berufs-     Befindlichkeiten», sagte Rös-      ten das Thema aus unter-
mangel.                         auftrag, den Stufenanstieg      ler. «Was auch immer er            schiedlichen Perspektiven.
                                und die Infrastruktur. In der   anpacken wird, wird ihm            Mehr Informationen:
Die GL LCH hat den Präsiden-    Schlussabstimmung wurden        gelingen, weil er es mit Leib      www.autismus.ch
tinnen und Präsidenten vor-     alle Forderungen einstimmig     und Seele macht.»
geschlagen, ähnlich lautende    angenommen.
Vorstösse in weiteren Kanto-                                    Die Zentralpräsidentin leitete     Lebenswelt von Kindern
nen zu lancieren. «Eine kon-    Kommission vereinigt            anschliessend zu Franziska         Die Vereinbarkeit von Familie
zertierte Aktion wäre eine      Ebenfalls angenommen wur-       Peterhans über, die nach 16        und Beruf hat seit einigen
griffige Möglichkeit, um end-   de der Antrag der GL LCH, die   Jahren «volle Fahrt voraus»        Jahren Hochkonjunktur. Die
lich an diese Daten zu kom-     Pädagogische Kommission         nun Ende August pensioniert        Frage jedoch, wie es für
men», unterstrich Peterhans.    (PK) und die Sonderpädago-      wird. «Sie hat das LCH-Schiff      Säuglinge und Kleinkinder
«Wenn man Massnahmen            gische Kommission (SoPK)        mit Empathie, Menschlich-          um die Vereinbarkeit steht,
gegen den Lehrpersonen-         zusammenzuführen. Beat A.       keit und Weitsicht gesteuert,      wird oft nur beiläufig oder
mangel ergreifen will, muss     Schwendimann, Leiter der        es ist unmöglich, die ganze        undifferenziert diskutiert. In
man wissen, wo der Hebel        Pädagogischen Arbeitsstelle     Arbeit dahinter sichtbar zu        einem Vortrag erörtert die
anzusetzen ist.» In der         und Präsident der PK,           machen», befand Rösler.            Fachpsychologin und Leiterin
Abstimmung befürwortete         begrüsste diese Entschei-       Peterhans wurde überdies in        des Marie Meierhofer Insti-
eine grosse Mehrheit die vor-   dung: «Sie spart Kosten ein     einem halbstündigen Video          tuts, Heidi Simoni, was Kin-
geschlagene Vorstosskas­        und vereinfacht die Struktur    gewürdigt, für das die Mit-        dern in dieser Hinsicht heute
kade. Die Zentralsekretärin     der Kommissionen, wo es         gliedsorganisationen jeweils       teils zugemutet wird. Im Zen-
freute sich über dieses star-   bereits heute mehrere perso-    eine kurze Sequenz beige-          trum steht dabei die Frage,
ke Zeichen und kündigte an,     nelle und inhaltliche Über-     steuert hatten.                    was Säuglinge und Kleinkin-
dass der LCH die kantonalen     schneidungen gibt.»                                                der benötigen, um verschie-
Mitgliedsorganisationen                                         Maximiliano Wepfer                 dene Lebenswelten und
unterstützen wird.              Die Zusammenführung ent-                                           mehrere Betreuungsperso-
                                spräche überdies dem Kon-                                          nen vereinbaren zu können.
Lohn und Arbeitszeit            zept des integrativen Schul-                                       Die Veranstaltung findet am
Als Nächstes war das Posi­      systems, denn in einer                                             31. Mai 2022 in der «Akade-
tionspapier zu den zeit­        vereinten Kommission könn-                                         mie. Für das Kind» in Zürich
gemäs­sen Anstellungsbedin-     ten pädagogische und son-                                          statt. Mehr Informationen:
gungen für Lehrpersonen an      derpädagogische Fragen                                             www.fuerdaskind.ch
der Volksschule traktandiert.   ganzheitlich diskutiert wer-

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DEZA-Direktorin Patricia Danzi zum Wert der Schule Pensioniert: Lehrerinnen und Lehrer erzählen - Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 5 ...
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Zürich lässt Personen ohne
Ausbildung unterrichten
Im Kanton Zürich fehlen Lehrpersonen. Nun greift die Bildungsdirektion
zu drastischen Massnahmen und lockert die Anstellungskriterien stark.
Die Berufsverbände sind nicht begeistert.

