Die Lobbyisten der Belegschaft - Betriebsratsarbeit heute Pressefoto Bayern: Die Siegerbilder Der Neue: BLM-Präsident Schmiege Zu Besuch bei ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Pressefoto Bayern: Die Siegerbilder Der Neue: BLM-Präsident Schmiege Zu Besuch bei Heribert Prantl Zwei Bayern ziehen in den DJV-Vorstand ein Ausgabe 6/2021 www.bjv.de / www.djv.de Die Lobbyisten der Belegschaft Betriebsratsarbeit heute
Pressestellen A bis Z im BJVreport Ab Seite 18 finden Sie die Einträge von Pressestellen aus den Bereichen Bildung/Wissenschaft (BW), Messen/Ausstellungen (MA), Finanzen (F), Versicherungen (V), Energie (E), Netz (N), Verkehr (VK), Unternehmen (U), Kammern (K), Verbände (VB), Soziales/Kirche (SK): Ohne A G/H T/U a listen gibt es k Journ tie Demokra AFAG Messen und GVB Genossenschaftsverband TUM Technische Universität Ausstellungen (MA) Bayern (F) München (BW) AUDI (U) Hanns-Seidel-Stiftung (BW) V B/C I/J/K VAG Verkehrs- Bauindustrie Bayern/ Interhyp Gruppe (F) Aktiengesellschaft (VK) Bayerischer VdK Bayern Sozialverband (SK) Bauindustrieverband (VB) L/M Versicherungskammer Bayern (V) Bayerische LEW Lechwerke (E) VGN Verkehrsverbund Landesärztekammer (K) LMU Ludwig-Maximilians- Großraum Nürnberg (VK) BJVreport 3/201 7 Bayerische Universität München (BW) Landeszahnärztekammer (K) W Bayerischer Jagdverband (VB) N wbg Nürnberg Immobilien (U) von Mensc hen gem acht. Mit Bayerisch über 7.6 e Journa 00 listen- werden Bayerngas (E) N-ERGIE (E) Medien engagi ert en Mitglieder die stärks n ist der te Stimm e in Bay ern, wenn gen der in den es darum Me dien d Verband sbedingun Sie Mitglie die Arbeit Werden geht, für zutreten. von der nschen ein Angebote Bayernhafen (VK) NÜRNBERGER arbeitend im BJV und en Me nut zen Sie die vie Rechtsber lfä ltig atung. en www.bjv.d e ng bis zur Fortbildu Versicherungsgruppe (V) Bayernwerk (E) Dank auch den Sonderinserenten: 17AFAG_Term_Anz_BJV2_A4c.qxp_Layout 1 02.03.17 14:14 Seite 1 Bischöfliche Aktion Adveniat (SK) O/P/R • AFAG Messen und BMW Group (U) OMV Deutschland (U) Ausstellungen GmbH Termine 2017 1. - 9. April 2017 Augsburger Frühjahrs-Au • Akademie der Bayerischen Publikumsmesse für Lifestyle mit Bauen & Wohnen www.afa-messe.de D S Presse 25. - 27. April 2017 ReTEC Augsburg Internationale Fachmesse für Gebraucht-Technik DIEHL Diehl Stiftung (U) www.retec.com Schwaben Netz (N) • AOK Bayern 6. - 10. September 2017 Americana Augsburg Internationale Messe für Reitsport kultur. World Open Championship Sparkassenverband Bayern (F) • Presse-Versorgung riding. www.americana.de 30. September - 8. Oktober 2017 E Mainfranken-Messe Würz Publikumsmesse für Lifestyle St. Theresien-Krankenhaus (Versorgungswerk der Presse) mit Bauen & Wohnen www.mainfranken-messe.de Erdgas Schwaben (E) Nürnberg (U) 15. - 17. Oktober 2017 GastroTageWest Essen Neuheiten, Trends & Food-Spezialitäten à la Carte www.gastrotage-west.de E-T-A Elektrotechnische StWN Städtische Werke 17. - 20. Oktober 2017 interlift Augsburg Internationale Fachmesse für Aufz Apparate (U) Nürnberg (U) Komponenten und Zubehör www.interlift.de 28. Oktober - 5. November 2017 Consumenta Nürnberg Publikumsmesse für Lifestyle mit Bauen & Wohnen Süddeutscher Verband www.consumenta.de 31. Oktober - 5. November 2017 Faszination Pferd Nürnberg reisender Schausteller und Messe, Sport+Show www.faszination-pferd.de Handelsleute (VB) 2. - 5. November 2017 iENA Nürnberg Internationale Fachmesse „Ideen - Erfindungen - Neuheiten“ www.iena.de 3. – 5. November 2017 HausFreunde – Heimtier M Nürnberg und Aquaristikreich – Messe für Aq www.heimtier-messe.info 4. + 5. November 2017 START Messe Nürnberg Messe für Unternehmens-Gründun -Finanzierung, -Entwicklung und -N www.start-messe.de Mitglied im Fachverband AFAG Messen und Ausstellungen GmbH AFAG Messen und Ausstellu Messen und Ausstellungen Messezentrum 1 · 90471 Nürnberg Am Messezentrum 5 · 86159 A Mitglied der Gesellschaft zur P (09 11) 9 88 33 - 0 · F (09 11) 9 88 33 - 500 P (08 21) 589 82- 0 · F (08 2 freiwilligen Kontrolle von www.afag.de · info@afag.de www.afag.de · info@afag.de Messe- und Ausstellungszahlen Hausanschrift und Projektleitung: Johann-Höllfritsch-Str. 20/22 · 90530 We Kontaktbörse „Pressestellen“ Die Rubrik „Pressestellen“ im BJVreport ist ein gern genutzter „Treffpunkt“ für Kammern, Verbände, Organisationen, Dienstleister und Unternehmen aus vielen Bereichen, die regelmäßige und fundierte Pressearbeit betreiben. Nutzen Sie diese Kontaktbörse, alle zwei Monate, ein ganzes Jahr lang für nur 1.450,– EUR zzgl. MwSt. Das Medienmagazin BJVreport erscheint 6 x jährlich, jeweils zur Monatsmitte im Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember • Anzeigenschluss vier Wochen vorher • Mediadaten unter www.bjv.de • Planung/Abwicklung: Mediasüd, Robert Macher, Telefon 09 11 / 988 11 264, Fax 09 11 / 988 11 265, robert.macher@mediasued.de
Inhalt Gut fürs Unternehmen Kaleidoskop 4 Medienköpfe Stärker mitbestimmte Unternehmen seien er- 5 Social Media auf Papier folgreicher. Zudem verfolgten sie häufiger eine innovations- und forschungsorientierte Verband Strategie als Firmen ohne Mitbestimmung. 6 „Ein bisschen wie Sendung mit der Maus für Erwachsene“ Sven Hoppe holt Gesamtsieg bei Pressefoto Bayern 2021 Zu diesem Schluss kamen Wissenschaft- 13 Was wählst Du eigentlich? ler*innen in einer Studie im Auftrag der Preiswürdiges aus Bayern Hans-Böckler-Stiftung. Eine klare Win-Win- Titel Situation also. 2022 stehen nun die nächsten 14 Demokratie endet nicht am Werkstor Michaela Schneider Betriebsratswahlen an, Anlass fürs BJVreport- Betriebsräte sehen sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert Leitende Redakteurin Team, einen Blick in die Betriebsratsbüros Foto: Günter Schneider 17 Für (fast) alle zuständig bayerischer Verlage zu werfen. Durch Corona Der Betriebsrat entscheidet vor allem über das „Wie“ mit sahen sich die Kolleg*innen mit völlig neuen 18 Endlich Mitbestimmung für mobiles Arbeiten Herausforderungen wie Kurzarbeit und mobilem Arbeiten konfron- Was sich mit der Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes ändert tiert. Auch die digitale Transformation verändert die Betriebsratsar- 19 Betriebsratswahlen: So laufen sie ab beit. Ganz zu schweigen davon, wenn eine Zeitung von einer anderen 20 Pressestellen Verlagsgruppe übernommen wird wie im Falle des Donaukuriers. Wir Medienszene erklären zudem in der Titelstrecke Grundlagen der Betriebsratsarbeit 24 „Für gute Inhalte brauche ich auch gut bezahltes Personal“ für jene, die sich damit bislang nicht allzu intensiv beschäftigten, wir Der neue BLM-Präsident Thorsten Schmiege im Interview schauen aufs kürzlich in Kraft getretene Betriebsrätemodernisierungs- 26 Der neue BJV gesetz und wir klären grundlegende Fragen zur anstehenden Betriebs- 28 Vorhang auf für die „Education Stage“ ratswahl. Ab Seite 14 Münchner Medientage: Die Zukunft der journalistischen Ausbildung 29 Kultur mit Understatement Der dpa-Fotograf Sven Hoppe holt mit seinem Foto „Gläserner Landtag“ Mutmacher*innen: Das Münchner Feuilleton den Gesamtsieg beim Wettbewerb Pressefoto Bayern 2021. Man habe 30 Presseausweis 2022 sich dort erstmals kreativ austoben können, nachdem Plexi Verband glastrennwände als Coronaschutz aufgestellt wurden, sagt er. Ab Seite 6 31 Tief Luft holen Auf ein Wort mit Michael Busch Eine belarussische Journalistin schildert im Gespräch mit dem 32 „Mit ihm haben wir unser Gedächtnis verloren“ BJVreport, wie massiv die Regierung in ihrem Land gegen unabhän- Alois Knoller stirbt mit 63 Jahren gige Medien einschreitet. Trotzdem weigert sie sich, aus Angst vor 33 Schluss mit den speckigen Karteikarten BJV-Geschichte(n): 1986 erhielt der BJV seine erste EDV einem Diktator das Land zu verlassen. Sie sagt: „Wenn wir Journalis- ten jetzt gehen, dann hat das Regime, dann haben die Propagandis- 34 Aus dem Verbandsleben ten gewonnen.