2/18 Magazin der Schader-Stift ung Dialog zwischen Gesellschaft s- wissenschaft en und Praxis - Schader-Stiftung
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SCHADER- D IALOG Magazin der Schader-Stiftung Dialog zwischen Gesellschafts- 2 /1 8 wissenschaften und Praxis
SEITE 3 SEITE 16 E D I TO R I A L WIRTSCHAFTS- FÖ R D E RU N G 4 .0 SEITE 4 SCHADER-PREIS SEITE 18 2018 PROJEKTE Titelbild: In der Ausstellung „Künstlertourist: Grenz- 2018 gänge“ (2014) der Schader- Stiftung mit dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt SEITE 8 zeigte Sven Johne bewegen- de Bilder aus Lampedusa. N AC H B E B E N D E R SEITE 22 Darunter auch diesen Spiel- automaten, der einlädt, FINANZKRISE N AC H R I C H T E N putzige Kuscheltiere mit Greifern aus dem Meer der Artgenossen zu ziehen – wenn es denn gelingt, sie zu fassen. „Good Luck“ leuch- SEITE 11 SEITE 23 tet uns entgegen, während im Hintergrund das Wrack WISSENSTRANS- TERMINE eines Bootes verrottet, mit dem Menschen nach Lam- FER – S:NE IM pedusa kamen. Wo sie heute sind? Ob sie ihr Glück ge- PORTRAIT SEITE 26 funden oder zu unserem beigetragen haben? Mehr #BARCAMP68 wagen ... SEITE 14 N A R R AT I O N E N SEITE 27 DER IMPRESSUM N AC H H A LT I G K E I T
E D I TO R I A L „Mehr ... wagen. ’68, ’18 und die politisierte Gesellschaft“ ist das Konventsthema der Schader-Stiftung im laufenden Jahr 2018. Und nicht nur die brennende Frage, ob das Leben von Menschen Glückssache sein darf, wie es Sven Johne in unserem Titelbild radikal in Frage stellt (siehe nebenstehende Bildbeschreibung), bewegt die Stiftung und ihre Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner. So gehen aktuelle Projekte den Wagnissen unserer Zeit nach; im Projekt „Integrations- potenziale in Gesellschaftswissenschaften und Praxis“, ebenso bei der „Systeminno- vation für Nachhaltige Entwicklung (s:ne)“, das wir Ihnen in diesem Schader-Dialog ge- nauer vorstellen, darüber hinaus in ökonomischer Perspektive beim Lernen aus zehn Jahren Finanzkrise und zum Abschluss des Jahres in einem BarCamp68. Mehr gewagt hat vor dreißig Jahren unser Stifter Alois M. Schader mit der Gründung der Schader-Stiftung – und mit seinem 90. Geburtstag am 16. Juli hatten wir gleich doppelt Grund zum Feiern mit langjährigen und neuen Weggefährtinnen und Wegge- fährten der Stiftung und des Stifters. Ein Anlass zur Dankbarkeit, aber ganz im Tem- perament der Stiftung verbunden mit einem Symposium: „Die Praxis der Gesellschafts- wissenschaften“. Es ist Bewegung in der Schader-Stiftung – die neuen Kolleginnen und Kollegen stellen wir Ihnen auf Seite 22 des Magazins vor. Einen ganz besonders frischen Blick haben übrigens jene, die ein Praktikum in der Schader-Stiftung absolvieren und seit einiger Zeit in sehr individuellem Stil das Editorial des monatlichen Newsletters verfassen. Lesen Sie doch mal nach unter www.schader-stiftung.de/editorial_p ALEXANDER G E M E I N H A R DT Vorstand der Schader-Stiftung 3
SCHADER-PREIS 2018 Otfried Jarren SCHADER-PREIS 2018 Mit Otfried Jarren wurde 2018 erstmals ein Kommunikationswissenschaftler mit dem Schader-Preis ausgezeichnet. Jarren lehrt und forscht als Professor am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich. Die Preisverleihung fand vor rund 370 geladenen Gästen im Schader-Forum in Darmstadt statt. Das Vortragsthema des Preisträgers lautete „Kommunikationsrat für Facebook, Google & Co? – Die Macht der Intermediäre als wissenschaft- liche wie gesellschaftliche Herausforderung“. Mit dem Preis ehrt die Schader-Stiftung Gesellschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die sich mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit herausragende Verdienste um die Gesellschaftswissen- schaften und um deren Dialog mit der Praxis erworben haben. Der Schader-Preis wird vom Senat der Schader-Stiftung verliehen. Für den Senat begründet dessen Sprecherin Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), die Entscheidung für den diesjährigen Preisträger: „Otfried Jarren ist ein herausragender Wissenschaftler und erfolgreicher Vermittler innerhalb seines Faches, aber auch zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen und der gesellschaftlichen Praxis“. Die Laudatio hielt Christian Geyer, Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 4 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
K O M M U N I K AT I O N S R AT F Ü R F A C E B O O K , G O O G L E & C O ? – D I E M AC H T D E R I N T E R M E D I Ä R E A L S W I S S E N S C H A F T- L I C H E W I E G E S E L L S C H A F T L I C H E H E RAUS FO R D E RU N G Das Her- wie Bereitstellungsprinzip der Massen- NEUE INTERMEDIÄRE ERMÖG- medien, Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, LICHEN KEINEN DISKURS … vom professionellen Journalismus geprägt, ver- Für die sich ausbildende Kommunikationsgesellschaft liert an gesamtgesellschaftlicher Relevanz. existieren noch keine allgemein akzeptierten Regeln wie Denn bezüglich Information und Kommunikation Normen und keine hinreichenden (verfassungs-) rechtlichen verfügen wir über gänzlich neue Medien Grundlagen. Normen und Regeln bedarf es aber, wenn die Intermediäre ihren Beitrag zur Entwicklung einer offenen mit anderen Auswahl- wie Bereitstellungsfor- Gesellschaft wie der liberalen, parlamentarischen Demo- men. Und diese Anbieter sind nicht zu den kratie leisten sollen. Die repräsentative Demokratie basiert Massenmedien hinzugetreten, Teil der traditi- auf der Existenz rechtlich legitimierter, grundsätzlich aner- kannter Institutionen und Verfahrensregeln. Diese, die poli- onellen Medienbranche mit ihren Normen tischen Institutionen, sollen und müssen die sachverständige geworden. und auf Kompromisserzeugung angelegte Parlamentsar- beit mit der kontroversen, öffentlichen Debatte verbinden. Wie soll das bei all den Mitteilungen und den schwarm- DER TRADIERTE MEDIENBEGRIFF artigen Effekten, die die Social Media auslösen, gelingen? I S T A B H A N D E N G E KO M M E N Selektion, Reduktion, Relevanz: Diese Leistungen erbrin- gen die journalistischen Massenmedien. Sie handeln im öf- Die Gesellschaft ist mit einem massiven sozio-technischen fentlichen Interesse. Sie wollen eine öffentliche Aufgabe Wandel konfrontiert, der neue Institutionen hervorbringt. wahrnehmen. Sie tun dies übrigens nicht allein, sondern im Digitale Revolution und Künstliche Intelligenz haben disrup- Zusammenwirken mit den anderen intermediären Orga- tive Folgen für die Massenmedien. Die neuen digitalen nisationen der Gesellschaft, so Parteien, Verbänden, NGOs. Medien, Suchmaschinen wie Plattformen, sind keine klassi- Die bisherigen Intermediäre repräsentieren unterschied- schen Medien. Mit ihrem Marktzutritt ist der tradierte liche Positionen der Gesellschaft, aber vermittels der Massen- Medienbegriff abhandengekommen. Statt von Medien spricht medien, die in der Mitte der Gesellschaft sind und die man neu von Intermediären. Bezeichnet werden damit so aufgrund ihres öffentlichen Auftrages vermitteln wie mitteln, unterschiedliche Dinge wie Suchmaschinen, Soziale Netz- werden den politisch-parlamentarischen Institutionen werke, App-Plattformen, User-Generated-Content-Platt- Themen zur Behandlung wie Entscheidung transparent zu- formen, (Micro-) Blogging-Plattformen, News-Aggregatoren geführt. Dies aber leisten die neuen Intermediäre nicht, oder Verkaufsplattformen. Damit sind, wenn wir auf Infor- weil sie nicht auswählen, also selektionieren, gewichten, also mation und Kommunikation fokussieren, jene Helfershelfer aggregieren, und weil sie keine eigentliche Diskussion, gemeint, die für die Beschaffung, Aggregation, Selektion, geschweige denn Diskurse, ermöglichen (können). Sie er- Präsentation, Weiterleitung oder Bewertung von Informatio- möglichen zahllose Mitteilungen, an wen auch immer nen wie Wissen benutzt werden. adressiert. Und sie wollen auch keinen öffentlichen Auftrag wahrnehmen. SCHADER-PREIS 2018 5
