Ich du & 01/17 - Hamburger Tierschutzverein
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ich&du Das Magazin des 01/17 Hamburger Tierschutzvereins von 1841 e. V. Einladung zur Mitglieder- versammlung 2017 Die Tierschutzberatung des HTV – Fürsprecher der Tiere Ein artgemäßes Zuhause auf Zeit für Reptilien Tierfreundlich backen zu Ostern • Rettet die Bienen!
HTV Intern Mitgliederversammlung 2017 Liebe Mitglieder, hiermit laden wir Sie satzungsgemäß zur Mitgliederversammlung 2017 des Hamburger Tierschutzvereins von 1841 e. V. am 22. April 2017 um 14 Uhr im Großen Saal, Tierheim Süderstraße, ein. Einlass ist ab 13 Uhr, bis zum Versammlungsbeginn zeigen wir Ihnen Film- und Fotoimpressionen aus dem Tierheim. Tagesordnung 1. Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit und der Tagesordnung; anschl. Ehrung der verstorbenen Mitglieder und Testatoren 2. Geschäftsbericht des Vorstandes 3. Bericht des Schatzmeisters zum Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2016 mit Erläuterungen durch den Steuerberater 4. Bericht der Rechnungsprüfer 5. Aussprache über den Jahresabschluss 2016 6. Feststellung des Jahresabschlusses 2016 7. Beschluss über die Entlastung des Vorstandes 8. Beschluss über die Entlastung der Rechnungsprüfer Pause (ca. 16 Uhr) 9. Wahl der Rechnungsprüfer/-innen 10. Festsetzung der Höhe der Mitgliedsbeiträge 2018 11. Ausrichtung 2017/2018 (mit anschließender Aussprache – max. 60 Minuten – zu Tierschutzthemen) 12. Verschiedenes Ende der Veranstaltung (ca. 18 Uhr) Bitte bringen Sie Ihren gültigen Mitgliedsausweis mit. Für Ihre Verpflegung halten wir Kuchen, belegte Brote sowie kalte und warme Getränke bereit. Hamburger Tierschutzverein von 1841 e. V. Süderstraße 399, 20537 Hamburg Tel.: 040 211106-0, Fax: 040 211106-38 E-Mail: kontakt@hamburger-tierschutzverein.de www.hamburger-tierschutzverein.de Bahn- und Busverbindungen: • U2 bis Rauhes Haus, von dort 20 Minuten Fußweg • Bus 112 bis Osterbrookplatz (von Altona über Hauptbahnhof) • Bus 130 bis Braune Brücke (von Rothenburgsort, Billstedt und U-Bahn Burgstraße)
Editorial Inhalt Tierschutzpolitik Liebe Vereinsmitglieder, Die Tierschutzberatung des HTV – liebe Tierfreundinnen Fürsprecher der Tiere ......................... 4 und Tierfreunde! Tierrettung Gefesselt, gequält, gerettet! ................. 7 Menschen im HTV Mit dieser Ausgabe der ich&du laden wir unsere Mitglieder herzlich zur dies- Fünf Fragen an .................................... 8 jährigen Mitgliederversammlung ein. Meine Vorstandskollegen und ich werden für Sie am 22. April das vergangene Tierschutzjahr resümieren und Ihnen einen weite- ren Ausblick auf Entwicklungen im HTV geben. Die besondere Aktion Ein artgemäßes Zuhause auf Zeit ..... 10 Einen wichtigen Schritt für unsere stetige Weiterentwicklung stellt dabei die Neuausrichtung unserer Tierschutzberatung dar, in deren Tätigkeitsfeld wir Ihnen einige Einblicke gewähren möchten. Hierzu berichten unsere beiden neuen Kolle- Tierschutzjugend gen ab Seite 4 aus ihrem Arbeitsalltag und lassen Sie an ihren Erfolgen teilhaben. Treffpunkt für Kinder – KinderSonntage im Tierheim ........... 12 Einer großen Herausforderung haben wir uns in jüngster Vergangenheit mit dem umfassenden Aus- und Umbau unserer Reptilien-Station erfolgreich gestellt. In der artgemäßen Unterbringung dieser besonders anspruchsvollen Tiere sind wir Tipps für Zuhause somit auch dank Ihres finanziellen Beitrages ein großes Stück weitergekommen (ab Seite 10). Helft den Bienen ............................... 13 Nicht nur Reptilien warten im HTV auf ein artgemäßes Zuhause. Wir möchten Tierfreundlich kochen Ihnen auch in dieser Ausgabe wieder ein paar unserer Schützlinge vorstellen oder als Patentier ans Herz legen, Ihnen dabei aber auch einige sehr erfolgreiche Ver- Spiegelei-Kuchen ganz ohne Ei ........ 14 mittlungen nicht vorenthalten (ab Seite 16). Die vegane Ernährungsform ist und bleibt eine ganzheitlich tierschützerisch ge- Kolumne dachte Lebensweise, für die wir uns als HTV stark machen. Um Ihnen den Einstieg Ein Label macht noch schmackhaft zu machen, haben wir in dieser Ausgabe ein zum Osterfest passendes keinen Tierschutz............................... 15 Rezept für Sie zum Nachbacken ausgewählt (Seite 14). Zum Bienenschutz kann fast jeder unabhängig von seiner gewählten Tierpaten gesucht ............ 16 Ernährungsform etwas beitragen, bitte lesen Sie dazu auf Seite 13 unsere Überle- benshinweise der für unsere Umwelt so wertvollen Insekten. Um auch einen weite- ren Beitrag zur Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu leisten, haben Zuhause gesucht ............... 18 wir die aktuelle Ausgabe der ich&du erstmalig auf Recyclingpapier drucken lassen und freuen uns, wenn es Ihnen gefällt. Erfolgsgeschichten ......... 20 Wir hoffen, Sie alle zahlreich auf unserem diesjährigen Frühlingsfest begrüßen zu dürfen und begeben uns nun vorfreudig auf die blühende Jahreszeit in die Vor- bereitungen für die Mitgliederversammlung und das Fest. Lesenswert Mit tierschützerischen Grüßen Tiere denken – Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen ..... 22 Hotel Zauberpfote – Vorsicht, Katharine Krause 2. Vorsitzende bissige Nachbarn! .............................. 22 PS: Die Redaktion freut sich über Ihre Meinung per Post oder E-Mail an redaktion@hamburger-tierschutzverein.de. Impressum .......................................... 22 & ich du 1/2017 3
Die Tierschutzberatung des HTV – Fürsprecher der Tiere Mit Sina Hanke (28) und Benjamin Kirmizi (35) ist die Tierschutzberatung seit Oktober 2016 neu aufgestellt. Viel Zeit zur Einarbeitung blieb den beiden nicht. Als vier in einer Plastiktüte entsorgte Welpen ins Tierheim kamen, ermittelten sie sofort in einem besonders traurigen wie brisanten Tierschutzfall. Bernadette Patzak hat die neuen Mitarbeitenden zu ihren Aufgaben und Zielen befragt. Was sind die wesentlichen Aufgaben der Tierschutzberatung (TSB)? Kirmizi: Unsere Arbeit gliedert sich in drei Bereiche. Zum einen ermitteln wir bei Verstößen gegen das Tierschutzge- setz. Das schließt auch die Aufklärung mit ein: Wir stehen in engem Austausch mit der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des HTV, um auf Tierschutzverstöße auf- merksam zu machen und die Folgen die- ser Taten darzulegen. Außerdem koordi- nieren wir die Nachüberprüfungen von vermittelten Tieren. Erfreulicherweise bekommen wir in diesem Bereich immer mehr Unterstützung durch motivierte ehrenamtlich aktive Mitglieder. Hinzu kommt die Überwachung von Fällen si- chergestellter Tiere, insbesondere wenn Oft sind Sina Hanke und Benjamin Kirmizi nachmittags im Stadtgebiet im Einsatz. sie aufgrund eines Beißvorfalls ins Tier- heim gekommen sind. Vorstand eingesetzte Tierschutzberatung unserer Arbeit vom Vorstand, den Kolle- – wie sie jetzt auch beim HTV heißt – vor. gen und auch von „Betreuten“. Warum braucht der HTV eine Tier- Es ist toll, dass die TSB durch Einnahmen schutzberatung? des Vereins finanziert werden kann. Jede Was haben Sie denn für diese besondere Hanke: Der HTV braucht Tierschutzbe- Spende für den HTV hilft also auch uns als Aufgabe an Vorwissen mitgebracht? rater, weil die Tiere Fürsprecher brau- Tierschutzberatern. Hanke: Seit meiner Jugend bin ich im chen. Ich bin sehr froh, dass der HTV sich Tierschutz aktiv. Vor dem Biologie-Stu- uns leisten kann – nicht nur, weil ich da- Das ist ja schon ein besonderer Job. Wie dium habe ich ein Jahr im Ausland gelebt, durch mein Hobby zum Beruf machen sind Sie Tierschutzberaterin bzw. Tier- um im Auslandstierschutz zu arbeiten. kann, sondern weil es eine wichtige Tier- schutzberater beim HTV geworden? Mit Anfang 20 gründete ich meinen eige- schutzaufgabe ist, die sonst keiner wahr- Hanke: Genau wie mein Kollege habe ich nen Verein für Tierschutzprojekte im In- nimmt. Jeden Monat werden uns etwa 60 mich auf die Stellenausschreibung bewor- und Ausland. Zuhause habe ich einen Fälle gemeldet, das zeigt, wie dringend ben, ein Assessment-Center durchlaufen kleinen Gnadenhof. notwendig eine Anlaufstelle für Tier- und bin zur großen Freude ausgewählt Kirmizi: Als Jurist und praktizierender schutzdelikte ist. worden. In dem Verfahren haben uns die Hundetrainer kann ich unsere Arbeit von Kirmizi: Die Satzung regelt in § 2 „Zweck beiden Vorsitzenden des HTV deutlich ge- zwei Seiten beleuchten: Zum einen kann des Vereins“ die „Unterhaltung einer Tier- sagt, dass Tierschutzberater kein norma- ich rechtliche Rahmenbedingungen be- schutzinspektion zur Feststellung von ler Job ist, der in geregelten zeitlichen Bah- urteilen, zum anderen lasse ich meine Er- Verstößen gegen das Tierschutzgesetz nen abläuft. Hingabe für diese Aufgabe fahrungen als Hundeerzieher und Ver- und Einleitung der erforderlichen Maß- hat man sich von uns gewünscht. Ich den- haltensberater, was ja den Umgang mit nahmen“. Auch unser Dachverband, der ke, die zeigen wir auch – jedenfalls be- Tieren und ihren Haltern beinhaltet, ein- Deutsche Tierschutzbund, gibt eine vom kommen wir positive Rückmeldungen zu fließen. 4 & ich du 1/2017
Tierschutzpolitik Wie sieht der typische Arbeitstag in der konnten wir Smokey nach der behördli- bei uns in fachkundigen Händen erleben. TSB aus? chen Freigabe im Februar vermitteln. Wir kümmern uns aber auch besonders Hanke: Kein Tag ist wie der andere! Ne- Hanke: Insgesamt wurden uns bereits 300 um die Fälle, in denen das Tier zu seinem ben Büroarbeit, bei der wir Berichte Fälle gemeldet, wovon knapp 260 geklärt eigenen Schutz sichergestellt wurde. Hier schreiben, Telefonate mit den Behör- werden konnten. Mal ist es „nur“ der wollen wir möglichst verhindern, dass es den, der Polizei oder Hinweisgebern Nachbarshund, der zu lange alleine blei- behördlich wieder an seinen Peiniger frei- führen, sind wir auch viel im Außen- ben muss oder die Nachbarskatze, die zu gegeben wird. Ein schwieriges Feld … dienst unterwegs, um Meldungen zu viel schreit. Dann gibt es solche, wo ins- überprüfen. Wichtig ist, dass wir eine besondere Kleintiere unter tierschutzwi- Wo liegen die Grenzen Ihrer Tierschutz- Tierschutzberatung sind und keine Tier- drigen Bedingungen gehalten werden. arbeit? vermittlungsberatung. Wer ein Tier Aber auch Einsätze auf Pferdegestüten Kirmizi: Die Grenzen unserer Arbeit wer- adoptieren möchte, sollte sich an das und Bauernhöfen waren schon dabei. den durch Gesetze definiert. Natürlich kompetente Personal in den Tierhäu- Kirmizi: Manchmal erhalten wir Mel- können wir uns nur in diesem Rahmen be- sern wenden. Auch können wir nicht dungen, dass Tiere von ihren Haltern in wegen. Als Verein haben wir keine rechtli- jede Frage zum Tierschutz ausführlich Wohnungen zurückgelassen wurden. che Handhabe und sind stets auf die Un- beantworten. Wir müssen Prioritäten Bestätigt sich dies, rücken wir zusammen terstützung von Behörden und Staatsan- setzen und die sind ganz klar: Ist ein Tier mit Polizei, Feuerwehr und unserer Tier- waltschaft angewiesen. Wir hatten einmal in Not, hat dieser Fall Vorrang. rettung an, befreien die Tiere und brin- einen Einsatz um 23 Uhr: In jener Nacht gen sie in Sicherheit. Immer wieder ha- wurden wir von der Polizei angefordert, Erinnern Sie sich an einen besonders ben wir auch mit Animal Hoarding zu ein Hundehändler sollte hochgenommen brisanten Fall? tun. So wurden wir beispielsweise auf ei- werden. Der Verdächtigte schlug uns und Hanke: Die in einer Plastiktüte ausge- nen Mann aufmerksam, der nach eige- den Beamten jedoch sofort die Tür vor der setzten Welpen waren unser erster und nen Angaben innerhalb eines Jahres 450 Nase zu. Wie üblich wurde dann beim gleich ein sehr aufregender Fall, mit dem Kaninchen gehalten und verkauft hat. Als diensthabenden Staatsanwalt ein Durch- wir auch an die Öffentlichkeit gegangen wir dort waren, konnten wir immerhin suchungsbeschluss erbeten. Dieser wur- sind. Wir sind froh, dass es die Welpen ge- zehn Kaninchen aus einer miserablen de leider nicht erteilt, sodass wir ent- schafft haben und wir einen Fahndungs- Haltung retten und den Mann dazu be- täuscht und frustriert abziehen mussten. erfolg erzielen konnten. wegen, die Tiere nicht mehr zu halten. Da es sich aller Wahrscheinlichkeit nach Kirmizi: Kürzlich hatten wir einen Fall, um einen professionellen Händlerring bei dem in einer Wohnsiedlung Wildka- handelte, war die Wohnung am nächsten ninchen vergiftet wurden. Natürlich ist Tag natürlich schon leergeräumt. das Töten von Wirbeltieren ohne ver- Hanke: Letztlich ist der Tierschutzverein nünftigen Grund eine Straftat. Selbst auf das „mildeste Mittel“ und die Entschei- einem Spielplatz wurde Gift in den Ka- dungen werden auf dem Amt getroffen. ninchenbauten ausgelegt. Wir sind vor Wenn wir aber davon überzeugt sind, dass Ort gewesen, haben Zeugen befragt, Pro- ein Tier unsere Hilfe benötigt, dann blei- ben genommen und unsere Erkenntnis- ben wir dran. Sei es, indem wir immer wie- se an die Wasserschutzpolizei (WSP) und der mit den Tierhaltern ins Gespräch tre- das Veterinäramt weitergeleitet. Die Er- ten, die Haltung nachkontrollieren, mit mittlungen seitens der Polizei wurden den Hinweisgebern im Austausch bleiben durch unsere Strafanzeige aufgenom- oder „Protokoll“ über die Tierhaltung men und laufen noch. führen, um gegebenenfalls erneut bei der Titelkaninchen Motte wurde aus einem Ani- Behörde ein Einschreiten zu erwirken. Konnten Sie weitere Erfolge erzielen? mal-Hoarding-Fall befreit. Sie hatte viel zu Sind wir der Auffassung, dass „Gefahr im lange Zähne und musste in einem dunklen Kirmizi: Ja, zum Beispiel bei dem Bor- Verschlag wohnen. Verzug“ besteht, schalten wir die Polizei der-Collie-Mischling Smokey, den das mit ein. Tierheim mit