Wärme aus dem Netz - K21 media
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7/8 2021 Energiepolitik | Klimaschutz | Rekommunalisierung 14 Euro | ISSN 2193-195X | ZKZ 24444 Wärme aus dem Netz Politik + Strategie Kommunaler Klimapionier: Nur durch den konsequenten Ausbau grüner Fernwärme kann Bruchsal hat einen Energie- Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. leitplan für das ganze Stadt- gebiet erarbeitet. Energie + Effizienz Windenergie: Hemmnisse abbauen und die Ausbau lücke mit konkreten Maß- nahmen schließen. IT + Technik Energie SaarLorLux öffnet mit einem neuen Serviceportal ei- nen weiteren digitalen Kanal zum Kunden. Praxis + Projekte Q-SWOP erarbeitet ein Planungstool für die Erstel- lung integrierter energetischer Quartierskonzepte. Spezial BDEW Kongress: In Berlin geht es auch um die Zu- kunftsthemen Wasserstoff und Elektromobilität. www.stadt-und-werk.de
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Liebe Leserinnen und Leser, der schlafende Riese Wärmewende muss aufgeweckt werden – das schreibt Christoph Zeis, Geschäfts- Kraft-Wärme-Kopplung und er- lokal erzeugte regenerative Ener- führer der Energiedienstleistungs- neuerbaren Energien. Laut einer gien sowie industrielle Abwärme gesellschaft Rheinhessen-Nahe, in Studie im Auftrag des Verbands (Seite 18). Die Stadtwerke Düssel- seinem Gastbeitrag für das AGFW kann der Anteil der Fern- dorf erproben die Nutzung von T itelt hema dieser Ausgabe von wärme auf etwa 30 Prozent und Wärme aus dezentralen Solarther- stadt+werk (Seite 22). Denn: Etwa der Anteil von erneuerbaren Ener- mieanlagen für das städtische 90 Prozent des Energiebedarfs in gien bei der Wärmeerzeugung auf Fernwärmenetz (Seite 20). Ein in- Gebäuden werden für die Raum- 45 Prozent erhöht werden. Dafür novatives Konzept für die Nahwär- heizung und Warmwasserberei- sind Investitionen in Höhe von meversorgung eines neuen Wohn- tung benötigt. Wenn Deutschland insgesamt 33 Milliarden Euro nötig gebiets der Stadt Schillingsfürst bereits im Jahr 2045 klimaneutral (Seite 14). hat das Nürnberger Unternehmen sein soll, muss also zwingend die N-ERGIE entwickelt. Auf Seite 24 Wärmeversorgung in den Blick In der Praxis ist die Wärmewende lesen Sie, welche Vorteile das so genommen werden. schon im Gang. Die Stadt Moos- genannte warme Netz bietet. burg beispielsweise setzt auf ein Der Schlüssel für die Wärmewende Wärmenetz 4.0 für eine klimaneu- Alexander Schaeff, Chefredakteur ist der Ausbau der Fernwärme aus trale Versorgung und nutzt dafür a.schaeff@k21media.de Virtuelle Sitzungen Sie möchten Prozesse optimieren, Ressourcen sparen und mehr Flexibilität genießen? Dann ist unser digitaler Sitzungsdienst SD.NET die richtige Lösung. Ob Mitzeichnungsverfahren von Vorlagen oder Umlaufbe- schlüsse und Freigaben: Mit dem Zusatzmodul Workflow Plus profitieren Sie von flexiblen Prozessen und binden Entscheidungs- träger in Ihre Workflows ein. Digital. Flexibel. Sicher. Mehr unter www.sitzungsdienst.net/zusatzmodule
stadt + werk | Inhalt 8 Politik + Strategie 14 Wärmeversorgung 26 Energie + Effizienz Politik + Strategie Energie + Effizienz 8 Bruchsal ist ein kommunaler Klimapionier 26 Die Ausbaulücke schließen Bei der Energie- und Wärmeplanung zieht die Flächenprobleme, Genehmigungs- und Um- Stadt an einem Strang setzungshemmnisse stehen der Windenergie an Land im Weg 10 Einfach mal machen Kerstin Busch, Sprecherin der Geschäfts 28 Alle Potenziale nutzen führung der Berliner Stadtwerke, im Porträt Biogasanlagen lassen sich auch in Zukunft rentabel betreiben 12 Den Kleinen eine Stimme geben Andrea von Haniel, Geschäftsführerin der 30 Das Rückgrat der Erzeugung E-Werke Haniel Haimhausen, und edna- Stefan Liesner von 2G Energy erläutert Geschäftsführer Rüdiger Winkler stellen die die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung beim Initiative evu+ vor Erreichen der Klimaziele Titelthema: Wärmeversorgung IT + Technik 14 Schlüssel zur Klimaneutralität 32 In Kontakt bleiben Studie über die Perspektiven grüner Das Serviceportal von Energie SaarLorLux Fernwärme kommt als zeitgemäßer Kommunikations kanal bei den Kunden gut an 18 Mehr Kapazität im Wärmenetz 4.0 Moosburg setzt ein innovatives Versorgungs- 34 Der Roll-out ist nicht in Gefahr konzept um Voltaris-Geschäftsführer Karsten Vortanz spricht über den Werdegang des intelligenten 20 Dezentrale Anlagen einbinden Messwesens Platz für Solarthermie in städtischen Fernwär- menetzen schaffen 22 Schlafender Riese Praxis + Projekte Effiziente Lösungen für Quartiere 36 Masterplan fürs Quartier 24 Baustein der Energiewende Im Projekt Q-SWOP entwickeln Partner aus Schillingsfürst stellt hohe Anforderungen an Praxis und Forschung Verfahren zur Strom- Neubauten Wärme-Optimierung 4 stadt + werk | 7/8 2021
stadt + werk | Inhalt 32 IT + Technik 36 Praxis + Projekte 40 Spezial 38 Energiebedarf aktiv steuern 44 Messe-News Eine Software unterstützt die Stadt Saarlouis Aussteller beim BDEW-Kongress beim Liegenschaftsmanagement Spezial: BDEW Kongress 40 Entwicklungschancen im Blick Live und virtuell befasst sich der BDEW Kon- Rubriken gress mit der aktuellen Energie- und Klima- politik 3 Editorial 6 Aktuelles 42 Den Energiewende-Turbo einlegen 46 Termine BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin 48 stadt+werk Branchenindex Andreae hat klare Forderungen an die neue 50 Vorschau, Inserentenverzeichnis, Bundesregierung Bildnachweise, Impressum ENERGIE ENTSTEHT EINFACH ... DURCH QUALIFIZIERTE WEBINARE ZU AKTUELLEN THEMEN DER ENERGIEWIRTSCHAFT www.cortility.de/webinare