Bildungsverantwortliche bli-                                                                                  AHV-REFORM
cken mit Sorge auf den
nächsten Schulstart. Überall                                                                                  Das Stimmvolk
mangelt es an qualifizierten                                                                                  wird befragt
Lehrpersonen. Im Kanton
Zürich leitet die Bildungs-                                                                                   Das Stimmvolk wird über die
direktion nun eine Reihe von                                                                                  geplante Reform der AHV
Massnahmen ein – kurzfris-                                                                                    abstimmen können. Das
tig sogar ziemlich drastische.                                                                                Referendumsbündnis «Nein
                                                                                                              zum AHV-Abbau – Hände weg
Die Bildungsdirektion erwar-                                                                                  von unseren Renten» hat
tet rund 2500 Schülerinnen                                                                                    Ende März über 150 000
und Schüler mehr als im lau-                                                                                  Unterschriften bei der Bun-
fenden Schuljahr. Darum sol-                                                                                  deskanzlei eingereicht. Der
len Schulgemeinden nun                                                                                        LCH unterstützt die Anliegen
auch Personen für den Unter-                                                                                  des Referendumskomitees.
richt anstellen können, die      Wenn unausgebildete Personen unterrichten, leidet die Unterrichtsqualität,   (pd)
nicht über eine Ausbildung       warnen die Berufsverbände. Bild: iStock/alexeyrumyantsev
als Lehrerin oder Lehrer ver-
fügen. Diese Anstellungen                                                                                     BASELLAND
seien auf ein Jahr befristet     gezogen werden. Dies legt für           beschränkt seien. Der Leh-
und sollen den Gemeinden         Peterhans den Schwach-                  rermangel sei ein Teil des all-      Neuer Präsident
mehr Flexibilität ermögli-       punkt der Zürcher Massnah-              gemeinen Mangels an Fach-            für Lehrerverband
chen, präzisierte sie Mitte      me offen: «Je mehr Personen             kräften. Das reicht Hugi
April in einer Mitteilung.       ohne Ausbildung unterrich-              nicht. Er fordert bessere            Die Delegiertenversammlung
                                 ten, desto grösser ist die              Anstellungsbedingungen.              des Lehrerinnen- und Lehrer-
Qualität wird leiden             Belastung für das Team.»                Überzeit sei zum Beispiel ein         vereins Baselland (LVB) hat
Die Berufsverbände sind ob       Was als Entlastung gedacht              grosses Problem. Im Schnitt           am 30. März 2022 einstimmig
der angespannten Situation       ist, könnte somit ins Gegen-            sammelten sich bei einem             Philipp Loretz zum neuen
wenig überrascht. Der not-       teil kippen. «Letztlich sind es         Vollzeitpensum pro Jahr acht         Präsidenten für die Amtspe-
fallmässigen Massnahme           die Kinder, die um guten                Wochen Überzeit an, die nicht        riode 2022 bis 2026 gewählt.
stehen sie jedoch skeptisch      Unterricht betrogen werden»,            vergütet würden.                     Er arbeitet seit über 20 Jah-
gegenüber. «Es ist eine Ver-     betont Peterhans.                                                             ren an der Sekundarschule
zweiflungstat», sagt Chris-                                              Lage bleibt angespannt                Aesch und ist seit 2014 Mit-
tian Hugi, Präsident des Zür-    Versäumnis der Politik                  Sorge bereitet den Verbän-           glied der LVB-Geschäfts-
cher Lehrerinnen- und            In den vergangenen Jahren               den nicht nur der Lehrerman-         leitung. Ausserdem ist er
Lehrerverbands, auf Anfrage      haben Berufsverbände wie-               gel, sondern auch die anhal-         ­Mitglied des Baselbieter Bil-
von BILDUNG SCHWEIZ. Es          derholt auf das Problem hin-            tende Belastung durch die             dungsrats. (pd)
sei ein Eingeständnis, dass      gewiesen. «Die Schulen                  Coronapandemie und die
der Kanton es verpasst habe,     baden jetzt aus, was die Poli-          zusätzliche Herausforderung
rechtzeitig nachhaltige          tik lange versäumt hat», sagt           durch Flüchtlingskinder aus          BILDUNGSMONITORING
Lösungen einzuleiten. Auch       Peterhans. Es brauche zwin-             der Ukraine.
Franziska Peterhans, Zent-       gend langfristige, nachhalti-                                                PISA-Erhebung
ralsekretärin des Dachver-       ge Lösungen.                            In ihrer Mitteilung betont die       ist angelaufen
bands Lehrerinnen und Leh-                                               Bildungsdirektion, dass die
rer Schweiz (LCH), erachtet      Tatsächlich plant die Zürcher           Besetzung offener Stellen            Im April und Mai nehmen
diese Massnahme als hoch-        Bildungsdirektion nun neben             selbst mit den zusätzlichen          rund 6000 Schülerinnen und
problematisch. «Das einzig       der Lockerung der Anstel-               Massnahmen anspruchsvoll             Schüler aus der Schweiz an
Gute daran ist die zeitliche     lungskriterien auch mittel-             bleibe. Auch die Berufsver-          der internationalen Schul-
Begrenzung», sagt sie.           und langfristige Massnah-               bände erwarten keine Wun-            leistungsstudie PISA teil. Sie
                                 men. So würden zum Beispiel             der. «Qualifizierte Lehrperso-       wurden als repräsentative
Peterhans und Hugi sorgen        weitere Ausbildungsplätze               nen kann man nicht aus dem           Stichprobe in einem zweistu-
sich um die Qualität der         geschaffen. Ausserdem wer-              Boden stampfen», betont              figen Verfahren ausgewählt.
Volksschule. Unterrichten sei    de die seit 2008 bestehende             Peterhans. Der Beruf müsse           Die Ergebnisse der PISA-
eine komplexe Aufgabe, die       «Taskforce Lehrermangel»                langfristig wieder attraktiver       Kampagne 2022 werden vor-
einer gründlichen Ausbildung     weitergeführt. Die Bildungs-            werden – und zwar                    aussichtlich Ende 2023 ver-
bedürfe. Wo diese fehle,         direktion räumt auf Anfrage             schweizweit.                         öffentlicht. Der Fokus liegt
müssten erfahrene Lehrper-       jedoch ein, dass deren                                                       bei dieser Ausgabe auf der
sonen zur Unterstützung bei-     Gestaltungsmöglichkeiten                Patricia Dickson                     Mathematik. (ca)

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DEZA-Direktorin Patricia Danzi zum Wert der Schule Pensioniert: Lehrerinnen und Lehrer erzählen - Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 5 ...
STEHSATZ | STEHSATZ          5 | 2022
AKTUELL                                                                                                                              RUBRIK

     «Das Engagement an vielen
     Schulen ist gross»
      Interview:              Patricia Danzi will das Know-how der Volksschule für Kooperatio-
      Christoph Aebischer
                              nen nutzen. Viele Partnerländer wüssten, ohne Bildung blieben auch
      Fotos: DEZA / SDC /     andere Ziele unerreichbar. Im Interview erzählt die Chefin der Direk-
      DECIDE
                              tion für Entwicklung und Zusammenarbeit, was Bildung für sie
                              bedeutet und wie sie mit Rückschlägen etwa in der Ukraine umgeht.

BILDUNG SCHWEIZ: Sie unterrichteten            Lehrerinnen und Lehrer nicht gut. Weil         in Flüchtlingscamps, damit sie dort eine
1995 in südafrikanischen Townships.            es zudem zu wenige hat, sind die Klassen       Grundausbildung erhalten.
Wie war das?                                   extrem gross. Ausserdem arbeiten viele
PATRICIA DANZI: Ich erlebte Unter-             Kinder notgedrungen und verpassen so           Die Schweiz leistet sich eines der
richtsstunden, in denen ich eine Frage nach    den Unterricht oder können gar nicht           teuersten Bildungssysteme. Ist gute
der anderen beantwortete. Die Jugendli-        in die Schule gehen. Wo sich Eltern die        Bildung eine Frage des Geldes?
chen sogen alles auf wie Schwämme. In          Schule nicht leisten können, müssen sie        Ja, auch. Gut ausgebildete Lehrerinnen
der so genannten allgemeinen Bildung, die      sich entscheiden, wer hingehen darf. Oft ist   und Lehrer kosten, die Infrastruktur kostet.
ich neben Sport eine Saison lang und kurz      es der Sohn und nicht die Tochter.             Und unser Bildungssystem gibt Kindern,
nach dem Ende des Apartheidregimes                                                            die es nicht auf Anhieb packen, eine zweite
unterrichtete, ging es um alles, was ausser-   Wollen Eltern ihre Kinder überhaupt in         Chance. Solche Optionen anzubieten, ist
halb Südafrikas geschieht. Also beispiels-     die Schule schicken?                           teuer.
weise darum, wie Leute ohne Segregation        Die meisten schon. Sogar jene, die sel-
leben. Ich half schon als Gymnasiastin und     ber nicht in die Schule gegangen sind,         Sie möchten zusammen mit der
Studentin hier in der Schweiz an Schulen       sehen, dass ihre Kinder so besser für sich     Direktion für Entwicklung und
                                               und ihre Familie sorgen können. Wenn           Zusammenarbeit (DEZA) Schweizer
«Die Jugendlichen sogen alles                  Menschen fliehen müssen, gehen sie oft         Schulen und Bildungsfachleute als
                                               dorthin, wo eine Schulbildung garantiert       Partner gewinnen und so Schulen in
auf wie Schwämme.»                             ist. Manche schicken sogar ihre Kinder         anderen Ländern verbessern. Wie
                                                                                              stellen Sie sich das vor?
aus. Mich faszinierte, wie man als unter-                                                     Das Interesse an Entwicklungszusammen-
richtende Person Menschen motivieren                                                          arbeit und das Engagement dafür ist an
kann und wie es sich auswirkt, ob einen                                                       vielen Schulen gross. Wir möchten nun
ein Thema packt oder nicht.                                                                   herausarbeiten, welche Vorteile unser Sys-
                                                                                              tem bietet und wie diese auch für Schulen
263 Millionen Kinder auf der Welt haben                                                       anderswo von Nutzen sein könnten. Dazu
überhaupt keinen Zugang zu                                                                    haben wir Ende April in Bern einen Event
Schulbildung. Was bedeutet das?                                                               organisiert.
Es gibt so ganze Gesellschaften, die nicht
von Bildung profitieren können. Damit                                                         Die Veranstaltung trug den
fehlen Fachleute, welche die Grundbe-                                                         merkwürdigen Titel «Strategische Rolle
dürfnisse eines Staates und die der Mit-                                                      der Schulbildung in der Aussenpolitik
bürgerinnen und -bürger erfüllen.                                                             bzw. Entwicklungszusammenarbeit».
                                                                                              Ging es dabei um Selbstbildpflege?
Was läuft falsch, wenn etwa jedes dritte                                                      Nein. Wir wollten Ideen sammeln, als
Schulkind die Grundschule nicht                                                               Katalysator wirken und Akteure vernet-
abschliesst und wenn fast zwei von drei                                                       zen. Dieser Austausch kann uns bei der
Kindern sogar mit Abschluss weder                                                             Realisation von Zielen der Partnerländer
lesen noch schreiben können?                                                                  unterstützen. Ich denke an Verbesserun-
Meist mehrere Sachen: Ist die Ausbildung                                                      gen in der Gouvernanz, also der Einbin-
der Lehrpersonen schlecht, sind auch die                                                      dung der Zivilgesellschaft in politische
                                               DEZA-Direktorin Patricia Danzi.

