Die arterielle Compliance (Gefäßsteifigkeit) zur Aufdeckung einer subklinischen Atherosklerose

Die Seite wird erstellt Svenja-Meike Geiger
 
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Herz              © Urban & Vogel 2007

     Die arterielle Compliance                                                                                         Klinik für Nieren- und
                                                                                                                     1

                                                                                                                       Hochdruckkrank-
                                                                                                                       heiten, Universitäts-

     (Gefäßsteifigkeit) zur Aufdeckung                                                                                 klinikum Essen,
                                                                                                                       Universität Duisburg-
                                                                                                                       Essen,

     einer subklinischen Atherosklerose                                                                              2
                                                                                                                       Klinik für Kardiologie,
                                                                                                                       Westdeutsches Herz-
                                                                                                                       zentrum,Universitäts-
                                                                                                                       klinikum Essen, Uni-
     Jens Nürnberger1, Andreas Kribben1, Thomas Philipp1, Raimund Erbel2                                               versität Duisburg-
                                                                                                                       Essen.

     Zusammenfassung                                       fäßelastizität. Die Zunahme der arteriellen Gefäß-        Schlüsselwörter:
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie z.B. die koronare         steifigkeit ist aber nicht nur „Spiegel“ des „overall     Kardiovaskuläre Morta-
Herzkrankheit, gehören zu den führenden Ursachen           atherosclerotic load“, sondern beeinflusst ihrerseits     lität · Arterielle Gefäß-
der Morbidität und Mortalität in den westlichen In-        die Herz-Kreislauf-Funktion negativ.                      steifigkeit · Pulswellen-
dustrienationen. Dabei steht die kardiovaskuläre                In dieser Übersicht werden die pathophysiolo-        geschwindigkeit ·
                                                                                                                     Augmentationsindex ·
Mortalität in enger Beziehung zu strukturellen und         gische Grundlage der arteriellen Gefäßfunktion und
                                                                                                                     Herz-Kreislauf-Risiko
funktionellen Veränderungen der arteriellen Gefäß-         ihre Bedeutung für die kardiovaskuläre Mortalität
wand.                                                      dargestellt. Nichtinvasive Verfahren zur Untersu-
     Die wichtigste funktionelle Veränderung des           chung der arteriellen Gefäßfunktion werden erläu-         Herz 2007;32:379–86
Gefäßbaums ist die Zunahme der arteriellen Gefäß-          tert und der prädiktive Wert dieser Parameter für das     DOI 10.1007/
steifigkeit oder auch reziprok die Abnahme der Ge-         kardiovaskuläre Risiko diskutiert.                        s00059-007-3030-z

     Arterial Compliance (Stiffness) as a Marker of Subclinical Atherosclerosis

     Abstract                                              sessed by pulse wave velocity, a noninvasive parame-
Cardiovascular diseases such as coronary heart disease     ter which has been shown to predict cardiovascular
are the leading cause for morbidity and mortality in       mortality. In addition, pulse wave analysis has been
industrial countries. Current evidence shows that stiff-   increasingly used to determine the augmentation in-
ening of the arterial wall is one major mechanism re-      dex, a parameter that describes the effect of pulse
sponsible for this morbidity and mortality in cardiovas-   wave reflection on the central aortic pressure config-
cular disease.                                             uration.
     Various physiological and pathophysiological pa-           In the present review, the pathophysiological
rameters influence arterial stiffening including age,      contribution of arterial stiffening for cardiovascular    Key Words:
gender, blood pressure, smoking, and diseases such as      morbidity and mortality is described. Details of mod-
                                                                                                                     Cardiovascular
hypertension, diabetes, renal failure, and hypercho-       els, indices, and techniques used to evaluate stiff-      mortality · Arte-
lesterolemia. Thus, the assessment of arterial stiff-      ness will be presented. Clinical studies investigating    rial stiffness · Pulse
ness has become a widely used tool to investigate the      the predictive value of stiffness markers in defining     wave velocity · Aug-
function of the arteries in epidemiologic and clinical     future cardiovascular risk and survival are summa-        mentation index ·
studies. Traditionally, arterial stiffness has been as-    rized.                                                    Cardiovascular risk

     Einleitung                                            figkeit oder auch reziprok die Abnahme der Gefäß-
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie z.B. die koronare         elastizität, die vorzugsweise im Bereich der Aorta und
Herzkrankheit, gehören zu den führenden Ursachen           der proximalen elastischen Arterien, geringer ausge-
der Morbidität und Mortalität in den westlichen Indu-      prägt im Bereich der peripheren muskulären Arterien
strienationen [1, 2]. Dabei steht die kardiovaskuläre      auftritt [6]. Die Zunahme der arteriellen Gefäßstei-
Mortalität in enger Beziehung zu strukturellen und         figkeit ist aber nicht nur „Spiegel“ des „overall athe-
funktionellen Veränderungen der arteriellen Gefäß-         rosclerotic load“, sondern beeinflusst ihrerseits die
wand [3, 4], die sich mit fortschreitendem Alter sowie     Herz-Kreislauf-Funktion negativ: Die Zunahme des
unter dem Einfluss verschiedener Erkrankungen (z.B.        Pulsdrucks, die Zunahme der kardialen Nachlast so-
Diabetes mellitus, Stoffwechselerkrankungen, Nieren-       wie die verminderte koronare Perfusion infolge der
insuffizienz) manifestieren [5].                           Senkung des diastolischen Blutdrucks tragen ihrer-
     Die wichtigste funktionelle Veränderung des Ge-       seits zur Steigerung der kardiovaskulären Mortalität
fäßbaums ist die Zunahme der arteriellen Gefäßstei-        bei [4].