stadt + werk | Aktuelles Stromerzeugung Erneuerbare im Abwind Im ersten Halbjahr 2021 haben er- und BDEW vor neuerbare Energien rund 43 Pro- allem das Wetter zent des Bruttoinlandstromver- verantwortlich. brauchs gedeckt. Im gleichen Insbesondere das Zeitraum des vergangenen Jahres erste Quartal lag der Anteil noch bei 50 Prozent. 2021 sei unge- Das zeigen vorläufige Berechnun- wöhnlich wind- gen des Zentrums für Sonnenener- still und arm an Erneuerbare Energien haben im ersten Halbjahr gie- und Wasserstoff-Forschung Sonnenstunden 43 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt. Baden-Württemberg (ZSW) und gewesen. Für des Bundesverbands der Energie- Kerstin Andreae, Vorsitzende der Stromerzeugung bis 2030 erforder- und Wasserwirtschaft (BDEW). BDEW-Hauptgeschäftsführung, ist lich.“ ZSW-Vorstand Frithjof Staiß Demnach ging die Erzeugung aus deshalb klar: „Um die ambitionier- kritisiert: „Unbeantwortet bleibt Windenergie an Land und auf See ten Klimaziele im Klimaschutzge- durch die Politik die Frage, durch um rund 20 Prozent zurück. Einen setz und European Green Deal zu welche Maßnahmen sichergestellt leichten Zuwachs von rund zwei erreichen, müssen wir das Aus- werden soll, wie der Photovoltaik- Prozent gegenüber dem Vorjahres- bautempo deutlich anziehen. Für Zubau gegenüber 2020 verdoppelt zeitraum verzeichnete die Strom das höhere CO2-Einsparziel ist ein und der Zubau bei der Windenergie erzeugung aus Photovoltaikanlagen. Anteil von mindestens 70 Prozent an Land sogar verdreifacht werden Für den Rückgang war laut ZSW erneuerbarer Energien an der soll.“ ■ Mainova Klimaschutzgesetz Wettbewerb für Kommunen Neues für die KWK-Branche Mainova unterstützt bereits mehrere Partner wie In der vorletzten Sitzung dieser Legislaturperiode hat Kommunen oder Unternehmen mit intelligenten Lö- der Bundestag ein Klimaschutz-Sofortprogramm ver- sungen dabei, die Weichen in Richtung Zukunft zu abschiedet und dabei eine Reihe energierechtlicher stellen. Von der gebündelten Kompetenz des Ener- Vorschriften beschlossen, darunter auch Änderungen giedienstleisters sollen jetzt weitere Städte und Ge- im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) und Er- meinden profitieren. Mainova hat dazu einen Smart- neuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die wichtigsten Be- City-Wettbewerb gestartet. Bis zum 15. August 2021 schlüsse für die KWK-Branche hat der Bundesverband können Kommunen aus der Metropolregion Frankfurt Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) zusammengefasst. Rhein-Main und Hessen daran teilnehmen. Der Ge- Die Übergangsfrist für bereits vor dem 31. Dezember winn: ein Smart-City-Starterpaket. Die Bewerbung ist 2020 beauftragte KWK-Anlagen im Leistungsbereich laut Mainova unkompliziert: Die Teilnehmenden rei- 500 Kilowatt bis ein Megawatt wird demnach vom chen online eine Projektidee ein, wie sie mittels digi- 31. Mai 2021 auf den 31. Dezember 2022 verlängert. Die taler Lösungen die Nachhaltigkeit und den Lebenswert im Juli 2020 verabschiedeten Förderbedingungen für in der Kommune weiter steigern möchten. Mainova- Anlagen bis 50 Kilowatt elektrisch (kWel) im Bereich Vorständin Diana Rauhut erklärt: „Wir möchten noch der Erneuerungs-/Modernisierungsförderung werden mehr Kommunen auf dem Weg in die digitale Zukunft rückwirkend zurückgenommen, sodass es beim Förder- unterstützen und freuen uns über eine rege Teilnah- satz vom KWKG 2017 mit acht beziehungsweise vier me am Wettbewerb.“ Eine Experten-Jury bewertet die Cent je Kilowattstunde bleibt. Im EEG entfällt die Be- Konzepte und wählt die beiden Siegerkommunen aus. schränkung auf 30.000 Vollbenutzungsstunden bei der Die offizielle Siegerehrung findet auf dem Kongress EEG-Umlagebefreiung für selbsterzeugten Strom aus „Digital Society/Smart City“ am 3. November 2021 in Anlagen bis 30 kW. Zudem wurde die Registrierungs- Frankfurt am Main statt. ■ pflicht bis Ende September verlängert. ■ 6 stadt + werk | 7/8 2021
stadt + werk | Aktuelles Esslingen Trianel Wasserstoff für Neue Weststadt Bestes Ergebnis der Geschichte Mit dem Start der Wasserstoffproduktion und der Inbe- 2020 war für Trianel ein überaus erfolgreiches Jahr. triebnahme der Energiezentrale wurde Ende Juni 2021 Mit einem Ergebnis vor Steuern in Höhe von elf Mil- das Klimaquartier Neue Weststadt in Esslingen eröffnet. lionen Euro hat Trianel eines der besten Jahresergeb- Auf einer Fläche von 100.000 Quadratmetern entsteht in nisse in der 21-jährigen Firmengeschichte erreicht, der baden-württembergischen Kommune ein innovati- teilt die Stadtwerke-Kooperation mit. Sven Becker, ves und nachhaltiges Stadtquartier mit rund 450 Woh- Sprecher der Geschäftsführung von Trianel, erklärt: nungen, Büro- und Gewerbeflächen und einem Neubau „Wesentlich für das gute Ergebnis sind die Erträge der Hochschule Esslingen. Zum ersten Mal wird hier die aus dem Kerngeschäft Handel und Beschaffung, in Produktion und Nutzung von grünem Wasserstoff auf dem unsere Ergebniserwartungen deutlich übertrof- Quartiersebene realisiert. Technisches Herzstück des fen wurden, sowie aus der Projektentwicklung.“ Nicht Quartiers ist eine unterirdische Energiezentrale, in der zuletzt profitiere die Stadtwerke-Kooperation von ih- mit überschüssigem Solarstrom der Photovoltaikanlagen rer Fokussierung auf ihre Kernkompetenzen und von auf den Dächern mittels Elektrolyse grüner Wasserstoff effizienten Kosten- und Organisationsstrukturen. Die erzeugt wird. Der Wasserstoff lässt sich über ein Block- wirtschaftlichen Ziele seien 2020 um 7,9 Millionen Euro heizkraftwerk rückverstromen, zur Langzeitspeicherung übererfüllt worden und der Umsatz um 37 Prozent ins Erdgasnetz einspeisen oder zur Versorgung von regi- auf 3,1 Milliarden Euro gestiegen. Das gute Ergebnis onalen Industrie- und Mobilitätsunternehmen verwen- von Trianel ermögliche eine Gewinnausschüttung an den. Die Umsetzung des Energiekonzepts wurde von die 57 Trianel Gesellschafter von insgesamt 4,7 Mil- TÜV SÜD sicherheitstechnisch begleitet. ■ lionen Euro. ■ Die Einfach-Macher Wir sind das P in Ihrer Performance! Unsere aktuelle Lösung für die Energiebranche: Vergaben digital, revisionssicher und effizient managen – mit ausschreiben24.com Testen Sie jetzt kostenlos die digitale Ausschreibungslösung. RFI, RFQ oder eAuctions – utility.prego-services.de/ agil, günstig und sicher aus der Cloud! ausschreiben24 http://utility.prego-services.de
