Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen

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Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen
Juni 2020 | Jg. 35
www.lebenshilfe-giessen.de

     Miteinander      Das Magazin der Lebenshilfe Gießen e.V.

  Mit Abstand
  zusammenhalten
Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen
2    Miteinander Juni 2020 Vorwort

                                 Vorwort
                                Liebe Mitglieder, liebe Eltern
                                und Mitarbeiter*innen,

                                ›Corona‹ auf allen Kanälen, in allen Zeitungen usw… . Nun können Sie ja sagen
                                oder denken »jetzt fängt die Vorsitzende auch damit an, wir können es nicht
                                mehr hören.« Das sagen viele Menschen, aber es ist nun einmal eine Tatsache:
                                Das Virus beeinflusst unser Leben auf allen Ebenen. Geschäfte, Restaurants,
                                Frisöre (das beeinflusst mich persönlich sehr) etc. sind geschlossen. Wir sollen
                                zu Hause bleiben, Ostereier bei Oma suchen geht nicht. Immerhin dürfen wir
                                spazieren gehen und Nahrungsmittel können wir auch noch einkaufen, nur das
                                ›hamstern‹ sollten wir unterlassen.

                                Altenheime stehen im Fokus und sicher ist das auch wichtig, aber wir, die Le-
                                benshilfe und ihre Einrichtungen sich auch betroffen. Menschen mit Behinde-
                                rung werden in der Presse kaum erwähnt, ehrlich, das ärgert mich. Wir mussten
                                die Werkstätten schließen, kein Außenstehender ahnt, was das für die Mitarbei-
    Maren Müller-Erichsen,
                                ter*innen bedeutet, gerade für die, die jetzt bei ihren Eltern wohnen und sich
    Aufsichtsratsvorsitzende,
                                langweilen. Die Schulen mussten geschlossen werden. Für viele Eltern ist das
    Lebenshilfe Gießen e.V.
                                eine Herausforderung. Zumal ein Ende noch nicht vorauszusehen ist.

                                Die Lebenshilfe Gießen hat eine AG ›Corona-Virus‹ gegründet. Jeden Montag von
                                8 bis 10 Uhr treffen wir uns auf einer Telefonkonferenz, alle Bereiche/Abteilun-
                                gen und die Tochter-Gesellschaften sind beteiligt. Herr Oßwald moderiert die
                                Konferenz und ich bin froh, dass er eine Struktur gefunden hat, die uns alle auf
                                den gleichen Wissensstand bringt.

                                Finanziell beeinflusst uns das Corona-Virus immens.
                                Wir müssen in fast allen Einrichtungen Kurzarbeit bis
                                in die Leitungsebene einführen. Davon ausge-
                                nommen sind die Wohnstätten.
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Vorwort Juni 2020 Miteinander   3

Wir versuchen alle ›Töpfe‹ anzuzapfen, um nicht in eine totale Krise zu laufen.
Für die Angestellten ist das auch eine schwierige Situation, wir hoffen aber auf
Ihr Verständnis und bedanken uns von Herzen dafür.

Ihnen, liebe Eltern danken wir sehr, dass Sie die Aufgabe der Betreuung im häus-
lichen Bereich übernehmen. Bei Fragen oder massiven Problemen stehen Ihnen
die jeweiligen Bereiche jederzeit telefonisch zur Verfügung.

Manchmal hilft ja schon ein Gespräch. Ich weiß, dass manch einer unserer Söh-
ne und Töchter die Situation nicht verstehen, ihnen fehlt die ›normale‹ Struktur,
das ist sehr verständlich und kostet auch unsere Nerven. Auf der anderen Seite
hoffe ich, dass Sie Strukturen gefunden haben, um diese herausfordernde Zeit
zu überstehen.

Bleiben Sie gesund und halten Sie sich an die Regeln. Ich hoffe mit Ihnen auf ei-
nen virusfreien Sommer und grüße Sie, auch im Namen von Herrn Oßwald, von
ganzem Herzen

Ihre

Maren Müller-Erichsen
Aufsichtsratsvorsitzende, Lebenshilfe Gießen e.V.
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4    Miteinander Juni 2020 Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis

     Kindertagesstätten                               Wohnen
     Kinder- und                                     Leben in Zeiten von Corona – zwei Stimmen
                                                     aus dem Unterstützten Wohnen              28
                                                     Die inklusive WG in Zeiten von Corona    29
     Familienzentren                                 Neue Wohnstätte                          30

    Die Vorschulkinder der Kita Nordeck und der    Hier entsteht Wohnraum – für alle!        31
    Waldkita Nordeck besuchen das Polizei-         Nachruf Thomas Hobler                     32
    präsidium Mittelhessen                      16
                                                   Unser neues Angebot:
    Auch in Corona-Zeiten – in der Kita viel zu    »Begleitete Elternschaft«                 33
    tun                                         17
                                                   Wohnstätte Langgöns – zum Abriss freigegeben
    »Wir vermissen Euch!«                       18 und trotzdem gut genutzt                  34
    Hütte zum Glück                             18 »Aktion 68.000 – Wünsche werden wahr«     34
    Spendenaktion »Australien«                  19
    Winterhilfe für unsere gefiederten
    Freunde                                     20
    Unser Schutzraum wird bunt!                 21
    Samantha Anderson sammelt wertvolle
    Erfahrungen im Inklusiven FSJ               22
                                                     Schwatzkiste
    »Großer Zugewinn für die Jugendlichen«      24    ab Seite 54
    Frühe Osterhasen und Regenbogen an             Erzählungen, Geschichten und
    den Fenstern                                26 Erfahrungen aus der Redaktion der
    »Sophie im Weltraum«                        27 Schwatzkiste!

                                                      Lebensnah
                                                      ab Seite 62
                                                     Alle Neuigkeiten über Freizeit, Kunst,
                                                     Spendenaktionen und vieles mehr!
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Inhaltsverzeichnis Juni 2020 Miteinander   5

 Arbeit und Bildung                             Ambulante Hilfen
Container für Pfandflaschen aufgestellt    36 Corona- ein Virus bremst aus 30!                    81
Lebenshilfe Gießen als IHK-Unternehmen des  »Im Mittelpunkt meines Amtes steht die
Jahres 2019 geehrt                       37 Zuwendung zum Gegenüber«                              82
»Das wünschen wir uns doch alle«           38 Neues aus der Beratungsstelle
                                              Unterstützte Kommunikation                          84
Neue ambulante Begleitungen in der
WIG-Limes                                    40 Unser erster Kongress »Unterstützte
                                                Kommunikation«                                    85
Beste Bio-Qualität direkt vor Ort erwerben 42
                                                Der Weg von Al Najem in die Arbeitswelt           86
Plötzlich ist alles anders!                  43
                                                mehrBewegen                                       86
»Für das Wohlfühlen ist eine gute Kantine ein
wichtiger Faktor«                            44 Gesundheitliche Versorgungsplanung für
                                                die letzte Lebensphase                            87
»Wir freuen uns auf einen guten
Umgang miteinander«                          46 #TräumeDeineReise                                 88
»Den hohen Standard wahren«                47 Den Tag planen und aktiv sein!                      89
Ein alteingesessenes Unternehmen, unterstützt
von Frauen-Power aus der Reha-Mitte       48
                                                Einrichtungen und Dienste
Neue Herausforderung! Im doppelten
Sinn…                                      50 Adressen und Ansprechpartner | Kontakt             90
»Eine Beschäftigung zur Stärkung                Impressum                                        94
des Selbstbewusstseins suchen«             50
Arbeitsweltorientierte Bildung in der
Tagesförderstätte                          52

 DANKE, dass Sie füreinander da sind.
 Seite 8
Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen
6    Miteinander Juni 2020

    Grußwort
    Liebe Mitglieder, Mitarbeiter und
    Freunde der Lebenshilfe Gießen,
    liebe Leserinnen und Leser,

    wir erleben gerade außergewöhnliche Zeiten, die uns
    persönlich und als Gesellschaft insgesamt herausfor-
    dern. Dabei wird neben vielen anderen Dingen von
    uns vor allem verlangt, die individuelle Freiheit und
    den Eigensinn gegenüber einer Solidarität und Acht-
    samkeit für unsere schutzbedürftigen Mitmenschen
    zurückzustellen. Dies fällt uns mit zunehmender
    Dauer dieser Pandemie nicht leicht, doch gerade das
    Beispiel der Lebenshilfe und ihres jahrzehntelangen
    Engagements kann hierfür ein Vorbild sein.

