Die Arbeit der Fanprojekte gegen Rassismus
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Fanprojekt Aue Fanprojekt Augsburg Fanprojekt Babelsberg Fanprojekt der Sportjugend Berlin Fanprojekt Bielefeld Fanprojekt Bochum Fanprojekt Bremen Fanprojekt Darmstadt Fanprojekt Dortmund Fanprojekt Dresden Fanprojekt Düsseldorf Fanprojekt Duisburg Fanprojekt Frankfurt Fanprojekt Halle HSV-Fanprojekt Fanprojekt Hannover Fanprojekt Jena Kölner Fanprojekt Fanprojekt Leipzig Fanprojekt Leverkusen Fanprojekt Mainz Fanprojekt Mannheim Fanprojekt Nürnberg Fanprojekt Plauen Ludwigshafen Fanprojekt Fanladen St. Pauli Schalker Fanprojekt Fanprojekt Trier Saarbrücken Fanprojekt Wolfsburg Fanprojekt Wuppertal Fanprojekt Zwickau
Inhalt 3 Vorwort der Herausgeber 5 Grußwort · Hendrik Große Lefert, Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) 6 Eine Fankurve ohne Nazis und Rassisten – Möglichkeiten und Grenzen der sozialpädagogischen Fanprojekte Michael Gabriel und Gerd Wagner, Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) 10 Weiterführende Literatur 12 Tolerant am Ball · Fanprojekt Aue 14 »Copa Augusta Antiracista« · Fanprojekt Augsburg 16 Flüchtlinge durch Fußball integrieren · Fanprojekt Babelsberg 18 Kick racism out · Fanprojekt der Sportjugend Berlin 20 Wo stehst du? · Fanprojekt Bielefeld 22 Kunst gegen Rassismus · Fanprojekt Bochum 24 JuMixx yourself! · Fanprojekt Bremen 26 Football is Freedom · Fanprojekt Darmstadt 28 Lernzentrum als Anziehungspunkt · Fanprojekt Dortmund 30 Love Dynamo – hate racism · Fanprojekt Dresden 32 Fußball ohne Grenzen · Fanprojekt Düsseldorf 34 Fair kriegt fünf · Fanprojekt Duisburg 36 Im Gedächtnis bleiben · Fanprojekt Frankfurt 38 Hallesche FC-Fans in Polen · Fanprojekt Halle 40 Kein Spiel wie jedes andere · HSV-Fanprojekt 42 Umgang mit rechten Tendenzen, Rassismus und Diskriminierung im Fußballumfeld · Fanprojekt Hannover 44 20 Jahr Feier im Zeichen der Zivilcourage · Fanprojekt Jena 46 multikulinarisch – multikulturell · Kölner Fanprojekt
48 Ein Fanprojekt für ganz Leipzig · Fanprojekt Leipzig 50 Kalender gegen Gewalt und Rassismus« · Fanprojekt Leverkusen 52 Tatort Stadion 2 · Fanprojekt Mainz 54 Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen Fanprojekt Mannheim/Ludwigshafen 56 Sport gegen Rassismus · Fanprojekt Nürnberg 58 Faire Begegnungen · Fanprojekt Plauen 60 »Doppelpass« – Streetsoccer als Angebot für Toleranz und Zivilcourage Fanprojekt Saarbrücken 62 Mehr als ein Fanprojekt · Fanladen St. Pauli 64 Gemeinsam gegen Rassismus! · Schalker Fanprojekt 66 Antirassimusarbeit vor Ort · Fanprojekt Trier 68 »Wir schauen hin!« · Fanprojekt Wolfsburg 70 Respekt! Gegen Rassismus – Für Toleranz! · Fanprojekt Wuppertal 72 Respekt, Toleranz, Freiräume, Alternativen · Fanprojekt Zwickau 74 »Integration. Gelingt spielend.« · Bundesliga-Stiftung 76 Rassismus im Fußball: »Die Kreisliga ist das wahre Leben« Interview mit dem Sportjournalisten Kwamena Odum 78 Weißt du, was du trägst? 80 Die Internationalen Wochen gegen Rassismus: Ein Projekt des Interkulturellen Rates 81 Impressum
3 Vorwort der Herausgeber Anlässlich der Internationalen Wochen gegen Rassismus Das Fußballjahr 2012 ist mit der Männer-Europa- 2012 veröffentlichen die Koordinationsstelle Fanpro- meisterschaft von einem Großereignis geprägt, das in jekte (KOS) bei der Deutschen Sportjugend, die Bun- zwei Ländern stattfindet, in denen die tödlichen Folgen desarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG e.V.) von Rassismus noch immer greif- und erfahrbar sind. In und der Interkulturelle Rat in Deutschland die 3. Aus- Polen und der Ukraine sind während des Dritten Reichs gabe der Broschüre »Unsre Kurve – Kein Platz für Ras- Millionen von Juden, Sinti und Roma und anderen Min- sismus«. Insgesamt 31 Fanprojekte von Vereinen bis derheiten ermordet worden. Zahlreiche Mahn- und Ge- hinunter in die 5. Liga stellen darin ihr vielfältiges En- denkstätten, ehemalige Konzentrations- und Vernich- gagement und ihre Projekte gegen Rassismus und Dis- tungslager erinnern hieran. Es ist gut und richtig, dass kriminierung im Fußballsport vor. Darüber hinaus schil- viele Fanprojekte solche Orte gemeinsam mit Fans auf- dern DFB und DFL in der Broschüre ihre Bemühungen suchen, sich dieser Erinnerung stellen und daraus ihre um Fortschritte in der Integration und im Kampf gegen Schlüsse für das Hier und Heute ziehen. Rassismus und Diskriminierung. Der Journalist Kwame- na Odum wirft zudem einen persönlichen Blick auf die Denn wer Rassismus in der Kurve und auf dem Platz aktuelle Situation in und um die Stadien herum. leugnet oder als lässliche Sünde in der »Hitze des Ge- fechts« verharmlost, der verschließt die Augen vor der Die Fanprojekte richten sich mit ihrer Arbeit gegen Ras- Wirklichkeit und leistet dem Kampf gegen Rassismus ei- sismus und Diskriminierung immer und zuerst an die nen Bärendienst. Die Fanprojekte schauen nicht weg, sie aktiven Fans in den Kurven. Darüber hinaus adressieren nehmen die »Herausforderung Rassismus« während der sie aber auch »normale« StadionbesucherInnen, Spiele- Internationalen Wochen gegen Rassismus und darüber rInnen, SchiedsrichterInnen, Vereins- und Verbands- hinaus an. Sie sind deshalb wichtige zivilgesellschaftliche funktionäre. Denn Rassismus geht alle an! Akteure und unverzichtbare Bündnispartner im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung. Voraussetzungen, um Rassismus zu überwinden, sind die Bereitschaft, sich kritisch mit den eigenen rassistischen Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden an dieser Bro- Denkstrukturen auseinanderzusetzen und sich aktiv zu schüre für ihr Engagement. Der Fußball kann Grenzen engagieren. Die Fanprojekte leisten hier Beispielhaftes. überwinden und Brücken zwischen Menschen unter- Wir wollen dieses Engagement mit dieser Broschüre schiedlicher Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Kultur, Reli- sichtbar machen und damit einen Kontrapunkt zu der gion oder sexueller Orientierung bauen. Hierzu wollen veröffentlichten Meinung setzen, die aktive Fans zu oft wir beitragen und ermutigen. unreflektiert mit Intoleranz und Gewaltbereitschaft in Verbindung bringt.
