Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.

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Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.
Ausgabe 02/14

             Das Magazin der GIZ

Digitaler Wandel
Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.

Weitere Themen:
Georgien: Weinbau und Tourismus
Griechenland: Die Strukturreformen nehmen Fahrt auf.
Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.
inhalt

          digitaler wandel: Die Informations- und Kommunikationstechnik verändert
          weltweit, wie wir leben und arbeiten und wie sich die Gesellschaft organisiert.        32        georgien: Winzer profitieren von
                                                                                                           Tourismus und Qualitätsoffensive.

                                                       e xpo n i e rt                                 Sp e zi a l

                                                  8 Gut für alle Seiten                          26 „Afrika ist ein Chancenkontinent“
                                                      Junge Ingenieure aus Tunesien sammeln         Entwicklungsminister Gerd Müller
                                                      in Deutschland Berufspraxis – und             im Gespräch über Zukunfts- und
                                                      lindern hier den Fachkräftemangel.            Friedenspolitik

                                                                                                                                                    FOTOs: Benoist/Boissonnet/avenue images (2 oben links); Thomas Imo/photothek.net (2 oben rechts);
                                                                                                                                                    Benoist/Boissonnet/avenue images (3 oben links); GIZ/Karsten thormaehlen (3 oben rechts)
                                                       a kz e n tu ie rt                              e n ga gi e rt

                                                 12   Digitaler Wandel                           29 In Europa für Europa
                                                                                                    In Griechenland nimmt die Umsetzung
                                                      Die Kluft wird kleiner                        wichtiger Strukturreformen Fahrt auf.
         unternehmensprofil                           Im Fokus: Die Informations- und Kommu-
                                                      nikationstechnik verändert weltweit, wie   32 Gute Tropfen vom Kaukasus
    Die Deutsche Gesellschaft für                     wir leben und arbeiten und wie sich die       Tourismusangebote und Qualitätsoffensi-
    Interna­tionale Zusammenarbeit (GIZ)              Gesellschaft organisiert.                     ven sollen Georgiens Winzern helfen.
    GmbH bietet nachhaltige und wirk­­-               Im Überblick: Projektbeispiele aus der
    same Lösungen für politische,                     Arbeit der GIZ                             34	Neue Verantwortung
    wirtschaftliche und soziale Verände-              In Zahlen: Wer online ist und was die         Professor Klaus Töpfer und GIZ-Vorstands-
    rungsprozesse. Das Bundes­unter­                  Menschen in der Zukunft erwarten              sprecherin Tanja Gönner im Gespräch
    nehmen hat über 16.000 Mitarbeite-
    rinnen und Mitarbeiter und ist in                                                            37 Klare Grenzen bringen Frieden
    mehr als 130 Ländern aktiv.                                                                     In Afrika tragen Grenzvereinbarungen und
                                                                                                    soziale Projekte zur Aussöhnung bei.
      www.giz.de

2                                                                                                                                 akzente 02/2014
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Editorial

                                                Liebe Leserinnen und Leser,
                                                unser Leben wird mittlerweile umfassend von Internet,
                                                Mobiltelefon und den Möglichkeiten fast grenzenloser
                                                Kommunikation und Vernetzung bestimmt.

                                                Fast vergessen die Zeiten, als wir noch von der Hand
                                                ausgefüllte Überweisungsträger zur Bank tragen muss-
                                                ten, um unsere Rechnungen zu bezahlen. Heute können
                                                wir unkompliziert mit Menschen in allen Teilen der
                                                Welt kommunizieren, am heimischen Computer ein-
                                                kaufen, Aktien an Börsen in entlegenen Teilen der Welt
                                                handeln und uns im Auto vom Navigationssystem zur
                                                nächsten Tankstelle leiten lassen.

                                                Unser Artikel „Die Kluft wird kleiner“ zeigt auf, wie sich
                                                der digitale Wandel deutlich auch auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit

40
                                                bemerkbar macht und in welchem Umfang Informations- und Kommunikationstechniken
             afghanistan: Ausbildung von        sowie neue und soziale Medien bereits für eine nachhaltige soziale und wirtschaftliche Ent-
             zivilen Fluglotsen                 wicklung eingesetzt werden: von der standortübergreifenden Steuerung von Produktions-
                                                prozessen über Wetter- und Marktinformationen für die Landwirtschaft bis hin zu
                                                Onlinedienstleistungen von Kommunalverwaltungen. Nicht nur bei uns in Deutschland,
                                                sondern auch und gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern.

                                                Unsere Reportagen aus dem Ausland führen Sie diesmal unter anderem nach Mali, Burkina
40 Durchstarten!                                Faso sowie Georgien. Zwischen Mali und Burkina Faso will die Afrikanische Union Grenz-
     In Afghanistan werden wieder zivile        konflikte beilegen und setzt auf länderübergreifende gemeinsame Projekte mit Einwohnern
     Fluglotsen ausgebildet.                    beiderseits der Grenze. Georgien braucht für sein Wirtschaftswachstum dringend mehr Ex-
                                                porte und will seine jahrtausendealte Tradition des Weinbaus an die Qualitätsstandards
                                                westlicher Märkte heranführen.
       er klär t

42 Sprungbrett Stipendium                       Welche Schwerpunkte im Mittelpunkt seines Amtes stehen, darüber sprachen wir mit dem
     Ein Heinz Nixdorf Programm fördert die     neuen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd
     Asienkompetenzen von bis zu 50 Nach-       Müller. Lesen Sie im Interview über seine Ziele, aber auch über die Frage, wer 2014 Fußball-
     wuchskräften pro Jahr.                     weltmeister wird.

                                                Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen wie immer
       vo r ge s t e llt

46	Temby Mary Caprio, Bildungsexpertin          Ihre

     W eit e r e Ru b rik e n

 4   informiert: Nachrichten, nachgehalten
24   fotografiert: Boxen für den Frieden
44   Service: Medien- und Veranstaltungstipps   Dorothee Hutter
47   Autoren und Fotografen dieser Ausgabe,     Leiterin Unternehmenskommunikation
     Impressum, Vorschau

akzente 02/2014                                                                                                                           3
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informiert

Saudi-Arabien wirbt für Lebensmittel aus Ökolandbau
                                                         KAMPAGNE Bereits im Jahr 2011 wurde         sich an alle Verbraucher richtet, insbe-
                                                         in Saudi-Arabien ein nationales Öko-        sondere aber an Familien in größeren
                                                         siegel vorgestellt. Seither wird ein Teil   Städten wie R­ iad, Dschidda und Dam-
                                                         der landwirtschaftlichen Produktion         mam. Ökologisch erzeugte Lebensmit-
                                                         und Vermarktung nach internationalen        tel sollen als Teil ­eines gesunden und
                                                         Standards zertifiziert. Ein nationaler      natürlichen Lebensstils bekannt ge-
                                                         Verband für organische Landwirtschaft       macht werden. Meinungsmacher und
                                                         ist entstanden, ein verbindlicher recht-    Trendsetter werden gezielt in die Kam-
                                                         licher Rahmen für Produzenten und           pagne einbezogen. Soziale Medien wie
                                                         den Handel wurde geschaffen (siehe          Facebook, YouTube und Twitter wer-
                                                         auch den Artikel „Mit Ökolandbau in         den gezielt als Informationskanäle ge-
                                                         die Zukunft“ in akzente 03/2011).           nutzt, Ideenwettbewerbe sollen weitere
                                                         2014 können Verbraucher bereits in          Aufmerksamkeit erzeugen. Die GIZ
                                                         zahlreichen Supermärkten landesweit         bereitet aktuell im Auftrag des saudi-
                                                         sowie in 40 spezialisierten Geschäften      schen Agrarministeriums einen Fünf-
                                                         Lebensmittel mit dem saudischen             Jahres-Aktionsplan („Organic Policy
                                                         Ökosiegel kaufen. Um die Nachfrage          Action Plan“) zur nachhaltigen Förde-
                                                         noch weiter zu steigern, startet das sau-   rung ökologischer Landwirtschaft in
                                                         dische Agrarministerium in Koopera-         Saudi-Arabien vor.
                                                         tion mit der GIZ Mitte 2014 eine um-
                                                         fangreiche Aufklärungskampagne, die            www.saudi-organic.org.sa

                                                         Organisch erzeugte Lebensmittel sollen
                                                         in Saudi-Arabien mehr Abnehmer finden.