Herz 32 · 2007 · Nr. 53 ©
                        ©Urban
                          Urban&
                               &Vogel
                                 Vogel                                                                                             379
Nürnberger J, et al. Arterielle Compliance und subklinische Atherosklerose

                              Mit der Aufzeichnung der Pulswelle (Sphygmo-                     de Druckwelle (Puls) läuft mit der Pulswellengeschwin-
                         graphie) gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann die                   digkeit („pulse wave velocity“) über das arterielle Ge-
                         wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der arteriel-                fäßsystem und wird an allen Abgängen des arteriellen
                         len Gefäßfunktion beim Menschen: Mit dem von ihm                      Gefäßbaums, insbesondere aber an den präkapillären
                         entwickelten Sphygmographen (gr. Sphygmos: Puls-                      Widerstandsgefäßen der unteren Extremitäten, reflek-
                         schlag) beschrieb Mahomed 1874 erstmals den Unter-                    tiert. Die reflektierte Pulswelle erscheint dann als
                         schied der arteriellen Pulskontur zwischen normoten-                  „zweiter“ Gipfel in der aortalen Druckkonfiguration
                         siven und hypertensiven Menschen [7]. Nachdem die                     [14].
                         Sphygmographie dann Anfang des 20. Jahrhundert                              Das Ausmaß der aortalen Blutdruckerhöhung
                         durch die Entwicklung der Sphygmomanometrie durch                     durch die reflektierte Pulswelle hängt in kritischem
                         Riva-Rocci [8] und Korotkow [9] verdrängt worden                      Maße davon ab, zu welchem Zeitpunkt des Herzzyklus
                         war, erfuhr sie mit der Pulswellenanalyse Anfang des                  die reflektierte Pulswelle in der Aorta einfällt. Beim
                         21. Jahrhunderts eine Renaissance [10] und gehört in-                 jungen Menschen (mit elastischer Aorta) erreicht die
                         zwischen zu den etablierten klinischen Methoden der                   reflektierte Pulswelle die thorakale Aorta während der
                         Gefäßfunktionsdiagnostik [11]. Die klassische Metho-                  Diastole, wo sie den (mittleren) diastolischen Blut-
                         de zur Untersuchung der arteriellen Gefäßfunktion ist                 druck zusätzlich steigert. Dieses physiologisch „intelli-
                         die Bestimmung der Pulswellengeschwindigkeit, die                     gente“ Phänomen geht jedoch mit zunehmender Ge-
                         Anfang des 20. Jahrhunderts von Bramwell & Hill ent-                  fäßsteifigkeit verloren, da die reflektierte Pulswelle
                         wickelt wurde [12]. Auch heute noch stellt die Pulswel-               infolge der höheren Pulswellengeschwindigkeit zu-
                         lengeschwindigkeit den „Goldstandard“ der nichtinva-                  nehmend in die Systole einfällt, wo sie den systolischen
                         siven Gefäßsteifigkeitsuntersuchung dar [11].                         Blutdruck erhöht. Die Erhöhung des aortalen Blutdru-
                              In dieser Übersicht werden die pathophysiolo-                    ckes durch die reflektierte Pulswelle wird Augmenta-
                         gische Grundlage der arteriellen Gefäßfunktion und                    tion (lat. augmentare: erhöhen) genannt. Der Aug-
                         ihre Bedeutung für die kardiovaskuläre Mortalität dar-                mentationsindex als Verhältnis von Augmentation zu
                         gestellt. Nichtinvasive Verfahren zur Untersuchung                    zentralem (aortalem) Pulsdruck quantifiziert die Blut-
                         der arteriellen Gefäßfunktion werden erläutert und                    druckerhöhung durch die Pulswellenreflexion und
                         der prädiktive Wert dieser Parameter für das kardio-                  ist von verschiedenen anthropometrischen und hämo-
                         vaskuläre Risiko diskutiert.                                          dynamischen Parametern abhängig.

                             Physiologie der arteriellen Gefäßfunktion                             Pathophysiologie der arteriellen Gefäß-
                         Mit ihrer Eigenschaft der reversiblen Dehnbarkeit puf-                    funktion
                         fert die Aorta den durch die linksventrikuläre Ejektion               Beim Alterungsprozess sowie unter dem Einfluss ver-
                         bedingten Blutdruckanstieg und führt zur Umwand-                      schiedener Faktoren, insbesondere der klassischen
                         lung eines zyklisch-pulsatilen Blutflusses in eine konti-             kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes melli-
                         nuierlich-phasische Strömung (Windkesselfunktion)                     tus, Lipidstoffwechselstörungen, Nikotinabusus und
                         [13]. Die mit Auswurf des Schlagvolumens entstehen-                   arterieller Hypertonie, kommt es zu einer Zunahme
                                                                                               der arteriellen Gefäßsteifigkeit (= Verlust der Gefäß-
                                                                                               elastizität). Dabei lassen sich verschiedene morpholo-
      Elastische Aorta                              Steife Aorta
                                                                                               gische und funktionelle Veränderungen an der Gefäß-
                           Zunahme                                                             wand beobachten [15]. Die Fragmentation der elasti-
                                                    1                1. Pulsdruck 앖
                              der
                                                                     씮 Schlaganfallinzidenz앖   schen Lamellen in der Tunica media sowie die Zunah-
                          arteriellen
                            Gefäß-                        2                                    me kollagener Fasern in der Tunica adventitia gehören
                                                                     2. Nachlast앖              zu den wichtigsten strukturellen Degenerationen der
 Blutdruck