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5 Grußwort Hendrik Große Lefert, Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Sicherheitsbeauftragter des Deut- schen Fußball-Bundes – diese Rolle mache ich mir derzeit noch in ihren unterschiedlichen Ausprägungen vertraut. Von meinem Vorgänger habe ich diese schwierige Aufgabe im Oktober 2011 übernommen. In meinen ersten Monaten haben wir engagierte Debatten geführt, in deren Mittelpunkt das Austarieren von Sicherheit im Stadion und den Wünschen einiger Fangruppen stand. Keinerlei Debatte führen wir, wenn es um Rassismus im Fußball geht. Rassistisches Verhalten von Spielern, Trainern, Offiziellen oder Fans ist Hendrik Große Lefert nicht hinzunehmen. Ein solches Verhalten ist nie ein Kavaliersdelikt. Die positiven Kräfte zu stärken ist Wer dann protestiert oder sich sogar Auch auf dem Spielfeld, »in der auch Aufgabe der Fanprojekte, wehrt, braucht eine klare Denke, Hitze des Gefechts«, ist nicht deren Arbeit der DFB im Rahmen eine klare Sprache. Und manchmal alles erlaubt. Mehr noch, der DFB des Nationalen Konzepts Sport auch Mut. Wir respektieren unter- engagiert sich aktiv. Es ist gute und Sicherheit unterstützt. Derzeit schiedliche Weltanschauungen, Tradition, dass wir die Internatio- sind DFB und DFL über die Drittel- deshalb steht der DFB für einen nalen Wochen gegen Rassismus finanzierung neben Ländern und werteorientierten Fußball. in den Fußballstadien aktiv unter- Kommunen an der Förderung von stützen. Durch die Vergabe des über 50 Fanprojekten in den ersten Auch die starke Betonung der Julius Hirsch Preises seit 2005 und fünf Ligen beteiligt. Wir unter- integrativen Kraft des Fußballs, das kontinuierliche Wirken der stützen damit die Selbstregulierung etwa durch die Projekte der DFB- ›AG für Toleranz und Anerkennung, der Fanszenen. Dies geschieht in Stiftung Sepp Herberger oder die gegen Rassismus und Diskriminie- einem wirkungsvollen Miteinander jährliche Vergabe des DFB- und rung‹ setzt der Fußball starke Zei- der Fananlaufstellen des DFB und Mercedes-Benz Integrationspreises, chen gegen jede Form rassistischen der DFL, der KOS und Fangruppie- senden eine laute anti-rassistische Handelns. rungen. Botschaft. Denn Rassismus beginnt mit einer schleichenden Erniedri- In einem aufgeklärten, weltoffenen gung und Ausgrenzung. Wer aus- Umfeld fällt es leicht, sich gegen grenzt, diskriminiert und sich rassis- Rassismus und Diskriminierung zu tisch verhält, hat im Deutschen stellen. Die Sachlage schaut schnell Fußball-Bund einen entschiedenen anders aus, wenn im vollgepackten Gegner. Dies wird auch in Zukunft Stehblock eine Gruppe Zuschauer so bleiben. einen Spieler mit rassistischen Sprü- chen zu erniedrigen versucht. Wenn Grundwerte wie Einigkeit, Recht und Freiheit auf dem Spiel stehen.
6 Eine Fankurve ohne Nazis und Rassisten – Möglichkeiten und Grenzen der sozialpädagogischen Fanprojekte Michael Gabriel und Gerd Wagner, Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) »Die Welt ist zwar kein Fußball, Demgegenüber stellen die Fanpro- aber im Fußball findet sich eine jekte einen Versuch dar, die gesell- ganze Menge Welt« dichtete einst schaftliche Komplexität der Fankul- Ror Wolf und ohne weiteres lässt tur zu erfassen und in der Alltagsar- sich dieses Bonmot auch auf das beit umfassend zu berücksichtigen. Phänomen der Fankultur über- Denn die Fankurve ist mehr als nur tragen. Dieses gleichermaßen eine Problemzone. Sie bietet viel- einzigartige wie komplexe Milieu fältigste Möglichkeiten für positives stellt insbesondere jungen Männern, Engagement, Kreativität, Solidarität seit einigen Jahren zunehmend und ein enormes Anerkennungs- aber auch jungen Frauen, vielfältige potenzial für Menschen, die mögli- Erfahrungs- und Erprobungs- cherweise in anderen Lebensberei- räume mit stark identitätsbildendem chen Schwierigkeiten haben. Diese Potenzial zur Verfügung. Es stellt Möglichkeiten zu gestalten ist Prä- keine Übertreibung dar, wenn die ventionsarbeit, die einem Abgleiten Stehplatzbereiche der Stadien an in fatale Gewaltzirkel entgegen- Spieltagen als ›größte Jugendhäuser wirkt. der Stadt‹ beschrieben werden. In den Medien dagegen tauchten Grundlage und kurze Geschichte Michael Gabriel Fußballfans lange Zeit nahezu aus- der Arbeit von Fanprojekten schließlich als Störer1, Randalierer, Seit 1993 ist die Zahl der Fanpro- Rechtsradikale oder Gewalttäter Das 1993 eingeführte und 2012 jekte von einst zwölf auf ein beacht- auf. Der Aspekt der Gefahrenab- aktualisierte Nationale Konzept liches Netzwerk von 48 aktiven wehr stand im Mittelpunkt polizei- Sport und Sicherheit (vgl. Deutsche Projekten bis hinunter in die 5. Liga lichen und gesetzgeberischen Han- Sportjugend 1992) trug wesentlich angewachsen. Die großen Vorbe- delns: enge Polizeibegleitung, hohe zu einer Stabilisierung und Ver- halte gegenüber deren Arbeit sind Zäune und Videoüberwachung in stetigung der Arbeit der Fanprojek- stetig kleiner geworden und spätes- den Stadien und die Einrichtung te bei, insbesondere weil in ihm tens nach der Übernahme des Prä- von Datenbanken wie z.B. der Datei auch das grundlegende Finanzie- sidentenamtes beim DFB durch »Gewalttäter Sport«. Die ausschließ- rungsmodell verabschiedet wurde. Dr. Theo Zwanziger einer nachhal- liche Fokussierung auf Restriktion Werden die inhaltlichen und struk- tigen und aktiven Unterstützung erwies sich als kontraproduktiv und turellen Rahmenbedingungen gewichen. Im Jahr 2006 haben führte in Teilbereichen sogar zu eingehalten, beteiligen sich drei DFB und DFL die Fanthematik aus einer Verschärfung der Sicherheits- Partner zu gleichen Teilen an der dem verbandseigenen Verantwor- problematik rund um den Fußball- materiellen Ausstattung eines tungsbereich Sicherheit gelöst und sport. Fanprojektes. Auf öffentlich-recht- somit auch die Mehrdimensionalität licher Seite sind dies die Stadt sowie des Phänomens anerkannt. das Bundesland und auf sportver- bandlicher Seite je nach Ligenzuge- Rassismus und Fankultur – hörigkeit der DFB oder die DFL. Woher kommen wir? Zur Beratung beim Aufbau von Fanprojekten wurde ebenfalls 1993 Ungefähr zehn Jahre nachdem die Koordinationsstelle Fanprojekte sich die Fankultur entwickelt hatte, bei der Deutschen Sportjugend zogen Anfang der 1980er Jahre 1 Im Folgenden wird in den Fällen nur die (dsj) eingerichtet. Fan-Clubs, die sich martialisch männliche Schreibweise verwendet, in denen es sich bei den Bezeichneten ganz Borussenfront, Frankenterror oder überwiegend um Männer handelt. Zyklon B nannten, zunehmend