“ Ab Seite 38 36 „Man sollte ein bisschen Menschenfänger sein“ Doc Soergel gründete einst das BJV-Mentoring mit 37 BR muss Feste Freie nach Tarifvertrag honorieren 38 „Mit der Presseweste wirst Du zur Zielscheibe“ Eine Belarussin über die Situation der Medien in ihrem Land Unser Titelbild 40 Ein Querdenker im besten Sinne Officestory: Digital zu Gast bei Heribert Prantl Betriebsräte entscheiden zwar nur gelegent- 42 BSW-Seminare 2022 lich über das „Ob“ in einem Betrieb. Aber im 44 DJV-Verbandstag: Anne Webert und Harald Stocker besten Fall gestalten sie als das Sprachrohr in Vorstand gewählt der Belegschaft das „Wie“ mit. Das tun sie, Service indem sie Gesetze wälzen und hüten. Und 45 Rechtstipp das gelingt ihnen, indem sie für die Belange Urteile zur Betriebsratswahl aller Arbeitnehmer*innen jederzeit ein offe- 46 Unsere Tipps Ralf Lienert nes Ohr haben. Das erzählt Ralf Lienert, Leiter der Bild redaktion der Allgäuer Zei- Foto: Sabine Lienert Zur Person tung, so auch auf unserem Cover. Was im Betrieb zähle, sei Zusam- 47 Jubilare menhalt, veranschaulicht er als Titelstreckenauftakt zudem auf Seite 48 Nachrufe, Impressum 14. Lienert, Jahrgang 1963, arbeitet inzwischen über 40 Jahre als Fo- Sagen Sie mal... tograf im Kemptener Zeitungsverlag. Zu fotografieren begann er mit 49 „Ich bin kein Elon-Musk-Ultra“ zehn Jahren an der neuen Skiflugschanze in Oberstdorf, seine erste Der Autojournalist Robin Engelhardt ist gefragter Experte für elektrisches mechanische Kamera finanzierte er sich als Zeitungsbote. Fahren. Eine TV-Reportage über E-Autos wurde für ihn zum Reinfall. BJVreport 6/2021 3
M e dien -Szene Lena Jakat (@le Stefan Ibelshäuser, 49, hat bei Klassik najakat) verstärkt Radio in Augsburg als Programm-Ma- ab 1. Januar die nager angeheuert. Er war zuvor unter Foto: Valerie Schmidt Chefredaktion anderem Programmchef von Radio der Augsburger Energy. Weiter in Programmverant- Allgemeine im Be- wortung ist Seniorberater und Mor- reich „Prozesse genmoderator Thomas Ohrner. und Projekte“. Die 37-Jährige war bis zum Vorjahr bei der SZ in der Digital- Christiane Kühl und Nachrichtenredaktion tätig. Aktu- (@Christiane- ell arbeitet sie beim MediaLab Bayern Kuehl) über- als Senior Program Manager. Zum 1. nimmt für Ippen Foto: Marcus Schlaf Februar wird sich in Augsburg Chefre- Media die Koor- dakteur Gregor Peter Schmitz (@GP- dination der re- Schmitz) verabschieden. Er geht auf ei- Überraschender Abgang: Reinhard Scolik, erst im Juli 2020 als BR-Pro- daktionsüber- genen Wunsch nach vier Jahren. grammdirektor wiederberufen, verlässt zum Jahresende die Rundfunkan- greifenden China-Berichterstattung, Wohin es ihn zieht, war bis Redakti- stalt. Die Trennung erfolgt laut BR „in gegenseitigem Einvernehmen“. Sco- die weiter ausgebaut werden soll. Kühl onsschluss nicht zu erfahren. Andrea liks Vertrag, den der scheidende Intendant Ulrich Wilhelm vorzeitig kehrte 2020 nach 20 Jahren in China, Kümpfbeck und Yannick Dillinger verlängert hatte, wäre noch bis zur Pensionierung des 63-jährigen Öster- von wo aus sie unter anderem für aus dem Führungsboard übernehmen reichers im September 2024 gültig gewesen. Eine Woche vor Bekanntgabe Münchner Merkur und tz berichtete, kommissarisch. der Trennung von dem für Kultur verantwortlichen Programmchef hatte nach Deutschland zurück. Intendantin Katja Wildermuth eine Kulturoffensive des Bayerischen Rund- Mit Kerstin Weng (@KerstinWeng) funks angekündigt. Foto: BR/Markus Konvalin Florian Plettenberg (@Plettigoal), ak- hat Condé Nast fast ein Jahr nach de- tuell Chefreporter bei Sport 1, wech- ren Abgang eine Nachfolgerin für die Tobias Frericks, zehn Jahre Mo- Johannes Boie (@johannesboie), bis- selt zur Konkurrenz und verstärkt ab Vogue-Chefredakteurin Christiane de-Chef bei GQ, führt Condé Nasts her Chefredakteur von Welt am Sonn- Januar das Münchner Reporterteam Arp gefunden. Weng ist seit 2016 Männermagazin seit Oktober als tag, führt seit 19. Oktober die Bild-Zei- von Sky Sport News. Im April kommt Chefredakteurin von Burdas InStyle. „Head of Content“. Die Redaktion war tung. Vorgänger Julian Reichelt Sport Bild-Chefreporter Sven Wester- Kreativ- und Beauty-Chefin Stephanie führungslos, seit das Quartett André wurde im Zuge von Recherchen von schulze dazu mit Reporteraufgaben Neureuter, eigentlich als Arp-Nachfol- Pollmann, Johannes Patzig, Michalis Ippen Investigativ entlassen. Boie, 37, im Westen. gerin gehandelt, verlässt die Vogue Pantelouris und Joko Winterscheidt begann seine Karriere bei der SZ. 2017 zum Jahresende. die GQ-Spitze verlassen hatte. holte ihn Springer-Boss Mathias Georg Mascolo, 57, lässt seinen Ver- Döpfner als Büroleiter nach Berlin. trag als Leiter des Recherche-Ver- Franziska Reich (@FranziskaReich) Burda-CEO Paul-Bernhard Kallen, bunds von WDR, NDR und Süddeut- startet im Januar 64, gibt das Tagesgeschäft ab. Zwölf Bunte.de hat mit scher Zeitung („Panama Papers“) im Foto: Brot für die Welt_H. Bredehorst Foto: Burda Forward_Wesley Graf als Politik-Chefin Jahre stand er an der Spitze des Fami- Alina Bähr März auslaufen. Der frühere Spie- und Mitglied der lienunternehmens von Hubert Burda. (@52teller) eine gel-Chefredakteur bleibt aber weiter Chefredaktion Ab 2022 konzentriert er sich auf die neue Chefredak- SZ-Autor. beim Focus. Die Führung des Verwaltungsrats. Seinen teurin. Die 47-Jährige war Posten im Vorstand übernimmt Mar- 34-Jährige kommt Timo Busch, Verleger von Meedia fast 20 Jahre tin Weiss, 54, der seit 2017 das inter- von Focus Online und Blickpunkt Film, hat dem Spiegel beim Stern. Bis Jahresende verantwor- nationale Geschäft verantwortet. und folgt auf Julia Dettmer. Bei der den Harenberg-Verlag abgekauft, der tet sie die Kommunikation bei Brot Print-Ausgabe ist Unterhaltungsche- unter anderem den Buchreport und für die Welt und Diakonie Katastro- Hans Fink, Chef von BurdaStudios, fin Stephanie Göttmann-Fuchs in die Spiegel-Bestsellerliste publiziert. phenhilfe. und der Verlag gehen getrennte Wege. die Chefredaktion des Leute-Maga- Geschäftsführer Jan