2/18 Magazin der Schader-Stift ung Dialog zwischen Gesellschaft s- wissenschaft en und Praxis - Schader-Stiftung

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SCHADER-
D IALOG
Magazin der Schader-Stiftung
Dialog zwischen Gesellschafts-
                                 2 /1 8
wissenschaften und Praxis
2/18 Magazin der Schader-Stift ung Dialog zwischen Gesellschaft s- wissenschaft en und Praxis - Schader-Stiftung
SEITE 3                     SEITE 16

E D I TO R I A L            WIRTSCHAFTS-
                            FÖ R D E RU N G 4 .0

SEITE 4

SCHADER-PREIS               SEITE 18

2018                        PROJEKTE               Titelbild: In der Ausstellung
                                                   „Künstlertourist: Grenz-
                            2018                   gänge“ (2014) der Schader-
                                                   Stiftung mit dem Hessischen
                                                   Landesmuseum Darmstadt
SEITE 8                                            zeigte Sven Johne bewegen-
                                                   de Bilder aus Lampedusa.
N AC H B E B E N D E R      SEITE 22               Darunter auch diesen Spiel-
                                                   automaten, der einlädt,
FINANZKRISE                 N AC H R I C H T E N   putzige Kuscheltiere mit
                                                   Greifern aus dem Meer der
                                                   Artgenossen zu ziehen –
                                                   wenn es denn gelingt, sie zu
                                                   fassen. „Good Luck“ leuch-
SEITE 11                    SEITE 23
                                                   tet uns entgegen, während
                                                   im Hintergrund das Wrack
WISSENSTRANS-               TERMINE                eines Bootes verrottet, mit
                                                   dem Menschen nach Lam-
FER – S:NE IM                                      pedusa kamen. Wo sie heute
                                                   sind? Ob sie ihr Glück ge-
PORTRAIT
                            SEITE 26               funden oder zu unserem
                                                   beigetragen haben? Mehr
                            #BARCAMP68             wagen ...

SEITE 14

N A R R AT I O N E N
                            SEITE 27
DER
                            IMPRESSUM
N AC H H A LT I G K E I T
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E D I TO R I A L
„Mehr ... wagen. ’68, ’18 und die politisierte Gesellschaft“ ist das Konventsthema der
Schader-Stiftung im laufenden Jahr 2018. Und nicht nur die brennende Frage, ob das
Leben von Menschen Glückssache sein darf, wie es Sven Johne in unserem Titelbild
radikal in Frage stellt (siehe nebenstehende Bildbeschreibung), bewegt die Stiftung und
ihre Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner.

So gehen aktuelle Projekte den Wagnissen unserer Zeit nach; im Projekt „Integrations-
potenziale in Gesellschaftswissenschaften und Praxis“, ebenso bei der „Systeminno-
vation für Nachhaltige Entwicklung (s:ne)“, das wir Ihnen in diesem Schader-Dialog ge-
nauer vorstellen, darüber hinaus in ökonomischer Perspektive beim Lernen aus zehn
Jahren Finanzkrise und zum Abschluss des Jahres in einem BarCamp68.

Mehr gewagt hat vor dreißig Jahren unser Stifter Alois M. Schader mit der Gründung
der Schader-Stiftung – und mit seinem 90. Geburtstag am 16. Juli hatten wir gleich
doppelt Grund zum Feiern mit langjährigen und neuen Weggefährtinnen und Wegge-
fährten der Stiftung und des Stifters. Ein Anlass zur Dankbarkeit, aber ganz im Tem-
perament der Stiftung verbunden mit einem Symposium: „Die Praxis der Gesellschafts-
wissenschaften“.

Es ist Bewegung in der Schader-Stiftung – die neuen Kolleginnen und Kollegen stellen
wir Ihnen auf Seite 22 des Magazins vor. Einen ganz besonders frischen Blick haben
übrigens jene, die ein Praktikum in der Schader-Stiftung absolvieren und seit einiger
Zeit in sehr individuellem Stil das Editorial des monatlichen Newsletters verfassen.
Lesen Sie doch mal nach unter www.schader-stiftung.de/editorial_p

ALEXANDER
G E M E I N H A R DT

Vorstand der
Schader-Stiftung

                                                                                      3
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SCHADER-PREIS 2018                Otfried Jarren

SCHADER-PREIS
2018

Mit Otfried Jarren wurde 2018 erstmals ein Kommunikationswissenschaftler mit dem Schader-Preis
ausgezeichnet. Jarren lehrt und forscht als Professor am Institut für Publizistikwissenschaft
und Medienforschung der Universität Zürich. Die Preisverleihung fand vor rund 370 geladenen
Gästen im Schader-Forum in Darmstadt statt. Das Vortragsthema des Preisträgers lautete
„Kommunikationsrat für Facebook, Google & Co? – Die Macht der Intermediäre als wissenschaft-
liche wie gesellschaftliche Herausforderung“.

Mit dem Preis ehrt die Schader-Stiftung Gesellschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler,
die sich mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit herausragende Verdienste um die Gesellschaftswissen-
schaften und um deren Dialog mit der Praxis erworben haben.

Der Schader-Preis wird vom Senat der Schader-Stiftung verliehen. Für den Senat begründet
dessen Sprecherin Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für
Sozialforschung (WZB), die Entscheidung für den diesjährigen Preisträger: „Otfried Jarren ist ein
herausragender Wissenschaftler und erfolgreicher Vermittler innerhalb seines Faches, aber
auch zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen und der gesellschaftlichen Praxis“.

Die Laudatio hielt Christian Geyer, Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

4                   S C H A D E R - D I A LO G        GOOD LUCK
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K O M M U N I K AT I O N S R AT F Ü R F A C E B O O K , G O O G L E & C O ? –
D I E M AC H T D E R I N T E R M E D I Ä R E A L S W I S S E N S C H A F T-
L I C H E W I E G E S E L L S C H A F T L I C H E H E RAUS FO R D E RU N G

Das Her- wie Bereitstellungsprinzip der Massen-                    NEUE INTERMEDIÄRE ERMÖG-
medien, Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen,                         LICHEN KEINEN DISKURS …
vom professionellen Journalismus geprägt, ver-
                                                                    Für die sich ausbildende Kommunikationsgesellschaft
liert an gesamtgesellschaftlicher Relevanz.
                                                                existieren noch keine allgemein akzeptierten Regeln wie
Denn bezüglich Information und Kommunikation                    Normen und keine hinreichenden (verfassungs-) rechtlichen
verfügen wir über gänzlich neue Medien                          Grundlagen. Normen und Regeln bedarf es aber, wenn
                                                                die Intermediäre ihren Beitrag zur Entwicklung einer offenen
mit anderen Auswahl- wie Bereitstellungsfor-
                                                                Gesellschaft wie der liberalen, parlamentarischen Demo-
men. Und diese Anbieter sind nicht zu den                       kratie leisten sollen. Die repräsentative Demokratie basiert
Massenmedien hinzugetreten, Teil der traditi-                   auf der Existenz rechtlich legitimierter, grundsätzlich aner-
                                                                kannter Institutionen und Verfahrensregeln. Diese, die poli-
onellen Medienbranche mit ihren Normen
                                                                tischen Institutionen, sollen und müssen die sachverständige
geworden.                                                       und auf Kompromisserzeugung angelegte Parlamentsar-
                                                                beit mit der kontroversen, öffentlichen Debatte verbinden.
                                                                Wie soll das bei all den Mitteilungen und den schwarm-
   DER TRADIERTE MEDIENBEGRIFF                                  artigen Effekten, die die Social Media auslösen, gelingen?
   I S T A B H A N D E N G E KO M M E N                         Selektion, Reduktion, Relevanz: Diese Leistungen erbrin-
                                                                gen die journalistischen Massenmedien. Sie handeln im öf-
    Die Gesellschaft ist mit einem massiven sozio-technischen   fentlichen Interesse. Sie wollen eine öffentliche Aufgabe
Wandel konfrontiert, der neue Institutionen hervorbringt.       wahrnehmen. Sie tun dies übrigens nicht allein, sondern im
Digitale Revolution und Künstliche Intelligenz haben disrup-    Zusammenwirken mit den anderen intermediären Orga-
tive Folgen für die Massenmedien. Die neuen digitalen           nisationen der Gesellschaft, so Parteien, Verbänden, NGOs.
Medien, Suchmaschinen wie Plattformen, sind keine klassi-       Die bisherigen Intermediäre repräsentieren unterschied-
schen Medien. Mit ihrem Marktzutritt ist der tradierte          liche Positionen der Gesellschaft, aber vermittels der Massen-
Medienbegriff abhandengekommen. Statt von Medien spricht        medien, die in der Mitte der Gesellschaft sind und die
man neu von Intermediären. Bezeichnet werden damit so           aufgrund ihres öffentlichen Auftrages vermitteln wie mitteln,
unterschiedliche Dinge wie Suchmaschinen, Soziale Netz-         werden den politisch-parlamentarischen Institutionen
werke, App-Plattformen, User-Generated-Content-Platt-           Themen zur Behandlung wie Entscheidung transparent zu-
formen, (Micro-) Blogging-Plattformen, News-Aggregatoren        geführt. Dies aber leisten die neuen Intermediäre nicht,
oder Verkaufsplattformen. Damit sind, wenn wir auf Infor-       weil sie nicht auswählen, also selektionieren, gewichten, also
mation und Kommunikation fokussieren, jene Helfershelfer        aggregieren, und weil sie keine eigentliche Diskussion,
gemeint, die für die Beschaffung, Aggregation, Selektion,       geschweige denn Diskurse, ermöglichen (können). Sie er-
Präsentation, Weiterleitung oder Bewertung von Informatio-      möglichen zahllose Mitteilungen, an wen auch immer
nen wie Wissen benutzt werden.                                  adressiert. Und sie wollen auch keinen öffentlichen Auftrag
                                                                wahrnehmen.