7 die öffentliche Aufmerksamkeit auf sowohl was die erforderlichen sich. In Frankfurt/M. schaffte es Ressourcen betrifft als auch in Be- die Adlerfront im Mai 1982 bis in zug auf das nötige Know-How. die Tagesschau, als sie in die 1. Mai Fanprojekte leisten im Bereich Anti- Demonstration des DGB stürmte Diskriminierung wertvolle Arbeit, und dabei insbesondere nichtdeut- die aber in einen breiteren Kontext sche Demonstrierende attackierte. von Präventionsbestrebungen ein- Die in der Fanszene verbreiteten gebettet sein muss. Wenn man sie nationalistischen, chauvinistischen mit dieser Arbeit alleine lässt, dann und neofaschistischen Haltungen stellt das schlicht eine strukturelle und Aktionsformen waren vielerorts Überforderung dieser Arbeit und dominant für das Erscheinungsbild ihrer Möglichkeiten dar. D.h. die der Kurven. Aufgabe der Prävention lässt sich nicht ausschließlich auf die Fan- Im Vergleich zu den 1980er-Jahren projekte delegieren, die Vereine hat sich die Situation bezogen auf sind genauso in die Verantwortung rassistische und diskriminierende mit ein zu beziehen. Vorfälle in den Stadien wesentlich verbessert. Auch wenn Menschen Gerd Wagner Die Herausforderung mit rechtsextremen Einstellungen nicht aus den Stadien verschwunden renden Zugangs zu dieser Ziel- Trotz aller intensiven Bemühungen sind, so sind doch aus den meisten gruppe. Fanprojekte nehmen die bleibt das Thema stets virulent. Fankurven keine massenhaft rassisti- jugendlichen Fans individuell in Rechtsextremismus ist weder ein schen Beschimpfungen zu verneh- ihrer spezifischen Lebenssituation ausschließlich an Gewalt gebunde- men. An dieser positiven Entwick- ernst und tragen dazu bei, die vielen nes, noch ein reines Jugendpro- lung haben die Fanprojekte einen positiven Potenziale der Fankultur blem. Genauso waren und sind großen Anteil, weil sie seit Jahren zu aktivieren und für die Gesell- Rechtsextremismus und Rassismus die positiven Kräfte der Fankultur schaft nutzbar zu machen. Der Fuß- im Bereich des professionellen Fuß- betonen und insbesondere die ball insgesamt, aber besonders die ballsports kein reines Problem der jüngeren Fans durch vielfältige und Fankultur, stellen eine sehr große Fankurven, sondern finden ihren kreative Aktivitäten im Kampf ge- Kraft im Kampf gegen Rechtsextre- Platz ebenso auf den Tribünen, gen Rassismus und Diskriminierung mismus und Rassismus dar. Von in den Ehrenlogen und Präsidien sensibilisieren. daher muss die Fankultur als wich- oder auch auf dem Rasen. Dement- tiger Faktor in der Zivilgesellschaft sprechend vielfältig sollten die Be- Neben den aktiven Fangruppen erkannt und dementsprechend ge- teiligten wie auch Adressaten und selbst sind Fanprojekte, zumindest fördert werden. Die Fanprojekte Adressatinnen von Gegenstrategien im Bereich des Profifußballs, sicher- stellen hier das bisher erprobteste sein. Die langfristig auf Verhaltens- lich einer der aktuell relevantesten und erfolgreichste Mittel dar. änderung abzielende Arbeit der Akteure für die Auseinandersetzung Fanprojekte war immer daran orien- mit Rechtsextremismus und Frem- Das heißt jedoch nicht, dass die tiert, die Fans in der Fankurve zu denfeindlichkeit im Fanmilieu. Das Fanprojekte, so wie wir sie heute halten und mit ihnen gemeinsam gilt zum einen quantitativ – mit 48 haben, diese Aufgabe einfach so mit die für die Jugendlichen positiven Projekten realisieren sie den Groß- übernehmen können. Rückmeldun- Aspekte ihrer Fankultur zu fördern. teil pädagogischer Angebote in den gen aus den Projekten deuten viel- Wissend, dass repressive, aber auch Stadien überhaupt – , zum anderen mehr darauf hin, dass viele Fanpro- individualisierte sozialpädagogische aber auch wegen ihres spezifischen, jekte für diese spezielle Aufgabe in Strategien enge Grenzen haben, auf gegenseitigem Vertrauen basie- die Lage versetzt werden müssen – versucht die Arbeit der Fanprojekte
8 den Lebens- und Lernkontext Autorinnen zu dem Schluss, dass allen anderen pädagogischen Initia- Stadion, den Erfahrungsort Fan- »sichtbares und hörbares fremden- tiven auch muss die Arbeit zuerst kultur2, mitzugestalten. feindliches und rechtsextremes an den Bedürfnissen der Zielgruppe Verhalten auf den Rängen in den »Fans« orientiert sein. Dies erfor- Vereinsfunktionäre und Spieler/in- Stadien in den letzten Jahren zu- dert eine starke und selbstbewusste nen, die ignorant den Bedürfnissen rück gegangen, aber nicht ver- Trägerschaft, die im Konfliktfall die ihrer Fans gegenüber stehen, Poli- schwunden« ist (Behn/Schwenzer Unabhängigkeit der Fanprojekte zei und Ordnungsdienste ohne 2006, S. 328). von Verein, Sicherheitsinteressen Gespür für die Aktivitäten der Fan- und kurzfristigen politischen Inter- szene als jugendkulturelles Phäno- Strategien der Fanprojekte essenlagen stärkt. men sowie kommunale Verwaltung im Umgang mit Rassismus und und Politik, die sich nur kurzfristig Rechtsextremismus in den ■ Langfristig werden pädagogische und instrumentell den Jugendlichen Fankurven Initiativen der Fanprojekte aber nur zuwenden, haben außerordentli- dann wirksam werden, wenn das chen, meist negativen Einfluss auf Konkrete Beispiele aus der Arbeit Umfeld, insbesondere die Verant- die jugendliche Fanszene. Denn der Fanprojekte sind vielfältig. In wortlichen bei Stadt und Verein, ihr wenn gesellschaftliche Instanzen dieser Broschüre werden einige bisher instrumentelles Verhältnis mit jugendlichen Fans undemokra- davon von den Fanprojekten selbst zum Fanprojekt überdenken sowie tisch und entwertend umgehen, ausführlich dargelegt. Ziel dieser sich selbst offensiver und erkenn- fällt es schwer, innerhalb der Fan- Überlegungen ist es daher, das barer der Thematik zuwenden. szene für die Stärkung einer kom- Hauptaugenmerk auf zu verallge- munikativen und demokratischen meinernde Grundsätze zu legen. ■ Der Aufbau vertrauensvoller und Kultur zu werben. Die Themati- belastbarer Beziehungen zwischen sierung von Rechtsextremismus, ■ Allen erfolgreichen Projekten Mitarbeiter/innen der Fanprojekte Rassismus und allen anderen For- und Konzepten ist gemeinsam, dass und den jugendlichen bzw. junger- men von Diskriminierung durch sie sich an den je spezifischen Be- wachsenen Fans ist von zentraler die Fanprojekte muss daher in dingungen in den jeweiligen Fan- Wichtigkeit. Dennoch müssen diese inhaltlich umfangreichere Hand- szenen orientieren. Was in Jena Beziehungen distanziert genug lungskonzepte eingebettet sein, die geklappt hat, muss in Hamburg für pädagogische Interventionen eine Veränderung der strukturellen nicht unbedingt funktionieren, bleiben. Gerade wenn Jugendliche Rahmenbedingungen im Blick kann aber etwas abgewandelt in durch Gewalt oder durch rechtes haben, die solche Tendenzen bei Offenbach erfolgreich sein. Auf bzw. rassistisches Verhalten auffällig Fußballfans befördern. Diese Arbeit Grund der großen Anzahl von geworden sind, müssen Mitarbei- ist nicht ohne Erfolge geblieben. Personen und Gruppen in den Fan- ter/innen, statt den Kontakt abzu- In der Meta-Studie des Bundesinsti- szenen zeigt sich in den Kurven brechen, genau analysieren wie tuts für Sportwissenschaften zu eine entsprechend vielschichtige Be- diese Vorfälle einzuordnen sind, um »Wandlungen des Zuschauerverhal- dürfnis- und Interessenlage. Diese danach nach angemessenen Maß- tens im Profifußball« kommen die innerkulturellen Aushandlungspro- nahmen und Reaktionen zu suchen. zesse wahrzunehmen, zu begleiten und zu strukturieren, gehört zu den ■ Der Aufbau belastbarer Bezie- 2 So haben viele Fanprojekte (u.a. Bre- wichtigsten und anspruchvollsten hungen zu den jugendlichen Fuß- men, Wolfsburg, Hamburg, Offenbach, Halle, Mainz) im Rahmen von Stadion- Aufgaben der Fanprojekte. ballfans basiert zu großen Teilen neubauten Beteiligungsmodelle mit auf dem aufsuchenden Anteil der der und für die Fanszene entwickelt, ■ Eigenständige Initiativen aus der Arbeit. Die Mitarbeiter/innen be- damit die spezifischen Interessen der Fanszene sind der zentrale Anknüp- wegen sich in der Kurve, sitzen in jugendlichen Fankultur (z.B. Stehplätze, Fanräume) auch in der Architektur des fungspunkt für die pädagogische den Bussen und Zügen zu Aus- Stadions gewahrt bleiben. Arbeit der Fanprojekte. Wie bei wärtsspielen und finden sich an