… UND REFLEKTIEREN SICH werden. Das ist in Deutschland mit dem Netzwerkdurchset- NICHT KRITISCH zungsgesetz geschehen. Das Gesetz vermag nicht zu über- zeugen, aber es ist wohl eine nötige symbolische Handlung, Die Massenmedien verlieren an Relevanz, Reichweite und die Verfassungsrechtstreitigkeiten auszulösen vermag. Das Bedeutung. Damit verliert der traditionelle Journalismus kann hilfreich sein. Doch der Blick allein auf einzelne Platt- an Anerkennung und an Legitimität für seine Auswahlprinzi- formformate oder einzelne Anbieter reicht nicht aus: Mit pien und -entscheidungen. Die Medien- wie Journalismus- den Intermediären insgesamt vollzieht sich ein Medien- und kritik, die Kritik an der vermeintlichen „Lügenpresse“ oder Öffentlichkeitswandel, der die normativen, institutionellen den „Systemmedien“, ist eben nicht nur eine Kritik an Grundlagen der liberalen Demokratie elementar tangiert. Inhalten: Hier wird die Legitimität einer Institution, die Selek- Intermediäre verändern Strukturen, die institutionelle tionsentscheidungen trifft und Relevanz definiert, grund- Architektur, wie Prozesse der gesellschaftlichen Kommunika- sätzlich in Frage zu stellen versucht. Die Nutzung von Social tion ablaufen, wie Öffentlichkeit, wie Öffentliche Meinung Media, gerade von populistischen Gruppen oder populis- entstehen, grundlegend. Regulierungsziele wie -formen müs- tisch agierenden Präsidenten, ist kein Zufall. Die Krise der sen im Kontext des gesamten Institutionensystems für die Massenmedien ist nicht allein eine Werbe- oder Finanzie- öffentliche Kommunikation betrachtet und gefunden werden. rungskrise. Es geht um die Kritik an Inhalten, an den pro- Dazu bedarf es einer (Leitbild-)Debatte. fessionellen Auswahlstandards wie Verfahrensweisen. Es handelt sich um eine Fundamentalkritik an einer der gesell- schaftlichen Beglaubigungsinstitutionen. Dabei wären die Massenmedien wie der Journalismus wichtig, um die Gesell- schaft über die neuen Intermediäre zu informieren, sie zu bewerten, sie zu kritisieren. Wer, wenn nicht die Massenme- dien, könnten dies wirksam – weil gesellschaftsweit – leisten? Die Intermediäre leisten diese Kritik nicht, sie blenden Kritik sogar aus. Sie reflektieren sich nicht kritisch, sie ermög- lichen keine Diskussion über sich selbst. M E D I E N WA N D E L TA N G I E R T G R U N D L AG E N D E R L I B E R A L E N D E M O K R AT I E Datenschutz, Shit Storms, Fake News, Hate Speech, Netiquette – Begriffe aus der laufenden Debatte um die Social Media-Plattformen. Es gibt also Fragen aus der Gesell- schaft, es gibt Kritik, es gibt ein Unwohlsein. Das ist eine Chance, weil aus diesen zahllosen Beiträgen etwas ent- stehen kann, was für die Institutionalisierung der Intermediäre und somit für die Gesellschaft wichtig ist: ein Diskurs über die neuen Institution. Debatten, Diskussionen wie Diskurse im Kontext der Institutionalisierung der Intermediäre sind notwendig, sie müssen aber ermöglicht werden. Denn nur so SCHADER-PREIS 2018: lassen sich Normen und Regeln entwickeln und durch- Jutta Allmendinger, Sprecherin des Senats der Schader-Stiftung, setzen. Paradox ist, dass die eben auf „Kommunikation“ wie Christine Schader, Preisträger „Community“ setzenden Social Media genau dies nicht Otfried Jarren, Alois M. Schader, leisten können oder wollen. Doch es gibt ein Einfallstor: Die Laudator Christian Geyer hinter den Intermediären stehenden privaten Unternehmen wollen dauerhaft und nachhaltig wirtschaftliche Erfolge haben. Sie können zum Dialog aufgefordert, ihnen kann Regulie- rung angedroht und es kann – selbstverständlich – reguliert 6 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
P R I VAT E A K T E U R E D E F I N I E R E N , gesellschaftlichen Impact, weil es sich bei den neuen Inter- STEUERN, LENKEN … SCHEINBAR mediären um Institutionen handelt (Makro-Ebene), und NICHT zwar um fundamentale Institutionen. Diese Konstitution basiert einerseits auf einer neuen Technologie und ande- Bezogen auf die gesellschaftliche Kommunikation heißt rerseits auf neuen Leitideen. Die neue Technologie setzt sich das: Private Akteure konstituieren und regeln Informati- rasch durch, inkludiert viele Gesellschaftsmitglieder als ons- und Kommunikationsmöglichkeiten wie -formen. Sie Nutzer oder User. Social Media sind sofort nutz- und leicht ermöglichen Meinungs- und Willensbildung, und sie wir- bedienbar, man muss sie nicht abonnieren, mit einem Klick ken direkt wie indirekt auf die Öffentliche Meinung ein, sie ist man dabei. Und die neuen Institutionen basieren – und gestalten Öffentlichkeit aus. Sie tun dies nicht wie Massen- das ist wesentlich für eine fundamentale Institution – auf medien, also bewusst und intentional mittels des Journalismus, neuen Leitideen beziehungsweise Leitbildern. Zusammen- sondern sie wirken „nur“ als neutrale Plattformen. Sie se- fassend kann man diese Leitidee mit „community“ oder hen sich nur als Ermöglicher. Sie wollen keine Medien sein. „social sharing“ bezeichnen. „Social Media“, das ist eine wun- Sie erscheinen meinungslos. Aber sie haben Einfluss und derbare Erfindung: Werbe- und Marketingbegriff wie auch Macht: Sie definieren Kommunikationsregeln, beeinflussen Leitidee in einem. Das kommt an, das wirkt. Meinungsbildung, steuern soziales Verhalten. Sie erzeugen zum einen direkte Wirkungen, so bei Nutzern wie Rezipienten (Mikro-Ebene): Vom Zugang zu bestimmten Inhalten bis I N T E R M E D I Ä R E A N A LY S I E R E N , hin zur Ermöglichung bestimmter Kommunikationsformen REGULIEREN – UND SIE EIN- wie „shit storm“ oder „hate speech“. Durch die Bünde- BEZIEHEN lung, Entbündelung oder Personalisierung von Informationen und deren Weiterleitung wie Bewertung schaffen sie Auf- Es bedarf also spezifischer Regulierungsbehörden, einer merksamkeit und lenken sie Publika wie Nutzerströme – zu begleitenden Technikfolgenabschätzung und einer inter- Werbe- oder Politikinhalten oder hinein in die Gruppe der disziplinären Grundlagenforschung. Dabei müssen neue For- Impfgegner. Sie lassen das durch ihre Nutzer einsammeln, men