Fesselungsspuren, abge- Die Aufnahme und Versorgung von magert und mit vernarbter Schnauze behördlich sichergestellten Tieren ge- Gutes Stichwort! Wie läuft die Zusam- aufnahm. Wir riefen öffentlich dazu auf, hört ja leider zum Tierheim-Alltag. menarbeit mit der Wasserschutzpolizei, uns mit sachdienlichen Hinweisen zu Welche Rolle spielt dabei die TSB? die ja für Tierschutzdelikte zuständig helfen. Im Laufe unserer Ermittlungen Kirmizi: In unsere Zuständigkeit gelan- ist, und den Amtsveterinären? stellte sich heraus, dass die Frau, die gen die Fälle, in denen von dem Tier eine Kirmizi: Natürlich mussten wir uns als Smokey als Fundhund zu uns gebracht Bedrohung für andere ausgegangen ist, „Neuankömmlinge“ erst mal behaupten, hatte, die Lebensgefährtin des ehemali- denn da besteht auch die Möglichkeit, aber jetzt arbeiten wir gut zusammen. gen Halters ist. Diesen konnten wir eben- dass eine Tötung des Tieres behördlich Eine enge Kooperation mit den verschie- falls ausfindig machen und so erstatteten angeordnet wird. In diesen Fällen wollen denen Stellen ist uns wichtig. wir gegen beide Anzeige. Der Fall liegt bei wir sicherstellen, dass die Behörde alle In- Hanke: Leider gehen unsere Vorstellun- der Staatsanwaltschaft. Glücklicherweise formationen darüber hat, wie wir das Tier gen und die der Behörden aber auch im- & ich du 1/2017 5
Tierschutzpolitik mer wieder auseinander: Sei es, weil der mal nicht nur als „Tierretter“, sondern INFOBOX Behörde in vielen Fällen die Hände ge- auch als „soziale Berater“. Das ein oder Wer macht was? bunden sind, teilweise aber auch, weil andere Schicksal beschäftigt einen schon In Hamburg ist für die Mitwirkung Tierschutz bei der TSB und in den Behör- intensiver. Da ist es wichtig, den nötigen der Rechtssetzung im Tierschutz beim den unterschiedliche Gewichtung findet. Abstand zu wahren. Bund die Behörde für Gesundheit und Nichtsdestotrotz ist es unsere Aufgabe, Hanke: In einem Fall haben wir nicht Verbraucherschutz zuständig. Sie hat auch mal kritisch nachzufragen, wir wol- nur für die neue Unterbringung einer auch die Fachaufsicht über die Be- len dabei keinem Amtsträger auf die Katze gesorgt, sondern auch für die Be- zirksämter, in denen wiederum das Füße treten. Aber bei uns wird eine Akte treuung des Tierhalters. Diesem wurde Tierschutzgesetz vollzogen wird. Auf- erst geschlossen, wenn auch dem Tier ge- ein Pflegedienst organisiert. Der Halter gabe der dort arbeitenden Amtsve- holfen werden konnte. rief sogar noch einmal bei uns an, um terinäre ist es, die Gesundheit der Tie- sich zu bedanken. Zu Weihnachten ha- re zu schützen und darüber zu wa- Welche Tierschutzverstöße haben Sie be- ben wir ihn nach Feierabend besucht. chen, dass die Tiere ihrer Art und ihren sonders überrascht; womit haben Sie Dann konnte ich mich überzeugen, Bedürfnissen entsprechend angemes- nicht gerechnet? dass die Hilfsmaßnahmen angelaufen sen ernährt, gepflegt und verhaltens- gerecht untergebracht werden. Private Hanke: Kettenhaltung bei Hunden wird sind und für mich persönlich mit dem Tierhaltungen werden nur dann über- uns gehäuft gemeldet. Eigentlich ist die- Fall abschließen. Genau diese Happy prüft, wenn bei der Veterinärabteilung se Haltung ja nur aus Süd- oder Osteuro- Ends sind es, die mich motivieren und Hinweise auf tierschutzwidrige Hal- pa bekannt. Aber leider entdecken wir mir Kraft für neue Fälle geben. tungsformen eingehen. In solchen Fäl- das auch hierzulande. Dabei darf ein Kirmizi: Wir versuchen immer, mit den len ist die Mithilfe der Mitbürgerinnen Hund nur an einer speziellen Vorrich- Haltern zu guten Lösungen zu kommen, und Mitbürger unverzichtbar. Hinwei- tung gehalten werden; die Anbindung an aber wenn das nicht möglich ist, weil se auf Verstöße gegen das Tierschutz- einer Kette ist nach dem Tierschutzge- Unverständnis oder Unvermögen zu gesetz erbittet die Veterinärabteilung setz verboten und wird von uns entspre- groß sind, müssen wir immer ganz klar möglichst schriftlich per Post, über Fax chend verfolgt. machen: Wir sind die Fürsprecher der oder E-Mail (jeweilige Kontakte über Kirmizi: Es ist erschreckend, wie viele Tiere! den Behördenfinder auf www.ham- Menschen ein sehr distanziertes Verhält- burg.de). nis zu ihrem Haustier haben: Da wird ein Noch eine praktische Frage zum Schluss: Die Wasserschutzpolizei (WSP 51, krankes Kaninchen auch mal lieber Wie erreicht man Sie, wenn man einen Fachdienst für Umweltdelikte) ist selbst unsachgemäß getötet, anstatt es tierschutzrelevanten Sachverhalt mel- auch für Umweltkriminalität zustän- zum Tierarzt zu bringen. den will? dig. Da dieser Begriff in Hamburg weit Hanke: Am besten per E-Mail an tier- definiert ist, erfasst er unter anderem Sie kommen ja nicht nur mit tierlichem schutzberatung@hamburger-tierschutz- auch Straftaten gegen das Tier-, Pflan- Elend, sondern auch mit menschlichen verein.de oder telefonisch unter der Wo- zen-, Jagd- und Naturschutzrecht (z.B. Tierquälerei), gegen das Hamburger Schicksalen in Kontakt. Wie gehen Sie che von 10 bis 14 Uhr: 040 211106-25. Hundegesetz sowie gegen das Hunde- damit um? Alle Hinweise werden selbstverständlich verbringungs- und Einfuhrbeschrän- Kirmizi: Häufig basiert das Elend der vertraulich behandelt. kungsgesetz (z.B. Zucht und Handel n Tiere auf der schwierigen Lebenssitua- mit gefährlichen Hunden). tion der Halter. Dann agieren wir manch- Herzlichen Dank für das Interview! Tierschutz unterwegs: Acht „Mümmelmänner“ retteten die beiden Tierschutzberater aus einer schlechten Haltung. Einige litten unter massiven Zahnfehlstellungen (lesen Sie dazu auch den Artikel auf Seite 7). 6 & ich du 1/2017
Tierrettung Gefesselt, gequält, gerettet! Von den rund 300 Fällen der Tierschutzberatung seit Oktober 2016 haben uns einige besonders in Atem gehalten. iemand konnte seinen Augen trauen, als die kleine Die Vier haben sich gut entwickelt und genießen bereits ihr N Frieda am 13. Oktober 2016 im Tierheim aufgenom- men wurde. Ihre Beine waren mit Klebeband um- Leben bei fürsorglichen Haltern. Parallel dazu lief die akribi- sche Arbeit unserer Tierschutzberatung: Es wurden Zeugen wickelt, die Pfoten stark angeschwollen und Abschürfungen am Fundort befragt und über mehrere Stunden Ausschau bis auf die Knochen zu sehen. Frieda wurde umgehend inten- nach einer möglichen Mutterhündin gehalten. Als diese durch siv von unseren Tierärzten und -pflegern betreut. Der Ham- Zufall einige Zeit später als Fundtier ins Tierheim Süderstraße burger Tierschutzverein erstattete Strafanzeige und setzte für kam, waren auch die Daten des Halters bekannt. Gegen ihn Hinweise, die zur Überführung des Täters oder der Täter läuft eine Anzeige. „Wir wollen natürlich öffentlich zeigen, führen, eine Belohnung in Höhe von 500 Euro aus. dass solche Taten nach dem Tierschutzgesetz strafrechtlich verfolgt werden“, sagt Sina