Regenbogenfahrt-Feeling 2020 Impfen nach Krebstherapie: Deutsche Kinderkrebsstiftung
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13575 4.20 Einzelpreis 2,15 Euro Die Zeitschrift der Deutschen Kinderkrebsstiftung und der Deutschen Leukämie-Forschungshilfe e.V. DLFH - Dachverband · Adenauerallee 134 · 53113 Bonn · Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · 13575 · Entgelt bezahlt Regenbogenfahrt-Feeling 2020 Impfen nach Krebstherapie: Das empfehlen die Fachgesellschaften
„Ich werd mal weltmeister.” Helfen Sie, damit die Wünsche siegen. Nicht der Krebs. Krebs macht vor Kindern nicht halt. Aber die Unterstützen Sie die Deutsche Kinderkrebsstiftung: Heilungschancen sind hoch: Über 70 Prozent. Adenauerallee 134, 53113 Bonn www.kinderkrebsstiftung.de Spendenkonto: Commerzbank AG Köln IBAN: DE48 3708 0040 0055 5666 00 BIC: DRES DE FF 370
4.2020 Die Zeitschrift der Deutschen Kinderkrebsstiftung und In eigener Sache der Deutschen Leukämie-Forschungshilfe e.V. Die digitale Kommunikation ist in den letzten Mona- ten ein wichtiges Mosaiksteinchen im Miteinander geworden. Teambesprechungen, Mitgliederversamm- Inhalt lungen oder abendliche Treffen mit den Freunden sind nun oft ins Netz verlegt. Auch die Schulen setzen THEMA häufiger auf virtuellen Unterricht. Dass die Schul- stunden nun ins Krankenzimmer übertragen werden Digitale Brücken bauen: Schule am Krankenbett 2 können, kommt unseren Patienten zugute. Denn für Kinder und Jugend- liche ist es während einer Krebstherapie schon immer eine besondere AKTUELLES Herausforderung, den Anschluss zur Heimatschule, den altersgerechten Leistungsstand und den Kontakt zu Freunden aufrecht zu erhalten. Bundeswehr plant Schießplatz in Kliniknähe 10 Welche Brücken bauen Kliniken und Elternvereine zwischen den Kin- dern und Jugendlichen und dem Unterricht - mit Tablets oder anderen Abschied Frau Heymans 10 Geräten? Wie wirkt sich die Covid-19 auf die Situation der Beschulung Ein Haus mit vielen Möglichkeiten 11 aus? Lesen Sie dazu in unserer Rubrik „Thema“, was Elternvereine und Klinikmitarbeiter alles in die Wege geleitet haben, um den Kindern und Regenbogenfahrt-Feeling 12 Jugendlichen den Kontakt zur Heimatschule zu erleichtern. Hereinspaziert in den Zirkus Campoletti! 13 30 Jahre sind eine lange Zeit. Erst recht für eine Broschüre, die sich an Waldpiratin heuert in der SyltKlinik an 18 Jugendliche wendet. „Was nun? Was tun?“ braucht dringend einen fri- schen Wind. Um gemeinsam an einer Neuauflage zu arbeiten, sucht die Spenden und Aktionen 20 Deutsche Kinderkrebsstiftung zehn Jugendliche oder junge Erwachsene. Wer hat Lust, dabei zu sein? Mehr dazu auf Seite 30! Ein Dorf in Bewegung 23 „Kilometer für Kinder“ verbindet 24 Lauffreudig sind die Merzener schon lange. Immerhin gibt es den Kirmes- lauf schon seit 20 Jahren. Aber die Aktion, die Lisa und Thomas Schluchter Rad-Team ganz in Gelb 27 2020 ins Leben riefen, war ein anderes Kaliber: „Durch Corona“ hatten die Mithilfe gesucht für neue Broschüre 30 Organisatoren zum Kilometersammeln aufgerufen und lösten damit eine Welle der Unterstützung für die Deutsche Kinderkrebsstiftung aus. Ob Neu: Leitfaden für Mentoren-Netzwerk 30 zwei oder 92 Jahre alt, in diesem Sommer war (fast) das ganze Dorf am Rand des Teutoburger Waldes auf den Beinen. Gruppe „Kraniopharyngeom“ wird 20 31 Es gibt viele Beispiele, wie unsere Spender mit außergewöhnlichen Ideen an den Start gingen und dabei manchmal selbst überrascht wur- KLINIK UND FORSCHUNG den, wie zugkräftig und kraftvoll ihre Aktion wurde. Ein herzliches Danke- schön an alle! So können wir krebskranke Kinder und ihre Familien nach Impfen nach Krebstherapie 32 besten Kräften unterstützen und helfen, Hoffnung geben und langfristig 20 Jahre Behandlungsnetzwerk HIT 36 Perspektiven bieten. Elterngruppen 42 Jens Kort Bücher 57 Termine 58 Adressen der Elterngruppen 60 Impressum , Die Zeitschrift der Deutschen Kinderkrebsstiftung und der Deutschen Leukämie- Forschungshilfe e.V. Herausgeber: Deutsche Leukämie-Forschungshilfe – Aktion für krebskranke Kinder e.V. – D achverband • Redaktion: Ulrike Seidenstücker (Chefredakteurin, V.i.S.d.P.), Katrin Claus, Renate Heymans, Jens Kort, Dr. Ria Kortum, Sabine Sharma • Redaktionsadresse: Adenauerallee 134, 53113 Bonn, Tel.: 0 228/688460, Fax: 0228/68846-44, redaktion@kinderkrebsstiftung.de • Spendenkonto DLFH: Sparkasse KölnBonn, IBAN: DE52370501980023002447 • BIC: COLSDE33XXX • Gesamtherstellung: bremm computergrafik, Königswinter, Tel.: 02244/8712564, Info@cg-bremm.de • Fotos: Wenn nicht anders gekennzeichnet, WIR-Redaktion ©2020 • Erscheinungsweise: vierteljährlich Abdruck – auch auszugsweise – aus diesem Heft nur nach Rücksprache mit der Redaktion. Leserzuschriften stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Aus Platzgründen behalten wir uns vor, Kürzungen, die nicht den Inhalt entstellen, vorzunehmen. Um Meinungsvielfalt sind wir bemüht. DLFH © 2020 Dachverband und die Deutsche Kinderkrebsstiftung führen das Spenden-Siegel des DZI (Dt. Zentralinstitut für soziale Fragen). Bezugspreis: 2,15 Euro im Einzelabonnement – Druck auf chlorfreiem Papier – www.kinderkrebsstiftung.de
Louisa, Medikids & Co: Vereine unterstützen virtuelles Lernen Die Teilhabe am Unterricht ist für krebskranke Kinder für Kinder im Krankenhaus weiterentwickelt, in der ein wichtiger Baustein für ihre Bildung und schafft es auch einen Baustein für Lerninhalte gibt. Andere Chancen für ihre Zukunft. Doch sie ist noch viel Vereine haben sich bewusst für den Einsatz eines mehr – sie ist ein Stück Normalität und Struktur und extra für die Beschulung Kranker neu entwickelten bedeutet auch, den Kontakt zu Gleichaltrigen und Roboters entschieden - ein Avatar, der den Schüler in Freunden aufrecht zu erhalten. Die Bedeutung der der Schule anstelle eines Tablets „vertritt“. Hamburg, Schule für die psychosoziale Anbindung und Ent- Köln, Frankfurt und Schleswig-Holstein berichten wicklung des Kindes wurde spätestens während des über eindrucksvolle Erfahrungen. Dresden, Braun- Lockdowns im Frühjahr in aller Deutlichkeit erkannt schweig, Kassel und Mannheim starten gerade die und politisch wie gesamtgesellschaftlich diskutiert. ersten Erprobungen. Die Vorteile: ein besonderer Für unsere krebskranken Kinder und ihre Familien Datenschutz und die erstaunliche Annahme des ist dies schon lange klar. Projekte wie Klassissimo leicht vermenschlichten Gerätes, um das sich auch oder Medikids werden von Elterngruppen an den die Mitschüler des erkrankten Kindes rührend küm- Kliniken seit Jahrzehnten unterstützt mit dem Ziel, mern. Es ist nicht nur ein Bildungsangebot, sondern Heimatschule und Krankenhaus durch Videoüber- auch ein soziales Projekt, von dem sowohl das tragungen zu verbinden. Die durch Corona hinzu- erkrankte Kind wie auch Schüler und Lehrer in der gekommenen Hürden bei der Durchführung von Heimatschule profitieren. In Hamburg ist