"Du bist einmalig!" - Pfarrblatt - Kindertrauer und ...
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67. Jahrgang · Nr. 2 · Herbst 2012 Pfarrblatt »Du bist einmalig!« Schwerpunkt Einmaligkeit und Vielfalt: Genetik, Lebensphasen, Bildung, Leid, Aufbrüche Dompfarre Lange Nacht der Kirchen · Steffl- und Wr. Kirtag · Ausstellung: Der Domschatz Spirituelles Kunstprojekte, Lebensgeschichten: Pater Pio, Mutter Teresa, Veronika Literatur „Echtzeit“ · „Leben – Wie geht das?“ · „Krisen bewältigen“ · „Zwei Leben“
Inhalt Editorial ■ Editorial 2 ■ ■ ■ Wort des Dompfarrers Die Durchschnittsfalle Gottes Bild in mir herausbilden 6 3 4 Grüß Gott! Per E-Mail hatte ich die Einladung zu einer ■ Leben schützen – von Anfang an 8 ■ Jeder Mensch will leben 9 Buchpräsentation bekommen: „Die Durch- ■ Im Elend die Würde schnittsfalle. Gene – Talente – Chancen“ nicht verlieren 10 von Markus Hengstschläger. Buch und ■ Jedes Kind verdient die besten Autor waren mir nicht unbekannt: Hat- (schulischen) Chancen 11 ten wir doch im Oster-Pfarrblatt eben ■ Essstörungen – zwischen Lifestyle und Lebensgefahr 12 dieses Buch von eben diesem Autor re- ■ Erfahrungen teilen, Ideen zensieren lassen. Umso interessanter einbringen, mitgestalten 12 war, den Verfasser eines Bestsellers ein- ■ »Quo vadis?« 14 mal über sein Buch reden zu hören. ■ Trauer hat so viele Gesichter, wie es Menschen gibt 16 Rasch hatte sich die Buchhandlung ■ Was uns einmalig macht, gefüllt. Deutlich mehr Gäste waren ge- sind unsere Stärken 17 kommen, als Sessel zur Verfügung stan- ■ Du bist gut – Du gehörst zu uns 18 den. Doch der Vortrag ließ die Zeit wie im ■ Kommunikation als Prävention 19 Flug vergehen. Einer der größten derzeit spricht uns auch im Innersten an. ■ Wiener Charta 20 begangenen Fehler Österreichs sei, so Irgendwann war mir klar: Das ist ein ■ Einmaliges Europa 21 ■ Kulturpflanzenvielfalt 22 Hengstschläger, alle auf Durchschnitt zu Thema fürs Pfarrblatt! „Du bist einma- ■ Wie fördern Sie andere darin, trimmen. Nicht auffallen zu wollen schei- lig!“ Denn eigentlich wissen wir, dass wir ihre Einmaligkeit zu entdecken? 24 ne zwar aufs Erste angenehm und pro- einmalig sind. Doch wenn es um die Um- ■ Der Domschatz kehrt zurück 26 blemlos zu sein – doch die ungewisse und setzung im Alltag geht, schaut es schon ■ Der neue PGR St. Stephan 27 herausfordernde Zukunft lasse sich nun wieder ganz anders aus. Und vielfach ist ■ Erstkommunionfeiern 2012 28 einmal nicht von Menschen gestalten, die auch gar nicht erwünscht, dass wir unse- ■ Pfarr-Firmung 30 ihre individuellen Fähigkeiten nicht ent- re Einmaligkeit leben. ■ »Rückenwind« 31 faltet haben und gewohnt sind, sie weder ■ JU-nite: Party im Curhaus 31 einbringen zu können noch zu müssen. Einmaligkeit tut uns gut ■ 10. Steffl-Kirtag und 3. Wr. Kirtag 32 Mit Humor und originellen Beispielen aus Das Redaktionsteam war begeistert, die ■ Lange Nacht der Kirchen 34 Biologie und Genetik hat der jüngste Uni- Autoren leicht gewonnen. Und noch bei ■ Hilfe für argentinische Kinder 36 ■ 49. Flohmarkt der Dompfarre 37 versitätsprofessor für medizinische Gene- keiner anderen Ausgabe habe ich schon ■ Alles Klimt 37 tik es schnell geschafft, die Aufmerksam- im Vorfeld so viele so positive Rückmel- ■ Vor 60 Jahren 38 keit seiner Zuhörer zu gewinnen, uns zum dungen auf den Titel eines Pfarrblattes ■ Besonderheiten in St. Stephan 39 Lachen zu bringen – und eine Atmosphä- bekommen: „Das ist gut, das gefällt mir!“ ■ Pater Pio 40 re zu schaffen, in der man nicht mehr „Das ist super!“ Einige haben gleich zu ■ Mutter Teresa 41 Durchschnitt sein wollte. Es lag in der erzählen begonnen, wie schwer es Kin- ■ Barmherziger Jesus 42 Luft: Seine Individualität zu leben wird der und Jugendliche in Kindergarten und ■ »Veronika reicht Jesus das dem Menschen nicht nur gerecht, es Schule haben, einmalig sein zu dürfen. Schweißtuch« 43 Manche haben das Thema in aller Ruhe ■ Dem Leben auf der Spur 44 Hinweis. auf sich wirken lassen und sich dann et- ■ Mein Draht zu Gott 44 Wir bitten Autoren und Leser um Ver- wa derart geäußert: „Ja, das ist eine ■ »Krisen bewältigen – Viktor E. ständnis, dass wir aus Gründen der bes- Frankls 10 Thesen in der Praxis« 45 wichtige Sache“. Andere haben einfach seren Lesbarkeit und der Unversehrtheit ■ »Zwei Leben« 46 über das ganze Gesicht gestrahlt. der Sprache Bezeichnungen wie „Christ“, ■ »Und schaut der Steffl „Katholik“ etc. so wie das ebenfalls gram- Wir haben es also anscheinend gern, lächelnd auf uns nieder…« 47 matikalisch maskuline Wort Mensch als wenn uns jemand sagt, dass wir einma- ■ Chronik 48 inklusiv, also geschlechtsneutral verste- lig sind. Es tut uns gut zu wissen, für ei- ■ Nacht der Mystik 48 hen und verwenden. Die Redaktion. nen anderen Menschen jemand Beson- ■ Zum Gedenken an Dr. Max Josef Allmayer-Beck 49 derer zu sein. „Wie oft ist die Mona Lisa ■ Zum Gedenken an Reaktionen. schon kopiert worden. Und trotzdem P. Maximilian Svoboda OP 49 Wenn Sie uns etwas mitteilen wollen, dann zögern Sie nicht: Schreiben Sie an: stehen die Leute nach wie vor Schlange, ■ Termine in St. Stephan 50 Dompfarre St. Stephan, „Pfarrblatt“, Ste- um sich das Original anzusehen“ – Louis ■ Mariazeller-Fest am 8. Sept. 51 ■ Zum Nachdenken 52 phansplatz 3, A-1010 Wien, od. per E-Mail: Armstrong bringt mit diesem Beispiel dompfarre-st.stephan@edw.or.at auf den Punkt, dass ein Original durch ■ Impressum 52 nichts zu ersetzen ist. 2 Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012
PB Herbst 2012 28.08.12 20:41 Seite 3 Wort des Dompfarrers Liebe Freunde! Wozu Originalität, Einmaligkeit, Indi- Es braucht nicht erst die kriminalistische vidualität Menschen anregt, wie sie da- Feststellung des Fingerabdrucks, um da- durch in ihrer Arbeit inspiriert und berei- von überzeugt zu sein, dass jeder Mensch chert werden und welche Herausforde- unverwechselbar einmalig ist. Wie groß rungen dies mit sich bringt, können Sie ist die Freude bei den Eltern, wenn sie ihr in diesem Pfarrblatt auf den Seiten 4–23 Baby zur Taufe bringen, und ich im Na- lesen. Auf Buchliebhaber warten vier men Gottes diese Einmaligkeit des Ge- Buchrezensionen (S. 40–42). Wer die schenkes des Lebens ins deutende Wort jüngsten Kunstprojekte im Stephansdom und in die sakramentale Geste der Was- näher kennen lernen möchte, erfährt et- sertaufe bringen kann. Ein besonderes, was darüber auf den Seiten 36–39. Na- mir sehr ans Herz gewachsene Lied wird türlich berichten wir (ab S. 24) aus dem immer wieder bei so einem Freudenfest Leben der Dompfarre – vom 10. Steffl-Kir- angestimmt: tag und vom Wiener Kirtag, von der Lan- „1. Vergiss es nie: Dass du lebst, war gen Nacht der Kirchen; außerdem wird keine eigene Idee, und dass