Hanke. Zudem soll dies angebli- che Finder davon abhalten, Tiere beispielsweise „mit einer falschen Geschichte“ im Tierheim abzugeben (lesen Sie dazu das Interview ab Seite 4). Einige Tierhalter zeigen Einsicht Von der Tierschutzberatung werden auch viele Fälle mit Kleintieren bearbeitet. Sie leiden still, denn mögliche Nachbarn können kein Bellen oder Miauen hören. Doch einige Menschen zeigen sich einsichtig und melden sich selbst beim HTV: So hol- te die Tierschutzberatung im Februar dieses Jahres acht Kanin- chen und zwei Diamanttauben aus einer kleinen Wohnung im Hamburger Stadtteil Mümmelmannsberg, deren Halterin mit der Versorgung der Tiere sichtlich überfordert war. Dieser Schritt mag Überwindung gekostet haben, zollte aber den Tie- ren Respekt und erleichtert letztlich auch die Vermittlung, da unsere Tierpflegerinnen und Tierpfleger nun etwas über die Vorgeschichte der Tiere wissen. Zwei der Kaninchen stellen wir auf Seite 19 in diesem Magazin vor. Bernadette Patzak n Einen Monat lang päppelten unsere Tierärzte und -pfleger die hüb- sche Frieda auf. Entdeckt wurde die junge Katze in einem Gebüsch an der Barsbütteler Hauptstraße. Erst mit speziellen Fallen konnten unsere Katzenretterinnen Frieda einfangen, so verschreckt war sie. „Leider haben wir bis heute keinen Hinweis erhalten, der zum Täter führte“, erklärt HTV-Tierschutzberater Benjamin Kirmizi. Dies ist einer von rund einem Fünftel der Fälle, die er und seine Kollegin Sina Hanke noch nicht lösen konnten. Im- merhin fand sich für die hübsche Frieda schon einen Monat später ein liebevolles Zuhause, in dem sie die Schmerzen ver- gessen und wieder ganz Katze sein kann. Erfolgreicher verlief die Suche nach dem skrupellosen Menschen, der fünf kleine Welpen noch am Tag ihrer Geburt in einer Plastiktüte hinter einem Bauzaun zurückließ. Eine aufmerksame Schülerin entdeckte die fiependen Fellchen, die schon mit Maden übersät waren, und brachte sie sofort zu ei- ner Tierarztpraxis, die wiederum die Tierrettung des HTV ver- ständigte. Hanna, Kelly, Pia und Theo überlebten, ein weite- Das Vertrauen zum Menschen hatte sie zum Glück noch nicht ver- res Geschwisterchen konnte nur noch tot geborgen werden. loren und zeigte sich sehr anhänglich. & ich du 1/2017 7
Fünf Fragen an … Menschen im HTV Kerstin Schulz Nicole Genge 1. Seit wann sind Sie beim Hamburger Tierschutzverein? 1. Seit wann sind Sie beim Hamburger Tierschutzverein? Seit dem 13. September 2010 arbeite ich hier. Ich bin seit Januar 2014 ehrenamtlich für den HTV aktiv. 2. Wie ist es dazu gekommen? 2. Wie ist es dazu gekommen? Als ich nach längerer Krankheit wieder anfangen konnte zu ar- Der Tierschutz war mir schon immer eine Herzensangelegen- beiten, wollte ich meinen Traum wahrmachen und einen Beruf heit. Nach der Adoption meines Katers Lucky aus dem HTV mit Tieren ergreifen. Zufällig gab es zu diesem Zeitpunkt eine und der Übernahme einer Katzen-Patenschaft habe ich mich Stellenausschreibung als Hilfstierpfleger auf 400-Euro-Basis im entschlossen, endlich auch aktiv etwas zu tun. Tierheim des HTV. 3. Was machen Sie im Hamburger Tierschutzverein? 3. Was machen Sie im Hauptsächlich bin ich in dem Bereich der Nachüberprüfungen Hamburger Tierschutz- tätig. Dieses Ehrenamt macht mir sehr viel Spaß und ist gut mit verein? meiner Berufstätigkeit zu vereinbaren. Im letzten Jahr half ich Zwischenzeitlich wurde zudem zweimal bei der Rettung ausgedienter Legehennen. meine Anstellung zur Zeitweise helfe ich auch bei den Ankünften der rumänischen Vollzeit-Tierpflegerin Hunde, was immer wieder ein sehr bewegendes Erlebnis ist. Bei ausgebaut. Derzeit arbei- öffentlichen Veranstaltungen wie der Freiwilligenbörse und te ich hauptsächlich bei Mahnwachen sowie bei den Tierheimfesten unterstütze ich den Hunden. Dort gehört den Informationsstand des Vereins. neben der Grundversor- gung der Tiere auch die 4. Was gefällt Ihnen Betreuung von Interes- an der Tierschutzar- senten oder Gassigehern beit? zu meinem Aufgabenbereich. Außerdem setzen wir uns tagtäg- Alles, was ich im Tier- lich dafür ein, die Lebensqualität der Hunde in unserem Tier- schutz mache, hinter- heim zumindest etwas zu verbessern, zum Beispiel, indem wir lässt ein gutes Gefühl. den Hunden ein Leben mit Artgenossen ermöglichen. Darüber Es freut mich immer hinaus erstelle ich Steckbriefe für die Vermittlung. zu sehen, dass ein ehemaliges Heimtier 4. Was gefällt Ihnen an der Tierschutzarbeit? ein liebevolles Zuhau- Die Ehrlichkeit der Tiere ist unschlagbar. Die Entwicklung von se gefunden hat und, kranken oder sehr ängstlichen Tieren miterleben zu dürfen, dass alle Beteiligten bringt mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. glücklich sind. Auch Das lässt mich darüber nachdenken, welche Dinge im Leben war es toll, die gerette- wirklich wichtig sind. Auch ist es natürlich schön, das Bewusst- ten Legehennen an sein für den Tierschutz durch Beratung weitergeben zu können. ihre neuen Halter zu übergeben mit dem Wissen, dass diese Tiere nun ein art- 5. Was muss aus Ihrer Sicht im Tierschutz unbedingt erreicht gemäßes Leben führen dürfen, statt in einem Schlachthaus zu werden? enden. Es muss das Bewusstsein gestärkt werden, dass es keine klare Grenze zwischen Menschen und Tieren gibt, dass diese genau- 5. Was muss aus Ihrer Sicht im Tierschutz unbedingt erreicht so fähig sind zu fühlen und zu leiden. Jedes Tier sollte das Recht werden? haben, seine Grundbedürfnisse auszuleben. Auch muss den Viele Menschen sind zu gedankenlos. Es beginnt mit dem Früh- Menschen bewusst werden, dass Leben und Leiden keine Din- stücksei und endet bei dem Pelzbesatz an der Kapuze. Es muss ge sind, die man mit Geld in irgendeiner Art aufwiegen oder den Menschen bewusst werden, dass tierliche Produkte keine wiedergutmachen kann. Das gilt national wie international. Selbstverständlichkeit sind und dass oftmals unendliches Tier- Man kann zum Beispiel den Umgang mit den Hunden in leid dahintersteht. Hier ist es wichtig, noch mehr über den Um- Fernost nicht kritisieren, während gleichzeitig hier die soge- gang mit Tieren aufzuklären. JEDES Tier hat eine Seele und ein nannten Nutztiere nicht einen Deut besser behandelt werden. Anrecht darauf respektvoll behandelt zu werden. 8 & ich du 1/2017