                                                                                                                                        9
DEZA-Direktorin Patricia Danzi zum Wert der Schule Pensioniert: Lehrerinnen und Lehrer erzählen - Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 5 ...
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Entscheidungsprozesse, oder Fortschritte      Ich denke nicht. Wir werden im Bereich           solchen Themen annähern. Im Vorder-
in der Digitalisierung. Beides ist nur mög-   der Bildung oft um Unterstützung ange-           grund steht jedoch stets der Schutz der
lich, wenn das Bildungsniveau stimmt.         fragt, beispielsweise in der Berufsbildung.      Menschen. Wir müssen aufpassen, dass sie
                                              Denn viele Länder haben erkannt, dass            nicht plötzlich eine Verhaftung riskieren.
Sie betonen die Stärken der Schweizer         Bildung zentral für ihr Fortkommen ist.
Schulen. Wer selbst unterrichtet, sieht       Es geht auch nicht um den Export eines           Die DEZA hat sich in Afghanistan für
eher Defizite.                                Modells, sondern um die Suche nach pas-          Elternmitsprache an Schulen engagiert.
Im Vergleich zur Situation anderswo jam-      senden Lösungen. Ob Partnerländer ein            Seit diesem Schuljahr dürfen ältere
mern wir auf hohem Niveau.                    dezentrales Schweizer Modell oder ein            Mädchen gar nicht mehr in die Schule.
                                              zentral organisiertes französisches Modell       Ist das Projekt nun gestorben?
Was machen denn unsere Schulen gut?           bevorzugen, ist ihre Entscheidung.               Das Gute an bereits vermittelter Bildung ist
Kantone und Gemeinden tragen in unse-                                                          – im Unterschied vielleicht zu Lebensmit-
rem dezentral organisierten System die        Die DEZA betont, wie wichtig die                 teln –, dass man sie niemandem mehr weg-
Bildung wesentlich mit. Sie bleibt damit      Grundbildung für mündige Bürgerinnen             nehmen kann. Doch das Beispiel mit dem
nahe bei den Menschen. Natürlich mögen        und Bürger ist. Davor haben viele                Dekret der Taliban ist natürlich ein extre-
das häufig zügelnde Familien etwas anders     Regierungen doch eher Angst?                     mer Fall. Es ist erst ein paar Wochen alt.
sehen. Die Mehrsprachigkeit ist eine          Das gibt es. An Schulen lernt man lesen          Wir loten jetzt den Spielraum aus, wie wir
weitere Stärke. Einen hohen Stellenwert       und schreiben oder sich eine eigene Mei-          das Programm anpassen können. Zumin-
geniessen zudem Respekt, Inklusion,           nung zu bilden. Das ist wichtig, wenn man         dest die Grundbildung der Mädchen soll
Zusammenleben und Zusammenhalt.                                                                weitergehen und in einigen Provinzen gibt
Gewalt wird nicht toleriert. Und dank         «Gut an bereits vermittelter                      es offenere Gouverneure, die selbst erfah-
einem breit verstandenen Bildungsauftrag                                                       ren haben, wie wichtig das Thema ist. Viel-
mit vielen Fächern können Kinder in ihren     Bildung ist, dass man sie                        leicht lässt sich über alternative Formen
Begabungen gefördert werden. Gleichzeitig     niemandem mehr wegnehmen                         jungen Frauen dennoch Bildung vermitteln.
werden sie aber umfassend geschult: Ein                                                        Leider fehlt auf dem Land aber der Zugang
Kind, das im Rechnen stark ist, lernt auch    kann.»                                           zum Internet. Es wird sicher nicht einfach.
Zeichnen.
                                              in der Verwaltung, in der Organisation           In der Ukraine engagiert sich die
Ist es sinnvoll, wenn Schweizer Schulen       einer Gesellschaft oder in demokratischen        DEZA ebenfalls. Nun erleidet das Land
Partnerschaften mit solchen in ärmeren        Strukturen weiterkommen will.                    sinnlose Zerstörung und
Ländern pflegen und etwa Pulte für eine                                                        Kriegsverbrechen. Was nun?
Schule in Albanien organisieren?              Wenn genau das unerwünscht ist?                  Im unmittelbaren Kriegsgebiet und für
Ich glaube schon. 50 Pulte verändern das      Dann machen wir es nicht. Eventuell              Flüchtlinge steht die humanitäre Hilfe,
Schulsystems Albaniens zwar nicht. Aber       können wir uns aber mit lokalen Partnern         also Nothilfe, im Vordergrund. Zugleich
wenn Schweizer Schülerinnen und Schü-                                                          können wir auf Netzwerke und zivile
ler Pulte organisieren, setzen sie sich mit                                                    dezentrale Einrichtungen bauen, die in
den dortigen Verhältnissen auseinander.                                                        den vergangenen Jahren auch mit unserer
Sie tauschen sich mit diesen Kindern aus.                                                      Unterstützung aufgebaut worden sind. Von
Das erweitert ihren Horizont und fördert                                                       dieser Seite wurden wir sofort kontaktiert.
das Verständnis dafür, wie unterschiedlich                                                     Da ging es beispielsweise um den Aufbau
Voraussetzungen sein können.                                                                   eines Online-Schulangebots für Kinder,
                                                                                               die sich entweder noch im Land oder
Was einst Entwicklungshilfe hiess, wird                                                        nun im Ausland aufhalten. Oder das Ein-
heute internationale Zusammenarbeit                                                            richten von Flüchtlingslagern in Schulen.
genannt. Wo liegt der Unterschied?                                                             Eine weitere Frage war, wie sich online
«Hilfe» schafft ein Gefälle: Die eine Seite                                                    medizinische Notfallversorgung etwa von
gibt, die andere empfängt und muss dank-                                                       Kriegsverletzungen vermitteln lässt.
bar sein. Bei der Zusammenarbeit formu-
lieren Partner Ziele, an deren Realisation                                                     Immer mehr ukrainische Kinder gehen
Regierungen und Entwicklungsorganisatio-                                                       bei uns zur Schule.
nen gemeinsam arbeiten. Ungleich verteilt                                                      Das gibt ihnen Halt, selbst wenn der
bleiben das Geld oder die Expertise.                                                           Unterricht in einer ihnen fremden Spra-
                                                                                               che stattfindet. Eine rasche Integration ist
Ist es nicht überheblich, wenn wir                                                             für Flüchtlinge zentral, um Traumata ver-
unsere Schulen als Ideal «verkaufen»?                                                          arbeiten zu können und Bildungsdefizite
                                              Ältere Mädchen dürfen in Afghanistan offiziell
                                              nicht mehr zur Schule.