                                               Überweisungspreise im Web vergleichen
           700
   Zusammenarbeit mit der Wirtschaft
                                               Preisvergleich Jährlich überweisen mehr
                                               als 16,3 Millionen Menschen mit ausländi-
                                               schen Wurzeln 12 Milliarden Euro aus
                                               Deutschland in Entwicklungs- und Schwel-
 Ein Projekt mit Bionorica, einem führenden    lenländer. Das Geld wird dort von den Emp-
  Hersteller von pflanzlichen Arzneimitteln,   fängern direkt in Essen, Kleidung, Bildung
ist die insgesamt bereits 700. Entwicklungs-   und Gesundheit investiert und trägt auch indirekt zum wirtschaftlichen Wachstum der Länder
   partnerschaft, die vom BMZ aus seinem       bei. Durch hohe Kosten geht bisher oft ein Teil des Geldes verloren. Um den Preisvergleich für
     Programm      develoPPP.de über die       Überweisungsdienstleistungen zu erleichtern, hat das Centrum für internationale Migration
              GIZ gefördert wird.              und Entwicklung (CIM) im Auftrag des BMZ die Initiative www.geldtransFAIR.de ins Leben
                                               gerufen. Seit März 2014 ermöglicht eine neue, benutzerfreundliche und jetzt auch weltbankzer-
 Mit develoPPP.de fördert das BMZ das Enga-    tifizierte Version des Vergleichsportals einen noch besseren und ständig aktualisierten Über-
 gement der Privatwirtschaft dort, wo unter-   blick über Konditionen für Überweisungen in mehr als 20 Länder.
nehmerische Chancen und entwicklungspoliti-
  scher Handlungsbedarf zusammentreffen.         www.geldtransfair.de

4                                                                                                                               akzente 02/2014
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                                               EU-Beitritt
                                                                                                                                           ÄGYPTEN Das von der GIZ durchge-
                                                                                                                                           führte BMZ-Programm zur Aufwer-
                                                                                                                                           tung städtischer Armutsgebiete in Kai-
                                                                                                                                           ro hat erneut eine Kofinanzierung in
                                                                                                                                           Höhe von 20 Millionen Euro von der EU
                                              Serbien macht sich bereit für einen Beitritt zur Europäischen Union (EU).                    erhalten. Ziel des Programms ist es,
                                              Die offiziellen Beitrittsverhandlungen laufen.                                               die ­Lebensbedingungen der Bewohner
                                                                                                                                           durch Kleinmaßnahmen in den Berei-
                                               DIE HERAUSForderung In allen Bereichen müssen serbische Gesetze mit europarechtli-          chen Infrastruktur, Gesundheit, Bildung
                                               chen Vorschriften harmonisiert werden – vom Zoll über die Wettbewerbsaufsicht bis hin       und Umwelt zu verbessern. Zudem sol-
                                               zur Lebensmittelkontrolle. Wie viel Zeit Serbien dafür von der EU bekommt, ist Gegenstand   len die Mitsprachemöglichkeiten der
                                               der Verhandlungen. Dabei sitzen Vertreter von 19 serbischen Ministerien in 35 Verhand-      Bewohner bei der Entwicklung ihrer
                                               lungsgruppen an den Brüsseler Tischen. Insgesamt sind über 70 Prozent der öffentlichen      Siedlungen verbessert werden.
                                               Verwaltung in die Verhandlungen eingebunden.

                                               KOORDINATION ALLER BETEILIGTEN Im Auftrag des BMZ unterstützt die GIZ die Regie-
                                               rung Serbiens dabei, den aufwendigen Abstimmungsprozess zwischen den verschiedenen          Öko-Städte
                                               serbischen Ministerien und der Vielzahl von serbischen und EU-Verhandlungsgruppen zu
                                               koordinieren. Denn damit das Land seine Interessen wirksam vertreten kann, muss Serbien     CHINA Für eine nachhaltige und CO2-
                                               in Brüssel mit einer Stimme sprechen. Bei den Beratungen profitiert die GIZ von ihrer       arme Urbanisierung hat China konkrete
                                               langjährigen Arbeit in Serbien, ihrem EU-weiten Netzwerk und den Erfahrungen aus den        Ziele in seinem zwölften Fünfjahresplan
                                               2004 beziehungsweise 2013 der EU beigetretenen Staaten Slowenien und Kroatien.              verankert. Hierfür ist die EU ein wichti-
                                                                                                                                           ger Partner. Das Programm „Eco-Cities-
                                                                                                                                           Link“ vernetzt europäische mit chine-
                                                                                                                                           sischen Städten, die ihr Know-how zu
                                                                                                                                           nachhaltiger Stadtentwicklung teilen.
                                                                                                                                           GIZ International Services wurde von
                                            Auszeichnung für Open-Source-Software                                                          der EU gemeinsam mit den Städtenetz-
                                                                                                                                           werken EUROCITIES und Climate Alli-
                                            klimadaten Im Auftrag des Bundesum-                                                            ance sowie der Beratungsfirma Gront-
                                            weltministeriums unterstützte die GIZ im                                                       mij mit der Durchführung beauftragt.
                                            Projekt „Daten- und Informationsmanage-
                                            ment zur Anpassung an den Klimawandel“
                                            den indonesischen Wetterdienst bei der Er-
                                            fassung und Bereitstellung von Klimadaten.                                                     Entwicklungspartner
                                            Auf der CeBIT 2014 in Hannover wurde
FOTO: JAN BRAUN/BRAUN MEDIA GMBH (4 OBEN)

                                            das internetbasierte Informationssystem                                                        MADAGASKAR Unilever, Symrise und
                                            „Open Climability Suite“ des Projektes mit                                                     die GIZ haben eine Initiative ins Leben
                                            dem Open Source Sustainability Award                                                           gerufen, die Vanillebauern in Madagas-
                                            2014 ausgezeichnet. Das System wurde                                                           kar bessere Lebensbedingungen brin-
                                            komplett auf Basis von Open-Source-Soft-                                                       gen soll. Die Entwicklungspartnerschaft
                                            ware programmiert. Der Quelltext ist frei                                                      läuft über drei Jahre, 24.000 Menschen
                                            verfügbar und kann flexibel an die Bedürf-                                                     sollen davon profitieren. Die Partner-
                                            nisse der Nutzer angepasst und weiterent-      http://climability.org                          schaft wird im Rahmen des Programms
                                            wickelt werden.                                www.giz.de/de/weltweit/16743.html              develoPPP.de des BMZ gefördert.

                                            akzente 02/2014                                                                                                                       5
Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.
informiert

                                                                                                       Neues Domizil in Bonn
                                                                                                       Richtfest Am 28. März feierte die GIZ Richt-
                                                                                                       fest für ein neues Bürogebäude an ihrem Unter-
                                                                                                       nehmenssitz in Bonn, das im Sommer 2015
                                                                                                       bezugsfertig sein und dann Raum für 500 Arbeits-
                                                                                                       plätze bieten wird. Vorstandssprecherin Tanja
                                                                                                       Gönner begrüßte zu der Feier Staatssekretär
                                                                                                       Friedrich Kitschelt (BMZ) als Vorsitzenden des
                                                                                                       des GIZ-Aufsichtsrates sowie den Bonner
                                                                                                       Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch. GIZ-
                                                                                                       Vorstandsmitglied Hans-Joachim Preuß stellte
                                                                                                       das Gebäudekonzept vor, das sich an moderns-
                                                                                                       ten ökologischen Standards orientiert.
Russische Praktikanten vor den Hamburger Landungsbrücken

