Durchblick - Unter Leuten - Diakonische Stiftung Wittekindshof
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Unter Leuten Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, „unter Leuten“ haben wir den Titel dieser Ausgabe des Durchblicks genannt. In der Tat geht es uns in der Arbeit des Wittekindshofes darum, dass wir Menschen, die uns dazu beauftragen, dabei unterstützen unter Leuten sein zu können – gerade, wenn sie vielleicht in der Gefahr stehen, daran gehindert zu werden. Wir orientieren uns dabei am modernen Begriff von Behinderung, wie er in der Behindertenrechts- konvention der Vereinten Nationen gefasst wurde, die seit 2009 auch in Deutschland gilt. Danach entstehen Behinderungen dadurch, dass von der Gesellschaft Barrieren aufgebaut werden, die manche Menschen aufgrund ihrer Eigenschaften nicht über- winden können. Das einfachste Beispiel dafür sind Treppen, es geht aber auch um sprachliche und soziale, emotionale und mentale Barrieren. Wir haben uns deshalb im Wittekindshof vorgenommen, unsere Auftraggeber bei der Überwindung dieser Barrieren zu unterstützen, damit sie an verschiedenen gesellschaftlichen Aktivitäten nach ihrem Wunsch und Willen teilhaben können. Einzelne Beiträge dieses Heftes sind schöne und vorbildhafte Beispiele dafür. Wir müssen uns aber auch selbstkritisch damit auseinandersetzen, dass an einzelnen Stellen in unserer Arbeit solche Teilhabeförderung nicht gelingt und wir stattdessen sogar selbst Barrieren schaffen – nicht nur in der Vergangenheit, sondern vielleicht auch in der Gegenwart. Das bedauern wir von Herzen. Seien sie aber versichert, dass wir in all unseren Arbeitsbereichen höchste Anstrengungen unternehmen, damit die Teilhabemöglichkeiten unserer Auftraggeber immer weiter verbessert werden. Ihr Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Vorstandssprecher 22 DDuurc rchhbblliic k 2 -2 0 2 2
Diakonische Stiftung Wittekindshof Inhalt 2 Editorial 4 #wittekindshof: Folgen Sie uns 5 Angezählt Unter Leuten 6 Wenn die Werte stimmen Mit dem Beatmungs- gerät über das Dorffestival 8 Eine Frage der Körpersprache Im Wing-Tsun- Unterricht lernt Iwona Stawinoga sich selbst zu behaupten 10 Ein Umzug für alle Wittekindshof und „Juengerbistro“ leben Inklusion auf der Cranger Kirmes 12 Sprung ins kalte Wasser Wie Carl-Friedrich Heinke zum Tenor im Kirchenchor wurde 13 Ein Anpacker Andreas Strigan setzt sich für die Gründung eines Behindertenbeirates in Espelkamp ein 14 „Ich fühle mich hier ganz normal“ Pierre Fischer kickt in der dritten Herren-Fußballmannschaft von Fortuna Gronau Wittekindshofer Themen 16 Fotosafari durch die Herner Innenstadt 17 Ideen gemeinsam umsetzen 18 Neue Kita an der Wörthstraße 19 Einfach und digital lernen 20 Gruppenfoto 21 Impressum 22 Blick zurück Vom Heilpädagogischen Seminar zum Berufskolleg 24 Was macht eigentlich … der ehemalige Schülersprecher Sebastian Wefer? 26 Auf ein Wort Willkommen! D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 3
#wittekindshof Folgen Sie uns! Wussten Sie schon, dass Sie den Durchblick auch online lesen können? Pünktlich zur Veröffentlichung wird die aktuelle Ausgabe auch auf der Wittekindshofer Internetseite freigeschaltet. Denn unser Ziel ist es, den Durchblick nachhaltiger zu gestalten. Dafür setzen wir auf hundert prozentiges Recyclingpapier, kurze Lieferwege – und digitale Kanäle. Die neuesten Infos gibt es nicht nur auf wittekindshof.de, Sie wollen uns folgen, den News- sondern auch in den sozialen Netzwerken, bei Instagram, letter abonieren oder weitere Facebook oder LinkedIn. Infos zur Stiftung erhalten? Der Wittekindshofer Newsletter versorgt Sie regelmäßig Dann scannen Sie einfach den mit aktuellen Nachrichten aus der Stiftung. QR-Code mit ihrem Handy. 4 D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2
Angezählt 633… rund 4000… wikimedia.com / Zv0486~commonswiki Wilfried Gandras … Umzugskartons wurden beim Umzug der Johannes- schule gepackt. Hinzu kamen … Handys/Smartphones (1000) und Festnetz unzählige Einzelteile wie telefone (3000) sind in der gesamten Diakonischen Möbel. Stiftung Wittekindshof im Einsatz. D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 5
Unter Leuten Werte stimmen Mit dem Beatmungsgerät über das Dorffestival gehalt im Blut – stündlich werden diese kon- Ketchup, Eis in allen Geschmacksrichtungen trolliert. Aber auch seine Mimik, Gestik und und etwas Zuckerhaltiges tränken und ihm auf Anspannung des gesamten Körpers sind die Zunge streichen. Es muss schön intensiv Indikatoren für seine Tagesform. „Nur wenn schmecken. Das mag Dennis sehr. Alles, was das und die Werte stimmen, können wir so anders als der Alltag ist. Und das ist hier auf eine Unternehmung auch machen“, erklärt dem Dorffestival natürlich vieles“, erklärt die die Gesundheits- und Krankenpflegerin, die Krankenpflegerin, die extra ehrenamtlich aus Dennis Reiters Bezugsmitarbeiterin ist. Sie ihrem Urlaub gekommen ist, um mit Dennis kennt ihn seit zehn Jahren und weiß genau, Reiter über das Fest zu gehen, das fast direkt wann er einen guten oder schlechten Tag hat: vor der Tür des Hauses Bethanien beginnt. „Die Werte können sich von der einen auf die andere Sekunde verändern. So sehr wir Mitarbeitende