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AKTUELL

möglichst klein zu halten – egal, woher
sie kommen. Beides hilft, die Motivation
nicht zu verlieren und eine Zukunft für
sich zu sehen.

Sind normale Schulklassen oder soge-
nannte Willkommensklassen besser?
Viele Familien möchten später in die Ukra-
ine zurückkehren. Damit sie später die
Abschlüsse in ihrer eigenen Sprache schaf-
fen können, sollten sie den Kontakt zu
ihrem eigenen Schulsystem und Lernstoff
nicht ganz verlieren. Aber separate Klassen
sind nicht überall möglich. In jedem Fall
sind Sprachkurse nötig. Sie erleichtern den
Austausch und die Integration.

Letztlich sind Afghanistan und die
Ukraine Rückschläge in Ihrer Arbeit.
Wie gehen Sie damit um?
Wir engagieren uns in zerbrechlichen
Gesellschaften. Deshalb müssen wir mit        Die DEZA engagierte sich in der Ukraine vor dem Krieg auch in Bildungsprojekten.

«Kinder aus der Ukraine                       Eltern auf sich nehmen, damit ihre Kinder             Beides prägte mich: In die eigene Ausbil-
sollten den Kontakt zum                       in die Schule gehen können.                           dung zu investieren und dafür zu sorgen,
                                                                                                    dass auch andere sich entfalten können.
eigenen Schulsystem und                       Die globale Agenda für eine nachhaltige
                                                                                                    Patricia Danzi
Lernstoff nicht ganz                          Entwicklung 2030 will eine kostenlose
                                                                                                    Seit 2020 ist Patricia Danzi DEZA-Direktorin.
                                              Schulbildung für alle. Schaffen wir das?
verlieren.»                                   Wahrscheinlich nicht. Zwar ist vielerorts
                                                                                                    Davor war sie für das Internationale Komitee
                                                                                                    vom Roten Kreuz (IKRK) auf dem Balkan, in Peru
                                              der Unterricht gratis, aber Bücher, Papier,           und in mehreren afrikanischen Staaten im
                                                                                                    Einsatz. Am IKRK-Sitz in Genf wurde sie
Rückschlägen rechnen. Wir hoffen, dass        Schreibzeug und insbesondere die Schul­
                                                                                                    stellvertretende Einsatzleiterin am Horn von
die Menschen vor Ort dank unserer Arbeit      uniform kosten etwas. Dafür fehlt vielen              Afrika und politische Beraterin des Direktors für
etwas besser mit solchen Krisen umgehen       Familien das Geld. Zudem hat uns die                  internationale Einsätze. Danzi studierte in
können.                                       Coronapandemie um Jahre zurückgewor-                  Lincoln (Nebraska, USA) und Zürich und schloss
                                                                                                    mit einem Master in Geografie sowie Agrar- und
                                              fen. Viele Schulen waren lange geschlossen
                                                                                                    Umweltwissenschaften ab. Sie spricht sieben
Sie glauben weiterhin an den Sinn dieser      und die wirtschaftlichen Folgen der Krise             Sprachen und ist Mutter zweier erwachsener
Arbeit?                                       haben viele Menschen ärmer gemacht.                   Söhne.
Ja. Zudem hat die Schweiz in ihrer Verfas-
sung diesen Auftrag festgehalten. Wir ver-    Ihr Vater ging in Nigeria zur Schule, ihre
suchen ihn so gut wie möglich zu erfüllen.    Mutter war Sekundarlehrerin in der
                                              Schweiz. Was gaben Ihre Eltern Ihnen                  BILDUNG: GEFRAGTES KNOW-HOW
In Bhutan oder auf den Philippinen sah        für ein Bildungsverständnis mit?
                                                                                                    Die DEZA möchte nun in der Schweizer
ich auf Reisen riesige Klassen. Die           Im Süden Nigerias geniesst Bildung einen
                                                                                                    Entwicklungszusammenarbeit die
Kinder standen in Uniformen der Grösse        sehr hohen Stellenwert. Schon meine                   Grundbildung stärker einbeziehen. Sie
nach zum Appell ein. Wir reden ja über        Grossmutter war Lehrerin. Und mein                    hat die Stiftung Movetia mit einem
internationale Zusammenarbeit. Was            Vater setzte alles daran, seine Examen zu             Kooperationsprojekt beauftragt. Am
können wir lernen?                            bestehen. Nach der Schule studierte er in             29. April fand in Bern eine Kick-off-­
Die Motivation. Ich war eben in einem         Österreich und in der Schweiz. Er erlebte             Veranstaltung dazu statt. Gemäss DEZA
Flüchtlingslager im Sudan. Aus Äthio-         mit, wie diejenigen mit guter Ausbildung              wird aus dem rund 11 Milliarden Franken
pien geflüchtete Kinder kamen jeden Tag       auch in Nigeria Karriere machten. Meine               umfassenden Vierjahreskredit rund eine
zur Baustelle der geplanten Schule und        Mutter setzte sich für schwächere Schü-               halbe Milliarde in Projekte mit einem
erkundigten sich, wann der Unterricht end-    lerinnen und Schüler ein und engagierte               Bezug zur Bildung (Weiter-, Berufs-,
lich beginne. Mich beeindruckt auch, was      sich dafür, dass alle eine Lehrstelle fanden.         Grundbildung etc.) fliessen.