    Denn die Lebenshilfe Gießen leistet seit nunmehr
    mehr als 60 Jahren erfolgreiche Arbeit für Menschen
    mit Behinderungen und Einschränkungen, setzt sich
    also gerade für die Schwachen und Hilfsbedürftigen
    in unserer Gesellschaft ein. Für dieses außergewöhn-
    liche und stete Wirken darf ich Ihnen meinen herz-
    lichsten Dank aussprechen.

    Es wurden Strukturen geschaffen, die es in den
    vielfältigen Einrichtungen, Beratungsstellen oder
                                                               Im Namen der Gemeinde Langgöns darf ich mich
    Werkstätten ermöglichen, flexibel und zielgerichtet
                                                               daher bei allen Aktiven der Lebenshilfe für die bisher
    unterschiedlichster Bedarfe zur Hilfe und Förderung
                                                               geleistete Arbeit und das außerordentliche Engage-
    gerecht zu werden. Eine der »Visionen« der Lebens-
                                                               ment, sowie für die langjährige Partnerschaft bedan-
    hilfe Gießen – Menschen mit Behinderung in die
                                                               ken. Für Ihre Aufgabe, Menschen mit Behinderung
    Gesellschaft zu integrieren – ist mittlerweile ein über-
                                                               auf dem Weg in die soziale Integration zu begleiten
    geordnetes Ziel unseres Landes insgesamt geworden
                                                               und somit zur Normalisierung und nachhaltigen
    und insbesondere die angemessene Unterbringung
                                                               Verbesserung ihrer Lebensbedingungen beizutragen,
    betreuungsbedürftiger Menschen ist dabei immer
                                                               wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg.
    wieder eine Herausforderung.

    So sind wir als Gemeinde sehr froh, dass die Lebens-
                                                         Herzlichst
    hilfe seit Jahrzehnten auch ein Wohnheim in Lang-
                                                         Ihr
    göns betreibt und dies nun am gleichen Standort mit
    einem kompletten Neubau am gleichen Standort auch
                                                         Marius Reusch
    für die kommenden Jahrzehnte anbieten möchte.
                                                               Bürgermeister der Gemeinde Langgöns
Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen
Juni 2020 Miteinander     7

      »Fachlich erfahrene und beliebte
      Kollegin für wichtige Position
      gewonnen«
      Linda Hauk neue Geschäftsführerin der Lebenshilfe Gießen

                                                                         Hauk ist seit 2012 bei der Lebenshilfe beschäftigt,
                                                                         war zunächst Assistentin des Vorstandes und fun-
                                                                         giert seit 2018 als Bereichsleitung Personal, eine
                                                                         Funktion, die die Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) auch
                                                                         zukünftig beibehalten wird.

                                                                         »Wir freuen uns, dass wir mit Linda Hauk eine fach-
                                                                         lich erfahrene sowie im Unternehmen geschätzte
                                                                         Kollegin für diese wichtige Position gewinnen konn-
                                                                         ten. Wir wünschen ihr für die kommenden Aufgaben
                                                                         alles Gute und sind davon überzeugt, dass Frau Hauk
                                                                         in ihrer neuen Funktion einen großen Gewinn für die
                                                                         Lebenshilfe Gießen darstellen wird«, freuen sich Dirk
                                                                         Oßwald und Ursel Seifert über das Engagement in
                                                                         der Geschäftsführung.

                                                            Linda Hauk erklärt: »Ich danke dem Aufsichtsrat
V.l.n.r.: Die neue Lebenshilfe-Geschäftsführerin Linda Hauk, gemeinsam
                                                            und dem Vorstand der Lebenshilfe Gießen für das
mit Vorstand Dirk Oßwald, Geschäftsführerin Ursel Seifert sowie Maren
Müller-Erichsen (Aufsichtsratsvorsitzende)                  mir entgegengebrachte Vertrauen. Die Lebenshilfe
                                                            Gießen – als Vorreiter für Inklusion, als Wirtschafts-
      In der Geschäftsführung der Lebenshilfe Gießen kam partner und sozialer Dienstleiter sowie natürlich als
      es zu einem Wechsel. Linda Hauk (41 Jahre, Linden),   einer der größten Arbeitgeber in der Region Mittel-
      Bereichsleiterin Personal, wurde bereits im Februar – hessen – bietet zahlreiche spannende Aufgaben und
      nach Beschluss des Aufsichtsrats – in das dreiköpfige Herausforderungen, vor allem aber viele wunderba-
      Geschäftsführungsteam berufen. Sie tritt die Nach-    re Mitarbeiter*innen und engagierte Menschen. Ich
      folge von Eberhard Emrich an, der das gemeinnüt-      freue mich auf den weiteren gemeinsamen Weg.«
      zige Sozialunternehmen mit Sitz in Pohlheim Ende
      April auf eigenen Wunsch verließ. Die Geschäftsfüh-   Christian Németh
      rung der Lebenshilfe Gießen besteht damit fortan      Unternehmenskommunikation
      aus Dirk Oßwald (Vorstand), Ursel Seifert (Personal-/
      Organisationsentwicklung) und Linda Hauk.

         Werden Sie Mitglied bei
         der Lebenshilfe Gießen!
             Das Anmeldeformular finden
               Sie auf Seite 95 oder auf
             www.lebenshilfe-giessen.de!
Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen
8

    DANKE, dass Sie ein Teil der
    Lebenshilfe Gießen sind –

                                                                                                                    Schatzsuche zu Ostern:
                                                                                                                    Kinder kommen mit ihren
                                                                                                                    Eltern zu fest vereinbarten
                                                                                                                    Suchzeiten auf das Waldki-
                                                                                                                    ta-Gelände. Sie fanden eine
                                                                                                                    Kiste mit einer Schatzkarte,
                                                                                                                    die sie entlang verschie-
                                                                                                                    dener Stationen und einer
                                                                                                                    fortlaufenden Geschichte
                                                                                                                    über das Gelände zum
Kreativität und Muße in der Waldkita                                                                                Schatz führten. Dort er-
Rocky Hill: Unsere Hütte wurde bunt                                                                                 warteten sie Kressesamen,
angestrichen und die Innenwände                                                                                     Gummibärchen, Bastel-
nach den Elementen Wasser, Luft,                                                                                    ideen und vorbereitete
Feuer und Erde bemalt. Die große                                                                                    Grußkarten zum Selbstge-
Chance in dieser Zeit mit Corona                                                                                    stalten und Versenden an
ist ein gezieltes Arbeiten mit den                                                                                  die anderen Kinder.
Kindern in der Notbetreuung. Dabei
lernen wir die Kinder noch einmal
ganz anders kennen. (Julia Hoh-
mann, Waldkita Rocky Hill)
                                                                                                       Die Kreide-Rallye machte
                                                                                                       es möglich: Alle Kinder der
                                                                                                       Kita Eberstadt durften,
                                                                                                       verteilt auf viele Stationen
                                                 Die Tagesförderstätte                                 und mit Abstand, gemein-
                                                 Gießen/Garbenteich un-                                sam spielen.
                                                 terstützt das Pflege- und
                                                 Förderzentrum St. Anna
                                                 in Gießen während der
                                                 Corona-Krise.

          Melanie Hagedorn aus der Reha Mitte
          (Marketing und Vertrieb) stellt hier die
          neuen Bodenaufkleber vor, die pro-
          duziert werden, um auf die geltenden
          Abstandsregelungen hinzuweisen.
          Bestellt können sie auch von anderen
          Firmen werden.                                                     Auch unsere Haustechniker
                                                                             schützen sich (und andere).
Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen
9

DANKE, dass Sie füreinander da sind!

                                              Warten auf Godot? Das,
                                              was hier wie die Aufführung
                                              eines modernen Theater-                                 Sonnengruppen-Kind
                                              stücks anmutet, ist die                                 Aileen holt sich das
                                              Teamsitzung der Kolleg*in-                              Überraschungs-Früh-
                                              nen aus der Frühförderung                               lings-Paket vor dem
                                              in der Grünberger Straße.                               KiFaZ Anne Frank ab.

Ganze Arbeit geleistet – die Erzieher*innen
des KiFaZ Anne Frank in Reiskirchen haben
die alte Gartenhütte abgerissen! Die neue
Hütte steht schon bereit und muss noch
aufgebaut werden.