                          steifigkeit
                                        Blutdruck

                                                                     씮 Hypertrophie앖           großen Arterien vom elastischen Typ. Im Bereich der
                                                                 3   씮 Sauerstoffverbrauch앖    muskelstarken arteriolären Gefäße ist der Verlust der
                                                                     3. Diastol. Blutdruck앗    Endothelfunktion (endotheliale Dysfunktion) die ent-
                                                                     씮 Koronare Perfusion앗     scheidende funktionelle Beeinträchtigung dieses Ab-
                                                          Zeit                                 schnitts der arteriellen Gefäßstrombahn. Das Endothel
             Zeit
                                                                                               vermittelt über das L-Arginin-NO-System die Dilata-
Abbildung 1. Mit Verlust der arteriellen Gefäßelastizität (rechts) treten folgende             tion der glatten Gefäßmuskulatur und ist daher we-
Veränderungen der aortalen Blutdruckkonfiguration auf: 1. Anstieg des Puls-                    sentlich an der Reflexion der Pulswelle beteiligt. Die
drucks, 2. Anstieg der Nachlast, 3. Abfall des (mittleren) diastolischen Blutdrucks.           endotheliale Dysfunktion beeinträchtigt daher nicht
Figure 1. Hemodynamic consequences of arterial stiffening (on the right): (1) in-              nur den Gefäßtonus mit Erhöhung des peripheren Wi-
crease in pulse pressure, (2) increase in cardiac afterload, (3) decrease in (mean)            derstands, sondern verstärkt ihrerseits die Reflexion
diastolic blood pressure.                                                                      der antegraden Pulswelle.

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Nürnberger J, et al. Arterielle Compliance und subklinische Atherosklerose

                                                                                                                             Tabelle 1. Indizes der
Index                          Definition                                                          Nomenklatur (Einheit)     arteriellen Gefäß-
                                                                                                                             steifigkeit (modifi-
Arterielle Compliance      Absolute Veränderung des Gefäßdurchmessers (oder der Fläche) für eine   ∆D/∆P                     ziert nach [19]). ∆D:
                           definierte Druckveränderung bei fixierter Gefäßlänge                    (cm/mmHg oder cm2/mmHg)   Delta des Durch-
Arterielle Dehnbarkeit     Relative Veränderung des Gefäßdurchmessers (oder der Fläche) für eine   ∆D/∆P D (/mmHg)           messers; ∆P: Delta
(„distensibility“)         definierte Druckveränderung bei fixierter Gefäßlänge                                              des Drucks; ∆t: Delta
Elastischer Modulus        Druckveränderung benötigt für (theoretische) 100%ige Dehnung des        ∆P D/∆D (mmHg)            der Zeit; l: Länge.
                           Gefäßes vom Ausgangswert bei fixierter Gefäßlänge                                                 Table 1. Indices of ar-
Young Modulus              Elastischer Modulus pro Flächeneinheit, Druckveränderung benötigt für   ∆P D/∆D l (mmHg/cm)       terial stiffness
                           (theoretische) 100%ige Dehnung                                                                    (modified from [19]).
Pulswellengeschwindigkeit Geschwindigkeit der Pulswelle entlang einem definierten arteriellen      /∆t (cm/s)                ∆D: delta of diame-
                           Segment                                                                                           ter; ∆P: delta of
Druckaugmentation          Anstieg des aortalen Drucks nach maximaler Blutflussgeschwindigkeit     % Pulsdruck (mmHg)        pressure; ∆t: delta of
                           im Gefäß (= Druckamplifikation durch reflektierte Pulswelle)                                      time; l: length.
Charakteristische Impedanz Druckveränderung pro definierte Veränderung der Flussgeschwindigkeit    ∆P/∆V (mmHg/cm/s)
                           in Abwesenheit von Pulswellenreflexion