das Projekt Klinik- oder Hausunterricht sind alarmierend, und „Karlsson – das digitale Klassenzimmer“ mittlerweile es ist erfreulich, dass ihnen die Chancen, die durch so erfolgreich, dass in der Schulbehörde eine eigene digitale Brücken geschaffen werden, als mögliche Stelle für die Vermittlung der Geräte eingerichtet Lösung gegenübergestellt werden können. Aus wurde und eine Ausweitung auch auf den Einsatz bei Rückmeldungen der DLFH-Mitgliedsvereine geht anderen Krankheiten geplant ist. hervor, dass einige Standorte wie beispielsweise Doch wichtig ist, egal für welche Form der Vernet- Sankt Augustin und Freiburg wie gehabt erfolg- zung sich die Standorte entschieden haben oder in reich I-Pads, Laptops oder Tablets einsetzen. An der Zukunft entscheiden – die Digitalisierung ermöglicht Uniklinik Essen wird derzeit die Louisa-App speziell Teilhabe und schafft Normalität. Ria Kortum Ein Kölner Projekt: Schulbesuche mit Avatar und Aufklärung Krebskranke Kinder und Jugendliche dürfen wäh- rend ihrer Behandlung für viele Monate die Schule nicht besuchen. Dadurch verpassen sie zum einen viele Unterrichtsinhalte, zum anderen verlieren sie den Kontakt zu ihrer Klassengemeinschaft. Ängste, Halbwissen und Vorurteile seitens der Mitschüler Foto: Förderverein für krebskranke Kinder e. V. Köln können den Wiedereinstieg nach der Therapie noch erschweren. „Wir möchten durch unser Projekt den Patienten nach monatelanger Behandlungszeit einen angst- und störungsfreien Wiedereinstieg in den Schulalltag ermöglichen“, sagt Dirk Zurmühlen vom Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Köln. Dafür besucht er seit Ende letzten Jahres die Schulen der Patienten, stellt den Schülern und Lehrern den Avatar vor und klärt sie über die Krebserkrankung ihres Mitschülers auf. Im Austausch mit dem psychosozialen Team der Dirk Zurmühlen besucht seit Ende 2019 die Schulen der Patienten. Dabei stellt er den Schü- Kinderonkologie und den Lehrerinnen der Schule für lern und Lehrern den Avatar vor und klärt sie über die Krebserkrankung ihres Mitschülers auf. Kranke an der Uniklinik Köln überlegt der Förderver- ein gemeinsam, welche Patienten für das Projekt in rungsbesuch in der Schule. Das Projekt „Avatar und Frage kommen. Daraufhin besucht er die Patienten Schulaufklärung“ hat der Förderkreis derzeit noch und Eltern im Krankenhaus, erläutert ihnen das auf Sekundarschulen begrenzt, Schulaufklärungsbe- Projekt und bespricht mit ihnen die anstehenden suche führt Zurmühlen aber auch in Grundschulen Schritte für den Avatar-Einsatz und den Aufklä- durch: 4/20 DL FH 3
THEMA weil einige Mitschüler blöde Bemerkungen über die Krankheit gemacht haben? Wie erkläre ich als Klas- senlehrerin meinen Schülern, dass ein Mitschüler an Krebs erkrankt ist? Viele Unsicherheiten und Ängste bestehen nach wie vor bei Lehrern, Mitschülern und den Eltern der Mitschüler im Umgang mit dem Thema „Krebs bei Kindern“. Bei meinem letzten Schulbesuch antworteten einige Schüler auf meine Frage, was sie über Krebs wissen: „An Krebs stirbt man.“, „Krebs ist ansteckend.“, „Krebs bekommt man, wenn man sich schlecht ernährt.“ Foto: Estera Kluczenko/ No isolation Durch Information und Aufklärung zur Entstehung und Behandlung von Krebs bei Kindern versuche ich während meines Schulbesuchs, Vorurteile und Ängs- te zu diesem Thema bei den Schülern abzubauen. Die Schüler haben die Möglichkeit, alle Fragen offen zu stellen. Diese Fragen werden im Verlauf einer Symbolfoto Unterrichtsstunde beleuchtet und soweit möglich, Wie kommt der Avatar in die Schule? auch beantwortet. ZURMÜHLEN: Über die Krankenhausschule erhalte ich die Kontaktdaten der Stammschule des Patien- Was sind Inhalte des Schulaufklärungsbesuchs? ten. Beim ersten Kontakt informiere ich Schul- und Mein Konzept beinhaltet sowohl allgemeine Fragen Klassenleitung über unser Projekt. Voraussetzung für zur Entstehung und Behandlung von Krebserkran- den Einsatz des Avatars ist die Bereitschaft der Schu- kungen wie auch Informationen zur speziellen Er- le, den Patienten über den Avatar am Unterricht teil- krankung und Therapie des betroffenen Mitschülers. nehmen zu lassen. Vorbehalte wie ‚Datenschutzpro- Kernaussagen sind auch heute noch die Botschaften: bleme‘ oder ‚geheime Überwachung des Unterrichts‘ Krebs ist nicht gleich Krebs, niemand hat Schuld an lassen sich nach meiner Erfahrung meistens durch der Erkrankung, niemand hat etwas falsch gemacht, Informationen zur Sicherheit und zum Datenschutz Krebs ist nicht ansteckend. entkräften: Die Daten sind verschlüsselt, der Avatar Ich zeige den Mitschülern Fotos, die das erkrankte kann nicht aufzeichnen, sogar Screenshots werden Kind im Krankenhaus von seiner neuen Umgebung unterbunden. Erleichternd kommt hinzu, dass Digita- gemacht hat: vom Krankenzimmer, Behandlungs- lisierung in den Schulen in Corona-Zeiten ein großes raum, aber auch vom Spielzimmer oder der Kran- Thema ist. kenhausschule. Anhand dieser Eindrücke erfahren Ist die Schule einverstanden, planen wir einen die Schüler viel von der neuen Lebenswelt ihres Mit- Termin, zu dem ich den Avatar in die Schule bringe schülers. Medizinische Aspekte wie Infusionspum- und die Klasse zum einen über die Erkrankung ihres pen oder Infusionskatheter auf den Fotos können Mitschülers und zum anderen über die Funktion des so nebenbei erläutert werden. Sehr gut eignet sich Avatars aufkläre. auch die Mutperlenkette des Patienten. An ihr kann Auch die Mitschüler sind gefragt: Sie müssen sich ich die vielen Untersuchungen und Behandlungen verantwortlich darum kümmern, dass der Avatar verdeutlichen. immer im richtigen Klassenraum steht und nach Oft sehen die Kinder auf den Fotos ihren Mitschüler Schulschluss an die Ladestation kommt. das erste Mal wieder, seitdem er krank ist - und damit Der Avatar soll nicht den Haus- und Krankenhausun- auch sein verändertes Aussehen z.B. nach einer Ope- terricht ersetzen. Vielmehr stellt er einen weiteren ration oder ohne Haare nach der Chemotherapie. Baustein dar, durch den der Schüler auch während Daher ist es wichtig, dass ich das Konzept und die seiner Therapiezeit Lernfortschritte macht und darü- Fotos vorher mit dem Patienten und seinen Eltern ber hinaus den sozialen Kontakt zu seinen Mitschü- abspreche, um sicherzustellen, dass sie mit der Ver- lern hält. Die Koordination von Haus- bzw. Kranken- öffentlichung einverstanden sind: Möchte ich, dass hausunterricht mit den Livestream-Zeiten über den meine Mitschüler mein verändertes Aussehen durch Avatar erfordert gute Absprachen aller Beteiligten. die Chemotherapie sehen? Welche Informationen Zurzeit haben wir als Förderverein für Köln sechs zur Erkrankung sollen die Mitschüler wissen, welche Avatare angeschafft, die von krebskranken Kindern lieber nicht? bzw. Jugendlichen genutzt werden. Nach Ende der Herausfordernd, aber auch spannend erlebe ich die Therapie, wenn die Kinder ihren normalen Schulbe- Aufgabe, individuell an die Erkrankung, das Alter such wieder aufnehmen, können wir die Avatare an und die Schulform angepasste Konzeptionen für andere Patienten weitergeben. die Schulbesuche zu erstellen und komplexe Inhalte einfach und verständlich rüberzubringen. Hier hilft Warum sind Schulaufklärungsbesuche notwendig? mir neben meiner beruflichen Erfahrung aus der ZURMÜHLEN: Wie reagiere ich als Mutter oder Vater Kinderkrankenpflege und der Pflegepädagogik der eines krebskranken Kindes, wenn es äußert, nach der Austausch mit den Lehrerinnen der Krankenhaus- Therapie nicht mehr in die Schule gehen zu wollen, schule. 4 4/20 DLFH