                                                                            Danke an alle Kolleg*innen, die an
                                                                            den unterschiedlichen Orten die
                                                                            Stellung halten.
                                                                            Danke für’s unerschrockene &
                                                                            tatkräftige Anpacken an allen Ecken
                                                                            und Enden der Lebenshilfe!
                                                                            Danke für die Rücksichtnahme.
                                                                            Danke für die vielen kreativen
                                                                            Lösungen in den letzten Monaten!
                                                                            Danke, dass der Humor bei aller
                                                                            gebotenen Vorsicht nicht zu kurz
                                                                            kommt!
                                                                            Danke an alle Kinder und deren
                        »Bleib mir vom Leib, liebe Foto-
                        grafin!«, signalisiert der zollstock-
                                                                            Familien, die zu Hause bleiben
                        schwingende Björn Banzhof                           müssen, für ihr Durchhaltevermögen.
                        und verweist darauf, dass auch
                        in der Tagesstätte Lollar die                       Wir denken an Euch!
                        Abstandsregelungen gelten.
Miteinander - Mit Abstand zusammenhalten - Lebenshilfe Gießen
10    Miteinander Juni 2020

     »In den Zeiten der Pandemie« –
     die 2 Seiten der Medaille….
     Nur zu gut ist mir eine Diskussion in Erinnerung, wel-   Was hat dies nun mit der Pandemie zu tun? Wenn es
     che um den Begriff der Selbstbestimmung geführt          nicht so ernst wäre, könnte es mir fast ein Lächeln
     wurde. »Ziele haben«, »Wünsche äußern«, zweifels-        abringen. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Selbst-
     frei gut und richtig. Dies wird von niemandem in Fra-    bestimmung radikal beschnitten und besonders
     ge gestellt. Ich wagte dennoch die Überlegung in die     betroffen sind Bewohner der Wohnstätten. Keine di-
     Runde zu geben, an welcher Stelle des Instrumentes       rekten Kontakte zu Angehörigen, keine Arbeit, keine
     denn nun noch der »Fürsorge- Aspekt« einzufügen          Einkäufe, keine Freizeitaktivitäten außer Haus und
     wäre. Es gab einen kleinen Aufruhr und eine denk-        dies alles unter dem – gerechtfertig-
     würdige Begründung, weshalb tunlichst vermieden          ten – Argument der Gesund-
     werden sollte, »die Fürsorge« mit ins »Spiel« zu brin-   heitsfürsorge. Hier darf sie
     gen. Im Begriff der Fürsorge stecke »die Sorge« und      also wieder sein, »die
     darüber hinaus »der Kummer«, wenn im Rahmen              Sorge um« … sie darf
     eines fürsorglichen Handelns das Kümmern um ein          sein, wenn es um kör-
     Gegenüber gemeint sein könnte. Und es soll – so die      perliche Unversehrt-
     Begründung – doch unbedingt vermieden werden im          heit geht. Die emoti-
     Zusammenhang mit Menschen mit einer Behinde-             onale Unversehrtheit
     rung von »Kummer und Sorgen« zu sprechen. Eine           hat anscheinend nicht
     interessante Ableitung. Interessant, weil »Kummer«       immer dieses Gewicht.
     zum menschlichen Erleben gehört, mal mehr, mal
     weniger und es nicht unbedingt zu einem ganzheitli-      Die Balance zwischen
     chen Gedankengut gehört, wenn man einen Teil der         Autonomie und sozialer
     Gesellschaft vor einem genau so wesentlichen Ge-         Gebundenheit ist wieder
     fühl, wie es ja auch »Freude« ist, versucht zu »schüt-   gefährdet; wegen der Pan-
     zen«. Aber auch interessant, weil parallel dazu der      demie diesmal zu Lasten der
     Begriff der »Selbstfürsorge« allgemein in den Mittel-    freien Entscheidung. Wieder
     punkt gerückt ist und höchst positiv besetzt dazu…       ist ein Ungleichgewicht ent-
     aber auch immer mehr Gewicht – zudem auch noch           standen. Aber zumindest bietet
     arbeitsrechtlich verankert – auf die Fürsorgepflicht     es uns die Chance, den Wert des
     des Arbeitgebers in Bezug auf den Arbeitnehmer           »Kümmerns« neu zu erfahren.
     gelegt wird. Wie mag dies wohl zusammen passen?          Und es bietet die Chance, dass
     Wieso wird ein Begriff so unterschiedlich bewertet?      wir diesen Wert auch
                                                              nach der Pandemie
     Ich weigere mich, dem Kümmern und der Fürsorge           nicht mehr verges-
     einen negativen Beigeschmack zu geben. Und dies          sen. Und völlig
     keinesfalls weil ich einem überholten Helfersyndrom      unerschrocken
     unterliege, sondern gegründet auf dem Wissen, dass       dazu stehen…
     es neben dem Recht auf Autonomie auch das Recht          schlicht mensch-
     auf »Umsorgt sein« geben muss – beide Richtungen         lich, aber auch
     sind nicht unabhängig voneinander zu sehen. Nur          fachlich.
     auf Grundlage des »sich sicher Fühlens« kann eine
     auch sozial verträgliche Selbstbestimmung erwach-        Gabriele Götz de Jong
     sen. Und nun begleiten wir ja auch Menschen,             Wohnstättenleitung Linden
     welche nicht oder nur ansatzweise oder ungenügend
     diese innere Sicherheit erleben können und immer
     wieder auf Spiegelung und Bestätigung eines siche-
     ren Raumes angewiesen sind.
Juni 2020 Miteinander    11

Und wie sieht dies nun aus in
Linden in den Zeiten der Pandemie?
Wir nehmen es ernst, sorgen uns dennoch nicht mehr      Das schöne Zitat von Martin Buber »der Mensch
als nötig – aber wir umsorgen uns. Wir umsorgen uns     wird am Du zum Ich«, aber auch eines von Brecht
durch emotionale Nähe, durch viel Zeit für Gesprä-      »die kleinste gesellschaftliche Einheit ist nicht der
che, wir lachen miteinander, wir trocknen Tränen, wir   Mensch, sondern zwei Menschen«. Und mindestens
beruhigen bei innerem Aufruhr, wir entwickeln ein       zwei Menschen sind hier ja immer zugegen.
neues, ein intensiveres Wir-Gefühl. Wir haben Zeit,
uns noch mehr aufeinander einzulassen. Es gibt nicht    In meiner Familie gab es früher umgangssprachlich
mehr viel Ablenkung durch »die Welt da draußen«.        die Aussage – mit dem berühmten lachendem, aber
                                                        auch weinendem Auge – »die ganze Korona kommt«,
Rein qualitativ war das auch vorher schon so. Aber      wenn sich Familienbesuch angemeldet hatte.
nun können sich diese Momente mehren. Und die-
ses »Kümmern umeinander« führt nicht dazu, dass         Eine der Bedeutungen des Wortes »Korona« lautet
Menschen »klein« werden, sondern es lässt sie – es      »aufgelockerter Teilnehmerkreis«. In Zeiten von Co-
lässt uns alle – wachsen. Rücksichtnahme, Interesse     rona, in einer Zeit, welche bestimmt wird von einem
aneinander, Zurückstellen der eigenen situativen        Virus, welches uns in Isolation und Beängstigung
  Bedürfnisse einem anderem zuliebe, Eigenverant-       führen kann, leben wir zumindest hier in Linden –
     wortung und Tatkraft bei den häuslichen Aufga-     Corona zum Trotz – Korona.
       ben, demokratisches Verständnis, Kreativität
         und Phantasie, Geduld……. All dies wächst,     Ich habe das große Glück mit einem Team arbei-
            all dies sind Ich-Stärken.                 ten zu dürfen, welches neben der professionellen
                                                       Haltung und großer Erfahrung und Fachwissen über
               Die soziale Teilhabe ist eingeschränkt einen unglaublichen Schatz an Einfallsreichtum und
                 – dies ja…. Aber da soziale Teilhabe Kreativität verfügt. Und da auch aus der Bewohner-
                    keinesfalls erst dann beginnt,     schaft reichlich Ideen zur Kompensierung der ein-
                      wenn man die Haustür hinter      schränkenden Maßnahmen kommen, wird es hier
                        sich zumacht und das Drau- nicht so oft langweilig.
                          ßen mit lebt und gestaltet,
                           sondern da beginnt, wo es Die Ideen werden regelmäßig einmal die Woche im
                            ein Gegenüber gibt, le-    Rahmen der Bewohnerversammlung besprochen.
                             ben wir in Linden auch    Vom Cocktail Abend bis hin zum Wellness Programm
                              in diesen Zeiten »sozia- ist alles vertreten und das macht Spaß. Noch mehr
                                le Teilhabe«. Und da   Freude macht es fast zu beobachten, wie viele
                                 kommen mir zwei       Künstler und künstlerisch begabte Menschen wir
                                  Zitate in den Sinn,  hier wohnen haben, welche jetzt vermehrt die Muße
                                  welche gerade jetzt finden, sich ihrer Begabung zu widmen. Es entstehen
                                   eine Bedeutung      so wunderbare Werke, welche wir aber noch nicht
                                   haben…              veröffentlichen. Dies bleibt unserem Jubiläums Fest
                                                       vorbehalten, welche wir nun leider auf 2021 ver-
                                                       schieben müssen. 30plus1JahrLinden.