engagieren sich es uns als Mitarbeitende nach den langen „Ohne das ehrenamtliche Engagement der und intensiven Corona-Restriktionen wün- Mitarbeitenden könnten wir es nicht leisten, „R schen, mit den Bewohnern und Bewohnerin- dass fast alle Bewohner und Bewohnerinnen iech mal, Dennis, die Zucker- nen Feste zu besuchen – wenn es nicht geht, der Gruppen A1 und B1 auf das Dorffestival kön- watte“, sagt Stefanie Brand- geht es nicht. Wir spielen nicht mit Menschen nen. Die Kollegen und Kolleginnen kommen horst und fächert mit ihrer leben und müssen uns immer wieder der Ver- aus dem ,Frei‘, sogar aus dem Urlaub, um den Hand den vanilligen Duft in antwortung bewusst sein – dass es von jetzt Besuch zu ermöglichen. Denn die Mitarbeiten- Dennis Reiters Richtung. Die beiden stehen auf gleich zu einer lebensbedrohlichen Situa- den, die im Dienst sind, müssen die Versor- vor der Süßwarenbude auf dem Dorffesti- tion kommen kann.“ Deshalb ist ihr Begleiter gung der Menschen vor Ort gewährleisten. Ein val in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen. Die auf dem Fest auch ein Handy, immer greifbar, zeitaufwendiger Ausflug aufs Fest ist da nicht Luft ist gespickt mit Zucker, die Aromen von für den Fall, dass ein Notarzt gerufen werden drin“, erklärt Christian Pohlmann, Bereichs gebrannten Mandeln, kandierten Äpfeln und muss. Unverzichtbar sind zudem das Absaug- leitung im Haus B ethanien und verantwort- Lebkuchenherzen hängen über dem Kirmes- gerät, das Dennis Reiters Atemwege reinigt, lich für das spezialisierte Wohnangebot mit platz. Auch wenn Dennis Reiters Geruchs- und Bedarfsmedikation. außerklinischer Intensivversorgung, etwa bei sinn durch sein Tracheostoma eingeschränkt Beatmungspflicht und Atemunterstützung. ist, versucht Stefanie Brandhorst ihn an den Visuelle und geschmackliche Reize Knapp 30 Frauen und Männer sind in seinem Gerüchen teilhaben zu lassen. „Dann wol- Dennis Reiters Gesicht ist noch etwas Team tätig, im Dreischichtsystem, 24 Stunden, len wir dir mal ein Andenken kaufen“, sagt weiß und glänzt. Sonnencreme gehört eben- sieben Tage die Woche versorgen sie 21 Men- die Wittekindshofer Mitarbeiterin, greift zum falls zur Vorbereitung für den Festbesuch. schen. Trotz aller Belastungen sei es für die Portemonnaie und sucht ein Lebkuchenherz „Dennis spürt jetzt intensiv die Wärme der Mitarbeitenden fast schon selbstverständlich, für den 38-Jährigen aus. „Räuber“ steht in Sonne“, erklärt Stefanie Brandhorst und legt zu diesen seltenen Anlässen im Einsatz zu weißer Schnörkelschrift auf dem Lebkuchen. ihre Hand fühlend auf die Brust des 38-Jäh- sein. „Ich kann es als Leitung nicht verlangen „Das passt zu dir“, sagt Stefanie Brandhorst, rigen. Sie schiebt seinen Rollstuhl vorbei an oder einfordern. Wir sprechen in der Team hebt behutsam Dennis Reiters Kopf und hängt der Bühne auf dem Combi-Parkplatz, auf der sitzung darüber, wenn ein Fest ansteht. Die ihm das Herzchen um den Hals. Dabei achtet gerade der Shanty-Chor singt. Es ist eng, aber Kollegen und Kolleginnen melden sich dann sie besonders darauf, dass das Band nicht andie Leute machen Platz für den Rollstuhl. Über- freiwillig. Ich achte dann darauf, dass alles gut sein Tracheostoma kommt, durch das er atmenall sind Geräusche: fröhliche Gespräche, das auf viele Schultern verteilt wird. Aber ohne kann. D ennis R eiter ist schwerstmehrfachbe- Brutzeln der Pommes in der Fritteuse und die diesen Einsatz ginge es nicht“, betont Chris- hindert. Er lebt im Haus Bethanien auf dem Bimmelbahn Minna. Vorbei am Bratwurst- tian Pohlmann. Gründungsgelände der Stiftung in einer hoch-stand und dem Flohmarkt geht es die Volmer- „Wer diesen Job in der Intensivpflege macht, spezialisierten Wohngruppe. dingsener Straße hinunter zur Kirchwiese. Die macht ihn mit Herz“, sagt Stefanie Brandhorst. Geräusche und vor allem die visuellen Reize In einem anderen Bereich zu arbeiten, kommt Der Verantwortung bewusst sein machen Dennis Reiters Tag zu einem beson- für sie derzeit nicht in Frage. Und wenn nötig, Heute hat er einen guten Tag, das liest deren. „Es ist natürlich schwer für Dennis mit kommt sie auch wieder aus dem Urlaub, damit Stefanie Brandhorst an seinen Gesundheits- der Trachealkanüle etwas zu essen. Wir arbei- Dennis Reiter mit dabei sein kann. „Wir hatten werten ab. Puls, Blutdruck und Sauerstoff ten daher mit Mundpflegestäbchen, die wir in heute einen super Tag!“ D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 7