Menschen im HTV Daja Salge Hannes Machel 1. Seit wann sind Sie beim Hamburger Tierschutzverein? 1. Seit wann sind Sie beim Hamburger Tierschutzverein? Ich leiste seit dem 1. Oktober 2016 hier meinen Bundesfreiwil- Seit August 2013 unterstütze ich als Ehrenamtlicher den HTV. ligendienst. 2. Wie ist es dazu gekommen? 2. Wie ist es dazu ge- Ein Freund wollte einen Hund aus dem Tierheim Süderstraße kommen? adoptieren und ich begleitete ihn. Vor Ort informierte ich Schon in früher mich über die umfangreichen Möglichkeiten, aktiv zu helfen. Kindheit interessier- Das Gassigehen hat mich dabei besonders gereizt. ten mich Tiere sehr. Neben einem Fami- 3. Was machen Sie im Hamburger Tierschutzverein? lienhund kümmerte Angefangen habe ich als Gassigeher: Die Hunde können dem ich mich schon mit Tierheimalltag für eine Weile entkommen und Fürsorge und acht Jahren um eige- Aufmerksamkeit kommen ihnen zuteil. Nachdem ich ein we- ne Kaninchen und nig Erfahrung sammeln konnte, widmete ich mich häufiger auch am Umgang den Hunden, die weniger Chancen auf eine schnelle Vermitt- mit Ponys und Pfer- lung hatten. Durch eine berufliche Veränderung konnte ich in den fand ich schon der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit ein dreimonatiges Prakti- früh Gefallen. Den kum absolvieren und den Tierschutzarbeitern noch gezielter ersten Schock über und intensiver assistieren. Mittlerweile unterstütze ich eben- das Leid der Tiere in falls die Kooperation mit ProDogRomania e. V., dafür habe ich der Lebensmittelin- auch in Rumänien zweimal für je eine Woche mitgearbeitet. dustrie erlitt ich in der neunten Klasse. Seitdem bin ich Vegeta- Und natürlich bin ich bei diversen Veranstaltungen vor Ort, rierin. Meine Begeisterung für Tier- und Umweltschutz wuchs und helfe, wo es mir möglich ist, zum Beispiel im medialen Be- durch meine Reisen nach Neuseeland und Thailand, wo ich als reich. Freiwillige im Artenschutz auch mit exotischen Tieren wie Gibbons und Elefanten arbeitete. Daran knüpfe ich mit dem 4. Was gefällt Ihnen Bundesfreiwilligendienst an, um den Tierschutz mit meiner an der Tierschutzar- Begeisterung für PR zu vereinen. beit? Mir gefällt, dass sich 3. Was machen Sie im Hamburger Tierschutzverein? Menschen aus den Ich arbeite in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit. Hier bin ich unterschiedlichen so- unter anderem für die Fotos und auch verschiedene Steckbrie- zialen Bereichen aus fe unserer Tiere zuständig. Ich schreibe Webbeiträge, begleite ganz individuellen die Presse bei Tierheimbesuchen und kümmere mich um die Gründen im Tier- Veröffentlichung der Erfolgsgeschichten. Hin und wieder erar- schutz engagieren beite ich auch Grafiken für Flyer, Präsentationen und Plakate. und natürlich beson- Ganz besonders viel Spaß machen mir die monatlichen Aufru- ders die Dankbarkeit fe für die Ausreisetickets rumänischer Hunde und der Kontakt der Tiere, von denen mit den Unterstützern des HTV. einige zum ersten Mal in ihrem Leben Zu- 4. Was gefällt Ihnen an der Tierschutzarbeit? neigung und Auf- Ich habe das Gefühl, wirklich etwas zu bewirken. Gerade über merksamkeit erfah- Medien und soziale Netzwerke lassen sich Tierschutzgedanken ren. Wenn man erst leicht verbreiten. Die Leser nehmen sich diese zu Herzen, ändern das Vertrauen eines Ihr Denken und Handeln und so helfen wir denen, die keine Tieres gewonnen hat Stimme haben: den Tieren. Und man sieht gerade vielen rumä- und dessen bedingungslose Sympathie erfährt, ist das Beloh- nischen Hunden an, wie dankbar und froh sie sind. nung genug für die eigenen Bemühungen. 5. Was muss aus Ihrer Sicht im Tierschutz unbedingt erreicht 5. Was muss aus Ihrer Sicht im Tierschutz unbedingt erreicht werden? werden? Viel zu viele Menschen beschränken sich zu sehr auf sich selbst Den Menschen muss besser vermittelt werden, dass keine und vergessen dabei die Welt um sich herum. Diese Menschen umfangreichen Veränderungen nötig sind, um Tierschutz zu müssen verstehen, wie wichtig das Gleichgewicht unserer Um- unterstützen. Schon ein kleiner Wandel in der Lebensweise welt ist. Dabei spielt Tierschutz natürlich eine wichtige Rolle, kann sehr viel bewirken. Außerdem bleiben Aufklärung und n denn wenn wir Flora und Fauna schaden, stehen wir irgend- Information die wichtigsten Aufgaben, denn was man nicht wann in einer nackten Welt und dann wird es zu spät sein. versteht, kann man auch nicht verbessern. & ich du 1/2017 9
Ein artgemäßes Zuhause auf Zeit Unsere Reptilien-Station wurde umfassend erweitert ür unsere wechselwarmen Tier- F heim-Bewohner gab es im vergangenen Jahr viele Ver- änderungen in ihrem vorübergehenden Zuhause. Zunächst wurde für die Auf- nahme der sogenannten Gefahrtiere ein eigener Raum geschaffen, aber das war erst der Anfang. Ziel war eine Reptilien-Station, die alle Tiere entsprechend ihrer natürlichen Bedürfnisse beherbergt. Nun befinden sich Feucht- und Trockenbereich in ei- nem Gebäude, sind jedoch trotzdem räumlich voneinander getrennt. Der neue Trockenraum bietet – mit fünf verschiedenen Terrariengrößen – für jede Reptilienart eine komfortable Unter- bringung. Jedes der speziell angefertigten Terrarien ist mit einer Fußbodenheizung und Wärmelampen ausgestattet, wo- Insgesamt 23 Terrarien unterschiedlicher Größe befinden sich in unserem neuen Trocken- durch die Temperatur in jeder Behau- raum. Foto: B. Patzak sung einzeln reguliert werden kann. Außerdem verfügen die liebevoll einge- Eine Besonderheit sind die beiden Reptilien, die bevorzugt auf dem Boden richteten Exoten-Domizile über mehrere Großterrarien mit einer Höhe von 2,40 leben, freuen sich über die große Grund- Luftschächte, sodass eine gute Sauer- Metern. Diese bieten besonders großen fläche in den neuen, extra tiefen Terrari- stoffzirkulation gewährleistet ist. So bie- Schlangen oder auch Leguanen und Wa- en. Die kleinsten Tropenzimmer sind für tet dieser Raum Wüstenbewohnern das ranen ein artgemäßes Übergangs-Zu- junge Schlangen, Skorpione, Geckos und aride Klima, das sie auch in ihrem natür- hause. Bartagamen, größere Schlangen, Spinnen vorgesehen. Terrarien in Stan- lichen Lebensumfeld vorfinden. aber auch Landschildkröten und andere dardgröße, die angemessene Bedingun- gen für kleine Schlangen-Paare bieten, haben verschieb- und herausnehmbare Mittelwände und sind somit vielfältig nutzbar. Überwinterung im Kühlraum Ebenso wie der neue Raum für unse- re Reptilien wurden auch die Nass- bereiche für Tiere, die aus humiden Kli- mazonen wie dem Regenwald stammen oder die in Wassernähe leben, erweitert. Nach wie vor steht unseren derzeit fast 100 Wasserschildkröten der Innenbe- reich inklusive Schwimmbecken zur Verfügung, ebenso wie der Außenteich, den die nordamerikanischen Verwand- ten zum Frühjahr wieder beziehen wer- den. Neu ist der – wenn auch noch etwas provisorische – „Sumpfteich“ für die asiatischen Wasserschildkröten, die ein Königspython Günther präsentiert sein neues Zuhause. abfallendes Ufer bevorzugen. Eine wei- 10 & ich du 1/2017