Kerbusk wird Er macht sich selbstständig, bleibt zins aufgerückt. Harenberg verlassen. Folkert Siemens, 51, übernimmt im Burda aber als externer Berater ver- neuen Jahr von Gaby Miketta die bunden. Seine Aufgaben in der Bur- Wiebke Schodder kehrt nach ihrer Andrea Kister, 61, und Christian Chefredaktion des Burda-Titels Das da-Geschäftsführung übernimmt Babypause nicht zurück als Sender- Nitsche, 50, die beim BR die Pro- Haus. Miketta, seit 1992 beim Verlag Manuela Kampp-Wirtz. Zum Jahres- chefin von Sixx. Die 41-Jährige ist grammbereiche „Politik und Wirt- (unter anderem Focus), geht in Ruhe- ende geht auch der langjährige Ver- zum 1. November auf eigenen schaft“ beziehungsweise „Aktuelles“ stand. Ihr Nachfolger, ein gelernter triebschef Tobias Mai. Kerstin Ga- Wunsch aus der Seven.One Entertain- leiten, starten ab April in ihre zweite Gärtner, verantwortete bisher als In- jewi wird zusammen mit Ralf ment Group ausgeschieden und will Amtsperiode, die bis 2027 geht. Der haltechef mein-schoener-garten.de so- Gretenkord die neue Einheit Burda sich neuen beruflichen Herausforde- Rundfunkrat bestätigte ihre Wieder- wie haus.de. Markenvertrieb leiten. rungen widmen. berufung. Senta Krasser 4 BJVreport 6/2021
@ Net z-Szene Den Journalismus boostern Gerade in schwierigen Zeiten sollten Journalist*innen zeigen, wie wichtig ihre Arbeit ist Vo n T h o m a s Mra z e k Fast zwei Jahre Corona – und auch Jour- im Laufe dieses Jahres gemeinsam „mit nalist*innen lernen täglich noch dazu im Das Fundstück einer divers zusammengesetzten Umgang mit der Pandemie und all ihren 15-köpfigen Gruppe von Medienschaf- Facetten. Zeit zum Innehalten und der fenden“ aufgebaut. selbstkritischen Reflektion bleibt in un- Die Hauptstadt sollte es nur geben, serem Beruf allerdings oft zu selten. Zeit wenn Bern das auch will, hieß es im also für einen Impuls aus der Kommuni- Spätsommer: „Deshalb führten wir vom kationswissenschaft. Medienforscher aus Gelungenes Selbstmarketing: Der Tagesspiegel bewirbt sein 19. Oktober bis zum 19. November 2021 Mainz und München untersuchten unter Angebot „Tagesspiegel Plus“. Screenshot: Thomas Mrazek ein Crowdfunding durch, das uns als dem Titel „Einseitig, unkritisch, regie- Markttest diente. Gibt es genug Berner- rungsnah?“ die Qualität der journalistischen schaffen“, heißt es dort. Was vom Rezipienten innen und Berner, die bereit sind, für On- Berichterstattung über die Corona-Pandemie. so einfach zu bedienen ist, hängt von „einer line-Lokaljournalismus zu zahlen? Wir setzten Die von der Rudolf Augstein Stiftung im No- Vielzahl von Faktoren“ ab, wie die Kolleg*in- uns 1000 Abonnierende als Minimalziel – und vember herausgegebene Studie bietet interes- nen ausführlich erklären – wissenschaftsjour- erreichten dieses schon in den ersten 24 Stun- sante Einsichten. Eilige Leser*innen können nalistische Kompetenz trifft Nutzerfreundlich- den. Bis Ende des Crowdfundings lösten bereits gleich ins sechste Kapitel „Zusammenfassung keit (bjvlink.de/impfschutz). 3002 Menschen ein Jahresabo für 120 Franken und Handlungsempfehlungen“ einsteigen. Un- „Nie waren verlässliche Informationen (zirka 115 Euro). tersucht wurde die Berichterstattung von elf wichtiger“, wirbt der Tagesspiegel auf einem Leitmedien (unter anderem Sueddeutsche.de Werbebanner für sein Angebot „Tagesspiegel Stiftung unterstützte und Focus Online) vom 1. Januar 2020 bis 30. Plus“ – ein Beispiel für gelungenes Selbstmar- Die Schweizer Kolleg*innen haben vor al- April 2021: bjvlink.de/corona-studie. keting. Denn zu oft noch tun sich unsere Me- lem mit einer sympathisch und kompetent dien oder wir Journalist*innen selbst – egal ob wirkenden Kommunikation ihres Projektes Wie gut wirkt meine Impfung noch? angestellt oder frei – schwer damit, für die ei- (Newsletter, Blog, Twitter etc.) einiges richtig Weiter in der Arbeitspraxis. Vor allem On- gene Arbeit zu werben. Das Marketing pro gemacht und sie haben ein gutes Gespür dafür line-Journalist*innen sind bei der täglichen domo könnte ein Boostern gut gebrauchen. bewiesen, was die Medienkonsument*innen Informationsvermittlung mehr denn je ge- Ein anschauliches Beispiel für gelungenes in Bern gerne haben möchten. So weit sind die fragt. Hervorzuheben ist beispielsweise das Storytelling in journalistischer Sache liefern Gründer*innen mit viel ehrenamtlicher Arbeit Corona-Dashboard von Zeit Online, das kürz- hier die Macher*innen des Projekts „Neuer und der Unterstützung durch eine Stiftung ge- lich noch mehr an die dynamische Entwick- Berner Journalismus“. Zur Vorgeschichte: In kommen. Außerdem haben weitere Stiftungen lung des Virus und die sich ändernden Nut- der schweizer Bundesstadt Bern mit ihren eine Anschubfinanzierung bei erfolgreichem zerbedürfnisse angepasst wurde – die rund 400.000 Einwohnern legten die Blätter Crowdfunding in Aussicht gestellt, berichten transparente Kommunikation versteht sich Bund und Berner Zeitung im Oktober 2021 die Hauptstädter*innen (crowdfunding.haupt- von selbst (bjvlink.de/dashboard). Die dpa ihre Lokalredaktionen zusammen, der Plan stadt.be, @hauptstadt_be). Im März 2022 soll zeichnete dieses Angebot mit dem „dpa-info- war schon länger bekannt und wurde jetzt der Start erfolgen. grafik award 2021“ aus. umgesetzt. „Im Raum Bern gibt es neben der Gute Nachrichten gibt es auch aus Nürn- Als eines der ersten interaktiven Angebote SRG (Schweizerische Rundspruchgesellschaft) berg: Die Relevanzreporter (relevanzreporter. startete im Januar 2021 die Süddeutsche Zei- nur noch eine gewichtige Medienstimme“, be- de) von unserer Kollegin Alexandra Haderlein tung mit dem Angebot „Coronavirus-Imp- schreiben die Kolleg*innen die Lage. Deshalb und ihren Mitstreiter*innen haben ihr Crowd- fung: Wann sind Sie dran?“ (bjvlink.de/sz-imp- arbeiten sie seit Ende 2020 „am Vorhaben, mit funding-Ziel in Höhe von 20.000 Euro fast er- fung); mittlerweile findet man bei vielen Seiten der Hauptstadt ein neues Onlineportal zu lan- reicht und wollen 2022 durchstarten. solche Rechner. Eine ähnliche Hilfe startete cieren. Aus Bern, für Bern, unabhängig, wer- der Berliner Tagesspiegel im November mit ei- befrei, professionell und gemeinnützig“. Als Der Autor nem simplen Rechner zur Frage, wie gut die „treibende Kräfte“ hinter der Hauptstadt stel- Thomas Mrazek (@tmrazek) arbeitet Coronaimpfung noch wirke. „Lohnt sich ein len sich der Lokaljournalist und Buchautor als freier Journalist und Dozent in Booster-Impftermin? Wir haben die aktuelle Jürg Steiner, die Kulturjournalistin und Auto- München, er betreut die Netzaktivi- Studienlage in einen interaktiven Rechner zu- rin Marina Bolzli und der Politikjournalist Joël täten des BJV. Foto: Stefan Gregor sammengefasst, um etwas Orientierung zu Widmer vor. Zusammen haben sie das Projekt BJVreport 6/2021 5