Unter Leuten Eine Frage der Körpersprache Im Wing-Tsun-Unterricht I wona Stawinoga fokussiert sich auf die unterwegs: Neben dem Wing-Tsun-Training, Hände ihres Gegners. Langsam setzt geht sie außerdem zu einer Tanzschule und sie einen Fuß nach vorne, verlagert das nimmt einmal wöchentlich am Lauftreff teil, Gewicht, bevor der Angreifer zum Schlag der vom Wittekindshofer Kontakt- und Infor- ausholt. Kurzes Luftholen, dann wehrt sie die mationszentrum (KIZ) Herne angeboten wird. Faust mit dem Unterarm ab, dreht sich zur „Ich bewege mich gerne. Das macht mir Spaß Seite und drückt dem Gegner ihre Hand in den und hilft mir gegen Stress.“ Der Vorschlag Rücken. Glücklicherweise droht der 24-Jähri- einer Mitarbeiterin, beim Probetraining der gen keine Gefahr. Iwona Stawinoga trainiert Wing-Tsun-Schule mitzumachen und sich ihrer Wing Tsun. Einmal wöchentlich besucht die Angst zu stellen, kam für die sportliche Herne- Hernerin die Schule von Lars Heyden im Orts- rin daher gerade richtig. teil Eickel. „Bei uns kann jeder mitmachen“ betont Lars Heyden. So habe er schon einen Roll- Bewegungen des Gegners fühlen stuhlfahrenden und eine Person mit Seh- „Wing Tsun ist eine Kampfsportart, die sich behinderung unterrichtet. „Wir machen mit aus dem Kung-Fu ableitet. Im Fokus stehen jedem und jeder ein Probetraining und gehen Selbstverteidigung und Selbstbehauptung. dann im Gespräch auf persönliche Probleme Ziel ist es, den Gegner innerhalb kurzer Zeit und Ziele ein, um das Training an die indivi- Einen Einblick ins Training bewegungs- und kampfunfähig zu machen“, duellen Wünsche anzupassen.“ Während des gibt es auch auf erklärt der Leiter der Wing-Tsun-Schule Herne, Trainings herrscht eine familiäre Stimmung. youtube.de/wittekindshof. die der Europäischen Wing-Tsun-Organisa- Man kennt sich, plaudert miteinander und Der abgebildete QR-Code, tion (EWTO) untersteht. Dabei sind die Tech- tauscht sich aus. „Das macht die Schule aus“, der einfach mit dem Handy niken so ausgerichtet, die Kraft oder auch die findet Lars Heyden. „Wir machen kontinu- abgescannt werden kann, Schwachpunkte des Gegners zum eigenen ierlich etwas zusammen, ob es ein gemein- führt zum Video. Vorteil zu nutzen. „Wing Tsun ist eigentlich einsames Grillen ist – oder Spaziergänge und fauler Sport“, sagt er und lacht. „Die Schüle- Ausflüge.“ Die Beweggründe der Kurs-Teil- „Willst du mal würgen?“, fragt Lars Heyden rinnen und Schüler lernen die Bewegungen nehmenden sind vielfältig, hat Lars Heyden die 24-Jährige. Jetzt ist Rollentausch ange- des Gegners zu fühlen, seine Körpersprache über die Jahre festgestellt: „Wir trainieren sagt. Iwona Stawinoga greift an, Fabio ver- zu lesen. Es geht darum, wenige Bewegungen beispielweise Kinder, die in der Schule Prob- teidigt. Immer wieder wiederholen sie die machen zu müssen, um sich zu verteidigen.“ leme haben oder gemobbt werden, Jugend- Bewegungsabläufe. Das Training macht der Nicht auf die eigene körperliche Stärke kommt liche, die Selbstverteidigung lernen, oder Hernerin sichtlich Spaß. „Es ist aber auch es an, sondern auf Konzentration und schnelle Erwachsene, die selbstbewusster oder sport- anstrengend und man muss sich konzentrie- Reflexe. „Wir weichen nicht zurück und neh- licher werden wollen.“ ren“, sagt sie, fächelt sich Luft zu und nimmt men stattdessen den Raum des Angreifers ein. einen Schluck aus der Wasserflasche, die ihr Eine vermeintlich unterlegene Person kann mit Konzentration gefordert Max Fischer reicht. Er ist Mitarbeiter in der Dia- diesen Techniken die Oberhand gewinnen“. So Egal, welche Ziele die Teilnehmenden konischen Stiftung Wittekindshof und begleitet wie Iwona Stawinoga es gerade mit Trainings- haben, gestartet wird jedes Training mit einer Iwona Stawinoga zu ihren Trainingsstunden. partner Fabio (16) geübt hat. gemeinsamen Aufwärmrunde. Iwona Sta- „Das gibt zusätzliche Sicherheit. Hauptsäch- winoga sucht sich einen Platz zwischen den lich begleite ich Iwona aber auf dem Weg hier Jeder kann mitmachen anderen Trainierenden vor der großen Spie- her.“ Jede Woche geht es mit dem Bus von der „Ich wollte lernen, wie ich mich selbst ver- gelfront im hellen Trainingsraum. Langsam Vinckestraße nach Eickel. Den Fahrtweg hat sie teidigen kann“, sagt die 24-Jährige. Sie lebt strecken die Wing-Tsun-Schülerinnen und mittlerweile gut verinnerlicht. „Iwona macht im Wohnhaus an der Vinckestraße, in dem -Schüler die Arme aus, lassen sie kreisen, deh- super Fortschritte. Ziel ist es, dass sie eigen- sie sich eine Wohnung mit einer Mitbewoh- nen die Muskeln. In einer Ecke steht ein Box- ständig zur Schule fährt und am Training teil- nerin teilt und vom Wittekindshof unterstützt Dummy, mit dem auch ohne Partner trainiert nehmen kann“, sagt Fischer. Stawinoga fügt wird. „Ich hatte immer Angst, wenn ich alleine werden kann. Die Puppe kommt heute aber hinzu: „Und durch das Training fühle ich mich unterwegs war.“ Und Iwona Stawinoga ist viel nicht zum Einsatz. sicherer, wenn ich alleine draußen bin.“ 8 D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2
Unter Leuten Ein Umzug für alle Wittekindshof und „Juengerbistro“ leben Inklusion auf der Cranger Kirmes „K umma hia! Wir leben Inklu- im Rollstuhl, mit Brille und ohne, mit dunk- sion“ prangt auf den Bannern len und hellen Haaren, und, und, und – „Wir seitlich am Kirmeswagen, der leben Inklusion!“ sich langsam im Festumzug Seit vielen Jahren besteht die Freund- zur Cranger Kirmes durch die Stadt schiebt. schaft zwischen dem „Hot“ und dem Witte- „Guck mal hier!“, fordern der Wittekinds- kindshof. Neben zahlreichen Gemeinschafts- hof Herne und das „Hot Juengerbistro“ der aktionen wird jedes Jahr zur Cranger Kirmes Evangelischen Jugend Herne. Schaut uns an, zusammen ein Umzugswagen gestaltet. wir – Große, Kleine, Junge, Ältere, Menschen Dieses Jahr mit vielen bunten Ballons. „Die letzten Jahre ging das wegen Corona leider nicht. Aber umso mehr feiern wir jetzt wie- der. Es ist einfach super, wieder beim Umzug dabei zu sein. Was für eine Party!