Wann sollte der Schulbesuch stattfinden? stellen durch den regelmäßigen Austausch mit den Sinnvoll ist der Zeitpunkt eines Schulbesuchs nach weiteren Berufsgruppen im Krankenhaus bedarfsge- der Diagnosestellung in den ersten Wochen des The- recht sicher, dass interessierte Patienten und Eltern rapiebeginns, wenn die Familie nach dem Schock der frühzeitig von unserem Projekt erfahren und daran Diagnose wieder etwas nach vorn blicken kann. Hier teilnehmen können kann das Angebot eines Schulaufklärungsbesuchs In Absprache mit unserem Vorstand können wir dem eine positive Perspektive schaffen, indem der Familie Patienten schnell und unbürokratisch einen Avatar deutlich wird, dass wir uns schon jetzt Gedanken um zur Verfügung stellen. Einige Avatare haben sich die Wiedereingliederung machen. auch schon wieder „refinanziert“: über Spenden von Auch im Hinblick auf den Einsatz des Avatars emp- Familie und Freunden der Nutzer oder von Firmen fiehlt sich ein früher Schulbesuch, damit der Patient und Stiftungen, die gern konkrete Projekte unter- schnell wieder in Kontakt mit seinen Mitschülern stützen. kommt und Lernfortschritte macht. Die gemeinsame Erarbeitung des Schulaufklärungs- Ebenso ist aus Sicht der Schule ein frühzeitiger Be- besuchs im Gespräch mit der betroffenen Familie such sinnvoll: Die Schüler vermissen ihren erkrankten fördert auch indirekt das Wissen des Patienten über Mitschüler, machen sich Sorgen um ihn und haben seine Erkrankung. Das Projekt ermöglicht es uns, oft viele Fragen, manchmal auch Ängste oder Vorur- bereits zu Beginn der Therapie mit den betroffenen teile, die so zu einem frühen Zeitpunkt aufgegriffen Familien in Kontakt zu treten und sie auf ihrem werden. Mein Ziel ist es, dass die Schüler sich bei Therapieweg weiter begleiten und unterstützen zu meinem Schulbesuch gesehen und ernstgenommen können. fühlen, und tatsächlich erlebe ich sie als sehr auf- Durch Information und Aufklärung der Mitschüler merksam und interessiert, wenn sie die Gelegenheit und Lehrer wird der Förderverein seiner Aufgabe ge- nutzen, ihre Fragen zur Erkrankung ihres Mitschülers recht, das Thema „Kind und Krebs“ in der Gesellschaft offen zu stellen. anzusprechen und zu enttabuisieren. Sensibilisierte und aufgeklärte junge Menschen Wie sind die bisherigen Erfahrungen des Kölner wiederum engagieren sich für krebskranke Kinder Fördervereins? und Jugendliche. So plant die Schule von Josephine Es bietet viele Vorteile, das Projekt „Schulbesuch mit ein Schulprojekt zur Unterstützung unserer För- Avatar und Aufklärung“ beim Förderverein anzusie- dervereinsarbeit und hat mich bereits für weitere deln: Wir, das pädagogische Team des Fördervereins, Aufklärungsbesuche in Josephines Parallelklassen der neunten Jahrgangsstufe angefragt. Dank Avatar im Schulunterricht mit dabei Avatar: Was ist das? Die norwegische Firma No Isolation entwickelte 2015 Es werden keine Daten aufgezeichnet und der den Telepräsenzmonitor AV1 „Avatar“. Er ist eine Live-Stream ist durchgehend verschlüsselt. persönliche Kommunikationshilfe, die es Durch eine integrierte 4G-Sim-Karte kann der krebskranken Kindern erlaubt, am Schulall- Avatar auch außerhalb des WLANs der Schu- tag teilzunehmen. Der Avatar wird vom er- le eingesetzt werden, z.B. auf Schulausflügen krankten Kind über sein Tablet oder Smart- oder Geburtstagspartys. phone gesteuert. Er hat eine eingebaute Neben dem Hausunterricht und der Schule Kamera und ein Mikrophon, damit das Kind im Krankenhaus ermöglicht der Avatar es den Unterricht in Echtzeit verfolgen kann. dem Patienten, Lernfortschritte in den Haupt- Das abwesende Kind kann im Krankenhaus und Nebenfächern zu machen und darüber oder von zu Hause die Lehrer und Mitschüler hinaus den Kontakt zu seinen Mitschülern sehen, hören und mit ihnen sprechen. Es kann und Lehrern zu halten. Im besten Fall kann der aktiv am Unterricht oder an Gruppenarbeiten Patient nach der Therapie wieder in seine ge- teilnehmen und sogar die Pausen mit seinen wohnte Klasse einsteigen. Voraussetzung für Freunden verbringen. den Einsatz des Avatars: Die Schulleitung und Wie funktioniert der Avatar? die Lehrer sind einverstanden, und die Eltern der Der Avatar steht im Klassenraum auf dem Platz Mitschüler wurden darüber informiert. des abwesenden Schülers. Durch einen Motor im Avatar kann das erkrankte Kind den Ava- Was kostet die Anschaffung eines tar um 360 Grad drehen oder den Kopf um Avatars? 70 Grad hoch und runter bewegen. Durch Der Preis für den AV1 inklusive drei eine gesicherte Videoverbindung ist das Monaten Servicepaket liegt bei 3.099 Kind in der Lage, dem Unterricht zu folgen Euro. Dazu können verschiedene Ser- und sich einzubringen. Leicht erkennbare vicepakete gebucht werden. Das sind LEDs auf seinem Kopf signalisieren dem für zwölf Monate 769 Euro, für neun Lehrer und den Mitschülern, dass das Monate 579 Euro, für sechs Monate Kind online ist, eine Frage beantworten 399 Euro, für drei Monate 209 Euro oder stellen möchte oder gerade nur zu- und für einen Monat 79 Euro (alle schauen will. Das erkrankte Kind selbst Preise zzgl. MwSt). ist über den Avatar nicht sichtbar – so Bei einer Bestellung von mehr als kann es selbst entscheiden, wie viel es fünf Avataren bietet der Hersteller von sich und seiner Situation preisgeben einen Rabatt an. möchte. 4/20 DL FH 5