du atmest, hat seinen eigenen unendlichen Wert. Ihnen der neu konstituierte Pfarrge- kein Entschluss von dir. Vergiss es nie: Dass Jeder Mensch ist der Bruder, die Schwes- meinderat vorgestellt. Und Sie erhalten du lebst, war eines anderen Idee, und dass ter, für die Jesus Christus sein Leben hin- eine ausführliche Terminübersicht, so- du atmest, sein Geschenk an dich. gegeben hat. Gott hat sich jeden einzeln wie Detailinformationen zur aktuellen (Refrain:) Du bist gewollt, kein Kind ausgedacht als Wunder mit seinem spe- Domschatz-Ausstellung. des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz ziellen Auftrag. Keiner ist „Gottes verges- Markus Hengstschläger, dessen Buch egal, ob du dein Lebenslied in Moll singst senes Kind“, das ihm gleichgültig wäre. „Die Durchschnittsfalle“ Ideengeber die- oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein Bischof Manfred Scheuer hat es vor Jah- ses Pfarrblatt-Themas war, weist darauf genialer noch dazu. Du bist du … Das ist ren in seinem sehr lesenswerten Buch hin: „Das Wichtigste, was wir aufbringen der Clou, ja der Clou: Ja, du bist du. „Christlicher Lebensstil heute“ in vielen müssen, um die Fragen der Zukunft zu 2. Vergiss es nie: Niemand denkt und Beispielen variiert (Tyrolia, 2005). beantworten, wenn sie dann einmal Ge- fühlt und handelt so wie du, und nie- Zum Thema „Einmalig“ fällt mir auch genwart geworden sind, ist Mut!“ mand lächelt so, wie du’s grad tust. Ver- das Gebet des kleinen Nicolas Peter ein. In diesem Sinne wünsche ich uns giss es nie: Niemand sieht den Himmel Als Taufpriester war ich zu seinem 2. Ge- Mut, die Zukunft zu gestalten, Weisheit, ganz genau wie du, und niemand hat je, burtstag eingeladen. Es ist ja eine recht unsere individuellen Talente zu entde- was du weißt gewusst. schwierige Aufgabe, einem Kind das Bit- cken und Freude daran, unsere Einmalig- 3. Vergiss es nie: Dein Gesicht hat nie- te- und Danke-Sagen beizubringen. Und keit zu leben. mand sonst auf dieser Welt, und solche wenn dann auch noch das abendliche Augen hast alleine du. Vergiss es nie: Du Beten einen erfolgreichen Niederschlag Ihre bist reich, egal ob mit, ob ohne Geld, denn findet, ist der Stolz der Eltern besonders du kannst leben! Niemand lebt wie du.“ groß. Also wird der blitzschnell in der (Text: Jürgen Werth) Wohnung herumwirbelnde Nicolas ge- Jedem Menschen ist das zugesagt: beten, ob er nicht doch vor der in großer Susanne Leibrecht, Redaktionsleitung dem gesunden wie dem kranken, dem Zahl versammelten Verwandtschaft und starken wie dem schwachen, dem soge- allen Festgästen sein Lieblingsgebet laut Das ist es mir wert. nannten normalen und ganz besonders vorsprechen könnte? Er überlegt kurz, Danke, dass Sie unser Pfarrblatt lesen! auch dem behinderten. Welche Heraus- und dann – nach einer für die liebende Die Produktion eines Heftes kostet rund forderung es heute auf Grund der Präna- Mutter gefühlten Unendlichkeit – hebt 3 Euro. taldiagnostik bedeutet, zum Leben un- er nach dem Kreuzzeichen an: „Bitte, In den vergangenen Jahren konnten wir im Schnitt mit den eingelangten bedingt ja zu sagen, weiß ich aus vielen danke, Bussi, Amen.“ Spenden etwa ein Viertel der anfallenden Gesprächen mit Eltern von Kindern mit Eine einmalige Zusammenfassung Jahreskosten decken. besonderen Bedürfnissen. des christlichen Betens eines gerade ein- Wenn Sie uns unterstützten möch- Gott schreibt das Hoheitszeichen mal Zweijährigen. ten, überweisen Sie bitte Ihren finanziel- seiner Liebe und Würde auf die Stirn ei- Ihr len Beitrag mit dem beigelegten Zahl- scheinen auf unser Pfarrblatt-Konto. nes jeden. Keiner ist wiederholbar und Herzlichen Dank! ersetzbar, keiner ist eine Nummer oder ein bloßes Serienprodukt. Jeder Mensch Toni Faber, Dompfarrer Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012 3
»Du bist einmalig!« Die Durchschnittsfalle. Anders ist besser. Von Markus Hengstschläger Anders zu sein und möglichst viele ande- ben schenkt. Niemand kann heute be- innovativen politischen Lösungen. Nicht re (Andersartige), Verschiedene im Sys- haupten, was nötiger ist und sein wird, nur, dass es heute leider sehr beliebt ist, tem zu haben ist die mächtigste Eigen- weil man die Zukunft nicht kennt. Und so wenn die nächste Generation nicht auf- schaft auf dem spannenden, aber eben lange das so bleibt (und wer glaubt fällt. Es ist außerdem mehr als beliebt, auch herausfordernden Weg in die Zu- schon, dass sich das jemals ändern wird), selbst nicht aufzufallen. Nichts – so kunft. Niemand weiß, wie die Zukunft besteht die einzige Chance darin, sich auf glaubt so mancher – macht stärker, als aussieht. Niemand weiß heute schon, die Zukunft vorzubereiten, möglichst Viele als Tropfen im großen Meer des Durch- welche Fähigkeiten wir eines Tages zur im System zu haben, die anders sind. schnitts aufzugehen. Nichts – so irren so Lösung der noch kommenden Probleme viele – macht stärker, als sagen zu kön- benötigen. Ein Grundelement der Zu- Die Gefahr, nen, „wir“ (und nicht „ich“). Die Sehn- kunft ist, dass sie Neues bringt, uns noch nicht auffallen zu wollen sucht, sich hinter einer Phalanx Gleich- nicht Dagewesenes an den Kopf wirft, Wer einen neuen Weg gehen will, muss gesinnter zu verstecken, war wohl noch ohne Rücksicht auf unseren aktuellen den alten verlassen. Individualität ist das nie so groß. In Wirklichkeit sollten wir al- Stand des Wissens. Daher kann auch nie- höchste Gut, wenn es darum geht, sich les daran setzen, eine Ansammlung von mand behaupten, der Eine/das Eine wä- auf die Zukunft vorzubereiten. Der Durch- Individuen zu werden mit dem höchst- re heute wichtiger und förderungswür- schnitt erbringt keinerlei wissenschaftli- möglichen Grad an Anderssein. diger als der Andere/das Andere. Wer che Spitzenleistungen, die wir für eine Die Individualität unseres Humanka- heute wertet, wer heute von sich be- erfolgreiche Zukunft so bitter nötig ha- pitals, auf die wir bauen müssen, stellt hauptet zu wissen, was wir wirklich ben werden. Der Durchschnitt erbringt immer das Ergebnis der Wechselwirkung brauchen werden, der sollte wohl idea- aber auch keine sportlichen Spitzenleis- zwischen Genetik und Umwelt dar. Der lerweise eine Glaskugel haben und zu- tungen, keinerlei künstlerische Ausnah- Mensch ist individuell, weil er genetisch mindest jemanden finden, der ihm Glau- meleistungen und natürlich auch keine individuell ist und weil er seine individu- 4 Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012