“, freut sich Thorsten Thieme, Bereichsleitung des Witte- kindshofer Wohnhauses an der Burgstraße und eine der treibenden Kräfte an diesem Tag. Berührungsängste gibt es nicht In T-Shirts mit passendem Aufdruck zum Motto des Festwagens sitzen Mitarbei- tende des Wittekindshofs, der Evangelischen Jugend Herne, Ehrenamtliche, Jugendliche und Menschen, die Wittekindshofer Ange- bote nutzen, auf dem Wagen oder laufen nebenher und verteilen Süßigkeiten. Berüh- rungsängste gibt es weder bei den Umzugs teilnehmenden, noch beim Publikum am Straßenrand, das sich gerne auch die klei- nen Geschenke direkt in die Tasche wer- fen lässt oder direkt an die Leute herantritt. Alle genießen die gemeinsame Party. Lukas Hillmann startet eine La-Ola-Welle nach der anderen und feuert das Publikum an, Lucy Kalisch lässt Konfetti regnen und Michaela Schäfer verteilt Blumen. Die Leute klatschen, wenn die inklusive Truppe an ihnen vorbei- kommt. Und aus der Ferne hört man eine Frau, die durch ein Megafon ruft: „Ihr seid alle wertvoll!“. D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 11
Unter Leuten Sprung ins Wie Carl-Friedrich Heinke zum Tenor im Kirchenchor wurde kalte Wasser „A chtet auf das Doppel-T von Gott. Das wird auf der Pause betont.“ Coletta Lehmen- kühler gibt klare Anwei sungen, während sie das Lied auf dem Klavier anspielt. „Erst die Alt- und Sopran- Stimmen, im nächsten Durchlauf setzen dann die Bässe und Tenöre ein“, sagt die über was ich mit den anderen reden soll – Leiterin des St.-Elisabeth-Chors. Die Sänge- oder wie ich ein Gespräch anfangen kann. rinnen und Sänger blicken aufmerksam auf Ich habe mich einfach erstmal dazugestellt, ihre Notenblätter zu „Ich lobe meinen Gott zugehört und dann auch was gesagt.“ Ein von ganzem Herzen“. Das Stück gehört zum mutiger Schritt. Das findet auch Coletta Leh- Repertoire des Kirchenchores der katholi- menkühler. „In der Pubertät hören viele Jun- schen Gemeinde in Hamm-Berge. Seit 50 gen mit dem Singen auf, weil sich die Stimme Jahren besteht der Chor schon, seit etwa fünf verändert. Das kann verunsichern“, weiß Jahren dabei ist auch Carl-Friedrich Heinke, sie. Umso mehr freue es sie, dass sich Carl- den alle nur „Kalle“ nennen. Friedrich Heinke im Erwachsenenalter wie- „Als ich jünger war, habe ich mal im Kin- der für die Musik und die Chorarbeit interes- derchor gesungen. Und eine Zeit lang habe siere. „Kalle ist sehr zuverlässig und bei jeder ich Geige gespielt, aber das Notenlesen war Probe dabei“, lobt die studierte Musikerin. nicht so meins“, sagt der 32-Jährige. Ansons- „Und er ist nicht der einzige, der keine Noten ten habe er mit Musik seit seiner Jugend lesen kann. So geht es vielen im Chor – und eigentlich nicht viel am Hut gehabt. „Ich bin das ist auch gar nicht schlimm“, betont sie. in meiner Freizeit viel unterwegs, reise gerne Jeder und jede könne mitmachen. „Es gibt mit Bus und Bahn, beispielswiese in die keine unmusikalischen Menschen“, ist sie Kreise Herford und Minden-Lübbecke. Dort überzeugt. bin ich in meiner Jugend zur Schule gegan- Einmal wöchentlich treffen sich die 25 gen“, erinnert sich Carl-Friedrich Heinke. Sängerinnen und Sänger im Gemeindehaus Wie und wann kam er also zum Chor? „Das zur eineinhalbstündigen Probe. Die Zeit war 2017. Meine Mutter kennt die Chorleite- reicht, um etwa drei bis vier Stücke durch rin und hat mir vorgeschlagen, mal bei einer zugehen. „Darunter sind immer bekannte Probe mitzumachen. Das habe ich dann auch und neue Lieder, die wir gemeinsam erar- getan und seitdem bin ich als Tenor dabei“, beiten.“ Schnell wird deutlich: Chorarbeit ist erinnert sich der Hammer, der in seiner eige- Detailarbeit. Hochkonzentriert gehen Carl- nen Wohnung lebt und vom Wittekindshof Friedrich Heinke und die anderen Sänge- ambulant unterstützt wird. rinnen und Sänger die Textpassagen durch, Obwohl er keine Noten lesen kann und überprüfen den Takt und justieren an der abgesehen von der Chorleiterin auch nie- Betonung, bevor Sopran, Alt, Bass und manden kannte, hat Carl-Friedrich Heinke Tenor dann zueinanderfinden und zum gro- den Sprung ins kalte Wasser gewagt – und ßen Ganzen werden. „Ich mag es, wenn nicht bereut. Das laute Mitsingen habe ihn alle zusammensingen“, sagt Carl-Friedrich zunächst Überwindung gekostet. „Aber mit Heinke, während er im Notenheft zurück- Übung geht es nun besser“, sagt er. Neben blättert. Es geht wieder auf Anfang. „Achtet dem Singen gefalle ihm auch das Miteinan- auf das Doppel-T von Gott“, erinnert Coletta der im Chor. „Anfangs wusste ich gar nicht, Lehmenkühler. Und dann stimmen alle ein. 12 D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2