THEMA „Alle finden toll, dass ich trotz Chemotherapie am Unterricht teilnehmen kann“ Josephine ist 14 Jahre und besucht die 9. Wie bist Du mit der technischen Bedienung des Klasse einer Gesamtschule in der Nähe von Avatars zurechtgekommen? Meinen ersten Versuch mit dem Avatar habe ich mit Köln. Im Dezember 2019 wurde bei ihr ein meiner Klassenlehrerin alleine gemacht, als sie den Hirntumor diagnostiziert. Nach einer Ope- Avatar im Klassenraum eingerichtet hat: Da habe ich ration und einer Strahlentherapie erhält sie dann von Zuhause aus alles ausprobiert: das Drehen des Avatars, um die Kamera zu steuern und die Licht- zurzeit eine Chemotherapie in der Kinder symbole mit dem „Aufzeigen“ und den „Gesichtsaus- onkologie der Uniklinik Köln. drücken“. Das war nicht so schwierig, und ich habe es Ich habe mit Josephine und ihrer Mutter über den schnell gelernt. Die Ton- und Bildqualität ist sehr gut, Einsatz des Avatars gesprochen und gemeinsam nur wenn jemand nuschelt, versteht man es nicht so mit ihnen den Schulaufklärungsbesuch geplant. gut. Bei meinem Schulbesuch in Josephines Klasse im August habe ich im Rahmen einer Schulstunde die Meldest Du Dich häufig über den Avatar, oder hörst Mitschüler über Josephines Erkrankung und deren Du mehr zu? Behandlung aufgeklärt und anschließend den Avatar Meist höre ich mehr zu, ich melde mich nicht so vorgestellt. häufig im Unterricht über den Avatar wie früher in der Schule. Nutzt Du auch die Gesichtsausdrücke (neutral, verwirrt, traurig, glücklich) über die LEDs am Avatar? Hin und wieder nutze ich die Gesichtsausdrücke, manchmal aber auch nur, wenn eine Freundin sagt: „Mach doch nochmal die süßen Augen am Avatar…“ Für welche Fächer nutzt Du den Avatar? Für welche Foto: Estera Kluczenko/No Isolation Fächer eignet er sich gut, für welche eher nicht? Ich finde, der Avatar eignet sich für alle Fächer. Kuns tunterricht haben wir im Moment nicht, aber auch dafür könnte ich mir den Avatar vorstellen. Nur im Chemieunterricht funktioniert es nicht, weil da das WLAN so schlecht ist. Die Mitschüler kümmern sich darum, dass der Roboter in die verschiedenen Klassenräume wechselt. (Symbolfoto) Hast Du den Avatar auch schon außerhalb vom Unterricht genutzt? Wie war das am Anfang für Dich, als die Ärzte Dir Meine Mitschüler nehmen den Avatar immer mit in gesagt haben, dass Du für mehrere Monate nicht die Pausen. Ich habe auch viele Freundinnen in den mehr in die Schule gehen darfst? Parallelklassen und kann dann auch mal mit denen Am Anfang war ich geschockt, der Schulalltag gehört reden. Die finden den Avatar alle voll cool, manche ja irgendwie zum Leben dazu. Dabei war beides finden es auch total spannend, wie der Avatar tech- schlimm: den Unterrichtsstoff zu verpassen und nisch so funktioniert. meine Mitschüler und Freunde nicht mehr sehen zu können. Wer in der Klasse kümmert sich darum, dass der Avatar immer einsatzbereit ist? Was hat Dich motiviert, den Avatar zu nutzen? Meine Freundin kümmert sich um den Avatar und Was hast Du Dir davon versprochen? nimmt ihn mit in die verschiedenen Klassenräume. Als ich das erste Mal vom Avatar gehört habe, war Wenn sie mal keine Zeit hat, fragt sie jemand ande- das ganz neu für mich. Ich habe mich gefragt: Was ren. Nach Schulschluss stellt sie ihn zum Laden in ist das denn? Dann kam mir die Corona-Zeit zur Hilfe: den Klassenschrank. Durch Zoom-Meetings habe ich wie die anderen Schüler digital am Unterricht teilgenommen, das Wie ist das für die Lehrer, wenn Du mit dem Avatar klappte ganz gut, und dann konnte ich mir den am Unterricht teilnimmst? Avatar besser vorstellen. Am Anfang, als der Avatar noch neu war, haben die Lehrer oft gefragt: „Was ist das denn?“ Aber sie haben sich schnell dran gewöhnt und finden es toll, dass ich durch den Avatar trotz meiner Chemotherapie am Schulunterricht teilnehmen kann. 6 4/20 DLFH
Wo siehst Du den Unterschied in der Nutzung des stattfand. Ich selbst wusste ja am Anfang meiner Avatars im Vergleich zum Hausunterricht? Erkrankung auch nicht, was das alles bedeutet: Über den Avatar bekomme ich auch die Meinungen Krebserkrankung, Chemotherapie, Strahlentherapie... der Mitschüler mit und nicht nur die von einem Das geht meinen Mitschülern genauso. Durch In- Lehrer. Man kann sich besser austauschen über die formationen über meine Erkrankung können meine Schulthemen und bekommt die unterschiedlichen Mitschüler nachvollziehen, was ich alles durchmache Meinungen mit. und können besser damit umgehen. Ich habe auch mit einer Freundin darüber gesprochen, sie fand den Was bedeutet es für Dich, dass ich Deine Mitschüler Schulaufklärungsbesuch gut und interessant. n über Deine Erkrankung aufgeklärt habe? Haben Das Gespräch führte Dirk Zurmühlen vom Förderverein für Deine Mitschüler Dir etwas darüber erzählt? krebskranke Kinder e.V. Köln. Ich fand es gut, dass der Schulaufklärungsbesuch KARLSSON – Stellvertreter in schweren Zeiten Marie geht dank des Schulprojektes der Fördergemeinschaft Hamburg virtuell zur Schule Montagmorgen: 7:55 Uhr. Marie steht auf und Marie ist glücklich über die zurückgewonnene begibt sich in ihren Klassenraum, der sich nur einen Nähe zu ihrer Klasse und ihren Freundinnen und Raum entfernt von ihrem Zimmer befindet. In ihrem Freunden. Das letzte Jahr musste sie krankheits- Schlafanzug kuschelt sich die 14-jährige Schüle- bedingt im Krankenhaus beziehungsweise allein rin der 9. Klasse auf ihrem Lieblingssofa unter die zu Hause verbringen. Mit einem Strahlen erzählt Decke, holt ihr Tablet heraus und verbindet sich mit sie, dass auch ihre Mitschüler sich sehr über ihre der „AV1“ App. Ab jetzt darf sie keiner mehr stören, „Rückkehr“ in die Schule gefreut haben. „Das Gefühl, selbst der Hund hat Pause. nicht vergessen worden zu sein“ bedeutet ihr sehr Um Punkt 8 Uhr geht es viel. Ihre Klassenkameraden los. Auf dem Bildschirm kümmern sich behutsam Foto: Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V. erscheint ihre Klasse, die und verantwortungsvoll Klassenlehrerin begrüßt um „Karlsson“, nehmen ihn Marie. Der Unterricht mit in Fachräume und su- beginnt, ein ganz normaler chen einen vorderen Platz Schultag. Die Gymnasiastin für Marie aus, sodass sie nimmt teil, als ob sie direkt auch die Tafel im Blick hat. im Klassenzimmer, als ob In den Regenpausen, wenn alles beim Alten wäre. Ma- ihre Mitschüler drinnen- rie freut sich sehr über die bleiben dürfen, können sie zurückgewonnene Norma- sich auch mal ganz normal lität mit ihrem gewohnten fernab des Unterrichts- Schulalltag, der ihr mit Hilfe Der Avatar namens „Karlsson“ nimmt stellvertretend für Marie im geschehens unterhalten. Klassenraum Platz. Sie kann über eine Live-Videoschaltung zu von „Karlsson“ ermöglicht Maries Lehrerin beobach- Hause am Unterricht teilnehmen. wird. tete sogar, dass sie den „Karlsson“? Richtig, „Karlsson“, so der Name des „Karlsson“ umarmen. Klar, dass „Karlsson“ auch mit Avatars, der stellvertretend für Marie im Klassen- auf das Klassenfoto gekommen ist. Darauf ist Marie raum Platz nimmt und das Unterrichtsgeschehen besonders stolz. per Live-Videoschaltung nach Hause überträgt. Neben der Verbindung zu ihren sozialen Kontakten „Karlsson“ ist ein spendenfinanziertes Projekt der stellt „Karlsson“ für Marie einen weiteren, sehr wich- Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg tigen Zugewinn dar, dem Folgen der Unterrichts e.V. und der Klinik und Poliklinik für Pädiatrische inhalte. Endlich wieder meinen „Kopf fordern“ und Hämatologie und Onkologie (PHO) der Universitäts- „dranbleiben“, das gebe ihr Kraft und Motivation. Ma- klinik Hamburg-Eppendorf. Seit 2020 ist auch das rie ist sehr ehrgeizig, war vor ihrer Erkrankung bereits Bildungs- & Beratungszentrum Pädagogik bei Krank- eine sehr gute Schülerin und möchte keine Unter- heit/Autismus (BBZ) der Hamburger Schulbehörde richtsinhalte mehr verpassen. Sie freut sich, wieder mit an Bord. Das Angebot richtet sich an Kinder und eine Richtung zu haben und den ganz normalen Jugendliche wie Marie, die aufgrund einer Krebser- Schulalltag inklusive Hausarbeiten mitzuerleben – krankung und der damit einhergehenden intensiven gerade jetzt zur Corona-Pandemie ist „Karlsson“ eine medizinischen Behandlung längerfristig nicht per- großartige Unterstützung. sönlich am Schulunterricht teilnehmen können. Die- Zu Hause verfolgt Marie den Unterricht ihrer se Schüler sind in besonderem Maße benachteiligt Biologielehrerin. Gruppenarbeit mit Rollenverteilung und von der sozialen Lebenswelt ausgeschlossen. unter den einzelnen Gruppenmitgliedern. Marie 4/20 DL FH 7