„Ein bisschen wie Sendung mit der Maus für Erwachsene“ Im Gespräch mit dem dpa-Fotografen Sven Hoppe, dem Gesamtsieger des Wettbewerbs Pressefoto Bayern 2021 Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r So traurig der Anlass, so faszinierend das Bild. Wie hat Corona Ihr Arbeiten sonst noch ver- man muss dafür brennen. Irgendwann brannte Als im Maximilianeum Plexiglasscheiben aufge- ändert? ich mehr für die Fotografie denn für die Wis- stellt wurden, um die Abgeordneten vor Corona Waren beim „FC Bayern“-Spiel vor Corona senschaft. Nach dem Studium nahm ich mir ein zu schützen, eröffneten sich plötzlich ganz neue 60 bis 70 Fotografinnen und Fotografen dabei, Jahr Auszeit und versuchte, als freier Fotograf Fotowelten. Mit seinem Werk „Gläserner Land- waren wir im ersten Lockdown teilweise nur Fuß zu fassen. Die dpa bot mir dann ein Foto- tag“ holte dpa-Fotograf Sven Hoppe, 42 Jahre, noch drei oder vier Poolfotografen am Spielfeld. volontariat an, vermutlich war ich als 33-Jähri- nun den Gesamtsieg beim Wettbewerb Pressefo- Als festangestellter dpa-Fotograf wurde ich wei- ger damals einer ihrer ältesten Volontäre (lacht). to Bayern 2021. ter zugelassen, für viele freie Fotografen kamen die Regelungen einem Berufsverbot gleich. Hät- Seit Oktober 2013 arbeiten Sie als einer von Unter welchen Voraussetzungen ist Ihr Foto te ich es mir aussuchen können, hätte ich lieber zwei festangestellten Fotografen für die dpa im „Sitzung bayerischer Landtag“ entstanden? weiter mit etlichen Kolleginnen und Kollegen Landesbüro Bayern in München. Wie sieht Ihr Plenarsitzungen des bayerischen Landtags um das beste Bild gekämpft. Hinzu kamen teil- Arbeitsalltag dort aus? sind bei uns Routinetermine und normaler- weise sehr skurrile Momente: An Silvester stand Das Schöne bei der dpa ist: Wir Fotografen weise relativ unspektakulär: Wir dürfen uns ich um Mitternacht auf dem Marienplatz mit sind nicht festgelegt auf Themengebiete, sondern hinter der letzten Sitzreihe frei bewegen und mehreren Mannschaftswagen der Polizei, die die wechseln vom Fußballstadion in den Landtag die Sitzung von dort aus fotografisch doku- Ausgangssperre kontrollierten und wir wünsch- und dann ins Theater. Kein Tag gleicht dem an- mentieren. Man kann höchstens noch auf die ten uns gegenseitig ein frohes neues Jahr. Das deren, die täglich neuen Einblicke faszinieren Empore gehen für eine Übersicht – das war᾿s. waren Extremsituationen, die es so noch nie ge- mich an dem Beruf, das ist ein bisschen wie Sen- Als dann letztes Jahr im Oktober Plexiglas geben hatte. Sie waren dramatisch, aber gleich- dung mit der Maus für Erwachsene. Hier in trennwände aufgebaut wurden, kamen wir Fo- zeitig spannend zu fotografieren. München sprach auf einer Konferenz einmal der tografen in den Saal und dachten: Wow, ehemalige US-Präsident Barack Obama. Er was für neue Perspektiven und Blickwin- war an dem Tag extrem gut aufgelegt, gestiku- kel! Es hat sich plötzlich alles gespiegelt. „Man konnte sich im Landtag lierte und zwinkerte. In Rom durfte ich den Ist man nah an die Plexiglasscheibe range- zum ersten Mal richtig Papst fotografieren, als Horst Seehofer ihn be- gangen, hat man die Redner am Pult vier, fünf Mal nebeneinander gesehen. Man kreativ austoben.“ suchte. An sich stehe ich nicht besonders auf Promifotografie, aber trifft man auf solche Sven Hoppe, dpa-Fotograf konnte sich zum ersten Mal richtig kreativ Personen der Zeitgeschichte, sind das schon austoben. Ohne die Plexiglasscheiben wäre sehr besondere Momente. Und neben den ei- mein Bild eine langweilige Plenarsaalüber- Eigentlich sind Sie Diplom-Biologe. Warum ar- gentlichen Terminen versuchen wir dpa-Foto- sicht. beiten Sie heute als Fotojournalist – und nicht grafen zudem noch möglichst viele Feature-, zum Beispiel am Max-Planck-Institut? Symbol- und Wetterbilder zu machen. Sind die Glasscheiben gleichzeitig nicht auch Ich bin in meinem Leben eigentlich immer eine fotografische Herausforderung? schon zweigleisig gefahren. Ich habe wahnsin- Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag im letzten Jahr- Ja, auf jeden Fall. Das klassische Porträt des nig gern fotografiert und war naturwissen- zehnt verändert? Abgeordneten, der im Plenarsaal sitzt, ist seit schaftlich interessiert. Nach der Schule sah ich Anfangs habe ich mit der Digitalkamera fo- Corona so nicht mehr möglich. Man hat immer keine wirkliche Möglichkeit, mit der Fotografie tografiert, die Bilder dann am Laptop bearbeitet Scheiben dazwischen, Bilder werden verwa- Geld zu verdienen, und studierte Biologie. Wäh- und gesendet. Heute müssen wir immer schnel- schen, der Fokus der Kamera funktioniert nicht rend der Diplom- und der Doktorarbeit fotogra- ler werden. Ich schicke meine Bilder teilweise mehr richtig. Technisch ist es auf jeden Fall fierte ich allerdings mehr und mehr, unter ande- direkt aus der Kamera zum Bildredakteur nach schwieriger geworden. Wenn man Porträts rem für kleinere Lokalzeitungen und merkte, Berlin, der diese dann bearbeitet, betextet und möchte, fokussiert man sich nun meistens auf wie viel Spaß mir das macht. Die Arbeit im La- an die Kunden liefert. Sitzt man im Fußballsta- die Redner, in Richtung Rednerpult stehen kei- bor war dagegen mit viel Routinearbeit verbun- dion, sollte zwei Minuten nach Anpfiff das erste ne Plexiglasscheiben. den. Biologe ist ein faszinierender Beruf, aber Bild in den Onlineredaktionen sein. 6 BJVreport 6/2021
presse foto bayern 2021 2021 Sven Hoppe, Gewinner des Wettbewerbs Pressefoto Bayern 2021. Ein Wettbewerb des Bayerischen Journalisten-Verbandes e.V. Foto: Christina Reufsteck Pressefoto des Jahres 2021 Sven Hoppe: Gläserner Landtag Corona-Auflagen auch im Bayerischen Landtag: Durch Plexiglasscheiben spucksicher voneinander getrennt, verfolgen die 205 Abgeordneten am 30. Oktober 2020 die Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), in der er die von den Ländern beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie verteidigt. Zuvor tagte der Bayerische Landtag nur in halber Besetzung. Nun sieht es im Plenum ein bisschen so aus wie in einem Call-Center. Alle Texte: Maria Goblirsch BJVreport 6/2021 7
Sieger Kategorie Sport – Sonderpreis Sparkassenverband Bayern Sebastian Beck: Tafel mit Taktik Der TSV Böbrach e.V. (Landkreis Regen) ist im Herbst 2021 die schlechteste Fußballmannschaft Bayerns. In der A-Klasse belegt er mit Null Punkten und 1:179 Toren den letzten Platz. Die Taktiktafel im Vereinsheim bleibt am 5. September 2021 unbenutzt. Die Taktik der Mannschaft ist ohnehin ziemlich simpel: Es geht darum, die Zeitspanne zwischen zwei Gegentoren möglichst lang auszudehnen. Foto aus der Serie „TSV Böbrach“. Sieger Kategorie Kultur – Sonderpreis Bayerische Landesbank Matthias Merz: Stillstand Das Kulturzentrum im ehemaligen Elektrizitätswerk Erlangen zählt mit rund 250.000 Besuchern im Jahr zu den großen regionalen Veranstaltungszentren. Während der Corona-Pandemie finden dort zeitweise keine Konzerte statt. Ein Veranstaltungstechniker arbeitet am 7. Mai 2021 im leeren Saal des E-Werks. Foto aus der Serie „Stillstand“. 8 BJVreport 6/2021