Partnerschaft Hamburg – St. Petersburg
PRAKTIKA Drei Monate deutsche Kultur und          ment-Unternehmen, und beim Germanischen
Arbeitswelt: Das erlebten auch in diesem Jahr     Lloyd zu Gast. Das Besuchsprogramm wurde
wieder acht junge Fach- und Nachwuchs-            1992 vom Senat der Stadt und der Handels-
kräfte aus Hamburgs Partnerstadt St. Peters-      kammer Hamburg ins Leben gerufen. Seit
burg sowie aus Kaliningrad und dem russi-         2007 hat die Handelskammer die GIZ mit der
schen Nordwesten. Sie absolvierten ein Prak-      Programmorganisation beauftragt. Der Prak-
tikum in Unternehmen der Hansestadt, um           tikantenjahrgang 2014 war bereits der achte,
neue berufliche Erfahrungen zu sammeln. Sie       der von der GIZ betreut wurde. Sie wählt die         Richtfest für das GIZ-Gebäude in Bonn
fördern damit auch die wirtschaftliche und        Teilnehmer aus, sucht geeignete Praktikums-
ins­titutionelle Zusammenarbeit zwischen den      plätze und Gastfamilien und organisiert das
beiden Städten. 2014 kamen Praktikanten aus       begleitende Seminarprogramm. Mit Erfolg:
den Fachgebieten erneuerbare Energien,            Häufig erwachsen aus den Praktika längerfris-        Mobilitätspartnerschaft
Schiffbau und Logistik. Sie waren unter ande-     tige Kooperationen zwischen russischen und
rem bei Envidatec, einem Energiemanage-           hanseatischen Unternehmen.                           GEORGIEN Jeder vierte Georgier lebt im Ausland,
                                                                                                       ein Großteil möchte dort temporär Berufserfah-
                                                                                                       rung sammeln – das verbessert die Chancen auf
                                                                                                       dem heimischen Arbeitsmarkt. Auch Georgien
Globaler Wissenstransfer                                                                               profitiert: Neues Wissen und Geschäftsideen för-
                                                                                                       dern die Wirtschaft. 2009 sind Georgien und die
NACHHALTIGE STADTENTWICKLUNG Deut-                internationalen Memorandums „Städtische              EU eine Mobilitätspartnerschaft eingegangen.
sche Städte sind fortschrittlich beim Thema       Energien – Zukunftsaufgaben der Städte“. Der         Seit 2013 gestaltet das Centrum für internatio-
Energieeffizienz, südafrikanische Städte bei E-   Austausch zwischen derzeit deutschen, südafri-       nale Migration und Entwicklung (CIM) diese im
Governance, US-amerikanische Städte beim          kanischen und US-amerikanischen Partnern auf         Auftrag der EU und des BMZ mit und setzt pri-
Bürgerengagement. Wie können Städte von die-      kommunaler und nationaler Ebene soll Impulse         mär auf zirkuläre Migration: CIM vermittelt
sem lokalen Wissen global profitieren? Zum        für ­Strategien zur Stadtentwicklung in einer glo-   Georgier zur Weiterbildung in den deutschen
Beispiel durch Dialogforen oder ein Austausch-    balisierten Welt liefern. Das Projekt ist über das   Pflege- sowie Hotel- und Gastronomiebereich
programm für Bürger und Entscheidungsträger       Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumfor-         und unterstützt sie, anschließend in der Heimat
von Gemeinden. Die GIZ unterstützt das Bun-       schung beauftragt und wird gemeinsam mit dem         eine Anstellung zu finden oder sich selbstständig
desministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau       German Marshall Fund of the United ­States           zu machen. Staatliche georgische Stellen berät
und ­Reaktorsicherheit bei der Umsetzung des      ­umgesetzt.                                          CIM zu Migrationsfragen.

6                                                                                                                                              akzente 02/2014
Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.
German Food
                                                                                                  Partnership
                                                                                                  ERNÄHRUNGSSICHERUNG Die Weltbevölke-
                                                                                                  rung wächst, nicht überall jedoch die landwirt-
                                                                                                  schaftlichen Erträge. Die Folge: Lebensmittel
                                                                                                  werden teurer und arme Menschen können sie
                                                                                                  sich nicht mehr leisten. Zugleich bietet die wach-
                                                                                                  sende Nachfrage Chancen für kleinbäuerliche
                                                                                                  Betriebe. Um diese zu unterstützen, haben etwa
                                                                                                  40 kleine und mittelständische sowie multinatio-
                                                                                                  nale Unternehmen, darunter Bayer CropScience,
                                                                                                  BASF und Grimme, unter der Schirmherrschaft
                                                                                                                                                                                                          NACHGEHALTEN
                                                                                                  des BMZ die German Food Partnership gegrün-
                                                                                                  det. Die Initiative führt Projekte in Entwicklungs-
                                                                                                  und Schwellenländern durch, um die Ernährungs-        VON NASA UND
                                                                                                  situation zu verbessern. Dabei wird die gesamte
                                                                                                  Wertschöpfungskette betrachtet: Konsumenten,          UNESCO AUSGEZEICHNET
                                                                                                  Handel, Weiterverarbeitung und bäuerliche
                                                                                                  Betriebe. So werden die Produzenten – vielfach        Ein brauner Stoff aus Baumrinde
                                                                                                  Frauen – in die Lage versetzt, höhere und qualita-
                                                                                                  tiv bessere Erträge zu erzielen und ihre Einkom-      • P rojekt: Unterstützung des Engagements von Unternehmen in
                                                                                                  men zu steigern.                                         Entwicklungs- und Schwellenländern, Programm develoPPP.de
                                                                                                                                                        • Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
                                                                                                     www.germanfoodpartnership.org                         und Entwicklung
                                                                                                                                                        • Partner: Bark Cloth Europe
                                                                                                                                                        • Laufzeit: 2001 bis 2005

                                                                                                  In eigener Sache                                      Damals Mit Mitteln des Programms develoPPP.de wurde die Idee eines deut-
Fotos: Detlef Pietz (6 oben); Jörn Wolter (6 Rechts); privat (7 unten), Fa. Bark Cloth (7 oben)

                                                                                                                                                        schen Unternehmens gefördert, die traditionelle handwerkliche Herstellung eines
                                                                                                  JAN RÜBEL ist 1. Preisträger des Journalisten-        vielfältig verwendbaren Gewebes aus Baumrinde marktfähig zu machen. Dadurch
                                                                                                  preises „Weltbevölkerung“ der Stiftung Weltbe-        sollten Arbeitsplätze geschaffen und ein innovatives, dabei auch ökologisch ver-
                                                                                                  völkerung für das Jahr 2014. Im April erhielt er      antwortlich und nachhaltig erzeugtes Produkt über die Landesgrenzen hinaus
                                                                                                  in Berlin die Auszeichnung für seinen Leitarti-       angeboten werden.
                                                                                                  kel „Megafaktor Demografie“ in akzente, Heft
                                                                                                  01/2013.                                              Heute Aus einem kleinen Start-up mit einer ambitionierten Idee ist das Unter-
                                                                                                                                                        nehmen Bark Cloth Europe entstanden. In Uganda leben 600 Bauern mit ihren
                                                                                                     www.weltbevoelkerung.de                            Familien davon, das Rohmaterial für das traditionelle Rindentuch auf ökologisch
                                                                                                                                                        zertifizierten Plantagen zu gewinnen. Zu Teppichen, Möbelfronten oder Lampen-
                                                                                                                                                        schirmen weiterverarbeitet wird es ebenfalls in Uganda, Marketing und Vertrieb
                                                                                                                                                        der Endprodukte sind inzwischen international. 2013 zeichnete die NASA Bark
                                                                                                                                                        Cloth mit einem Preis für innovative Ideen und seinen Beitrag für eine nachhal-
                                                                                                                                                        tige Zukunft aus. Die UNESCO hat das Rindentuch und seinen Herstellungspro-
                                                                                                                                                        zess in die Liste des immateriellen UNESCO-Kulturerbes aufgenommen.

                                                                                                                                                           www.develoPPP.de
                                                                                                                                                           www.barkcloth.de
                                                                                                  Jan Rübel

                                                                                                  akzente 02/2014                                                                                                                          7
Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.
exponiert

Gut für alle seiteN
Tunesien bildet hoch qualifizierte Ingenieure aus, doch Arbeitsplätze sind Mangelware. Das
Auswärtige Amt und die Regierung Tunesiens riefen ein Programm ins Leben, das den jungen
Leuten Berufspraxis eröffnet – und den Fachkräftemangel in Deutschland lindern hilft.

Text Rolf Obertreis

                                                                  E
                                                                        mna Boujelben ist zufrieden. Die 29-Jähri-
                                                                        ge ist seit Januar dieses Jahres als Software-
                                                                        Entwicklerin in Frankfurt am Main fest
                                                                  angestellt, 2.000 Kilometer entfernt von ihrer
                                                                  Heimat, der tunesischen Küstenstadt Sfax.
                                                                  „Mir gefällt es sehr gut, ich habe nette Kontakte
                                                                  zu den Kollegen. Aber ich vermisse trotzdem
                                                                  meine Familie“, sagt sie in sehr gutem Deutsch.
                                                                  Vor eineinhalb Jahren konnte die junge Frau
                                                                  von solch einem gut bezahlten Job im Ausland
                                                                  nur träumen. In Tunesien, das war ihr am Ende
                                                                  ihres Studiums und der erfolgreichen Prüfung
                                                                  als Software-Diplom-Ingenieurin 2011 klar,
                                                                  würde sie kaum eine Stelle finden. Das Land
                                                                  steckt nach der Revolution im Umbruch, die
                                                                  Wirtschaft liegt weitgehend am Boden. „Fast
                                                                  40 Prozent der Akademiker sind arbeitslos,
                                                                    auch viele meiner Freunde“, sagt Emna. Die
                                                                     tunesische Arbeitsagentur, bei der sie sich
                                                                      hatte registrieren lassen, machte sie im            Fotos: GIZ (8); Mea Gruppe (9);Illustrationen: Denise Graetz (8–11)

                                                                      Herbst 2012 auf ein interessantes Projekt
                                         ltstitel
                                Aufentha                               der GIZ zur Förderung der legalen Mobili-
                                                                       tät von hoch qualifizierten Fachkräften aus
                                 Name:
                                 Boujelben                              Tunesien aufmerksam.
                                 Emna                                         Auftraggeber und Finanzier ist das
                                  Beruf:                    rin          Auswärtige Amt, Partner ist die Zentrale
                                                   Entwickle
                                  Software-                              Auslands- und Fachvermittlung der Bun-
                                                  nd:
                                   Herkunftsla                           desagentur für Arbeit. Die mit der tune-
                                   Tunesien                               sischen Regierung vereinbarten Ziele
                                               onen:
                                    Qualifikati                            sind, jungen Akademikerinnen und
                                              genieurin;
                                    Diplom-In              h,
                                              Französisc                   Akademikern aus Tunesien durch Wei-
                                    Arabisch,          ts c h               terbildung und Arbeit in Deutschland
                                                nd Deu
                                     Englisch u                              Berufserfahrung zu verschaffen und