THEMA gegenüber dem Avatar haben sie keine mehr, und auch Marie fühlt sich mit der Übertragung ihrer KARLSSON – das Stimme in den Klassenraum mittlerweile wohl. „Am digitale Schulprojekt Anfang war es schon komisch, weil ich nicht wusste, der Fördergemeinschaft wie sich meine Stimme im Klassenraum anhört und Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V. wie mich meine Mitschüler als auch meine Lehrer- kräfte über den Avatar wahrnehmen. Mittlerweile Die Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum melde ich mich aber gern und bin ich auch gar nicht Hamburg e.V. unterstützt seit 45 Jahren das Kinder- mehr aufgeregt“, meint Marie. krebs-Zentrum Hamburg am Universitätsklinikum Melden könne sie sich über einen Button in der Hamburg-Eppendorf (UKE). Die Spendenmittel werden verwendet, um eine optimale Patientenversorgung zu App auf ihrem Tablet. Drücke sie diesen, leuchte der erreichen, psychosoziale Hilfen für betroffene Fami- Kopf des Avatars. Sobald ihre Lehrerin die Meldung lien zu leisten und das Forschungsinstitut Kinder- wahrnimmt, könne sie ganz normal ihre Antwort krebs-Zentrum Hamburg zu fördern. KARLSSON ist Teil durch das Headset in die Klasse durchgeben. Das des Multimediaprojektes, das die Fördergemeinschaft funktioniere echt prima, außer, dass sie manchmal finanziert. Seit acht Jahren beschäftigt sich der Ham- übersehen werde, da der Avatar keinen Ton, sondern burger Elternverein mit der Frage, wie die Patienten nur ein Leuchtsignal von sich gäbe, wenn sie sich virtuell am Schulunterricht teilnehmen können. Erste melde. Zum Glück haben aber ihre Mitschüler auch Übertragungen fanden mit großen Rollwagensyste- immer ein Auge auf „Karlsson“, falls die Lehrkräfte sie men und umständlichen Aufbauten statt. Mit KARLS- einmal übersehen sollten. SON hat der Verein nun einen Avatar an seiner Seite, Probleme mit „Karlsson“ hat Marie selten. Eigent- mit dem das Projekt größer ausgerollt werden kann. Momentan stehen der Klinik acht Avatare zur Verfü- lich liefe alles prima. Der Empfang im Musikraum sei gung, finanziert aus Spendengeldern. Zehn weitere manchmal nicht so gut, dann ist das Bild auf ihrem sollen folgen – dank der Zusage des Hamburger Schul- Tablet etwas verpixelt. Nach einem Neustart ist die senators Rabe. „Für uns ist Karlsson kein Tech- sondern Verbindung aber wieder stabil. Und was sie sich in erster Linie ein Inklusions-Projekt“, erklärt Dr. Klaus wünschen würde? Das wäre ein „Karlsson“ mit einem Bublitz, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Kin- Audiomeldesignal oder einem Arm zum Melden, derkrebs-Zentrum Hamburg e.V. „Wir wollen die jungen sodass sie nicht übersehen werden kann. Sonst ist Patienten aus ihrer sozialen Isolation holen, ihnen ein sie sehr glücklich mit ihrem digitalen Stellvertreter in Stück Normalität zurückgeben.“ ihrer Klasse. Auch Maries Mutter freut sich sehr, dass ihre Toch- ter mit dem „Karlsson“ wieder nach vorn schauen bekommt die Funktion des Vorlesers: Mit ihren kann und richtig aufblüht. Mit „Karlsson“ habe sie Fingern auf dem Tablet bewegt sie den Kopf von einen Weg gefunden, sich abzulenken und sich wie- „Karlsson“ nach unten und liest die Aufgabenstel- der zu motivieren. Manchmal ist sie fast ein wenig zu lung des heutigen Unterrichtsthemas „Sezieren eines ehrgeizig, sodass ihre Lehrer sie versuchen auszu- Schweineauges“ vor. Ihre Klassenkameraden freuen bremsen. Für Marie ist dieser „Schulstress“ aber ge- sich darüber, dass Marie live bei dieser spannenden nau der Stress, der ihr nach einem zähen, einsamen Biologiestunde dabei sein kann. Berührungsängste Jahr mit langem Krankenhausaufenthalt gut tut. Klinikschule und Hausunterricht trotz Pandemie? Ja bitte! D ie Pandemie durch das neue SARS-CoV-2 Co- ronavirus stellt Patienten mit Krebserkran- kungen, ihre Familien und die kinderonkologischen sind. Kinder und Jugendliche, die Kitas und Schulen besuchen, sind bei Einhaltung der in den Hygiene- plänen vorgegebenen Schutzmaßnahmen definitiv Behandlungszentren vor erhebliche Herausforde- keine Treiber der Pandemie. rungen. Zu Beginn der Pandemie war unbekannt, Die bisher (Stand 18. Oktober 2020) publizierten ob Kinder mit Krebserkrankungen während der Fallserien zu COVID-19 bei kinderonkologischen intensiven Therapie grundsätzlich ein erhöhtes Risi- oder hochgradig immunsupprimierten Kindern und ko für einen komplizierten Verlauf der SARS-CoV-2 Jugendlichen zeigen, dass die empfohlenen Schutz- Infektion (die Erkrankung heißt COVID-19) haben. maßnahmen innerhalb und außerhalb der Kliniken Inzwischen steht fest, dass ansonsten gesunde Kin- wirken, sodass die Zahl der mit SARS-CoV-2 infizier- der insgesamt seltener erkranken (deutlich höherer ten Kinder und Jugendlichen mit Krebserkrankung Anteil von Fällen, die asymptomatisch sind oder nur insgesamt bisher niedrig ist. Es gibt einzelne Berichte milde Symptome entwickeln), sich in der Regel bei über schwere Verläufe mit intensivmedizinischer erwachsenen Kontaktpersonen anstecken und dass Behandlung, bei den meisten Kindern und Jugend- schwere COVID-19 Verläufe bei Kindern eine Rarität lichen verlief die SARS-CoV-2-Infektion jedoch trotz Chemotherapie milde. 8 4/20 DLFH