Unsere Überlebenschance: bringen, all das ist bitter nötig. Aber individuelle Talente nicht um den Durchschnitt zu heben, Univ. Prof. Es besteht kein Zweifel: Die Individuali- sondern weil es die einzige Möglichkeit Mag. Dr. Markus tät in unserem System kann nicht auf die darstellt, die sonst verborgenen Talente Hengstschläger ist Genetik, der Mensch kann niemals auf zu entdecken und durch Erwecken in be- Vorstand des seine Gene reduziert werden. Erfolg ist sondere Leistungen umzusetzen. Es gibt Instituts für immer das Ergebnis der Wechselwirkung nur eine Elite. Die Elite ist in der Lage, et- Medizinische Gene- aus Genetik und Umwelt. Gene sind wie was Besonderes, etwas Neues, etwas tik, Medizinische Bleistift und Papier, aber die Geschichte noch nie Dagewesenes zu leisten. Sie hat Universität Wien schreiben wir selbst. Aber es scheint, als schöpferische Kraft. Der Durchschnitt wollten wir nicht mehr alle Geschichten kann das nicht, aber jedes Individuum ellen Umwelteinflüsse hatte und hat. lesen! Wir begehen gerade den fatalen kann das. Darum sind wir alle Elite, eine Wohingegen unsere genetische Indivi- Fehler zu glauben, nicht jeder Mensch Elite aus Individuen. Diese Elite muss aus dualität unantastbar ist und bleibt, ist es habe Talente und nicht jedes Talent sei ihrem Dornröschenschlaf erweckt wer- die Individualität, Verschiedenartigkeit wertvoll. Mit diesen beiden Irrtümern den. Erfolg, etwas Neues zu leisten, die und Streuungsbreite unserer Umwelt- muss aufgeräumt werden. Jeder Mensch tägliche Mondlandung ist keine Frage einflüsse, die wir uns gerade selbst dezi- besitzt Talente, sicher mehrere, vielleicht des Alters, der Religion, der Hautfarbe mieren. Leider vor allem auch mit negati- sogar viele. Wir können und dürfen auf oder der geografischen Herkunft – je- ven Auswirkungen auf die Nutzung un- kein einziges Talent verzichten, ob wir es doch eine Frage der Individualität, der serer individuellen biologischen Leis- im Kleinkind entdecken oder bei unseren Chance, seine individuellen Leistungsvor- tungsvoraussetzungen. Großeltern. Lebenslanges Lernen und aussetzungen zu entdecken und umzu- Wenn wir uns auf die Zukunft heute bildungsferne Schichten zur Bildung zu setzen. ■ optimal vorbereiten wollen, muss unser Ziel sein, jedem Einzelnen die Chance zu geben, seine individuellen Leistungsvo- raussetzungen zu entdecken und sie durch harte Arbeit in eine besondere Leistung umzusetzen. Eine besondere in- dividuelle Leistung wird dann schließlich zum heiß ersehnten Erfolg. Besondere Leistungsvoraussetzungen allein sind eben keinerlei Erfolgsgarantie. Besonde- re Leistungsvoraussetzungen (= Genetik) können nur durch harte Arbeit (= Um- welt) entdeckt und in eine besondere Leistung (= Erfolg) umgesetzt werden. Die Zukunft bringt Fragen und Probleme mit sich, die wir nur mit größtmöglicher Nutzung menschlicher Vielfalt und Talente lösen können; Durchschnitt hilft uns nicht weiter Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012 5
»Du bist einmalig!« Gottes Bild in mir herausbilden Matthias Beck über die genetische Einmaligkeit des Menschen Jeder Mensch ist einmalig. Er ist es sogar Zelldifferenzierung findet durch die Inak- Stress und Depression verändern die genetisch. Auch eineiige Zwillinge sind tivierung (Abschalten) von Genen statt. Genaktivität nicht nur bei zahlreichen es. Sie haben zwar dasselbe Genom, un- So wie bei einer Flöte ein jeweils anderer Immunbotenstoffen …, sondern auch in terscheiden sich aber doch durch die so- Ton herauskommt, wenn man andere Lö- Zellen des Immunsystems ..., sodass de- genannten epigenetischen Verschal- cher öffnet oder schließt. Diese An- und ren Abwehrkraft gegenüber Erregern tungsmuster. Diese Verschaltungen be- Abschaltmechanismen finden nicht nur und gegenüber Tumorzellen entschei- deuten, dass die Information für den Or- in der Embryonalentwicklung statt, son- dend vermindert ist“. ganismus nicht nur in den Genen liegt, dern im gesamten weiteren Leben. sondern auch darin, wie diese Gene ge- Zwar ist das Grundgenom des Men- Wechselwirkung schaltet, d.h. aktiviert oder inaktiviert schen festgelegt, kann aber durch äuße- zwischen Innen und Außen werden. Die für diese Schaltung zustän- re und innere Faktoren, die die Schal- Zwischenmenschliche Beziehungen und digen epigenetischen Einflüsse liegen tung von Genen beeinflusst, modifiziert auch das Innenleben des Menschen ha- zum Teil in den Bereichen zwischen den werden. Das heißt konkret, dass z.B. ben also Einfluss auf das Immunsystem Genen, die man bisher für „sinnloses ständige innere Zerrissenheit, Unruhe, und die genetischen Verschaltungen. Zeug“ gehalten hat, zum Teil in den Zel- Angst anders auf die genetischen Ver- Wie aber kommt der Mensch zu seinem len selbst oder den Zellmembranen, sie schaltungen einwirken als innerer Frie- inneren Gleichgewicht? Innere Harmo- liegen aber auch in äußeren Einflüssen den, Gelassenheit, Ruhe, Stimmigkeit, nie oder auch innere „Stimmigkeit“ sind wie der Ernährung, Sport, zwischen- positive Lebensdynamik. Lange schon ein dialogisches Prinzip: der Mensch menschlichen Beziehungen sowie im In- weiß man, dass ständige Zerrissenheit muss sich einstimmen in eine Wirklich- nenleben des Menschen mit seinem und negativer Stress das Immunsystem keit, die er vorfindet. Diese Wirklichkeit Denken und Fühlen. unterdrücken können, so dass Krankhei- findet er draußen vor, aber auch in sich Auf diese Schaltmechanismen ist ten leichter entstehen. Heute kennt selbst. Der Mensch ist ein in die Welt Ge- man bei der Analyse der Embryonalent- man auch die genetischen Hintergrün- worfener (Heidegger) und ausgestattet wicklung gestoßen. In der Embryonal- de. „Dass zwischenmenschliche Bezie- mit einer einmaligen genetischen Prä- entwicklung sind bis zum Achtzellstadi- hungen Einfluss auf die Aktivität von gung mit bestimmten Talenten. Diese um alle Zellen nahezu gleich und fangen Genen … haben, hat sich auch für das Vorgaben sollen entfaltet werden. Das dann an, sich zu differenzieren. Diese Immunsystem als zutreffend erwiesen. Vorgegebene ist dem Menschen als Le- 6 Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012