                                                                                                        akzente 02/2014
Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.
Tunesie
                                                            n

deutschen Firmen zu helfen, den Fachkräfte-         » Interview
mangel zumindest zum Teil zu beheben.
     Einer Studie des Instituts der deutschen        „Wir hoffen, dass er lange bleibt“
Wirtschaft zufolge kamen zwischen September
2011 und August 2013 auf 100 Stellengesuche                                Patrice Pélissier ist
für die MINT-Berufe Mathematik, Informatik,                                Vorstandsvorsitzender
Naturwissenschaften und Technik je nach Spar-                              der MEA AG, Aichach
te nur 50 bis 60 arbeitslose Akademiker. Die
Bundesregierung will deshalb nicht nur inländi-
sche Potenziale besser erschließen und beispiels-
weise die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer
fördern, sondern auch die qualifizierte Zuwande-
rung, etwa durch den Abbau bürokratischer            Herr Pélissier, seit Anfang Februar vertrauen   Hachem Chaabene kam im Sommer 2013
Hürden. Ausländische Fachkräfte mit einem            Sie auf die Dienste von Hachem Chaabene,        als Praktikant zu uns, seit 1. Februar die-
Hochschulabschluss, die eine Stelle in Deutsch-      einem jungen Bauingenieur aus Tunesien. Wie     sen Jahres ist er fest angestellt. Für mich
land finden und mindestens 47.600 Euro jähr-         sind Sie auf ihn aufmerksam geworden?           gab es nicht den geringsten Zweifel, dass
lich verdienen, erhalten die sogenannte „Blaue       Wir sind über die Industrie- und Handels-       wir den jungen Tunesier unbefristet über-
Karte EU“, die Aufenthalts- und Arbeitserlaub-       kammer in Augsburg Ende 2012 auf das            nehmen – zu den Konditionen und dem
nis kombiniert. Für Fachkräfte aus dem MINT-         Programm des Auswärtigen Amtes gesto-           Gehalt, die bei uns für alle Mitarbeiter in
Bereich und aus anderen Berufsgruppen, in de-        ßen und haben uns sofort gemeldet.              entsprechenden Positionen gelten.
nen spürbare Engpässe auf dem deutschen Ar-
beitsmarkt bestehen, wurden die Hürden               Was war Ihre Motivation?                        Welche Aufgaben hat Herr Chaabene?
nochmals gesenkt. Sie müssen ein vergleichba-        Für MEA und unsere Entwässerungs- und           Er wird auf Baustellen etwa in Saudi-Ara-
res Gehalt wie deutsche Arbeitnehmerinnen            Bausysteme sind die arabischen Länder           bien, Dubai oder Ägypten die Beratung für
und Arbeitnehmer verdienen, das mindestens           wichtige Märkte. Wir haben schon lange          den Einsatz unserer Produkte übernehmen.
37.128 Euro jährlich beträgt.                        einen Experten gesucht, der nicht nur das       Daher wird er von Aichach aus viel unter-
                                                     notwendige Fachwissen mitbringt, sondern        wegs sein. Wir hoffen, dass er lange bei
                                                     auch eine hohe kulturelle Affinität zur         uns bleibt.
100 Teilnehmer aus 700 Bewerbern
                                                     Region besitzt. Allerdings hatten wir kei-
Als Emna Boujelben den Hinweis der tunesi-           nen Erfolg und haben lange keinen geeig-        Könnten Sie sich ähnliche Projekte für
schen Arbeitsagentur auf das Programm erhielt,       neten Bewerber gefunden.                        Fachkräfte aus anderen Ländern vorstellen?
reagierte sie sofort. Sie bewarb sich und wurde                                                      Auf jeden Fall. Es wäre gut, wenn Bun-
mit rund 100 anderen jungen Frauen und Män-          Hachem Chaabene bringt diese Eigenschaf-        desregierung, GIZ und Arbeitsagentur in
nern aus einem Kreis von mehr als 700 Bewer-         ten mit?                                        diesem Feld weiter aktiv blieben und
bern ausgewählt.                                     Absolut. Er ist als Bauingenieur fachlich       ähnliche Programme etwa auch mit Blick
     „Am Anfang stand ein zweimonatiger              hervorragend ausgebildet. Er kommt aus          auf Zentralamerika auflegen würden. Wir
Deutsch-Intensivkurs in Tunis. Das war an-           Tunesien, seine Muttersprache ist also          würden jederzeit wieder junge Fachkräfte
strengend“, erinnert sie sich. Im März flog sie      Arabisch. Er spricht hervorragend Franzö-       aus anderen Ländern engagieren, wenn
nach Deutschland und begann bei der Soft-            sisch und Englisch und mittlerweile auch        sie zu unserem Unternehmen passen.
warefirma. „Es war meine erste Auslandsreise.        sehr gut Deutsch. Es ist unglaublich, wie
Nach Deutschland zu kommen war ein Traum.“           schnell er die Sprache in nur einem Jahr        Interview: Rolf Obertreis
Boujelben büffelte zunächst weiter Deutsch,          gelernt hat. Darüber hinaus passt er her-
lernte, ein Bankkonto zu eröffnen, sich auf dem      vorragend in unser Team, seine Kollegen
Wohnungsmarkt umzutun und worauf deut-               schätzen ihn sehr.
sche Unternehmen Wert legen.
     Ortswechsel in die bayerische Kreisstadt        Wann stand für Sie fest, dass Sie ihn ein-
Aichach, 25 Kilometer nordöstlich von Augs-          stellen werden?
burg. Hier hat Hachem Chaabene seinen »

akzente 02/2014                                                                                                                                    9
Digitaler Wandel Das Magazin der GIZ - Mobile Kommunikation verändert weltweit das Miteinander.
exponiert

                                                                                                                      ko                                      Thailan
                                                                                                          Marok

Traumjob gefunden. Der 25-jährige Bauingeni-          Für Chaabene ging es bei MEA zunächst da-               Ausrichtung er­leichterte Boujelben den Ein-
eur aus der tunesischen Kleinstadt El Kef arbei-      rum, die Produkte und Angebote kennenzuler-             stieg. Die Arbeit gefällt ihr – und sie konnte zei-
tet beim Familienunternehmen MEA. Es hat              nen, die Marktstellung der Firma im In- und vor         gen, dass die Ausbildung in Tunesien sehr gut
sich auf Entwässerungssysteme und Stahlteile          allem im Ausland in Erfahrung zu bringen und            ist. Im Alltag kommt sie gut zurecht, ist nur er-
für die Baubranche spezialisiert. 650 Menschen        sich im Exportteam des Unternehmens einzuar-            staunt, „wie viel Steuern ich in Deutschland
beschäftigt MEA weltweit, rund 120 am                 beiten. „Die Kollegen sind sehr nett, sie haben         zahlen muss“. Anfang Februar hat sie eine Woh-
Stammsitz in Aichach. Seit 1. Juli 2013 ist           mich gut aufgenommen“, sagt Chaabene.                   nung gefunden, zuvor war sie in einem Apparte-
Chaabene einer von ihnen, zunächst als Prakti-              Emna Boujelben, die für zunächst ein Jahr         ment ihres Arbeitgebers untergebracht.
kant, seit 1. Februar 2014 ist er fest angestellt –   fest angestellt ist, schätzt die flexible Arbeitszeit         Auch Chaabene hat sich schnell eingelebt.
unbefristet. „MEA war meine Wunschfirma.              und den kollegialen Umgang, auch mit den                Er wohnt in Augsburg in einer Wohngemein-
Ich bin sehr zufrieden“, sagt Chaabene lächelnd.      Chefs. „In Tunesien ist das anders, dort sind die       schaft mit einem deutschen Studenten. MEA-
„Ich wollte immer nach Deutschland“, sagt er.         Hierarchien viel stärker ausgeprägt.“ Für das           Unternehmenschef Patrice Pélissier sagt, der Tu-
Sein Deutsch ist hervorragend, obwohl er erst         Unternehmen entwickelt ­sie Datenbanklösun-             nesier sei genau die Person, die man gesucht habe.
im Januar 2013 den ersten Kurs belegt hat, in         gen für Banken und Finanzdienstleister und              „Wir wollten einen Ingenieur mit kultureller Affi-
dem auch Emna Boujelben die Sprache und viel          prüft Softwareprogramme. 80 Mitarbeiter aus             nität zum arabischen Raum, weil das für uns ein
über die Alltagskultur lernte.                        29 Nationen hat die Firma: Die internationale           wichtiger Markt ist. Einen Ingenieur, der nicht