                                                                             SCHADER-PREIS 2018                             5
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… UND REFLEKTIEREN SICH                                          werden. Das ist in Deutschland mit dem Netzwerkdurchset-
    NICHT KRITISCH                                                   zungsgesetz geschehen. Das Gesetz vermag nicht zu über-
                                                                     zeugen, aber es ist wohl eine nötige symbolische Handlung,
    Die Massenmedien verlieren an Relevanz, Reichweite und           die Verfassungsrechtstreitigkeiten auszulösen vermag. Das
Bedeutung. Damit verliert der traditionelle Journalismus             kann hilfreich sein. Doch der Blick allein auf einzelne Platt-
an Anerkennung und an Legitimität für seine Auswahlprinzi-           formformate oder einzelne Anbieter reicht nicht aus: Mit
pien und -entscheidungen. Die Medien- wie Journalismus-              den Intermediären insgesamt vollzieht sich ein Medien- und
kritik, die Kritik an der vermeintlichen „Lügenpresse“ oder          Öffentlichkeitswandel, der die normativen, institutionellen
den „Systemmedien“, ist eben nicht nur eine Kritik an                Grundlagen der liberalen Demokratie elementar tangiert.
Inhalten: Hier wird die Legitimität einer Institution, die Selek-    Intermediäre verändern Strukturen, die institutionelle
tionsentscheidungen trifft und Relevanz definiert, grund-            Architektur, wie Prozesse der gesellschaftlichen Kommunika-
sätzlich in Frage zu stellen versucht. Die Nutzung von Social        tion ablaufen, wie Öffentlichkeit, wie Öffentliche Meinung
Media, gerade von populistischen Gruppen oder populis-               entstehen, grundlegend. Regulierungsziele wie -formen müs-
tisch agierenden Präsidenten, ist kein Zufall. Die Krise der         sen im Kontext des gesamten Institutionensystems für die
Massenmedien ist nicht allein eine Werbe- oder Finanzie-             öffentliche Kommunikation betrachtet und gefunden werden.
rungskrise. Es geht um die Kritik an Inhalten, an den pro-           Dazu bedarf es einer (Leitbild-)Debatte.
fessionellen Auswahlstandards wie Verfahrensweisen. Es
handelt sich um eine Fundamentalkritik an einer der gesell-
schaftlichen Beglaubigungsinstitutionen. Dabei wären die
Massenmedien wie der Journalismus wichtig, um die Gesell-
schaft über die neuen Intermediäre zu informieren, sie zu
bewerten, sie zu kritisieren. Wer, wenn nicht die Massenme-
dien, könnten dies wirksam – weil gesellschaftsweit – leisten?
Die Intermediäre leisten diese Kritik nicht, sie blenden
Kritik sogar aus. Sie reflektieren sich nicht kritisch, sie ermög-
lichen keine Diskussion über sich selbst.

    M E D I E N WA N D E L TA N G I E R T
    G R U N D L AG E N D E R L I B E R A L E N
    D E M O K R AT I E

     Datenschutz, Shit Storms, Fake News, Hate Speech,
Netiquette – Begriffe aus der laufenden Debatte um die Social
Media-Plattformen. Es gibt also Fragen aus der Gesell-
schaft, es gibt Kritik, es gibt ein Unwohlsein. Das ist eine
Chance, weil aus diesen zahllosen Beiträgen etwas ent-
stehen kann, was für die Institutionalisierung der Intermediäre
und somit für die Gesellschaft wichtig ist: ein Diskurs über
die neuen Institution. Debatten, Diskussionen wie Diskurse
im Kontext der Institutionalisierung der Intermediäre sind
notwendig, sie müssen aber ermöglicht werden. Denn nur so                         SCHADER-PREIS 2018:
lassen sich Normen und Regeln entwickeln und durch-                               Jutta Allmendinger, Sprecherin
                                                                                  des Senats der Schader-Stiftung,
setzen. Paradox ist, dass die eben auf „Kommunikation“ wie                        Christine Schader, Preisträger
„Community“ setzenden Social Media genau dies nicht                               Otfried Jarren, Alois M. Schader,
leisten können oder wollen. Doch es gibt ein Einfallstor: Die                     Laudator Christian Geyer

hinter den Intermediären stehenden privaten Unternehmen
wollen dauerhaft und nachhaltig wirtschaftliche Erfolge haben.
Sie können zum Dialog aufgefordert, ihnen kann Regulie-
rung angedroht und es kann – selbstverständlich – reguliert