Autoren dieser Nummer. Jeder Mensch hat eine individuelle Ao. Univ.-Prof. DDr. Matthias Beck, Institut für Genkombination. Moraltheologie, Katholisch-Theologische Fakul- tät der Universität Wien Jeder Mensch ist Abbild Gottes. Dr. Johannes Berchtold, stellv. Vorsitzender PGR Jeder Mensch ist einzigartig. St. Stephan P. Mag. Viliam Stefan Dóci OP, Prior des Dominika- nerordens Wien Mag. Thomas Dolezal, Dommusikus Prof. DDr. Matthias Mag. Karin Domany, PGR St. Stephan, Redaktion Beck doziert Stefan Domany, JUgend St. Stephan Manfred Eggner, Musiker am Institut für Dr. Walter Emberger, Gründer und Geschäftsfüh- Moraltheologie der rer von Teach for Austria Maggie Entenfellner, Journalistin, Tierschützerin Universität Wien Dompfarrer Toni Faber Johannes Faber, Galerist Mag. Heinrich Foglar-Deinhardstein, LL.M., bensaufgabe aufgegeben. Der Mensch leiblich erfahrbar, ebenso das Wirken Redaktion Sandra Frauenberger, Stadträtin f. Integration, soll seine Talente zur Entfaltung bringen, Gottes: Der Mensch ist Tempel des Heili- Frauenfragen, Konsumentenschutz u. Personal so sagt es das Christentum. Aber nicht gen Geistes. Roman Gerhardt, Diplom-Museologe, Betreuung und Beratung der Ausstellung als reine Selbstverwirklichung, sondern „Der Domschatz kehrt zurück“ Prim. Univ.-Prof. Dr. Christoph Gisinger, Instituts- als Verwirklichung dessen, was Gott in Autorität, die wachsen lässt direktor und Ärztlicher Leiter im Wiener Haus ihn hineingelegt hat. Der Mensch ist Bild Eine solche innere Bildung des Men- der Barmherzigkeit Mag. Elisabeth Gruber, Mitarbeiterin im VIKTOR Gottes, d.h. er ist mehr, als er aus sich schen bedarf zunächst der äußeren Au- FRANKL ZENTRUM WIEN selbst heraus sein kann. In ihm ist der torität (Eltern, Schule, Kirche), die Sig- Reinhard H. Gruber, Domarchivar Gabriele Haselberger, Therapeutin bei intakt absolute Grund des Seins, den die Chris- mund Freud als Über-Ich bezeichnet hat. Univ. Prof. Mag. Dr. Markus Hengstschläger, Vor- stand des Instituts für Medizinische Genetik, ten Gott nennen, präsent. Gott als der Dann aber muss der Mensch langsam zu Medizinische Universität Wien Grund allen Seins ist dem Menschen in- seiner inneren Autorität heranreifen, die Mag. Martina Kronthaler, Generalsekretärin der aktion leben österreich nerlicher als er sich selbst innerlich sein die Autorität Gottes im Menschen ist. Mag. Susanne Leibrecht, Redaktionsleitung Msgr. Leo M. Maasburg, Nationaldirektor der kann (Augustinus). Deshalb stößt der Diese Autorität will den Menschen groß Päpstlichen Missionswerke in Österreich Mensch, der sich nach innen wendet machen (augere: wachsen lassen). Mit OStR Prof. Franz Michal, ehrenamtlicher Mitarbei- ter der Dompfarre (durch Gebet und Reflexion; reflectere: dieser Autorität (dem Heiligen Geist) Haya Molcho, Szenewirtin und -köchin, Catering- sich nach innen beugen) auf die Größe, wird der Mensch getauft, in der Firmung unternehmerin, Kochbuchautorin, Besitzerin der Multikulti-Lokale Neni, Betreiberin des Tel Aviv Tiefe und Weite Gottes. Im Menschen ist wird diese innere Prägekraft vertieft und Beach am Donaukanal Dr. Thomas Müller, Kriminalpsychologe, Gott selbst gegenwärtig, der Mensch ist bestätigt. Eine der Gaben des Heiligen Fallanalytiker und Buchautor das Bild Gottes. Jeder Mensch ist das Geistes ist Erkenntnis, und einige seiner Dr. Gabriele Payr, Generaldirektorin Wr. Stadtwerke Mag. Ines Pfundner, Kontaktstelle Kindertrauer Ebenbild Gottes auf je individuelle Weise. Früchte sind tiefer Friede, Sanftmut und Caritas EDW, Koordinatorin Mobiles Caritas Hos- Moses ist es anders als Paulus, und jeder Freude. Der Mensch findet seinen inne- piz NÖ, Trauerbegleiterin, Kunsttherapeutin, Au- torin und Schauspielerin von uns ist es auf seine je eigene Weise. ren Frieden und seine Freude in dem Ma- Veronika Schermann, Leitung von Hilfsprojekten in Argentinien im Auftrag der ED Wien Der Mensch soll dieses Bild, das in ße er mit dem göttlichen Willen in Über- Kardinal Dr. Christoph Schönborn, Wr. Erzbischof ihm ist, im Laufe seines Lebens heraus- einstimmung lebt. Er kommt in eine in- Marion Schwarz, Mitarbeiterin der Öffentlich- keitsarbeit von ARCHE NOAH bilden, vielleicht wird es sogar schmerz- nere Zerrissenheit, Unruhe und Angst, Mag. Art Anton Sever, Akademischer Bildhauer haft aus ihm „heraus gemeißelt“ wie der wenn er aus dieser Einheit heraus fällt. und Restaurator Dr. Ingeborg Sickinger, Geschäftsführerin Alumni- Löwe aus dem Marmorblock. Das ist Bil- Von hier schließt sich der Kreis zu- verband der Universität Wien Jesuitenpater P. Georg Sporschill, Sozialarbeiter, dung im tiefsten Sinne. Der Mensch soll rück zur Genetik und zu den genetischen CONCORDIA zu dem herangebildet werden, der er von Verschaltungen sowie Fragen von Krank- Mimi Steffanides, Jungschar St. Stephan Prof. Dr. Leopold Stieger, Initiator v. Seniors4success Gott her schon ist. Dazu bedarf es der Er- heit und Gesundheit. Auch diese haben Mag. Marie-Therese Störck, Jungschar und kenntnis, der Herzensbildung, der Geis- mit dem Innenleben des Menschen zu PGR St. Stephan Dr. Ursula Struppe, Projektleiterin „Wiener Charta“ tesbildung und der spirituellen Unter- tun und daher auch mit seiner spirituel- Mag. Herwig Sturm, Vorsitzender des Ökumeni- schen Rates der Kirchen in Ö. und Bischof i.R. der weisung. Diese sollte sich besonders auf len Dimension. Die Herausbildung des Evang. Kirche A.B. in Österreich die sogenannte Unterscheidung der Bildes Gottes im Menschen ist eine le- Hubert von Goisern, Musiker P. Mag. Stefan Weig OSFS, theologisch-pädagogi- Geister beziehen. Der Mensch kann die benslange Aufgabe. Sie dient dem Ein- scher Referent im „Quo vadis?“ verschiedenen Stimmen in sich („Geis- zelnen und seinen Mitmenschen. ■ ter“) und die Stimme der Mutter, des Va- Redaktion. 1 Siehe auch die Buchrezension zu ters, der Gesellschaft, des Über-Ich von Redaktionsleitung: Mag. Susanne Leibrecht „Leben – Wie geht das?“ auf S. 44 Lektorat: Reinhard H. Gruber, Daniela Tollmann der Stimme Gottes unterscheiden ler- Redaktionsteam: Dompfarrer Toni Faber, 2 J. Bauer, Gedächtnis des Körpers, 143f nen. All diese Stimmen verursachen je Mag. Karin Domany, Mag. Heinrich Foglar- 3 Vgl. beispielsweise „Das Gleichnis Deinhardstein, Reinhard H. Gruber, unterschiedliche Seelenregungen im von den anvertrauten Talenten“ Annelise Höbart, Mag. Birgit Staudinger Menschen. Diese Seelenregungen sind (Mt 25,14–30 und Lk 19,12–27) Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012 7