> Migration fördern, Fachkräfte sichern

  Willkommen in Deutschland
  Nachwuchsprobleme in Deutschland, Ar-               Vietnamesen machen Altenpflegeausbildung:               J­ anuar 2013 hat sie dort über 12.000
   beitslosigkeit unter Hochqualifizierten in         Für das Bundeswirtschaftsministerium                     Fachkräfte aus dem Gesundheitsbereich
  ­anderen Teilen der Welt: Im Auftrag der            hat die GIZ ­bislang 100 junge Vietnamesen               sowie aus Mathematik, Informatik, Natur-
   ­Bundesregierung erkundet die GIZ Wege,            mit Vorkenntnissen in Gesundheitsberufen                 wissenschaften und Technik erreicht.
  Deutschlands Fachkräftemangel zu beheben,           in eine Altenpflegeausbildung in Deutsch-
   ohne dass dies zu dem entwicklungspoli-            land gebracht. Das soll ihnen langfristig               Make it in Hamburg: Unternehmen in Hamburg
   tisch gefürchteten Braindrain in den Partner-      eine Berufsperspektive in Deutschland oder              vermittelt die GIZ ausländische Fachkräfte im
   ländern führt. Wichtiger Kooperationspartner       Vietnam eröffnen. Die vietnamesische Re-                Projekt „Make it in Hamburg“. Es wird zu
   ist die Zentrale Auslands- und Fachvermitt-        gierung sieht durch den Know-how-Trans-                 gleichen Teilen von der Stadt Hamburg und
   lung der Bundesagentur für Arbeit. ­Einige         fer einen Nutzen für das eigene Land. 2014              dem Europäischen Sozialfonds ­finanziert.
   Beispiele für dieses Engagement:                   sollen weitere 100 Vietnamesen ausgebil-
                                                      det werden.                                             Hochqualifizierte fördern: Die legale Mobili-
  Triple Win: Im Projekt „Triple Win“ wollen GIZ                                                              tät Hochqualifizierter aus Tunesien zu för-
  und Bundesagentur Pflegekräfte aus Ländern,         www.make-it-in-germany.com: Das Portal                  dern, war Ziel des Projekts, das die GIZ im
   in denen ein Überangebot an Pflegekräften          „Make it in Germany“ ist ein Kernelement                Auftrag des Auswärtigen Amts 2012 bis
   besteht, für eine Arbeit in Deutschland ge-        der Fachkräfte-Offensive der Bundesregie-               2013 verwirklichte (siehe dieser Beitrag).
  winnen, sie darauf vorbereiten und sie bei          rung mit Informationen rund um Leben und                Durch die Vermittlung wird der Fachkräfte-
  ­ihrer Integration begleiten. Es profitieren die    Karriere in Deutschland. Im Auftrag des                 mangel in deutschen Software- und Ma-
   Fachkräfte, die deutschen Krankenhäuser und        Bundeswirtschaftsministeriums und in Ko-                schinenbauunternehmen etwas gemildert.
   die Herkunftsländer: Der dortige Arbeitsmarkt      operation mit der Zentralen Auslands- und               Zudem gibt es für Fachkräfte in Tunesien
   wird entlastet und die Pflegekräfte überwei-       Fachvermittlung der Bundesagentur für Ar-               oft keine Stellen. Von 100 Ingenieuren, die
                                                                                                                                                                     Fotos: Tristan Vostry (11)

   sen Geld in die Heimat. 500 Gesundheitsfach-       beit unterstützt die GIZ die „Make it in                teilnahmen, erhielten 70 im Anschluss ei-
   kräfte wurden auf eine Tätigkeit in Deutsch-       Germany“-Initiative in den drei Pilotländern            nen festen Arbeitsvertrag (Stand: Februar
   land vorbereitet, 250 davon haben bereits          Indien, ­Indonesien und Vietnam mit Bera-               2014). Einige von ihnen arbeiten für deut-
   einen Job.                                         tungs- und Informationsangeboten. Seit                  sche Unternehmen in Tunesien.

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nd
                                                                                         Vietnam

     nur fachlich gut ausgebildet ist, sondern auch       begrüßt das Programm und die Entsendung der
     Deutsch, Englisch und vor allem Arabisch spricht     Akademiker nach Deutschland ausdrücklich.
     und auf Baustellen in Ägypten, Abu Dhabi oder        „Von Tunesien kam ganz klar die Rückmel-
     Katar zeigt, was unsere Produkte leisten und wie     dung: Wir wünschen uns, dass unsere Fachkräf-
     sie eingebaut werden müssen.“ Ohne das Pro-          te im Ausland eine Chance haben. Denn wir
     gramm des Auswärtigen Amts, über das er durch        können im Moment die Perspektive nicht bie-
     die IHK in Augsburg erfahren habe, hätte er ei-      ten“, sagt Wittenborg. Außerdem überweisen
     nen solchen Spezialisten nicht gefunden. Pélissier   die jungen Tunesier einen Teil ihres Gehaltes an
     lobt den 25-Jährigen in höchsten Tönen. Chaabe-      ihre Familien in der Heimat. Fünfzehn Pro-
     ne, der von 2007 bis 2012 in Tunis studierte, sei    grammteilnehmer arbeiten in tunesischen De-
     hervorragend ausgebildet. „In welch einem Tem-       pendancen deutscher Unternehmen. Das könn-
     po er Deutsch gelernt hat, ist unfassbar!“           te in einigen Jahren auch Chaabene passieren.
                                                          Sollte das Unternehmen eine Niederlassung in       Polen
                                                          Tunesien eröffnen, wäre der junge Ingenieur der
     Auch Tunesien profitiert
                                                          richtige Mann, sagt MEA-Chef Pélissier.
     Chaabene, Sohn eines Schuldirektors und einer
     Lehrerin, dessen beide Geschwister ebenfalls         > Ansprechpartnerin
     studieren, kann sich gut vorstellen, einige Jahre    Anna Wittenborg >
     in Deutschland zu bleiben. Über 70 der 100 tu-       Anna.wittenborg@giz.de
     nesischen Akademiker haben nach dem Ende                                                                 Süd
     der Projektzeit eine feste Stelle gefunden, knapp
     60 von ihnen in Deutschland. Die GIZ geht da-
     von aus, dass sie zumindest einige Jahre bleiben.
     Damit sei kein Abzug von Know-how aus Tu-
     nesien verbunden, sagt GIZ-Projektleiterin
     Anna Wittenborg. Die tunesische Regierung

                                 ltstitel
                        Aufentha
                        Name:
                         Chaabene
                         Hachem
                         Beruf:
                                     u      r
                          Bauingenie
                                        :
                          Herkunftsland
                           Tunesien
                                      onen:                 eres
                           Qualifikati
                                    ; v e rh a n dlungssich
                            Studium                  rabisch
                                        nglisch, A
                            Deutsch, E ch
                                        ösis
                             und Franz

     akzente 02/2014
akzentuiert
Digitaler Wandel
Themen dieses   Im Fokus: Die Informations- und Kommunikationstechnik verändert weltweit,
Schwerpunkts    wie wir leben und arbeiten und wie sich die Gesellschaft organisiert.
                Im Überblick: Projektbeispiele aus der Arbeit der GIZ
                In zahlen: Wer online ist und was die Menschen in der Zukunft erwarten
akzentuiert

               Die Kluft wird kleiner
               Die Informations- und Kommunikationstechnik verändert weltweit, wie wir
               leben und arbeiten, wie sich Wirtschaft und Gesellschaft organisieren.