Unsicherheit im Lockdown Während des Lockdowns fand (genau wie an den Maßnahmen der Infektionsvermeidung geschult und Schulen) auch in unserem kinderonkologischen Zen- angeleitet. Dazu gehörte schon vor der SARS-CoV- trum kein Präsenzunterricht in der Klinik und auch 2-Pandemie die Händehygiene (Händewaschen, kein Hausunterricht statt. Einige Patienten beteilig- Händedesinfektion), Maßnahmen der Distanzierung ten sich selbstständig am Online-Unterricht ihrer (z.B. Kontakte zu Menschen mit Infektionen vermei- Stammschule, einige wurden von der Kliniklehrerin den, keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, nur online unterrichtet. eingeschränkte Präsenzteilnahme am Schulunter- Viele Kinder und Jugendliche haben über eine aus richt während der intensiven Therapie), sowie ggf. unserer Sicht unverantwortlich lange Zeit gar keinen auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in der oder in sehr geringem Umfang Unterricht erhalten. Öffentlichkeit. Die Eltern wissen, dass bestimmte Besonders kritisch wirkte sich das bei anstehenden sehr ansteckende Erkrankungen, wie z.B. Windpo- Schulwechseln oder Abschlussprüfungen aus. cken oder Masern, bei immunsupprimierten Kindern Insgesamt waren und sind krebskranke Schüler ein erhebliches Risiko für einen komplizierten Verlauf gegenüber ihren gesunden Altersgenossen deutlich aufweisen und dass ihre Kinder nach Möglichkeit benachteiligt, was ihre Teilhabe an Bildung und Un- (auch durch die Impfung enger Kontaktpersonen) terricht angeht. Wir beobachten weiterhin einerseits vor einer Influenza geschützt werden müssen. Trotz eine nicht nachvoll- aller Prävention sind ziehbare Zurückhal- fieberhaft verlaufende tung der Schulen und Virusinfektionen der Lehrkräfte, Patienten Atemwege bei Kindern Foto: Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V. nach Abschluss der mit Krebserkrankun- Intensivtherapie wieder gen vor allem in den in den Schulalltag Wintermonaten keine zu intergrieren bzw. Seltenheit, sodass bei während der intensiven respiratorischen Sym- Therapie Hausunterricht ptomen schon vor der durchzuführen. Zum SARS-CoV-2-Pandemie Teil verorten sich die in den Wintermona- Lehrer in einer Risiko- ten eine PCR-basierte gruppe und wollen nur Testung auf Atemwegs- von zu Hause arbeiten, viren durchgeführt wur- zum anderen befürchten sie, während des Hausun- de. Bei den Kindern mit entsprechender Symptoma- terrichtes das Virus auf die Patienten zu übertragen. tik in Homburg wurden bisher vor allem Rhinoviren Letzteres lässt sich durch AHA-Regeln (hier mit nachgewiesen, das SARS-CoV-2 in keinem einzigen Händedesinfektion) und gutes Lüften sicher verhin- Fall. dern. Andererseits sind auch einige Eltern skeptisch Die Frage, ob ein immunsupprimierter kinderon- gegenüber einer Rückkehr ihrer Kinder in die Schule kologischer Patient Gemeinschaftseinrichtungen oder Kindertagesstätte und müssen hierzu beraten (Kita, Schule usw.) besuchen darf, soll in engem Aus- werden. Das betrifft auch den Schul- oder Kitabe- tausch mit den Patienten und ihren Familien nach such gesunder Geschwisterkinder, gegen den nach einer individuellen ärztlichen Risikoanalyse entschie- unserer Auffassung nichts einzuwenden ist. den werden. Die meisten Kinder und Jugendlichen In einem aktuellen Survey der Fachgesellschaf- können nach Ende der intensiven Chemotherapie ten (GPOH/DGPI), dessen Ergebnisse demnächst und Erholung des Blutbildes wieder in die Kitas und publiziert werden, gaben 79 Prozent der teilneh- Schulen gehen. Dabei steht die konsequente Umset- menden 35 GPOH-Zentren an, vor der Pandemie sei zung der AHA-Regeln plus regelmäßiges Lüften im der Hausunterricht zufriedenstellend angeboten Vordergrund. Gravierende negative psychosoziale worden. Dieser Anteil sank während der Pandemie Folgen der Pandemie in Hinblick auf den Zugang der auf 38 Prozent, und 62 Prozent beklagen erhebliche Kinder und Jugendlichen zu einem altersentspre- organisatorische Probleme in diesem Bereich. Von chenden Bildungsangebot und der sozialen Teilhabe allen teilnehmenden pädiatrischen Onkologen be- müssen unbedingt durch die Bereitstellung der fürchten 81 Prozent erhebliche negative psychosozi- entsprechenden Ressourcen (z.B. auch Krankenhaus- ale Konsequenzen, wenn Kinder mit Krebserkrankun- schule und Hausunterricht während er intensiven gen aus infektionspräventiven Gründen der Besuch Therapie) und durch intensive Information und von Gemeinschaftseinrichtungen und der Kontakt zu Aufklärung minimiert werden. n ihren Altersgenossen nachhaltig verwehrt wird. „Infektionen: Nein Danke“ gab es schon vor Arne Simon, Iris Lein-Köhler, Norbert Graf Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Kinderklinik am der Pandemie Universitätsklinikum des Saarlandes Kinder und Jugendliche mit Krebserkrankungen Kirrberger Str. Gebäude 9, 66421 Homburg und ihre Familien werden vom kinderonkologischen Bei Interesse senden wir senden Ihnen gern das Behandlungsteam in Hinblick auf grundlegende Literaturverzeichnis zu: redaktion@kinderkrebsstiftung.de 4/20 DL FH 9
Bundeswehr plant Schießplatz in Kliniknähe Nachsorgeklinik Tannheim sammelt online Unterschriften Die Nachsorgeklinik im b aden- „Die Rehabilitationsangebote für diesen Pati- württembergischen Villingen- entenkreis benötigen neben einer qualifizierten Schwenningen gilt als ein Ort medizinischen, psychosozialen und pädagogischen der Abgeschiedenheit und Stille. Versorgung auch Rahmenbedingungen, die die Doch geht es nach den Plänen Nachsorgeklinik Tannheim in ganz besonderem der Bundeswehr könnte es bald Maße aufweist“, schreibt Jens Kort, Geschäftsführer mit der Ruhe und Erholung, die der Deutschen Kindekrebsstiftung und Vorsitzender schwerkranke Kinder und ihre Fami- der Arbeitsgemeinschaft für Familienorientierte lien brauchen, vorbei sein. Rehabilitation, an Bundesverteidigungsministe- Im nahen Wald, der nur drei Kilometer rin Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch von der Luftlinie entfernt von der Klinik ist, sollen Nachsorgeklinik Tannheim und der Deutschen künftig Soldaten auf einem Standortübungsplatz Kinderkrebsnachsorge liegen dem Ministerium Pro- auf Schießanlagen den Umgang mit Panzerfäusten, testbriefe vor. Inzwischen gibt es ein Gesprächsan- Granatpistolen und Handgranaten lernen. Zusätz- gebot der Bundeswehr. „Das werden wir, sobald es lich sind auf dem insgesamt 521 Hektar großen die Corona-Maßnahmen zulassen, gerne annehmen“, Areal Anlagen für Waldkampfübungen vorgesehen. signalisiert Roland Wehrle, Geschäftsführer der Hintergrund ist: Der Bundeswehr-Standort im nahen Nachsorgeklinik. Donaueschingen soll vergrößert werden. Die Unterstützung für die Klinik ist groß: Bereits Für die Klinik ist dieses Vorhaben – nach den Coro- 33.653 Unterschriften (Stand: 10. November 2020) na-Finanzsorgen – fatal: Da alle Bundeswehr-Einrich- zählt die Online-Petition, die an die Verteidigungs- tungen am Nordhang angelegt werden sollen und ministerin und den Petitionsaus- damit in Richtung Klinik weisen, befürchtet die Klinik schuss des Deutschen Bundestages Lärmbelästigungen. Ruhe ist aber für die Genesung gerichtet ist. der an Krebs, Herz und Mukoviszidose erkrankten Bitte helfen Sie mit: Kinder dringend nötig. https://bit.ly/326TheH S Y LT - K L I N I K gGmbH der Deutschen Kinderkrebsstiftung w w w.Sy l t- Kl in ik . d e Die Sylt-Klinik der Deutschen Kinder- krebsstiftung ist ein modernes Reha-Zen- trum im Herzen der Insel Sylt für Familien mit einem krebskranken Kind. Ein Team aus Ärzten, Psychologen, Therapeu- ten, Pädagogen und Mitarbeitern des Sylt-Klinik gGmbH Servicebereiches hilft den Familienmit- Osetal 7, 25996 Wenningstedt-Braderup gliedern durch eine ganzheitliche, indi- viduelle Behandlungsphilo- Tel.: 04651949 – 0, info@Sylt-Klinik.de sophie, sich zu erholen und Spendenkonto: Nord-Ostsee-Sparkasse gestärkt zurück ins Leben zu IBAN: DE32 2175 0000 0030 0141 61 gehen. 10 4/20 DLFH