Siegerin Kategorie Bayern Land & Leute – Sonderpreis Bayernwerk AG Alessandra Schellnegger: Frei-Bier Endlich Frei-Bier für alle: Am 12. Mai 2021 darf in Bayern die Außengastronomie wieder unter Hygieneregeln bis 20 Uhr öffnen. Vor dem Münchner Hirschgarten ist ein Container-Testzentrum eingerichtet, um spontane Besuche des Biergartens zu ermöglichen. Je nach Inzidenz brauchen die Gäste neben Abstandsregel und dem Tragen des Mund-Nasenschutzes auch einen negativen Testnachweis, um mit Personen außerhalb des eigenen Hausstandes einkehren zu dürfen. Sieger Kategorie Tagesaktualität – Sonderpreis Presse-Versorgung Johannes Hauser: Silvester im Lockdown Lockdown an Weihnachten und Silvester 2020. Zwischen 21 und 5 Uhr gilt eine Ausgangssperre. Das Abbrennen von Pyro technik stellt keinen unabweisbaren Grund dar, die Wohnung zu verlassen. Es ist verboten, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trin- ken. Und das wird kontrolliert. Kurz vor dem Jahreswechsel patrouilliert in Ingolstadt eine Streife der Polizei durch die men- schenleere Innenstadt. BJVreport 6/2021 6/20218 9
Sieger Kategorie Umwelt & Energie – Sonderpreis Bayernwerk AG Erich Weichelt: Baumbesetzung Im Forst Kasten bei Neuried (Landkreis München) haben Demonstrierende am 9. Juni 2021 zwei Bäume besetzt, um gegen die drohende Rodung von knapp zehn Hektar Wald für den Kiesabbau zu protestieren. Der 32-jährige Mathematik-Dozent Dr. Ingo Blechschmidt gibt vom Holzplateau in gut sieben Meter Höhe einer Reporterin des Bayerischen Rundfunks ein Interview. Zwei Tage später holen Spezialkräfte der Polizei Blechschmidt und einen weiteren Protestierer mit Leitern aus der luftigen Höhe und räumen das Baumhaus. 10 BJVreport 6/2021
Sieger Kategorie Serie – Sonderpreis Leica Camera AG Werner Bachmeier: Homeoffice Heimarbeit war gestern. Im Homeoffice ist auf beschränktem Raum im Dreiklang von Job, Familie und Freizeit Kreativität gefragt. Küche oder Wohnzimmer werden zum mobilen Arbeitsplatz, wo oft gleichzeitig auch noch die Kinder betreut werden müssen oder für die Fitness trainiert wird. Der Fotograf hat über den Zeitraum eines Jahres eine Materialtechnikerin, einen Architekten, einen IT-Ingenieur, eine Buchhalterin und andere Menschen in ihrem Homeoffice-Alltag begleitet. BJVreport 6/2021 11
Bayerischer Journalisten-Verband e. V. Siegerin Newcomer Award – Sonderpreis Presse-Versorgung Sophie Linckersdorff: Das Sorgenheim Die Fotografin dokumentiert in ihrer im Mai 2021 in Landshut entstandenen Serie, wie Menschen unterschiedlichen Alters um Angehörige trauern, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben und daran verstorben sind. Christa Jones sitzt in ihrem Wohn- zimmer und denkt an ihren Vater. Sie hat in einem Büchlein regelmäßig Notizen über seinen Gesundheitszustand gemacht. Hans Müller hält historische Aufnahmen seiner Mutter als letzte Erinnerungsstücke in Ehren. Sie infizierte sich im Seniorenwohnpark Landshut mit dem Corona-Virus. Marcel Steinert kümmert sich in seinem Elternhaus liebevoll um seinen gesundheitlich ange- schlagenen Vater. Der Altenpfleger möchte ihn unter keinen Umständen in die Hände eines Heimes geben. 12 BJVreport 6/2021
Pressefoto Unterfranken 2021 Pressefoto des Jahres 2021 Patty Varasano: Gedenken Bei einem Anschlag in der Würzburger Innenstadt stach ein Mann am 25. Juni 2021 zuerst in einem Kaufhaus und danach auf der Straße mit einem Messer auf Menschen ein. Dabei tötete er drei Frauen und verletzte fünf weitere Personen schwer. Auch eine Woche nach dem Attentat kommen viele Menschen zur Gedenkstätte. Was wählst Du eigentlich? Preiswürdiges aus Bayern – und ein neuer Medienpreis für Polit-Influencer*innen Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung hat im bekam das Team von „youmocracy“ für eine torings 2017, war beim Deutschen Journalis- Rahmen der Münchner Medientage zum ers- Instagram-Story über Rüstungsexporte. Mehr tenpreis in der Kategorie Bildung & Arbeit ten Mal „Politische Influencer in den Sozia- zum Preis: bjvlink.de/hss erfolgreich. Ihr Siegertext „Er hat sich stets len Medien“ ausgezeichnet. Sie wolle Einzel- bemüht“ in der Süddeutschen Zeitung vom 1. beiträge würdigen, die Lust auf Politik Origineller Blick auf die April handelt von einem jungen Mann, der machen und auf den unterschiedlichsten Musikwirtschaft trotz Ausbildung keine Arbeit findet. In der Plattformen junge Menschen erreichen. Den Ernst-Schneider-Preis in der Katego- Kategorie Vermögensverwaltung wurde das Preisträgerinnen des Preisdebüts in der Kate- rie „Starterpreis“ hat der 31-jährige Münchner SZ-Stück „Hahaha“ über die Gamestop-Aktie gorie Podcast sind die Journalistin Victoria Stefan Sommer abgeräumt, der seit 2017 über von Jannis Brühl, Harald Freiberger und Kempter und die Rechtswissenschaftlerin Popmusik und Gesellschaft berichtet. Der Jury Jan Schmidbauer ausgezeichnet. Antonia Neidhardt. Die Folge „Was bedeu- gefiel sein „origineller Blick auf die Musikwirt- Beim djp, den der Frankfurter The Early ten rechts und links eigentlich?“ aus ihrem schaft“ in dem Beitrag „Deutschrap & Sport- Editors Club auslobt, sind sowohl die Preise Podcast www.waswaehlstdueigentlich.de hatte wetten: So wird mit Summer Cem, Haftbefehl als auch die Nominierungen mit zusammen die Jury um Marcus da Gloria Martins beson- und Co. kassiert“ für das BR-Format PULS 5000 Euro pro Thema dotiert. Vom ausgelob- ders überzeugt. Das komplexe und ge- Musikanalyse. Das Video ist hier zu sehen: bj- ten Gesamtpreisgeld in Höhe von 40.000 schichtsträchtige Thema politische Verortung vlink.de/sportwetten Euro fließt ein Fünftel gemeinnützigen Zwe- werde anhand einer Rechts-Links-Achse Die Münchner Autorin Heidi Wahl hat cken zu, die die Gewinner*innen selbst be- „greifbar und verständlich“ aufgearbeitet, ihren einstigen Rausschmiss als Redakteurin stimmen: www.djp.de. „mit Augen (und Ohren) für Details und beim Focus Magazin Verlag so mitreißend in Marcus Fahn, Morgenmoderator bei Bay- ohne Belehrungen“. Nina Poppel, derzeit frei einem Vier-Minuten-Auftritt verarbeitet, dass ern 1, hat den Deutschen Radiopreis für die für Online-Redaktionen des SWR tätig, ge- sie beim 8. Internationalen Speaker Slam in „Beste Sendung“ gewonnen: eine Klangreise wann in der Kategorie Tiktok. Mehr als 300 Masterhausen einen Preis gewann. Im Finale ins Jahr 1920, als das erste Mal Sprache und Videos hat sie schon unter dem Namen „Ni- setzte sie sich gegen 80 Konkurrent*innen Musik via Rundfunk übertragen wurden. ni-erklaert-Politik“ ins Netz gestellt. Ebenfalls aus zwölf Nationen durch. Beste Newcomerin wurde Gloria Grünwald eine mit 2000 Euro dotierte Auszeichnung Lea Hampel, Teilnehmerin des BJV-Men- von egoFM. Senta Krasser BJVreport 6/2021 13
Demokratie endet Titel nicht am Werkstor Kurzarbeit, mobiles Arbeiten, Digitalisierung und Betriebsübergänge: Bayerns Betriebsrät*innen sehen sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Vier erzählen, wie und warum sie sich für die Belegschaft engagieren Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r 14 BJVreport 6/2021