6                          S C H A D E R - D I A LO G                GOOD LUCK
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P R I VAT E A K T E U R E D E F I N I E R E N ,               gesellschaftlichen Impact, weil es sich bei den neuen Inter-
   STEUERN, LENKEN … SCHEINBAR                                   mediären um Institutionen handelt (Makro-Ebene), und
   NICHT                                                         zwar um fundamentale Institutionen. Diese Konstitution
                                                                 basiert einerseits auf einer neuen Technologie und ande-
    Bezogen auf die gesellschaftliche Kommunikation heißt        rerseits auf neuen Leitideen. Die neue Technologie setzt sich
das: Private Akteure konstituieren und regeln Informati-         rasch durch, inkludiert viele Gesellschaftsmitglieder als
ons- und Kommunikationsmöglichkeiten wie -formen. Sie            Nutzer oder User. Social Media sind sofort nutz- und leicht
ermöglichen Meinungs- und Willensbildung, und sie wir-           bedienbar, man muss sie nicht abonnieren, mit einem Klick
ken direkt wie indirekt auf die Öffentliche Meinung ein, sie     ist man dabei. Und die neuen Institutionen basieren – und
gestalten Öffentlichkeit aus. Sie tun dies nicht wie Massen-     das ist wesentlich für eine fundamentale Institution – auf
medien, also bewusst und intentional mittels des Journalismus,   neuen Leitideen beziehungsweise Leitbildern. Zusammen-
sondern sie wirken „nur“ als neutrale Plattformen. Sie se-       fassend kann man diese Leitidee mit „community“ oder
hen sich nur als Ermöglicher. Sie wollen keine Medien sein.      „social sharing“ bezeichnen. „Social Media“, das ist eine wun-
Sie erscheinen meinungslos. Aber sie haben Einfluss und          derbare Erfindung: Werbe- und Marketingbegriff wie auch
Macht: Sie definieren Kommunikationsregeln, beeinflussen         Leitidee in einem. Das kommt an, das wirkt.
Meinungsbildung, steuern soziales Verhalten. Sie erzeugen
zum einen direkte Wirkungen, so bei Nutzern wie Rezipienten
(Mikro-Ebene): Vom Zugang zu bestimmten Inhalten bis                I N T E R M E D I Ä R E A N A LY S I E R E N ,
hin zur Ermöglichung bestimmter Kommunikationsformen                REGULIEREN – UND SIE EIN-
wie „shit storm“ oder „hate speech“. Durch die Bünde-               BEZIEHEN
lung, Entbündelung oder Personalisierung von Informationen
und deren Weiterleitung wie Bewertung schaffen sie Auf-              Es bedarf also spezifischer Regulierungsbehörden, einer
merksamkeit und lenken sie Publika wie Nutzerströme – zu         begleitenden Technikfolgenabschätzung und einer inter-
Werbe- oder Politikinhalten oder hinein in die Gruppe der        disziplinären Grundlagenforschung. Dabei müssen neue For-
Impfgegner. Sie lassen das durch ihre Nutzer einsammeln,         men der Wissensgewinnung wie -vermittlung implemen-
was die Massenmedien erstellt oder Einzelne selbst pro-          tiert werden, und zwar im Sinne einer Gesellschaftsberatung.
duziert und mit anderen geteilt im Netz bereitgestellt oder      Vor allem aber bedarf es rasch zivilgesellschaftlicher Ak-
hinterlassen haben. Sie lassen: Sie selbst agieren schein-       teure, die gesellschaftsnah agieren, Probleme aufgreifen und
bar nicht. Doch sie haben Einfluss auf individuelle wie kol-     verarbeiten, Diskussionen ermöglichen, Interessen artiku-
lektive Kommunikationsoptionen wie auf das allgemeine            lieren wie aggregieren, Bildungsmaßnahmen realisieren. Es
Sozialverhalten.                                                 bedarf der Durchsetzung von Formen der Co-Regulierung
                                                                 gegenüber den Intermediären bezüglich der AGBs, des Auf-
    Die Intermediäre als nützliche Helfer des Alltags beein-     baus eines transparenten Beschwerde-, Ombuds- und Ju-
flussen die individuelle wie kollektive Meinungsbildung zu-      gendschutz- wie eines Qualitätssicherungssystems. Es bedarf
dem auf indirekte Weise. Ganz trivial: sie kosten Zeit, die an   überdies der systematischen, anbieterunabhängigen Be-
anderer Stelle fehlt. Nicht trivial: sie ziehen Aufmerksam-      reitstellung von Wissen über Intermediäre. Diese Aufgabe
keit wie Nutzungszeit auf sich und reduzieren die Zuwen-         könnte ein Kommunikationsrat übernehmen. Es bedarf
dungschancen zu publizistischen Angeboten. Der Zugang            der Analyse der institutionellen Architektur der liberalen De-
zu Nachrichten wie deren Nutzung erfolgt mehr und mehr           mokratie mit ihren Akteuren, ihren Normen wie Prozessen –
über Plattformen wie Suchmaschinen. Deshalb wird die             unter Einbezug der neuen Intermediäre. Und, natürlich,
Produktion wie Bereitstellung eines publizistischen Gesamt-      es gäbe noch mehr zu sagen und zu tun. Nur eines geht nicht:
angebots zu einem riskanten Unterfangen. Informationen           weiter zuwarten.
wie Wissen werden in anderer Weise er- und verarbeitet und
bereitgestellt. Produktion wie Rezeption – als fragmentierte                  AU S Z U G AU S D E M VO RT R AG
Prozesse.                                                                     D E S P R E I ST R ÄG E R S ; T E XT I N D E R
                                                                              U N G E K Ü R Z T E N FA S S U N G :
   Überdies lösen die Intermediäre strukturelle Veränderun-                   W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
gen aus: Sie haben Macht, indem sie die Kommunikation                         SCHADER-PREIS
von Organisationen beeinflussen, die ihre Mitglieder oder
Kunden erreichen müssen (Meso-Ebene). Und sie haben

                                                                              SCHADER-PREIS 2018                               7
2/18 Magazin der Schader-Stift ung Dialog zwischen Gesellschaft s- wissenschaft en und Praxis - Schader-Stiftung
N AC H B E B E N .
Z E H N J A H R E F I N A N Z-
KRISE UND IHRE
AU SW I R KU N G E N I N
DEUTSCHLAND UND
E U R O PA

Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite diskutierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft
und Praxis die mittel- und langfristigen Folgen der Finanzkrise auf nationaler und europäischer
Ebene mit dem Ziel, ein besseres Verständnis der vielseitigen Wirkungen aus polit-ökonomischer
Sicht zu generieren. Veranstalter der Tagung vom 22. bis 24. Februar 2018 im Schader-Forum
waren die Sektion „Politische Ökonomie“ der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW)
und die Schader-Stiftung.

8                  S C H A D E R - D I A LO G    GOOD LUCK
KURZFRISTIGER SCHOCK                                             S OZ I A L - , F I N A N Z - U N D S T E U E R -
   O D E R N AC H H A LT I G E                                      POLITISCHE AUSWIRKUNGEN
   ERSCHÜTTERUNG?
                                                                     Zielsetzung der Tagung war ein besseres Verständnis die-
    2018 jährt sich die Pleite der US-amerikanischen Invest-     ser vielseitigen Dynamiken aus polit-ökonomischer Sicht.
mentbank Lehman Brothers, die den Beginn der weltwei-            Neben dem empirischen Interesse diente die Tagung der
ten Finanzkrise einläutete, zum zehnten Mal. Während die         Überprüfung und kritischen Diskussion etablierter theo-
unmittelbaren Folgen der Finanzkrise in der Politik- und         retischer Modelle. Die Auswahl der Beiträge spiegelte die
Wirtschaftswissenschaft umfassend diskutiert worden sind,        Vielfalt sozialwissenschaftlicher Forschung wider und er-
widmete sich die Tagung den mittel- und langfristigen Aus-       möglichte die gegenseitige inhaltliche Befruchtung der unter-
wirkungen der Krise. Im Rahmen von Vorträgen, Plenardis-         schiedlichen Perspektiven. Dabei wurden die Auswirkungen
kussionen und Dialogcafés beleuchteten die fast 80 Teil-         der Finanzkrise auf individuelle Einstellungen und Wahrneh-
nehmenden aus Wissenschaft und Praxis den Themenkomplex          mungen, die Entwicklungen auf nationalstaatlicher Ebene,
aus verschiedenen Perspektiven. Um einen vertieften Aus-         etwa bezogen auf politische oder gesellschaftliche Verände-
tausch zu erreichen, wurden klassische Vortragspanels mit        rungen oder Umbrüche, und auf europäischer Ebene dis-
dialogorientierten Formaten kombiniert.                          kutiert. Weitere Fragen bezogen sich auf die Auswirkungen
                                                                 der Finanzkrise in einzelnen Politikfeldern, wie etwa der
     Gerade in Deutschland erscheint die Krise häufig als ein    Sozialpolitik, der Finanzpolitik oder der Steuerpolitik. So ist
kurzfristiger Schock, der am Großteil der Gesellschaft re-       der Einfluss der Finanzkrise auf die Entwicklung der euro-
lativ spurlos vorübergegangen ist. Zwar brach das Wirtschafts-   päischen Sozialsysteme unbestritten, wird jedoch unterschied-
wachstum in Folge der Finanzkrise wie in den meisten             lich interpretiert.
Industrieländern auch hier ein, allerdings erholte sich die
Wirtschaft schnell und die Situation auf dem Arbeitsmarkt             Ein Diskussionspunkt war, inwieweit die Krise selbst als
entwickelte sich positiv. In vielen anderen europäischen Län-    Grund oder nur als Legitimation für langfristig geplante
dern bewirkte die über mehrere Jahre stark ansteigende           grundlegende Restrukturierungen im Sozialstaat interpretiert
Arbeitslosigkeit anhaltende negative soziale Veränderungen.      werden kann. Gleichermaßen thematisiert wurden die ge-
So hat die generell steigende Ungleichheit in der OECD           sellschaftlichen Folgen sozialstaatlicher Reformen. Die durch
seit 2008 nochmals deutlich zugenommen und – im Gegen-           die Finanzkrise ausgelöste Staatsschuldenkrise und die
satz zum Wirtschaftswachstum und zur Arbeitslosigkeit –          durch automatische Stabilisatoren ausgelösten Sozialausga-
ist keine Umkehrung dieses Trends in Sicht. Diese wirtschaft-    bensteigungen erzeugten Druck auf die Regierungen, neue
lichen und gesellschaftlichen Entwicklungen resultierten         Steuern einzuführen und existierende anzuheben. Während
in vielen Ländern in einer nachhaltigen Erschütterung poli-      frühere Forschung hauptsächlich den Anstieg indirekter
tischer Verhältnisse. Dies betrifft etwa das Aufstreben neuer    Steuern beobachtete, gibt es Anzeichen, dass die Finanzkrise
politischer Koalitionen wie auch tiefgreifende Reformen in       progressive direkte Steuern stärker gemacht und auch die
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie Veränderungen im           internationale Kooperation gegen die Unternehmenssteuer-
institutionellen Gefüge der Eurozone.                            vermeidung internationaler Konzerne vorangetrieben hat.