9 allen Orten der Fankultur. Die für Es ist kein Zufall, dass überall dort, die Arbeit unerlässliche Nähe zu wo Fanprojekte über einen ange- den ›Schmuddelkindern‹ erweist messen langen Zeitraum akzeptiert sich leider noch allzu oft als Hinder- und kontinuierlich arbeiten konn- nis in der Kommunikation mit den ten, die kommunikativen und dis- Vereinen. kursiven Strukturen in der Fanszene und darüber hinaus belastbar funk- ■ Neben pädagogischen und tionieren. Nur so lassen sich für die sozialarbeiterischen Kompetenzen Arbeit im Themenbereich Rechts- braucht es in den Fanprojekten sta- extremismus und Rassismus unter- bile Persönlichkeiten mit gefestig- schiedliche Perspektiven, Ebenen, ten, den ungeteilten Menschenrech- Erwartungen, aber auch Ängste bei ten und der Emanzipation ihrer allen Beteiligten durch die Fanpro- jugendlichen Zielgruppe verpflich- jekte ordnen und konstruktiv wen- teten Haltungen. Es sollte Lust an den. Diese Arbeit ist mühsam. Aber, der Diskussion, an Kritik, an demo- auch das ist eine Erfahrung aus kratischen Aushandlungsprozessen 25 Jahren Arbeit mit jugendlichen mit einer glaubwürdigen Ableh- Fußballfans: Es lohnt sich langfris- nung aller Ungleichheitsvorstellun- tig, riskante und erst recht kritische gen in den Personen zusammen Initiativen zu starten, wenn sie der kommen. Emanzipation der Jugendlichen dienen. In diesem Zusammenhang ■ Notwendig ist angesichts der sei abschließend auf die positive Vielschichtigkeit und Komplexität Entwicklung der jugendlichen Fan- der Herausforderungen eine inten- kultur in Deutschland, gerade in sive Vernetzung mit lokalen und Bezug auf ihr Engagement gegen regionalen zivilgesellschaftlichen Rechtsextremismus und Rassismus, Strukturen über die Fanszene hin- verwiesen. aus. ■ Mit Blick auf die sich modernisie- renden Strategien des Rechtsextre- mismus rückt zuletzt auch die Be- deutung von Fortbildungen in den Fokus, die entsprechendes Grund- lagenwissen vermitteln. Mit dem vom DFB und dem Bundesministe- rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanzierten Projekt »Am Ball bleiben – Fußball gegen Rassismus und Diskriminierung« wurde dem erstmals Rechnung ge- tragen. Bezeichnenderweise wurde dieses erfolgreiche Projekt 2009 wieder eingestellt.
10 Weiterführende Literatur Behn, Sabine / Schwenzer, Victoria (2006): Rassismus, Deutsche Sportjugend (2010): Vereine & Verbände stark Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus im Zu- machen – zum Umgang mit Rechtsextremismus im und schauerverhalten und Entwicklung von Gegenstrategien. um den Sport, Frankfurt In: Pilz, Gunter A./ Behn, Sabine/Klose, Andreas/ Schwenzer, Victoria/Steffan, Werner/Wölki, Franciska Gabriel, Michael (2004a): Ultra-Bewegung in Deutsch- (Hrsg.): Wandlungen des Zuschauerverhaltens im land – die Antwort der Kurve auf den Fußball als Event. Profifußball. Schriftenreihe des Bundesinstituts für In: BAFF (Hrsg.): Ballbesitz ist Diebstahl. Göttingen: Sportwissenschaft. Band 114. Schorndorf: Hofmann, Verlag Die Werkstatt, S. 179-195 S. 320-435 Gabriel, Michael (2008): Eine Fankurve ohne Nazis Blaschke, Ronny (2011): Angriff von Rechtsaußen. und Rassisten – Möglichkeiten und Grenzen der sozial- Wie Neonazis den Fußball mißbrauchen, Verlag pädagogischen Fan-Projekte. In: Glaser Michaela, Elve- Die Werkstatt, Göttingen rich, Gabi (Hrsg.), Rechtsextremismus, Fremdenfeind- lichkeit und Rassismus im Fußball – Erfahrungen und Bott, Dieter/Dembowski, Gerd (2006): Stichworte zu Perspektiven der Prävention, Halle: Deutsches Jugend- Fußball, Männlichkeit, deutschem Nationalismus und institut, S. 35-53. Herrschaft. In: Kreisky, Eva/Spitaler, Georg (Hrsg.): Arena der Männlichkeit. Über das Verhältnis von Göbbel, Narciss (1986): Fußballfans. Ballverliebte Fußball und Geschlecht. Campus: Frankfurt am Main/ Phantasien an einem sicheren Ort. In: Psychologie und New York Gesellschaftskritik, H. 10, S. 23-39 Bündnis für Demokratie und Toleranz/am Ball bleiben – Glaser, Michaela/Elverich, Gabi (2008): Einführung: Fußball gegen Rassismus und Diskriminierung/Koor- Fußballsport als Handlungsfeld der Rechtsextremismus- dinationsstelle Fanprojekte (KOS) bei der dsj (2011): und Rassismusprävention. In: Glaser Michaela, Elverich, 11 Fragen nach 90 Minuten - was tun gegen Rassismus Gabi (Hrsg.), Rechtsextremismus, Fremdenfeindlich- und Diskriminierung im Fußball? Frankfurt, Berlin 3. keit und Rassismus im Fußball – Erfahrungen und Auflage Perspektiven der Prävention, Halle: Deutsches Jugend- institut, S. 5-15 Gerd Dembowski/Jürgen Scheidle. Tatort Stadion – Rassismus, Antisemitismus und Sexismus im Fußball. Glaser; Michaela (2008): Die pädagogische Auseinander- Papyrossa-Verlag Köln, 2002 setzung mit Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus im Fußballsport. Ergebnisse einer quali- Deutsche Sportjugend im Deutschen Olympischen tativen Untersuchung zu Ansätzen, Erfahrungen und Sportbund e.V. (Hrsg.) (1992): Ergebnisbericht Natio- Herausforderungen. In: Glaser Michaela, Elverich, nales Konzept Sport und Sicherheit (NKSS). Düsseldorf Gabi (Hrsg.), Rechtsextre mismus, Fremdenfeindlich- keit und Rassismus im Fußball – Erfahrungen und Perspektiven der Prävention, Halle: Deutsches Jugend- institut, S. 124-155