Politik + Strategie | Energieleitplanung Bruchsal ist ein Klimapionier Die baden-württembergische Stadt Bruchsal hat einen Energieleitplan Handlungsansätze und priorisierte für das gesamte Stadtgebiet erarbeitet. Gemeinderat, Stadtverwaltung Maßnahmen abgeleitet, die es um- und Stadtwerke ziehen dabei mit den Bürgern an einem Strang. Unter- zusetzen gilt. „Wärme aus erneuer- stützung kommt auch von der Landesenergieagentur. baren Energien kann nur regional erzeugt werden, weshalb der Ein- Bruchsal ist einer der Vorreiter beim Angriff nehmen, sondern gleich ein fluss von Kommunen hier beson- Thema Energieleitplanung. Die umfassendes Planungsinstrument ders groß ist“, erläutert Korin. „Ein baden-württembergische Stadt ist für alle relevanten Energiethemen wichtiger Baustein sind Wärme auf dem besten Weg, die von der und in größerem Maßstab denken“, netze, die über zentrale Erzeugungs- Politik gesteckten Klimaziele zu sagt Korin. Denn die Verabschie- anlagen besonders effizient und erreichen. Unterstützung kommt dung von Klimaschutzzielen sei wirtschaftlich arbeiten. Bei klima dabei von der Klimaschutz- und stets nur der Anfang. Danach gelte neutraler Wärmeversorgung ist es Energieagentur des Landes (KEA- es, den Weg zu definieren, kommu- essenziell, das Thema Strom mitzu- BW). „Angefangen hat alles mit dem nale Handlungsspielräume zu er- denken. Aus diesen Überlegungen Maßnahmenprogramm zum Euro- kennen, zu gestalten und systema- heraus war es für uns wichtig, ein pean Energy Award (eea) vor drei tisch zu beschreiten. umfassendes Konzept zu erarbeiten, Jahren“, erinnert sich Renate Korin das auch die Wechselwirkungen von der Umweltstelle der Stadt Die Stadt Bruchsal entschied sich und möglichen Symbiosen zwischen Bruchsal. Gemeinsam mit einer deshalb, das Thema ganzheitlich den Sektoren berücksichtigt.“ Kollegin ist sie für die Umsetzung anzupacken: Auf Basis eines Fach- des erarbeiteten Energieleitplans gutachtens erarbeitete sie einen Alle am runden Tisch verantwortlich. Als europaweiter Energieleitplan für das gesamte Qualitätsmanagement-Prozess zer- Stadtgebiet. Dieser betrachtet die Bruchsals Oberbürgermeisterin tifiziert der eea die Nachhaltigkeit energierelevanten Sektoren Strom, Cornelia Petzold-Schick (parteilos) der Energie- und Klimaschutzpoli- Wärme und Verkehr und zeigt Po- unterstützte von Anfang an die Idee tik von Kommunen. „Wir wollten tenziale für erneuerbare Energien des Energieleitplans und legte Wert nicht nur einzelne Maßnahmen in auf. Daraus wurden umfangreiche darauf, dass alle relevanten Akteu- 8 stadt + werk | 7/8 2021
Politik + Strategie | Energieleitplanung zu den zahlreichen Fördermöglich- keiten, welche Kommunen von Bund und Land in Anspruch neh- men können und beantworten Kosten- sowie Finanzierungsfragen. Der Bruchsaler Energieleitplan ist ein vorbildliches Beispiel dafür, wie die individuelle Situation vor Ort berücksichtigt und ein effizienter Weg zur klimaneutralen Wärme- versorgung gestaltet werden kann. Bei der Energie- und Wärmeplanung ist Bruchsal vielen Kommunen voraus. Zudem gibt er der Kommune Pla- nungssicherheit für die kommen- re eingebunden wurden. Gemeinde Wenn wir wirklich etwas bewegen den Jahrzehnte. rat, Stadtverwaltung und Stadtwer- wollen, müssen wir noch größer ke ziehen heute gemeinsam mit denken. So haben wir aktiv die Für die Zukunft geplant Bürgerinnen und Bürgern an einem Zusammenarbeit mit anderen Strang. Bei Renate Korin und einer Stadtwerken, Energieanbietern und Die nicht nur in Bruchsal gesam- Kollegin laufen die Fäden zusam- -agenturen gesucht, um Erfahrun- melten Erfahrungswerte sind in den men. Gemeinsam behalten sie alle gen austauschen zu können“, sagt Handlungsleitfaden Kommunale Aspekte im Blick, koordinieren die Baumgärtner Wärmeplanung eingeflossen, den Maßnahmen und stehen den Betei- das Ministerium für Umwelt, Klima ligten als Ansprechpartnerinnen Eine wichtige Erkenntnis ist, dass und Energiewirtschaft des Landes zur Verfügung. „Zu zweit ist das etwa die Hälfte aller CO2-Emissio- Baden-Württemberg herausgege- ideal. Wir stimmen uns auf kurzen nen einer Kommune im Wärmesek- ben hat. In vier praktischen Schrit- Wegen ab und fungieren jeweils als tor entstehen. Neben einer nach- ten erläutert der Leitfaden praxis- Sparringspartnerin für die andere“, haltigen Mobilität ist darum der nah, methodenbezogen und maß- so Korin. Bereich Wärme ein zentrales The- nahmenorientiert, wie Kommunen ma im ganzheitlichen Bruchsaler hier aktiv werden können und Auch Armin Baumgärtner, Ge- Energieleitplan. Mit ihrem Kompe- sollten. schäftsführer der Stadtwerke tenzzentrum Wärmewende berät Bruchsal, betont ausdrücklich die und begleitet die KEA-BW Kommu- In puncto Energie- und Wärmepla- notwendige Vernetzung und Bün- nen wie Bruchsal und erleichtert so nung ist Bruchsal heute vielen delung der Kräfte. Als wichtiger den ersten Schritt in die Wärmepla- Kommunen voraus. Dennoch beto- Partner vor Ort waren die Stadt- nung. Die Expertinnen und Exper- nen sowohl Armin Baumgärtner als werke von Anfang an erheblich an ten für Wärmenetze, Objektversor- auch Renate Korin, dass dies erst der Entwicklung von Aufgaben, der gung und Energiedienstleistungen der Anfang ist. „Wir haben gerade Maßnahmenformulierung und Pla- der KEA-BW unterstützen bei der den ersten Schritt hin zur Wärme- nung beteiligt. „Vernetzung und Planung und Umsetzung von Maß- wende gemacht. Wie groß uns offene Gespräche sind essenziell. nahmenpaketen. Zudem beraten sie dieser auch erscheinen mag, es werden viele weitere folgen müs- sen“, sagt der Stadtwerke-Ge- schäftsführer. „Wir legen heute den Der Autor: Dr. Max Peters Grundstein für unsere Zukunft in Dr. Max Peters ist Leiter des Kompetenzzentrums 20 oder 30 Jahren. Unser Augen- Wärmewende der KEA Klimaschutz- und Energie merk darf darum nicht nur darauf agentur Baden-Württemberg (KEA-BW). Er berät mit liegen, was wir unmittelbar umset- seinem Team Städte, Gemeinden und Kreise rund um zen, sondern vor allem darauf, das Thema kommunale Energie- und Wärmeplanung. welche Welt wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen wollen.“ ■ stadt + werk | 7/8 2021 9
Politik + Strategie | Porträt Einfach mal machen Learning by Doing – nach diesem Motto gestaltete Dr. Kerstin Busch eine facettenreiche Karriere. Erfahrungen sammelte die Sprecherin der Ge- schäftsführung der Berliner Stadtwerke als Ingenieurin in der Wirtschaft, bei Beratungsunternehmen und im Bankwesen. Kerstin Busch, seit Oktober 2018 tet schwierig werden kann, merkte Sprecherin der Geschäftsführung sie beispielsweise, als sie Mitte der der Berliner Stadtwerke, blickt auf 1990er-Jahre an einem Projekt in eine vielseitige berufliche Laufbahn Georgien teilnahm. „Es ging darum, zurück. Die gelernte Ingenieurin ein Kraftwerk zu rehabilitieren und für Verfahrenstechnik fühlt sich in bei einer ersten Schnittstellendis- mehreren Bereichen zu Hause. kussion wollten mich die Mitarbei- Schon zu Beginn ihres Studiums an ter des lokalen Auftraggebers nicht Dr. Kerstin Busch der TU Berlin im Fachgebiet Um- teilnehmen lassen, weil ich eine welttechnik zur Diplomingenieurin Frau bin“, erinnert sich Busch. „Da Deutschen Kreditbank an. Dort war setzte sie sich parallel in die Vorle- musste tatsächlich der Vorarbeiter sie als Banking Engineer beispiels- sungen der Tiermedizin. Letztend- eine Standpauke auf Russisch hal- weise für die Risikobewertung im lich entschied sie sich aber doch für ten, danach ging es.