                                                                                                                                                  11
Ab Schuljahr 2022/23

                                                                      Deutsch Eins

                                                                      Kontinuierliche
                                                                      Förderung in der
                                                                      1. Klasse
                                                                      Dank linearer Grundstruktur und
                                                         Jetzt        modularem Aufbau mit zahlreichen
                                                   Beratungstermin
                                                                      Wahlmöglichkeiten können Sie
                                                     vereinbaren
                                                   beratung@lmvz.ch   Ihren Unterricht variantenreich
                                                                      gestalten und den Kindern Spass an
                                                                      der Sprache vermitteln. Deutsch Eins
                                                                      beinhaltet einen Erstleselehrgang
                                                                      nach der silbenanalytischen Methode
                                                                      und spannende thematische Inhalte.
                                                                      lmvz.ch/Schule/Deutsch

RZ_LMVZ_Inserate-Deutsch.indd 2                                                                        13.02.22 19:05

          Bei uns finden
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          Lehrpersonen!

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STEHSATZ | STEHSATZ
RUBRIK

Drei Wege in den Ruhestand

Text und Fotos:   Die Pensionierung ist für alle eine Zäsur. Während die einen sich
Roger Wehrli
                  sogleich auf die neue Freiheit freuen, verabschieden sich die
                  anderen nur langsam und ungern aus ihrem gewohnten Berufsleben.
                  Drei Lehrpersonen geben Einblick in diese Zeit des Übergangs.

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Im Juli 2018, am letzten Tag vor den Sommerferien, wurde                          antwortung übernahm. Darüber war Willi sehr erleichtert,
Erich Zimmerli in den Ruhestand verabschiedet. Der Pri-                           zumal es sich um eine eher schwierige Klasse handelte.
marlehrer verbrachte die letzten sieben Berufsjahre im aar-                       «Ich war wegen ganz vieler Dinge glücklich, als es vorbei
gauischen Neuenhof. In seinem letzten Jahr teilte er sich                         war und ich den Lehrberuf an den Nagel hängen konnte»,
die Stelle als Klassenlehrperson mit einer jungen, eben erst                      erinnert sie sich. Sie nennt Gründe: den Lehrplan, die Digi-
ausgebildeten Lehrerin. Im Gegenzug engagierte sich Zim-                          talisierung des Schulzimmers und der Kommunikation, all
merli als Gesangslehrer in Unterstufenklassen. Die Liebe                          die Sitzungen. Zu guter Letzt sei auch noch Corona dazuge-
zur Musik teilt er mit seiner Frau, die an derselben Schule                       kommen und die Schulen hätten vorübergehend ihre Tore
als Musikgrundschullehrerin arbeitet.                                             geschlossen. «All das half mir, mit Freude von der Schule
                                                                                  Abschied zu nehmen.»
Die distanzierte Sicht                                                               Damit kein Missverständnis entsteht: Gaby Willi liebte
Am ersten Schultag nach den Ferien war der soeben pensio-                         ihren Beruf. Vor ihrer Anstellung in Neuenhof unterrichtete
nierte Zimmerli trotzdem wieder im Schulhaus anzutreffen.                         sie an einer kleinen Schule am Zürichberg und an weiteren
Dies war nicht etwa ein der Gewohnheit geschuldeter Irrtum.                       Schulen in der Stadt. Der Wechsel in den Aargau hatte
Zimmerli hatte mit seiner Frau vereinbart, sie für ein paar                       einerseits damit zu tun, dass sie 2010 das Haus ihrer ver-
Wochen zu vertreten, während sie ihr Dienstaltersgeschenk                         storbenen Eltern im nahen Brugg übernahm. Andererseits
zum Italienischlernen in der Toscana nutzte. Es folgten                           dachte sie, dass es spannend wäre, an einer so grossen
einige weitere, mehr oder weniger kurze Engagements in der                        Schule mit vielen parallel geführten Klassen zu arbeiten.
Unter- und Mittelstufe. Diese bereiteten Zimmerli jedoch                          Bald merkte Willi jedoch, dass grosse Schulhäuser nicht ihr
nicht mehr viel Freude. Seiner Meinung nach hatte dies auch                       Ding sind. «Mir fehlte die Spontaneität, wie ich sie zuvor
damit zu tun, dass diese Schulklassen Opfer des sogenannten                       erlebt hatte», bedauert sie. «Hier brauchte es einen Haufen
offenen Unterrichts waren.                                                        Regeln, um den Schulbetrieb am Laufen halten zu können.»
   Für Zimmerli ist dieses Projekt, das damals einige Lehr-
personen verfolgten, ein Etikettenschwindel. «Wenn man                            Der sanfte Übergang
es ernst meinen würde mit dem offenen Unterricht, wäre                            Selbst mit 69 Jahren nicht ans Aufhören denkt hingegen
das eine tolle Sache», ist der ehemalige Lehrer überzeugt.                        Margrit Gilli. Allerdings reduziert sie nach diesen Sommer-
Allerdings sei der Aufwand sehr gross, denn nicht nur der                         ferien aus privaten Gründen ihr Pensum und wird ab dann
Unterricht an sich, sondern auch die ganze Vorbereitung                           nur noch als Klassenassistenz arbeiten. Ihr Wirkungsfeld
                                                                                  ist der Kindergarten Schwerzgrueb in Uitikon im Kanton
«Ich sehe meine Arbeit als Investition in                                         Zürich, wo die rüstige Lehrerin je zwei Stunden Deutsch
                                                                                  und Integrierte Förderung pro Woche für die ganze Klasse
die Zukunft unserer Gesellschaft.                                                 gibt. Die älteren Kinder sind dann vier weitere Lektionen
Daneben gibt sie natürlich auch                                                   bei ihr.
                                                                                     Den idyllisch am Waldrand gelegenen Kindergarten
meinem Leben einen tieferen Sinn.»                                                könnte man schon fast als Familienbetrieb bezeichnen. Bei
                                                                                  der klassenverantwortlichen Kindergartenlehrerin, Giovanna
würde sich ändern, weil Fächer nicht mehr an bestimmte                            Gilli-Rudin, handelt es sich um die Tochter von Margrit Gilli.
Lektionen gebunden sind. Dafür fehle den Lehrpersonen                             Giovannas Sohn Felix besucht den Kindergarten bei seiner
schlicht die Zeit. Zudem sei in den letzten Jahren die Schule                     Mutter und seiner Grossmutter. Dies hat Tradition in der
immer technokratischer geworden. «Ich höre meine ehema-                           Familie: Margrit Gilli erinnert sich noch gut an die Zeit, als
ligen Berufskolleginnen und -kollegen vermehrt über viel zu                       sie Kindergartenlehrerin in Zürich-Altstetten war und die
viel Arbeit ausserhalb des Unterrichtens klagen.»                                 damals kleine Giovanna zu ihr in den Kindergarten kam.