11 Glaser, Michaela (2009): Rote Karte für Rassismus? Wagner, Gerd (2008): Prävention von Rechtsextremis- Chancen und Herausforderungen der Prävention von mus und Fremdenfeindlichkeit - die Rolle des DFB und Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Fußball- der Verbände. In: Glaser Michaela, Elverich, Gabi, sport. In: Gesellschaft. Wirtschaft. Politik. Sozialwissen- Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassis- schaften für politische Bildung mus im Fußball - Erfahrungen und Perspektiven der Prävention, Halle: Deutsches Jugendinstitut, S. 75 - 88 Hafeneger, Benno/Becker, Reiner (2007): Rechte Jugendcliquen. Zwischen Unauffälligkeit und Provoka- Verein für Demokratische Kultur e.V./ Mobile tion. Eine empirische Studie. Schwalbach: Wochen- Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin (MBR) schau Verlag (2006): Integrierte Handlungsstrategien zur Rechts- extremismusprävention und – Intervention bei Jugend- Heitmann, Helmut/Klose, Andreas/ Schneider, lichen. Hintergrundwissen und Empfehlungen für Thomas (1995): Fußballfans – mehr als nur ein Sicher- Jugendarbeit, Kommunalpolitik und Verwaltung. heitsproblem. In: Handbuch aufsuchende Jugend- und Berlin, MBR. Sozialarbeit. Weinheim/ München: Juventa-Verlag, S. 183-196 Heitmeyer, Wilhelm/Peter, Jörg-Ingo (1992): Jugendliche Fußballfans. Soziale und politische Orien- tierungen, Gesellungsformen, Gewalt. Weinheim/ München: Juventa-Verlag Löffelholz, Michael (2004): Die Fan-Projekte und das Dilemma der Modernisierung. Hrsg. von KOS-Fan- projekte. Frankfurt am Main: KOS, S. 11-32 Pilz, Gunter A. (2008): Rechtsextremismus, Rassismus und Diskriminierung im Fußballumfeld – Herausforde- rungen für die Prävention. In: Glaser Michaela, Elverich, Gabi, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus im Fußball – Erfahrungen und Perspektiven der Prävention, Halle: Deutsches Jugendinstitut, S. 16-24 Pilz, Gunter A./Wölki, Franciska (2006): Ultraszene in Deutschland. In: Pilz, Gunter A./Behn, Sabine/ Klose, Andreas/Schwenzer, Victoria/ Steffan, Werner/ Wölki, Franciska (Hrsg.): Wandlungen des Zuschauer- verhaltens im Profifußball. Schriftenreihe des Bundes- instituts für Sportwissenschaft. Bd. 114. Schorndorf: Hofmann, S. 63-223
12 Tolerant am Ball FANPROJEKT AUE Arbeitsansatz ■ Die Fanarbeit orientiert sich an den Richtlinien des »Nationalen Konzepts für Sport und Sicherheit«. ■ Im Kontext der Jugendsozialarbeit setzen wir uns für die Anliegen und Bedürfnisse von Fußballfans ein. »Tolerant am Ball« ■ Die Mitarbeiter des Auer Fanprojekts verstehen sich Eines der zentralen Ziele des Projekts ist die Eindäm- in erster Linie als Ansprechpartner aller Fans und der mung von Gewalt und die Hinführung zu gewaltfreier im Rahmen des Fußballs relevanten Institutionen. Konfliktlösung im Rahmen von Selbstregulierungs- mechanismen mit der Perspektive Gewaltminderung so- ■ Das Fanprojekt wird sich um die Anliegen der Fans wie der Abbau extremistischer Orientierungen (Vorur- kümmern und möchte dabei ein verlässlicher An- teile, Feindbilder, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitis- sprechpartner sein, welcher in anwaltschaftlicher mus usw.) Funktion der Fans fungiert, sich für deren Interessen einsetzt und den konstruktiven Dialog mit Behörden Ein wichtiger Baustein, um diese Ziele zu verwirklichen, und rechtsstaatlichen Organen sucht und pflegt. ist unser jährliches Sommer-Turnier »Tolerant am Ball«, welches seit 2007 organisiert und durchgeführt wird. Ein solches Turnier, unter der Leitung des Auer Fanpro- jekts, ist ein elementarer Bestandteil um die Arbeit gegen Rassismus und Antisemitismus innerhalb und außerhalb der Fußballstadien weiter erfolgreich voranzutreiben. Das Projekt will zusätzlich auch zu interkultureller Öff-
13 Fanprojekt Aue e.V. nung und multikulturellem Austausch anregen. Jedes c/o Kreisjugendring Erzgebirge e.V. Jahr im Sommer stehen sich 12-16 bunt gemischte Bahnhofstr. 37 Mannschaften beim Fanprojektturnier unter dem Mot- 08280 Aue to »Tolerant am Ball« gegenüber. Die Veranstaltung soll dabei einen wichtigen Beitrag zur Demokratie und Tel. + Fax: 03771 - 73 58 84 Toleranzerziehung innerhalb der Auer Fanszene leisten. fan-projekt-aue@t-online.de Zudem wird durch die aktive Beteiligung einer Multikul- www.fanprojekt-aue.de ti-Mannschaft die Integration von Migranten unterstützt und weiter gefördert. Außerdem wollen wir als Fanpro- Mitarbeitende: Frank Steinbach, Michael jekt Aue e.V. mit dem Turnier an die langjährige Vereins- Scheffler und Karolin Hambeck vorsitzende Sylvia Kummer erinnern. Ein interessantes Projekt – multikulturell und intergenerativ – macht Tole- ranz und Fairness erlebbar. Vorurteile und Berührungs- ■ Öffnungszeiten: Mittwoch von 11:00 bis 22:00 Uhr, ängste untereinander werden abgebaut und die Toleranz- Donnerstag von 11:00 bis 15:00 Uhr, Freitag von 11:00 komponente erhöht. »Tolerant am Ball« ist zudem An- bis 18:00 Uhr, und nach Vereinbarung sowie bei Heim- laufpunkt für jede Altersgruppe. spielen bis eine Stunde vor Spielbeginn. Über 250 Personen sind jährlich im Laufe des Turniers Außerdem findet man die Mitarbeiter des Projekts bei am Geschehen beteiligt. Durch regelmäßige Angebote Heimspielen zwei Stunden vor Spielbeginn an der Fan- aller Art im Nachgang des Turniers sichert das Fanpro- projektbude vor dem Stadionhaupteingang. jekt die Nachhaltigkeit des Projektes. Es soll zudem bei noch mehr jugendlichen Fußballfans Interesse für die Fanarbeit geweckt werden. Ziel ist, dass möglichst viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene an einer toleranten, kreativen und gewaltfreien Fankultur aktiv mitwirken!
14 »Copa Augusta Antiracista« FANPROJEKT AUGSBURG Copa Augusta Antiracista 2009 startete die Copa Augusta Antiracista. 2011 wur- de das antirassistische Augsburger Fußballturnier nun zum dritten Mal von organisierten FCA Fans in Koope- ration mit dem Fanprojekt umgesetzt. Toleranz fördern – Kompetenz stärken Das Turnier konnte sich in den letzten Jahren als Dreh- 2011 startete in Augsburg das Projekt »Toleranz fördern und Angelpunkt einer antirassistischen Arbeit etablieren – Kompetenzen stärken« des Bundesministeriums für Fa- und erweiterte sich auf verschiedene Bereiche. 2011 fand milie, Senioren, Frauen und Jugend. Hierüber werden in neben dem Fußballturnier mit 16 Teams eine Veranstal- Augsburg Initiativen gefördert die sich mit Integration, tungsreihe zur Thematik Antirassismus und Flüchtlings- demokratischer Bildung sowie antirassistischer Arbeit arbeit in Augsburg statt. auseinandersetzen und die Zivilgesellschaft in Augsburg fördern. Über dieses Programm konnten im Jahr 2011 Veranstaltungen des Fanprojekts gefördert und damit neue Strukturen in der Umsetzung geschaffen werden. Engagement Hierzu konnte mit Nando Rafael ein Spieler des FC Das Engagement verschiedenster FCA Fans – jung wie Augsburg gewonnen werden, der sich den Fragen des alt – sorgte in den letzten Jahren dafür, dass Rassismus Publikums stellte und aus seinem bewegten Leben er- im Augsburger Stadion keine Rolle spielt und sich aktiv zählte. gegen die Vereinnahmung des Vereins und der Kurve durch rassistische Gruppierungen gewendet wird. Die Vernetzung von verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen, Initiativen etc. sorgt für eine bunte Vielfalt in Die Faninitiativen »FCA Fans gegen Rechts« und »Au- der Umsetzung des Turniers und trägt den antirassisti- gusta Unida« bringen in diesem Rahmen einen großen schen Fußballbezug in die Stadtgesellschaft hinein. ehrenamtlichen Beitrag. Sie organisieren in Kooperation mit verschiedensten FCA Fans oder dem Fanprojekt, aber auch in Eigenregie, unterschiedliche Aktionen, Pro- jekte etc. Der Verein wendet sich seit Jahren aktiv gegen Rassismus im Stadion und unterstützt ein solches Enga- gement auf allen Ebenen.