»Du bist einmalig!« Leben schützen – von Anfang an Von Martina Kronthaler Das Leben jedes Menschen beginnt, so- sehen im drei bis fünf Tage alten Embryo bald sich die Kerne von Ei- und Samenzel- einen nützlichen Rohstoff. So wird an le vereinigt haben. Ab diesem Zeitpunkt den kultivierten Zellen eines zerstörten vollzieht sich aus der befruchteten Eizelle Embryos die Toxizität von Medikamen- kontinuierliche Entwicklung: Embryo – ten geprüft – als Alternative zu Tierver- Mag. Martina Fetus – Neugeborenes – Baby – Kleinkind suchen. Bei der Degradierung des Em- Kronthaler ist – Jugendlicher – Erwachsener – alter bryos geht es also auch um Geld. Generalsekretärin Mensch, bis hin zum Tod. Unaufhörlich. der aktion leben Vorausgesetzt, niemand stoppt diese Ent- Mehr oder weniger Recht österreich faltung von außen oder ein genetischer auf Leben? (aktionleben.at) Defekt verhindert diese Entwicklung. Viele meinen zudem, ein Embryo hätte Der Lebensfaden eines jeden von uns weniger Recht auf Leben als ein ungebo- ob eine Frau ein Kind mit Down-Syn- entrollt sich seit der Befruchtung. Wir renes Kind mit sechs oder sieben Mona- drom erwartet. Der „Vorteil“: Der nach waren nie jemand anders, wir existieren ten oder ein geborenes Kind oder ein er- dieser Diagnose zu 90 Prozent erfolgen- immer nur in anderer Gestalt. wachsener Mensch. Das Konzept des de Schwangerschaftsabbruch kann frü- Die Idee, den Lebensbeginn eines „abgestuften Lebensschutzes“ knüpft her durchgeführt werden, ein Spätab- Menschen zu einem späteren Zeitpunkt das Recht auf Leben an Bedingungen bruch bliebe den Beteiligten erspart. Der anzusetzen, beruht auf bestimmten In- wie Grad der Entwicklung, Schmerzemp- Schauspieler Sebastian Urbanski – er hat teressen. Wird der Anfang eines Men- finden, Bewusstsein. Zu Ende gedacht ist Down-Syndrom – erklärte dazu Anfang schenlebens zum Beispiel mit der Einnis- dieses Konzept gefährlich für uns alle. Was Juli: „Ich finde, dass dieser Test verboten tung des Embryos in die Gebärmutter passiert am Lebensende? Wird das Recht sein sollte, weil wir Behinderte auch zwischen dem fünften und siebten Tag auf Leben gemindert, weil ein Mensch Menschen sind. Ich finde, dass diese Sor- gleichgesetzt, bringt dies die Erlaubnis nicht mehr selbstständig gehen und es- tierung bei der Vorgeburt nicht in Ord- für embryonale Stammzellforschung sen kann? Diese Denkweise würde auch nung ist.“ mit sich. Denn so gedacht, wird bei die- das Töten eines schon lebensfähigen be- ser Forschung kein embryonaler Mensch hinderten Kindes oder eines mit Down- Bedingungsloses am ca. dritten Tag seiner Existenz zer- Syndrom im Mutterleib rechtfertigen. Angenommen sein stört, sondern „nur“ ein Zellhaufen – der Seit kurzem ist ein neuer Bluttest auf Schützen Verbote davor, Kinder vor der wir alle einmal waren. Die Befürworter den Markt, mit dem bis zur 12. Schwan- Geburt wegen einer Chromosomenab- der embryonalen Stammzellforschung gerschaftswoche erkannt werden kann, weichung zu töten? Oder treibt nicht vielmehr die Angst vor dem uner- wünschten Anderssein, der Ausgren- zung, der Probleme mit Kindergärten, Schulen, Ausbildungs- und Arbeitsplät- zen, Eltern dazu, sich gegen ein Kind mit Down-Syndrom zu entscheiden? Dage- gen helfen Bedingungen, die Inklusion ermöglichen, viel mehr. Und wie kann es überhaupt gelin- gen, Menschen im Embryonalstadium Empathie entgegenzubringen und sie nicht als „Mehrzeller“ zu betrachten – ein Begriff, der dem Embryo jedes Menschsein abspricht? Wir meinen, zum einen durch fun- dierte und respektvolle Information über die Vorgänge des Lebensanfangs. Wissen kann faszinieren und Ehrfurcht vor der Komplexität der ersten neun Monate ➜ 8 Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012
Jeder Mensch will leben Christoph Gisinger über das medizinisch Machbare und die christliche Ethik Medizin und Technik sind im letzen Jahr- hörigen oder eine vorliegende schriftli- hundert immer mehr zusammenge- che Patientenverfügung bei Entschei- wachsen und damit hat sich auch die Le- dungen für eine Behandlung. Im Einzel- Prim. Univ.-Prof. Dr. benserwartung vieler Menschen erhöht. fall ist es hilfreich, sich die Frage zu stel- Christoph Gisinger Andererseits gelten viele als „unheilbar len: Was würde der Patient bestimmt ist Institutsdirektor krank“ und pflegebedürftig, sie verbrin- nicht wollen? In diesem ethischen Ent- und Ärztlicher Leiter gen ihre letzten Lebensjahre in Pflege- scheidungsprozess übernimmt der Ethi- im Wiener Haus einrichtungen. Diese Seite der Medizin ker die Funktion des „Reiseberaters“. Es der Barmherzigkeit wird oft als kalt, fast unmenschlich und geht um die Erhebung der Situation und (www.hausder- brutal empfunden; sie muss heute durch der Fakten. Zur Frage nach dem Reiseziel, barmherzigkeit.at) eine Kultur der einfühlsamen Beglei- das heißt welche Aufgaben im Leben tung, des Abschiednehmens und des des Bewohners noch erledigt werden wechslung und Freude gestillt werden – Sterbens unbedingt ergänzt werden. Wir müssen, kann der Arzt nur eine Einschät- so wie alle medizinischen, pflegerischen im Haus der Barmherzigkeit fühlen uns zung der Krankheits-Prognose beitra- und spirituellen Bedürfnisse. Wie wir alle für Menschen mit besonders hohem Be- gen: Dabei hat sich die Unterscheidung wollen die Bewohner eine angenehme treuungsbedarf zuständig: Sie haben bewährt, was „im besten Fall“ und was Wohnqualität, Privatsphäre und Ge- schwere chronische Erkrankungen oder „im wahrscheinlichsten Fall“ passieren meinschaft erleben. Wenn die Betreu- Behinderungen, sind überwiegend in wird. Von der Biographie und den indivi- ungs- und Lebensumstände stimmen, (sehr) hohem Lebensalter. Sie erfahren duellen Werten der betroffenen Person entsteht der Wunsch zu sterben erst gar die Betreuung in einem Umfeld, das sie lässt sich die Antwort ableiten. Abhän- nicht. Freuen wir uns, dass die moderne nicht immer freiwillig gewählt haben. gig davon stellt sich erst zuletzt die Fra- Medizin so viel kann. Schaffen wir in un- Somit sind wir besonders intensiv mit ge nach der konkreten medizinischen seren Gesundheitseinrichtungen jene ethischen Fragen in der Geriatrie kon- Maßnahme, wie zum Beispiel nach Bedingungen für die von uns betreuten frontiert. Immer wieder kommt es zu künstlicher Ernährung. Menschen, dass sich kein Mensch aus Entscheidungen über das, was medizi- dem „So-Leben“ freiwillig verabschie- nisch machbar und ethisch vertretbar Begegnung auf Augenhöhe den möchte. ist. Häufig wird dabei vorschnell über Lö- Im Haus der Barmherzigkeit wollen wir Jeder Mensch will leben. Diejenigen, sungen und bestimmte Behandlungs- den pflegebedürftigen Bewohnern mit die ein Nicht-Leben-Wollen signalisieren methoden diskutiert. Respekt, Würde und Wertschätzung be- meinen meist, so nicht leben zu wollen. gegnen und auf jede einzelne Persön- An diesem „so“ gilt es zu arbeiten – Wer entscheidet lichkeit mit ihrer Biographie eingehen. durch die Qualität der Betreuung, der und wer wird behandelt? Auch in einer Langzeitpflegeeinrichtung Zuwendung und einer würdevollen Kul- Hochbetagte Patienten haben oft nur ei- sollen die Bedürfnisse nach Humor, Ab- tur des Sterbens. ■ ne sehr eingeschränkte Entscheidungs- fähigkeit. Aber selbst demente Patienten können weit mehr beurteilen, als ihnen üblicherweise zugetraut wird. Wenn der Wille des Patienten nicht mehr erforscht werden kann, helfen Hinweise der Ange- ➜ fördern. Zum anderen brauchen Kinder und Jugendliche die Erfahrung, dass sie bedingungslos angenommen werden, wie sie sind. Am eigenen Leib zu spüren, dass Einmaligkeit geschätzt wird, befä- higt, anderen Menschen genauso zu be- gegnen: achtsam und das Leben in jeder Im Haus der Barmherzigkeit steht der einzelne Mensch mit seiner individuellen Lebens- Daseinsform schätzend und schützend. ■ und Leidensgeschichte im Mittelpunkt – bis zuletzt Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012 9