Die grosse Erleichterung                                                          Die schwere Krankheit
Dass sich in den vergangenen Jahren im Schulalltag vieles                         Ihre Liebe zum Beruf entdeckte Margrit Gilli in Chur, wo
verändert hat, kann Gaby Willi bestätigen. Die 66-jährige                         sie als Sekretärin der Stadtschule arbeitete. Nach einem
Lehrerin wurde im vergangenen Sommer pensioniert. In                              viermonatigen Sozialpraktikum in den USA machte sie in
ihrem letzten Jahr an der Schule teilte sie sich das Pensum                       den Siebzigerjahren die Ausbildung am Kindergarten- und
mit einer jüngeren Kollegin auf, die auch die Klassenver-                         Hortnerinnen-Seminar Riesbach. Seither widmete sich Gilli
Bild Seite 13: Auch mit 69 Jahren ist für Margrit Gilli noch nicht Schluss: Sie
unterrichtet in der Kindergartenklasse ihres eigenen Enkels.
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ÜBERGÄNGE

Der pensionierte Primarlehrer Erich Zimmerli unterstützt für das Projekt «Netzwerk Asyl Aargau» junge Asylsuchende wie Zerimariam aus Eritrea.

mit viel Freude und Energie dem Lehrberuf. «Ich habe                            cke. Es ist ihr ein grosses Anliegen, jungen Generationen
immer hundert Prozent gearbeitet, bis ich mit 62 Jahren an                      Alternativen zur Wegwerfkultur aufzuzeigen. «Ich sehe
einer schweren Neuroborreliose erkrankte.» Das bremste die                      meine Arbeit als eine Investition in die Zukunft unserer
ehemalige Langstreckenläuferin komplett aus. Ans Arbeiten                       Gesellschaft», sagt sie. «Daneben gibt sie natürlich auch
war fortan nicht mehr zu denken. Da nach der späten Dia-                        meinem Leben einen tieferen Sinn.»
gnose eine Antibiotika-Behandlung keine Option mehr war,
half nur noch die Fiebertherapie eines Spezialisten. Nach                       Die latente Überforderung
zehn strapaziösen Sitzungen waren die Bakterien tot und                         Margrit Gilli ist stets kritische Beobachterin geblieben. So
Gilli war wieder gesund. «Als es vorbei war und ich mich                        sieht sie manche Entwicklungen der letzten Jahre mit einiger
einigermassen erholt hatte, gab ich in einer ersten Klasse                      Skepsis, zum Beispiel dass die Kindergartenkinder heute
einem Kind Deutschunterricht», blickt sie zurück. «Das war                      wesentlich früher eingeschult werden. Gleichzeitig hat sich
mein Wiedereinstieg in die Berufswelt.»                                         die Präsenzzeit im Kindergarten deutlich verlängert. Über-
   Seit nunmehr drei Jahren arbeitet Gilli mit ihrer Toch-                      dies werden etliche Kinder auch von klein auf fremdbetreut.
ter zusammen. Beide sind der Meinung, dass sie sich per-                        Nachdem sie einen Grossteil des Tages im Kindergarten
fekt ergänzen. «Giovanna macht alles, was ich nicht mag,                        verbracht haben, gehen sie nicht nach Hause, sondern in
zum Beispiel den ganzen Computerkram», erzählt Margrit                          den Hort. «Das ist für viele Kinder eine Überforderung»,
Gilli mit einem Schmunzeln. Sie selber arbeitet lieber mit                      ist Gilli überzeugt. «Die Eltern sind ebenfalls überfordert
den Händen, ganz nach dem Montessori-Credo «Greifen                             mit ihrer Doppelaufgabe aus Familie und Beruf. Das hat
gleich Begreifen». Mit Vorliebe recycelt Gilli alte Stoffe: Aus                 zur Folge, dass sie die Erziehung ihrer Kinder an die Schule
gebrauchten Textilien werden originelle neue Kleidungsstü-                      delegieren.»

                                                                                                                                                 15
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Die Überforderung wird also aus Gillis Sicht quasi wei-
tergereicht. Die Pädagogin bedauert daher, dass trotz der
jüngeren Kinder und multikultureller gewordenen Schul-
klassen die Kleinklassen abgeschafft und die schulischen
Anforderungen erhöht worden sind. Dessen ungeachtet liebt
Gilli ihren Beruf genauso wie früher. Sie ist der Meinung,
dass der Übergang vom Erwerbsleben zum Pensionierten-
Dasein sanft und individuell geschehen sollte.

Der bewegte Ruhestand
Für Gaby Willi hingegen war dieser Übergang kurz und
schmerzlos. Ihre vielen unterschiedlichen Interessen sorgen
dafür, dass ihr nie langweilig wird. Da ihr Lebenspartner
noch einige Zeit arbeiten dürfte, ist es der Rentnerin wich-
tig, ein abwechslungsreiches und aktives Leben zu führen.
Montags fährt Willi mit dem Postauto auf den nahen Böz-
berg, wo sie mit Kolleginnen und Kollegen in einem Kurs
Volkstänze übt. Jeweils am Mittwoch geht sie mit der aus
fünf bis sieben Personen bestehenden Wandergruppe auf           Gaby Willi geniesst ihren Ruhestand, indem sie sich unter anderem hinge-
                                                                bungsvoll um den Garten rund um ihr Häuschen kümmert.
eine Tour, meistens in der näheren Umgebung.
   Das liebevoll restaurierte Häuschen von Gaby Willi steht
in einem grossen Garten, wo es immer etwas zu tun gibt.
Wenn sie sich nicht bewegt, hört sie gerne Radio oder liest,    Zerimariam steht kurz vor dem Abschluss. Demnächst soll
macht Handarbeiten und malt. Die Schule vermisst sie an         er erfahren, ob er danach im Lehrbetrieb weiterarbeiten
keinem Tag. Aber die Kontakte lässt die ehemalige Lehrerin      kann. «Weil wir das nicht wissen, haben wir bereits an sei-
dann doch nicht abreissen. «Ich liebe die Buschtrommel          nem Lebenslauf und am Bewerbungsschreiben gearbeitet»,
aus dem Schulhaus», sagt Willi mit einem verschmitzten          erläutert Zimmerli. «Wir unterstützen die Lehrlinge in allen
Lächeln. «Aber ich würde nicht mehr dort arbeiten wollen.»      Aufgaben, mit denen sie zu uns kommen.» Die Arbeit mit
Sie hält kurz inne und fügt an: «Zurzeit jedenfalls.»           den jungen Asylsuchenden macht dem Pensionär sichtlich
                                                                Spass. Als Zimmerli im letzten Herbst zufällig eine Bekannte
Die wertvolle Unterstützung                                     auf der Strasse traf, fragte ihn diese, ob er beim Netzwerk
Erich Zimmerli kann dagegen das Unterrichten nicht ganz         Asyl Aargau mitwirken wolle. Seither kümmert er sich um
lassen: Er hilft jungen Asylsuchenden. Im Hinterzimmer          die schulischen Belange der Lehrlinge. Die Arbeit ist für ihn
eines Hauses unweit der lärmigsten Kreuzung von Baden           auch deshalb so befriedigend, weil die jungen Leute, die zu
erwartet er samstags seine Klientel. Dort hat sich der Verein   ihm kommen, hochmotiviert sind – unabhängig davon, ob
«Netzwerk Asyl Aargau» eingemietet. Die jungen Leute            sie von Afrika, Afghanistan oder anderswo gekommen sind.
                                                                Zimmerli ist überzeugt: Wer den beschwerlichen Weg bis
«Ich liebe die Buschtrommel aus dem                             hierher geschafft hat, weiss, was er oder sie vom Leben will.