Titel D u hältst auch sonst nicht die Klappe. Du aber nun mal um personelle Fragen, über die nicht gere- könntest auch Betriebsrat werden“: Mit det werden darf. Etwa, wenn Kolleg*innen zu Personalge- diesen Worten trat vor zwölf Jahren ein sprächen begleitet werden und Abmahnungen oder gar Betriebsratskollege an Dirk Ceelen, On- Kündigungen im Raum stehen. „Das kostet dich dann lineredakteur beim Aschaffenburger eine Nacht lang den Schlaf, du fühlst dich als Betriebsrat Main-Echo, heran. Der überlegte kurz, ließ sich doch breit mitverantwortlich und zerbrichst dir den Kopf, wie du schlagen – und kandidierte. Auch wenn Ceelen heute ge- helfen kannst“, sagt der 54-Jährige. Genau hier verortet er steht: „Ich dachte, wahrscheinlich wählt mich eh keiner.“ Es gleichzeitig die positiven Momente, „wenn du Kolleg*in- kam anders – und blieb nicht die einzige Legislaturperiode nen helfen, wenn du Arbeitsbedingungen verbessern des heute 54-Jährigen. Seit zwölf Jahren engagiert er sich kannst“. Gold wert, sagt er auch, sei, dass er die Gewerk- inzwischen im Betriebsrat und wird auch bei den nächsten schaft als Rückhalt wisse, wenn rechtliche Fragen im Wahlen zwischen März und Mai 2022 wieder antreten. Raum stehen. Dann brauche es jemanden, der es wirklich Ceelen und drei weitere Kolleg*innen aus bayerischen Ver- weiß; jemanden der wie der BJV nach spätestens 48 Stun- lagen erzählen im BJVreport, warum sie sich als Betriebs- den verlässlich antwortet. rät*innen für die Interessen der Belegschaft einsetzen und mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert werden. 1919 in Verfassung verankert Dass sich Mitbestimmung nicht nur für die Belegschaft, „Der deutsche Gesetzgeber gibt Laien ganz schön viel sondern auch für die Firmen selbst auszahlt, belegen zahl- Macht. Das allein ist schon eine tolle Sache“, sagt Petra reiche Studien zur Wirkung von betrieblicher und Unter- Breunig, 52 Jahre und Redakteurin beim Fränkischen Tag. nehmensmitbestimmung, eine gute Adresse ist hier die ge- Mit anderen Worten: Demokratie endet nicht am Werkstor, meinnützige Hans-Böckler-Stiftung mit Sitz in Düsseldorf und zwar schon ziemlich lange. Die Einrichtung von Be- als das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförde- triebsräten wurde 1919 in der Weimarer Verfassung und rungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). ein Jahr später im Betriebsrätegesetz verankert. Vorgesehen Ein Team aus Ökonomen sowie Soziologen der Universität ist er heute für Firmen ab mindestens fünf Beschäftigten. Duisburg-Essen, des Wissenschaftszentrums Berlin für So- Das heutige Betriebsverfassungsgesetz trat 1952 in Kraft zialforschung und der Hans-Böckler-Stiftung wertete die und wurde seither mehrmals grundlegend überarbeitet, zu- Daten von 172 im DAX letzt in diesem Jahr (siehe gelisteten Unternehmen auch Seite 18). der Jahre 2006 bis 2017 „Der deutsche Gesetzgeber gibt Auf Petra Breunig ka- aus. Heraus kam: Der ope- men Kolleg*innen 2017 zu rative Gewinn bei stärker Laien ganz schön viel Macht.“ und fragten, ob sie im Petra Breunig, Fränkischer Tag mitbestimmten Unterneh- Wahlvorstand mitarbeiten men lag im Mittel um wolle, um die nächsten knapp elf Prozent höher, der Cashflow pro Aktie war sogar Betriebsratswahlen vorzubereiten. „Ich hatte keine Ah- dreimal so hoch wie in Firmen mit wenig Mitbestimmung. nung, was auf mich zukommt. Aber es klang spannend“, Ökonom*innen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsfor- sagt sie. Dass sie dann selbst auf der Kandidat*innenliste schung Halle wiederum werteten Daten von mehr als landete – mag sein, dass die Kolleg*innen darauf speku- 15.000 westdeutschen Betrieben mit mindestens fünf Be- liert hatten. Zunächst war Petra Breunig Ersatzmitglied, schäftigten aus den Jahren 1998 bis 2016 aus. Dabei schau- 2019 rutschte sie in den sieben Personen starken Be- ten sie auch auf den Effekt betrieblicher Mitbestimmung triebsrat nach. Zwar machten ihr die Kolleg*innen die auf die Löhne. Die lagen demnach in Unternehmen mit Einarbeitung leicht, weil sie sie schon lange kannte. An- Betriebsrat um 8,4 Prozent höher als in anderen Häusern. dererseits sah sich die Journalistin plötzlich mit vielen Betriebliche Mitbestimmung hat, das zeigen weitere Studi- rechtlichen Fragen konfrontiert, mit denen sie sich nie en, auch positive Effekte auf Produktivität, ökologische In- zuvor beschäftigt hatte. „Anfangs hatte ich das Gefühl: vestitionen, Aus- und Weiterbildung, Jobsicherheit, Famili- Du wirst nie begreifen, wie’s funktioniert“, erinnert sie enfreundlichkeit und Lohngleichheit. Und: Unternehmen sich. Grundlagenseminare zur Betriebsratsarbeit gaben bewältigen Krisen besser, wenn Arbeitnehmer*innen wäh- ihr das nötige Handwerkszeug. rend dieser mitreden können. Corona lässt grüßen. „Man braucht allerdings eine gewisse Robustheit“, sagt die 52-Jährige, die gemeinsam mit den Kolleg*innen man- Manchmal bleibt der Dank aus che heftige Diskussion mit der Arbeitgeberseite führte, als Das Dankeschön der Belegschaft fällt gleichzeitig ab es durch die Pandemie plötzlich um das Thema Kurzarbeit und an geringer aus, als man meinen mag. Man müsse ging. „Wir wussten, wir dürfen nichts falsch machen“, sagt Foto: Ralf Lienert damit umgehen können, dass Kolleg*innen kritisieren: sie. Gleichzeitig fehlte es aber an Vorbildern, denn dass „Warum tut ihr nichts für die Belegschaft?“, sagt Dirk landauf landab Redaktionen in Kurzarbeit geschickt wur- Ceelen. In vielen Fällen gehe es in der Betriebsratsarbeit den, war in der bayerischen Zeitungsverlagsgeschichte neu. BJVreport 6/2021 15
Titel Nach manchem digitalen Verhandlungstag sei sie froh ge- Arbeitszeiterfassung. „Der Beruf des Journalisten hat sich wesen, vom PC nur noch auf die Coach kriechen zu müs- deutlich verändert. Das verändert auch unsere Betriebsrats- sen, erinnert sich Breunig. Der Einsatz aber lohnte sich für arbeit“, sagt Josef Schäfer. Mit der Digitalisierung würden die Belegschaft: Unter anderem konnte der Betriebsrat er- Betriebsratsthemen größer und komplexer – und er habe reichen, dass die Kurzarbeit mehrmals unterbrochen wur- den Eindruck, dass man als Betriebsrat immer schneller re- de, so dass die Kolleg*innen zwischenzeitlich wieder volle agieren müsse. Am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftli- Gehälter gezahlt bekamen und Einkommenseinbußen chen Institut der Hans-Böckler-Stiftung hatten Forscher nicht ganz so drastisch zu Buche schlugen. nach den meistverbreiteten Themen mit Blick auf eigene Ein anderes erschwerte – und da sind sich alle Intervie- Betriebsvereinbarungen gesucht. Datenschutz stand dabei wpartner einig – die Betriebsratsarbeit während der Pande- an der Spitze, in knapp zwei Dritteln der Betriebe gab es mie deutlich: Die persönlichen und so wichtigen Begeg- dazu ein gültiges Abkommen. Dahinter folgten die Berei- nungen auf dem Gang und che Arbeitszeitkonten (63,5 die Möglichkeit, als ständiger Prozent), Urlaub (53 Prozent), Ansprechpartner im wahrsten „Betriebsratsthemen werden Mehrarbeit (48,5 Prozent) so- Sinne des Wortes für die Be- größer und komplexer.