»Du bist einmalig!« Im Elend die Würde nicht verlieren Von P. Georg Sporschill SJ schimpften, weil ich ihnen keine Unter- kunft verschaffen konnte. Plötzlich stie- ßen sie einen kleinen Buben zu mir, mit dem kompromisslosen Auftrag: „Den aber nimmst Du mit!“ Die Halbstarken verblieben im Elend, den Kleinen aber vertrauten sie mir an. Ich nahm Razvan mit in unser Haus für Straßenkinder. Sei- ne Schwester ist in einem Kanal unter den Straßen der Stadt gestorben, der Bruder kommt auch nicht mehr aus dem Elend heraus. Razvan ist Bäcker gewor- den, spielt in unserem CONCORDIA- Orchester Klarinette und ist begeisterter Fußballer – ein froher, junger Mann. Er betet viel für seine Geschwister. Auch die Burschen am Bahnhof in Bukarest haben trotz Drogen und Elend die Würde nicht verloren. Sie wollten den Kleinen retten. Der Glanz, der von innen kommt Es gibt noch unendlich viel zu tun und P. Georg Sporschill SJ baut seit über 20 Jahren in Osteuropa ein Betreuungsnetz für ver- doch ist die Welt gerettet. Wegen Willi, wahrloste Jugendliche und Straßenkinder auf (www.concordia.or.at) wegen Razvan. Und vielen anderen, die Heilung finden oder helfen. Oft werde ich von Leuten, die die Not in sich die zarte Stimme der Bewährungs- „Wer ein Leben rettet, rettet die gan- den Medien mit verfolgen, gefragt, ob helferin. „Herr Rat, bedenken Sie, wie lan- ze Welt“. Wenn du einen Menschen be- unser Einsatz für Straßenkinder und Ob- ge Willi diesmal ohne Rückfall war!“ Der rührst und es dir tatsächlich gelingt, sein dachlose nicht nur ein Tropfen auf den Richter öffnete noch einmal den Akt und Gesicht aufzuhellen oder ihm einen heißen Stein sei. Ihnen antworte ich mit rechnete nach. Diesmal lag die letzte Ge- Schritt weiterzuhelfen, hast du das Welt- dem Zitat aus dem Talmud „Wer ein Le- walttat sieben Monate zurück, davor war gefühl, ein Wunder zu wirken. Du fühlst ben rettet, rettet die ganze Welt“. Es ist Willi schon nach drei Monaten rückfällig dich selber stark und staunst über die das Motto für meine Arbeit geworden. geworden. Der Richter lächelte und er Würde, die in einem Gesicht plötzlich Darin kommt das biblische Verständnis gab dem Angeklagten noch einmal eine aufstrahlt. Es ist ein Glanz, der von innen vom Menschen zum Ausdruck: Er ist ein- Bewährung. Eine völlig unerwartete kommt und nicht von der äußeren malig und alle Welt wert. Chance. Das war vor fast 30 Jahren. Seit- Schönheit. Und zwar auf beiden Seiten: her ist mein Freund nie mehr rückfällig beim Helfer wie beim Hilfsbedürftigen. Eine zweite Chance geworden, er trinkt keinen Alkohol mehr, Es ist eine Gnade, im eigenen Leben Be- Willi war einer meiner ersten Schützlin- lebt selbständig, hilft in der Nachbar- rufung und Sinn zu spüren. Dann bleibt ge im Jugendhaus der Caritas in Wien, schaft und ist eine Freude für viele. Seine die Frage: Wer hat wem mehr geholfen? das ich für Strafentlassene und Obdach- Jugend war elend und er hat auch viel Als ich noch den schönen Titel „Sand- lose gegründet hatte. Er ist wie ein gro- Elend angerichtet. Doch seine Menschen- lerpapst von Wien“ trug, war einer mei- ßer Bär, war immer betrunken und hatte würde war stärker. ner trostlosen Begleiter Frankie. Er hat alle zwei bis drei Monate eine Schlägerei. im Elend seine Würde nicht verloren und Willi brachte es auf sechs Vorstrafen, im- Verantwortung sie auch noch bei anderen zum Strahlen mer bedingt. Nun stand er wieder vor für die Schwächsten gebracht. Ich hörte es gerne, wenn er je- dem Richter. Diesmal sollte er lange und Jahre später, nachts am Bahnhof von Bu- de junge Mitarbeiterin ansprach mit unbedingt ins Gefängnis. Der dicke Akt karest. Ein paar Jugendliche bedrängten „Mei Anzige“ (Meine Einzige). Jede hat sollte geschlossen werden. Da meldete mich. Es war eine Drogenbande. Sie sich gefreut, und für jede stimmte es. ■ 10 Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012
Jedes Kind verdient die besten (schulischen) Chancen Von Walter Emberger Jedes Kind in Österreich ist einmalig der Initiative zählen etwa die Spitzenma- und soll die Chance haben, sein Potenzial nagerin Monika Kircher oder Salzburgs voll auszuschöpfen – und das unabhän- Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. gig von Herkunft und Familienhinter- grund. Daher bringt Teach For Austria ab Professionelle Vorbereitung diesem Herbst persönlich und fachlich auf die besondere Aufgabe herausragende Hochschulabsolventen Die „Fellows“ (also die ausgewählten Dr. Walter Emberger für zwei Jahre als vollwertige Lehrkräfte Jungakademiker) erhalten die pädagogi- ist Gründer und an Hauptschulen und Neue Mittelschu- sche Vorbereitung für ihren Einsatz in ei- Geschäftsführer von len. Dies soll in Stadtteilen mit einem ner Sommerakademie, die in Salzburg Teach for Austria besonders hohen Anteil an Kindern und stattfindet. Diese ist aber nur ein Teil der Jugendlichen aus einkommensschwa- Ausbildung, darüber hinaus gibt es einen rere andere Möglichkeiten haben? Diese chen und bildungsfernen Familien ge- Online-Campus und die konstante Beglei- Leute suchen Professionalität, sie wollen schehen. Junge Menschen, die sonst tung durch Tutoren und Mentoren wäh- Herausforderung – und eine Klasse in nach der Hauptschule sehr oft in AMS- rend der zwei Jahre als Lehrer. Dadurch er- unseren Partnerschulen ist sehr heraus- Kursen landen, erhalten Unterricht von werben die Fellows Kompetenzen und Fä- fordernd. Sie wollen auch schnell Verant- besonders engagierten Lehrern, die ih- higkeiten, um das Interesse von weniger wortung übernehmen, wie dies Füh- nen Vorbild sind und in ihnen das not- privilegierten Kindern und Jugendlichen rungspersonen allgemein wollen. Die wendige „Feuer für Bildung und Leis- zu wecken, diese zu hervorragenden Leis- Fellows weisen ein breites Spektrum auf tung“ entfachen. Dadurch steigen ihre tungen zu führen und damit ihre Bil- – von Physik über Wirtschaft zu Betriebs- Chancen auf gute Lehrstellen oder wei- dungs- und Berufschancen zu erhöhen. psychologie, Linguistik, Oper, Molekular- terführende Schulen. Das Besondere daran: Diese Fähigkei- biologie und Medizininformatik. Nach Gegründet 2011, hat Teach for Austria ten sind nicht nur für die Arbeit mit Abschluss des zweijährigen Programms mit Unterstützung der Industriellenver- Schülern wichtig, sie decken sich auch werden die Fellows Teil eines stetig einigung und einer Reihe namhafter stark mit jenen Fähigkeiten, die erfolg- wachsenden Netzwerkes von führenden österreichischer