Unter Leuten Ein Anpacker Andreas Strigan setzt sich für die Gründung eines Behindertenbeirates in Espelkamp ein M ehr als 26.300 Menschen leben „Ich habe mich schon immer für politi- in Espelkamp. Einer von ihnen sche Themen interessiert“, sagt er. „Helmut ist Andreas Strigan. Wenn der Schmidt war mein Lieblingspolitiker, der war 70-Jährige in der Stadt unter- ein richtiger Anpacker.“ Wie der Altkanzler, wegs ist, gibt es fast immer jemanden, der ist auch Andreas Strigan ein Anpacker: Er ihn grüßt. Nur schnell einen Liter Milch ein- möchte mitbestimmen und mitgestalten. „Ich kaufen gehen? Das klappt meistens nicht: will mich für Schwächere einsetzen, die sonst „Mich kennen schon einige Leute. Wenn vielleicht nicht gehört werden.“ Ein wichtiges ich im Supermarkt bin, werde ich eigentlich Anliegen ist für ihn die Barrierefreiheit in der immer angesprochen“, räumt er mit einem Stadt: Breite Bürgersteige, abgesenkte Bord- verschmitzten Grinsen ein. Kein Wunder. steine und ausreichend Sitzmöglichkeiten für Denn Andreas Strigan hat viele Freunde Senioren oder Menschen mit körperlichen und Bekannte: Montags spielt er Fußball in Beeinträchtigungen. Aber Andreas Strigan der inklusiven Mannschaft des VfB Fabben hat noch weitere Ideen: „Umkleidekabinen stedt, mittwochs geht es auf die Boule-Bahn in Bädern sollten groß genug sein, damit sie in Espelkamp oder ins benachbarte Als- jeder nutzen kann.“ wede, donnerstags steht Hallen-Boccia auf Einstehen für andere – das ist für Andreas dem Programm. Und die Spiele von Hand- Strigan nichts Neues: Jahrelang hat er im ballzweitligist TuS N-Lübbecke – ob daheim Werkstattrat die Belange von Menschen mit oder auswärts – sind bei ihm sowieso rot im Behinderung in der Betriebsstätte Benk Kalender markiert. Schließlich ist er schon hausen vertreten. Mittlerweile ist Andreas jahrelang Mitglied im Fanclub Red Devils. Strigan Rentner und genießt das Leben mit- „Am Wochenende ist eigentlich immer etwas ten im bunten Burano-Viertel der Stadt. Er los – ich schaue Handball, Fußball, gehe zu mag das Miteinander in der Nachbarschaft, Konzerten oder reise.“ Das ist aber noch nicht aber auch die Unabhängigkeit, die ihm seine alles: Der Espelkamper engagiert sich außer- eigene Wohnung bietet. „Ich bekomme dem im Bürgerverein des Ortsteils Gestrin- Unterstützung, wenn ich sie brauche. Zwei- gen und setzt sich für die Gründung eines mal die Woche koche ich mit einer Mitarbei- Behindertenbeirates in der Stadt Espelkamp terin und lerne dabei neue Rezepte. Einige ein. Dazu ist Andreas Strigan im Frühjahr Eintöpfe kann ich schon.“ Langeweile bei 2022 einer Arbeitsgruppe beigetreten, die Andreas Strigan? Ausgeschlossen! die Gründung eines solchen Beirates vorbe- reitet. Regelmäßig treffen sich die Mitglieder seitdem im Espelkamper Rathaus. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Andreas Strigan selbst dort auf viele bekannte Gesichter stößt. „Ach, hallo And- reas, wie geht es dir?“, ist aus einem der Büros zu hören, an dem der 70-Jährige auf seinem Weg zum Ratssaal vorbeikommt. „Ich bin gerne unter Leuten und ich bin gerne für Leute da. Das ist mir wichtig.“ Deshalb nimmt er sich die Zeit für einen kleinen Plausch, bevor es ins holzgetäfelte Sitzungszimmer geht, in dem nicht nur der Stadtrat sowie die Fachausschüsse tagen – sondern auch die Arbeitsgruppe. D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 13
Taktvoll Unter Leuten „Ich fühle mich hier 14 D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2
Unter Leuten ganz normal“ Pierre Fischer kickt in der dritten Herren-Fußballmannschaft von Fortuna Gronau vom Wittekindshof dort unterstützt, wo er Hilfe Danach Flanke ins Mittelfeld und Abschluss benötigt, insbesondere bei der Bewältigung aufs Tor. Pierre Fischer versemmelt den langen des Alltags und des Haushalts. „Ich kann viel Pass. „Man, Pierre!“, schallt es über das Spiel- alleine machen, aber nicht alles so, dass ich feld. „Sorry, Jungs. Meiner.“ Pierre Fischer hier nicht wohnen müsste“, erklärt der Gro- hebt entschuldigend die Hand. „Nächstes nauer. Pierre Fischer hat eine fetale Alkohol- Mal“, sagt einer seiner Mitspieler und nickt spektrum-Störung. Seine leibliche Mutter hat ihm zu. während der Schwangerschaft Alkohol getrun- ken. „Ich habe das schon als Baby im Bauch Eigenes Turnier organisiert mit aufgenommen und so etwas wie Löcher im Für Pierre Fischer bedeutet das Vereins- Gehirn“, beschreibt er. Sein großer Wunsch ist leben mehr als nur „etwas mit den Jungs zu es, irgendwann alleine in seiner eigenen Woh- kicken“. „Ich engagiere mich auch“, betont nung zu leben, vielleicht mit seiner Freundin. er. So kommt es vor, dass er die Trikots der Und in der Regionalliga spielen. „Das wäre gesamten Mannschaft wäscht, wenn der Trai- super“, sagt Pierre Fischer mit einem Grinsen ner es nicht schafft. Oder er bietet sich als im Gesicht. Bis es dazu kommt, kickt er aber Schiri an. „Denn einen Schiri-Schein habe ich noch fleißig bei Fortuna in der Kreisliga D. auch.“ Aber sein Engagement geht über die dritte Herren-Mannschaft hinaus. Gemein- Verstehen, wie Pierre tickt sam mit den Mitarbeitenden Dietmar Schaaf „Meine Lieblingsposition ist im Sturm. Ich und Kai Wissemborski hat der Gronauer ein werde aber auch im Mittelfeld, rechts außen Wittekindshofer Fußball-Turnier auf die Beine oder im Tor eingesetzt. Den linken Flügel gestellt, bei dem Menschen mit und ohne spiele ich nicht so gerne. Aber eigentlich will Behinderung aus unterschiedlichen Bereichen „I ch bin, wie ich bin und möchte, ich nur Fußball spielen. Das kann ich in der der Stiftung gegeneinander angetreten sind. dass mich die Leute dann auch so Dritten Herren. Die Leute haben mich gut auf- Der Clou: Es war ein Spenden-Cup zuguns- akzeptieren“, sagt Pierre Fischer. genommen. Hier fühle ich mich ganz normal“, ten geflüchteter Menschen aus der Ukra- Er möchte keinen „Behinderten sagt der 22-Jährige, der mittlerweile in sein ine. „Der Krieg ist schrecklich. Die Regierung bonus“. „Wenn ich ein Arschloch bin, bin ich Trainings-Outfit geschlüpft ist. Dabei war es macht ja etwas, aber sie macht nicht genug. ein Arschloch. Ganz einfach. Nicht, weil ich am Anfang nicht ganz leicht fürs Team, einen Die Menschen haben nichts mehr. Da ist alles eine Einschränkung habe, sondern weil ich jungen Mann mit Behinderung aufzunehmen. kaputt. Die brauchen Geld“, sagt Fischer. Er mich wie ein Arsch verhalte.