                                                                              N AC H B E B E N F I N A N Z K R I S E          9
V E R Ä N D E R U N G VO N
     STRUKTUREN

     Neben den eher politikfeldspezifischen Auswirkungen der
Finanzkrise sind zehn Jahre danach weitreichende Impli-
kationen auch auf institutioneller Ebene zu beobachten. Die
intensive Austeritätspolitik führte insbesondere auf euro-
päischer Ebene zu Veränderungen in Kompetenz- und Ent-
scheidungsstrukturen. Bezogen auf die nationalstaatliche
Ebene wurden Herausforderungen im Hinblick auf die na-
tionale Handlungsfähigkeit sowie veränderte Steuerungs-
optionen besprochen. Ausgehend von der These, dass die
Finanzkrise bestehende Machtverhältnisse zumindest kurz-
fristig erschüttert hat, widmete sich ein weiterer thematischer
Block der übergeordneten Fragestellung, inwieweit sich
nachhaltige Veränderungen in Akteurskonstellationen abzeich-
nen. Aktuelle empirische Befunde sind widersprüchlich:
So sind zwar in einigen Feldern neue Netzwerkstrukturen zu
beobachten, gleichzeitig scheint es starke Beharrungsten-
denzen zu geben.

     H E T E R O G E N E N AT I O N A L E
     REAKTIONEN

    Abschließend wurden Thesen zu spezifischen Formen des                     L A U R A S E E L KO P F
Krisenmanagements diskutiert, die sich in Folge der Finanz-                   P H . D.
                                                                              ist Politikwissenschaftlerin
krise entwickelten. Die Beiträge analysierten die Dynami-                     und Jean-Monnet-Fellow
ken, die sich in diesem Kontext entfalten und die konkreten                   am European University
politischen Auswirkungen, primär bezogen auf die Austeri-                     Institute, Florenz, sowie
                                                                              Sprecherin der Sektion
tätspolitik. Sie spiegelten die große Heterogenität in den ver-               Politische Ökonomie der
schiedenen nationalen Reaktionen auf die gleiche interna-                     DVPW.
tionale Krise wider. Die im Rahmen der Tagung diskutierten
Aspekte brachten die Vielfalt der bereits zu beobachtenden
Wirkungen der Finanzkrise zum Ausdruck und verdeutlichten
den Bedarf, insbesondere die langfristigen Folgen in den
Fokus zukünftiger polit-ökonomischer Forschung zu stellen.

             W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N :
             W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
             FINANZKRISE

                                                                              DR. COLETTE
                                                                              VO G E L E R
                                                                              ist Wissenschaftliche Mit-
                                                                              arbeiterin am Lehrstuhl
                                                                              für Vergleichende Regie-
                                                                              rungslehre und Politikfeld-
                                                                              analyse der Technischen
                                                                              Universität Braunschweig
                                                                              und Sprecherin der Sek-
                                                                              tion Politische Ökonomie
                                                                              der DVPW.

10                           S C H A D E R - D I A LO G           GOOD LUCK
WISSENSTRANSFER
IM WECHSELSPIEL
VO N W I S S E N S C H A F T
UND PRAXIS – S:NE
IM PORTRAIT

Mit dem Projekt „Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung (s:ne)“ gestaltet die Hochschule
Darmstadt den Wissenstransfer als Lernprozess in der Region. Im Mittelpunkt steht die Vernet-
zung der regionalen Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Ziel,
etablierte Denkstrukturen zu durchbrechen und wechselseitige Lernprozesse zugunsten einer nach-
haltigen Entwicklung zu initiieren. Die Schader-Stiftung unterstützt diese Prozesse durch die Schaf-
fung von Frei-, Denk- und Begegnungsräumen – für den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis.

                                                             PROJEKT S:NE                         11
Zentrales Element des Projekts s:ne ist ein transforma-         Der damit verbundene Austausch von Ideen und Gedan-
tiver und transdisziplinärer Ansatz in Wissenschaft und         ken auf Augenhöhe für ein gemeinsames Weiter-Denken
Forschung. Ausgehend von realen Problemen und unter Ein-        wird in s:ne als Schlüsselmoment und Beitrag für die Lösung
bezug der Zivilgesellschaft sollen gesellschaftliche Verände-   der großen gesellschaftlichen Herausforderungen gesehen.
rungsprozesse mithilfe von technologischen und sozialen
Innovationen angestoßen werden. Diese „Systeminnovationen“          Durch die Schaffung von Frei-, Denk- und Begegnungs-
haben zum Ziel, Impulse für eine Nachhaltige Entwick-           räumen unterstützt die Schader-Stiftung die beteiligten
lung in der Region zu setzen.                                   Akteure dabei, sich von etablierten und gewohnten Denk-
                                                                mustern zu befreien und sich auf neue Wege und Problem-
    Dabei orientiert sich s:ne an den 17 Zielen für Nachhal-    lösungen einzulassen. Sie übernimmt so eine wichtige Quer-
tige Entwicklung, den Sustainable Development Goals             schnittsfunktion auf der Innovations- und Transferplatt-
(SDGs), die von den Vereinten Nationen 2015 verabschiedet       form (ITP), dem strukturbildenden Herzstück des Projekts.
wurden und die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Sie be-
tonen die Notwendigkeit von Veränderungsprozessen, um der          D I E S TA D T A L S R E A L E R
Verantwortung der Menschen für den Planeten gerecht zu
                                                                   EXPERIMENTIERRAUM
werden.

     BEDEUTUNG DER GESELL-
     SCHAFTSWISSENSCHAFTEN
     B E I S Y S T E M I N N OVAT I O N E N

    Die Technik- und Ingenieurwissenschaften bieten bereits
eine Fülle an technologischen Lösungsmöglichkeiten in
den Bereichen Energieeffizienz, Klimaschutz und Mobilität.

    Für gelingende Veränderungsprozesse und eine Nachhal-
tige Entwicklung wird jedoch zusätzliches Wissen benötigt:
etwa über die Handlungsmotive der relevanten Akteure, über
institutionelle oder umweltbedingte Rahmenbedingungen
oder auch über Wechselwirkungen und Zielkonflikte, die mit
einer Innovation einhergehen. Dieses Wissen vermögen die
Gesellschaftswissenschaften im Rahmen von Systeminnova-
tionen und den mit ihnen intendierten Veränderungspro-
zessen bereitzustellen.

     D I A LO G Z W I S C H E N W I S S E N -                       Die Vernetzung der regionalen Akteure aus Wissenschaft,
                                                                Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft soll in s:ne wech-
     SCHAFT UND PRAXIS – DIE
                                                                selseitige Lernprozesse initiieren und wird in verschiedenen
     ROLLE DER SCHADER-STIFTUNG                                 Teilvorhaben des Projekts angegangen. Dabei dient Darm-
     IN S:NE                                                    stadt als realer Experimentierraum für die Erprobung neuer
                                                                Ideen. Im Teilvorhaben „Zukunftsorientierte Stadtentwick-
    In dem transdisziplinären Ansatz von s:ne erfolgt eine      lung“ liegt der Fokus auf den Handlungsfeldern Gebäude,
Integration von Wissen aus unterschiedlichen Disziplinen        Mobilität, Konsum und Energienetze.
mit Akteurswissen. Dafür treten Wissenschaftler und Wissen-
schaftlerinnen mit Praxisakteuren in den Dialog, um im              Im Teilvorhaben „Digitale Stadt“ sollen zudem der Nut-
Wechselspiel und in iterativen Lernprozessen neue Problem-      zen und die Nutzbarkeit digitaler Technologien für eine
lösungen für eine Nachhaltige Entwicklung der Region zu         Nachhaltige Entwicklung der Wissenschaftsstadt in den Blick
entwickeln.                                                     genommen werden. Damit wird die vornehmlich techno-
                                                                logische und gesellschaftliche Perspektive des Bitkom-Wett-

12                       S C H A D E R - D I A LO G             GOOD LUCK
bewerbs „Digitale Stadt“, den Darmstadt im Sommer 2017                Die Beteiligung der Zivilgesellschaft wird über ein Bürger-
für sich entscheiden konnte, um ökologische Aspekte er-           panel sichergestellt, das die innovativen Ideen aus den Teil-
gänzt. In einer Reihe von Salongesprächen zu den Heraus-          vorhaben des Projekts aufgreift und über Befragungen zur
forderungen einer nachhaltigen Mobilität in Darmstadt             Diskussion stellt. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen
soll ab Herbst 2018 der Blick auf konkrete Problemstellungen      in die Weiterentwicklung der innovativen Ideen ein. Damit
und jeweils relevante Hemmnisse geöffnet werden. Ver-             wird es Bürgerinnen und Bürgern möglich, aktiv an der
treter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutieren ge-   Gestaltung der Nachhaltigen Entwicklung ihrer Region mit-
meinsam mit den Wissenschaftlern der Hochschule Darm-             zuwirken.
stadt in offener und konstruktiver Atmosphäre ausgewählte                      W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N :
Fallbeispiele.                                                                 W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
                                                                               SNE
    Die Wissenschaftsstadt Darmstadt als Versuchsfeld für
Systeminnovationen wird im Rahmen des Teilvorhabens
„Herausforderungen entlang der Lieferkette“ verlassen. Hier          Das Projekt wird im Rahmen des Bund-Länder-
werden die Potenziale für nachhaltige Produktions- und               Programms „Innovative Hochschule“ gefördert von:
Konsumweisen am Beispiel der globalen Lieferkette von Le-
derwaren betrachtet. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf
den Chemikalien, die in der Produktion und Pflege von Leder
eingesetzt werden.