Unternehmen für den reiche Führungskräfte aufweisen. Akteuren in Wirtschaft und Gesellschaft, ersten Jahrgang 25 Top-Hochschulabsol- die sich in Fragen der Bildung und Chan- venten rekrutiert, die ab September in Idealismus als Karriereweg cengerechtigkeit engagieren. Wien und Salzburg unterrichten werden. Warum machen diese jungen Hoch- Zu den prominentesten Unterstützern schulabsolventen das, wo sie doch meh- Weltweit vernetzt und erfolgreich Teach For Austria möchte die Durchlässig- keit zwischen Schule und Wirtschaft und die Mobilität in und aus dem Lehrerberuf erhöhen. Es heißt eben nicht mehr „einmal Lehrer, immer Lehrer“, sondern Lehrer für eine begrenzte Dauer. Das Modell wurde vor 21 Jahren als Teach For America in den USA gestartet, vor zehn Jahren begann Te- ach First in England. Als gemeinnützige Organisation ist Teach For Austria Teil des internationalen Bildungsnetzwerks Teach For All, das in 25 Ländern tätig ist, bei- spielsweise in Deutschland, Spanien, Bul- garien, Indien, China, Chile und Austra- Die Fellows, also ausgewählte Jungakademiker, des ersten Jahrgangs von Teach For lien. Weltweit waren bereits rund 40.000 Austria (www.teachforaustria.at) inspirierende Lehrkräfte im Einsatz. ■ Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012 11
»Du bist einmalig!« Essstörungen – Erkrankung zwischen Lifestyle und Lebensgefahr Von Gabriele Haselberger „Sei so wie du bist, aber wenn du anders dem Anspruch nach Einmaligkeit der hören will, dann nur wenn „man“ so und bist als wir, gehörst du nicht dazu!“: In Wunsch nach Zugehörigkeit scheinbar so aussieht, bestimmte Dinge hat bzw. unserer heutigen Gesellschaft steht entgegen. Denn, wenn „man“ dazu ge- trägt. Dieser Zwiespalt beschreibt das Spannungsfeld, in dem sich Menschen, die an einer Essstörung erkrankt sind, bewegen. Essstörungen sind in allen ent- wickelten Industrienationen im Vor- marsch. In Österreich wird die Zahl der Betroffenen mit 200.000 Erkrankten an- gegeben, die Dunkelziffer ist nach epide- miologischen Studien allerdings sehr hoch; vor allem bei Mädchen und jungen Frauen, aber immer mehr auch bei Bur- schen kann dieses Phänomen beobach- tet werden. Das Spektrum reicht von „normalem“ Diätverhalten über subkli- nische bis hin zu klinischen Formen von Essstörungen. Zu Essstörungen zählen Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Binge Eating Disorder (meist mit Übergewicht verbunden) und nicht näher bezeichnete Das Angebot an Lebensmitteln wird immer größer, die Menschen sollen immer schlanker Essstörungen. Auslöser einer Essstörung werden - ein Teufelskreis, vor allem für Mädchen und Frauen kann vieles sein: ein Wort, ein Blick, eine Erfahrungen teilen, Ideen einbringen, Ingeborg Sickinger über den die größte: Aktuell bevölkern über 90.000 startet ist: Die vielen Alumni (also Absol- Alumniverband Studierende die Hörsäle im Hauptgebäu- venten) anzusprechen und Verbindung der Universität Wien de am neu umbenannten Universitäts- zu ihnen aufzubauen. Das Einmalige am Die Universität und der Dom zu St. Ste- ring und in den rund 60 Standorten quer Alumniverband der Universität Wien ist: phan sind beide in ihrer Art einmalige durch Wien. Eine Stadt ohne diesen breit- Alumni werden – nach dem Mitarbeits- Kristallisationspunkte unserer Stadt. Was gefächerten akademischen Nachwuchs prinzip – zum Mitwirken eingeladen. Das beide verbindet ist schon einmal ihre lan- wäre um vieles ärmer. Die Absolventen geht vom einmaligen Ideen-Entwickeln ge Geschichte und Tradition: die Universi- unserer Universität bleiben gerne in Wien in einem Caféhaus in Uni-Nähe bis zur tät Wien wurde im Jahr 1365 gegründet – wohnen (rund 83 Prozent) und sind als Trägerschaft für ein Projekt, je nach indi- im selben Jahr wurde die Stephanskirche Verantwortungs- und Meinungsträger in vidueller Begabung und Bereitschaft. zur Kapitelkirche in Wien, beides vor an- vielen Bereichen gestaltend tätig: als Ju- Alumni werden eingeladen, ihre nähernd 650 Jahren. Beide Institutionen risten, Lehrer, Psychologen, Informatiker, Kompetenz, Erfahrung und Motivation haben jahrhundertelang inspirierend Sozial- und Geisteswissenschaftler, Wirt- einzubringen, bei Projekten wie: und prägend für das Kultur- und Geistes- schafts- und Naturwissenschaftler, als ˘ alma – das Mentoring-Programm leben, das Wissenschafts- und Wirt- Priester und Theologen. zum Berufseinstieg: Berufserfahrene schaftsleben, das intellektuelle und das Alumni begleiten Studierende in der Ab- religiöse Leben in dieser Stadt gewirkt. Das Mitarbeitsprinzip schlussphase beim Berufseinstieg Die Universität Wien ist die älteste im Hier setzt der Auftrag des Absolventen- ˘ u:start – das Programm für Selbstän- deutschen Sprachraum – und bei weitem verbandes an, der vor drei Jahren neu ge- digkeit und Gründung: Alumni, die selbst 12 Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012
für die öffentliche Meinung. Idealisierte Autonomie entwickelt sich diese Erkran- Körperbilder in den Medien sind ein Fak- kung, die – so scheint es – ein psy- tor, der junge Frauen und mittlerweile chischer Ausdruck unserer Wohlstands- auch Männer immer mehr beeinflusst. gesellschaft ist. Essstörungen sind je- Gabriele Untersuchungen zeigen, dass 50 Prozent doch keine Lifestyle-Erscheinung, son- Haselberger ist der Mädchen sich um ihren Körper sor- dern ernstzunehmende Erkrankungen; bewegungs- gen, denn das Körperbild ist ein wesent- wenn sie nicht behandelt werden, kön- analytische liches Element der Identität. Nachweis- nen sie tödlich enden bzw. bleibende Therapeutin lich ist das in den Massenmedien ver- körperliche Schäden zurücklassen. ■ bei intakt mittelte Idealgewicht immer geringer geworden, ähnlich das Körperbild der intakt . dumme Bemerkung – die Ursachen lie- Barbie, die seit 50 Jahren einer deutli- ˘ Das Behandlungsprogramm gen jedoch tiefer verborgen. chen Schlankheitskur unterzogen wur- umfasst die drei Säulen Medizin, de. Der Körper wird zum Objekt sozialer Psychotherapie und Therapie Essstörungen als Spiegel einer und kultureller Zuschreibungen. Welcher ˘ Das Team besteht aus Ärzten Wohlstandsgesellschaft Körper allerdings als schön bezeichnet verschiedener Fachbereiche, Ursachen für eine Essstörung setzen sich wird ist kultur- und epochenabhängig. Psychotherapeuten und Experten aus verschiedenen Faktoren zusammen, Darüber hinaus beeinflussen individuel- angrenzender Bereiche wie etwa gesellschaftlichen. Makaber: Ist le Faktoren die Ausbildung einer Essstö- ˘ Weitere Angebote: Hunger in der sogenannten Dritten und rung: der Umgang mit Gefühlen, mit • Eltern- und Angehörigenarbeit Vierten Welt eines der Hauptprobleme, Leistung und Anerkennung, mit Freund- • Präventionsarbeit