Ein Haus mit vielen Möglichkeiten Projekt Standortstärkung: Elterninitiative Saarland nutzt als Erste den DKS-Zuschuss S echs Jahre intensive Planungen liegen hinter dem Elternverein im Saarland. „Wir sind so froh, dass es endlich losgehen kann“, freut sich Michael Schneider, Vorsitzender der Elterninitiative krebskranker Kinder im Saarland e.V. und der Kinder- krebsstiftung SAAR-PFALZ. Ende September wurde der Spatenstich für das „Haus des Kindes und der Jugend“ feierlich begangen. Im Sommer 2021 soll die Richtkrone auf das Haus nahe des Kinderonkolo- giezentrums der Universitätsklinik Homburg gesetzt werden, im Juni 2022 soll es bezogen werden. Bis jetzt haben der Elternverein 1,2 Millionen Euro und die Kinderkrebsstiftung SAAR-PFALZ 300.000 Euro zum gemeinsamen Projekt beigesteuert. Mög- lich wird der Neubau durch die Unterstützung vieler ge, Elternstammtische und Nachsorgegruppen tref- Das neue „Haus des Kindes und der Jugend” — wie der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Erst vor fen. Das lichtdurchflutete Untergeschoss mit einem in Homburg. wenigen Monaten hatte der Vorstand der Deutschen „Raum der Stille“ und einem „Snoezelraum“ wird den Kinderkrebsstiftung ein neues Förderprogramm mit Jugendlichen gehören. Im ersten Geschoss gibt es dem Titel „Projekt Standortstärkung“ verabschiedet. für betroffene Familien einen separaten Wohnbe- Es ermöglicht DLFH-Elternvereinen, einen einmali- reich mit abgeschlossenen Einheiten. Aus den sieben gen Bauzuschuss zu beantragen. Das Vorhaben in Doppelzimmern, die alle ein eigenes Bad haben, Homburg ist das erste können auch Apartments geförderte Projekt. Den werden. Eines davon ist Scheck in Höhe von über einen Laubengang 500.000 Euro überreichte erreichbar. Somit kann DKS-Vorstandsvorsitzen- die Unterkunft bei Bedarf der Benedikt Geldma- auch einem Arzt, der cher: „Als Vorsitzender in der Klinik hospitiert, des Dachverbands freue angeboten werden. ich mich ganz besonders Mit der Eröffnung des darüber, dass wir das „Hauses des Kindes und Bauprojekt in Homburg der Jugend“ will der Saar- im Rahmen unseres länder Verein das nächste Standortförderungspro- Zahlreiche Gäste helfen Ende September beim feierlichen Spatenstich Großprojekt starten. Die für das Bauvorhaben. gramm unterstützen Mitglieder haben bereits konnten. Für uns ein Beispiel der guten Zusam- reichlich Ideen, wie das ausbaufähige Dachgeschoss menarbeit zwischen den Vereinen vor Ort und dem genutzt werden könnte. Auch im Untergeschoss soll Verband.“ es weitergehen. Die Jugendlichen haben gerade So kann ein Haus entstehen, das Kindern, Jugend- einen Antrag auf Bezuschussung in Höhe von 55.000 lichen und Familien ein vorübergehendes Zuhause Euro gestellt. Erste Pläne gibt es auch für den Garten und auch den verschiedenen Nachsorgegruppen und das umliegende Gelände. eine Heimat geben soll. Fast alle Räume können für Die Erfahrungen, die die Elterninitiative Saarland soziale, kreative, therapeutische und Vereinszwecke bei ihrem Bauprojekt gemacht hat, möchte Michael genutzt werden. Insgesamt umfasst das dreistöckige Schneider gern teilen. Er bietet anderen Vereinen Haus 480 Quadratmeter, die komplett behinderten- seine Unterstützung und den Austausch an. Denn: gerecht sind. „Wir kämpfen gemeinsam dafür, dass jedes an Krebs Im Erdgeschoss wird die großzügige Küche und erkrankte Kind einmal geheilt werden kann.“ (us) n ein Wohnzimmer mit Wintergarten-Flair ein Ort der Kommunikation sein. Im Medienraum, der durch Kontakt Projekt Standortstärkung: Trennwände geteilt werden kann, können sich Grup- Martin Spranck pen wie die „Verwaisten Eltern“, die Jugendnachsor- spranck@kinderkrebsstiftung.de 4/20 DL FH 11
Regenbogenfahrt– Regenbogenfahrer lassen sich nicht unterkriegen und fahren im August 46 Kliniken an 2 12 4/20 DLFH
A us vielen kleinen Aktionen wird eine große Sache — so wie die 28. Regenbogenfahrt im August 2020. 60 Radfahrer steuerten einzeln oder in besuchen dabei Kinderkrebszentren und Elternverei- ne vor Ort. Dort treffen die jungen Radfahrer, die alle als Kind oder Jugendlicher an Krebs erkrankt waren, kleinen Gruppen deutschlandweit Kliniken in ihrer akut betroffene Kinder und ihre Familien. Nähe sowie das Waldpiraten-Camp an. Und das an Doch in diesem Jahr musste die Mut-Mach-Tour 46 verschiedenen Standorten von Kiel bis München. coronabedingt mit einem Alternativkonzept starten. Ihr Ziel ist es nicht, Spenden zu sammeln, sondern „Es war ein einzigartiges Projekt! Nur mit der Un- etwas zu geben: Mut, Zuversicht und Kraft. Etwas, terstützung vieler Regenbogenfahrer konnte diese was die erkrankten Kinder und Jugendlichen in Fahrradtour stattfinden. Wir haben 9105,22 Kilo- Zeiten der Therapie dringend benötigen. Als Gruß an meter gesammelt und waren 549 Stunden auf dem die jungen Patienten hatten sie ein kleines Päckchen Rad. Noch nie haben wir so viele Kliniken erreicht. mit Regenbogenarmbändern, Mutperlen und einem An einem Tag waren wir sogar an zehn Standorten USB-Stick mit einer Videobotschaft dabei. zu Gast“, sagt Sven Kortum vom Organisationsteam Eigentlich sind die Regenbogenfahrer seit 27 Jah- freudig. ren in der letzten Augustwoche gemeinsam auf einer Was die Fahrer auf ihren Touren erlebt haben, zirka 500 Kilometer langen Strecke unterwegs. Sie berichten einige von ihnen: 1 M a g d eb u rg : I ntensive u nd sc h ö n e G es prä c h e Vier Regenbogenfahrer fuhren am 20. August quer Prof. Uwe Mittler, Sandra Matz sowie Janine Langner, durch Magdeburg, um den Förderkreis krebskran- begrüßt. Schnell kamen die Regenbogenfahrer ins ker Kinder e.V. zu besuchen. Gespräch - auch Eltern betroffener Kinder waren vor Dabei war die Magdeburger Regenbogenfahrerin Ort. Steffi, die bereits zum elften Mal mitfuhr und die Eine schöne Atmosphäre zum Austausch herrschte Organisation übernommen hatte und drei weitere im grünen sonnigen Innenhof des Elternhauses. Die Fahrer – Daniela aus Braunschweig, Patrick aus betroffenen Familien nahmen das Angebot gerne an Frankfurt und Steffis Freund Manuel. Entlang der und schöpften Mut aus den Gesprächen mit den vier Elbe und vorbei an den Sehenswürdigkeiten der Regenbogenfahrern. Stadt ging es zum Elternhilfeverein. Bei heißen Leider konnte die kinderonkologische Station auf- sommerlichen Temperaturen durften kleine Pausen grund der Corona-Pandemie nicht besucht werden. nicht fehlen. Damit das Regenbogenfahrt-Feeling Der Elternhilfeverein freute sich umso mehr, nach der nicht zu kurz kam und auf die Tour aufmerksam langen Pause wieder besucht werden zu können und gemacht wurde, hatten die vier auch bei der eher dass die Regenbogenfahrer für die kleinen Patien- kurzen Strecke von 25 Kilometer bunte Gir- landen, Seifenblasen und Regenbogen-Muf- fins im Gepäck. So, wie man die Regenbo- genfahrer halt kennt! Angekommen am Elternhaus des Magde- burger Förderkreises wurden die Regen- bogenfahrer herzlich von Dr. Antje Redlich, Bereichsleiterin der pädiatrischen Hämato- 020 logie und Onkologie des Uniklinikums Mag- deburg, und dem Team des Elternhauses, –Feeling Tübingen 4/20 DL FH 13