15 Fanprojekt Augsburg Das seit November 2007 existierende Fanprojekt Augs- Sommestraße 38 burg arbeitet konzeptionell gegen Fremdenfeindlichkeit 86156 Augsburg und unterstützt interkulturelle Initiativen in Augsburg Tel.: 0821 - 455 12 23 und Umgebung. Diese Funktionsbestimmung stellt eine Fax: 0821 - 455 12 24 wichtige Komponente in der alltäglichen Präventions- arbeit dar. fanprojekt@sjr-a.de http://fanprojektaugsburg.wordpress.com Als Themenschwerpunkt kristallisierte sich in den letzten Mitarbeitende: Dennis Galanti, Anna Jahren die Sensibilisierung für verschiedenste Themen- Hörmann und Alexander Wolrab bereiche im Bezug auf Integration sowie Rechtsradika- lismus und Rassismus heraus. Hierzu wurden Angebote und Projekte umgesetzt, die eine solche Sensibilisierung ermöglichen. Copa Augusta Juni 2011 Initiativ Dienstag, 21. Juni: Doku-Film zum Thema Flüchtlings- alltag in Deutschland und Austausch mit Nando Rafael Im Jahr 2011 fanden folgende Veranstaltungen statt: Donnerstag, 23. Juni: Vorstellung der internationalen 31. Januar 2011: »Tag der Erinnerung« – Im Rahmen des Initiative »Show Racism the Red Card« Tags der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wurde in Kooperation mit der Friedrich Ebert Stiftung Freitag, 24. Juni: Football is Freedom – Dokumentation in der Impuls Arena am Spieltag gegen den VFL Bochum des Fanprojekts Darmstadt zum Thema Rassismus beim die Ausstellung »Rechtsextremismus in Bayern« gezeigt. Fußball. Danach: Aufwärmfeier mit Kneipe, Kickern, Biergarten 27. Februar 2011: »Vielfalt in der Friedensstadt« – Ver- anstaltung der Stadt Augsburg zum Thema Vielfalt und Samstag, 25. Juni: Copa Augusta Antiracista – Das Tur- Toleranz in der Stadt. Am zentralen Veranstaltungsplatz, nier Rahmenprogramm: Kicker, Infostände, Swimming- dem Augsburger Rathaus, wurde vom Fanprojekt ein In- pool, Essen und Trinken und vieles mehr formationsstand installiert. Samstag, 25. Juni: Copa in Concert 27. Oktober 2011: »Lesung mit Ronny Blaschke« – ca. 50 Teilnehmer waren bei der Lesung »Angriff von Rechts- außen – Wie Neonazis den Fußball missbrauchen«. ■ Öffnungszeiten: Dienstag 14:00 -18:00 Uhr, Mittwoch 10:00 -13:00 Uhr und 15:00 -20:00 Uhr, Donnerstag 16:00 -22:00 Uhr.
16 Flüchtlinge durch Fußball integrieren FANPROJEKT BABELSBERG Mit dem Aufstieg des SV Babelsberg 03 in die 2. Fuß- ball-Bundesliga im Jahr 2001 entstand in Babelsberg ein sozialpädagogisch arbeitendes Fanprojekt. Von Beginn an wurde und wird von den jeweiligen Mitarbeitern Gre- gor Voehse, Felix Kruse, Barbara Paech sowie Tina Mi- chalek eine auf Akzeptanz ausgerichtete Jugendsozialar- beit mit den jungen Fans des SV Babelsberg 03 geleistet. Auch der zweite Stimmungsblock im Karl-Liebknecht- Stadion, der 2011 eingeweihte und von einem Teil der Zu den vielfältigen Aufgaben der Babelsberger Fanpro- jungen Fans bevölkerte »Ostblock« folgt der Babelsber- jektarbeit gehört dabei auch die Antidiskriminierungs- ger Tradition und hat u.a. durch die Ausarbeitung eines arbeit. Bezüglich dieser kann das Fanprojekt auf einen entsprechenden Kurvenkonsenses ein klar antirassisti- bereits unter der älteren und mittleren Fangeneration sches Profil. geprägten Antidiskriminierungs-Grundkonsens und ein daraus resultierendes Engagement aufbauen. Tatsächlich Die vorhandenen Initiativen und ihr Engagement gegen ist die Positionierung gegen Rassismus seit spätestens Rassismus zu bündeln, die jungen Fans für demokrati- Ende der 90er Jahre fester Bestandteil der Nordkurve, in sches Denken zu sensibilisieren sowie die vorhandene an- der ein Teil der aktiven Fans des SVB stehen. In dieser tirassistische Grundhaltung in die jüngeren Gruppen zu Zeit organisierte sich die Babelsberger Fanszene, um den übersetzen und durch politische Bildungsarbeit dazu damals zunehmenden Diskriminierungen im Kontext beizutragen, ein oftmals eher vages Politikverständnis Fußball entschiedener und effektiver entgegentreten zu mit Inhalt zu füllen, sind einige der Aufgaben der Fan- können. projektarbeit in Babelsberg. Exemplarisch für das entstandene Engagement steht das Diskussions- und Filmabende im Fanladen, aber auch jährlich stattfindende antirassistische Stadionfest »Der Bildungs- oder Gedenkstättenfahrten sind dabei gern Ball ist bunt«, welches seit 2001 von einem aus aktiven gewählte Methoden. Bei der Durchführung bestimmter 03-Fans bestehenden Organisationsteam mit Unterstüt- Veranstaltungen oder Aktivitäten gilt es für das Fanpro- zung u.a. des Vereins und des Fanprojekts veranstaltet jekt, auf einen bereits vorhandenen Fundus von Ideen wird. Die Grundidee des Stadionfests ist es, eine breite- zurückzugreifen und gemeinsam mit älteren Fans im re Öffentlichkeit für die rassistischen Erscheinungen in Sinne eines Intergenerationslernens bzw. des Multiplika- deutschen Fußballstadien zu sensibilisieren und ferner ei- torenansatzes zu agieren. Dies kann u.a. bedeuten, Fans nen aktiven Beitrag zu einem toleranten Miteinander im bei der Organisation und Durchführung von (fußball-) Umfeld des Fußballs zu leisten. politischen Veranstaltungen zu unterstützen, wie bei-
17 Fanprojekt Babelsberg spielsweise bei der aus der Babelsberger Fanszene ent- Karl-Gruhl-Str. 62 standenen Veranstaltungsreihe »Faszination Fußball«. 14482 Babelsberg Zusammen mit den Fans werden so regelmäßig Lesun- Tel.: 0160 - 733 93 19 gen, Filmabende oder Ausstellungen zu den unterschied- lichsten Themenkomplexen veranstaltet. felix@wildwuchs-potsdam.de tina@wildwuchs-potsdam.de Für die Arbeit gegen Rassismus wurde das Fanprojekt www.fanprojekt-babelsberg.de Babelsberg 2007 mit der Ehrengabe zum Theodor- Mitarbeitende: Felix Kruse und Haecker-Preis der Stadt Esslingen ausgezeichnet, da von Tina Michalek diesem »ein systematischer sozialpädagogischer Ansatz um- gesetzt (wird), der am Alltagsleben jugendlicher Fans an- setzt. Ziel ist die Entwicklung einer liberalen Fankultur, die sich auch gegen Rassismus und rechtsradikale Tendenzen tensive, von gegenseitigem Respekt und Verständnis ge- wendet. Mittelpunkt (…) ist der Fanladen, der für jugend- prägte Kontakte und es bildete sich ein Team heraus, liche Fans ab 13 eine wichtige Rolle als Begegnungszentrum das pro Jahr an ca. 5 Turnieren teilnimmt und Erfolge für gemeinsame Aktivitäten darstellt.