“ wie Arbeitsschutz und Ge- legschaft sichtbar zu sein, Josef Schäfer, Main-Post sundheitsförderung (41,8 Pro- blieben auf der Strecke, als zent) viele Redakteur*innen im Zudem noch ein Blick ins Lockdown zum Arbeiten in die heimischen vier Wände ge- oberbayerische Ingolstadt zum Donaukurier. Betriebsrats- schickt wurden. Doch besser so als anders: Es gab auch neuwahlen hatten dort außer der Reihe bereits in diesem Häuser, die sich gegen Homeoffice-Regelungen sträubten, März stattgefunden, vor folgendem Hintergrund: Zum 1. zum Beispiel die Passauer Neue Presse. Heftige Kämpfe wa- Januar 2017 war die Zeitung von der Passauer Neuen Pres- ren auszufechten, um Kolleg*innen zumindest mit guten se übernommen worden. 2018 wurde regulär gewählt. Da- Hygienekonzepten zu schützen. nach wurden mehrere Abteilungen – Druckerei und An- Anderorts wurden dauerhafte Betriebsvereinbarungen zeigenabteilung – ausgegliedert. Der Betriebsrat, jetzt nur zum mobilen Arbeiten auf den Weg gebracht. Beim Fränki- noch für den Verlag zuständig, war dadurch so zusam- schen Tag dürfen die Kolleg*innen, so sie dies wollen, künf- mengeschrumpft, dass eine Neuwahl zwingend notwendig tig 40 Prozent der Zeit von daheim aus arbeiten. „Mobiles war. Es fanden sich aber auch unter den veränderten Be- Arbeiten wurde recht großflächig eingeführt bei sehr vielen dingungen ausreichend Kandidat*innen. Häusern“, sagt auch Josef Schäfer. Der 57-jährige Redakteur „Wir schickten Mails an die Belegschaft, animierten, der Würzburger Main-Post ist nicht nur Betriebsratsvorsit- machten auch in persönlichen Gesprächen deutlich, wie zender im eigenen Hause, sondern leitet auch die Fach- wichtig es gerade in diesen Zeiten von Umstrukturierun- gruppe Betriebsräte im BJV. gen und einem zunehmen- Bei der kommenden Betriebs- den Spardruck ist, ein starkes ratswahl werde er wieder kan- „Gerade in Zeiten von Gremium zu haben“, erzählt didieren, wolle den Vorsitz Umstrukturierungen ist ein die Betriebsratsvorsitzende nach zehn Jahren aber in jün- Katrin Fehr. Sie erinnert sich, gere Main-Post-Hände legen. starkes Gremium wichtig.“ dass der ehemalige Verleger Katrin Fehr, Donaukurier Das beste Mittel, um die sogar einmal bei einer Be- nächste Generation vom Sinn triebsversammlung appelliert und Nutzen des Einsatzes für die Belegschaft zu überzeu- hatte, sich aufstellen zu lassen. „Doch das ist lange her.“ gen, sei eine transparente Gremienarbeit, ist Schäfer über- Die Zeiten seien heute andere. zeugt. Schon seit einigen Jahren gibt es deshalb in dem Katrin Fehr selbst engagiert sich als Betriebsrätin seit Würzburger Verlagshaus einen eigenen, regelmäßigen Be- mehr als zwei Jahrzehnten. Ein Kollege habe sie angespro- triebsrats-Newsletter. Das andere sei die persönliche An- chen, ob sie kandidieren wolle, damals war sie 33 Jahre alt: sprache. „Manche sind erstaunt und freuen sich, andere „Anfangs wusste ich wenig von der Betriebsratsarbeit, aber lehnen ab. Wir sind aber guter Dinge, bei der kommen- im Gremium waren erfahrene und engagierte Kolleginnen den Wahl eine gute Truppe an den Start zu bringen“, sagt und Kollegen als Vorbilder. Außerdem waren Schulungen Schäfer. und der Austausch über die Fachgruppe der Betriebsräte Bei der Main-Post übrigens gibt es bislang keine Rah- im BJV und mit Kolleginnen und Kollegen anderer Verlage menvereinbarung zum mobilen Arbeiten, dort hatte man enorm wichtig.“ zunächst abgewartet, was im Mutterhaus Augsburger Allge- Gefragt nach ihren wichtigsten Erfolgen, sagt die Be- meine geschieht. Einen anderen Erfolg konnte der unter- triebsrätin: „Wir konnten als Gremium immer wieder Kol- fränkische Betriebsrat aber schon vor sechs Jahren für die leginnen und Kollegen unterstützen, wenn sie in Situatio- Belegschaft erreichen mit einer Betriebsvereinbarung zur nen kamen, in denen Hilfe und Begleitung wichtig waren.“ 16 BJVreport 6/2021
Titel Kummerkasten, Ansprechpartner und Berater Betriebsrät*innen sprechen bei Entscheidungen im Unternehmen mit Vo n Jo h a n n e s Mi c h e l K ompakt in einem Satz: Der Betriebsrat ist ihre Grenzen. Denn nicht in allen Bereichen gibt es ein Betei- eine institutionalisierte Arbeitnehmervertre- ligungsrecht. Unternehmer*innen sind zum Beispiel frei in tung. Alles gesagt, oder? Bei weitem nicht. ihrer Entscheidung, einen Betrieb zu schließen, der Betriebs- Betriebsratsarbeit ist komplex. Und vielfältig. rat handelt dann nur noch die Rahmenbedingungen wie ei- Aber welche Möglichkeiten haben Betriebs- nen Sozialplan aus. Er redet also vielfach, auch etwa bei der rät*innen, Einfluss zu nehmen? Und wo liegen die Grenzen? Einführung von mobilem Arbeiten, mit – über das „Wie“, Laut Betriebsverfassungsgesetz können Arbeitnehmer*in- nicht das „Ob“. Für Medienunternehmen gelten zudem be- nen ab einer Betriebsgröße von fünf ständigen und wahlbe- sondere Einschränkungen. Bei Redakteur*innen, die als rechtigten Arbeitnehmerin*innen einen Betriebsrat wählen. „Tendenzträger“ gelten, sind die Mitwirkungsrechte des Be- Die Initiative dazu muss von ihnen selbst oder ihren Gewerk- triebsrats eingeschränkt. Und: Medienunternehmen müssen schaften ausgehen. Die Wahl findet alle vier Jahre statt. dem Betriebsrat keine Wirtschaftsdaten vorlegen. Der Betriebsrat ist eine demokratisch gewählte Vertre- Auch für die Freiberufler*innen kann der Betriebsrat tung für die Mitarbeiter*innen. In erster Linie soll er darü- wenig tun. Ihm fehlt schlicht die Zuständigkeit. „Meistens ber wachen, ob das Unternehmen die für die Beschäftigten wissen die Betriebsräte gar nicht, was die Freien überhaupt geltenden Gesetze und andere Vereinbarungen einhält und verdienen“, so Josef Schäfer. „Da helfen nur Gespräche mit umsetzt. Im Regelfall geht es um die maximalen Arbeitszei- der Geschäftsführung oder der Chefredaktion.“ Kleine ten, die Bewilligung von Urlaub, den Gesundheitsschutz Spielräume verbleiben aber. Schäfer: „Während der Kurzar- oder die Ausstattung der Arbeitsplätze. Hinzu kommt, dass beit in der Pandemie haben einige Betriebsräte bewusst in das Gremium ein Mitspracherecht hat und zum Beispiel bei den Betriebsvereinbarungen auf die Klausel verzichtet, dass Einstellungen oder Kündigungen beteiligt wird und zustim- das Unternehmen keine Arbeit an Dritte auslagern darf. So- men muss, wenn etwa neue Software eingeführt wird und mit konnten Freie während der Kurzarbeit dennoch Aufträ- es um Themen wie Datenschutz geht. Vielfach wird er initi- ge bekommen. In anderen Branchen war die Auslagerung ativ tätig, insbesondere, wenn im Unternehmen Verände- von Arbeit strikt untersagt.