der Wissensgewinnung wie -vermittlung implemen- was die Massenmedien erstellt oder Einzelne selbst pro- tiert werden, und zwar im Sinne einer Gesellschaftsberatung. duziert und mit anderen geteilt im Netz bereitgestellt oder Vor allem aber bedarf es rasch zivilgesellschaftlicher Ak- hinterlassen haben. Sie lassen: Sie selbst agieren schein- teure, die gesellschaftsnah agieren, Probleme aufgreifen und bar nicht. Doch sie haben Einfluss auf individuelle wie kol- verarbeiten, Diskussionen ermöglichen, Interessen artiku- lektive Kommunikationsoptionen wie auf das allgemeine lieren wie aggregieren, Bildungsmaßnahmen realisieren. Es Sozialverhalten. bedarf der Durchsetzung von Formen der Co-Regulierung gegenüber den Intermediären bezüglich der AGBs, des Auf- Die Intermediäre als nützliche Helfer des Alltags beein- baus eines transparenten Beschwerde-, Ombuds- und Ju- flussen die individuelle wie kollektive Meinungsbildung zu- gendschutz- wie eines Qualitätssicherungssystems. Es bedarf dem auf indirekte Weise. Ganz trivial: sie kosten Zeit, die an überdies der systematischen, anbieterunabhängigen Be- anderer Stelle fehlt. Nicht trivial: sie ziehen Aufmerksam- reitstellung von Wissen über Intermediäre. Diese Aufgabe keit wie Nutzungszeit auf sich und reduzieren die Zuwen- könnte ein Kommunikationsrat übernehmen. Es bedarf dungschancen zu publizistischen Angeboten. Der Zugang der Analyse der institutionellen Architektur der liberalen De- zu Nachrichten wie deren Nutzung erfolgt mehr und mehr mokratie mit ihren Akteuren, ihren Normen wie Prozessen – über Plattformen wie Suchmaschinen. Deshalb wird die unter Einbezug der neuen Intermediäre. Und, natürlich, Produktion wie Bereitstellung eines publizistischen Gesamt- es gäbe noch mehr zu sagen und zu tun. Nur eines geht nicht: angebots zu einem riskanten Unterfangen. Informationen weiter zuwarten. wie Wissen werden in anderer Weise er- und verarbeitet und bereitgestellt. Produktion wie Rezeption – als fragmentierte AU S Z U G AU S D E M VO RT R AG Prozesse. D E S P R E I ST R ÄG E R S ; T E XT I N D E R U N G E K Ü R Z T E N FA S S U N G : Überdies lösen die Intermediäre strukturelle Veränderun- W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / gen aus: Sie haben Macht, indem sie die Kommunikation SCHADER-PREIS von Organisationen beeinflussen, die ihre Mitglieder oder Kunden erreichen müssen (Meso-Ebene). Und sie haben SCHADER-PREIS 2018 7
N AC H B E B E N . Z E H N J A H R E F I N A N Z- KRISE UND IHRE AU SW I R KU N G E N I N DEUTSCHLAND UND E U R O PA Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite diskutierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis die mittel- und langfristigen Folgen der Finanzkrise auf nationaler und europäischer Ebene mit dem Ziel, ein besseres Verständnis der vielseitigen Wirkungen aus polit-ökonomischer Sicht zu generieren. Veranstalter der Tagung vom 22. bis 24. Februar 2018 im Schader-Forum waren die Sektion „Politische Ökonomie“ der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) und die Schader-Stiftung. 8 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
KURZFRISTIGER SCHOCK S OZ I A L - , F I N A N Z - U N D S T E U E R - O D E R N AC H H A LT I G E POLITISCHE AUSWIRKUNGEN ERSCHÜTTERUNG? Zielsetzung der Tagung war ein besseres Verständnis die- 2018 jährt sich die Pleite der US-amerikanischen Invest- ser vielseitigen Dynamiken aus polit-ökonomischer Sicht. mentbank Lehman Brothers, die den Beginn der weltwei- Neben dem empirischen Interesse diente die Tagung der ten Finanzkrise einläutete, zum zehnten Mal. Während die Überprüfung und kritischen Diskussion etablierter theo- unmittelbaren Folgen der Finanzkrise in der Politik- und retischer Modelle. Die Auswahl der Beiträge spiegelte die Wirtschaftswissenschaft umfassend diskutiert worden sind, Vielfalt sozialwissenschaftlicher Forschung wider und er- widmete sich die Tagung den mittel- und langfristigen Aus- möglichte die gegenseitige inhaltliche Befruchtung der unter- wirkungen der Krise. Im Rahmen von Vorträgen, Plenardis- schiedlichen Perspektiven. Dabei wurden die Auswirkungen kussionen und Dialogcafés beleuchteten die fast 80 Teil- der Finanzkrise auf individuelle Einstellungen und Wahrneh- nehmenden aus Wissenschaft und Praxis den Themenkomplex mungen, die Entwicklungen auf nationalstaatlicher Ebene, aus verschiedenen Perspektiven. Um einen vertieften Aus- etwa bezogen auf politische oder gesellschaftliche Verände- tausch zu erreichen, wurden klassische Vortragspanels mit rungen oder Umbrüche, und auf europäischer Ebene dis- dialogorientierten Formaten kombiniert. kutiert. Weitere Fragen bezogen sich auf die Auswirkungen der Finanzkrise in einzelnen Politikfeldern, wie etwa der Gerade in Deutschland erscheint die Krise häufig als ein Sozialpolitik, der Finanzpolitik oder der Steuerpolitik. So ist kurzfristiger Schock, der am Großteil der Gesellschaft re- der Einfluss der Finanzkrise auf die Entwicklung der euro- lativ spurlos vorübergegangen ist. Zwar brach das Wirtschafts- päischen Sozialsysteme unbestritten, wird jedoch unterschied- wachstum in Folge der Finanzkrise wie in den meisten lich interpretiert. Industrieländern auch hier ein, allerdings erholte sich die Wirtschaft schnell und die Situation auf dem Arbeitsmarkt Ein Diskussionspunkt war, inwieweit die Krise selbst als entwickelte sich positiv. In vielen anderen europäischen Län- Grund oder nur als Legitimation für langfristig geplante dern bewirkte die über mehrere Jahre stark ansteigende grundlegende Restrukturierungen im Sozialstaat interpretiert Arbeitslosigkeit anhaltende negative soziale Veränderungen. werden kann. Gleichermaßen thematisiert wurden die ge- So hat die generell steigende Ungleichheit in der OECD sellschaftlichen Folgen sozialstaatlicher Reformen. Die durch seit 2008 nochmals deutlich zugenommen und – im Gegen- die Finanzkrise ausgelöste Staatsschuldenkrise und die satz zum Wirtschaftswachstum und zur Arbeitslosigkeit – durch automatische Stabilisatoren ausgelösten Sozialausga- ist keine Umkehrung dieses Trends in Sicht. Diese wirtschaft- bensteigungen erzeugten Druck auf die Regierungen, neue lichen und gesellschaftlichen Entwicklungen resultierten Steuern einzuführen und existierende anzuheben. Während in vielen Ländern in einer nachhaltigen Erschütterung poli- frühere Forschung hauptsächlich den Anstieg indirekter tischer Verhältnisse. Dies betrifft etwa das Aufstreben neuer Steuern beobachtete, gibt es Anzeichen, dass die Finanzkrise politischer Koalitionen wie auch tiefgreifende Reformen in progressive direkte Steuern stärker gemacht und auch die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie Veränderungen im internationale Kooperation gegen die Unternehmenssteuer- institutionellen Gefüge der Eurozone. vermeidung internationaler Konzerne vorangetrieben hat. N AC H B E B E N F I N A N Z K R I S E 9