“ Eine Sonder- „Wir mussten Pierre erst einmal kennenlernen wollte helfen und sprach Kai Wissemborski als behandlung will er auch nicht beim Sport. und verstehen, wie er tickt“, sagt Trainer Ideen- und Beschwerdebeauftragten an. „Ich Daher hat sich der 22-Jährige der dritten Her- Florian Haupt. „Aber das ist mittlerweile kein habe gedacht, man kann sich doch sportlich ren-Fußballmannschaft von Fortuna Gronau Thema mehr. Wir wissen, dass es manch- betätigen und etwas Gutes tun“, erklärt Pierre angeschlossen. mal schwierig ist mit seiner Konzentration Fischer. Gemeinsam mit Dietmar Schaaf, der Es ist Dienstagabend und Pierre Fischer beispielsweise. Aber er hat tolle Fortschritte die inklusive Mannschaft des Wittekindshofs packt seine Tasche. Handtuch, Stollenschuhe gemacht, seitdem er mit uns trainiert. Er hat bei Fortuna Gronau trainiert, und Kai Wiss- für den Kunstrasenplatz, Strümpfe – „irgend- sich fußballerisch weiterentwickelt und spielt emborski, der ebenfalls im Team ist, erarbei- was wollte ich noch einpacken“, grübelt er. ganz normal mit. Pierre wird hier angenom- tete Fischer die Turnier-Idee. „Pierre hat dann „Wasser!“ Er greift in die Kiste, die in seinem men, wie er ist“, sagt der Coach, der Pierre mit einem Kollegen aus der Werkstatt ein Pla- Wohnzimmer steht, wirft zwei Flaschen Was- Fischers Zuverlässigkeit schätzt. „Im Winter ist kat entworfen, Anmeldebögen verteilt und ser in seine Sporttasche und schnallt sie sich die Motivation, zum Training zu kommen, nicht Mannschaften aufgestellt. Wir haben ihn bei auf den Rücken. Den Weg zum Sportplatz an immer die höchste. Aber Pierre ist immer da“, den restlichen Planungen unterstützt“, berich- der Laubstiege legt er mit dem Fahrrad zurück. sagt Trainer Haupt und wendet sich ans Team, tet Dietmar Schaaf. Beim nächsten Mal könnte Seit knapp zwei Jahren spielt Pierre Fischer um die nächste Trainingseinheit zu erklären. es, wenn es nach Pierre Fischer geht, dann ein bei Fortuna Gronau. Etwa genauso lange lebt Das Pass-Spiel wird geübt. Langer Pass größeres Turnier sein, mit mehr Zuschauern er in seinem eigenen Appartement und wird aus dem Strafraum, Annahme und Rückspiel. und mehr Einnahmen. D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 15
Wittekindshofer Themen Jaqueline Patzer Frauen und Männer mit Behinderung forschen mit Hochschule zum Thema Stadtgesundheit Fotosafari durch die Herner Innenstadt „Der Boden gefällt mir nicht, da stolpert man wie eine inklusive und vor allem partizipative „Genau darum geht es im Projekt. Wir gehen schnell“, sagt Pia Bruchhage und deutet auf gesundheitsfördernde Gestaltung der Stadt den Fragen nach, was bedeutet Gesundheit für einen aus dem Pflaster ragenden Stein in der stattfinden kann. Ein Jahr lang werden die Co- dich und wie trägt die Stadt, in der du lebst, Bahnhofstraße. „Dann halten wir das fest“, Forschenden gemeinsam daran arbeiten. dazu bei? Gibt es Bereiche, die dir guttun oder sagt Julia Brüggemann, legt einen roten Rah- „Wir freuen uns, dass die Hochschule an die dir nicht gefallen? Und was kann verbes- men um die Stolperfalle und zückt das Tablet uns herangetreten ist, um bei diesem wich- sert werden? Stadtentwicklung soll die Pers- für ein Foto. Jetzt den Standort markieren und tigen Prozess mitzuwirken. Menschen mit pektive aller Bürger und Bürgerinnen einneh- speichern. Dann geht es weiter auf der Suche Behinderung wissen am besten, was sie benö- men und wir freuen uns, mit unserem Projekt nach Orten in der Stadt, wo Pia Bruchhage tigen, welche Barrieren es im Alltag gibt. Es zu einer inklusiveren und gesünderen Stadt sich unwohl fühlt oder ihr etwas gut gefällt. ist Zeit, Inklusion auch in diesen planerischen beizutragen“, sagt Prof. Dr. Christian Walter- Pia Bruchhage und Julia Brüggemann Bereichen voranzutreiben und nicht mehr nur Klose, wissenschaftlicher Leiter des Projekts sind Co-Forschende des Projekts „ParStaR – über die Menschen zu sprechen und für sie „ParStaR“. Er und Kolleginnen und Kollegen partizipative Methoden für StadtGesundheit zu entscheiden“, betont Matthias Jacobstroer, des Projekts sowie der niederländischen Uni- Ruhr“. Das Projekt der Hochschule Gesund- zuständiger Wittekindshofer Geschäftsbe- versität Twente begleiten die Fotosafari durch heit Bochum hat zum Ziel, Methoden zu ent- reichsleiter für die Angebote in Herne und die Innenstadt. Denn der Clou: Die U niversität wickeln, um Menschen mit Behinderung bei Oberhausen. Twente arbeitet an einer interaktiven Platt- der Stadtentwicklung besser