Schulhaus. Aber ich würde nicht mehr                            Der beste Beruf
dort arbeiten wollen.»                                          Und wie steht es mit Zimmerli selbst, der beinahe sein Leben
                                                                lang Lehrer war? Würde er denselben Beruf wieder wäh-
absolvieren in den meisten Fällen eine zweijährige Grund-       len? «Ich sehe mich in so vielen anderen Berufen», sagt er.
bildung mit eidgenössischem Berufsattest. Pünktlich um halb     Sogleich zählt er einige auf: Schauspieler, Sänger, Theologe
elf erscheint Zerimariam. Der junge Mann floh vor ungefähr      oder Historiker, ja, auch Buchhändler käme in Frage. Seine
sechs Jahren aus Eritrea und macht nun eine Schreinerlehre.     Wahl würde aber wieder auf den Lehrberuf fallen. Denn in
Seine Aufgabe besteht darin, Arbeitsgänge zu protokollieren.    diesem sieht er alle genannten Berufe vereint. ■
Von Erich Zimmerli bekommt er die nötige Unterstützung,
um dies in korrektem Deutsch zu tun.

16
5 | 2022
ÜBERGÄNGE

Gedanken zu meiner Pensionierung
Bruno Rupp ist seit dem Sommer 2021 Rentner. Das ehemalige Mitglied der Geschäftsleitung LCH
empfiehlt, sich frühzeitig mit der Pensionierung zu befassen. Er war selber froh darum: Sein
letztes Jahr als Schulleiter endete turbulent.

So wie mir geht es derzeit vielen Lehrerinnen und Lehrern:                    • Welche finanziellen Bedürfnisse und Möglichkeiten
Sie stehen kurz vor oder kurz nach ihrer Pensionierung. Die                     habe ich für den Übergang und für die Zeit danach?
Pensionierung ist ein sehr bedeutsamer Übergang in eine                         Eine frühe und professionell begleitete Finanzplanung
neue Lebensphase. Damit dieser Prozess gelingt, braucht                         im Verlauf des Berufslebens ist sehr hilfreich. Sie kann
es eine gute Vorbereitung und genügend Zeit. Es gibt keine                      für einen hohen Lebensstandard und für Sicherheit im
allgemein gültigen Antworten, die eine Garantie für einen                       Alter von grosser Bedeutung sein.
erfolgreichen und befriedigenden neuen Lebensabschnitt                        • Welche Werte, Erfahrungen, Gewohnheiten, Erfül-
abgeben.                                                                        lungen, Selbstverständlichkeiten und Annehmlich-
   Als optimale Voraussetzungen durfte ich auf gute Gesund-                     keiten habe ich mir erarbeitet und standen mir zur
heit, ein erfülltes Berufsleben und flexible Gestaltungsmög-                    Verfügung?
lichkeiten im Pensionierungsprozess zurückgreifen. All dies                   • Welche Verpflichtungen, Termine, Aufträge, Annehm-
half mir in meinem letzten Jahr als Schulleiter, das durch                      lichkeiten und Unannehmlichkeiten haben meine
die Coronapandemie und einen medizinischen Eingriff uner-                       Tagesabläufe bestimmt?
wartet turbulent verlief.                                                     • Worauf werde ich verzichten müssen? Was kann und
   Zum Glück hatte ich mich zudem bereits vorher mit                            will ich mitnehmen und allenfalls weiterpflegen?
dem absehbaren Schritt beziehungsweise mit folgenden
Fragen beschäftigt:                                                           Der Schritt in den Ruhestand ist auch ein Abschied. Vieles
• Welche Form der Pensionierung passt für mich, in                            muss man zurücklassen, auch wertvolle und bereichernde
   Etappen oder zu einem bestimmten Zeitpunkt, quasi                          Kontakte zu interessanten und spannenden Menschen. Das
   «von hundert auf null»? Ich habe mich für einen meh-                       kann schmerzhaft sein. Es bleiben aber zahllose Erlebnisse
   rere Jahre dauernden, schrittweisen Übergang entschie-                     als erfüllende und schöne Lebenserfahrungen erhalten.
   den. Das ermöglicht es, das Berufsleben teilweise zu                          Es ist gut für die Schule, wenn etliche meiner Kollegin-
   verlassen und sich schon mal im neuen Leben umzu-                          nen und Kollegen aushelfen, den gegenwärtigen Mangel an
   schauen und zu organisieren.                                               Lehrpersonen auszugleichen. Doch auch sie sollten sich
                                                                              die Zeit nehmen (dürfen), ihren nächsten Lebensabschnitt
                                                                              vorzubereiten und sich mit einer Erkenntnis vertraut zu
                                                                              machen. «Ich muss» kann ich bald zu einem grossen Teil
                                                                              durch «ich will, ich kann, ich darf» ersetzen.
                                                                                 Ich freue mich darauf, die Sinnhaftigkeit der neuen
                                                                              Lebenssituation zu suchen und zu gestalten, Neues zu ent-
                                                                              decken, Unbekanntes zu erforschen, mir selber neue Ziele
                                                                              zu setzen – oder auch einfach die zur Verfügung stehende
                                                                              Zeit zu nutzen und zu geniessen. Das wünsche ich auch
                                                                              allen anderen, die diesen Schritt vor sich oder gerade hinter
                                                                              sich haben. ■

                                                                              Bruno Rupp

                                                                              UNTERSTÜTZUNG BEI DER PENSIONIERUNG

                                                                              Wer sich auf die Pensionierung vorbereiten will, kann in vielen Fäl-
                                                                              len auf die Unterstützung der Kantonalverbände zählen. Bildung
                                                                              Bern veranstaltet beispielsweise einmal pro Jahr den Kurs
                                                                              «Erfolgreicher Einstieg in die Pensionierung». Dieser ist allerdings
                                                                              für das Jahr 2022 bereits ausgebucht. Mitglieder können sich bei
                                                                              ihren Verbänden erkundigen, ob es ebenfalls solche Angebote gibt.
Bruno Rupp, ehemaliges Mitglied der Geschäftsleitung LCH. Foto: Marc Renaud

                                                                                                                                               17
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                ÜBERGÄNGE

                Cartoon: Marina Lutz

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                                                                                            Jetzt
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                                                                                                                                     ÜBERGÄNGE

Die Herkunft prägt die Berufswahl –
und damit die Zukunft
Vermeintlich wählen Jugendliche ihren Traumberuf. Oft ist das ein Trugschluss. Denn neben den
Leistungen bestimmen Herkunft und kantonale Schulstrukturen ihre Optionen wesentlich mit. Das
hat Auswirkungen auf die ganze Bildungskarriere.