                                                        An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an die Kolle-
                                                        gen*innen, welche uns derzeit hier unterstützen. Auch
                                                        wenn sie diesmal nicht mit ausgewählt konnten von
                                                        den Bewohnern, wie dies sonst üblich ist, haben sie
                                                        sofort Anklang gefunden und sind schon integriert.

                                                        Gabriele Götz de Jong
                                                        Wohnstättenleitung Linden
12    Miteinander Juni 2020

     Mein Leben in Zeiten von Corona
     Alles ist anders. Und vieles auch wirklich nicht gut. Aber es bleibt auch noch
     etwas, was nicht weg ist und uns Hoffnung und Freude gibt… Hier kannst Du
     Gedanken über Dein »neues Leben« zu Papier bringen.

       Diese Dinge und Menschen fehlen              Das macht mir noch immer gute
       mir am meisten:                              Laune:

             Mit diesen Menschen bin ich immer noch sehr gut im Kontakt:

             ... und diese Menschen würde ich gerne mal kontaktieren (per
             Videokonferenz, Messenger, Telefon oder Brief):

                                            Das macht mir im Moment die größten
     Es gibt Sachen, die wollte             Sorgen:
     ich immer schon ausprobie-
     ren... (und ich könnte jetzt
     damit gut starten):

                                                Für diese Sachen habe ich jetzt
                                                mehr Zeit als früher:
Juni 2020 Miteinander   13

 Diese Sachen vermisse ich            Das wünsche ich mir in dieser
 momentan überhaupt nicht:            Zeit am meisten:

Das nervt mich momentan
am meisten:                     Dabei wünsche ich mir
                                momentan besonders
                                Unterstützung:

                                          Und vermutlich werde ich
   Dabei kann ich andere                  diese Dinge vermissen,
   momentan gut unterstützen:             wenn alles wieder so wie
                                          früher ist:

Mein Plan für »Danach«:
14      Miteinander Juni 2020

       Gesichtsvisiere aus dem 3D-Drucker
       – Lebenshilfe Gießen beteiligt sich
       an Aktion des »Makerspace Gießen«

Das Team der Intensivstation einer Klinik in Schwalmstadt freut sich über die wichtigen Gesichtsvisiere für die tägliche Arbeit in Zeiten des Coronavirus

      Auch die Lebenshilfe Gießen unterstützte in den                            zwei firmeneigene 3D-Drucker rund um die Uhr am
      zurückliegenden Monaten den »Makerspace Gie-                               Laufen hält. »Wir werden die Shields spenden und
      ßen« – ein gemeinsames Projekt der Technischen                             nicht verkaufen. Eine Klinik in Schwalmstadt konn-
      Hochschule Mittelhessen (THM), des Technologie-                            ten wir bereits mit einigen Visieren versorgen, auch
      und Innovationszentrums Gießen GmbH (TIG) und                              zwei Abteilungen der Uniklinik Marburg erhalten
      der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) – bei der                       demnächst eine Lieferung von uns. In diesen Zeiten
      3D-Druck-Herstellung von Gesichtsvisieren für die                          müssen soziale und medizinische Unternehmen
      Gesundheitsberufe. Wie auch andere Schutzausrüs-                           zusammenstehen«, so Diaz.
      tungsartikel sind diese Visiere aufgrund der Coro-
      na-Krise ein rares Gut.                                                    Doch nicht nur für externe Partner druckt die Le-
                                                                                 benshilfe Gießen fleißig, auch für den Eigenbedarf in
      »Im Rahmen des Makerspace Gießen haben sich                                den Wohnstätten läuft die Produktion. Zwischenzeit-
      fast alle 3D-Druck-Enthusiasten Gießens über eine                          lich wurde die Produktpalette im Bereich der Schut-
      Whatsapp-Gruppe versammelt und organisieren                                zausrüstung um Spuckschutze und Bodenaufkleber
      nun die Bedarfsabdeckung der Kliniken, Ärzte sowie                         zur Abstandssicherung erweitert.
      weiterer Bereiche und koordinieren zugleich die Pro-
      duktion«, erklärt Marlon Diaz, Leiter der Reha-Werk-                       Christian Németh
      stätten West und Mitte, der für den Beitrag der                            Unternehmenskommunikation
      Lebenshilfe Gießen zuständig ist und hierzu gleich
Juni 2020 Miteinander   15

Reha Mitte der
Lebenshilfe
Gießen baut
Produktpalette
rund um Schutz-
ausrüstung aus
Die Lebenshilfe Gießen hat frühzeitig begonnen,
Schutzausrüstung für das eigene Personal und für
die betreuten Menschen mit Behinderungen herzu-
stellen. In der Reha Mitte, der größten Lebenshilfe
Werkstatt in Gießen, werden zum Beispiel Gesichts-
visiere und Spuckschutz-Vorrichtungen produziert.
Gerade die Mitarbeiter*innen freuen sich besonders,
wenn ihre routinierte Hand in Zeiten von Kurzarbeit
wieder benötigt wird. „Seit einiger Zeit produzieren
wir für den internen Gebrauch Bodenaufkleber,
die auf den geforderten Sicherheitsabstand, z. B. in
Geschäften, hinweisen“, berichtet Melanie Hagedorn
aus dem Bereich Marketing und Vertrieb. „Die Bo-
denaufkleber, die wir aktuell in ‚Unternehmensgrün‘
produzieren, können wir für externe Kunden z. B.
auch in Rot anbieten“, ergänzt Hagedorn.

In den vergangenen Wochen hat die Lebenshilfe
Gießen zudem rund 500 Gesichtsvisiere auf den
betriebseigenen 3-D-Druckern produziert und gegen
Spende abgegeben. Unter den Bestellern waren           Melanie Hagedorn (Lebenshilfe Gießen) präsentiert die neuen
u. a. die Recklinghäuser Werkstätten, die Lebens-      Bodenaufkleber der Reha Mitte

hilfe Lemgo, die Firma Branopac aus Lich und das
Amtsgericht Gießen. Was zunächst als präventiver       Weitere Informationen: Jürgen Gall und Melanie
Schutz für die eigene Belegschaft geplant war, kann    Hagedorn (Koordination Produktentwicklung und
– gerade in Zeiten von Corona – wegen der System-      Vertrieb): 0641-97509-480 oder E-Mail:
relevanz zu einem wichtigen Geschäftsfeld werden.      info@stilmalanders.de
Dies bringt den in den Werkstätten beschäftigten
Menschen mit Behinderungen ein Stück ersehnten         Kerstin Ahrens
Arbeitsalltag zurück.                                  Redaktion Newsletter
16    Miteinander Juni 2020 Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren

     Die Vorschulkinder der Kita Nordeck
     und der Waldkita Nordeck besuchen
     das Polizeipräsidium Mittelhessen
     Am 10. März starteten die Vorschüler der Kinderta-
     gesstätte Nordeck und des Waldkindergartens Nor-
     deck gemeinsam zu einem Besuch zum Polizeipräsi-
     dium Mittelhessen im Schiffenberger Tal in Gießen.
     Bereits die Fahrt dorthin, war sehr abenteuerlich.
     Der Bus blieb mit einer Panne auf der Autobahn
     stehen und ein Teil der Gruppe wurde von der Polizei
     dort mit Blaulicht betreut. Mit etwas Verzögerung
     dann endlich angekommen, startete unser Rundgang
                                                                 So funktionieren Handschellen
     mit dem Blick in die Gewahrsamszellen. Den Kindern
     wurde erklärt, warum man hierherkommt und das es
     nicht mit einem Hotel-Urlaub zu vergleichen ist.