V E R Ä N D E R U N G VO N STRUKTUREN Neben den eher politikfeldspezifischen Auswirkungen der Finanzkrise sind zehn Jahre danach weitreichende Impli- kationen auch auf institutioneller Ebene zu beobachten. Die intensive Austeritätspolitik führte insbesondere auf euro- päischer Ebene zu Veränderungen in Kompetenz- und Ent- scheidungsstrukturen. Bezogen auf die nationalstaatliche Ebene wurden Herausforderungen im Hinblick auf die na- tionale Handlungsfähigkeit sowie veränderte Steuerungs- optionen besprochen. Ausgehend von der These, dass die Finanzkrise bestehende Machtverhältnisse zumindest kurz- fristig erschüttert hat, widmete sich ein weiterer thematischer Block der übergeordneten Fragestellung, inwieweit sich nachhaltige Veränderungen in Akteurskonstellationen abzeich- nen. Aktuelle empirische Befunde sind widersprüchlich: So sind zwar in einigen Feldern neue Netzwerkstrukturen zu beobachten, gleichzeitig scheint es starke Beharrungsten- denzen zu geben. H E T E R O G E N E N AT I O N A L E REAKTIONEN Abschließend wurden Thesen zu spezifischen Formen des L A U R A S E E L KO P F Krisenmanagements diskutiert, die sich in Folge der Finanz- P H . D. ist Politikwissenschaftlerin krise entwickelten. Die Beiträge analysierten die Dynami- und Jean-Monnet-Fellow ken, die sich in diesem Kontext entfalten und die konkreten am European University politischen Auswirkungen, primär bezogen auf die Austeri- Institute, Florenz, sowie Sprecherin der Sektion tätspolitik. Sie spiegelten die große Heterogenität in den ver- Politische Ökonomie der schiedenen nationalen Reaktionen auf die gleiche interna- DVPW. tionale Krise wider. Die im Rahmen der Tagung diskutierten Aspekte brachten die Vielfalt der bereits zu beobachtenden Wirkungen der Finanzkrise zum Ausdruck und verdeutlichten den Bedarf, insbesondere die langfristigen Folgen in den Fokus zukünftiger polit-ökonomischer Forschung zu stellen. W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N : W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / FINANZKRISE DR. COLETTE VO G E L E R ist Wissenschaftliche Mit- arbeiterin am Lehrstuhl für Vergleichende Regie- rungslehre und Politikfeld- analyse der Technischen Universität Braunschweig und Sprecherin der Sek- tion Politische Ökonomie der DVPW. 10 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
WISSENSTRANSFER IM WECHSELSPIEL VO N W I S S E N S C H A F T UND PRAXIS – S:NE IM PORTRAIT Mit dem Projekt „Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung (s:ne)“ gestaltet die Hochschule Darmstadt den Wissenstransfer als Lernprozess in der Region. Im Mittelpunkt steht die Vernet- zung der regionalen Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Ziel, etablierte Denkstrukturen zu durchbrechen und wechselseitige Lernprozesse zugunsten einer nach- haltigen Entwicklung zu initiieren. Die Schader-Stiftung unterstützt diese Prozesse durch die Schaf- fung von Frei-, Denk- und Begegnungsräumen – für den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis. PROJEKT S:NE 11
Zentrales Element des Projekts s:ne ist ein transforma- Der damit verbundene Austausch von Ideen und Gedan- tiver und transdisziplinärer Ansatz in Wissenschaft und ken auf Augenhöhe für ein gemeinsames Weiter-Denken Forschung. Ausgehend von realen Problemen und unter Ein- wird in s:ne als Schlüsselmoment und Beitrag für die Lösung bezug der Zivilgesellschaft sollen gesellschaftliche Verände- der großen gesellschaftlichen Herausforderungen gesehen. rungsprozesse mithilfe von technologischen und sozialen Innovationen angestoßen werden. Diese „Systeminnovationen“ Durch die Schaffung von Frei-, Denk- und Begegnungs- haben zum Ziel, Impulse für eine Nachhaltige Entwick- räumen unterstützt die Schader-Stiftung die beteiligten lung in der Region zu setzen. Akteure dabei, sich von etablierten und gewohnten Denk- mustern zu befreien und sich auf neue Wege und Problem- Dabei orientiert sich s:ne an den 17 Zielen für Nachhal- lösungen einzulassen. Sie übernimmt so eine wichtige Quer- tige Entwicklung, den Sustainable Development Goals schnittsfunktion auf der Innovations- und Transferplatt- (SDGs), die von den Vereinten Nationen 2015 verabschiedet form (ITP), dem strukturbildenden Herzstück des Projekts. wurden und die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Sie be- tonen die Notwendigkeit von Veränderungsprozessen, um der D I E S TA D T A L S R E A L E R Verantwortung der Menschen für den Planeten gerecht zu EXPERIMENTIERRAUM werden. BEDEUTUNG DER GESELL- SCHAFTSWISSENSCHAFTEN B E I S Y S T E M I N N OVAT I O N E N Die Technik- und Ingenieurwissenschaften bieten bereits eine Fülle an technologischen Lösungsmöglichkeiten in den Bereichen Energieeffizienz, Klimaschutz und Mobilität. Für gelingende Veränderungsprozesse und eine Nachhal- tige Entwicklung wird jedoch zusätzliches Wissen benötigt: etwa über die Handlungsmotive der relevanten Akteure, über institutionelle oder umweltbedingte Rahmenbedingungen oder auch über Wechselwirkungen und Zielkonflikte, die mit einer Innovation einhergehen. Dieses Wissen vermögen die Gesellschaftswissenschaften im Rahmen von Systeminnova- tionen und den mit ihnen intendierten Veränderungspro- zessen bereitzustellen. D I A LO G Z W I S C H E N W I S S E N - Die Vernetzung der regionalen Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft soll in s:ne wech- SCHAFT UND PRAXIS – DIE selseitige Lernprozesse initiieren und wird in verschiedenen ROLLE DER SCHADER-STIFTUNG Teilvorhaben des Projekts angegangen. Dabei dient Darm- IN S:NE stadt als realer Experimentierraum für die Erprobung neuer Ideen. Im Teilvorhaben „Zukunftsorientierte Stadtentwick- In dem transdisziplinären Ansatz von s:ne erfolgt eine lung“ liegt der Fokus auf den Handlungsfeldern Gebäude, Integration von Wissen aus unterschiedlichen Disziplinen Mobilität, Konsum und Energienetze. mit Akteurswissen. Dafür treten Wissenschaftler und Wissen- schaftlerinnen mit Praxisakteuren in den Dialog, um im Im Teilvorhaben „Digitale Stadt“ sollen zudem der Nut- Wechselspiel und in iterativen Lernprozessen neue Problem- zen und die Nutzbarkeit digitaler Technologien für eine lösungen für eine Nachhaltige Entwicklung der Region zu Nachhaltige Entwicklung der Wissenschaftsstadt in den Blick entwickeln. genommen werden. Damit wird die vornehmlich techno- logische und gesellschaftliche Perspektive des Bitkom-Wett- 12 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