     Die Zunahme der Gefäßsteifigkeit (= Abnahme                     Methoden zur Untersuchung der
der Gefäßelastizität) führt zu charakteristischen Ver-               arteriellen Gefäßfunktion
änderungen der Hämodynamik (Abbildung 1): Mit                   Verschiedene Indizes wurden entwickelt, um die arte-
Abnahme der aortalen Windkesselfunktion und da-                 rielle Gefäßsteifigkeit zu quantifizieren [19]. Direkte
durch verminderter Pufferkapazität kommt es zu einem            Indizes charakterisieren die druckabhängige Verände-
Anstieg des systolischen Blutdrucks. Gleichzeitig sinkt         rung des Gefäßdurchmessers und werden als Compli-
der diastolische Blutdruck als Folge der verminderten           ance, Dehnbarkeit („distensibility“), elastischer Modu-
Retraktionskraft der Aorta. Diese Veränderungen                 lus oder Young Modulus definiert (Tabelle 1). Dabei
werden verstärkt durch die Verlagerung der reflek-              beschreibt die Compliance die absolute druckabhän-
tierten Pulswelle aus der Diastole in die Systole, welche       gige Veränderung des Gefäßdurchmessers; die Dehn-
infolge der schnelleren Pulswellengeschwindigkeit frü-          barkeit charakterisiert die relative druckabhängige
her einfällt.                                                   Veränderung des Gefäßdurchmessers; der elastische
     Da das Altern eine wichtige Ursache der Gefäß-             Modulus bezeichnet den Druck, der für einen (theore-
versteifung darstellt, sind diese hämodynamischen               tischen) 100%igen Anstieg des Gefäßdurchmessers
Veränderungen physiologisch im Alterungsprozess zu              benötigt wird, und der Young Modulus relativiert den
beobachten und konnten eindrucksvoll mit den Daten              elastischen Modulus auf eine definierte Einheit des Ar-
aus der Framingham-Studie belegt werden [16]. Dabei             teriendurchmessers.
kommt es mit zunehmendem Alter zu einem linearen                     Zu den indirekten Indizes der Gefäßsteifigkeit ge-
Anstieg des systolischen Blutdrucks. Der diastolische           hören die charakteristische Impedanz, die Pulswellen-
Blutdruck steigt ebenfalls bis zur 5. Lebensdekade an.          geschwindigkeit und der Augmentationsindex (Tabelle
Mit Anstieg der Gefäßsteifigkeit kommt es jenseits des          1). Die Pulswellengeschwindigkeit ist definiert als Zeit,
50. Lebensjahrs dann zu einem Abfall des diastolischen          die die Pulswelle benötigt, um eine Strecke zwischen
Blutdrucks. Der Pulsdruck als Differenz zwischen dem            zwei Messpunkten des arteriellen Gefäßbaums zurück-
systolischen und dem diastolischen Blutdruck zeigt              zulegen. Der Augmentationsindex wird anhand der
konsekutiv eine altersabhängige exponentielle Zunah-            arteriellen Pulskurve bestimmt und quantifiziert den
me und ist eng mit der Gefäßsteifigkeit assoziiert [17].        Anstieg des aortalen Blutdrucks durch die reflektierte
Entsprechend besitzt der Pulsdruck einen hohen prä-             Pulswelle. Die charakteristische Impedanz (Zc) be-
diktiven Wert für die kardiovaskuläre Mortalität [18].          zieht den absoluten arteriellen Druck auf die absolute
     Klinisch führen die mit Zunahme der Gefäßstei-             Flussgeschwindigkeit an demselben Gefäßabschnitt,
figkeit auftretenden hämodynamischen Verände-                   ohne jedoch das Phänomen der Pulswellenreflexion zu
rungen zu 1. einer Erhöhung des Schlaganfallrisikos             berücksichtigen.
durch Anstieg des Pulsdrucks, 2. einer Zunahme der                   Wegen ihres nichtinvasiven Charakters sowie der
kardialen Nachlast mit vermehrtem myokardialen Sau-             einfachen Handhabung haben sich die Bestimmung
erstoffverbrauch und linksventrikulärer Hypertrophie            von Pulswellengeschwindigkeit und Augmentationsin-
und 3. einer Abnahme der koronaren Perfusion infolge            dex als Gefäßsteifigkeitsparameter durchgesetzt. In
des niedrigeren diastolischen Blutdrucks. Diese hämo-           den meisten klinischen Studien, in denen der Zusam-
dynamischen Veränderungen tragen zur Steigerung                 menhang zwischen kardiovaskulärer Mortalität und
der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität bei.             Gefäßsteifigkeit untersucht wurde, kamen diese bei-

Herz 32 · 2007 · Nr. 5 © Urban & Vogel                                                                                                     381
Nürnberger J, et al. Arterielle Compliance und subklinische Atherosklerose

                                                       Aortale Druckkurve                                welle und Pulstransitzeit als Zeit, die zwischen beiden
                                                                                                         Messzeitpunkten liegt.
                                       Systole                         Diastole                               Die Pulskurven zur Berechnung der Pulswellenge-
                                                                                                         schwindigkeit können transkutan mit Druckaufneh-
                            140                                                                          mern (Tonometer) aufgezeichnet werden; die zwischen
                                                                                                         den Gefäßen liegende Strecke wird mit einem Maß-
                                                                                                         band auf der Körperoberfläche bestimmt. Die Puls-
Aortaler Blutdruck (mmHg)