“ Und dann gibt es noch die ar- rungen eingetreten sind. beitnehmerähnlichen Freien. Um hier tätig werden zu kön- Die Betriebsrät*innen müssen dabei immer die Ge- nen, sind verschiedene Kriterien wie die Teilnahme an Re- samtinteressen der Beschäftigten im Unternehmen berück- daktionskonferenzen, der Dienstplan, Urlaubszeiten oder sichtigen. Zwar gibt es den Fall, dass etwa Redakteur*innen die Ausstattung mit Arbeitsmitteln zu prüfen. Je mehr in eine Einzelfirma ausgelagert und die Gewählten somit Punkte davon erfüllt werden, desto mehr spricht dafür, dass nur für sie zuständig sind. Im Regelfall aber ist der Betriebs- der Betriebsrat doch zuständig sein kann. rat die Vertretung für das gesamte Unternehmen – und so- mit in einem Medienhaus genauso für die Drucker*innen zuständig wie für die Journalist*innen. Hier gibt‘s Hilfe Betriebsratsangehörige, die Mitglieder im DJV sind, bekommen regelmäßig aktuelle Informationen über Natürlich auch „viel Papierkram“ Themen aus der Praxis. Zu den Betriebsratswahlen Der oder die Vorsitzende des Betriebsrats ist vermittelnd gibt es vom DJV ebenfalls Hinweise und Erläuterun- zwischen Beschäftigten und Unternehmensführung tätig. gen der Vorschriften. Neuen Betriebsratsmitgliedern In regelmäßigen Sitzungen fällt das Gremium Beschlüsse, bietet der DJV Schulungen an. Für die Grund- und die vom Vorstand weitergetragen werden. In Betrieben mit Aufbaukurse muss der Arbeitgeber die Kosten über- über 200 Beschäftigten muss der Arbeitgeber mindestens nehmen und die Teilnehmer*innen für die Zeit be- zahlt freistellen. Alte und neue Betriebsratsmitglie- ein Betriebsratsmitglied komplett von der Arbeit für den der können sich jederzeit auf www.djv.de mit Betriebsrat freistellen. aktuellen Informationen, News und Tipps versorgen. Die Entwicklungen und Stimmungen im Unternehmen Ein Forum für Betriebsrät*innen im BJV ist die Fach- werden genau beobachtet. Oder wie Josef Schäfer, Vorsitzen- gruppe Betriebs- und Personalräte. Hier steht der der der Fachgruppe Betriebsräte im BJV, erklärt: „Für die Austausch im Vordergrund. Mindestens zweimal im Kolleginnen und Kollegen ist er Kummerkasten, Ansprech- Jahr finden Seminare statt. Die Fachgruppe vertritt über 100 Betriebsrät*innen in knapp 50 bayerischen partner und Berater.“ Natürlich gehört es auch dazu, „viel Pa- Verlags- und Medienhäusern. pierkram“ zu bearbeiten. Die Betriebsratsarbeit hat aber auch BJVreport 6/2021 17
Titel Endlich Mitbestimmung für mobiles Arbeiten Was sich mit der Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes für Betriebsräte ändert Vo n M a r i a G o b l i r s c h D ie Arbeiten an der Re- es darum geht, Protokolle anzufertigen. form des Gesetzes ge- „Ich schätze den Datenschutz hoch ein, hen bis ins Jahr 2018 aber es wäre doch gut gewesen, wenn zurück, als keiner an auch Beschlüsse im Umlaufverfahren eine Covid-19-Pande- zugelassen worden wären“, sagt Michael mie dachte. Im Juni 2020 wurde die Székely. Schließlich komme es immer Änderung des Betriebsverfassungsge- wieder vor, dass die Verbindung über setzes (BVerfG) verabschiedet, die nun das WLAN zuhause instabil sei oder für das mobile Arbeiten (also das, was Betriebsratsmitglieder nicht zur Konfe- man umgangssprachlich Homeoffice renz zuhause sein könnten. nennt) ein Mitspracherecht des Be- Andere Neuregelungen wie die triebsrates vorsieht. Herabsetzung des aktiven Wahlrechts Der Fürther Fachanwalt für Ar- zum Betriebsrat auf 16 Jahre (passiv 18 beitsrecht Michael Székely hatte diese Jahre plus sechs Monate Betriebszuge- und andere Neuerungen im Oktober hörigkeit), das neue Informationsrecht 2021 beim BJV-Betriebsräteseminar in Michael Székely, Fachanwalt für bei der Einführung von künstlicher In- Kainsbach vorgestellt (Bericht unter Arbeitsrecht. Foto: Thomas Langer telligenz (§90 BetrVG) oder das verein- bjvlink.de/kainsbach). Er bewertet es fachte Wahlverfahren für kleinere Be- positiv, dass der Betriebsrat nun ein Mitbestimmungsrecht triebe (§14 Abs.4 BetrVG) bewertet der Anwalt positiv. bei der mobilen Arbeit hat, „die durch Informations- und Danach sind Stützunterschriften in Betrieben mit bis zu 20 Kommunikationstechnik erbracht wird“ (§87 Nr. 14 Beschäftigtem gar nicht mehr notwendig, bei 20 bis 100 BetrVG). Das Manko: Die neue Regelung sei unvollständig. Wahlberechtigten braucht es nur noch mindestens zwei. Denn Arbeitgeber wie Betriebsrat müssten eine entsprechen- Was man auf den ersten Blick nicht sieht: Die Novelle ver- de Betriebsvereinbarung auch inhaltlich ausgestalten und bessert auch den Kündigungsschutz für Beschäftigte, die erst- umsetzen können. Das gestalte sich schwierig, da der Geset- mals einen Betriebsrat gründen möchten (§15 Abs.3a zestext hier lückenhaft sei. KSchG). Das gilt für personen- und verhaltensbedingte or- So habe der Gesetzgeber nicht definiert, was unter „mobi- dentliche, nicht für fristlose Kündigungen. Voraussetzung ist, ler Arbeit“ zu verstehen sei und auch nicht den Unterschied dass die Beschäftigten eine öffentlich beglaubigte Erklärung zum festen (Tele-)Arbeitsplatz definiert, für den der Arbeit- abgegeben haben, dass sie einen Betriebsrat gründen möchten geber nach der Arbeitsstättenverordnung etwa einen sicheren und auch schon mit der Vorbereitung beschäftigt waren. Vor- Arbeitsplatz einrichten müsse. Auch der Versicherungsschutz her galt der besondere Kündigungsschutz erst mit der Einla- unterscheide sich erheblich. dung zur Betriebsversammlung. „Schon bisher galt nach der Rechtsprechung, dass Wahlvorstände, auch wenn sie das erste Jetzt sind auch Videokonferenzen erlaubt Mal einen Betriebsrat gründen, Kündigungsschutz genießen“, Die Neufassung des BVerfG erlaubt nun zudem Sitzun- sagt Anwalt Székely. Der Betriebsrat müsse einer Kündigung gen des Betriebsrates per Telefon- oder Videokonferenz grundsätzlich zustimmen (§103 KSchG). Wenn aber (noch) (§51 BetrVG). in Zeiten der Pandemie eine Notwendigkeit. keiner existiere, dann sei schon bisher das Ersetzungsverfah- Der Grundsatz, dass der Betriebsrat in Präsenz tagen soll, ren über das Arbeitsgericht erforderlich gewesen. bleibt bestehen. Die Mitglieder müssen ihre Teilnahme gegen- Weitere Neuerungen: Verarbeitet der Betriebsrat perso- über der/dem Vorsitzenden „in Textform“ (also per Mail oder nenbezogene Daten der Beschäftigten, muss er dabei die SMS) bestätigen, damit gültige Beschlüsse gefasst werden datenschutzrechtlichen Vorschriften einhalten. Aber der können. Widerspricht ein Viertel der Mitglieder der On- Arbeitgeber bleibt letztlich immer der datenschutzrechtlich line-Konferenz, muss sie in Präsenz stattfinden (§30 BetrVG). Verantwortliche (§79a BetrVG). Allerdings hat der Be- Die Videokonferenzen dürfen nicht aufgezeichnet wer- triebsrat in seinem Bereich eigenverantwortlich technische den, es muss sichergestellt sein, dass kein Dritter vom Inhalt und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um die der Sitzung nachträglich Kenntnis nehmen kann. Hier hätte Sicherheit der Daten zu gewährleisten (Artikel 24 und 32 sich der Experte mehr Pragmatismus gewünscht, etwa, wenn DSGVO). 18 BJVreport 6/2021
Sie können auch lesen