Die besondere Aktion zur Vergesellschaftung leben, um ein Er- nahmen wollen wir unseren Reptilien krankungsrisiko auszuschließen. Diese und seltenen Amphibien ein so ange- Maßnahmen sind besonders zum messenes Umfeld, wie es in einem Tier- Schutz unserer Langzeitinsassen ein heim nur möglich ist, schaffen. Diese Muss. Denn Reptilien finden häufig erst Tiere gehören in ihren natürlichen Le- nach einem sehr langen Aufenthalt pas- bensraum und sollten kein Leben als sende Adoptanten. Dank vieler Spenden Haustier in Gefangenschaft führen. Aber für den Umbau – den Startschuss für un- wenn es so ist, sind wir ihnen schuldig, sere umfangreichen Maßnahmen gab es so lebenswert wie möglich zu gestal- die Spendenaktion mit Arche-Noah-Tier ten. Walter, der Wasserschildkröte – kann Diese Aufgabe können wir nur dank diesen Tieren jetzt auch für einen länge- der Spenden und Beiträge unserer Mit- ren Zeitraum eine artgemäße Unter- glieder und Förderer bewältigen. Wenn kunft geboten werden. Sie uns bei den anstehenden Maßnah- men unterstützen möchten, freuen wir Weitere Umbauten für uns über eine Spende – gerne über unser unsere Reptilien Online-Formular auf unserer Internet- seite www.hamburger-tierschutzver- Mit der erweiterten Station wollen ein.de unter der Rubrik „Spenden und wir nicht nur unseren Schützlingen die Helfen“ oder direkt auf unser Spenden- Sven Bernhardt, Leiter des Kleintierhauses, Zeit bei uns so angenehm wie möglich konto (unsere Kontodaten finden Sie auf kontrolliert das Geschlecht, bevor Natti ver- gesellschaftet wird. machen, sondern auch Vorbild für Seite 22), jeweils unter dem Spenden- Adoptanten sein. Denn leider wird es zweck „Reptilien“. tere Neuerung ist ein von der Baumarkt- für Privatpersonen immer leichter, exo- Text und Fotos: Daja Salge n kette OBI gespendeter Kühlraum, der tische Tiere zu er- erstmalig möglich machte, dass die eu- werben, die dann ropäischen Landschildkröten und eini- häufig unter ge der nordamerikanischen Wasser- schlechten Bedin- schildkröten wie in ihren natürlichen gungen gehalten Lebensräumen überwintern konnten. werden. Dies hat zur Mittlerweile konnten die bei uns un- Folge, dass die Zahl tergebrachten Gefahrtiere – zu denen der ausgesetzten, Gifttiere und Riesenschlangen zählen – abgegebenen und si- mit in die Reptilien-Station ziehen. So- chergestellten Exo- mit kann der bisherige Gefahrtierraum ten steigt. Um den nun als Quarantäne genutzt werden, in wachsenden Reptili- der Neuankömmlinge eine Zeit lang bis enbestand in Zu- kunft bewerkstelli- gen zu können – 2016 haben wir 184 exoti- sche Schützlinge aufgenommen – plant der HTV weite- re Umbauten: Zum einen werden die Außenbereiche für unsere Landschild- kröten am Kleintier- haus neu eingerich- tet, zum anderen soll auch der kleine Sumpfteich für die asiatischen Wasser- schildkröten ausge- baut werden. Mit all den bisher Kornnatter Chuck beobachtet den Einzug getroffenen und den Chantal ist allen Spendern unendlich dankbar, dass sie nun ein seiner Artgenossen ganz genau. noch geplanten Maß- Großterrarium bewohnen kann. Foto: J. Wilke & ich du 1/2017 11
Tierschutzjugend Treffpunkt für Kinder, die Tiere lieben – KinderSonntage im Tierheim mmer am ersten Sonntagvormittag eines Monats, I pünktlich um 10 Uhr, füllt sich der Saal auf dem Gelände des Tierheims Süderstraße mit Kindern und Eltern. Nachzügler sieht man später eilig, mit oder auch ohne Mama und Papa, hinter der braunen Holztür verschwinden. Und dann ist es wieder so weit, es geht los: Es ist Zeit für den KinderSonntag im Tierheim Süderstraße. Haustiere interessieren Kinder am meisten. Und so stand beim ersten KinderSonntag des Jahres 2017 das Thema „Meerschweinchen – gesellige Nager aus Südamerika“ auf dem Programm. Woher stammen diese Tiere ursprünglich, welche Eigenschaften haben sie, was essen sie am liebsten und wie können wir ihnen ein möglichst artgemäßes Zuhau- se bieten? Fragen, denen unser ehrenamtliches Organisati- onsteam vom KinderSonntag gemeinsam mit den Kindern spielerisch auf den Grund gehen wollte. Und alle machten ganz toll mit. „Es ist immer wieder erstaunlich, wie aufmerk- Einstimmung ins Thema mit Fußboden-Memory. sam und konzentriert die Kinder sind“, schwärmt Annedore Respa, die seit vielen Jahren diese Veranstaltungen mit plant schnupperten ihrerseits viele Kinderhände. Und trotzdem: und durchführt. „Meerschweinchen sind keine Streicheltiere. Von Natur aus sind sie Fluchttiere und mögen nicht gern auf den Arm ge- Meerschweinchen sind keine Kuscheltiere nommen werden“, erklärte Gabriele Busch den Kindern. „Ihr Vertrauen erlangt man nur mit viel Liebe und Geduld.“ Die meiste Aufmerksamkeit an jenem Meerschweinchen- Vormittag im Februar bekamen aber zwei Vierbeiner: Gabrie- le und Robert Busch vom Verein Meerschweinchen-Nothilfe- Hamburg e. V. hatten ihre beiden Böckchen Rocky und Quax mitgebracht und in ein schnell aufgebautes, provisorisches Gehege im Saal gesetzt. Gegenseitiges Bestaunen. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an den Meerschweinchen-Nothilfe-Hamburg e. V. für seine Mitge- staltung dieses gelungenen KinderSonntags. Wieder einmal wurde unser Tierheim zum Treffpunkt für kleine und auch für große Tierfreunde! Ankündigungen der kommenden und Rückblicke auf die Gabriele Busch von der Meerschweinchen-Nothilfe-Hamburg e. V. hatte zwei Böckchen mitgebracht. vergangenen KinderSonntage sind auf der Internetseite des Hamburger Tierschutzvereins zu finden: Die beiden zutraulichen Tiere konnten von den Kindern ge- www.hamburger-tierschutzverein.de/junge-tierfreunde/kin- nau in ihrem Verhalten beobachtet werden. Rocky und Quax dersonntag ließen sich auch füttern, sogar vorsichtig berühren und be- Text und Fotos: Sybille Kähler-Schnoor n 12 & ich du 1/2017
Tipps für Zuhause Helft den Bienen! Tierschutz bedeutet, sich um das Wohl aller Tiere zu sorgen. Bienen sind zwar sehr klein, doch ihre Bedeutung für die Natur und unsere Zivilisation kann gar nicht groß genug eingeschätzt werden. Nur, es werden immer weniger. eltweit beobachten Forscher mit Sorge ein Bienen- Wer selbst imkern will, sollte daher auf eine artgemäße W sterben. Laut Deutschem Imkerbund hat sich die Zahl der hiesigen Bienenvölker von über 1.200.000 Haltung achten. Dazu gehört, dass neue Völker durch Schwär- men entstehen dürfen, nicht durch hinzugekaufte Königin- im Jahr 1992 auf zurzeit rund 800.000 reduziert. Über die nen. Am besten ist ein Nest ohne vorgefertigte Waben. Wie Hälfte der Wildbienenarten ist in Deutschland gefährdet oder viele Drohnen benötigt werden, entscheiden die Bienen schon ausgestorben. ebenfalls lieber selbst. Standortwechsel werden vermieden, Die Ursachen sind menschenge- macht und vielfältig: massiver Pesti- zideinsatz in der industriellen Land- wirtschaft, Parasiten, die sich durch die Globalisierung verbreiten, ein ge- schwächtes Immunsystem durch stressige Haltung und Fehl- ernährung und nicht zuletzt der Ver- lust natürlicher Lebensräume. Ein Aussterben hätte fatale Folgen für Mensch und Umwelt: Bienen be- stäuben rund 80 Prozent unserer Nutz- und Wildpflanzen. Wer Bienen Gutes tun will, hat viele Möglichkeiten Jeder, der ein Stückchen Land, eine Terrasse oder einen Balkon besitzt, kann ein kleines Bienenparadies schaffen. Ein