    Die ländlichen Bereiche der Region Darmstadt-Dieburg
sowie deren Anbindung an den urbanen Raum sollen schließ-
                                                                              Gemeinsame
lich im Teilvorhaben „Energie und Mobilität im ländlichen                     Wissenschaftskonferenz
Raum“ zum „Laboratorium“ für innovative Ideen werden.                         GWK

Dieses Vorhaben startet 2020.

   D I E I N N OVAT I V E H O C H S C H U L E
   U N D I H R E PA R T N E R

    Neben der Schader-Stiftung sind das Institut Wohnen und
Umwelt (IWU), das Institut für sozial-ökologische For-
schung (ISOE), das Öko-Institut e.V., die Software AG und
die Unternehmens- und Organisationsberatung e-hoch-3
in das Projekt der „Innovativen Hochschule“ Darmstadt ein-
gebunden. Gemeinsam unterstützen sie die Hochschule                            SASKIA                           KAREN
Darmstadt in den kommenden fünf Jahren bei der Erarbei-                        FLEGLER                          LEHMANN
                                                                               ist Politikwissenschaftlerin     ist Politikwissenschaftlerin
tung innovativer Geschäftsmodelle für eine Nachhaltige                         und Wissenschaftliche            und Wissenschaftliche
Entwicklung der Region.                                                        Referentin der Schader-          Mitarbeiterin der Schader-
                                                                               Stiftung.                        Stiftung.

   Ein Projekt von

                                                                                                                DR. FRANZISKA
                             h_da
                             HOCHSCHULE DARMSTADT
                                                                                                                R I S C H KO W S K Y
                             UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES                                                     ist Volkswirtin und Wis-
    .... . .. . .........
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                             s:ne
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                                                                                                                senschaftliche Referentin
    ...... .. . .........
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                             SYSTEMINNOVATION FÜR
                             NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
                                                                                                                der Schader-Stiftung.

                                                                               PROJEKT S:NE                                              13
N A R R AT I O N E N D E R
N A C H H A LT I G K E I T

Wie lässt sich die sozialökologische Transforma-
tion, also der Versuch, Wirtschaft und Gesell-
schaft im Sinne einer größeren Nachhaltigkeit
umzugestalten, neu erzählen? Mit dieser Fra-
ge befasste sich die Fachtagung „Narrationen
der Nachhaltigkeit“, die am 30. und 31. Januar
2018 im Schader-Forum in Darmstadt stattfand.

    Die Teilnehmenden erlebten eine Veranstaltung mit viel       zu berichten lohnt? Bei solchen Anlässen erhöht sich die
Input, großem Gesprächsbedarf und lebendigem Austausch           Frequenz der Meldungen in den Medien. Weitere Auslöser
über Probleme, Perspektiven und mögliche Lösungsansätze          sind, so Bernhard Pötter von der Tageszeitung taz, etwa
im Klima- und Umweltjournalismus. Die Tagung, eine Ko-           neue wissenschaftliche Studien oder die jüngsten Tweets von
operation der Schader-Stiftung mit dem Institut für Kom-         US-Präsident Trump.
munikation und Medien der Hochschule Darmstadt, dem
Partnernetzwerk Medien, der Leuphana Universität Lüne-               Noch abstrakter als der Klimawandel, stellt Pötter weiter
burg und dem KMGNE Kolleg für Management und Ge-                 fest, sind Konferenzen über den Klimawandel. Nur weil
staltung nachhaltiger Entwicklung, wurde gefördert durch         eine Materie abstrakt ist, dürfen Journalisten aber nicht auf-
die Entega NATURpur Institut gGmbH.                              hören, über Sachverhalte zu berichten, denen sie große Be-
                                                                 deutung beimessen. Dann besteht die Aufgabe darin, Altes
    Das Thema Nachhaltigkeit geht alle etwas an, erreicht aber   neu zu erzählen und so auch zum tausendsten Mal den
noch zu wenige. Komplexe Zusammenhänge und verschie-             Plastikstrudel und den Verpackungswahn zu thematisieren,
dene wissenschaftliche Ansätze machen die Inhalte oft sperrig.   wenn deren Bedeutung valide ist.
Die Fachtagung „Narrationen der Nachhaltigkeit“ stellt
die Frage, inwieweit gut erzählte Geschichten zum Thema              Für den Nachhaltigkeitswissenschaftler bietet sich aus
Nachhaltigkeit zu mehr Aufmerksamkeit führen können.             diesem Grund eine andere Herangehensweise an: der er-
Nachhaltigkeit muss dabei nicht immer im Titel stehen, ist       zählerische Blick auf die Probleme aus der Perspektive einer
sie ohnehin Bestandteil vieler Bereiche des täglichen Han-       konkreten Person. Eine Geschichte transportiert viel mehr.
delns. Kontextualisierung nennt das Torsten Schäfer, Profes-     Sie führt zu einer intensiveren Auseinandersetzung als die
sor für Journalismus an der Hochschule Darmstadt.                bloße Wiedergabe von Fakten oder Belehrung.

    Ein weiteres Thema ist die Ereignisfixierung der Bericht-        Mit dem Semesterprojekt „Klimageschichten“ versuchen
erstattung. Muss zuerst etwas passieren, ein Wirbelsturm,        Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Medien
eine Überflutung oder eine Klimakonferenz, damit es sich         der Hochschule Darmstadt, das Thema Nachhaltigkeit er-

14                        S C H A D E R - D I A LO G             GOOD LUCK
zählerisch aufzugreifen. So berichtet Olivia Heider beispiels-       Gute Geschichten über Klima und Nachhaltigkeit schrei-
weise in ihrer Klimageschichte, wie sie ihren eigenen, stetig    ben, dies versuchen Journalistinnen und Journalisten schon
wachsenden Müllberg tagtäglich mit sich herumträgt. Damit        länger. Und es gibt Erfolgsformate. Jana und Jens Steingässer
bricht sie das große Ganze auf die einzelne Konsumentin,         präsentieren ihre große Reportage „Auf den Spuren des
die persönliche Ebene, herunter – multimedial, um auch neue      Klimawandels“, für die sie gemeinsam mit ihren Kindern die
Erzählformen auszuprobieren.                                     Welt bereist hatten. Das Finanzierungsproblem lösten sie
                                                                 mithilfe eines Sponsors, dem sie im Gegenzug Fotos zur Ver-
    Diese Form der Informationsvermittlung ist nicht neu.        fügung stellten. Das regt zum Nachdenken an, ob hierin
Storytelling wird in verschiedenen Bereichen intensiv dis-       ein neuer Weg der Vermittlung liegen kann.
kutiert und genutzt. Die Fachtagung zielt darauf, die Metho-
de Storytelling systematisch mit Fragen der Nachhaltig-              Fakten, Richtigstellungen und Studien, die die Stories
keitskommunikation zu verknüpfen. Beispielsweise werden          untermauern, finden sich auf Klimafakten.de. Chefredakteur
wissenschaftliche Befunde zur Frage diskutiert, welche           Carel Mohn stellt das Portal auf der Tagung vor und unter-
Wirkung das Geschichten-Erzählen tatsächlich hat.                streicht, wie wichtig Ehrlichkeit in der Berichterstattung ist,
                                                                 gerade bei vermeintlich guten Taten, die aber ohne spürbaren
    Warum ist Storytelling für die Kommunikation von Nach-       Effekt bleiben. Heuchelei hält er für einen der schlimmsten
haltigkeit so geeignet? Ökonomie, Ökologie und Soziales          Vorwürfe in der Umweltdebatte. Da gilt es dranzubleiben
sind abstrakte Themen. So behandelt zum Beispiel Ökologie        und eine Stimme zu entwickeln, fordert Mohn abschließend.
abstrakte Gegenstände wie etwa Klima, Atmosphäre, Arten,
Lebensräume, Ressourcen in Form von Wasser oder Boden-                        W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N :
schätzen. Dies ist für Leser schwierig zu verstehen, zu ler-                  W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
nen und in Handeln umzusetzen. Formulieren Journalisten                       N A R R AT I O N E N
und Journalistinnen dagegen konkret mit Hilfe von Bildern,
Bedeutungen und Zusammenhängen, wirkt sich das positiv
auf Verständnis und Aufnahmefähigkeit der Adressaten aus.
Storytelling vermittelt Aspekte der Nachhaltigkeit unter Be-
zugnahme auf Individuen und deren Handeln an bestimm-
ten Orten zu bestimmten Zeiten. Es zeigt auf, was vor Schaden
bewahrt oder dazu beiträgt, das Wohlbefinden zu steigern.
In der Konsequenz heißt das, Kommunikation über Nach-
haltigkeit immer auch anhand von realen Orten, Menschen
und Handlungen zu gestalten.