Jugendlichen stehen nach der Schulzeit          Status oder die Unterstützung aus dem                    tendenziell in denjenigen Kantonen die
verschiedene Möglichkeiten offen. Von           Elternhaus. Nicht zuletzt prägten vor allem              besseren Karten, in denen der Anteil Ler-
allen Oberstufenschülerinnen und -schü-         das besuchte Leistungsniveau sowie die                   nende in diesen Zügen hoch ist», so Meyer.
lern, die 2016 ihre obligatorische Schulzeit    kantonale Verteilung der Schülerinnen und
beendet hatten, waren ein Jahr später 47        Schüler auf die unterschiedlichen Niveaus                Mehr Lektionen erhöhen Chancen
Prozent in einer beruflichen Grundbildung,      die Berufswahl.                                          Meyer und Sacchi zeigten in ihrer Unter-
31 Prozent besuchten eine allgemeinbil-                                                                  suchung zudem auf, warum die Wahl der
dende Schule, 17 Prozent befanden sich          Kantonale Unterschiede                                   Erstausbildung für Jugendliche derart wich-
in verschiedenen Zwischenlösungen und           Der Aufteilung der Lernenden auf Schul-                  tig ist: Mit dem Übertritt in eine Berufs-
5 Prozent verfolgten keinerlei formelle         typen mit unterschiedlichen Anforde-                     lehre mit geringem schulischem Anteil
Bildungsaktivität. Dies zeigen die Daten        rungsniveaus kommt gemäss den Autoren                    verminderten sich die Chancen markant,
der wissenschaftlichen Längsschnittstu-                                                                  später einen Abschluss auf Tertiärstufe
die «Tree2». Sie begleitet Abgängerinnen                                                                 zu erlangen, also eine höhere Berufsbil-
und Abgänger der obligatorischen Schule
                                                «Um das Begabungspotenzial                               dung oder eine Hochschule zu absolvieren.
aus der ganzen Schweiz auf ihrem Weg            auszuschöpfen, sollte die                                Auch sank die Wahrscheinlich, Arbeits-
durch die nachobligatorische Ausbildung         Selektion auf Sekundarstufe I                            markterfolge zu erlangen, beispielsweise
sowie bei ihrem Übergang ins Berufs- und                                                                 durch Berufe mit höherem Einkommen
Erwachsenenleben.                               abgeschafft werden.»                                     oder höherem Status. Diejenigen Jugendli-
                                                                                                         chen, denen ein Übertritt in eine Lehre mit
Soziale Herkunft entscheidet mit                sogar eine «herausragende Bedeutung»                     hohem schulischem Anteil gelingt, haben
Thomas Meyer und Stefan Sacchi arbeiten         zu. Einerseits setzt diese ein Signal an die             darum eine bessere Ausgangslage für eine
am Institut für Soziologie der Universität      Lehrbetriebe und andererseits befeuert sie               erfolgreiche Berufskarriere. Bei Lernen-
Bern, das für die Tree2-Studie verantwort-      einen Verdrängungswettbewerb im Lehr-                    den aus Lehren mit geringem schulischem
lich ist. In einem 2020 publizierten Artikel    stellenmarkt. In diesem Wettbewerb wer-                  Anteil ist laut Meyer und Sacchi der Allge-
untersuchten die zwei Forscher, welche          den laut den Studienautoren Lehrstellen                  meinbildungsrucksack nach Lehrabschluss
Faktoren beim Auswahl- und Auslese-             tendenziell zuerst mit Schülerinnen und                  derart dürftig, dass sie später die Anforde-
prozess in die berufliche Grundbildung          Schülern aus den höheren Leistungsni-                    rungen einer Ausbildung auf Tertiärstufe
wirken. Dabei haben sie herausgefun-            veaus, den sogenannt erweiterten Anfor-                  nur in Ausnahmefällen meistern können.
den, dass Faktoren wie Leistung, Moti-          derungszügen, «aufgefüllt». So kämen die                 Dies gilt auch für die höhere Berufsbildung.
vation und Aspiration nicht unbedingt           Lernenden aus Grundanforderungen, also                      Das Fazit der Autoren: Im schwei-
die Berufswahl bestimmen. Entscheiden-          den tieferen Leistungsniveaus, umso später               zerischen Berufsbildungssystem bleibt
der als Noten oder ehrgeizige berufliche        an die Reihe, je mehr Lernende aus erwei-                aufgrund von Selektions- und Verdrän-
Ziele sind vielmehr Faktoren der sozialen       terten Anforderungen es in einem Kanton                  gungsmechanismen ein beachtliches Bega-
Herkunft, wie zum Beispiel der elterliche       gibt. «Entsprechend haben Schülerinnen                   bungspotenzial unausgeschöpft. Was wäre
Bildungsstand, der sozioökonomische             und Schüler aus Grundanforderungszügen                   zu tun? «Selektion auf Sekundarstufe I
Welcher Abschluss mit 30 Jahren? Chancenplus/‐minus für Lehrlinge aus Lehrberufen mit wenigen Berufsschul‐Lektionen
                                                                                                                              Lesebeispiel:
                                                                                                                              Im Vergleich zu Lernenden
                                                                                                                              mit mehr Berufsschullek-
                                                                5%         Kein nachobligatorischer Abschluss                 tionen über die Lehrzeit
                                                                                                                              (über 1380 Lektionen)
                                                                                                                              haben solche mit weniger
                                                                                                                              Lektionen unter sonst
                                                                                                                              gleichen Bedingungen
                 ‐19%                                                      Abschluss auf Tertiärstufe: Höhere Berufsbildung   eine um 19 Prozent verrin-
                                                                                                                              gerte Wahrscheinlichkeit,
                                                                                                                              im Alter von 30 Jahren
                                                                                                                              eine höhere Berufsbildung
                                                                           Abschluss auf Tertiärstufe: UH/FH/PH               abgeschlossen zu haben.
                                ‐9%

                                                                                                                              Quelle: Meyer und Sacchi
                                                                                                                              2020
 ‐28%                                                                      Abschluss auf Tertiärstufe: insgesamt

  ‐30%    ‐25%    ‐20%   ‐15%    ‐10%     ‐5%    0%        5%        10%

Lesebeispiel: Im Vergleich zu Lehrlingen mit mehr Berufsschullektionen über die Lehrzeit
(>1380) haben solche mit weniger Lektionen (=
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