                                                                                                         transitzeit bezeichnet die Zeitverzögerung zwischen
                            120                                                                          der proximal und distal aufgezeichneten Pulskurve
                                                                                                         [20]. Die Pulswellengeschwindigkeit kann anhand von
                                                                                                         Pulskurven der A. carotis und A. femoralis (karotid-
                                                                                                         femorale Pulswellengeschwindigkeit) sowie anhand
                                                                                                         von an Extremitäten aufgezeichneten Pulskurven
                            100                                                                          (karotid-brachiale Pulswellengeschwindigkeit, femo-
                                                                                                         rotibiale Pulswellengeschwindigkeit) bestimmt wer-
                                                                                                         den. Als Marker der aortalen Gefäßelastizität ist die
                                                                                                         aortale (= karotid-femorale) Pulswellengeschwindig-
                              80                                                                         keit von höchster klinischer Relevanz und stellt daher
                                                                                                         den „Goldstandard“ zur nichtinvasiven Messung der
                                                                                                         Gefäßsteifigkeit dar [11].
                                   0    100      200   300         500      600
                                                                                                              Mit zunehmendem Alter kommt es zu einem deut-
                                                             400                  700   800   900 1000
                                                                                                         lichen Anstieg der aortalen Pulswellengeschwindigkeit
                                                                   Zeit (ms)                             im Gegensatz zur Pulswellengeschwindigkeit der mus-
Abbildung 2. Blutdruckkonfiguration in der aortalen Aorta. Der erste Druckgipfel                         kulären Extremitätenarterien, die keine Beziehung
(schwarze durchgehende Linie) wird durch den Auswurf des Schlagvolumens er-                              zum Alterungsprozess besitzen [19]. Typischerweise
zeugt. Nach Reflexion dieser Druckwelle in der Peripherie erscheint die reflek-                          liegt die aortale Pulswellengeschwindigkeit bei einem
tierte Pulswelle als zweiter Gipfel in der aortalen Blutdruckkurve (rechte gestri-                       jungen Menschen mit elastischen Gefäßen bei 4–8 m/s;
chelte Linie). Der tatsächlich messbare Blutdruck in der Aorta ergibt sich aus der                       beim älteren Menschen mit eingetretenem Verlust der
Summation beider Druckwellen (grüne Linie). Die Zunahme der arteriellen Gefäß-                           Gefäßsteifigkeit liegt die aortale Pulswellengeschwin-
steifigkeit führt zu einer Erhöhung der Pulswellengeschwindigkeit und konseku-                           digkeit zwischen 10 und 14 m/s. Die Pulswellenge-
tiv zu einem früheren Einfall (dunkelroter Pfeil) der reflektierten Pulswelle (linke
                                                                                                         schwindigkeit als hämodynamische Größe wird beein-
gestrichelte Linie) in die Aorta (da die Pulswelle schneller über den Gefäßbaum
                                                                                                         flusst von Blutdruck und Herzfrequenz [20], und der
läuft). Daraus resultiert eine Erhöhung (Augmentation) des systolischen aortalen
Blutdrucks (rote Kurve).                                                                                 Einfluss dieser Größen sollte bei der Analyse daher be-
                                                                                                         rücksichtigt werden. Neuere automatisierte Verfahren
Figure 2. Aortic pressure configuration. The first pressure peak (black solid line) is
generated by the cardiac outflow. The reflected pressure wave appears in the aortic
                                                                                                         berechnen zuverlässig die Pulswellengeschwindigkeit
pressure configuration as second pressure peak (right dotted line) where it ampli-                       anhand oszillometrisch aufgezeichneter Pulskurven
fies the aortic pressure (green line). Arterial stiffening leads to an increase in pulse                 und der daran berechneten Zeitdifferenz zwischen den
wave velocity resulting in an earlier return (deep red arrow) of the reflected pulse                     beiden Pulswellen (antegrad und retrograd) [21].
wave (left dotted line) and an amplification of the aortic blood pressure (red line).

                                                                                                             Augmentationsindex
                                              den Parameter zum Einsatz. Daher haben wir uns im          In jüngster Zeit gewinnt die Pulswellenanalyse als
                                              Folgenden auf deren Darstellung beschränkt.                nichtinvasive, gut reproduzierbare Methode in klini-
                                                                                                         schen Studien, in denen die Elastizität des arteriellen
                                                                                                         Gefäßbaums untersucht wird, zunehmend an Bedeu-
                                                  Pulswellengeschwindigkeit                              tung (detaillierte Beschreibung in [14]). Dabei bedient
                                              Am weitesten verbreitet ist die Messung der Pulswel-       sich die Pulswellenanalyse des Phänomens der Puls-
                                              lengeschwindigkeit als klassische nichtinvasive, ein-      wellenreflexion: Die antegrad laufende Pulswelle wird
                                              fache und gut reproduzierbare Methode. Anfang des          an allen Abgängen des arteriellen Gefäßbaums reflek-
                                              letzten Jahrhunderts beschrieben Bramwell & Hill die       tiert und erscheint als zweiter Gipfel in der aortalen
                                              Pulswellengeschwindigkeit (PWV) mathematisch [12]:         Blutdruckkonfiguration (Abbildung 2). Das Ausmaß
                                                              PWV2 = ∆P V/∆V ρ,                          der Druckerhöhung durch die Pulswelle hängt in kri-
                                              mit ∆P und ∆V als Druck- und Volumenänderung, V            tischem Maße davon ab, zu welchem Zeitpunkt des
                                              als Ausgangsvolumen und ρ als Blutviskosität. Die          Herzzyklus die reflektierte Pulswelle die Aorta er-
                                              Pulswellengeschwindigkeit (m/s) wird berechnet als         reicht. Je früher die reflektierte Pulswelle einfällt, desto
                                              Verhältnis zwischen zurückgelegter Distanz der Puls-       höher ist der sich aus der Summation beider Druckgip-

382                                                                                                                                 Herz 32 · 2007 · Nr. 5 © Urban & Vogel
Nürnberger J, et al. Arterielle Compliance und subklinische Atherosklerose

fel (antegrade und retrograde Pulswelle) ergebende                                  125
Druck. Die Erhöhung des aortalen Blutdrucks durch
die reflektierte Pulswelle wird Augmentation genannt.
                                                                                    100
Die Augmentation bezogen auf den aortalen Pulsdruck
wird als Augmentationsindex bezeichnet und quantifi-
ziert die aortale Blutdruckamplifikation durch die re-                               75