    Storytelling erweist sich im Verlauf der Tagung als einer
der zentralen Begriffe – ganz im Sinne der Themenstellung
„Narrationen der Nachhaltigkeit“. Prof. Dr. Carlo Sommer,
Studiengang Onlinekommunikation an der Hochschule
Darmstadt, erklärt in seinem Vortrag psychologische Aspekte
von Storytelling. Die Rezipienten müssen sich mit Ge-
schichten identifizieren können, so der Professor für Kom-
munikationspsychologie. Ob Storytelling auch langfristig                                                       P E T E R LO N I TZ
                                                                                                               ist Soziologe und Wissen-
überzeugen kann, diese Frage bleibt offen.
                                                                                                               schaftlicher Referent der
                                                                                                               Schader-Stiftung.
     Dr. Henriette Heidbrink lehrt Onlinejournalismus an der
Hochschule Darmstadt. Sie wirft die Frage auf, was denn
sei, wenn „die Bösen“ die besseren Geschichten haben. Denn
Storytelling beschreibt zunächst einmal nur eine Methode.
In der Konsequenz genügt es nicht zu bedenken, was eine
gute Story ausmacht. Vielmehr ist diese – unter dem Ge-
sichtspunkt der Nachhaltigkeit – mit dem richtigen Thema
umzusetzen.

                                                                              N A R R AT I O N E N                                     15
WIRTSCHAFTSFÖRDE-
R U N G 4 .0 –
KO O P E R AT I V E W I R T-
SCHAFTSFORMEN UND
KO M M U N A L E W I R T-
SCHAFTSFÖRDERUNG

Passen alternative Wirtschaftsformen und kom-       Kommunale Wirtschaftsförderung dient der Stärkung der
                                                Wirtschaftskraft und der Sicherung von Arbeitsplätzen vor
munale Wirtschaftsförderung zusammen?
                                                Ort. Sie sorgt für gute Rahmenbedingungen des lokalen Ein-
Gibt es zwischen ihnen Kommunikationswege?      zelhandels, versucht neue Unternehmen zu einer Ansied-
Oder sind die Welten, in denen die jeweiligen   lung zu bewegen, fördert Existenzgründungen und anderes
                                                mehr. Letztlich geht es um Steigerung von Gewinn, Wett-
Akteure leben, zu verschieden? Die gemeinsam
                                                bewerbsfähigkeit und Innovationskraft.
mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt,
Energie durchgeführte Tagung erörterte diese       Parallel hierzu entwickeln sich zunehmend kooperative
                                                Wirtschaftsinitiativen, deren Ziel nicht in der Gewinnmaxi-
Fragen am 19. März 2018 im Schader-Forum.
                                                mierung liegt, sondern in einem guten, gemeinwohlverträgli-

16                S C H A D E R - D I A LO G    GOOD LUCK
chen Wirtschaften. Sie basieren auf dem Teilen von Ressour-            Intensive Gespräche ermöglichten die Workshops wäh-
cen, Produkten oder Räumen, der Förderung von Koope-               rend der Tagung, um Chancen einer Zusammenarbeit
ration, Eigeninitiative und Selbsthilfe sowie der Bindung von      zwischen kommunaler Wirtschaftsförderung und Initiativen
Warenverkehr und Dienstleistungen an die Region.                   zu ergründen.

   E I N N E U E R A N S AT Z                                         Abgerundet wurde die Tagung durch eine Podiumsdis-
                                                                   kussion mit der damaligen Bundeswirtschaftsministerin
   KO M M U N A L E R W I R T S C H A F T S -
                                                                   Brigitte Zypries, die die Innovationskraft der Initiativen nut-
   FÖRDERUNG                                                       zen will, Michael Kolmer, der in Darmstadt für die kom-
                                                                   munale Wirtschaftsförderung zuständig ist und für seinen
    Eine Wirtschaftsförderung, die abzielt auf die systema-        vorbildlichen Einsatz gelobt wurde, und Prof. Dr. Uwe
tische Förderung kooperativer Wirtschaftsformen, wäre ein          Schneidewind vom Wuppertal Institut, der mahnte, dass wir
neues kommunales Aktivitätsfeld.                                   angesichts der Folgen des Klimawandels und Ressourcen-
                                                                   verbrauchs zu nachhaltigem Wirtschaften gezwungen sind.
    In seinem Einführungsvortrag betont der Initiator der Ta-
gung, Dr. Michael Kopatz vom Wuppertal Institut für Klima,                      W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N :
Umwelt, Energie, dass Wirtschaft nicht unbedingt mit Geld                       W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
verbunden sein muss, auch nicht mit Konkurrenz. Zu fra-                         W I RTS C H A F TS FO E R D E RU N G _ 4 .0
gen ist, wie Initiativen, die sich um eine kooperative, nachhal-
tige Wirtschaftsweise bemühen, überhaupt in den Blick-
winkel der Wirtschaftsförderaktivitäten von Kommunen
gelangen. Dies zu erreichen, war eines der Ziele der Tagung.

    Und so begann schon im Vorfeld der Tagung ein spannen-
der Prozess. Denn es galt, neben interessierten Fachleuten
aus der Wissenschaft, zwei Gruppen einzuladen: zum einen
Wirtschaftsförderer, die in großen oder kleinen Städten
oder Landkreisen aktiv sind, zum anderen Vertreterinnen und
Vertreter von Initiativen wie Tauschläden, Repair-Cafés,
Regionalgeld, Solidarischer Landwirtschaft, Energiegenossen-
schaften und vielem mehr. Sozusagen handverlesen wurden
die entsprechenden Personen angefragt. Zur Überraschung
der Veranstalter war es nicht schwierig, viele Interessierte
aus dem Bereich der kommunalen Wirtschaftsförderung als                                                          DR. KIRSTEN
Teilnehmende zu gewinnen. Somit war eine Erkenntnis                                                              MENSCH
schon vor der Tagung gegeben: In der kommunalen Wirt-                                                            ist Politikwissenschaft­lerin
                                                                                                                 und Wissenschaftliche
schaftsförderung besteht durchaus Interesse an einer Zu-                                                         Referentin der Schader-
sammenarbeit mit innovativen Wirtschaftsformen.                                                                  Stiftung.

   KO O P E R AT I V E S N AC H H A L -
   TIGES WIRTSCHAFTEN

    Norbert Rost vom Büro für postfossile Regionalentwick-
lung in Dresden zeigte mit dem Regionalgeld ein Beispiel
kooperativer Wirtschaftsformen, die explizit die Region stüt-
zen, auf. Im Anschluss daran führte Prof. Dr. Gisela Kubon-
Gilke die Teilnehmenden in die Welt der ökonomischen
Denker und wies nach, dass sich kooperative Ansätze des
Wirtschaftens nicht per se im Widerspruch zu auch libera-
len ökonomischen Denkansätzen befinden.