einzubeziehen. Pia Bruchhage spürt derweil weitere Orte form, in die die Ergebnisse der Fotosafari ein- „Vulnerable Gruppen werden zunehmend in und Dinge in der Innenstadt auf, die sie posi- fließen werden. stadtplanerische Prozesse einbezogen. Aber tiv oder negativ bewertet. „Ich mag es nicht, Ute Röseler, Pia Bruchhage und zahlreiche Menschen mit Behinderung bleiben weiterhin dass so viel Müll herumliegt. Das ist nicht gut weitere Frauen und Männer mit Behinderung unterrepräsentiert. Gemeinsam mit der Diako für die Umwelt und dann auch schlecht für forschen derweil weiter daran, wie Herne nischen Stiftung Wittekindshof und Frauen und die Menschen und ihre Gesundheit“, sagt die gesunder und inklusiver werden kann. „Mir Männern, die Angebote der Stiftung nutzen, Hernerin. Die Umweltverschmutzung ist auch macht es richtig Spaß. Ich finde forschen toll wollen wir Methoden und Formate entwickeln, Ute Röseler ein Dorn im Auge. Genauso die und wir sind eine gute Gruppe“, betont Ute die es ermöglichen, diese Gruppe Menschen Unterführung zum Bahnhof. „Das könnte doch Röseler, die beim nächsten Treffen zum Aus- besser einzubeziehen“, erklärt Julia Brügge- heller und bunter, vielleicht mit Bildern gestal- werten und Besprechen der gemachten Fotos mann, wissenschaftliche Mitarbeiterin. Am tet werden“, hat die Seniorin direkt eine Ver- auf jeden Fall wieder mit von der Partie sein Ende sollen Empfehlungen formuliert werden, besserungsidee. will. 16 D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2
Wittekindshofer Themen Wittekindshof erweitert Fort- und Weiterbildungsmöglichkeit – Beteiligung an Fachpool GmbH Ideen gemeinsam umsetzen Man lernt nie aus und da die kontinuierliche hilfe, dem Gesundheitswesen, der Justiz, dem lichen Pflegefachkräfte, Fachkräfte Adipositas, Bildung der Mitarbeitenden essentiell für die Bildungssystem und der Wirtschaft tätig sind, die Kolleginnen und Kollegen aus den psy- Arbeit des Wittekindshofs sind, schwimmt die entwickelt und durchführt. Dabei legt die Fach- chologischen Fachdiensten oder auch unsere Stiftung seit Anfang 2022 sinnbildlich in einem pool GmbH großen Wert darauf, ihre Angebote Lehrkräfte des Berufskollegs als potentielle besonderen Pool: einem Pool aus W issen. Die an die Interessenten anzupassen und den Aus- Dozenten ein“, nennt André Weber spontane Diakonische Stiftung hat sich finanziell an der tausch untereinander zu fördern. Beispiele. Fachpool GmbH aus Herne beteiligt. Sie soll „Die Mitarbeitenden in den unterschied Doch die Frage ist nicht nur, was der Witte- das Portfolio der Bildungsangebote zusätzlich lichen Einrichtungen haben besonderes Kön- kindshof geben kann, sondern welche Schu- zum bestehenden internen Fort- und Weiter- nen, spezielles Wissen und Berufserfah- lungen auch in der Stiftung benötigt werden: bildungsangebot bereichern. rung weiterzugeben. Wir sind immer auf der „Vor-Ort-Veranstaltungen sind immer mög- Weiterbildung ist eine Win-Win-Möglich- Suche nach diesen Menschen“, sagt Fachpool- lich“, betont Volker Rhein – in allen Regionen. keit: Mitarbeitende bauen bestehende Quali- Geschäftsführer Volker Rhein. Und der Witte- Gerne könne auch gemeinsam ein Angebot fikationen und Fähigkeiten aus, vorhandene kindshof sei stets interessiert an maßgeschnei- speziell für die Bedarfe der Mitarbeitenden Kenntnisse werden erhalten und vor allem derten Fort- und Weiterbildungen, wie André konzipiert werden. „Die Menschen vor Ort aufgefrischt. Für Arbeitgeber bedeutet dies, Weber, Geschäftsführer in der Region Rhein- wissen, welche Fortbildungen sie benötigen bestmöglich qualifizierte Menschen im Team Ruhr, bekräftigt. „Wir wollen aber auch unser und haben Ideen, die sie umsetzen wollen. zu haben, die neugewonnenes Wissen direkt Wissen teilen und im Netzwerk der Fachpool Dafür brauchen sie einen Partner. Und daraus mit ins Unternehmen tragen. Die verbesserte GmbH zuhause sein. Wir können uns gegen- entwickeln wir ein Angebot. Das ist ein erfolg- Expertise kommt auch den Kolleginnen und seitig Türen öffnen und Gemeinsamkeiten fin- reicher Weg, da Menschen dahinterstehen, Kollegen zugute. Die Fachpool GmbH ist eine den“, betont der Diakon, dem gleich zahlrei- die den Erfolg auch wollen“, erklärt Rhein das gemeinnützige Gesellschaft, die solche Ange- che Ideen in den Kopf kommen, um zukünftig Prinzip. Und auf diesen Weg machen sich die bote zur Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie zu kooperieren. „Wir haben tolle Mitarbei- Diakonische Stiftung Wittekindshof und die Beratung von Fachkräften, die in verschiede- tende in der Stiftung, die sich mitunter sehr Fachpool GmbH nun gemeinsam. nen Arbeitsbereichen wie beispielsweise der spezialisiert haben und großes Fachwissen Weitere Informationen: Kinder- und Jugendhilfe, der Eingliederungs- mitbringen. Mir fallen da unsere verantwort- www.fachpool.de André Weber (Zweiter von links) und Matthias Jacobstroer (Dritter von links) begrüßen (von links) Volker Rhein, Olympia Kirchberg, Ayten Kacar und Peter Eichenauer von der Fachpool GmbH im KIZ Herne zum Austausch. D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 17