     Danach ging es auf Erkundungstour um und durch
     das Polizeiauto. Blaulicht und Sirene wurden ausgie-
     big getestet und sorgten für Begeisterung. Für die
     Kinder stellte sich die Frage, was hat ein Polizist alles
     dabei, dies wurde den Kindern genauestens und
     anschaulich erklärt.

     Unsere Tour durch die Polizeistation führte uns wei-        Wie werden Fingerabdrücke genommen?
     ter zur Kripo. Dort wurde den Kindern erklärt, dass
     jeder Mensch, selbst Zwillinge einen individuellen
     Fingerabdruck besitzen. Ihnen wurde gezeigt, dass
     Fingerabdrücke früher mit Tinte und Papier gemacht
     wurden und heutzutage Digital erfasst und aufbe-
     wahrt werden.

     Zum Abschluss machten wir gemeinsam ein Erken-
     nungsgruppenbild und die Kinder bedankten sich
     beim Polizisten für den tollen Tag.

                                                                  Wir inspizieren das Polizeiauto
     Lisa Kaus
     Anerkennungspraktikantin Kita Nordeck
     Lisa Tröller
     Anerkennungspraktikantin Waldkita Nordeck
Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren Juni 2020 Miteinander   17

Auch in Corona-Zeiten – in der Kita
viel zu tun
Das Team der (oberen) Kita der Lebenshilfe in
Pohlheim-Garbenteich hatte trotz der Kitaschlie-
ßung einiges zu tun. Der Kitabesuch von Kindern,
deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten,
war von österlichen Bastelarbeiten, Spielen und
Toben, in der für die Kinder ungewohnt leeren Kita,
geprägt. In den letzten Tagen vor Ostern hatte der
Osterhase im kitaeigenen Garten und im selbstge-
stalteten Osternest doch tatsächlich schon ein paar
Ostereier verloren. Diese wurden von den Kindern
mit viel Freude entdeckt und mit großem Genuss
verzehrt. Zum Osterfest konnte sich jedes Kind über
ein selbstgestaltetes Osterkörbchen freuen, welches
die Erzieher*innen allen Kindern persönlich vor die
Haustür stellten.

                                                      Die Erzieher*innen, die nicht in der Notfallbetreu-
                                                      ung benötigt wurden, hatten ebenfalls viel zu tun.
                                                      Es wurden verschiedene Räume gestrichen, alle
                                                      Spielsachen gereinigt und desinfiziert, sowie kaputte
                                                      Spielsachen aussortiert. Alle Bücher der Kita wurden
                                                      mit Schutzfolie eingebunden und in einem neu-
                                                      en Büchereiverwaltungssystem katalogisiert. Jetzt
                                                      können alle Erzieher mit einem Klick sehen, welche
                                                      Bücher die Kita im Bestand hat und sie zukünftig
                                                      auch an Kitakinder verleihen. Ein großes Dankeschön
                                                      an die IT-Abteilung der Lebenshilfe, die dies möglich
                                                      gemacht hat.
                                                      Seit Kurzem besteht die Möglichkeit sich jeden
                                                      Dienstag und Freitag am selbstgestalteten Briefkas-
                                                      ten eine kreative Idee abzuholen. Die Kinder können
                                                      gemeinsam mit Ihren Eltern Knete oder Salzteig
                                                      herstellen, eine Bastelidee umsetzen, oder ein neues
                                                      Lied lernen. Außerdem freut sich das Team der Kita
                                                      über selbstgemalte Bilder, die am kitaeigenen Zaun
                                                      aufgehängt werden. Wir hoffen und wünschen uns
                                                      alle Kinder möglichst bald gesund wiederzusehen.

                                                      Das Team der oberen Kita in Garbenteich
18      Miteinander Juni 2020 Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren

       »Wir vermissen Euch!«
       Botschaften der Zuneigung am Gartenzaun des
       Kinder- und Familienzentrums Anne Frank

       Normalerweise tummeln sich im Kinder- und Fa-
       milienzentrum Anne Frank in Reiskirchen täglich
       rund 120 Kinder im Alter zwischen eins und sechs
       Jahren. Die Kinder wünschen sich im Moment nichts
       sehnlicher als wieder in die Kita zu gehen und ihre
       Freunde und Erzieher*innen zu treffen. Diesen
       Wunsch haben sie auf ganz besondere Weise zum
       Ausdruck gebracht. Birgit Klein, Leiterin der Lebens-
                                                                             Hütte zum Glück
       hilfe-Kita, berichtet von der Überraschung: »Als mein
       Team und ich am Montag ins Haus gekommen sind,
       tat sich eine unglaubliche Herzensfreude auf. Am
       Wochenende haben uns die Kinder mit ihren Eltern
       diese wunderschönen kreativen Werke und Briefe an
       den Zaun gehängt.«

       Die pädagogischen Fachkräfte des Kinder- und Fami-
       lienzentrums stehen via Telefon, E-Mail und Whats-
       App in regelmäßigem Kontakt zu den Familien ihrer
       Kinder. Die Erzieher*innen wissen, dass der Betreu-
       ungsbedarf immer dringender wird – und die Sehn-
       sucht von beiden Seiten wächst. Deswegen hatte
       das Team um Birgit Klein die Idee, dass die Kinder zu
       Hause Steine bemalen und vor den Gartenzaun des
       KiFaz legen. Niemand hatte mit dieser überwältigen-                   Große Freude über den tollen Gewinn beim Team des KiFaZ Anne Frank
       den Resonanz gerechnet. Der gesamte Gartenzaun
       ist mit Briefen, Bildern und Bastelwerk geschmückt.                   Das KiFaZ Anne Frank hat am 27. März eine Garten-
       Und bunt bemalte Steine zieren den Weg. »Wir emp-                     hütte für die Jüngsten des Hauses gewonnen. Ganz
       finden diese Gabe der Kinder als große Wertschät-                     selbstlos hat sich die Schwester von Mitarbeiterin
       zung uns gegenüber«, freut sich Birgit Klein. »Und es                 Katharina Bechthold bei Radio FFH ein schmuckes
       ist eine schöne Art mit den Kindern in Verbindung zu                  Hüttchen für die Sternschnuppenkinder gewünscht
       bleiben«, ergänzt sie.                                                und – siehe da – tatsächlich auf den letzten Drücker
                                                                             gewonnen.
       Kerstin Ahrens
       Newsletter-Redaktion                                                  Der Gewinn kam rechtzeitig, denn einen Tag vorher
                                                                             wurden zwei marode Gartenhütten dem Erdboden
                                                                             gleich gemacht.

                                                                             Das Team des KiFaZ Anne Frank freut sich riesig über
                                                                             diesen Hüttenzauber und hofft, dass das neue Spiel-
                                                                             häuschen bald aufgebaut ist und die Kinder nach der
                                                                             Corona-Krise sich genauso freuen und das Häuschen
                                                                             dann ausgelassen bespielen.

                                                                             Birgit Klein
                                                                             Leitung Kinder- und Familienzentrum Anne Frank

Kleine Kunstwerke zieren seit dieser Woche den Garten des KiFaz Anne Frank
Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren Juni 2020 Miteinander      19

Spendenaktion »Australien«
Gemeinsam für Australien-Rettet die Koalas!