                                                                                WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG                                       17
I N F O R M AT I O N schader-stiftung.de

P R OJ E KT E
2018
Die Schader-Stiftung fördert seit                7. I N T E R N AT I O N A L E WA L D K U N S T-
30 Jahren die Gesellschaftswissen-               KO N F E R E N Z „ K U N S T, Ö KO L O G I E
schaften. Ihr Anliegen ist es dabei,             U N D E C OV E N T I O N “
den Praxisbezug der Gesellschafts-
wissenschaften und deren Dialog                     10. August 2018
mit der Praxis zu stärken. Zu diesem
                                                     Seit 2006 wird der Internationale Waldkunstpfad von einer
Zweck stellt die Schader-Stiftung                wissenschaftlichen Konferenz begleitet, die die künstleri-
das Schader-Forum in Darmstadt zur               schen Arbeiten in einen erweiterten Kontext stellt. Die
                                                 Konferenz war eine Kooperation mit dem Verein für Interna-
Verfügung.
                                                 tionale Waldkunst e.V. in Darmstadt und wurde von der
                                                 ENTEGA NATURpur Institut gGmbH gefördert.
Schwerpunkte der Förderung setzen
                                                     Auf der eintägigen Konferenz konnten nationale sowie
jeweils die Themen des Großen Kon-
                                                 internationale Kunstschaffende und interessierte Personen
vents der Schader-Stiftung: „Definiere           die Fragen von Kunst, Ökologie und Ecovention an Beispielen
Deutschland!“ im Jahr 2017 und „Mehr             der Waldkunst diskutieren. Impulsvorträge mit dem Fokus
                                                 auf „Kunst und Natur“ und „Kunst, Ökologie und Ecoven-
… wagen. ’68, ’18 und die politisierte
                                                 tion“ eröffneten die diesjährige Konferenz. Im Anschluss
Gesellschaft“ als Konventsthema 2018.            bot eine Postersession die Gelegenheit, sich mit den Künst-
Hierzu sind Anregungen und An-                   lerinnen über die neu entstandenen künstlerischen Arbei-
                                                 ten auszutauschen. In Dialog-Cafés wurden die Fragestel-
träge besonders willkommen.
                                                 lungen von je einem Künstler und einer Expertin aus dem
                                                 Wissenschaftsbereich in kleinen Gruppen vertieft.
Ausführliche Dokumentationen
                                                     Die insgesamt siebte Auflage einer wissenschaftlichen Be-
der hier in Auswahl vorgestellten Ver-
                                                 gleitkonferenz des Internationalen Waldkunstpfads fand
anstaltungen finden sich unter                   bereits zum dritten Mal im Schader-Forum statt. Damit zeigt
www.schader-stiftung.de                          sich die Verstetigung dieses Formats. Die Waldkunst-Kon-
                                                 ferenzen bieten einen deutlichen Gewinn für die Kooperati-
                                                 onspartner, auf der einen Seite im Zugewinn von Expertise
                                                 und Sichtbarkeit, aus Perspektive der Stiftung in der weiteren
                                                 Erschließung kultureller Themenfelder und der Öffnung
                                                 hin zur Stadtgesellschaft.

                                                              W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
                                                              7 - WA L D K U N S T- KO N F E R E N Z

18                  S C H A D E R - D I A LO G   GOOD LUCK
L E A D E R S H I P AC A D E M Y                                 die Praxis sowie verantwortliche Forschung und Praxis. Im
DER GERMAN SCHOLARS                                              Gespräch wurde deutlich, welche Relevanz der Dialog-
                                                                 fähigkeit zukommt und welch wertvolle „Übersetzungsarbeit“
O R G A N I Z AT I O N                                           die Stiftung an dieser Stelle leistet. Eine erweiterte Publi-
                                                                 kation, die zum 30. Gründungstag der Stiftung im November
   27. Februar bis 3. März 2018                                  2018 erscheinen soll, wird den Verlauf der Tagung nach-
                                                                 zeichnen. Die Vorbereitung des Symposiums lag beim Vor-
    Die Leadership Academy richtet sich an exzellente            sitzenden des Vorstands, Alexander Gemeinhardt, dem
deutschsprachige Early- und Mid-Career-Wissenschaftlerin-        Sprecher des Kleinen Konvents, Prof. Dr. Klaus-Dieter
nen und -Wissenschaftler an Universitäten und anderen            Altmeppen, und Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger Ph.D.,
Forschungseinrichtungen im Ausland, die eine Rückkehr            Sprecherin des Senats der Schader-Stiftung.
nach Deutschland anstreben. Die Academy ist so konzi-
piert, dass sie Karrierewege sowohl innerhalb als auch außer-                W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
halb der Wissenschaft aufzeigt und ebnet. Damit erfüllt                      P R A X I S D E R G E S E L L S C H A F T SW I S S E N -
sie eine wichtige Orientierungs- und Navigationsfunktion.                    SCHAFTEN

    In ihrer fünftägigen Präsenzphase in Darmstadt hatten
die insgesamt 25 Teilnehmenden die Möglichkeit, im Rah-          S OZ I A L E R Z U S A M M E N H A LT I N D E R
men von Besuchen bei Forschungseinrichtungen und Unter-          S TA D T: WA S K A N N I N T E G R I E R E N D E
nehmen verschiedene Karrierewege kennenzulernen. In
Gesprächen unter anderem mit Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsi-    S TA D T E N T W I C K L U N G L E I S T E N ?
dentin der Goethe-Universität Frankfurt am Main, einem
Gründer, einer Wissenschaftsjournalistin und Gästen aus dem         20. April 2018
Wissenschaftsmanagement konnten die Fellows intensive
Einblicke in die derzeitige Situation für Wissenschaftlerinnen       Für die persönlichen Lebenschancen spielt es eine große
und Wissenschaftler in Deutschland erhalten und ihr Netz-        Rolle, in welcher Region und welchem Teil der Stadt man
werk ausbauen.                                                   aufwächst, wohnt und Zeit verbringt. Die Forschung zur Inte-
                                                                 grierenden Stadtentwicklung trägt zur Entwicklung sozial-
             W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /      räumlich differenzierender Handlungsstrategien einer integra-
             GSOLA18                                             tiven Stadtpolitik bei.

DIE PRAXIS DER GESELLSCHAFTS-
WISSENSCHAFTEN

   16. Juli 2018

    Aus Anlass des 90. Geburtstags des Stifters Alois M.
Schader griff das Symposium „Die Praxis der Gesellschafts-
wissenschaften“ ein grundsätzliches Desiderat der Schader-
Stiftung auf und führte es im Gespräch zwischen ausgewiese-
nen Expertinnen und Experten im Horizont der Stiftung aus.

   Das Symposium „Die Praxis der Gesellschaftswissen-
schaften“ setzte sich mit der Grundfrage des Stiftungszwecks         Gemeinsam mit dem Netzwerk Stadtforschung Hessen
auseinander. Dabei kamen viele der Stiftung verbundene           und dem Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterent-
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie auch der aka-       wicklung, Düsseldorf, organisierte die Schader-Stiftung am
demische Nachwuchs zu Wort und diskutierten gemeinsam            20. April 2018 einen Workshop, in dem integrierende Pro-
über öffentliche Wissenschaft, akademische Ausbildung für        jekte aus der Stadtforschung mit zahlreichen Fachleuten für

                                                                             PROJEKTE 2018                                              19
das Themengebiet „Integration“ diskutiert wurden. Im Mit-         Nutzer zu erhöhen und unkomplizierte Wege proaktiver
telpunkt des Workshops im Rahmen des Projekts Integra-            Lebensgestaltung aufzeigen. Wie ist dabei die Gefahr neuer
tionspotenziale in Gesellschaftswissenschaften und Praxis des     Abhängigkeiten von letztlich unverstandenen Hintergrund-
Landesprogramms WIR des Hessischen Ministeriums für               prozessen in den Griff zu bekommen, die bereits durch simple
Soziales und Integration standen neue Formen einer partizi-       Fehlfunktionen etwas Anderes liefern können als die er-
pativen Stadtgestaltung und die sozialen und räumlichen           wünschte numerische Auskunft über den eigenen Gesund-
Bedingungen für eine gelingende Integration von Zugewan-          heitszustand?
derten. Neben der sozialen Zusammensetzung der Bewoh-
nerschaft entfalten auch spezifische Infrastrukturen eine inte-       Inwieweit gereichen die Techniken der Selbstvermessung
grationsfördernde Wirkung. Sie sollten Gelegenheit zur            dem Wohl der Nutzer, der unbeteiligten, aber mitvermes-
niedrigschwelligen Begegnung und Anlässe für gemeinsames          senen Dritten wie Freunde, Verwandte oder Pflegepersonal,
Handeln bieten.                                                   bis hin zu Nicht-Nutzern? Alle diese Gruppen sehen sich
                                                                  neuen Angeboten von Krankenkassentarifen sowie invasiver
    Um eine große Zahl von Menschen mit unterschiedlich-          Alltags- und Medizintechnik gegenüber. Unter welchen
sten sozio-kulturellen Hintergründen und rechtlichem              Bedingungen lassen sich Gesundheit, soziale Teilhabe, Selbst-
Status zu integrieren, soll ihnen der Zugang zu Sprache,          bestimmung und Technikkompetenz realisieren, ohne dabei
Bildung und Beschäftigung ermöglicht werden. Zugleich             neue Ungleichheiten zu generieren oder Personengruppen
braucht es Konzepte und Methoden der Integration in die           von der Teilhabe auszuschließen?
jeweiligen Stadtgesellschaften. Die lokalen Ausgangslagen
sind höchst unterschiedlich: Es differieren die individuellen        Das Symposium wurde in Kooperation mit der Hoch-
Integrationsverläufe in städtischen und ländlichen Räu-           schule Furtwangen (Projekt VALID) durchgeführt.
men, die Situation auf den Wohnungsmärkten oder die Lage
im Bereich der niedrigqualifizierten Beschäftigungen. Kon-                     W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
kurrenzen zwischen neu hinzukommenden und alteingeses-                         SELBSTVERMESSUNG
senen Gruppen dominieren mehr und mehr das Stadtklima.