bewerbs „Digitale Stadt“, den Darmstadt im Sommer 2017 Die Beteiligung der Zivilgesellschaft wird über ein Bürger- für sich entscheiden konnte, um ökologische Aspekte er- panel sichergestellt, das die innovativen Ideen aus den Teil- gänzt. In einer Reihe von Salongesprächen zu den Heraus- vorhaben des Projekts aufgreift und über Befragungen zur forderungen einer nachhaltigen Mobilität in Darmstadt Diskussion stellt. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen soll ab Herbst 2018 der Blick auf konkrete Problemstellungen in die Weiterentwicklung der innovativen Ideen ein. Damit und jeweils relevante Hemmnisse geöffnet werden. Ver- wird es Bürgerinnen und Bürgern möglich, aktiv an der treter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutieren ge- Gestaltung der Nachhaltigen Entwicklung ihrer Region mit- meinsam mit den Wissenschaftlern der Hochschule Darm- zuwirken. stadt in offener und konstruktiver Atmosphäre ausgewählte W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N : Fallbeispiele. W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / SNE Die Wissenschaftsstadt Darmstadt als Versuchsfeld für Systeminnovationen wird im Rahmen des Teilvorhabens „Herausforderungen entlang der Lieferkette“ verlassen. Hier Das Projekt wird im Rahmen des Bund-Länder- werden die Potenziale für nachhaltige Produktions- und Programms „Innovative Hochschule“ gefördert von: Konsumweisen am Beispiel der globalen Lieferkette von Le- derwaren betrachtet. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Chemikalien, die in der Produktion und Pflege von Leder eingesetzt werden. Die ländlichen Bereiche der Region Darmstadt-Dieburg sowie deren Anbindung an den urbanen Raum sollen schließ- Gemeinsame lich im Teilvorhaben „Energie und Mobilität im ländlichen Wissenschaftskonferenz Raum“ zum „Laboratorium“ für innovative Ideen werden. GWK Dieses Vorhaben startet 2020. D I E I N N OVAT I V E H O C H S C H U L E U N D I H R E PA R T N E R Neben der Schader-Stiftung sind das Institut Wohnen und Umwelt (IWU), das Institut für sozial-ökologische For- schung (ISOE), das Öko-Institut e.V., die Software AG und die Unternehmens- und Organisationsberatung e-hoch-3 in das Projekt der „Innovativen Hochschule“ Darmstadt ein- gebunden. Gemeinsam unterstützen sie die Hochschule SASKIA KAREN Darmstadt in den kommenden fünf Jahren bei der Erarbei- FLEGLER LEHMANN ist Politikwissenschaftlerin ist Politikwissenschaftlerin tung innovativer Geschäftsmodelle für eine Nachhaltige und Wissenschaftliche und Wissenschaftliche Entwicklung der Region. Referentin der Schader- Mitarbeiterin der Schader- Stiftung. Stiftung. Ein Projekt von DR. FRANZISKA h_da HOCHSCHULE DARMSTADT R I S C H KO W S K Y UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES ist Volkswirtin und Wis- .... . .. . ......... ... . . . ......... .... .. . ........ ..... ... ......... ..... . .. ........ ........ . . ........ ...... .. . ......... s:ne .. . .... .. ....... ...... . .. ......... senschaftliche Referentin ...... .. . ......... ... . .......... .... .. ... ........ . ... . .......... .. . . . . .. ....... ..... . ........ SYSTEMINNOVATION FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG der Schader-Stiftung. PROJEKT S:NE 13
N A R R AT I O N E N D E R N A C H H A LT I G K E I T Wie lässt sich die sozialökologische Transforma- tion, also der Versuch, Wirtschaft und Gesell- schaft im Sinne einer größeren Nachhaltigkeit umzugestalten, neu erzählen? Mit dieser Fra- ge befasste sich die Fachtagung „Narrationen der Nachhaltigkeit“, die am 30. und 31. Januar 2018 im Schader-Forum in Darmstadt stattfand. Die Teilnehmenden erlebten eine Veranstaltung mit viel zu berichten lohnt? Bei solchen Anlässen erhöht sich die Input, großem Gesprächsbedarf und lebendigem Austausch Frequenz der Meldungen in den Medien. Weitere Auslöser über Probleme, Perspektiven und mögliche Lösungsansätze sind, so Bernhard Pötter von der Tageszeitung taz, etwa im Klima- und Umweltjournalismus. Die Tagung, eine Ko- neue wissenschaftliche Studien oder die jüngsten Tweets von operation der Schader-Stiftung mit dem Institut für Kom- US-Präsident Trump. munikation und Medien der Hochschule Darmstadt, dem Partnernetzwerk Medien, der Leuphana Universität Lüne- Noch abstrakter als der Klimawandel, stellt Pötter weiter burg und dem KMGNE Kolleg für Management und Ge- fest, sind Konferenzen über den Klimawandel. Nur weil staltung nachhaltiger Entwicklung, wurde gefördert durch eine Materie abstrakt ist, dürfen Journalisten aber nicht auf- die Entega NATURpur Institut gGmbH. hören, über Sachverhalte zu berichten, denen sie große Be- deutung beimessen. Dann besteht die Aufgabe darin, Altes Das Thema Nachhaltigkeit geht alle etwas an, erreicht aber neu zu erzählen und so auch zum tausendsten Mal den noch zu wenige. Komplexe Zusammenhänge und verschie- Plastikstrudel und den Verpackungswahn zu thematisieren, dene wissenschaftliche Ansätze machen die Inhalte oft sperrig. wenn deren Bedeutung valide ist. Die Fachtagung „Narrationen der Nachhaltigkeit“ stellt die Frage, inwieweit gut erzählte Geschichten zum Thema Für den Nachhaltigkeitswissenschaftler bietet sich aus Nachhaltigkeit zu mehr Aufmerksamkeit führen können. diesem Grund eine andere Herangehensweise an: der er- Nachhaltigkeit muss dabei nicht immer im Titel stehen, ist zählerische Blick auf die Probleme aus der Perspektive einer sie ohnehin Bestandteil vieler Bereiche des täglichen Han- konkreten Person. Eine Geschichte transportiert viel mehr. delns. Kontextualisierung nennt das Torsten Schäfer, Profes- Sie führt zu einer intensiveren Auseinandersetzung als die sor für Journalismus an der Hochschule Darmstadt. bloße Wiedergabe von Fakten oder Belehrung. Ein weiteres Thema ist die Ereignisfixierung der Bericht- Mit dem Semesterprojekt „Klimageschichten“ versuchen erstattung. Muss zuerst etwas passieren, ein Wirbelsturm, Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Medien eine Überflutung oder eine Klimakonferenz, damit es sich der Hochschule Darmstadt, das Thema Nachhaltigkeit er- 14 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
zählerisch aufzugreifen. So berichtet Olivia Heider beispiels- Gute Geschichten über Klima und Nachhaltigkeit schrei- weise in ihrer Klimageschichte, wie sie ihren eigenen, stetig ben, dies versuchen Journalistinnen und Journalisten schon wachsenden Müllberg tagtäglich mit sich herumträgt. Damit länger. Und es gibt Erfolgsformate. Jana und Jens Steingässer bricht sie das große Ganze auf die einzelne Konsumentin, präsentieren ihre große Reportage „Auf den Spuren des die persönliche Ebene, herunter – multimedial, um auch neue Klimawandels“, für die sie gemeinsam mit ihren Kindern die Erzählformen auszuprobieren. Welt bereist hatten. Das Finanzierungsproblem lösten sie mithilfe eines Sponsors, dem sie im Gegenzug Fotos zur Ver- Diese Form der Informationsvermittlung ist nicht neu. fügung stellten. Das regt zum Nachdenken an, ob hierin Storytelling wird in verschiedenen Bereichen intensiv dis- ein neuer Weg der Vermittlung liegen kann. kutiert und genutzt. Die Fachtagung zielt darauf, die Metho- de Storytelling systematisch mit Fragen der Nachhaltig- Fakten, Richtigstellungen und Studien, die die Stories keitskommunikation zu verknüpfen. Beispielsweise werden untermauern, finden sich auf Klimafakten.de. Chefredakteur wissenschaftliche Befunde zur Frage diskutiert, welche Carel Mohn stellt das Portal auf der Tagung vor und unter- Wirkung das Geschichten-Erzählen tatsächlich hat. streicht, wie wichtig Ehrlichkeit in der Berichterstattung ist, gerade bei vermeintlich