                                                                     Spenden-Aktion im Kinder-und Familienzent-
                                                                     rum Helen Keller für die Koalas in Not

Das Kinder- und Familienzentrum Helen Keller sam- Um all diese Dinge kaufen und umsetzen zu kön-
melte Spenden in Höhe von 595 Euro für die australi- nen braucht man natürlich Geld. Also war klar, dass
sche Tierwelt.                                        Spenden gesammelt werden mussten. So wurden
                                                      die anderen Gruppen der Einrichtung mit ins Boot
Der Impuls ging ganz klar von den Kindern aus und     geholt und alle Kinder und pädagogische Fachkräfte
wurde von den pädagogischen Fachkräften der           des Kifaz Helen Keller überlegten sich eine Spen-
Igelgruppe situationsorientiert aufgegriffen und eine den-Verkaufsaktion im Flur.
gemeinsam mit den Kindern erarbeitete Hilfsaktion
umgesetzt. Unterstützt von der Umweltorganisation Verkauft wurden eigens hergestellte Dinge aus allen
WWF wurde die Initiative » Koalas in Not« ins Leben   Gruppen, wie z.B. selbstgebackene Kuchen, Cookies,
gerufen.                                              Schokocrossies, selbstgemachter Apfelmus, Blätter-
                                                      teigschnecken, etc.
Die erschreckenden Bilder der verheerenden Brände
Australiens und der leidenden verletzten Tiere hin-   Auch die Eltern beteiligten sich großartig, in dem sie
terließen bei den Kindern einen bleibenden Eindruck, selbstgebastelte Karten mit Steckperlenmuster für
so dass dieses Thema immer wieder im Gruppenall- den Verkauf herstellten. Betreut wurde der Stand
tag zur Sprache kam und aus diesem Impuls heraus während der Bring- und Abholzeiten von pädago-
überlegt wurde wie man den Tieren in Not helfen       gischen Fachkräften und Kindern aus den jeweili-
könnte.                                               gen Gruppen. Der Stand fand großen Anklang in
                                                      der Elternschaft, so dass eine Geldspende von 595
Die Kinder wünschten sich unter anderem für die       Euro zusammen kam. Die Kinder waren unglaublich
Koalas und die anderen Tiere:                         stolz auf das gemeinsame Ergebnis ihrer Ideen und
— Sie sollen leben!                                   freuten sich auf diese Weise den Tieren helfen zu
— Sie sollen einen kuschligen Schlafplatz bekom-     können.
   men!
— Die Tiere sollen genug zu Essen bekommen!           Es war ein riesen Erfolgserlebnis und wieder eine von
— Die Koalas brauchen neue Bäume zum Klettern!        vielen situationsorientierten und familienpädagogi-
— Die Tiere brauchen genug zu Trinken!                schen Aktionen des KiFaZ Helen Keller!
— Die Tiere sollen einen Kuschelteddy geschenkt
   bekommen!                                          Nochmal vielen Dank an alle fleißigen Helfer die
— Neue Spielzeuge aus einem Spielzeugladen ;-)        dazu beigetragen haben, dass die Spendenaktion so
— Genug Medizin, damit man allen Tieren helfen       erfolgreich umgesetzt werden konnte!!!
   kann!
                                                      Alexandra Grimm
                                                      pädagogische Fachkraft Kifaz Helen Keller
20     Miteinander Juni 2020 Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren

     Winterhilfe für unsere
     gefiederten Freunde
     Vogelfutter selbst gemacht

     Die Kinder der Waldkita in Nordeck haben beobach-
     tet, dass Vögel jetzt im Winter wenig Futter in der
     Natur finden. Gemeinsam haben wir überlegt, wie
     wir der heimischen Vogelwelt in der kalten Jahreszeit
     helfen können. Daraus entstand die Idee der Kin-
     der ihre gefiederten Freunde »selbst zu bekochen«.
     Gesagt getan! Aus Rindertalg und einer speziellen
     Körnermischung haben unsere Kinder Vogelfutter
     hergestellt. Hierzu wurde Rindertalg zunächst über
     unserer Feuerstelle erhitzt und somit verflüssigt.

     Herstellung Vogelfutter –
     Der Rindertalg wird »geschnippelt«

                                                                Die Vögel können kommen

                                                                Bevor jedoch die Tontöpfe mit der Körnermischung
                                                                und dem heißen Fett befüllt werden konnten, wurde
     Fast geschafft, es fehlt nur der der flüssige Rindertalg   diese zunächst von den Kindern künstlerisch von au-
                                                                ßen gestaltet. Aufgehängt fanden die fertig befüllten
                                                                Futterglocken regen Anklang bei unseren gefiederten
                                                                Freunden. Die Kinder beobachteten begeistert, wie
                                                                die ersten Vögel kamen.

                                                                An Futterstellen lassen sich die Tiere aus nächster
                                                                Nähe beobachten. So ist das Füttern nicht nur ein
                                                                Naturerlebnis, sondern vermittelt zudem auch eine
                                                                gewisse Artenkenntnis.

                                                                Anna-Lena Tolomeo
                                                                Pädagogische Leitung Waldkita Nordeck
Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren Juni 2020 Miteinander     21

Unser Schutzraum
wird bunt!
Elternkind Aktion in der Waldkita Albach

»Jetzt scheint bei uns immer die
Sonne!«
von Nils der Kälte überhaupt nicht mag.

An einem Nachmittag im Februar trafen sich die
Eltern, Kinder und das Team der Waldkita Albach um
ihren Schutzraum (Vereinsraum des TSV Albach) zu
verschönern. Nach guter Vorbereitung (Abkleben,
Ausräumen und Abschrauben) konnte es sofort
losgehen. Die Kinder, bekleidet mit Maler-Klamotten
und stilechten Hüten aus Papier, machten sich daran                Unsere vier Malermeister bei der Arbeit!
die sonnengelbe Farbe an die Wand zubringen. Mit
der Unterstützung von Franziska Kolbe (päd. Fach-
                                                        So nun ging es an´s Aufräumen und Putzen. Und ein
kraft) und Josine Kurz (FSJ´lerin) waren sie damit
                                                        arbeitsreicher und lustiger Tag ging zu Ende. Ein gro-
zügig fertig. In der Zwischenzeit tauchten die Eltern
                                                        ßes Dankeschön richten wir an die fleißigen Helfer,
den Rest des Raumes in Weiß. Gegen Mittag wurde
                                                        die Eltern und Kinder der Waldkita Albach.
mit einer leckeren Kartoffelsuppe und einem selbst-
gebackenem Brot der Eltern gegessen. Ein Nachtisch
                                                        Marén Roll
durfte natürlich nicht fehlen, das waren selbstge-
                                                        päd. Leitung der Waldkita Albach
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                            Shell Heizöle                                       Erdgas

                         Shell Diesel                                       Strom

                                                                         Tankreinigung
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22    Miteinander Juni 2020 Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren

     Samantha Anderson sammelt wert-
     volle Erfahrungen im Inklusiven FSJ

     inkusives FSJ KiFaZ Reiskirchen

     Etwa 60 junge Menschen absolvieren jährlich ein             Wer die junge Buseckerin kennenlernt, sieht jedoch
     Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei der Lebenshilfe Gie-   vor allem eine Person, die gut und eloquent, mit viel
     ßen. Damit gehört das gemeinnützige Unternehmen             rhetorischem Können von sich und ihrem FSJ-Alltag
     mit Sitz in Pohlheim zu den größten FSJ-Anbietern in        zu berichten weiß. Man bekommt eine Ahnung da-
     Mittelhessen. Im vergangenen Jahr nahm die Lebens-          von, warum sie in der Grünberger Gallus-Schule, die
     hilfe Gießen an einem Modellprojekt teil und stellte        sie bis letzten Sommer besuchte, zur Schulspreche-
     erstmals beim FSJ-Träger Lebenshilfe-Landesverband          rin gewählt worden war.
     Hessen eine inklusive FSJ-Stelle bereit. »Wir möch-
     ten, dass künftig auch verstärkt junge Menschen mit       Seit September 2019 arbeitet Anderson im KiFaZ
     Behinderung die Chance erhalten, sich in diesem           »Anne Frank«. Auf die Idee, ein Freiwilliges Soziales
     Freiwilligendienst sozial engagieren und persönlich       Jahr bei der Lebenshilfe Gießen zu machen, brachte
     weiterentwickeln können«, betont Linda Hauk, Ge-          sie ihr Freund. »Er macht selbst eine Ausbildung zum
     schäftsführerin Personal der Lebenshilfe.                 Heilerziehungspfleger bei der Lebenshilfe und hat
                                                               mir immer von der Arbeit berichtet. Er hat mir er-
     Aktuell sind gleich drei Inklusive FSJ-Plätze bei der Le- zählt, wie der Tag mit Menschen mit Behinderung so
     benshilfe Gießen besetzt. Eine davon füllt Samantha ist, wie viel Spaß und Freude man gemeinsam haben
     Anderson im Inklusiven Kinder- und Familienzent-          kann – und er berichtete mir auch vom FSJ«, blickt
     rum Anne-Frank in Reiskirchen mit viel Freude und         Samantha Anderson zurück.
     Freundlichkeit aus.
                                                               Eigeninitiativ erkundigte sich die Schulabgängerin bei
     Die 19-jährige Frau mit amerikanischen Wurzeln            der Arbeitsagentur bezüglich des Freiweilligen So-
     lebt in Großen-Buseck. Seit ihrer Kindheit hat sie        zialen Jahres. Eine Mitarbeiterin machte sie auf das
     eine Lese- und Rechtschreibschwäche, darüber              neue Inklusive FSJ aufmerksam. Bei dieser Variante
     hinaus sporadische Probleme mit ihrer emotionalen des Freiwilligendienstes erhält Samantha Ander-
     Kontrolle. Für Außenstehende ist das nicht immer          son mehr individuell angepasste Unterstützung als
     direkt erkennbar, Samantha Anderson beschreibt            beim konventionellen FSJ üblich. Vorab wird konkret
     ihre dann aufkeimende Gefühlslage so: »Manchmal, geschaut, inwieweit die eigenen Bedürfnisse zur
     da blockiert es bei mir im Kopf einfach, da kann ich      Einsatzstelle passen. »Ich dachte: Das hört sich gar
     dann generell nicht mehr viel machen.«                    nicht schlecht an – und habe mich schließlich dafür
                                                               entschieden«, sagt die 19-Jährige.
Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren Juni 2020 Miteinander   23