                                                           Augmentationsindex (%)
flektierte Pulswelle. Als komplexe physiologische Grö-
ße unterliegt der Augmentationsindex einer Vielzahl
                                                                                     50
von anthropometrischen und hämodynamischen Ein-
flussgrößen, wie Alter, Körpergröße, Blutdruck, Herz-
frequenz und Geschlecht.                                                             25
     Die Analyse der Pulswellenkontur erfolgt übli-
cherweise anhand von Pulswellen, die tonometrisch an
A. radialis oder A. carotis abgeleitet werden. Mittels                                0
einer Transferfunktion lässt sich computergestützt die
aortale Blutdruckkonfiguration ermitteln, anhand de-                                −25
ren die Augmentation abgeleitet und der Augmentati-
onsindex berechnet werden können. Auch hier erlaubt
die automatisierte Auswertung von oszillometrisch ab-                               −50
                                                                                          0   2       4             6         8                10
geleiteten Pulskurven eine reproduzierbare und unter-
sucherunabhängige Berechnung des Augmentations-                                                   Herz-Kreislauf-Risiko (%)
index [21].                                                Abbildung 3. Beziehung zwischen Augmentationsindex und kardiovaskulärem
                                                           Risiko (aus [34]). Bei 216 Probanden wurde der Augmentationsindex gemessen
                                                           und graphisch gegen das kardiovaskuläre Risiko aufgetragen. Das individuelle
     Prognostischer Wert von Gefäßsteifig-                 kardiovaskuläre Risiko wurde anhand einer Risikostratifizierung berechnet, die in
     keitsparametern                                       einer Längsschnittstudie in den Niederlanden erstellt worden war. Die Graphik
     Arterielle Gefäßsteifigkeit und kardiovasku-          veranschaulicht, dass mit steigendem Herz-Kreislauf-Risiko auch der Augmen-
     läre Risikofaktoren: Querschnittsstudien              tationsindex steigt (p < 0,0001, einfache Regressionsanalyse nach Pearson,
                                                           r = 0,49).
Eine Vielzahl von Querschnittsstudien belegt die enge
Assoziation zwischen Parametern der arteriellen Ge-        Figure 3. Association between augmentation index and cardiovascular risk. In 216
                                                           subjects augmentation index was measured and cardiovascular risk was calcu-
fäßfunktion und bekannten Determinanten des
                                                           lated based on a risk score obtained in a longitudinal study performed in the
Herz-Kreislauf-Risikos wie Hypertonie [10, 22], Über-
                                                           Netherlands. There was a highly significant positive association between aug-
gewicht [23], Rauchen [24, 25], Hypercholesterinämie       mentation index and cardiovascular risk (p < 0.0001, r = 0.49).
[26], verminderter Glucosetoleranz [27], metabo-
lischem Syndrom [28, 29], Diabetes mellitus [30, 31],
Hyperhomocysteinämie [32] und erhöhtem C-reak-             (Tabelle 2). Dabei hat die Pulswellengeschwindigkeit
tiven Protein [33]. In einer eigenen Arbeit konnten wir    einen unabhängigen prädiktiven Wert für Gesamt-
nachweisen, dass der Augmentationsindex tatsächlich        mortalität, kardiovaskuläre Mortalität, tödliche und
eng mit dem berechneten Herz-Kreislauf-Risiko kor-         nichttödliche koronare Ereignisse sowie tödliche
reliert (Abbildung 3) [34]. Diese Ergebnisse zeigen,       Schlaganfälle bei Patienten mit arterieller Hypertonie
dass die Parameter der arteriellen Gefäßsteifigkeit tat-   [35–37], terminaler Niereninsuffizienz [38, 39] und
sächlich in enger Beziehung zu kardiovaskulären Risi-      Diabetes mellitus [39, 40]. Ähnliche Ergebnisse für die
kofaktoren stehen. Da diese Untersuchungen jedoch          kardiovaskuläre Mortalität erbrachten Studien bei
nur Querschnittsstudien waren, in denen die Patienten      älteren Menschen [41, 42] und in der normalen Bevöl-
nicht weiter beobachtet wurden, erlauben sie keine         kerung [43].
Rückschlüsse über den prädiktiven Wert von Pulswel-             In vergleichbarer Weise besitzt auch der Augmen-
lengeschwindigkeit und Augmentationsindex.                 tationsindex einen hohen prädiktiven Wert für die Ge-
                                                           samtsterblichkeit bei Patienten mit Niereninsuffizienz
                                                           [44] sowie für die kardiovaskuläre Mortalität bei hyper-
     Prädiktiver Wert von Gefäßsteifigkeits-               tensiven [45] und bei Patienten, die eine koronare Inter-
     parametern in longitudinalen Studien                  vention erhielten [46]. In der allgemeinen Bevölkerung
In einer Vielzahl von Studien konnte gezeigt werden,       wurde der prädiktive Wert des Augmentationsindex
dass Parameter der arteriellen Gefäßsteifigkeit einen      bisher jedoch nicht untersucht. Beim Pulsdruck wurde
hohen prädiktiven Wert für das Auftreten verschie-         der prädiktive Wert für die Gesamtsterblichkeit bei Pa-
dener klinischer Endpunkte (kardiovaskuläre Morta-         tienten mit Niereninsuffizienz [19] sowie für die kardio-
lität, Gesamtmortalität, Schlaganfall etc.) besitzen       vaskuläre Mortalität bei hypertensiven Patienten [45]

Herz 32 · 2007 · Nr. 5 © Urban & Vogel                                                                                                383
Nürnberger J, et al. Arterielle Compliance und subklinische Atherosklerose