             W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /       MAUERN DURCHBRECHEN UND
             S OZ I A L E R Z U S A M M E N H A LT
                                                                  Z U S A M M E N A R B E I T S TÄ R K E N –
                                                                  K N O W L E D G E S H A R I N G I N L AT E I N -
SELBSTVERMESSUNG ZWISCHEN
                                                                  A M E R I K A U N D WA S E U R O PA
E M P OW E R M E N T U N D N EU E N
                                                                  LERNEN KANN
BARRIEREN
                                                                     18. Juni 2018
     17. und 18. April 2018
                                                                      Im Rahmen des vierten European Lounge Talk, der von
    Digitale Selbstvermessungsanwendungen, vom Fitness-           der Schader-Stiftung in Kooperation mit dem Jean Monnet
Tracker bis zum Blutzuckermessgerät, erfreuen sich zu-            Centre of Excellence „EU in Global Dialogue“ (CEDI) am
nehmender Beliebtheit. Die innovativen Einsatzmöglichkeiten       18. Juni 2018 im Schader-Forum in Darmstadt veranstaltet
von Selbstvermessungsanwendungen führen zu neuen Fra-             wurde, erörterten Prof. Dr. Michèle Knodt, CEDI Director
gestellungen, die nur im Dialog zwischen interdisziplinärer       und Professorin an der Technischen Universität Darmstadt,
Wissenschaft und der Praxis des Gesundheitswesens und             Annette Bähring und Dr. Ulrich Müller von der Deutschen
der Gesundheitspolitik geklärt werden können.                     Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ),
                                                                  Zirahuén Villamar von der Freien Universität Berlin und Citlali
   Selbstvermessungstechniken führen zu einem veränderten         Ayala-Martínez, Forschungsprofessorin am Instituto Mora
Verhältnis von (Gesundheits-)Technik und Körperlichkeit.          in Mexiko, wie Knowledge-Sharing hilft, Wissen neu und ef-
Wie ändert sich dabei das Bild des „gesunden Menschen“?           fektiver zu vermitteln und neue Ansätze für Wirtschaft,
Leichtverständliche Rückmeldungen über Gesundheits-               Politik und Völkerverständigung anzuregen. In seinem Key-
parameter können helfen, die Gesundheitskompetenz der             note-Vortrag ging Dr. Rogelio Madrueño Aguilar von der

20                           S C H A D E R - D I A LO G           GOOD LUCK
Georg-August-Universität Göttingen auf die Schwierigkeiten       L E R N E N VO M B E S T E N L A N D D E R
von Knowledge-Sharing ein. Er zeigte, wie Knowledge-             W E LT – E I N B L I C K A U S
Sharing schon längst bereits von Kindern genutzt wird und
wir gerade von dieser Sorglosigkeit im Aussprechen und           DEUTSCHLAND AUF SCHWEDEN
Benutzen von Kommunikation lernen können.
                                                                    5. und 6. Juni 2018
             W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
             E U R O P E A N L O U N G E TA L K                      In Deutschland wird Schweden in Sachen Gleichberech-
                                                                 tigung, Inklusion, Integration, aber auch hinsichtlich der
                                                                 Bildungspolitik als Vorzeigeland angesehen. Eine flächende-
MIT EVIDENZ UND ERKENNTNIS                                       ckende Kinderbetreuung, nachhaltige Entwicklung und
G E G E N „ A LT E R N AT I V E FA K T E N “ ?                   ein funktionierender Wohlfahrtsstaat gehören zu den Errun-
                                                                 genschaften, die sich viele europäische Länder auch für
Z U M V E R H Ä LT N I S VO N W I S S E N -                      eigene Politiksysteme und Gesellschaften wünschen würden.
S C H A F T, M E D I E N U N D P O L I T I K I M
                                                                     Doch entsprechen die gesellschaftlichen und politischen
D I G I TA L E N Z E I TA LT E R                                 Entwicklungen in Schweden wirklich der Realität oder
                                                                 idealisieren wir unser Bild dieses skandinavischen Landes?
   9. Juli 2018                                                  Und was kann man aus der Diskrepanz zwischen Utopie
                                                                 und deutscher Wirklichkeit lernen? Expertinnen und Experten
    Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Ringvor-           aus unterschiedlichen Disziplinen und Institutionen disku-
lesung „Global Challenges“ richtete das Institut für Politik-    tierten in diesem Workshop das Spannungsfeld zwischen der
wissenschaft der Technischen Universität Darmstadt in            vermeintlichen Idealwelt Schwedens im Vergleich mit der
Kooperation mit der Schader-Stiftung eine öffentliche, dialog-   Realität und die Perspektive auf die deutsche Situation.
orientierte Veranstaltung zum Thema „Mit Evidenz und
Erkenntnis gegen ‚alternative Fakten‘“ aus.                           Im Anschluss an die Tagung fand eine öffentliche Podi-
                                                                 umsdiskussion zum Thema „Schweden von A bis Ö“ statt,
    Mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten             begleitet von der Ausstellung „Schweden revisited 1996 +
und dem Brexit-Referendum in Großbritannien hat die De-          2016“ des Fotografen Christoph Rau. Unter der Moderati-
batte über die politische Bedeutung von Fake News eine           on von Prof. Dr. Michael Haus, Universität Heidelberg,
neue Dimension erreicht. Im Rahmen dieser Ringvorlesung          diskutierten Dr. Stina Kjellgren, Studienleiterin für Europa
wurden die Erfolge der Fake News aus interdisziplinärer          und Jugend an der Evangelischen Akademie Frankfurt,
Perspektive diskutiert. Dabei ging es um eine Analyse des        Christoph Rau, Fotograf, Helen Hoffmann, Geschäftsstellen-
Phänomens. Warum werden Falschmeldungen bewusst ver-             leiterin der Schwedischen Handelskammer in Deutschland,
breitet und warum werden sie geglaubt? Welche Rolle spielen      und Martin Goldberg, Einrichtungshauschef IKEA Hanau.
dabei die sozialen Medien und neue Formen der politi-
schen Kommunikation? Wie hängen populistische Politikstile                   W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
und Fake News zusammen?                                                      DA S B E S T E L A N D D E R W E LT

    Teilnehmende der Podiumsdiskussion im Schader-Forum              Im Rahmen des Projekts Integrationspotenziale in Gesell-
waren Sylke Gruhnwald, Reporterin beim Schweizer Digi-           schaftswissenschaften und Praxis der Schader-Stiftung
tal-Magazin „Republik“, Prof. Dr. Andrea Rapp, Literatur-        gefördert durch das Landesprogramm WIR – Wegweisende
wissenschaftlerin und Vizepräsidentin der Technischen            Integrationsansätze Realisieren des Hessischen Ministeriums
Universität Darmstadt, Volker Stollorz, Redaktionsleiter des     für Soziales und Integration.
Science Media Centers, Köln, und Karin Wolff, Darm-
städter Landtagsabgeordnete und ehemalige Hessische Kul-
tusministerin, sowie als Moderator Prof. Dr. Jens Steffek
vom Institut für Politikwissenschaft an der Technischen Uni-
versität Darmstadt.

             W W W. S C H A D E R - S T I F T U N G . D E /
             FA K E N E W S

                                                                             PROJEKTE 2018                                    21
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