vielfältiges Angebot an heimischen Blumen- und Kräutern sorgt für Nahrung. Immergrüne Stau- den, Zierrasenflächen und hochge- züchtete Blumensorten helfen nicht. Auf chemische Pflanzenschutzmittel sollte man ebenso verzichten wie auf Bienen brauchen ein Blühangebot über den ganzen Sommer hinweg, damit auch immer viel häufiges Mähen und penible Ord- Pollen im Körbchen ist. nung. Hummeln und andere Wildbienen leben meist einzeln und denn sie bedeuten Stress. Und am Ende des Jahres darf der nisten in der Erde. Sie freuen sich über Insektenhotels oder un- Schwarm mit Hilfe des eigenen Honigs überwintern. All dies aufgeräumte Ecken mit Sandböden, Laub oder Steinen. Flache ist in der konventionellen Imkerei eher selten der Fall. Wasserstellen mit Steinchen als Inseln tun bei Hitze gut, nicht Wenn schon Honig, dann also regionalen Bio-Honig kau- nur den Bienen. fen. Bei diesem wird auf die Bedürfnisse der Bienen Rücksicht Ihren Honig produzieren Bienenvölker für sich selbst. Er genommen. Er hat kürzere Produktionswege und kommt ohne dient ihnen als Nahrung, besonders in den Wintermonaten. Chemie und Gentechnik aus. Davon profitieren Bienen und Menschen begannen schon früh, den Honig wild lebender Menschen. Bienenvölker zu stehlen oder sie in Körben anzusiedeln, um Weiterführende Informationen zu Bienenweiden, Nisthil- sie zu kontrollieren. Heutige Honigbienen sind Nutztiere: Sie fen und artgemäßer Bienenhaltung gibt es hier: www.deutsch- werden manipuliert, um einen maximalen Honigertrag zu er- land-summt.de, www.bienenretter.de oder beim Mellifera e.V. bringen. Jennifer Wilke n & ich du 1/2017 13
Tierfreundlich kochen www.noramarleen.tumblr.com Spiegelei- Illustration: Nora Marleen, Kuchen ganz ohne Ei erade zu Ostern gibt es viel BahnhofsCaFeé Buchholz zeigt, wie es ten sowie vegane Leckereien wie Ku- G Tierleid – denkt man nur an die Millionen gefärbten Eier aus geht. In dem Café und Bistro im Buchhol- chen, Kekse, Rumkugeln, Nudelsalate, Suppen und belegte Brötchen bieten sie Käfighaltung in den Supermärkten oder zer Bahnhofsgebäude wurden die mei- ihren Gästen an. an getötete Tierbabys, beliebt sind im- sten Speisen aus ethischen Gründen auf Jetzt sind wir aber erst einmal ge- mer noch die Osterlämmer, als Festtags- vegan umgestellt. Seit März 2010 stehen spannt auf diesen leckeren Osterkuchen schmaus. Dabei können beispielsweise Hanna und Petra Rolf mit ihrem Team ohne Tierleid! n Osterbrot und anderes Gebäck pro- für hochwertige Produkte hinter der blemlos vegan hergestellt werden. Das Theke: Verschiedene Kaffeespezialitä- Spiegelei-Kuchen Petra und Hanna Rolf sowie Mit- Rezept arbeiterin Charlene Zutaten (für ein Kuchenblech) Meyer (von links) haben für den HTV 600 g Mehl einen leckeren ve- 400 g Zucker ganen Spiegelei- 2 TL Natron Kuchen gebacken. 2 TL Backpulver eine geriebene Zitronenschale 250 ml Pflanzenöl 500 ml Sojamilch oder Hafermilch eingemachte Aprikosen aus dem Glas Puderzucker Zubereitung: Alle Zutaten für den Teig in eine Schüssel geben und mit dem Hand- mixer verrühren und die Masse auf dem mit Backpapier ausgelegten Kuchenblech verteilen. Die abgetropften Aprikosen halbieren und je nach Geschmack vor dem Backen oder kurz vor Ende der Backzeit auf dem Kuchen breit verteilen. Den Kuchen bei 175 Grad Ober- und Unterhitze auf der mittle- ren Schiene etwa 40 Minuten backen. Dann gut abkühlen lassen. Puderzucker durch ein Sieb rund um das „Eigelb“ verteilen. Tipp: Nach dem Backen etwas Saft vom Abtropfen mit einem Teelöffel über das „Eigelb“ verteilen, damit dieses schön glänzt. Anstelle von Puderzucker kann man auch veganen Vanillepudding um die Aprikosenhälften verteilen. www.bahnhofscafe-buchholz.de 14 & ich du 1/2017
Kolumne as habe ich gelacht über einen Vorstoß des Tierschutzvertreter schnell einsehen, dass die Agrarindustrie ge- W Bundeslandwirtschaftsministers Schmidt, dass Bezeichnungen wie „vegane Wurst“ oder „vegetarisches Schnitzel“ die Verbrau- cher irreführen würden und daher verboten gehören. Die Reaktionen darauf, gerade auch in den sozialen Medien, waren wirklich zum Piepen: Mal wurde von dem ver- meintlichen Skandal berichtet, dass in Teewurst kein Tee ist, mal nauso weitermachen wollte wie bisher, eben nur mit einem neu- en umsatzfördernden Label. Mir wird nach all den Jahren im Tierschutz fast übel, wenn ich das Wort Tierwohl höre. Es hat so gar nichts mit dem zu tun, was man sich darunter vorstellt. Es klingt so wohlig und ange- nehm, und ist doch nur eine neue Irreführung bei der bestiali- schen Ausbeutung unserer Mitgeschöpfe. wurde gefragt, was denn zukünftig im Jägerschnitzel drin sein Ich bin aber auch keine Unterstützerin der verschiedenen La- muss, damit es so heißen darf … bels von Tierschutzorganisationen. Ich meine, es ist – wenn Wo ist der Herr und wo waren alle seine Vorgänger, wenn es überhaupt – die Aufgabe von Tierschutzorganisationen, auf ver- darum geht, uns vor wirklicher Verdummung zu bewahren? In bindliche staatliche Kennzeichnung tierlicher Lebensmittel zu der Werbung ist es heute noch ok, dass die Sennerin in einem drängen und auf die Festschreibung tatsächlicher gesetzlicher Käse-Fass verliebt-lächelnd rührt, während neben ihr frei lau- Verbesserungen zu pochen. Bei allem anderen wird man Teil der fende Kälbchen glücklich vor sich hin blöken oder so ähnlich. Verbrauchertäuschung. Ein Label macht noch keinen Tierschutz Ich gehöre zu einer Generation, der mit den Abermillionen Die Tierleid produzierende Industrie ist viel zu mächtig, viel D-Mark kostenden Werbekampagnen der CMA – einer aus zu groß, um sich tatsächlich vom Tierschutz kontrollieren zu las- Zwangsabgaben der Erzeuger finanzierten Marketingagentur – sen. Daran scheitern doch ununterbrochen alle staatlichen Stel- das Gehirn gewaschen wurde: „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft!“ len, auch die, die es gerne wollen. oder „Die Milch macht’s!“. Diese Slogans werde ich mein Leben Aber ein anderer Gedanke ist gänzlich ausschlaggebend, lang nicht vergessen; mit ihnen wurde für einen grenzenlosen nach all den Jahren der Beschäftigung auch mit der sogenann- Konsum tierlicher Lebensmittel geworben. ten „Nutztierhaltung“ bin ich mir sicher: Dieses System der Mas- Ganz besonders irreführend waren und sind Kennzeichnun- sentierhaltung und der Lebensvernichtungsmaschinerie ist gen: Da bekommen tierliche Produkte ein Qualitäts-Siegel „QS“, nicht reformierbar. Es ist so wenig reformierbar, wie es die Atom- weil sie gesetzliche Standards einhalten. „Ja, sach bloß!