« in zweierlei Hinsicht erzielen konnte: Rein sportlich konnten schon mehrere Turniersiege errungen werden. Der Fanladen in der Babelsberger Karl-Gruhl-Str. 62 Besonders deutlich zeigten sich jedoch zusätzlich Inte- bietet den Fans einen durch sie gestaltbaren Raum. Er grationseffekte. Ein junger Asylbewerber konnte bei- gibt den einzelnen Fangruppierungen die Möglichkeit, spielsweise in die dritte Mannschaft des SVB integriert eigene Plena und Veranstaltungen durchzuführen und werden. Als ein Flüchtling – ein Teammitglied – von der ihre aufwendigen Choreographien für die Heimspiele Abschiebung bedroht war, sammelten Fans Geld, um vorzubereiten. Während der regulären Öffnungszeiten ihm einen Anwalt zu finanzieren. Nachdem ein anderer und damit auch in Anwesenheit der Sozialpädagogen Asylbewerber und auch Mitglied des Teams nach einem dient er den Jugendlichen als zentrale Anlaufstelle für Streit niedergestochen und im Krankenhaus notoperiert Sorgen und Nöte mit und ohne »Fußballbezug«. Von werden musste, waren seine ersten Besucher im Kran- den Fans wird der Fanladen als ihr »eigener Raum« kenhaus seine Teamkollegen aus der Babelsberger Fan- wahrgenommen, was auch die Übernahme von Verant- szene. wortlichkeiten (z.B. Tresendienst bei Heimspielen und Reinigung) beinhaltet. Wir hoffen, dass das Integrationsprojekt noch mehrere solcher kleinen und größeren Integrationserfolge und Bei Heimspielen des SV Babelsberg 03 hat sich der Fan- darüber hinaus natürlich auch gerne Turniersiege für uns laden zudem als zentraler Treffpunkt für alle Fans des bereithält. Vereins herauskristallisiert. Dass seit Anfang des Jahres 2009 auch regelmäßig Bewohner des Potsdamer Asylbe- ■ Öffnungszeiten: Montag und Donnerstag 16:00 - werberheims Nuthetal vor und nach den Spielen des SVB 22:00 Uhr sowie vor und nach den Heimspielen (ab 2 den Fanladen aufsuchen, hat seinen Ursprung in einem Stunden vor Spielbeginn) vom Fanprojekt Babelsberg initiierten Integrations- projekt. Mit Beginn der Rückrunde der Saison 2008/09 begann das Fanprojekt auf Vorschlag einiger aktiver 03-Fans, zu jedem Babelsberg-Heimspiel eine Einladung an alle Bewohner des Potsdamer Asylbewerberheims am Schlaatz auszusprechen. Je nach Interesse und Bedarf su- chen Flüchtlinge nunmehr den Babelsberger Fanladen auf. Von dort aus wird dann gemeinsam ins Stadion ge- gangen, wo die Asylbewerber das Spiel im Fanblock ver- folgen. Für die Asylbewerber ist der Eintritt zum Spiel dank der Unterstützung der Stadt Potsdam und des SV Babelsberg 03 kostenlos. Ein weiteres Projekt startete das Fanprojekt schließlich im Herbst 2009. Einmal wöchentlich spielen Asylbewer- ber und Babelsberger Fußballfans gemeinsam Fußball. Dabei entstanden bereits innerhalb weniger Monate in-
18 Kick racism out FANPROJEKT DER SPORTJUGEND BERLIN Internationale multilaterale Jugend- begegnungen Unter dem Motto »Footballfans in action – Kick racism »11mm« – Internationales Fußball- out« war das Projekt Mitorganisator und Teilnehmer ei- filmfestival ner multilateralen Jugendbegegnung in Cadiz (Spanien). Die teilnehmenden Jugendlichen beiderlei Geschlechts Seit 2005 veranstaltet das Projekt gemeinsam mit Brot aus Italien, England, Spanien, Österreich und Deutsch- & Spiele e.V. Berlin, Verein für Sport und Kultur das land setzten sich während einer Woche mit dem Problem Internationale Fußballfilmfestival »11mm«. Rassismus im Fußball auseinander und erarbeiteten ge- meinsam Strategien zur Entwicklung einer antirassisti- Überall auf der Welt spricht Fußball die gleiche Sprache schen Fankultur. Als äußerst positiv zeigte sich die prak- und ermöglicht deshalb den filmischen Zugang zu den tische Ausrichtung der Begegnung. Nicht nur anhand Problemen und Lebensweisen von Ländern, Völkern theoretischer Auseinandersetzung, sondern unter Ein- und Kulturen. Fußball als das Esperanto der globalisier- satz verschiedenster kreativer jugendgerechter Aus- ten Gegenwart. Viele Filme zeigen, was die Gesellschaf- drucksformen (Musik, Graffiti, Video) wurden gemein- ten bewegt. Gerade durch das runde Thema Fußball sam Banner, Buttons, eine CD und ein Video produ- und alle dazugehörigen Lebensbereiche. Die Vielfalt der ziert. Der Reiz von multilateralen Begegnungen liegt Themen zeigt sich in den Filmen und Diskussionen der eindeutig in der Vielfalt der Lebensrealitäten und Per- vergangenen Jahre. »Fußball im Nationalsozialismus« spektiven der Teilnehmer/innen. (»Die Todeself« & »Zwei Halbzeiten in der Hölle«), die soziale Bedeutung des Fußballs (»Street Kids United«), die emanzipatorische Bedeutung von Fußball z. B. in Lateinamerika (»Adelante Muchachas«) oder dem Iran (»Offside«), Fußball in Afrika (»Soka Afrika«) sowie Frauenfußball (»Steffi Jones – mein Leben«). Das Festivalcafé bietet die Gelegenheit zum Austausch und zu Diskussionen, z.B. zu Themen wie »Moderner Sklavenhandel im Profifußball« oder (Schwerpunkt der Festivaljahre 2010 und 2011) »Fußball ist alles – auch schwul«, über Homophobie im (Profi-)Fußball. Ver- schiedene Foto-Ausstellungen, Lesungen und Konzer- te ergänzen das Rahmenprogramm. Weitere Informationen unter www.11-mm.de
19 Fanprojekt der Sportjugend Berlin FanprojektLernzentrum@HerthaBSC Weißenseer Weg 51- 55 13053 Berlin In Kooperation mit Hertha BSC, finanziert von der Tel.: 030 - 97 17 26 50 Robert Bosch Stiftung sowie der Bundesliga Stiftung Fax: 030 - 98 60 79 88 werden im Rahmen von Projektwochen immer wieder Themen wie Rassismus und Diskriminierung behandelt. fanprojekt@sportjugend-berlin.de www.fanprojekt-berlin.de »Aktiv gegen Diskriminierung und Gewalt« Mitarbeitende: Ralf Busch (Projektleiter + Team Hertha BSC), Thomas Jelinski In diesem Modul setzen sich die Jugendlichen mit ver- (Team Hertha BSC), Axel Pannicke (Team schiedenen Formen von Diskriminierung auseinander. 