                                          Freiwillges

                                                                           Soziales

         Jahr

                                                       Persönliche Unterstützung erfährt Samantha An-
                                                       derson indes nicht nur vor Ort, im Inklusiven Kin-
                                                       der- und Familienzentrum, wo ihr außerdem ein
                                                       Tandem-Partner in Form eines weiteren FSJlers
                                                       bereitsteht, sondern auch bei den regelmäßigen und
                                                       das FSJ begleitenden Seminaren des Lebenshilfe-Lan-
                                                       desverbands: »Ich darf den Seminarleiter außerdem
                                                       immer anrufen, falls mal was sein sollte. Das beru-
                                                       higt natürlich.«

                                                       Bereits jetzt, so die sympathische Frau, sei sie sich
Nach Rücksprache mit der Lebenshilfe Gießen,           sicher, dass sie nach ihrem Inklusiven FSJ im sozia-
insbesondere mit Detlef Senft (Personalabteilung),     len Bereich Fuß fassen möchte, gerne auch bei der
entschied sich Samantha Anderson für ein Engage-       Lebenshilfe Gießen. Jungen Personen von 16 bis 26
ment in Reiskirchen. Bislang ist sie mit ihrem FSJ,    Jahren – ob mit oder ohne Handicap – empfiehlt Sa-
das sie in einer integrativen Gruppe durchführt, sehr mantha Anderson: »Die Leute sollen sich trauen. Ob
zufrieden: »Es ist schön hier und es gefällt mir. Die  sie im Rollstuhl sitzen oder mit bestimmten Proble-
Kinder sind super und mein Anleiter ist eine sehr      men zu tun haben – sie sollen sich trauen. Erfahrun-
große Unterstützung für mich. Ich sage immer: Er ist gen im FSJ zu sammeln, das hilft ungemein – das hilft
mein Ruhepol. Manchmal bin ich in Stresssituationen wirklich jedem, denke ich.«
etwas hektisch, da mache ich auch kein Geheimnis
draus – er holt mich da immer wieder prima raus.«      Online-Bewerbungen für ein FSJ bei der Lebenshilfe
                                                       Gießen sind unter www.lebenshilfe-hessen.de/de/fsj/
Auch von den Kindern und ihren Kollegen*innen          lebenshilfe-fsj.html möglich.
erfahre sie bislang eine positive Resonanz, freut sich
Anderson: »Es ist klasse, dass ich hier sein kann,     Interessierte können sich außerdem an Herrn Detlef
wie ich bin.« Sibylle Kötzel, stellvertretende »Anne   Senft (Telefon: 06404 804-272 / E-Mail: d.senft@
Frank«-Leitung, lobt ihre FSJlerin, die noch bis Sep-  lebenshilfe-giessen.de) wenden.
tember in Reiskirchen bleiben wird: »Samantha
bringt stets eine Wärme und ein Interesse an ihrem
Gegenüber mit, sie fragt oft, wie es einem geht. Das   Christian Németh
ist wirklich positiv.«                                 Unternehmenskommunikation
24    Miteinander Juni 2020 Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren

     »Großer Zugewinn für die
     Jugendlichen«
     Berufsorientierungsstufe »Startbahn« der
     Sophie-Scholl-Schule zieht Bilanz

     Eine Erfolgsgeschichte: Die Schüler*innen der Startbahn u.a. mit Pädagogin Peristera Giannikos (hinten, Zweite v.r.), Leiterin Katrin Arbeiter
     (h.v.l.) und der pädagogischen Mitarbeiterin Alida Beul (Zweite v.r.). Mit im Bild auch zwei Teilhabeassistenten*innen, die im Unterricht individu-
     elle Unterstützung bieten. Nicht im Bild zu sehen: Stefanie Goudriaan, Förderschullehrerin in der Startbahn

     Seit dem Sommer 2018 ist die Startbahn fester                              Hieraus wiederum resultierte das Konzept der
     Bestandteil der Sophie-Scholl-Schule in der Rödge-                         Startbahn, die als Kooperationsprojekt der So-
     ner Straße 72 in Gießen. Schülerinnen und Schüler                          phie-Scholl-Schule Gießen und proLiberi gGmbH,
     mit einem Anspruch auf sonderpädagogische För-                             einer Tochtergesellschaft der Lebenshilfe Gießen,
     derung, die ihre Schulpflicht erfüllt haben, erhalten                      realisiert wurde. Katrin Arbeiter betont allerdings:
     hier die Möglichkeit zur beruflichen Orientierung.                         »Wir sind keine reine Maßnahme zur Berufsvorberei-
     Derzeit nehmen 13 Schüler*innen das Angebot der                            tung, wir sind Schule. Wir bieten eine Möglichkeit der
     Startbahn in Anspruch. Nun, nach rund zwei Jahren,                         Schulzeitverlängerung für Schüler*innen, die noch-
     ziehen die Hauptverantwortlichen und Beteiligten                           mal eine besondere berufliche Orientierung und
     eine Zwischenbilanz.                                                       persönliche Reifezeit brauchen.«

     »Man hatte damals, bevor es die Startbahn gab,                             Die Startbahn, die für jede(n) Schüler*in auf zwei
     gemerkt, dass manche Schüler*innen nach ihrem                              Jahre ausgelegt ist, verbindet theoretische Inhalte
     Abschluss noch mehr Orientierung und Hilfe benö-                           mit praktischen Erfahrungen und verfügt über ein
     tigen, um sich hinsichtlich der Berufswahl zurecht-                        breites Spektrum an qualifiziertem Fachpersonal. Die
     zufinden«, blickt Diplom-Psychologin Katrin Arbeiter                       Praxis erfolgt im Rahmen des fachpraktischen Unter-
     auf die Anfänge zurück: »So entstand die Idee, dass                        richts, der sich an sechs Berufsfeldern orientiert. Die-
     die Schülerinnen und Schüler weitere Entwicklungs-                         se umfassen Metall/Technik, Hauswirtschaft, Garten-
     zeit erhalten und sich noch zweimal in der Woche                           bau, Holzbearbeitung, Dienstleistung und Soziales/
     praktisch erproben – auf dem Arbeitsmarkt.«                                Gesundheit – die Themen werden nacheinander und
                                                                                zyklisch behandelt. Hierdurch können Schüler*innen
                                                                                und Schüler zu nahezu jedem Zeitpunkt in die Start-
                                                                                bahn einsteigen.
Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren Juni 2020 Miteinander                        25

Für den fachpraktischen Unterricht zeichnen sich
auch externe Dozent*innen verantwortlich, in Zu-
sammenarbeit mit Pädagogin Peristera Giannikos
(Sohpie-Scholl-Schule). Individuelle Unterstützung,
bei Bedarf, erfolgt für die Schüler*innen durch Teil-
habeassistenten*innen.