“ Bereich regenerativer Energien die Technik – und später zusätzlich zuständig. Zugute kam ihr das In- für die Wirtschaft. Tagsüber Arbeit, abends Uni genieurstudium, aus diesem wusste sie beispielsweise bereits über Bio- Nach der Schule ging es für Kerstin Nach Ende ihres technischen Stu- gas Bescheid – immerhin hatte sich Busch erst einmal ins Ausland, ein diums begann Busch 1998 berufs- ihre Promotion ausführlich mit Jahr nach England und drei Mona- begleitend Wirtschaft zu studieren. Klärwerken sowie dem Nachweis te nach Israel. „Als ich zurückkam, Während sie tagsüber an ihrer hormoneller Stoffe im Trinkwasser habe ich 1985/86 den Studiengang Promotion als Verfahrenstechnike- beschäftigt. „Mein Motto ist bis Umwelttechnik entdeckt, der zu der rin über hormonelle Stoffe im heute: Learning by Doing!“, erklärt Zeit ganz neu war“, erzählt sie. Wasser schrieb, ging es abends Busch. „Natürlich war ich bank- „Damals war das noch mehr als zurück in den Hörsaal. „Ich würde technisch sozusagen Quereinstei- heute eine Branche mit wesentlich so eine Doppelbelastung nicht un- gerin, aber mein wissenschaftlicher höherem Männer- als Frauenanteil. bedingt empfehlen“, sagt die heuti- Hintergrund unterstützte mich in Da hat sich in den vergangenen 20 ge Stadtwerke-Chefin. „Wobei es meiner Tätigkeit.“ Jahren schon viel verändert.“ Den- schon von Vorteil ist, Ingenieurwe- noch habe sie im Laufe ihrer Karri- sen mit Wirtschaft zu kombinieren. Beratung der Bundesregierung ere und ihres Studiums oft den Außerdem war ich damals jung, Druck verspürt, starke Leistungen hatte also genügend Energiereser- Ihr Fachwissen kam ihr auch bei bringen zu müssen. ven – und ich war einfach sehr der Arbeit für das Beratungsunter- motiviert.“ nehmen PriceWaterhouseCoopers „Ich war immer besonders gut auf (PwC) zugute. Dort beriet sie im Meetings vorbereitet, habe mich Auch vor der Rolle als Quereinstei- Bereich Erneuerbare Energien bei- extra mit allen wichtigen Fakten gerin im Bankwesen schreckte sie spielsweise den interministeriellen vertraut gemacht“, erinnert sich nicht zurück. So nahm die inzwi- Ausschuss der Bundesregierung. Busch. Dass sie sich stets in män- schen promovierte Ingenieurin und „So konnte ich damals etwas ma- nerdominierten Branchen bewegt Wirtschaftswissenschaftlerin im chen, was mich wirklich sehr ange- hat, habe sie aber nie gestört: „Ich Jahr 2000, pünktlich als das erste sprochen hat: Etwas erledigen, das mache einfach das, was ich mache.“ Erneuerbare-Energien-Gesetz einen Einfluss hat und beispielswei- Dass es als Frau mitunter unerwar- (EEG) herauskam, einen Job bei der se dabei helfen, eine Photovoltaik- 10 stadt + werk | 7/8 2021
Politik + Strategie | Porträt Fabrik auf eine Baufläche in Spani- Das Land Berlin zu beliefern sei damit 25 Prozent des Strombedarfs en zu setzen – das war schon toll“, ebenso eine interessante Heraus- abzudecken. Aktuell sind nur circa blickt Busch zurück. forderung wie der dringend not- 110 Megawatt generiert. „Um das wendige solare Zubau auf den gesteckte Ziel zu erreichen, müssen Doch dann kam die Wirtschaftskri- Berliner Dächern. Künftig wird wir mit vielen Partnern und auch mit se und wirkte sich auf die Errich- außerdem der Ausbau der Lade- Konkurrenten zusammenarbeiten“, tung und Subventionierung von Infrastruktur für Elektrofahrzeuge meint Busch. Erneuerbare-Energien-Anlagen aus. von den Stadtwerken gemanagt. „Es ging erstmal bergab mit den Wichtigste Partner der Stadtwerke Früh Begeisterung wecken Photovoltaik-Herstellern“, berichtet sind die Vertreter des Landes, ob Busch. Also kam sie 2008 zurück aus den Bezirken, der zentralen Obwohl sich in der Vergangenheit nach Berlin. Und auch beim neuer- Immobilienverwaltung oder den viel verändert hat, nimmt Kerstin lichen Umbruch kam ihr ihre viel- landeseigenen Unternehmen. „Das Busch als Geschäftsführerin eines seitige Ausbildung zugute. So war am Anfang ein mühseliger und Stadtwerks auch heute noch eine übernahm sie im Jahr 2008 zunächst langwieriger Prozess“, erinnert sich Sonderrolle ein. „Die deutschen die Rolle als Team-Leiterin bei die Stadtwerke-Chefin. „Wir muss- Stadtwerke sind zumindest in der Ecofys, einem Beratungs- Führungsebene immer unternehmen im Bereich noch männerdominiert“, Erneuerbare Energien. Vier sagt sie. „Ansonsten gilt Jahre später ereilte sie ein das mittlerweile nicht neues Angebot: Der Job als mehr. Was die Bereiche Abteilungsleiterin beim Politik, Wirtschaft und Mannheimer Unternehmen auch das Ingenieurwesen MVV Energie. „Die MVV angeht, sehen wir ein im- gab mir Einsicht in die Inbetriebnahme der Solaranlage auf der Hochschule mer ausgeglicheneres Abläufe eines sehr großen, für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Verhältnis zwischen Män- etablierten Stadtwerks. Im nern und Frauen.“ Aktio- Grunde eine ideale Vorbereitung ten erst mal Aufbauarbeit leisten; nen wie der Girls Day, an dem die auf meine heutige Stelle“, sagt unsere Kernkompetenzen und da- Berliner Stadtwerke teilnehmen, Busch. zugehörige Modelle entwickeln und hält sie deshalb für wichtig, um das ganze wirtschaftlich darstellen. schon früh Begeisterung für Tech- Lokal etwas bewirken Da in der Vergangenheit viel Per- nik zu wecken. sonal auf behördlicher Ebene ein- Als die MVV umstrukturiert wurde, gespart wurde, war es oft nicht Ihr Job heute vereint die drei Di- kündigte sich für Busch der Wech- möglich, mit einem klaren Ja auf mensionen Politik, Wirtschaft und sel zu den Berliner Stadtwerken an. unsere Modelle zu antworten. Aber Technik – genau darauf ist Busch Ein großer Anreiz war dabei die nachdem das Thema Klimawandel mit ihrer vielseitigen Karriere gut Lokalität. „Ich wollte gerne für immer drängender wird und auch vorbereitet. Als Ausgleich zur Ar- Berlin arbeiten“, sagt sie. „Schließ- in einigen Berliner Bezirken der beit dienen ihr Hobbys: „Vor allem lich bin ich seit 30 Jahren Berlinerin Klimanotstand ausgerufen wurde, beim Tennis spielen und Radfahren und wollte natürlich auch meine ist klar, dass alle gemeinsam mehr kann ich gut abschalten. Deswegen eigene Energie gerne da investie- tun wollen und müssen.“ fahre ich beispielsweise auch mor- ren, wo ich wohne.“ Zudem habe sie gens immer mit dem Rad zur Ar- an der Stelle interessiert, dass die Dabei betont Busch, dass die Berliner beit.“ Auf die Frage, ob sie rückbli- Berliner Stadtwerke 2018 noch in Stadtwerke nur ein Player unter ckend vielleicht doch gerne Tier- den Startlöchern standen. „Etwas vielen in diesem Bereich sind. „Al- ärztin geworden wäre, sagt Busch aufzubauen und Teil eines jungen lerdings beim solaren Ausbau in lachend: „Da denke ich nie dran. Stadtwerks zu sein, hat natürlich Berlin seit Jahren der mit Abstand Das wäre mir bestimmt viel zu seine Vorzüge gegenüber der Arbeit Größte“, so die Geschäftsführerin. langweilig.“ für ein alteingesessenes Unterneh- Ziel des Senats ist es, 4,4 Gigawatt men“, so Busch. auf den Dächern zu installieren, um Corinna Heinicke stadt + werk | 7/8 2021 11