               Text Petra Hannen Illustration Denise Graetz

                                                                                                                                                 Fotos: NASA/Roger Ressmeyer/CORBIS (Hintergrund 12/13); ImagineChina, Sven Torfinn/laif, Benoist/Boissonnet/avenue images (12/13) Sven Torfinn/laif (15)
               A
                              m 21. November 2013 folgten sie lediglich ei-    folgten Aktivisten in anderen nordafrikanischen Ländern
                              nem einzelnen Aufruf auf Facebook: Weil der      mit ähnlichen politischen Verhältnissen, die sogenannte
                              damalige ukrainische Präsident ein über Jahre    Arabellion brachte Regierungen ins Wanken und teilweise
                              ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit         sogar zum Sturz.
               der EU nicht unterzeichnet hatte, trafen sich einige Hundert
               junge Ukrainer im Zentrum von Kiew – der Beginn der Pro-
                                                                               Mehr Teilhabe durch Vernetzung
               teste auf dem Maidan. Am gleichen Tag kreierten Studenten
               den Hashtag #Euromaidan und legten unter diesem Namen           Weitere Revolutionen könnten folgen. „Das Internet und
               Profile bei Facebook und Twitter an. Die Entwicklung der        die digitalen sozialen Netzwerke geben Menschen, die in ge-
               folgenden Monate hat das Labor für Social Media und poli-       schlossenen, autoritären Systemen leben, neue Hoffnung“,
               tische Teilhabe der New York University untersucht. Bereits     sagt Nazir Peroz, Leiter des Zentrums für internationale und
               im Dezember diente der virtuelle Maidan der Protestbewe-        interkulturelle Kommunikation an der Fakultät Elektro-
               gung als zentrale Plattform für die Organisation vor Ort,       technik und Informatik der TU Berlin. Grundsätzlich kön-
               aber auch für die Mobilisierung weiterer Anhänger und die       nen Informations- und Kommunikationstechnologien
               Kommunikation der Geschehnisse über die Landesgrenzen           (IKT) seiner Meinung nach für die Entwicklung von Demo-
               hinaus. Ende Februar zählte das New Yorker Labor über           kratie und Partizipation nützlich sein, da sie den Austausch
               30.000 Tweets pro Stunde; und je länger die Demonstratio-       zwischen Menschen innerhalb einer Gesellschaft fördern
               nen auf dem Maidan andauerten, desto mehr neue Nutzer           und damit politische Teilhabe und Einflussnahme erhöhen.
               verzeichneten Facebook, Twitter und andere soziale Netz-        Allerdings hänge der Zugang zur digitalen Welt von sozia-
               werke in der Ukraine. Letztlich trifft zwar die Internetge-     len, wirtschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen und
               meinde in der Ukraine keine politischen Entscheidungen.         technischen Faktoren ab – Medienkompetenz, funktionie-
               Den New Yorker Forschern zufolge hat die digitale Vernet-       rende und bezahlbare IT-Strukturen, Stromversorgung. Au-
               zung jedoch der Protestbewegung die entscheidende Dyna-         ßerdem, warnt Peroz, hätten vor allem in Afrika, Südameri-
               mik gegeben. Gleiches gilt für das Ende des Ben-Ali-Re­         ka und Asien viele Menschen aufgrund ihrer sozioökonomi-
               gimes in Tunesien: 1984 und 2008 scheiterten zwei große         schen Situation, ihres Bildungsabschlusses, Alters oder
               Protestbewegungen, Ende 2010 kanalisierten und bündel-          Geschlechts keinen Zugang zur digitalen Welt.
               ten digitale Plattformen die politische und soziale Unzufrie-         Diese digitale Kluft, die sich nicht nur zwischen Indus­
               denheit, was zu einer Massenmobilisierung gegen die Regie-      trie- und Entwicklungsländern findet, sondern auch zwischen
               rung führte. Dem Beispiel der tunesischen Protestbewegung       Bevölkerungsgruppen innerhalb einer Gesellschaft, war »

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Mobile
                     tion
           Kommunika
                                     nicht nur
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                                      der Spitze.
                       weltweit an
akzentuiert

                                         schon 2003 und 2005 Anlass für den zweiteiligen UN-Welt-        Im Zentrum der digitalen Möglichkeiten steht in allen Be-
                                         gipfel zur Informationsgesellschaft in Genf und Tunis. Die      reichen eine veränderte Kommunikationsstruktur. Der Aus-
                                         Teilnehmer verständigten sich auf das Ziel, eine am Menschen    tausch von Informationen wird nicht nur einfacher, schnel-
                                         orientierte, alle Beteiligten einbeziehende und entwicklungs-   ler und direkter, sondern auch vielstimmiger. Denn während
                                         orientierte Informationsgesellschaft aufzubauen, in der die     die Menschen bei der One-to-Many-Kommunikation der
                                         Menschenrechte gewahrt werden. Zudem kamen sie überein,         klassischen Massenmedien passiv bleiben, können sie bei der
                                         digitale Technologien als Instrumente zur sozialen und wirt-    Many-to-Many-Kommunikation der digitalen Welt mitre-
                                         schaftlichen Entwicklung und zur Verwirklichung der Millen-     den. „In immer mehr Ländern fordert die Bevölkerung, vor
                                         niumsziele zu nutzen. Bereits in den 2000 verabschiedeten       allem die junge Generation, diese Möglichkeit aktiv ein“,
                                         Millenniumszielen selbst wurden Informations- und Kom-          sagt Astrid Kohl, in der GIZ zuständig für die Themen Me-
                                         munikationstechnologien direkt erwähnt: Sie sollen in Zu-       dien, Kommunikation, E-Governance. Die Digitalisierung
                                         sammenarbeit mit Unternehmen allen Menschen zugänglich          lasse die Erwartungen der Menschen, was mehr Transpa-
                                         gemacht werden. Und aus der Nachfolgeagenda, die sich die       renz, Verlässlichkeit, Mitsprache und Service in allen Berei-
                                         globale Gemeinschaft für die Zeit ab 2015 geben will, werden    chen des öffentlichen Lebens angehe, wachsen. „Diese Er-
                                         Internet und Telekommunikation angesichts ihrer rasanten        wartungen beleben den Dialog zwischen Regierung und Zi-
                                         Entwicklung nicht wegzudenken sein. Erst für Ende Mai hat       vilgesellschaft. Sie verändern Machtverhältnisse, aber auch
                                         John William Ashe, Präsident der Generalversammlung der         ganz konkret politische Gestaltungs- und Entscheidungs-
                                         Vereinten Nationen, ein zweitägiges, hochrangig besetztes Ex-   prozesse sowie die Verwaltungsabläufe dahinter. Daher ist
                                         pertentreffen zu Rolle und Bedeutung von IKT für die Ent-       eine dialogorientierte Kommunikation der Schlüssel für die
                                         wicklung und die Post-2015-Agenda einberufen.                   nachhaltige Entwicklung von Good Governance.“
                                                                                                               Dass Governance grundsätzlich kaum noch ohne digi-
                                                                                                         tale Komponenten gedacht werden kann, spiegelt die Nach-
                                         Ein Instrument für internationale Kooperation
                                                                                                         frage in den Partnerländern der deutschen internationalen
                                         Dass die Vereinten Nationen die Informations- und Kom-          Zusammenarbeit. Bei über 30 aktuellen Projekten der GIZ
                                         munikationstechnologien schon vor fast 15 Jahren in die         weltweit geht es um E-Governance – bei der elektronisch ge-
                                         Orientierungsrahmen für die internationale Entwicklungs-        stützten Reform der öffentlichen Finanzen oder der Moder-
                                         zusammenarbeit aufgenommen haben, hat deren Verwen-             nisierung der Verwaltung, bei der Korruptionsbekämpfung,
                                         dung befördert. Ob in Politik oder Verwaltung, in der In-       der Transparenz im Rohstoffsektor, bei Wissensvermittlung
                                         dustrie oder dem Dienstleistungssektor, bei Bildung, Ge-        und Gesundheitsförderung. Wie umfassend dabei Informa-
                                         sundheit, ländlicher Entwicklung oder Ressourcenschutz:         tions- und Kommunikationstechnologien zum Einsatz kom-
                                         Bei Programmen zur Optimierung von Arbeitsabläufen, bei-        men können, zeigt das Beispiel Bangladesch. Die Lang-
                                         spielsweise in Behörden, zur Kommunikation und Netz-            zeitstrategie „Vision 2021“ der Regierung sieht vor, dass sich
                                         werkbildung oder zur kostengünstigen und schnellen Bereit-      Bangladesch bis zum 50. Unabhängigkeitstag im Jahr 2021
                                         stellung von Informationen spielen die neuen Technologien       zu einem Land mit mittlerem Einkommensniveau entwi-
                                         mittlerweile eine wichtige Rolle. Und auch aus der Nothilfe     ckelt. Wichtiger Baustein ist „Digital Bangladesh“, die breite
                                         sind sie kaum noch wegzudenken: Die Informationsplatt-          und effektive Nutzung von Informations- und Kommunika-
                                         form Ushahidi beispielsweise gilt seit dem Erdbeben in Hai-     tionstechnologien für mehr Bürgerbeteiligung und eine bes-
                                         ti 2010 als wichtiges Hilfsmittel für die Arbeit von Hilfsor-   sere Einhaltung der Menschenrechte, Transparenz und Re-
                                         ganisationen. Ursprünglich hatte der kenianische Techniker      chenschaftslegung, eine funktionierende Justiz und Verwal-
                                         und Blogger Erik Hersman Ushahidi – in Kenias Landes-           tung. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche
                                         sprache Swahili das Wort für Zeugnis – initiiert, um in sei-    Zusammenarbeit und Entwicklung hat die GIZ mit den
Foto: Benoist/Boissonnet/avenue images