Ferner begeben sich die Schüler*innen an zwei
Tagen pro Woche für ihr Berufspraktikum in ei-
nen Betrieb – bestenfalls in einen, der dem aktuell
thematisierten Berufsfeld entspricht. Das jeweilige
Praktikum dauert rund vier Monate.

An einem anderen Wochentag erhalten die Start-
bahn-Schüler*innen Unterricht in den Hauptfächern       Die Klasse von Peristera Giannikos tauscht sich aus. Selbstständigkeit und
                                                        Selbstsicherheit steigern sich bei den Schüler*innen binnen der beiden
Deutsch und Mathe und werden in allgemeinen             Startbahn-Jahre
Kompetenzen, die für den Alltag wichtig sind, ange-
leitet. An jedem Freitag indes bietet die Startbahn
Raum für allgemeine Reflexionen – man spricht über      optimal auf das Berufsleben vorbereitet werden -
Praktikumserfahrungen und es werden arbeitsmarkt-       das Ganze dann noch in einer kleinen Klasse, wo viel
relevante und persönliche Themen behandelt, neue        Platz für die individuelle Belange ist. Wir waren be-
Kompetenzen eingeübt sowie eine berufliche Pers-        geistert. Nun sind die zwei Jahre Startbahn für unse-
pektive entwickelt.                                     re Tochter bald zu Ende und ich muss sagen, es hat
                                                        ihr in ihrer Entwicklung sehr viel gebracht. Nicht nur,
Peristera Giannikos ist von der umfangreichen Kon-      dass sie in eine Vielzahl von Berufen reinschnuppern
zeption überzeugt: »Wir haben durch die Startbahn       konnte, sondern auch viele praktische Dinge fürs
einen großen Zugewinn für die Jugendlichen geschaf- Leben gelernt hat.«
fen – vor allem was die Selbstständigkeit betrifft. Die
Schüler*innen werden in den zwei Jahren viel selbst- Aber auch die Schülerinnen und Schüler selbst sind
sicherer, fahren zum Beispiel allein mit dem Bus in     mit ihren Erfahrungen in der Startbahn zufrieden:
die Stadt. Besonders gut gefällt mir, dass sich unsere »Ich finde die Startbahn als Klasse richtig gut. In
Module am allgemeinen Arbeitsmarkt orientieren.«        Reflexion sprechen wir immer über das Praktikum.
Ihr ist mit Blick auf ihre Schüler*innen vor allem der  Ich kann die Startbahn anderen Schülern empfeh-
individuelle Aspekt von Bedeutung: »Wichtig ist zu      len«, sagt etwa Marleen. Ihr Mitschüler Jakob hält
schauen, was für eine Person wichtig ist, welche Ziel- fest: »Ich gehe gerne in die Startbahn. Ich habe viele
setzung sie hat. Für manche macht nach der Start-       Freunde gefunden und es ist schön, dass wir uns alle
bahn die Arbeit in einer Werkstatt oder ein Außen-      akzeptieren.«
arbeitsplatz Sinn – andere Schüler*innen besuchen
eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder          Ganz losgelöst vom weiteren Schulbetrieb an der
gehen direkt in Ausbildung.«                            Sophie-Scholl-Schule Gießen sind die Startbahn-Teil-
                                                        nehmer*innen übrigens nicht. »Unsere Schüler*in-
Nicht nur das Startbahn-Team zieht bis dato ein po-     nen nehmen an den allgemeinen Schulangeboten,
sitives Fazit des bislang Erreichten, auch von anderen wie AG-Angeboten oder Quartalsfeiern, teil. Natürlich
Stellen, etwa den Praktikumsbetrieben, kommen           zählen auch Pflichten dazu, etwa die Mensa-Dienste
ermutigende Feedbacks. »Die Rückmeldungen sind          – das alles macht die Sache dann auch schon wieder
wirklich positiv – das Konzept hat sich bewährt. Zu-    inklusiv«, freut sich Katrin Arbeiter über die Erfolgs-
mal sich im Zweifel immer auch individuelle Lösun-      geschichte der Startbahn.
gen finden lassen.« Startbahn-Pädagogin Alida Beul,
die für die Akquirierung von Praktikumsplätzen in       Sie interessieren sich für weitere Informationen zur
der Region zuständig ist, ergänzt: »Unsere Schüler      Startbahn an der Sophie-Scholl-Schule Gießen? Für
kommen wirklich gerne hierher.«                         Rückfragen steht Frau Dipl. Psych. Katrin Arbeiter
                                                        (Leiterin Berufsorientierungsstufe) zur Verfügung
Lobend äußerte sich kürzlich auch der Vater einer       (Telefon: 0641 4801077-600 / E-Mail: k.arbeiter@
Startbahn-Schülerin, Klaus Krüger: »Das Konzept,        proliberi.de).
drei Tage die Woche Schule und zwei Tage Praktikum
in verschiedenen Betrieben, gefiel uns gut. Auch die    Christian Németh
Tatsache, dass die Kinder hier eng begleitet und so     Unternehmenskommunikation
26    Miteinander Juni 2020 Kindertagesstätten | Kinder- und Familienzentren

     Frühe Osterhasen und Regenbogen
     an den Fenstern
     Team der Lebenshilfe-Kita in Watzenborn-Steinberg denkt auch in Zeiten von
     Corona an seine Kinder

                                                              Regenbogen wie diese sind nun auch in den Fenstern
                                                              einiger Watzenborn-Steinberger Kita-Kinder zu sehen.

     Auch die Kita der Lebenshilfe Gießen in der Germania-     In einer anderen Aktion wurden die Erzieher*innen
     straße in Watzenborn-Steinberg ist von den Corona-        präsenter und traten in den direkten Kontakt mit
     virus-Auswirkungen betroffen, vorerst kann lediglich      den Kindern. Auf einer Internetplattform stellt das
     eine Notfallbetreuung angeboten werden. Der Regel-        Kita-Team nun regelmäßig spielerische Aufgaben
     betrieb kann voraussichtlich erst im Juni schrittweise    und Videos online. »Da kann man dann unter ande-
     wieder aufgenommen werden. Das Betreuerteam               rem sehen, wie man sich richtig die Hände wäscht
     denkt dennoch an seine Kinder und hat sich schöne         oder sich richtig auspowert. Wir haben unterschied-
     Ideen einfallen lassen, um den nun zuhause bleiben-       liche Themen gesammelt und sind nun in die erste
     den Kids positive Signale zu senden.                      Woche mit dem Thema Gesundheit gestartet«, so
                                                               Johanna Hennemuth.
     Bei einem Einfall blieben die Erzieher*innen al-
     lerdings komplett anonym: Da klar war, dass die           In einer weiteren Online-Aufgabe – angelehnt an ei-
     Osterzeit diesmal nicht gemeinsam in der Kinderta-        ner derzeit weltweit stattfindenden Aktion – werden
     gesstätte begangen werden konnte, arbeiteten die          die Kinder zudem animiert, sich einen Regenbogen
     Kita-Mitarbeiterinnen stellvertretend für den Oster-      zu basteln oder zu malen und jeweils ins Fenster
     hasen vor. Sie packten kurzerhand die Osterhasen-         zu hängen. Bei einem Spaziergang durch Watzen-
     post zusammen und fuhren diese in der vergange-           born-Steinberg können die Kinder dann die vielen
     nen Woche binnen zweieinhalb Stunden im Ort aus.          Regenbogen – als stille und farbige Grüße – sehen
     »Das heißt, dass all unsere Kinder schon vorher Post      und zählen. Denn hinter jedem Fenster wohnt auch
     vom Osterhasen erhalten haben«, erklärt Johanna           gerade ein Kind, welches seine Freunde nicht besu-
     Hennemuth (Stellvertretende Leitung). Neben einer         chen darf.
     kleinen Geschichte von »Stups dem Osterhasen«,
     gab es eine kreative DIY-Osterbastelaktion für            »Wichtig für uns war, dass die Kinder Aufgaben
     zuhause, ein Kinderätsel sowie Blumensamen zum            bekommen, die auch wirklich jeder zuhause machen
     Einsäen. Wenn die Erzieher*innen den Kindern nicht        kann. Auch wenn man zum Beispiel keinen Drucker
     beim Wachsen zusehen können, dann können die              hat«, betont Hennemuth.
     Kinder die Blumen beim Wachsen beobachten, so
     der Wunsch des Kita-Personals.                            Christian Németh
                                                               Unternehmenskommunikation
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