Politik + Strategie | Interview Den Kleinen eine Stimme geben Die Initiative evu+ – Energiewende von unten hat der edna Bundesver- speisern ab 100 Kilowatt (kW) band gegründet. Über die Ziele sprach stadt+werk mit Gründungsmitglied müssen ganz neue Pflichten über- Andrea von Haniel, Geschäftsführerin der E-Werke Haniel Haimhausen, nommen werden: Datenlieferungen sowie edna-Geschäftsführer Rüdiger Winkler. zu Stammdaten und Flexibilitätsop tionen, es müssen Prognosen und Frau von Haniel, Herr Winkler, Ver- chen im Getriebe. Auch wie die Fahrpläne sowie Netzzustandsana- sorgungsunternehmen sind traditio- Arbeitsgruppen im BDEW bisher lysen erstellt werden und, und, und. nell in Verbänden wie dem BDEW organisiert waren – mit Präsenz- Das ist unglaublich viel Arbeit im oder dem VKU beheimatet. Wofür veranstaltungen in Berlin –, kann operativen Betrieb. Es ist aber auch steht in diesem Zusammenhang die sich ein kleines Unternehmen meist viel an monetärem Einsatz zu stem- Initiative evu+ – Energiewende von nicht leisten. Aufgrund der Corona- men, weil man beispielsweise erst unten, welche im April dieses Jahres Pandemie läuft die Arbeit nun zwar einmal die geeignete IT-Umgebung unter dem Dach des edna Bundesver- zum großen Teil online ab, der schaffen muss. bands gegründet wurde? Aufwand bleibt dennoch sehr groß. evu+ steht für „Energiewende von Rüdiger Winkler: Die Frage ist, ob Winkler: Nimmt man beispielswei- unten“: Was bedeutet das für Sie? sich die kleinen Unternehmen im se die Projektgruppe edi@Energy, BDEW oder VKU wirklich zu Hau- die praktisch das Kerngeschäft des von Haniel: Das bedeutet genau das, se fühlen. Denn mit ihren sehr edna abdeckt, dann sind es fast was ich täglich erlebe: Dass wir als spezifischen Anliegen sind sie dort Profis, die von den großen Unter- Verteilnetzbetreiber die meisten unterrepräsentiert. Genau da setzen nehmen für die Verbandsarbeit Anlagen für erneuerbare Energien wir an: Wir wollen eine Gemein- abgestellt werden. Da kann ein bei uns im Netz anschließen. Mit schaft bilden, die unbeeinflusst ist kleines Gemeindewerk oder ein der Dezentralisierung und der von den Interessen der großen privates E-Werk nicht mithalten. Energiewende wird das zunehmend mehr und das müssen wir technisch Was stellt die kleineren EVU vor die beherrschen. Hinzu kommt der „Wir wollen unbeeinflusst größten Herausforderungen? Wunsch der Bürger, die Energie- sein von den Interessen der wende mitzugestalten. Sie benöti- großen Konzerne.“ von Haniel: Das sind vor allem die gen jedoch Profis, um das richtig zu zunehmende Komplexität und Bü- organisieren, damit das ganze rokratisierung des Geschäfts. Wenn System nicht irgendwann kolla- Konzerne, die ja die Regulierung in ich sehe, mit wie vielen Statistiken, biert. Die Photovoltaikunterneh- Deutschland mit orchestrieren. Das Monitoring-Fragebögen oder Mel- men verkaufen die Anlagen, berei- Anliegen der Initiative evu+ lautet dungen wir überhäuft werden, ist ten die Kunden aber nicht darauf deshalb, ganz spezifische Lösungen das inzwischen ein Riesenaufwand. vor, was damit einhergeht. Sie und Regelungen für die kleinen und Hinzu kommt der energiewirt- müssen plötzlich eine Steuererklä- mittleren Energieversorger zu er- schaftliche Rahmen: Rüdiger, du rung machen, sich im Marktstamm- reichen. weißt besser, wie viele Paragrafen datenregister und beim Netzbetrei- das EEG 2021 hat. Und das ist ja nur ber anmelden, müssen Daten lie- Andrea von Haniel: Wir als Unter- eines von vielen Gesetzen, Regelun- fern und vieles mehr. Viele fallen nehmen sind lediglich im VBEW gen und Richtlinien, die wir umset- dann aus allen Wolken und rufen organisiert und über diesen dann zen müssen. bei uns an, weil sie ihre Anlage auch im BDEW. Beide Verbände morgen in Betrieb nehmen wollen. bemühen sich, auch den kleinen Winkler: Für dieses Jahr kommt mit Oft haben sie aber noch nicht ein- Unternehmen eine Stimme zu ge- dem Redispatch 2.0 eine Riesenhe- mal angefragt, ob am Einspeise- ben, etwa über den KMU-Beauf- rausforderung auf die kleinen Un- punkt das Einspeisen überhaupt tragten. Aber das ist nur ein Räd- ternehmen zu. In Netzen mit Ein- möglich ist. 12 stadt + werk | 7/8 2021
Politik + Strategie | Interview Winkler: Beim Stichwort Energie- eingespeist wird. Die Netze müssen Wie sehen Sie die künftige Rolle der wende von unten ist für mich der nicht mehr im Blindflug betrieben kleinen und mittleren EVU? Begriff „Verantwortung überneh- werden, weil es jetzt die entspre- men“ zentral, gerade für die Kun- chenden Sensoren und Aktoren im von Haniel: Wir werden auch die den in ihrer Rolle als Prosumer. Es Energiebereich gibt, die miteinan- heutigen Herausforderungen bra- ist nicht zu bestreiten, dass sich die der verbunden ein komplettes Bild vourös meistern, wie es seinerzeit Energiewirtschaft in rasendem ergeben. Aus Vertriebssicht lassen schon bei der Liberalisierung der Tempo wandelt: Weg vom hierar- sich mit diesen Daten ganz neue Energiewirtschaft der Fall war. Weil chischen System, wo Übertra- Geschäftsmodelle entwickeln. wir noch die gesamte Wertschöp- gungsnetzbetreiber und Konzerne fung beherrschen. Wir kennen Er- die knapp 900 Verteilnetzbetreiber von Haniel: Digitalisierung ist ein versorgt haben. Heute gibt es zwei wichtiger Baustein, darf aber nicht Millionen PV-Anlagen in privater um ihrer selbst willen betrieben „Digitalisierung darf nicht per Hand und die befinden sich in der und per Gesetz verordnet werden. Gesetz verordnet werden.