1.FC Union), Birger Schmidt (Leiter Lern- Was genau versteht man unter Diskriminierung? Was zentrum), Christopher Starker (Team ist Rassismus? Was ist Homophobie? Wo liegen die Ur- BFC Dynamo) und Andreas Lyson (Honorar- sachen? Was kann ich tun? In verschiedenen biographi- kraft, Team 1.FC Union) schen Übungen und interaktiven Einheiten versuchen die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen zu themati- sieren. Als Diskussionsanstoß dienen Filme oder Berich- te von Gästen. Weiterhin beschäftigen sie sich mit Stra- »Fußballkultur aus dem Abseits« tegien zur Entwicklung und Förderung von Fairplay, Teamwork und Toleranz. In einer Einheit werden die Fußball wird oft medienwirksam als »Integrationsmotor« Jugendlichen über das Weltbild und die zum Teil äußerst bezeichnet. Doch ist dies immer so und verläuft diese subtilen Erkennungszeichen (Codes, Symbole und Be- Entwicklung automatisch? Ein erstes Ziel des Moduls ist kleidungsmarken) rechtsextremistischer (Fan-)Gruppen es, eine Sensibilisierung für die Situation von Spielern aufgeklärt. Experten der Fanbetreuung berichten von mit Migrationshintergrund im deutschen Fußball zu ihren Aktionen gegen Rechts. schaffen. Verdeutlicht wird dies einerseits am Personal der deutschen Nationalmannschaft und andererseits an der Berliner Vereinslandschaft. Die Jugendlichen erhal- ten die Gelegenheit, der Migrationsgeschichte Deutsch- lands anhand der Veränderungen in der Zusammenset- zung der deutschen Nationalmannschaft nachzuspüren. Im Erzählcafé berichten Gäste mit Migrationshinter- grund von ihren Erfahrungen. Durch biographische Übungen wird ein Bogen zur eigenen Familiengeschich- te gespannt und die eigene »Identität« sowie »Anders- sein« diskutiert. Die Jugendlichen lernen, dass manche ihrer persönlichen Alltagskonflikte eine politische Rele- vanz besitzen und eng mit gesamtgesellschaftlichen Fra- gen verbunden sind. In einer fiktiven Talkshow, in der die Jugendlichen in die ■ Öffnungszeiten: Das Fanprojekt-Büro ist Montag bis Rollen der verschiedenen Talkgäste schlüpfen (Fifa-Prä- Freitag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Termine am sident, Fußballfan, Spieler etc.) wird die Frage erörtert, besten nach Absprache. inwieweit Sport zur Überwindung von Vorurteilen und Gewalt und zur Verständigung beitragen kann. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung lernen die Jugend- lichen, konfliktfrei Argumente auszutauschen und sich auch in Argumentationen hineinzudenken, die nicht ihre eigene Meinung reflektieren.
20 Wo stehst du? FANPROJEKT BIELEFELD Das Fanprojekt Bielefeld ist eine Einrichtung der Ju- gendhilfe. Die Grundlagen der Arbeit orientieren sich am Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) sowie am Sozialgesetzbuch VIII. Es richtet sich insbesondere noch immer viel zu viele, die rassistisches Gedankengut an jugendliche Fußballfans und die aktive Fanszene. Das in sich tragen und dies auch artikulieren. Ziel ist u.a. die Unterstützung und Förderung einer positiven Fankultur. Die Arbeit ist geprägt von einer Wo stehst du im Umgang mit Homophobie? Genau wie grundsätzlichen Ausrichtung gegen jede Form von Dis- beim Rassismus ist es nicht zu tolerieren, dass bestimm- kriminierung und Gewalt. Dieser Grundsatz spiegelt sich te sexuelle Neigungen einen Menschen zu jemand Min- auch in einer Vielzahl von Veranstaltungen und Projek- derwertigem machen sollen. Diskriminierungen sind auch ten wieder, welche sich dieser Themen annehmen. hier völlig fehl am Platze. Entscheidend ist immer der ge- genseitige Respekt voreinander. Ein solches Projekt ist die Kampagne »Wo stehst du?«, die vom Fanprojekt Bielefeld an entscheidender Stelle Wo stehst du im Umgang mit anderen Problemfeldern? mit initiiert wurde. Gemeinsam mit dem »Sozial- und Die Kampagne beschränkt sich nicht ausschließlich auf Kriminalpräventiven Rat der Stadt Bielefeld« (SKPR) o.g. Bereiche, sondern spricht weitere Themen an, wie und der »Fan-AG« des DSC Arminia Bielefeld wurde z.B. Alkoholmissbrauch oder Vandalismus, und soll in eine Kampagne entwickelt, die auf breiter Ebene wirkt, Zukunft weiter fortgesetzt werden. Im Sinne einer posi- weil sie auch vom Verein selbst unterstützt wird. Fußend tiven Fankultur sehen wir die eigene klare Positionierung auf einer mehrschichtigen öffentlichkeitswirsamen Post- für Toleranz und gegen Diskriminierung und Gewalt, karten- und Plakatoffensive mit Motiven zu verschiede- welche wir u.a. mit unserer Kampagne »Wo stehst du?« nen gesellschaftlichen Problemfeldern soll die Aufmerk- vollziehen. Gleichzeitig möchten wir mit ihr an die samkeit ebenso auf die Probleme selbst wie auf die be- Zivilcourage jedes Einzelnen appellieren und diese in der gleitenden vertiefenden Maßnahmen gelenkt werden. Zu breiten Masse stärken, sich gegen die im Rahmen der nennen sind hier vor allem eine dazugehörige Home- Kampagne angesprochenen Missstände in der Gesell- page, wie auch verschiedene Begleitveranstaltungen (Dis- schaft, aber auch über diese hinaus, zu positionieren. kussionsrunden, Vorträge, Filmvorführungen). Den Weg der aktiven Bildungsarbeit wählt das Fanpro- Der Fußball eignet sich wohl wie keine andere Sportart, jekt Bielefeld, um die jugendlichen TeilnehmerInnen des um bestimmte Missstände aufzuzeigen. Das Geschehen Bildungsprojekts »Stadionschule« u.a. für die Themen- im Stadion, aber auch die Fußballkultur im Ganzen be- felder Vorurteile, Diskriminierung, aber auch Deeskala- sitzt beinahe schon gesamtgesellschaftliche Relevanz. tion und Zivilcourage zu sensibilisieren. Im Rahmen von Dazu kommt eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit, die dreitägigen Seminaren setzen sich Schulklassen in unter- diesen Umstand begleitet und erhöht. Das Fanprojekt schiedlichen didaktischen Formen mit Themen und Pro- Bielefeld und seine Partner möchten hier ein Zeichen blemen auseinander, die für sie alters- und alltagsrele- setzen, sich positionieren und den Blick auf die Inhalte vant sind. In den Klassen, die oft durch einen hohen An- der Kampagne lenken. Diese soll mit dafür sorgen, dass teil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund geprägt sich jeder Einzelne mehr in die Verantwortung nimmt. sind, werden dabei genauso eigene Vorurteile und der Für sich, aber auch für sein Umfeld. Jeder soll für sich Umgang damit aufgearbeitet, wie ein vertrauensvoller, eine Antwort finden auf die Unterschiede überwinden- Frage: Wo stehst du? der Umgang miteinander eingeübt. Im Rahmen der Wo stehst du im Umgang Stadionschule werden Hil- mit Rassismus? In unserer festellungen hin zu einem Gesellschaft kann man ge- sensibleren und die o.g. nug Beispiele für Rassismus Problemfelder einbeziehen- finden, in Worten, Taten den Umgang miteinander und auch strukturell. Es sind gegeben.
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