guten Taten, die aber ohne spürbaren Warum ist Storytelling für die Kommunikation von Nach- Effekt bleiben. Heuchelei hält er für einen der schlimmsten haltigkeit so geeignet? Ökonomie, Ökologie und Soziales Vorwürfe in der Umweltdebatte. Da gilt es dranzubleiben sind abstrakte Themen. So behandelt zum Beispiel Ökologie und eine Stimme zu entwickeln, fordert Mohn abschließend. abstrakte Gegenstände wie etwa Klima, Atmosphäre, Arten, Lebensräume, Ressourcen in Form von Wasser oder Boden- W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N : schätzen. Dies ist für Leser schwierig zu verstehen, zu ler- W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / nen und in Handeln umzusetzen. Formulieren Journalisten N A R R AT I O N E N und Journalistinnen dagegen konkret mit Hilfe von Bildern, Bedeutungen und Zusammenhängen, wirkt sich das positiv auf Verständnis und Aufnahmefähigkeit der Adressaten aus. Storytelling vermittelt Aspekte der Nachhaltigkeit unter Be- zugnahme auf Individuen und deren Handeln an bestimm- ten Orten zu bestimmten Zeiten. Es zeigt auf, was vor Schaden bewahrt oder dazu beiträgt, das Wohlbefinden zu steigern. In der Konsequenz heißt das, Kommunikation über Nach- haltigkeit immer auch anhand von realen Orten, Menschen und Handlungen zu gestalten. Storytelling erweist sich im Verlauf der Tagung als einer der zentralen Begriffe – ganz im Sinne der Themenstellung „Narrationen der Nachhaltigkeit“. Prof. Dr. Carlo Sommer, Studiengang Onlinekommunikation an der Hochschule Darmstadt, erklärt in seinem Vortrag psychologische Aspekte von Storytelling. Die Rezipienten müssen sich mit Ge- schichten identifizieren können, so der Professor für Kom- munikationspsychologie. Ob Storytelling auch langfristig P E T E R LO N I TZ ist Soziologe und Wissen- überzeugen kann, diese Frage bleibt offen. schaftlicher Referent der Schader-Stiftung. Dr. Henriette Heidbrink lehrt Onlinejournalismus an der Hochschule Darmstadt. Sie wirft die Frage auf, was denn sei, wenn „die Bösen“ die besseren Geschichten haben. Denn Storytelling beschreibt zunächst einmal nur eine Methode. In der Konsequenz genügt es nicht zu bedenken, was eine gute Story ausmacht. Vielmehr ist diese – unter dem Ge- sichtspunkt der Nachhaltigkeit – mit dem richtigen Thema umzusetzen. N A R R AT I O N E N 15
WIRTSCHAFTSFÖRDE- R U N G 4 .0 – KO O P E R AT I V E W I R T- SCHAFTSFORMEN UND KO M M U N A L E W I R T- SCHAFTSFÖRDERUNG Passen alternative Wirtschaftsformen und kom- Kommunale Wirtschaftsförderung dient der Stärkung der Wirtschaftskraft und der Sicherung von Arbeitsplätzen vor munale Wirtschaftsförderung zusammen? Ort. Sie sorgt für gute Rahmenbedingungen des lokalen Ein- Gibt es zwischen ihnen Kommunikationswege? zelhandels, versucht neue Unternehmen zu einer Ansied- Oder sind die Welten, in denen die jeweiligen lung zu bewegen, fördert Existenzgründungen und anderes mehr. Letztlich geht es um Steigerung von Gewinn, Wett- Akteure leben, zu verschieden? Die gemeinsam bewerbsfähigkeit und Innovationskraft. mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie durchgeführte Tagung erörterte diese Parallel hierzu entwickeln sich zunehmend kooperative Wirtschaftsinitiativen, deren Ziel nicht in der Gewinnmaxi- Fragen am 19. März 2018 im Schader-Forum. mierung liegt, sondern in einem guten, gemeinwohlverträgli- 16 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
chen Wirtschaften. Sie basieren auf dem Teilen von Ressour- Intensive Gespräche ermöglichten die Workshops wäh- cen, Produkten oder Räumen, der Förderung von Koope- rend der Tagung, um Chancen einer Zusammenarbeit ration, Eigeninitiative und Selbsthilfe sowie der Bindung von zwischen kommunaler Wirtschaftsförderung und Initiativen Warenverkehr und Dienstleistungen an die Region. zu ergründen. E I N N E U E R A N S AT Z Abgerundet wurde die Tagung durch eine Podiumsdis- kussion mit der damaligen Bundeswirtschaftsministerin KO M M U N A L E R W I R T S C H A F T S - Brigitte Zypries, die die Innovationskraft der Initiativen nut- FÖRDERUNG zen will, Michael Kolmer, der in Darmstadt für die kom- munale Wirtschaftsförderung zuständig ist und für seinen Eine Wirtschaftsförderung, die abzielt auf die systema- vorbildlichen Einsatz gelobt wurde, und Prof. Dr. Uwe tische Förderung kooperativer Wirtschaftsformen, wäre ein Schneidewind vom Wuppertal Institut, der mahnte, dass wir neues kommunales Aktivitätsfeld. angesichts der Folgen des Klimawandels und Ressourcen- verbrauchs zu nachhaltigem Wirtschaften gezwungen sind. In seinem Einführungsvortrag betont der Initiator der Ta- gung, Dr. Michael Kopatz vom Wuppertal Institut für Klima, W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N : Umwelt, Energie, dass Wirtschaft nicht unbedingt mit Geld W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / verbunden sein muss, auch nicht mit Konkurrenz. Zu fra- W I RTS C H A F TS FO E R D E RU N G _ 4 .0 gen ist, wie Initiativen, die sich um eine kooperative, nachhal- tige Wirtschaftsweise bemühen, überhaupt in den Blick- winkel der Wirtschaftsförderaktivitäten von Kommunen gelangen. Dies zu erreichen, war eines der Ziele der Tagung. Und so begann schon im Vorfeld der Tagung ein spannen- der Prozess. Denn es galt, neben interessierten Fachleuten aus der Wissenschaft, zwei Gruppen einzuladen: zum einen Wirtschaftsförderer, die in großen oder kleinen Städten oder Landkreisen aktiv sind, zum anderen Vertreterinnen und Vertreter von Initiativen wie Tauschläden, Repair-Cafés, Regionalgeld, Solidarischer Landwirtschaft, Energiegenossen- schaften und vielem mehr. Sozusagen handverlesen wurden die entsprechenden Personen angefragt. Zur Überraschung der Veranstalter war es nicht schwierig, viele Interessierte aus dem Bereich der kommunalen Wirtschaftsförderung als DR. KIRSTEN Teilnehmende zu gewinnen. Somit war eine Erkenntnis MENSCH schon vor der Tagung gegeben: In der kommunalen Wirt- ist Politikwissenschaftlerin und Wissenschaftliche schaftsförderung besteht durchaus Interesse an einer Zu- Referentin der Schader- sammenarbeit mit innovativen Wirtschaftsformen. Stiftung. KO O P E R AT I V E S N AC H H A L - TIGES WIRTSCHAFTEN Norbert Rost vom Büro für postfossile Regionalentwick- lung in Dresden zeigte mit dem Regionalgeld ein Beispiel kooperativer Wirtschaftsformen, die explizit die Region stüt- zen, auf. Im Anschluss daran führte Prof. Dr. Gisela Kubon- Gilke die Teilnehmenden in die Welt der ökonomischen Denker und wies nach, dass sich kooperative Ansätze des Wirtschaftens nicht per se im Widerspruch zu auch libera- len ökonomischen Denkansätzen befinden. WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG 17