“ Niederspannung. Schon im August Der Kunde sollte immer noch im 2019 stammten 30 Prozent der Vordergrund stehen. Wir brauchen Stromversorgung für ganz die Digitalisierung, sie erleichtert zeugung, Netz und Vertrieb. Wir Deutschland aus dem Niederspan- die Arbeit und kann helfen, Kosten wissen um die Schnittstellen und nungsbereich. Hier liegt die Verant- zu sparen, aber sie muss mit Ver- die Problematiken. Und wir kennen wortung bei den Verteilnetzbetrei- stand und Herz eingesetzt werden. den Kunden besser als die Großen. bern, wo die Kommunikation mit Auch deswegen ist eine Initiative Zudem sind wir schneller und agiler dem Kunden plötzlich in Form ei- evu+ unter dem edna-Dach sinn- am Markt, und wenn uns die Politik nes Marktteilnehmers stattfindet. voll. nicht kaputt reguliert, werden wir Das stellt auch eine Demokratisie- eine tragende Säule der Energie- rung der Energiewende dar – die Winkler: Ein gutes Beispiel ist das wende sein. Bürger haben Teil an der Existenz- „Steuerbare Verbrauchseinrichtun- vorsorge. gen Gesetz“, das Bundeswirtschafts- Winkler: Diese Flexibilität hat dafür minister Peter Altmaier gerade gesorgt, dass heute immer noch fast Welche Rolle spielt in diesem Zusam- wieder einkassiert hat. Der richtige alle kleinen und mittleren EVU am menhang die Digitalisierung? Grundgedanke war, dass in den Markt sind. Sich flexibel auf neue Bezug von Energie beim Kunden Anforderungen und Kundenbedürf- Winkler: Digitalisierung ist nicht regulierend eingegriffen wird, um nisse einzustellen, wird in Zukunft alles, ohne sie ist die Energiewende das Netz zu stabilisieren: Er darf immer wichtiger werden. Das kön- aber nicht möglich. Das beginnt zum Beispiel bei drohenden Eng- nen die Kleinen leisten, und deswe- beim Kunden, bei dem ein intelli- pässen nicht jederzeit mit voller gen werden sie überleben. Dass die gentes Messsystem eingebaut wird, Leistung sein Elektroauto laden. Rahmenbedingungen stimmen, sodass nun nicht nur bekannt ist, Warum verfolgt man das nicht dafür werden wir in der Initiative was verbraucht wird, sondern auch, konsequent weiter, hilft dies doch evu+ sorgen. wie hoch der Verbrauch zu wel- den Netzbetreibern der unteren chem Zeitpunkt ist und wieviel Netzebenen? Interview: Uwe Pagel Im Interview: Andrea von Haniel und Rüdiger Winkler Andrea von Haniel ist Geschäftsführerin der E-Werke Haniel Haimhausen OHG und Gründungsmitglied der Initiative evu+. Rüdiger Winkler ist Geschäftsführer des edna Bundesverbands Energiemarkt & Kommunikation e.V. stadt + werk | 7/8 2021 13
Titelthema | Wärmeversorgung Schlüssel zur Klimaneutralität Das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein, kann Deutschland unter anderem sowie des Hamburg Instituts im durch den konsequenten Ausbau grüner Fernwärme erreichen. Eine Stu- Auftrag des Energieeffizienzver- die des Energieeffizienzverbands AGFW zeigt, welche Rahmenbedingun- bands AGFW. Eine besondere Be- gen und Förderkulissen hierfür geschaffen werden müssten. deutung für das Erreichen der Kli- maziele kommt dem Gebäudesektor Seit mehr als einem Jahr ist die signifikant senken, um die Klima- zu. Hier wurden in den vergange- Welt, wie wir sie kennen, aus den ziele der EU und die selbst gesetz- nen Jahren hohe Investitionen in Fugen geraten. Die Corona-Pande- ten Ziele der Bundesregierung zu die energetische Sanierung der mie hat die gesamte deutsche Wirt- erreichen. Diese wurden nun noch Gebäudehülle getätigt, was jedoch schaft und mit ihr die Stadtwerke einmal verschärft, sodass Deutsch- verhältnismäßig wenig Effekt ge- und Energieversorger vor große land bereits im Jahr 2045 klimaneu- zeigt hat. So ist schon heute abseh- Herausforderungen gestellt. Umso tral sein soll. Um den ambitionier- bar, dass selbst bei einer Verdopp- bemerkenswerter ist es, wie gut die ten Kurs einhalten zu können, sind lung der derzeitigen Sanierungsra- Branche bislang mit den Härten deutliche politische Weichenstel- te wesentlich mehr getan werden und Anstrengungen zurechtgekom- lungen und verbesserte Förderkon- muss, um die gewünschten Ener- men ist. Vor diesem Hintergrund ditionen nötig. Ein wichtiges gie- und Treibhausgaseinsparungen erscheint die bis dato größte He Schlüsselelement bildet der konse- zu erreichen. Die Abkehr von Öl- rausforderung für uns als Gesell- quente Ausbau der Fernwärme aus heizungen hat zwar begonnen, schaft – der Klimawandel und die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und muss aber weiter forciert werden, dadurch nötigen CO2-Einsparungen erneuerbaren Energien. soll die Wärmewende erfolgreich – weit entfernt. sein. Wie optimale Rahmenbedingungen Das ist jedoch ein gedanklicher für die Fernwärme aussehen kön- Die CO2-Abgabe allein wird hier als Luxus, den wir uns nicht erlauben nen, beleuchtet eine kürzlich er- Hebel nicht ausreichen. Eine deut- können. Deutschland muss seine schienene Studie des Analyse- und lich größere Wirkungskraft im Treibhausgasemissionen weiter Beratungsunternehmens Prognos Vergleich zum schrittweisen Aus- 14 stadt + werk | 7/8 2021
Titelthema | Wärmeversorgung tausch von Einzelheizungen besitzt wendig, da die Wärmegestehungs- das Programm mit einer geeigneten die Fernwärme: Wird sie auf erneu- kosten für Wärme aus erneuerba- Laufzeit (bis mindestens 2030) und erbare Energien umgestellt, kann ren Energien derzeit noch höher den notwendigen Mitteln auszustat- gleich ein ganzes Wärmenetz mit ausfallen als die für Wärme aus ten; Entschlossenheit, das Richtige zahlreichen Wohngebäuden kli- fossilen Brennstoffen. in angemessener Höhe zu fördern. maneutral mit Wärme und Warm- Im Vorfeld der Bundestagswahl im wasser versorgt werden. Effizient fördern September dieses Jahres fordert der AGFW daher unter anderem, das Durch einen ambitionierten Ausbau Die Versorger investieren schon Programm-Budget des BEW auf und eine Verdichtung der Wärme- heute Milliarden an Euro. Nicht nur eine Milliarde Euro pro Jahr bis netze lässt sich der Anteil der Fern- in den Kohleausstieg, sondern auch 2030 zu erhöhen und die projektbe- wärme langfristig auf etwa 30 in die Erschließung von zusätzli- zogenen Höchstgrenzen auf 100 Prozent des Wärmebedarfs der chen klimaneutralen Wärmequel- Millionen Euro anzuheben. Wichtig Gebäude steigern, so ein Ergebnis len, wie Umweltwärme, Solar- und ist zudem, weitere Fördertatbestän- der Studie. Gleichzeitig könne bei Geothermie, Abwärme, Wärme aus de aufzunehmen oder stärker zu idealen Rahmenbedingungen der Abfall oder Power to Heat. Die betonen. Dazu gehören beispiels- Anteil von erneuerbaren Energien bestehende Förderlandschaft trägt weise angemessene Förderkonditi- und Abwärme in der Fernwärme diesen Bestrebungen bislang aber onen für die Errichtung und den bis zum Jahr 2030 auf 45 Prozent nur zum Teil Rechnung und kon- Betrieb von Anlagen, welche