“, kom- kraft ist. Es muss abgeschafft werden. Ob wir dafür ein Fukushi- mentierte meine Großmutter immer, wenn ihr Selbstverständ- ma der industriellen Tierhaltung brauchen, wird sich zeigen. Mit lichkeiten als Besonderheit verkauft werden sollten. unseren globalisierten Märkten für Tierleid, den länderübergrei- So plump läuft das heute nicht mehr, aber eben auch nicht fenden Tiertodestransporten und immer neuen Grenzen des an- viel raffinierter. Jetzt wird ein Millionenetat an Steuermitteln für geblich Machbaren arbeiten wir schon kräftig daran. Schauen ein staatliches Siegel ausgegeben, um tierliche Produkte zu wir uns nur die Geflügelpest an. Aber das führt hier zu weit … kennzeichnen, die einen Hauch Verbesserung bedeuten. Ob die- Das System funktioniert nur weiter, wenn wir uns immer wie- ses Siegel wirklich weniger Folter für die Tiere bedeutet, dafür der irreführen lassen und wegschauen. wird es sicher wieder irre viele und unwichtige Forschungsauf- Viele Menschen befreien sich zum Teil oder gänzlich vom träge geben. Konsum tierlicher Produkte. Das ist wunderbar. Aber das reicht Jeder Mensch mit nur ein bisschen Verstand und Empathie nicht. Die aktuellen Schlachtzahlen zeigen, dass noch nie so vie- könnte bewerten, wie die Haltungsbedingungen für die Tiere le Tiere in Deutschland getötet wurden wie 2016. Wir exportie- sind, wenn er in einer entsprechenden Mastanlage stände. Nur ren den Tod – „Made in Germany“. Deshalb reicht es nicht, im stehen wir da eben nie. Privaten anders zu handeln. Wir müssen auch immer und über- Wir lassen uns lieber weiter irreführen. all klar und deutlich Position beziehen. Und dann wird dieses mit Millionen von Steuergeldern ge- Deutschland ist mit seiner Massentierhaltung und seinen pushte, staatliche Label auch noch ein freiwilliges sein! Nein, effizienten Schlachthöfen Vorbild für viele andere gewesen, wir man kann die Industrie doch nicht zwingen, die Tiere ein biss- exportieren nicht nur die Tierleichen, sondern auch unser Know- chen weniger zu quälen. Da müssen die schon selbst drauf kom- how im Foltern und Töten von Tieren. Deshalb brauchen wir ei- men … Wäre es nicht so traurig, könnte ich mich jetzt schon wie- nen Gegenentwurf. Genau WIR müssen beispielgebend dafür der ausschütteln vor Lachen! sein, dass es auch anders geht. Und es laut sagen, ohne Angst, Ich halte auch von den vielen „Tierschutz“siegeln nichts und uns lächerlich zu machen, ohne Angst, dafür ausgegrenzt zu wer- war hoch erfreut, als sich Ende 2016 nach und nach alle beteilig- den. Denn das ist alles nichts gegen das, was jede Stunde Aber- ten Tierschutzverbände aus der „Initiative Tierwohl“ verab- millionen Tiere in der Produktion erleiden. schiedet haben. Da sollte gemeinsam mit der Erzeugerindustrie Ach, der Herr, mit dem ich eingangs begonnen habe, hat neue Ihre Sandra Gulla, 1. Vorsitzende n eine gemeinsame Kennzeichnung für vermeintlich tierfreundli- Chefveterinäre eingestellt in seinem Ministerium – zur Export- cher hergestellte Produkte geschaffen werden. Nur mussten die förderung. & ich du 1/2017 15
Tierpaten gesucht! Patenschaften helfen unseren Sorgentieren Nicht alle unsere Tiere haben das Glück, schon nach kurzem Aufenthalt in der Süderstraße in ein neues gutes Zuhause vermittelt zu werden. Sie sind unsere Sorgentiere und haben wegen ihres hohen Alters, einer chronischer Krankheit oder anderer Gründe eine geringere Vermittlungschance. Mit einer Tierpatenschaft können Sie sich mit einem monatlichen Beitrag ab 20 Euro an den höheren Versorgungs- und Pflegekosten beteiligen. Hält sich das Tier im Vermittlungsbereich des Tierheims auf, können Sie es jederzeit zu den Öffnungszeiten besuchen. Ist es dagegen auf einer unserer speziellen Stationen untergebracht, müssen Besuche mit unseren Tierpflegern abgesprochen werden. Der direkte Kontakt ist über eine Patenschaft nicht möglich. Wer mit seinem Patenhund spazieren gehen oder die Patenkatze streicheln möchte, tut dies im Rahmen eines Ehrenamts. Da aber gerade chronisch kranke oder scheue Tiere auf Patenschaften angewiesen sind, ist auch im Ehrenamt der Kontakt zu einem Patentier nicht immer möglich. Weitere Fragen zu den Patenschaften beantworten wir Ihnen gerne: patenschaften@hamburger-tierschutzverein.de oder telefonisch: 040 211106-28. Den Antrag auf eine Patenschaft finden Sie in der Heftmitte. Sie haben auch die Möglichkeit, für die gesamte Arbeit des Tierheims eine Tierheim-Patenschaft für 10 Euro monatlich zu übernehmen. Ein würdiger Lebensabend für Pflegehunde wie Kyra Rasse: Deutsche Dogge Geschlecht: weiblich Schulterhöhe: 75 cm Gewicht: 45 kg Geburtsdatum: 18.12.2010 Im Tierheim seit: 05.01.2017 HTV-Nummer: 6_A_17 Tierheim fiel Kyra schwer. Anfangs wollte sie niemandem so recht vertrauen. Nach einer Weile schloss sie sich zwar Pflegern an, verteidigte diese dann aber. Hinzu kam, dass sie für unsere Zwinger viel zu groß ist, aber wegen ihres kurzen Fells im Win- ter nicht lange in die Ausläufe konnte. Außerdem verträgt sie sich nicht mit allen Hunden. In unseren Büros wurde sie zur Wächterin. Für Kyra musste also möglichst schnell eine Pflege- stelle her. Wie finden wir eine Pflegestelle? Manchmal darf ein Hund bei einem vertrauten Gassigeher mit nach Hause, wenn dieser den Hund schon eine Weile kennt und der Aufgabe gewachsen ist. Manchmal lebte ein Hund bereits während einer längeren Behandlung bei einer Tierpflegerin. Wenn sich dann heraus- Manche unserer Schützlinge haben sehr geringe Vermitt- stellt, dass die Erkrankung schwerwiegend ist, darf er dort blei- lungschancen. Diese „Sorgenfelle“ sind meist alt und einige ha- ben. Besonders in letzter Zeit suchten wir erfolgreich auch ganz ben neben den üblichen Altersgebrechen auch noch behand- gezielt nach Pflege- beziehungsweise Hospizstellen für einige lungsbedürftige Erkrankungen. Das schreckt viele Interessenten große Hunde, denen aufgrund von Alter und Krankheit die Zeit ab. Auch mit dem nahenden Tod setzt sich niemand gerne aus- davonrennt. einander. So warten gerade die Oldies häufig vergeblich auf ein Es ist wunderbar, dass auch Kyra so einen schönen Seni- eigenes Zuhause, wenngleich gerade für sie ein Tierheim nicht orenruhesitz bei lieben, hundeerfahrenen Menschen gefunden der ideale Ort ist. Für diese Schützlinge suchen wir Pflegestellen, hat. Sie erfährt nun wieder Ruhe und Geborgenheit und genießt die für das seelische und körperliche Wohl sorgen, während wir Bewegungsfreiheit in einem Haus mit Garten. Mit den Pflegeel- weiterhin die medizinische Behandlung übernehmen. tern, unserer medizinischen Versorgung und den Paten schul- Hündin Kyra ist nicht krank, aber sehr groß und für eine tern wir so gemeinsam die Verantwortung für unsere Pfleglinge Deutsche Dogge mit ihren sechs Jahren schon recht alt. Seit ih- und ermöglichen ihnen einen würdigen Lebensabend. Mit rer Geburt lebte sie bei ihrer Halterin, die sie nun aus gesund- Ihrer Patenschaft für Kyra oder eines unserer anderen „Sorgen- heitlichen Gründen nicht mehr betreuen kann. Das Leben im felle“ auf einer Pflegestelle können Sie einen Teil dazu beitragen! 16 & ich du 1/2017
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