                                         nem Heimatland nach den Wahlen 2007 Menschenrechts-             Städten Narayanganj und Jamalpur digitale Systeme ent­
                                         vergehen zu dokumentieren. Im Fall Haiti sammelten die          wickelt und implementiert, die als Vorbild für die Ein­
                                         Ushahidi-Gründer Nachrichten über Facebook, Twitter             richtung zentraler Bürgeranlaufstellen sowie für die schnel-
                                         und SMS, ergänzten sie mit offiziellen Meldungen und Mit-       lere ­Bearbeitung der Verwaltungsvorgänge dienen. 47 wei-
                                         teilungen von Nichtregierungsorganisationen und übertru-        tere Kommunen arbeiten inzwischen mit angepasster
                                         gen alle Informationen auf eine digitale Haiti-Karte – eine     Open-Source-Software, um Steuern und Abgaben zu erhe-
                                         wichtige Orientierung für die Helfer, um am richtigen Ort       ben und zu verwalten, Gebührenordnung und Haushalt
                                         und mit der richtigen Ausrüstung anzurücken.                    transparent darzulegen, den Bürgern Mitsprache- und »

                                         akzente 02/2014                                                                                                                           17
akzentuiert

                      Beschwerdewege zu eröffnen und deren Zufriedenheit mit          mobilen Endgeräten – Handys und Smartphones, Tablets
                      der Verwaltung zu messen.                                       und Laptops. Der Mobilfunksektor wächst rasant; weltweit
                           Um nicht nur den Eliten, sondern möglichst vielen          wird es bald mehr Mobilfunkverträge als Menschen geben.
                      Menschen weltweit eine breite Nutzung des Internets zu er-      Aktuellen Zahlen der Internationalen Fernmeldeunion zu-
                      möglichen, müssen allerdings immer noch existierende digi-      folge fehlt jedoch weltweit 1,1 Milliarden Haushalten bis-
                      tale Spaltungen überwunden werden. Der „E-Government            lang ein Anschluss an das World Wide Web, 90 Prozent da-
                      Survey 2012“ der Vereinten Nationen empfiehlt, vor allem        von in Entwicklungsländern. Diese UN-Sonderorganisation
                      auf die Stärkung digitaler Kompetenzen und den freien Zu-       sieht in einem schnellen Ausbau des mobilen Internets die
                      gang zu digitalen Dienstleistungen auch für sozial benachtei-   Lösung. Einem ihrer Berichte zufolge ist das mobile Internet
                      ligte Gruppen zu setzen. Diese Ansätze verfolgen auch           bereits jetzt das größte Wachstumssegment des globalen
                      Deutschland und die EU, außerdem weitere Themen wie die         IKT-Marktes, 30 Prozent der Weltbevölkerung nutzen das
                      IT-Sicherheit und die Frage, auf welche Weise eine kritische    Internet über Smartphones oder Tablets. Besonders dyna-
                      Infrastruktur wie das Internet geschützt werden kann, um        misch ist die Entwicklung laut „ICT Development Index“
                      die Gesellschaft funktionsfähig zu halten.                      der Internationalen Fernmeldeunion in den Vereinigten
                           Auch im Bereich Technik gibt es Handlungsbedarf. In        Arabischen Emiraten, dem Libanon, in Barbados, auf den
                      den Industrieländern verhalfen in den 1990er Jahren PC          Seychellen, in Weißrussland, Costa Rica, der Mongolei,
                      und Festnetz dem Internet zum Siegeszug. Diesen Zwischen-       Sambia, Australien, Bangladesch, dem Oman und Simbab-
                      schritt überspringen Entwicklungs- und Schwellenländer,         we. Schlecht stellt sich hingegen die Lage in vielen Ländern
                      denn die digitale Zukunft gehört dem mobilen Internet und       Afrikas südlich der Sahara dar – noch: Die Mobilfunk-In-

Aus der Arbeit der GIZ > Digitaler wandel

 Innovation                                                             Mobiles Datenmanagement
                                  Projekt: Informations- und            Projekt: Zusammenarbeit mit SAP Deutschland
                                  Kommunikationstechnologien            Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen­
                                  Auftraggeber: Bundesministeri-        arbeit und Entwicklung, www.develoPPP.de
                                  um für wirtschaftliche Zusam-         Partner: SAP AG
                                  menarbeit und Entwicklung             Laufzeit: 2013 bis 2015
                                  Laufzeit: seit 2008
                                                                        Uganda Rund 1,2 Millionen Kleinbauernfamilien gehen große Teile
                                                                        ihrer Einnahmen aus dem Kaffeeanbau verloren, weil ihnen der Zu-
 WELTWEIT Im Auftrag des BMZ unterstützt die GIZ in einer Viel-         gang zum internationalen Exportmarkt sowie zu Finanzdienstleistun-
 zahl von Einzelansätzen örtliche Partner beim Einsatz von Infor-       gen verwehrt ist. Die deutsche SAP AG und die GIZ entwickeln für
 mations- und Kommunikationstechnologien in Politik, Wirtschaft         die Uganda Coffee Farmers Alliance eine Smartphone-Applikation,
 und Gesellschaft. Sie fördert die institutionellen Rahmenbedin-        die Daten zu Produktion und Lagerbeständen transparent erfasst
 gungen, die breiten Bevölkerungsschichten einen erschwinglichen        und auch Rückschlüsse auf den Ertrag einzelner Bauern und die
 Zugang zu modernen Telekommunikationsdiensten ermöglichen,             Qualität des gelieferten Kaffees zulässt. So können einerseits bessere
 und unterstützt den Aufbau nationaler IT-Sektoren. Sie berät           Preise für die Bauern erzielt werden, andererseits dienen die durch
 Partner bei der selbstständigen und bedarfsgerechten Entwick-          die App generierten Daten als Basis für den Zugang zu Finanz-
 lung von IKT-Lösungen und zu IKT insgesamt als Innovations­            dienstleistungen wie etwa dringend benötigten Landwirtschafts­
 treiber.                                                               krediten.

     www.giz.de/fachexpertise/html/3270.html                               www.ucfa.or.ug

18                                                                                                                                   akzente 02/2014
dustrievereinigung GSMA hat nämlich Zahlen veröffent-         bote sind Sprechstunden mit qualifizierten Ärzten zu einem
                                                          licht, wonach diese Region beim mobilen Internet die          vergünstigten Tarif oder Zusatzdienste wie Linda Jamii, mit
                                                          höchsten Wachstumsraten weltweit verzeichnet.                 dem über regelmäßige Kleinstbeträge eine Krankenversiche-
                                                               Schon die Potenziale simpler Handys verändern den        rung abgeschlossen werden kann.
                                                          Alltag grundlegend. In Tansania stellt die Initiative „SMS         Die digitale Revolution – ob mit älterem Mobiltelefon
                                                          for Life“ durch Textnachrichten sicher, dass auf dem Land     ohne Internetanschluss und Touchscreen oder mit einem
                                                          immer genug Medikamente zur Malariabehandlung vorhan-         modernen – bringt für Entwicklungs- und Schwellenländer
                                                          den sind. Kleinbauern fragen über SMS Wetter- und Markt-      wichtige ökonomische Optionen. „Information ist die Wäh-
                                                          informationen ab. Und Unternehmen setzen Mobiltelefone        rung der Demokratie“, sagte der dritte US-Präsident Thomas­
                                                          ein, um Menschen am Sockel der globalen Einkommenspy-         Jefferson schon im frühen 19. Jahrhundert. „Informationen
                                                          ramide Produkte und Dienstleistungen zu bieten, zu denen      bringen Märkte zum Funktionieren, und Märkte schaffen
                                                          sie bisher keinen Zugang hatten. Kenia beispielsweise war     Wohlstand“, ergänzte 2007 der US-amerikanische Ökonom
                                                          das erste Land weltweit, das mit einem Service namens         Robert Jensen – Ergebnis seiner Studie „The Digital Provi-
                                                          M-Pesa den Geldtransfer über Mobiltelefone einführte: Sa-     de“, in der er den Sardinenhandel in 15 Hafenmärkten im
                                                          faricom-Kunden können ohne Bankkonto oder Internet            südindischen Bundesstaat Kerala vor, während und nach der
                                                          bargeldlos einkaufen, Rechnungen begleichen oder sich ih-     Installation der regionalen Handynetze untersuchte: Der
                                                          ren Lohn auszahlen lassen, inzwischen nutzen selbst Banken    bessere Informationsaustausch sorgte bei den F  ­ ischern für
                                                          die Handy-Gelddepots und bieten Unternehmerkredite            größere Profite, obwohl die Preise für die Endkunden sanken;
                                                          oder Überweisungen ins Ausland an. Weitere Handy-Ange-        gleichzeitig mussten keine überflüssigen Fangmengen »