Bio- gesteigert werden. Nötig sind hier- zentriert sich mehr auf kleine Lö- masse oder erneuerbare Gase nut- für laut der Studie Investitionen in sungen im Bereich von Neubauten, zen. Zudem muss für langfristige Höhe von insgesamt 33 Milliarden mit kurzen Laufzeiten und eher Investitionsprojekte wie etwa Tie- Euro – pro Jahr also im Schnitt 3,3 geringen Förderbudgets. Das wird fengeothermievorhaben Planungs- Milliarden Euro. Mit 16 Milliarden den Erfordernissen einer tatsächli- sicherheit hergestellt werden. Euro entfällt etwa die Hälfte dieser chen Wärmewende nicht gerecht. Summe auf den Ausbau bezie- Es bedarf daher dringend anderer Abwärme vollumfänglich nutzen hungsweise die Erweiterung von Instrumente und Ansätze, um Wärmenetzen. Gut 11,1 Milliarden Transformationsprojekte für Eine weitere Erkenntnis der Studie Euro betreffen Investitionen in Wärmen etze zu starten und zu zur Perspektive der Fernwärme Anlagen zur Erzeugung erneuerba- beschleunigen. lautet, dass sämtliche Energiearten, rer Wärme sowie zur Nutzbarma- die dieser zur Verfügung stehen, chung von Abwärme, etwa 4,3 Das Bundesförderprogramm effizi- effizient genutzt werden müssen. Milliarden Euro sind für den An- ente Wärmenetze (BEW) besitzt das Dazu zählt auch die Abwärme, die schluss neuer Wärmequellen an Potenzial, der Integration von er- lange Zeit ein Schattendasein führ- bestehende Netze fällig. Zur Schlie- neuerbaren Energien und kli- te. Nach konservativen Schätzun- ßung der Wirtschaftlichkeitslücke maneutralen Quellen in Wärmenet- gen könnte die Abwärmenutzung entstehe ein jährlicher Förderbedarf zen den notwendigen Anschub zu in Fernwärmenetzen in Kombina- von rund 1,8 Milliarden Euro, so die geben. Das erfordert politischen tion mit dem Neuanschluss bisher Experten. Diese Summe sei not- Mut und Entschlossenheit. Mut, um einzelversorgter Gebäude mindes- tens 19 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr sparen. Der Autor: Werner R. Lutsch Damit das große Potenzial der Ab- Werner R. Lutsch ist seit Juli 2003 Geschäftsführer wärme gehoben werden kann, des AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, müssen die Rahmenbedingungen Kälte und KWK e. V. sowie Mitglied des Vorstands stimmen. Woran es derzeit unter des Netzwerks Euroheat & Power. Parallel zu seiner anderem mangelt, ist eine einheit- Industrietätigkeit ist er als Lehrbeauftragter an der liche Definition der Abwärme, denn Hochschule für angewandte Wissenschaften in dann könnte sie auch besser im Rosenheim tätig. Rahmen von Gesetzen und Förder- richtlinien erfasst werden. Gemein- ▶ stadt + werk | 7/8 2021 15
Titelthema | Wärmeversorgung sam mit Experten aus produzieren- den Unternehmen, Energieversor- gern, Stadtwerken und Fachplanern h a t d e r AG F W d a h e r e i n e n Abwärmeleitfaden erstellt. Darin wird Abwärme definiert als Wärme, die in einem Prozess entsteht, des- sen Hauptziel die Erzeugung eines Produkts, die Erbringung einer Dienstleistung – inklusive der Ab- fallentsorgung –, oder einer Ener- gieumwandlung ist, und die dabei als ungenutztes Nebenprodukt an die Umwelt abgeführt werden müsste. Neues Online-Angebot des AGFW bündelt Wissenswertes rund um die klimafreundliche Wärmewende. Abwärme, die unvermeidbar in ef- fizienten Prozessen anfällt, müsse Wird zum Betrieb der Großwärme- latorischen und wirtschaftlichen erneuerbarer Wärme gleichgestellt pumpen Strom aus erneuerbaren Rahmenbedingungen angepasst und somit als CO2-neutral betrach- Energien verwendet, kommt man werden müssen, um Großwärme- tet werden, erklärten auch die Au- einer CO2-neutralen Wärmeversor- pumpen für die Fernwärme best- toren der Studie „Perspektive der gung einen bedeutenden Schritt möglich nutzbar zu machen. Denn Fernwärme“. Bessere Förderkondi- näher. ohne Förderung können diese aktu- tionen könnten insgesamt helfen, ell nicht wirtschaftlich betrieben die großen Potenziale dieser Wär- Wie mit Großwärmepumpen werden. Da Großwärmepumpen mequelle zu heben und mehr Un- Niedrigtemperatur-Wärme best- durch die Nutzbarmachung von ternehmen zu überzeugen, die bei möglich nutzbar gemacht werden Niedrigtemperatur-Wärme jedoch ihnen entstehende Abwärme zu kann, soll ein Verbundforschungs- großes Potenzial für die Erreichung nutzen beziehungsweise an die vorhaben des AGFW untersuchen. der Klimaschutzziele bieten, verdie- Fernwärme abzugeben. Mehrere Energieversorger sowie nen sie aus Sicht des AGFW eine wissenschaftliche Institute aus ganz größere Wahrnehmung und Berück- Reallabor für Großwärmepumpen Deutschland untersuchen im Rah- sichtigung in der Wärmeplanung. men des mehrjährigen, durch das Neben der Hochtemperatur-Abwär- Bundeswirtschaftsministerium Partner des AGFW-Konsortiums me kann inzwischen auch solche (BMWi) geförderten Projekts Real- sind die Versorgungsunternehmen auf einem niedrigen Temperaturni- labor GWP die Potenziale und EnBW Energie Baden-Württem- veau genutzt werden. Hier liefern Anwendungsbedingungen von berg, Fernheizwerk Neukölln, MVV Großwärmepumpen einen wichti- Großwärmepumpen in Fernwärme- Energie, die Stadtwerke Rosenheim, gen Beitrag, indem sie die Abwärme netzen. An Kraftwerksstandorten Vattenfall Wärme Berlin sowie die auf das in Wärmenetzen erforder- in Berlin, Stuttgart, Mannheim und beiden Forschungsinstitute IER liche Temperaturniveau anheben. Rosenheim werden dazu Großwär- Universität Stuttgart und das Sie erschließen für die Fernwärme mepumpen errichtet und im Real- Fraunhofer-Institut für Solare Ener- eine Reihe neuer Wärmequellen, betrieb getestet. Das Gesamtpro- giesysteme ISE. die bislang aufgrund ihrer niedri- jektvolumen beträgt 45 Millionen gen Temperaturen nicht oder nur Euro. Das BMWi steuert Fördermit- 2019 zählte das Konsortium zu den zum Teil in die Wärmenetze inte tel in Höhe von 21 Millionen Euro Gewinnern des von Bundeswirt- griert werden konnten. Dazu zählen bei, der Rest (24 Millionen Euro) schaftsminister Peter Altmaier beispielsweise Umweltwärme aus wird von den Partnern erbracht. ausgelobten Ideenwettbewerbs Gewässern sowie Abwärme aus „Reallabore der Energiewende“. Abwasser oder industriellen Pro- Im Rahmen des Forschungsprojekts Diese bringen Innovationen in der zessen. wird erarbeitet, inwiefern die regu- Praxis unter realen Bedingungen 16 stadt + werk | 7/8 2021