Tabelle 2. Prädikti-
ver Wert von Gefäß-     Marker      Ereignis                     Beobachtungs-      Bevölkerungsgruppe              Autoren (Jahr, Land)
steifigkeitsparame-                                              zeitraum (Jahre)   (Anzahl)                        [Referenz]
tern in Längsschnitt-
studien (modifiziert    PWV         Kardiovaskuläre Mortalität    6                 TNI (241)                      Blacher et al. (1999,
nach [11]). Aix: Aug-                                                                                              Frankreich) [38]
mentationsindex;                    Kardiovaskuläre Mortalität    9,3               Hypertonie (1 980)             Laurent et al. (2001,
KHK: koronare Herz-                                                                                                Frankreich) [35]
krankheit; PWV: aor-                Kardiovaskuläre Mortalität    2,5               Ältere Bevölkerung             Meaume et al. (2001,
tale Pulswellenge-                                                                  (> 70 Jahre; 141)              Frankreich) [47]
schwindigkeit; RGT:                 Kardiovaskuläre Mortalität    5,2               TNI (265)                      Shoji et al. (2001, Japan) [39]
reduzierte Glucose-                 KHK-Ereignisse                5,7               Hypertonie (1 045)             Boutouyrie et al. (2002,
toleranz; TNI: termi-                                                                                              Frankreich) [36]
nale Niereninsuffi-
                                    Gesamtmortalität             10,7               RGT (571)                      Cruickshank et al. (2002,
zienz.
                                                                                                                   England) [40]
Table 2. Predictive                 Tödliche Schlaganfälle        7,9               Hypertonie (1 715)             Laurent et al. (2003,
value of stiffness                                                                                                 Frankreich) [37]
markers in longitu-
                                    Kardiovaskuläre Mortalität    4,6               Ältere Bevölkerung (2 488)     Sutton-Tyrrell et al. (2005,
dinal studies (modi-
                                    + Ereignisse                                                                   USA) [41]
fied from [11]). Aix:
augmentation in-                    Kardiovaskuläre Mortalität   10                 Allgemeine Bevölkerung (492) Shokawa et al. (2005, Japan)
                                                                                                                   [50]
dex; KHK: coronary
heart disease; PWV:                 Kardiovaskuläre Mortalität    9,4               Allgemeine Bevölkerung (1 678) Willum-Hansen et al. (2006,
aortic pulse wave                                                                                                  Dänemark) [43]
velocity; RGT: re-                  Kardiovaskuläre Mortalität    4,1               Ältere Bevölkerung (2 835)     Mattace-Raso et al. (2006,
duced glucose toler-                                                                                               Niederlande) [42]
ance; TNI: end-stage    Aix         Gesamtmortalität +            4,3               TNI (180)                      London et al. (2001,
renal disease.                      kardiovaskuläre Mortalität                                                     Frankreich) [44]
                                    Schwere kardiovaskuläre       2                 Koronare Intervention (262)    Weber et al. (2005, Österreich)
                                    Ereignisse                                                                     [46]
                                    Kardiovaskuläre Ereignisse    3,4               Hypertonie (2 073)             Williams et al. (2006, England)
                                                                                                                   [45]
                        Pulsdruck   Gesamtsterblichkeit           4,3               TNI (180)                      Safar et al. (2002, Frankreich)
                                                                                                                   [51]
                                    Kardiovaskuläre Ereignisse    3,4               Hypertonie (2 073)             Williams et al. (2006, England)
                                                                                                                   [45]

                        nachgewiesen. Zusammenfassend zeigen die genannten           des Framingham Risk Score in der multivariaten Ana-
                        Studien, dass diese nichtinvasiven Parameter der arteri-     lyse [36]. In vergleichbarer Weise konnten Laurent et
                        ellen Gefäßsteifigkeit einen hohen prädiktiven Wert für      al. bei einer Kohorte von 1 980 hypertensiven Patienten
                        zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse besitzen.              zeigen, dass die aortale Pulswellengeschwindigkeit in
                                                                                     der multivariaten Analyse hochsignifikant mit der Ge-
                                                                                     samtmortalität und der kardiovaskulären Mortalität
                              Stellenwert der Gefäßsteifigkeitsparameter             korreliert war, und zwar unabhängig von vorbestehen-
                              im Vergleich zu klassischen kardiovaskulären           den Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alter und Diabe-
                              Risikofaktoren                                         tes [35].
                        In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass              Meaume et al. berechneten die Odds-Ratios ver-
                        nichtinvasive Gefäßsteifigkeitsparameter in der Prä-         schiedener Risikofaktoren für die kardiovaskuläre
                        diktion kardiovaskulärer Ereignisse klassischen Risi-        Mortalität bei Patienten > 70 Jahre und fanden, dass im
                        kofaktoren oder Risikoscores überlegen sind. Bei-            direkten Vergleich lediglich die positive Anamnese für
                        spielsweise untersuchten Boutouyrie et al. bei 1 045         koronare Herzkrankheit einen höheren prädiktiven
                        hypertensiven Patienten den prädiktiven Wert der             Wert als die Pulswellengeschwindigkeit besaß, nicht
                        Pulswellengeschwindigkeit für das Auftreten koro-            jedoch klassische Risikofaktoren wie Blutdruck oder
                        narer Ereignisse. Dabei war das Auftreten eines koro-        Alter [47]. Vergleichbare Ergebnisse erbrachte die Stu-
                        naren Ereignisses hochsignifikant mit der Zunahme            die von Weber et al., in der der prädiktive Wert des
                        der Pulswellengeschwindigkeit assoziiert, auch nach          Augmentationsindex klassischen Risikofaktoren in der
                        Berücksichtigung der klassischen Risikofaktoren sowie        multivariaten Analyse überlegen war [46].