I N F O R M AT I O N schader-stiftung.de P R OJ E KT E 2018 Die Schader-Stiftung fördert seit 7. I N T E R N AT I O N A L E WA L D K U N S T- 30 Jahren die Gesellschaftswissen- KO N F E R E N Z „ K U N S T, Ö KO L O G I E schaften. Ihr Anliegen ist es dabei, U N D E C OV E N T I O N “ den Praxisbezug der Gesellschafts- wissenschaften und deren Dialog 10. August 2018 mit der Praxis zu stärken. Zu diesem Seit 2006 wird der Internationale Waldkunstpfad von einer Zweck stellt die Schader-Stiftung wissenschaftlichen Konferenz begleitet, die die künstleri- das Schader-Forum in Darmstadt zur schen Arbeiten in einen erweiterten Kontext stellt. Die Konferenz war eine Kooperation mit dem Verein für Interna- Verfügung. tionale Waldkunst e.V. in Darmstadt und wurde von der ENTEGA NATURpur Institut gGmbH gefördert. Schwerpunkte der Förderung setzen Auf der eintägigen Konferenz konnten nationale sowie jeweils die Themen des Großen Kon- internationale Kunstschaffende und interessierte Personen vents der Schader-Stiftung: „Definiere die Fragen von Kunst, Ökologie und Ecovention an Beispielen Deutschland!“ im Jahr 2017 und „Mehr der Waldkunst diskutieren. Impulsvorträge mit dem Fokus auf „Kunst und Natur“ und „Kunst, Ökologie und Ecoven- … wagen. ’68, ’18 und die politisierte tion“ eröffneten die diesjährige Konferenz. Im Anschluss Gesellschaft“ als Konventsthema 2018. bot eine Postersession die Gelegenheit, sich mit den Künst- Hierzu sind Anregungen und An- lerinnen über die neu entstandenen künstlerischen Arbei- ten auszutauschen. In Dialog-Cafés wurden die Fragestel- träge besonders willkommen. lungen von je einem Künstler und einer Expertin aus dem Wissenschaftsbereich in kleinen Gruppen vertieft. Ausführliche Dokumentationen Die insgesamt siebte Auflage einer wissenschaftlichen Be- der hier in Auswahl vorgestellten Ver- gleitkonferenz des Internationalen Waldkunstpfads fand anstaltungen finden sich unter bereits zum dritten Mal im Schader-Forum statt. Damit zeigt www.schader-stiftung.de sich die Verstetigung dieses Formats. Die Waldkunst-Kon- ferenzen bieten einen deutlichen Gewinn für die Kooperati- onspartner, auf der einen Seite im Zugewinn von Expertise und Sichtbarkeit, aus Perspektive der Stiftung in der weiteren Erschließung kultureller Themenfelder und der Öffnung hin zur Stadtgesellschaft. W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / 7 - WA L D K U N S T- KO N F E R E N Z 18 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
L E A D E R S H I P AC A D E M Y die Praxis sowie verantwortliche Forschung und Praxis. Im DER GERMAN SCHOLARS Gespräch wurde deutlich, welche Relevanz der Dialog- fähigkeit zukommt und welch wertvolle „Übersetzungsarbeit“ O R G A N I Z AT I O N die Stiftung an dieser Stelle leistet. Eine erweiterte Publi- kation, die zum 30. Gründungstag der Stiftung im November 27. Februar bis 3. März 2018 2018 erscheinen soll, wird den Verlauf der Tagung nach- zeichnen. Die Vorbereitung des Symposiums lag beim Vor- Die Leadership Academy richtet sich an exzellente sitzenden des Vorstands, Alexander Gemeinhardt, dem deutschsprachige Early- und Mid-Career-Wissenschaftlerin- Sprecher des Kleinen Konvents, Prof. Dr. Klaus-Dieter nen und -Wissenschaftler an Universitäten und anderen Altmeppen, und Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger Ph.D., Forschungseinrichtungen im Ausland, die eine Rückkehr Sprecherin des Senats der Schader-Stiftung. nach Deutschland anstreben. Die Academy ist so konzi- piert, dass sie Karrierewege sowohl innerhalb als auch außer- W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / halb der Wissenschaft aufzeigt und ebnet. Damit erfüllt P R A X I S D E R G E S E L L S C H A F T SW I S S E N - sie eine wichtige Orientierungs- und Navigationsfunktion. SCHAFTEN In ihrer fünftägigen Präsenzphase in Darmstadt hatten die insgesamt 25 Teilnehmenden die Möglichkeit, im Rah- S OZ I A L E R Z U S A M M E N H A LT I N D E R men von Besuchen bei Forschungseinrichtungen und Unter- S TA D T: WA S K A N N I N T E G R I E R E N D E nehmen verschiedene Karrierewege kennenzulernen. In Gesprächen unter anderem mit Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsi- S TA D T E N T W I C K L U N G L E I S T E N ? dentin der Goethe-Universität Frankfurt am Main, einem Gründer, einer Wissenschaftsjournalistin und Gästen aus dem 20. April 2018 Wissenschaftsmanagement konnten die Fellows intensive Einblicke in die derzeitige Situation für Wissenschaftlerinnen Für die persönlichen Lebenschancen spielt es eine große und Wissenschaftler in Deutschland erhalten und ihr Netz- Rolle, in welcher Region und welchem Teil der Stadt man werk ausbauen. aufwächst, wohnt und Zeit verbringt. Die Forschung zur Inte- grierenden Stadtentwicklung trägt zur Entwicklung sozial- W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / räumlich differenzierender Handlungsstrategien einer integra- GSOLA18 tiven Stadtpolitik bei. DIE PRAXIS DER GESELLSCHAFTS- WISSENSCHAFTEN 16. Juli 2018 Aus Anlass des 90. Geburtstags des Stifters Alois M. Schader griff das Symposium „Die Praxis der Gesellschafts- wissenschaften“ ein grundsätzliches Desiderat der Schader- Stiftung auf und führte es im Gespräch zwischen ausgewiese- nen Expertinnen und Experten im Horizont der Stiftung aus. Das Symposium „Die Praxis der Gesellschaftswissen- schaften“ setzte sich mit der Grundfrage des Stiftungszwecks Gemeinsam mit dem Netzwerk Stadtforschung Hessen auseinander. Dabei kamen viele der Stiftung verbundene und dem Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterent- Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie auch der aka- wicklung, Düsseldorf, organisierte die Schader-Stiftung am demische Nachwuchs zu Wort und diskutierten gemeinsam 20. April 2018 einen Workshop, in dem integrierende Pro- über öffentliche Wissenschaft, akademische Ausbildung für jekte aus der Stadtforschung mit zahlreichen Fachleuten für PROJEKTE 2018 19
das Themengebiet „Integration“ diskutiert wurden. Im Mit- Nutzer zu erhöhen und unkomplizierte Wege proaktiver telpunkt des Workshops im Rahmen des Projekts Integra- Lebensgestaltung aufzeigen. Wie ist dabei die Gefahr neuer tionspotenziale in Gesellschaftswissenschaften und Praxis des Abhängigkeiten von letztlich unverstandenen Hintergrund- Landesprogramms WIR des Hessischen Ministeriums für prozessen in den Griff zu bekommen, die bereits durch simple Soziales und Integration standen neue Formen einer partizi- Fehlfunktionen etwas Anderes liefern können als die er- pativen Stadtgestaltung und die sozialen und räumlichen wünschte numerische Auskunft über den eigenen Gesund- Bedingungen für eine gelingende Integration von Zugewan- heitszustand? derten. Neben der sozialen Zusammensetzung der Bewoh- nerschaft entfalten auch spezifische Infrastrukturen eine inte- Inwieweit gereichen die Techniken der Selbstvermessung grationsfördernde Wirkung. Sie sollten Gelegenheit zur dem Wohl der Nutzer, der unbeteiligten, aber mitvermes- niedrigschwelligen Begegnung und Anlässe für gemeinsames senen Dritten wie Freunde, Verwandte oder Pflegepersonal, Handeln bieten. bis hin zu Nicht-Nutzern? Alle diese Gruppen sehen sich neuen Angeboten von Krankenkassentarifen sowie invasiver Um eine große Zahl von Menschen mit unterschiedlich- Alltags- und Medizintechnik