Titelthema | Wärmeversorgung zum Einsatz, um Erfahrungen zu Know-how-Transfer und die Mög- trem wichtig, um die notwendigen sammeln und die Erkenntnisse für lichkeit, Erfahrungen auszutau- Investitionsentscheidungen treffen die erfolgreiche Transformation des schen. Aufgrund der Corona-Pan- zu können. Aktuelle Studien wie gesamten deutschen Energiesys- demie waren lokale Aktivitäten und die des AGFW demonstrieren die tems anzuwenden. Um Kommunen Vor-Ort-Veranstaltungen zunächst Potenziale der Fernwärme, zeigen und Stadtwerken die Einsatzmög- nicht möglich. Inzwischen finden aber auch auf, welcher Investitions- lichkeiten und Potenziale der Fern- erste Abstimmungen online statt bedarf damit auf Energieversorger wärme insgesamt zugänglich zu und perspektivisch wird es auch und Stadtwerke zukommt und le- machen, hat der AGFW in diesem Netzwerktreffen in verschiedenen gen dar, welche Förderkulissen für Jahr zudem ein neues Online-Infor- Städten und Gemeinden in ganz einen effizienten Aus- und Umbau mationsangebot gestartet. Unter Deutschland geben. der Fernwärmeversorgung in www.gruene-fernwaerme.de bün- Deutschland notwendig sind. delt der Verband Wissenswertes Passende Bedingungen schaffen rund um die klimafreundliche Die Politik ist nun in der Pflicht, die Wärmewende und zeigt Wege zu Deutschland hat sich auf den Weg Rahmenbedingungen passgenau zu deren Bewältigung auf kommunaler in Richtung Klimaneutralität ge- gestalten, indem beispielsweise Ebene auf. macht, muss aus Branchensicht Förderprogramme mit einer lang- aber noch einen deutlichen Gang fristigen Perspektive und einer Das Besondere: Die Plattform Grü- zulegen, um die selbstgesetzten, ausreichenden finanziellen Ausstat- ne Fernwärme ist darauf ausgelegt, ambitionierten Ziele zu erreichen. tung geschaffen werden. Denn die Kommunen und Stadtwerke, die Für die Wärmenetzbetreiber sind Energiewirtschaft ist sich ihrer bereits in diesem Bereich aktiv sind, verlässliche Rahmenbedingungen Verantwortung bewusst, kann sich mit Interessenten am Thema zu und Planungssicherheit bis zum den großen Herausforderungen vernetzen. Im Fokus stehen der Jahr 2030 und darüber hinaus ex aber nicht allein stellen. ■ Unsere ganze Energie. Stecken wir auch in Ihr Projekt. Seit 1990 Ihr zuverlässiger Partner 4 9 9 0 7 61 für individuelle Energielösungen. 030 3 erne! n Sie g ate Wir ber - r Wohn e , S t rom fü , Kä lt te , n Wärme m u n ale Bau re, ko m quartie erbe. s t r ie u nd Gew Indu www.btb-berlin.de
Titelthema | Moosburg Mehr Kapazität im Wärmenetz 4.0 Die Agentur für Erneuerbare Energien hat Moosburg an der Isar als Ener- örtlichen Kläranlage entsteht, ist giekommune des Monats ausgezeichnet. Die Stadt rüstet sich mit dem schon jetzt Teil der Nahwärmever- Wärmenetz 4.0 für eine klimaneutrale Versorgung und nutzt dafür lokal sorgung. Da die bereits bestehen- erzeugte regenerative Energien sowie industrielle Abwärme. den Biomasse-Heizkessel in ihrer Kapazität erweitert werden, können Moosburg an der Isar zählt etwa Moosburgs bis 2035 vollständig auf sie auch die künftigen Spitzenlasten 19.000 Einwohner und ist Teil des Erneuerbare umzustellen. Um die- decken. Landkreises Freising nördlich von ses Ziel zu erreichen, ist beispiels- München. Wie in vielen deutschen weise in einem Neubaugebiet die Um die volatilen Wärmequellen Städten beschäftigen sich hier Kom- Unterlassung fossiler Energieträger Solarthermie und Abwärme effizient mune und Energieversorger mit vertraglich festgeschrieben und es nutzen zu können, braucht es eine den Herausforderungen der Ener- wird die energetische Sanierung intelligente Regelung sowie Speiche- giewende. Eine entscheidende öffentlicher Gebäude forciert. Der rung der Wärme. Ein Speicher mit Rolle kommt dabei dem Gebäude- Ausbau des regenerativ ausgerich- einem Volumen von 1.000 Kubikme- wärmesektor zu, der in Moosburg teten Nahwärmenetzes stellt einen tern schafft die hierfür nötige Flexi- – exemplarisch für Deutschland – weiteren großen Schritt im Klima- bilität. Im Sommer und in den noch mehrheitlich aus Öl- und schutzplan der Stadt dar. Aufgrund Übergangsmonaten soll er die Effi- Gasheizungen bedient wird. Eine dieses Projekts wurde sie von der zienz der Wärmegewinne aus Solar- klimaneutrale Alternative stellt das Agentur für Erneuerbare Energien thermie und industrieller Abwärme Nahwärmenetz des regionalen (AEE) als Energiekommune des steigern. Im Winter soll er die Spit- Energieversorgers Bader Energie Monats März 2021 ausgezeichnet. zenlastdeckung unterstützen und die dar. Denn die dafür erzeugte Wär- Versorgungssicherheit erhöhen. Eine me stammt ausschließlich aus Innovatives Versorgungskonzept Absenkung der Netz-Vorlauftempe- Biomasse, basierend auf Holzhack- ratur auf 70 bis 80 Grad Celsius sorgt schnitzeln und Abwärme einer Zunächst sollen noch mehr regene- für geringere Wärmeverluste sowie Kläranlage. Im Rahmen des Förder- rative Wärmequellen in das Moos- eine optimale Integration von Solar- programms Wärmenetze 4.0 wird burger Wärmenetz eingebunden thermie und Niedertemperatur- es über die nächsten vier Jahre werden. Das umfasst insbesondere Abwärme. Dem gegenüber beträgt umfassend erweitert. zwei große Solarthermieanlagen an die Rücklauftemperatur höchstens verschiedenen Standorten sowie die 55 Grad Celsius. Ein Neubau-Quar- Ein hohes Engagement für den Einspeisung von Abwärme aus tier mit niedrigen Temperaturanfor- Klimaschutz hat in Moosburg Produktionsprozessen der chemi- derungen soll über den Rücklauf Tradition. Mit ambitionierten Maß- schen Industrie. Die Abwärme, die angebunden werden, um diesen nahmen und einer starken Bürger- bei der Verbrennung von Klärgas weiter auszukühlen und somit die beteiligung fördert das Klima- im Blockheizkraftwerk (BHKW) der Kapazität im Netz zu erhöhen. schutzprogramm der Stadt die Energiewende schon seit Jahren. Umfassende Beratungs- und Bil- Der Autor: Robert Egelkamp dungsangebote zur Solarenergie und zur energetischen Sanierung Robert Egelkamp arbeitet als wissenschaftlicher sowie der Ausbau von Fahrradstra- Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Energie- ßen und Ladestationen für E-Autos wirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) in Kassel ermöglichen den Einwohnern ein und beschäftigt sich dort seit dem Jahr 2017 mit Mitwirken am Klimaschutz in allen der Dekarbonisierung des Gebäudewärmesektors. Bereichen. Im Jahr 2007 hat außer- So wirkte er auch an der Konzepterstellung für das dem der Stadtrat den Beschluss Wärmenetz 4.0 in Moosburg mit. gefasst, die Energieversorgung 18 stadt + werk | 7/8 2021
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