Björn den nötigen Windschatten. Auf einmal ging alles viel schneller, und die Fahrer und Fahrerinnen flogen nahezu in Richtung Mainz. Sie nutzten die Kilometer auf dem Rad dazu, sich kennenzulernen und auszutauschen. In Mainz empfing im Namen der Station ein sehr engagiertes Team die Gruppe. Nach einer Top-Ver- pflegung sowie guten Gesprächen mit Mitarbeitern der Station und der regionalen Presse ging es mit vollem Tempo weiter nach Frankfurt. Nun war auch Dennis dabei. Da das Team Rynkeby ursprünglich auf Trainingsausfahrt durch ihre Heimatgefilde war, wechselten die Begleitfahrer immer mal wieder. Die Regenbogenfahrer wurden so immer von mindes- tens vier Fahrern begleitet. In Frankfurt begrüßte die Stationsleitung und der Stationsarzt Prof. Klingebiel das Team und nahm die Mitbringsel entgegen. Das Team Rynkeby verab- schiedete sich hier, denn einige mussten noch fast Regenburg die gesamte Strecke wieder zurückfahren. Es war für ten ihre Botschaft hinterlassen haben. Nach einem die beiden Teams gleichermaßen ein besonderes zweistündigen Aufenthalt mit intensiven Gesprä- Erlebnis. Wenn es zukünftig möglich ist, will man chen ging es für die vier Regenbogenfahrer wieder weitere gemeinsame Fahrten unternehmen. Richtung Heimat. Für Steffi und Patrick hieß es, abends noch nach Berlin mit dem Auto weiterzureisen, um in den nächsten Tagen Berlin und Cottbus mit dem Fahrrad zu besuchen. 2 Mannheim, Mainz, Frankfurt: Tea m R y nk eby fä h r t m it Nicht lange waren Björn und Patrick allein, als sie am 18. August von Mannheim über Mainz nach Frankfurt aufbrachen. Schon nach wenigen Kilo- metern, begleitete sie der erste Fahrer: Gerhard Kuntzmann vom Team Rynkeby. Nach 45 Kilome- Erfurt tern gemeinsamer Fahrt traf das Trio auf den ersten Nach einem Abstecher zum Elternverein in Trainingspulk vom Team Rynkeby. Sie begleiteten Frankfurt, trennten sich dann auch wieder die Wege von nun an nicht nur die Gruppe, sondern kannten der Regenbogenfahrer – und das mitten in einem auch stets den besten Weg und lieferten Patrick und starken Wolkenbruch. 3 R h ein l a n d: G r üße vo m Ba l k o n Vier Kliniken in zwei Tagen, das hatten sich die Regenbogenfahrer vorgenommen, die in Köln, Sankt Augustin und Bonn unterwegs waren. Erste Station Uni-Kinderklinik in Köln: Gut gelaunt kommen Anni- ka, Julia, Ria und Sven gegen Mittag an. Sie werden bereits von Kindern und Eltern erwartet, die freudig vom Balkon im zweiten Stock winken. Extra für den Besuch haben sie regenbogenfarbene Kölner Dome gebastelt. Dank Megaphon verpassen sie nichts, als Annika, Julia, Ria und Sven das Päckchen an Prof. Thorsten Simon, Leiter der Kinderklinik, und Tina Geldmacher, Vorstandsvorsitzende des Förderver- eins, überreichen. Mit dabei ist der 17-jährige Mihajlo. Wenn er 18 ist, könnte sein Traum wahr werden: Er möchte bei der Regenbogenfahrt mitfahren. „Ich finde sie cool“, sagt er. Vor Jahren erlebte er einen Besuch der Regenbo- Köln genfahrer in der Kölner Uniklinik mit, jetzt ist es für 14 4/20 DLFH
ihn die perfekte Gelegenheit, sich mit den Radfah- rern nochmals auszutauschen. Weiter ging es für die vier Fahrer durch den Kölner Grüngürtel zur Kinderklinik in der Amsterdamer Straße. Es ist in Köln eine Premiere für Prof. Meinolf Siepmann. Er hat erst vor wenigen Monaten als ärztlicher Leiter die Abteilung Kinder-Hämatologie und Onkologie übernommen, kennt aber die Tour aus einer Düsseldorfer Klinik. Gemeinsam mit Dr. Stefan Balzer nahm er das Päckchen für die Kinder entgegen. Ganz früh am nächsten Morgen: Annika, Ria und Sven stiegen auf den Sattel, um von Köln nach Sankt Augustin zu radeln. Im Ziel wartete auf die kleine Abordnung Prof. Dr. Gerd Horneff, Dr. Martin Irnich und die Elterninitiative. Im Gespräch ging es wie am Würzburg klinikum Würzburg zu den Stationen Regenbogen und Leuchtturm. Vor ihnen lag eine Tagestour mit 70 Kilometern. Die Strecke führte die beiden am Main entlang bis zum Ziel. Dort wurden Lisa und Benjamin von dem Leiter der pädi- atrischen Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation, dem Vorstand der Elterninitiative und dem psychosozi- alen Team erwartet und sehr herzlich in Empfang genommen. „Die darauffolgen- Leipzig de Ansprache wurde durch die Tatsache besonders, dass wir beide vor Ort behandelt Vortag in den Kölner Kliniken darum, wie sich die wurden. Insbesondere die tägliche Bereitschaft und Stationen auf die Corona-Zeiten eingestellt haben. den gesamten Einsatz aller Ärzte und Schwestern, der Um die nächste Etappe, die Bonner Uniklinik, zu Elterninitiative, dem psychosozialen Team und dem erreichen, musste der Venusberg bewältigt werden. Klinikpersonal für die Patienten und deren Familien, Vor dem nagelneuen Eltern-Kind-Zentrum wartete konnten wir an dieser Stelle wertschätzen“, sagt Lisa. nicht nur der Bonner Förderkreis, sondern auch der Über Balkone traten die Regenbogenfahrer mit sechsjährige Pepe. Gemeinsam mit seinem Vater hat den Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern in er die 110 Höhenmeter auf dem Rad zurückgelegt. Kontakt. Dabei halfen vorbereitete Wortkarten sich Seit der kleine Bonner den Besuch der Radfahrer trotz der Fensterscheiben mit ihnen auszutauschen 2017 in der Klinik miterlebt hat, ist er ein großer und den Grund ihres Besuches zu erläutern: „Zusam- Fan. Später möchte er gern im Team mitfahren. Ein men sind wir heute hier, um dir zu zeigen, dass du passendes Armbändchen und eine Mutperle über- nicht allein bist.“ Und um zu betonen: „Uns ist kein reichte ihm Ria bei der Begegnung. Auch Pepe hatte Aufwand zu viel, um unseren Mut mit dir zu teilen.“ ein selbstgebasteltes buntes Armband dabei, das er „Nach einem besinnlichen Moment des Inne- ihr schenkte. haltens verabschiedeten wir uns und durften zum Zudem konnten die Regenbogenfahrer einen Blick nächsten Patientenzimmer weiter. Auf diese Weise in das gerade entstehende Elternhaus werfen, durch entstanden viele individuelle und einzigartige Au- das Lutz Hennemann, Geschäftsführer des Förder- genblicke, bei denen wir sicher sind, dass wir unsere kreises, führte. Botschaft weitergeben konnten. Wir möchten uns auch nochmals bei allen Beteiligten bedanken, die 4 Wü r zb u rg : „ B le i b t apfer “ Mit der Botschaft der Regenbogenfahrt machten sich zu dem Erfolg der Tagesetappe beigetragen haben und verbleiben mit der letzten Wortkarte: „Bleib tapfer“, betont sie. Lisa und Benjamin zusätzlich mit dem Gedanken „Ich bin als Clown geboren, ein Kind des Regenbogens. Mein Traum mahnt mich, dafür Sorge zu tragen, dass kein Mensch sein Lachen verliert“ aus dem Märchen des Regenbogens auf den Weg in das Universitäts- https://www.youtube.com/user/Regenbogenfahrt 4/20 DL FH 15
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