gegenüber. Unter welchen sten sozio-kulturellen Hintergründen und rechtlichem Bedingungen lassen sich Gesundheit, soziale Teilhabe, Selbst- Status zu integrieren, soll ihnen der Zugang zu Sprache, bestimmung und Technikkompetenz realisieren, ohne dabei Bildung und Beschäftigung ermöglicht werden. Zugleich neue Ungleichheiten zu generieren oder Personengruppen braucht es Konzepte und Methoden der Integration in die von der Teilhabe auszuschließen? jeweiligen Stadtgesellschaften. Die lokalen Ausgangslagen sind höchst unterschiedlich: Es differieren die individuellen Das Symposium wurde in Kooperation mit der Hoch- Integrationsverläufe in städtischen und ländlichen Räu- schule Furtwangen (Projekt VALID) durchgeführt. men, die Situation auf den Wohnungsmärkten oder die Lage im Bereich der niedrigqualifizierten Beschäftigungen. Kon- W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / kurrenzen zwischen neu hinzukommenden und alteingeses- SELBSTVERMESSUNG senen Gruppen dominieren mehr und mehr das Stadtklima. W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / MAUERN DURCHBRECHEN UND S OZ I A L E R Z U S A M M E N H A LT Z U S A M M E N A R B E I T S TÄ R K E N – K N O W L E D G E S H A R I N G I N L AT E I N - SELBSTVERMESSUNG ZWISCHEN A M E R I K A U N D WA S E U R O PA E M P OW E R M E N T U N D N EU E N LERNEN KANN BARRIEREN 18. Juni 2018 17. und 18. April 2018 Im Rahmen des vierten European Lounge Talk, der von Digitale Selbstvermessungsanwendungen, vom Fitness- der Schader-Stiftung in Kooperation mit dem Jean Monnet Tracker bis zum Blutzuckermessgerät, erfreuen sich zu- Centre of Excellence „EU in Global Dialogue“ (CEDI) am nehmender Beliebtheit. Die innovativen Einsatzmöglichkeiten 18. Juni 2018 im Schader-Forum in Darmstadt veranstaltet von Selbstvermessungsanwendungen führen zu neuen Fra- wurde, erörterten Prof. Dr. Michèle Knodt, CEDI Director gestellungen, die nur im Dialog zwischen interdisziplinärer und Professorin an der Technischen Universität Darmstadt, Wissenschaft und der Praxis des Gesundheitswesens und Annette Bähring und Dr. Ulrich Müller von der Deutschen der Gesundheitspolitik geklärt werden können. Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Zirahuén Villamar von der Freien Universität Berlin und Citlali Selbstvermessungstechniken führen zu einem veränderten Ayala-Martínez, Forschungsprofessorin am Instituto Mora Verhältnis von (Gesundheits-)Technik und Körperlichkeit. in Mexiko, wie Knowledge-Sharing hilft, Wissen neu und ef- Wie ändert sich dabei das Bild des „gesunden Menschen“? fektiver zu vermitteln und neue Ansätze für Wirtschaft, Leichtverständliche Rückmeldungen über Gesundheits- Politik und Völkerverständigung anzuregen. In seinem Key- parameter können helfen, die Gesundheitskompetenz der note-Vortrag ging Dr. Rogelio Madrueño Aguilar von der 20 S C H A D E R - D I A LO G GOOD LUCK
Georg-August-Universität Göttingen auf die Schwierigkeiten L E R N E N VO M B E S T E N L A N D D E R von Knowledge-Sharing ein. Er zeigte, wie Knowledge- W E LT – E I N B L I C K A U S Sharing schon längst bereits von Kindern genutzt wird und wir gerade von dieser Sorglosigkeit im Aussprechen und DEUTSCHLAND AUF SCHWEDEN Benutzen von Kommunikation lernen können. 5. und 6. Juni 2018 W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / E U R O P E A N L O U N G E TA L K In Deutschland wird Schweden in Sachen Gleichberech- tigung, Inklusion, Integration, aber auch hinsichtlich der Bildungspolitik als Vorzeigeland angesehen. Eine flächende- MIT EVIDENZ UND ERKENNTNIS ckende Kinderbetreuung, nachhaltige Entwicklung und G E G E N „ A LT E R N AT I V E FA K T E N “ ? ein funktionierender Wohlfahrtsstaat gehören zu den Errun- genschaften, die sich viele europäische Länder auch für Z U M V E R H Ä LT N I S VO N W I S S E N - eigene Politiksysteme und Gesellschaften wünschen würden. S C H A F T, M E D I E N U N D P O L I T I K I M Doch entsprechen die gesellschaftlichen und politischen D I G I TA L E N Z E I TA LT E R Entwicklungen in Schweden wirklich der Realität oder idealisieren wir unser Bild dieses skandinavischen Landes? 9. Juli 2018 Und was kann man aus der Diskrepanz zwischen Utopie und deutscher Wirklichkeit lernen? Expertinnen und Experten Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Ringvor- aus unterschiedlichen Disziplinen und Institutionen disku- lesung „Global Challenges“ richtete das Institut für Politik- tierten in diesem Workshop das Spannungsfeld zwischen der wissenschaft der Technischen Universität Darmstadt in vermeintlichen Idealwelt Schwedens im Vergleich mit der Kooperation mit der Schader-Stiftung eine öffentliche, dialog- Realität und die Perspektive auf die deutsche Situation. orientierte Veranstaltung zum Thema „Mit Evidenz und Erkenntnis gegen ‚alternative Fakten‘“ aus. Im Anschluss an die Tagung fand eine öffentliche Podi- umsdiskussion zum Thema „Schweden von A bis Ö“ statt, Mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten begleitet von der Ausstellung „Schweden revisited 1996 + und dem Brexit-Referendum in Großbritannien hat die De- 2016“ des Fotografen Christoph Rau. Unter der Moderati- batte über die politische Bedeutung von Fake News eine on von Prof. Dr. Michael Haus, Universität Heidelberg, neue Dimension erreicht. Im Rahmen dieser Ringvorlesung diskutierten Dr. Stina Kjellgren, Studienleiterin für Europa wurden die Erfolge der Fake News aus interdisziplinärer und Jugend an der Evangelischen Akademie Frankfurt, Perspektive diskutiert. Dabei ging es um eine Analyse des Christoph Rau, Fotograf, Helen Hoffmann, Geschäftsstellen- Phänomens. Warum werden Falschmeldungen bewusst ver- leiterin der Schwedischen Handelskammer in Deutschland, breitet und warum werden sie geglaubt? Welche Rolle spielen und Martin Goldberg, Einrichtungshauschef IKEA Hanau. dabei die sozialen Medien und neue Formen der politi- schen Kommunikation? Wie hängen populistische Politikstile W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / und Fake News zusammen? DA S B E S T E L A N D D E R W E LT Teilnehmende der Podiumsdiskussion im Schader-Forum Im Rahmen des Projekts Integrationspotenziale in Gesell- waren Sylke Gruhnwald, Reporterin beim Schweizer Digi- schaftswissenschaften und Praxis der Schader-Stiftung tal-Magazin „Republik“, Prof. Dr. Andrea Rapp, Literatur- gefördert durch das Landesprogramm WIR – Wegweisende wissenschaftlerin und Vizepräsidentin der Technischen Integrationsansätze Realisieren des Hessischen Ministeriums Universität Darmstadt, Volker Stollorz, Redaktionsleiter des für Soziales und Integration. Science Media Centers, Köln, und Karin Wolff, Darm- städter Landtagsabgeordnete und ehemalige Hessische Kul- tusministerin, sowie als Moderator Prof. Dr. Jens Steffek vom Institut für Politikwissenschaft an der Technischen Uni- versität Darmstadt. W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E / FA K E N E W S PROJEKTE 2018 21
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