   384                                                                                                           Herz 32 · 2007 · Nr. 5 © Urban & Vogel
Nürnberger J, et al. Arterielle Compliance und subklinische Atherosklerose

     Gefäßsteifigkeitsparameter haben vermutlich           führt derzeit zur Aufwertung von ACE-Hemmern/
nicht nur einen höheren prädiktiven Wert als einzelne      AT1-Antagonisten sowie Calciumantagonisten in den
oder kombinierte klassische Risikofaktoren, sie kön-       Therapieempfehlungen zur arteriellen Hypertonie.
nen darüber hinaus die Power von Modellen zur Risi-              Angesichts der immensen Bedeutung für die kar-
kostratifizierung erhöhen. So konnten Mattace-Raso         diovaskuläre Funktion könnte die Verbesserung der
et al. zeigen, dass die Hinzunahme der Pulswellenge-       Gefäßsteifigkeit ein wichtiges therapeutisches Ziel dar-
schwindigkeit die prädiktive Potenz einer Risikostrati-    stellen. Tatsächlich konnte in einer prospektiven Stu-
fizierung signifikant erhöhte [42]. Zusammenfassend        die an Dialysepatienten gezeigt werden, dass Patienten,
besitzen Gefäßsteifigkeitsparameter einen hohen prä-       bei denen eine antihypertensive Therapie zur Senkung
diktiven Wert, der klassischen kardiovaskulären Risi-      der Pulswellengeschwindigkeit führte, eine geringere
kofaktoren überlegen zu sein scheint. Die Berücksich-      kardiovaskuläre Mortalität aufwiesen als Patienten,
tigung von Gefäßsteifigkeitsparametern könnte die          bei denen es unter antihypertensiver Therapie zu einem
kardiovaskuläre Risikostratifizierung positiv ergän-       Anstieg der Pulswellengeschwindigkeit kam [49]. In
zen.                                                       der Tat steht eine Vielzahl von nichtmedikamentösen
                                                           sowie pharmakologischen Maßnahmen zur Verfügung,
                                                           um die arterielle Gefäßfunktion zu optimieren [6]. Zu-
     Klinischer Einsatz von Gefäßsteifigkeits-             künftige Studien werden zeigen, ob die Verbesserung
     parametern                                            der Gefäßfunktion ein eigenständiges therapeutisches
Durch ihre enge Assoziation mit dem kardiovasku-           Ziel darstellen könnte.
lären Risiko halten Methoden zur Untersuchung der                Nachdem die Messung der Gefäßfunktion inzwi-
arteriellen Gefäßfunktion zunehmend Einzug in kli-         schen häufig in klinischen Studien eingesetzt wird, wird
nische Studien, in denen die kardiovaskuläre Mortali-      derzeit die Wertigkeit diese Methoden für die tägliche
tät untersucht wird. Dabei zeigen diese Parameter nicht    Praxis evaluiert. Dabei könnte beispielsweise die Iden-
nur einen hohen prädiktiven Wert, sondern erlauben         tifizierung von kardiovaskulären Hochrisikopatienten
ebenfalls Einsicht in pathophysiologische Zusammen-        ein wichtiges Einsatzgebiet darstellen. Die Entwick-
hänge. So konnte beispielsweise mit der gleichzeitigen     lung neuer untersucherunabhängiger Messgeräte mit
Messung von Pulswellengeschwindigkeit und Aug-             schneller und einfacher Bestimmung von Pulswellen-
mentationsindex im Rahmen der ASCOT-Studie er-             geschwindigkeit und Augmentationsindex kann hier
klärt werden [48], warum die Mortalität unter der          einen wichtigen Beitrag leisten [21].
Kombination von ACE-Hemmer/Calciumantagonist
im Vergleich zur Therapie mit β-Blocker/Diuretikum
signifikant geringer war [45]: In der ASCOT-Studie         Interessenkonflikt: Es besteht kein Interessenkonflikt. Die Auto-
                                                           ren versichern, dass sie keine finanziellen oder persönlichen
wurde bei 19 257 hypertensiven Patienten die Kombi-
                                                           Beziehungen zu Dritten haben, deren Interessen das Manuskript
nation von ACE-Hemmer und Calciumantagonist im             positiv oder negativ beeinflusst haben könnten.
Vergleich zur Therapie mit β-Blocker und Diuretikum
im Hinblick auf verschiedene klinische Endpunkte un-
tersucht [48]. Die Studie wurde vorzeitig nach 5,5 Jah-
ren abgebrochen, da in der Behandlungsgruppe mit
Calciumantagonist und ACE-Hemmer signifikant we-                Literatur
niger kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich zur Be-
                                                           1.   Schmermund A, Erbel R. New concepts of primary preven-
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se der ASCOT-Studie, der CAFE-Kohorte mit 2 199            3.   Asmar R, Benetos A, London G, et al. Aortic distensibility in
Patienten, konnte dann jedoch gezeigt werden, dass die          normotensive, untreated and treated hypertensive pa-
Kombination Amlodipin/Perindopril den aortalen sy-              tients. Blood Press 1995;4:48–54.
stolischen Blutdruck (–4,3 mmHg Unterschied), den          4.   O’Rourke M. Mechanical principles in arterial disease. Hy-
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aortalen Pulsdruck (–3,0 mmHg Unterschied) sowie
                                                           5.   Kelly R, Hayward C, Avolio A, et al. Noninvasive determina-
den Augmentationsindex (–5,8% Unterschied) signifi-             tion of age-related changes in the human arterial pulse.
kant stärker senkte als die Kombination aus Atenolol            Circulation 1989;80:1652–9.
und Bendroflumethiazid [45]. Dieser unterschiedliche       6.   Opazo Saez AM, Mitchell A, Philipp T, et al. Arterial stiffness:
Effekt auf die arterielle Gefäßfunktion ist vermutlich          a potential therapeutic target to reduce cardiovascular
                                                                mortality. Curr Hypertens Rev 2006;2:97–102.
für die signifikant niedrigere Mortalität unter der Kom-   7.   Cameron JS, Hicks J. Frederick Akbar Mahomed and his role
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Herz 32 · 2007 · Nr. 5 © Urban & Vogel                                                                                             385
Nürnberger J, et al. Arterielle Compliance und subklinische Atherosklerose

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