                                                            Neue und soziale Medien                                                E-Governance
                                                            Projekt: Förderung von Good Governance                                                                     Projekt: Online-Services für kom-
                                                            Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche                                                        munale Dienstleistungen
                                                            Zusammenarbeit und Entwicklung                                                                             Auftraggeber: Bundesministerium
                                                            Laufzeit: seit 2011                                                                                        für wirtschaftliche Zusammen­
                                                                                                                                                                       arbeit und Entwicklung
                                                            WELTWEIT Die GIZ unterstützt das BMZ bei der Entwicklung                                                   Laufzeit: 2012 bis 2015
                                                            z­ ukunftsorientierter Strategien für die Förderung von Good Gover-
                                                             nance und Demokratie. Neben den Handlungsfeldern Demokratie-          PALÄSTINENSISCHE GEBIETE Acht Kommunen bieten Bürgerinnen
                                                             förderung, politische Teilhabe und Zivilgesellschaft sowie demo-      und Bürgern kommunale Dienstleistungen online und aus einer
Fotos: Dirk Ostermeier/giz (18); Julie Platner/giz (19)

                                                             kratische Rechenschaftslegung und Legitimität spielt die              Hand: Wasser- und Elektrizitätsrechnungen, die Vergabe von Bauge-
                                                             Förderung der Medien in ihrer gesellschaftlichen Kontrollfunktion     nehmigungen und Gewerbescheinen. Von den virtuellen Bürgerbüros
                                                            eine besondere Rolle. Hier werden die neuen und sozialen Medien        profitieren bislang 500.000 Menschen. Über einen Kommunalent-
                                                             immer wichtiger. Es werden Chancen analysiert, aber auch Risi-        wicklungsfonds, der von KfW und GIZ im Auftrag des BMZ unter-
                                                             ken, die die Nutzung sozialer Medien für Bürgerinnen und Bürger,      stützt wird, soll der Online-Service weiteren interessierten Gemein-
                                                             organisierte Zivilgesellschaft und Staat mit sich bringt. Soziale     den im Gazastreifen und im Westjordanland zugänglich gemacht
                                                             Medien bieten ergänzende Informations- und Dialogmöglichkeiten        werden. Das Modellprojekt spricht sich inzwischen in der MENA-Re-
                                                             zwischen Bürgern und Staat, bergen aber zugleich das Risiko der       gion (Nahost und Nordafrika) herum: In Tunesien werden mit Förde-
                                                             Manipulation von Informationen oder gar der Überwachung.              rung des Auswärtigen Amtes derzeit zehn Bürgerbüros eingerichtet.

                                                                www.giz.de/governance                                                 www.baladiyat.ps

                                                          akzente 02/2014                                                                                                                                  19
akzentuiert

               mehr vernichtet werden. Die internationale Zusammenar-            Qualitätsmängel auftreten oder der Ertrag einer Farm beson-
               beit im Bereich Informations- und Kommunikationstechno-           ders niedrig ausfallen, können die Daten für gezielte Schu-
               logien setzt daher neben Governance-Themen auf die Schaf-         lungen zur Verbesserung genutzt werden.
               fung förderlicher Rahmenbedingungen für privatwirtschaft-              „Je stärker der Nutzen der neuen Technologien wächst,
               liches Engagement – einerseits mit Blick auf deutsche             umso stärker steigt auch der Bedarf “, sagt Friedrich. Digitale
               Unternehmen, die mit ihrem technischen Know-how zur Er-           Techniken stehen demnach vor dem Durchbruch. Bislang lag
               reichung von Entwicklungszielen beitragen können, anderer-        der Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit auf der
               seits zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit der IKT-Branche          Förderung des IT-Sektors, etwa durch Unterstützung bei der
               vor Ort. Für die GSMA sind transparente und stabile politi-       Bildung von Netzwerken und regionalen Zentren, durch Ca-
               sche Rahmenbedingungen für Unternehmen und Investoren             pacity Development sowie Hilfe beim Ausbau lokaler Märk-
               der Schlüssel, vor allem bei der Verwaltung und Harmonisie-       te und Innovationen. Die Zukunft gehört der Integration
               rung von Frequenzen sowie der Besteuerung. Dass auf der           von Informations- und Kommunikationstechnologien auch
               Regulierungsebene vielerorts noch Hindernisse beseitigt           in andere Programme, um durch sie Lösungen effektiver zu
               werden müssen, bestätigt Bernd Friedrich, Leiter des vom          gestalten: von Partizipation, Bildung und Gesundheit über
               BMZ beauftragten weltweiten Programms „Einsatz von                Politik und Verwaltung, Produktion und Unternehmensfüh-
               ­Informations- und Kommunikationstechnologien in der              rung bis zu intelligenten Städten. In solchen Smart Citys er-
                Entwicklungszusammen­arbeit“. Unternehmen sollten sich           möglichen digitale Technologien die Vernetzung von
                auf ihr Geschäft konzentrieren, nicht darauf, sich mit staat­    Lebens- und Arbeitswelten, steuern Verkehrs- und Versor-
                lichen Stellen auseinanderzusetzen – da gebe es in etlichen      gungssysteme, dienen als Assistenzsysteme für eine alternde
                Ländern noch Nachholbedarf. Solche Probleme werden den           Bevölkerung und stärken im Katastrophenfall die Selbst-
                steigenden Einsatz von IKT ­allerdings nicht aufhalten, son-     schutz- oder Selbsthilfefähigkeit der Menschen.
               dern lediglich etwas verlangsamen.                                     Mit der acatech – Deutsche Akademie der Technikwis-
                                                                                 senschaften untersucht die GIZ derzeit in einer Konzeptstu-
                                                                                 die am Beispiel Indiens das Potenzial cyber-physischer Syste-
               Keine Peanuts: Marktinfos per Smartphone
                                                                                 me. Produktionsanlagen und Produkte sollen künftig über
               Im Auftrag des BMZ organisiert die GIZ Dialoge innerhalb          standardisierte, aber offene Schnittstellen miteinander kom-
               der IKT-Branche über die Einbeziehung von Menschen am             munizieren und sich für eine intelligente und ressourcen-
               untersten Ende der Einkommenspyramide. Dabei geht es um           schonende Fertigung vernetzen. Solche Prozesse, die
               Chancen und Herausforderungen, wenn Unternehmen der               Deutschland unter Begriffen wie Advanced Manufacturing
               Branche existierende Geschäftsmodelle breitenwirksam ge-          oder Industrie 4.0 vorantreibt, sollen Unternehmen beson-
               stalten oder neue Märkte und Geschäftsfelder erschließen          ders in Schwellenländern die Integration in globale Produk-
               wollen. Die „African Cashew initiative“ beispielsweise, die       tions- und Logistikketten erleichtern. Industriell gefertigte
               die GIZ mit drei weiteren Partnern in Benin, Burkina Faso,        Produkte können durch die vernetzte Fertigung flexibel an
               der Elfenbeinküste, Ghana und Mosambik koordiniert, un-           den Bedarf angepasst werden, und das mit Beteiligung glo-
               terstützt Cashew-Bauern dabei, auf dem Markt bessere Preise       baler, lokaler und regionaler Hersteller und Zulieferer.
               zu erzielen. Um die Cashew-Wertschöpfungskette transpa-                „Regionale Innovationszentren spielen eine wichtige
               renter und effizienter zu machen, hat der deutsche Soft-          Rolle in der stetig wachsenden Technologie- und Unterneh-
               warekonzern SAP für die ghanaische Kooperative Wenchi             mensszene in Afrika, Asien oder Südamerika“, sagt GIZ-­
               Cashew Union eine smartphone- und laptopbasierte Anwen-          Mitarbeiter Christian Gmelin, Mitglied des Teams Globale
               dung entwickelt. Statt handschriftlich zu dokumentieren,          Wissenskooperationen und Lernen. Diese „Inseln der Inno-
               welcher Bauer welche Menge Cashews zum Verkauf an die             vation“ unterstützen mit Programmen, Veranstaltungen und
               Kooperative weitergibt, werden die Säcke nun mit Barcodes         Schulungen sowie mit der Bereitstellung von Internetzugän-
               versehen, die die Kooperative einliest. Das Gewicht wird          gen und Räumlichkeiten lokale Innovationen; sie sind Grün-
               ­unter dem Namen des jeweiligen Bauern erfasst. Auf dem           derzentren, Denkfabriken und Anlaufstellen für die lokale
                Laptop werden die Daten dann in ein geografisches Informa-       IT- und Kreativwirtschaft. Die Technikszene in Industrielän-
                tionssystem übertragen und ausgewertet. Das nützt nicht nur      dern interessiert sich inzwischen auch für die sogenannte
                                                                                                                                                   Foto: Imaginechina

                dem Geschäftsführer der Wenchi Cashew Union, der die La-        ­Silicon Savannah: Auf Einladung der GIZ trafen sich bei-
                gerbestände und die Logistik so besser im Blick hat. Auch die    spielsweise auf der Konferenz re:publica 2013 in Berlin, einer
                Kleinbauern der Kooperative profitieren davon: Sollten           jährlichen Tagung rund um das Internet und die ­digitale »

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