an Schulen leidet die Wohlstandsgesellschaft an der schaften, sowie das eigene Selbstwert- Über-Fülle oder hungert freiwillig. Ess- gefühl und die Konfliktfähigkeit spielen störungen scheinen mit dieser Fülle ein- dabei eine Rolle. Häufig liegen traumati- her zu gehen. Die Reglementierung des sche Erlebnisse dieser Erkrankung zu- Körpers, speziell des weiblichen, zieht grunde. sich wie ein rotes Band durch die Ge- Essstörungen bilden sich in Über- schichte. War es früher das Korsett, rei- gangsphasen aus, die von Orientierungs- chen die Maßnahmen jetzt von Diäten losigkeit gekennzeichnet sind. Im Grenz- bis zur Schönheitschirurgie. So spielt die bereich von Gemeinsamkeit versus Indi- Kontrolle der Bilder eine zentrale Rolle vidualität, von Abhängigkeit hin zu mehr mitgestalten Persönlich angesprochen ungsverhältnisse herrschen – dennoch: Rund 100 ehrenamtliche Alumni arbei- Der Wert des Studiums an der Universi- ten aktuell in den unterschiedlichen Pro- tät Wien ist für den einzelnen in hohem jekten mit. Der Schlüssel dabei ist: Die Maß präsent, und zeigt sich in der ausge- Dr. Ingeborg individuelle Begabung und Erfahrung prägten Bereitschaft etwas zurückzuge- Sickinger ist der einzelnen Personen zu erkennen und ben. Geschäftsführerin anzusprechen – wenn das gelingt, hat es Haben Sie auch an der Universität des Alumni- ein überwältigendes Echo in der Bereit- Wien studiert? Dann laden wir Sie herzlich verbandes der schaft, sich für eine gute Sache einzuset- ein uns zu besuchen: www.alumni.ac.at ■ Universität Wien zen. „Sie haben an der Universität Wien studiert und einen interessanten Le- ein Unternehmen gegründet oder sich benslauf, den ich in XING gefunden habe erfolgreich selbständig gemacht haben, – wir bauen hier ein neues Projekt auf, begleiten junge Gründer hätten Sie Interesse mitzuwirken?“ Die ˘ Biology – what else? So nennt sich ei- Alumni empfinden es als Wertschät- ne Fachgruppe von Biologen, die ihrem zung, ganz persönlich gefragt zu sein. Fach eine Stimme geben möchte. Ein Selbst wenn die Universität Wien ex- Beispiel für das Entstehen von Fachgrup- trem unterfinanziert ist und in manchen pen durch und mit Alumni-Beteiligung. Studienrichtungen schlechte Betreu- Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012 13
»Du bist einmalig!« »Quo vadis?« – und wohin Von P. Mag. Stefan Weig OSFS Einmalig sind wir von Gott geschaffen gagement in der Kirche“ sind deshalb mit unserem unverwechselbaren Finger- verschiedene Workshops für Schüler und abdruck und unserer Handschrift. Dies Firmkandidaten. Mit diesen Angeboten wurde einmal mehr deutlich als wieder soll auf bisher unentdeckte Möglichkei- eine Schulklasse, diesmal aus dem tradi- ten im Leben hingewiesen werden. Worin tionsreichen Stiftsgymnasium Krems- besteht meine Einmaligkeit? Die Schüler münster in Oberösterreich, zu uns ins können im „Quo vadis?“ Kirche und Or- „Quo vadis?“ kam und ihre Spuren hin- den als alternative Wege kennenlernen terließ. und sich Hilfen für ihren Lebensweg ho- Im neuen Begegnungs- und Informa- len. Dazu bieten wir folgende Themen an: tionszentrum der österreichischen Or- Beim „Spring ins Leben“ geht es um den und des Canisiuswerkes geht es ge- ein erstes Kennenlernen von Berufsmög- rade darum, seine je eigene Berufung zu lichkeiten in der Kirche. Nach einem kur- entdecken. Dabei wird der Einzelne wahr- zen Impulsfilm über Ruf, Beruf und Beru- genommen mit seinen Bedürfnissen fung wird der Frage nachgegangen, wo- und Sehnsüchten. Es gibt Bereiche, die rin der eigene Sinn des Lebens besteht: Gott niemand anderem als dem Einzel- Was will Gott gerade von mir, dass ich nen ans Herz und in die Hände legen tun soll? möchte. Er hat für jeden von uns eine Im Entscheidungsworkshop gibt es sehr persönliche Aufgabe vorgesehen. Tipps für das Treffen guter Entscheidun- gen. Außerdem gibt es einen Austausch Spring ins Leben! – Angebote für von Erfahrungen über gelungene Ent- Schüler und Jugendliche scheidungsfindung. Eingeladene Or- Ein Schwerpunkt im „Treffpunkt für En- densleute aus verschiedenen kirchlichen Mo.–Fr. 10 – 16 Uhr Stephansplatz 6, 1010 Wien Tel. 01/512 03 85 – quovadis.or.at Offene Türen! Kommen Sie vorbei – wir freuen uns auf Sie! Ins Begegnungs- und Informationszentrum der österreichischen Orden und des Canisiuswerkes kommen immer wieder auch Schulklassen, um der Frage nachzugehen: „Quo vadis?“ – Wohin gehst du? 14 Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012
gehst Du? Gemeinschaften wollen vor allem Mut den Angeboten, die draußen vor der Tür machen, das eigene Leben selbstverant- bereit liegen und entscheiden sich spon- wortlich in die Hand zu nehmen. tan, hereinzukommen. Dort werden sie Bei „FACEbook – FAITHbook“ erzählen von einem hauptamtlichen Team aus Or- Ordensfrauen und -männer ein Kapitel densleuten, Theologen, weiteren Ange- aus ihrem Leben und beantworten im An- stellten sowie ehrenamtlichen Helfern P. Mag. Stefan Weig schluss Fragen über Gott und die Welt. aus verschiedenen Ordensgemeinschaf- OSFS arbeitet als ten erwartet. Viele Besucher staunen über theologisch-päda- Atemholen – die modernisierten Räume am Stephans- gogischer Referent Stille mitten in der City platz 6, die Transparenz und Freund- im „Quo vadis?“ Im Raum der Stille kann das Gehörte und lichkeit verkörpern. Bei einem Kaffee er- Gesagte dann noch einmal nachklingen. geben sich oftmals interessante Gesprä- nern und -frauen zwanglos ins Gespräch Dort findet auch jeden Werktag von che über Orden, Kirche und Themen zu kommen und dabei Anregungen für Montag bis Freitag um 12 Uhr eine Atem- rund um Berufung. das eigene Leben mitzunehmen. ■ pause statt, zu der jeder herzlich eingela- den ist. 15 Minuten Zeit zum Durchatmen, Ordensleute live zur Stille, zum Beten und Auftanken. Auf- Jeden Monat präsentiert sich eine andere merksam auf Gott hören und ihm immer Ordensgemeinschaft und informiert über mehr Raum geben in meinem Leben. ihre Spiritualität, ihre Aufgaben und Auch das soll im „Quo vadis?“ geschehen. Schwerpunkte. Sowohl während des Ta- ges als auch bei verschiedenen Abendver- Ort der Begegnung anstaltungen stehen die lichtdurchflute- Viele Passanten schauen im Vorbeigehen ten Räume für Begegnungen offen. So durch die Glasfenster herein, stöbern in gibt es die Möglichkeit, mit Ordensmän- Das Team von „Quo vadis?“, das sich aus Ordensleuten verschiedener Gemeinschaften zusammensetzt, lädt in den neugestalteten Räumen zum Gespräch ein – z. B. zum regelmäßigen Gebet um 12 Uhr (Mo.–Fr.); aber auch für einen Austausch bei einem Häferl Kaffee stehen die Türen offen Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Herbst 2012 15
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