Wittekindshofer Themen Wittekindshof wird Träger der Einrichtung: 90 Betreuungsplätze entstehen Fahrzeugen verfügen. W eiterhin sind eine Neue Kita an der Wörthstraße Matschanlage und ein Gemüsebeet geplant. Im Gebäude entstehen fünf großzügige Gruppenräume mit je einem Gruppen-Neben- Die Nachfrage nach Kita-Plätzen in Herne ist straße 11. Das Gebäude gehört der HFO, die raum, einem Differenzierungs- sowie einem größer als das derzeitige Angebot. Die Dia- auch die Umbaumaßnahmen durchfüh- Sanitärraum. Eine Gruppe ist für Jungen und konische Stiftung Wittekindshof und die HFO ren wird, der Wittekindshof wird die Räume Mädchen im Alter von vier Monaten bis drei Heckendorf Family Office GmbH & Co. KG wol- langfristig mieten. „Wir sind im August mit Jahren (zehn Kinder), eine für Dreijährige bis len Abhilfe schaffen und planen gemeinsam den Umbaumaßnahmen gestartet“, erklärt zur Einschulung (20 Kinder) und drei Gruppen eine neue, inklusive Kita an der Wörthstraße. Thorsten Heckendorf. Zwar gebe es noch viel für Zweijährige bis zur Einschulung (jeweils 90 Betreuungsplätze entstehen für Kinder ab zu tun, aber geplant sei die Fertigstellung im 20 Kinder). Zu den Gruppenräumen kom- vier Monaten bis hin zu ihrer Einschulung. Die Frühjahr 2023. Zuvor war in den Räumen, die men Therapieräume, zwei Kinderrestaurants, Eröffnung ist im Frühjahr 2023 geplant. schon etwas länger leer stehen, eine Kurz- ein Bewegungsraum, ein Snoezelenraum, „Wir freuen uns, einen Teil der Betreuungs- und Langzeitpflege ansässig. ein Werkraum, ein Atelier und ein Raum für lücke zu schließen. Herne ist unsere Stadt. Der Außerdem befinden sich eine Pflegewohn- Elternarbeit. Das im Gebäude vorhandene Wittekindshof ist Teil davon und leistet seinen gemeinschaft und weitere Seniorenwohnun- Schwimmbad kann ebenfalls für Angebote Jaqueline Patzer Beitrag für das Gemeinwesen“, sagt Matthias gen im Haus. genutzt werden. „Auch unser Bewegungs- Jacobstroer, Geschäftsbereichsleiter für die Den generationenübergreifenden Ansatz raum wird toll ausgestattet. Die Kinder haben Wittekindshofer Angebote in Herne und Ober- lobt Dezernent Merkendorf. Und Kita-Leitung viele Möglichkeiten sich auszutoben. Neben hausen. Die Freude über die neue Kita ist auch Kerstin Guth hat auch schon Ideen, die Parteien der Bewegung werden wir aber auch beson- auf Seiten der Stadt groß: „Es gibt großen zusammenzuführen. Doch erst einmal freut sie ders die Sprachentwicklung, Partizipation Bedarf an Betreuungsplätzen. Die Lücke wird sich darauf, den Aufbau der neuen Wittekinds- sowie die soziale und kulturelle Bildung för- mit der neuen Kita zwar nicht geschlossen, hofer Kita zu begleiten. „Wir haben eine tolle dern“, sagt Kita-Leiterin Kerstin Guth. Neben aber jeder Kita-platz ist natürlich willkom- Ausgangslage und viele Ideen. Auch das große ihr werden künftig etwa 20 weitere Personen men. Hier haben wir tolle Partner gefunden, Außengelände mit etwa 1000 Quadratmetern in der Kita arbeiten – „alles neue Stellen, die die dieses Projekt umsetzen“, sagt Bildungs- hat viel Potential“, erklärte die Kita-Leiterin. wir schaffen“, so Matthias Jacobstroer. dezernent Andreas Merkendorf. Das Außengelände wird unter anderem über Die neue Kita entsteht auf rund 1250 Qua- zwei Spielgeräte, zwei Nestschaukeln, zwei dratmetern im Bestandsbau an der Wörth Sandkästen und eine Fläche zur Nutzung von Heike Hütter, Abteilungsleiterin Kindertagesbetreuung (von links), Investor Thorsten Heckendorf, Bildungsdezernent Andreas Merkendorf, Geschäftsbereichsleiter Matthias Jacobstroer und Kita-Leiterin Kerstin Guth stehen vor dem Gebäude an der Wörthstraße, in dessen Untergeschoss die neue Kita entstehen wird. 18 D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2
Wittekindshofer Themen Neues E-Learning – Angebot für Wittekindshofer Mitarbeitende Einfach und digital lernen Was gibt es beim Verabreichen von Medika- menten zu beachten? Welche Hygieneregeln gelten? Was muss ich bei einem Feueralarm tun? Und was hat es eigentlich mit dem Datenschutz auf sich? All diese Fragen müssen die circa 3700 Mitarbeitenden der Diakonischen Stiftung Wittekindshof in ganz unterschiedlichen Berufen und mit unterschiedlichen Quali- fikationen jeden Tag beantworten können. Damit sie das können, haben viele Mitar- beitende eine Ausbildung, beispielsweise als Heilerziehungspfleger*in, Bürokauffrau/ -mann oder Tischler*in absolviert und eine Fachqualifikation erworben. Im Berufsalltag können jedoch manche Dinge in Vergessen- heit geraten. Gleichzeitig kommen aufgrund neuer Technologien oder gesetzlicher Vorga- ben regelmäßig neue Anforderungen hinzu. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, bietet der Wittekindshof jedes Jahr bis zu 300 Schulungen zu ganz unterschied- lichen Themen an. Manche Berufe erfor- dern regelmäßige Pflichtfortbildungen oder © storyset.com Sicherheitsunterweisungen, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Zusätzlich wurden vom Wittekindshof viele Fort- und Weiterbildun- gen selbst konzipiert, um einen hohen Qua- litätsstandard in allen Angebotsbereichen zu gewährleisten. So kommt eine Vielzahl von unterschiedlichen Fort- und Weiterbildungen pro Jahr zusammen. Mit Hilfe des „Vivendi PEP Self-Service“ arbeitenden. Damit ist insbesondere die Für viele Mitarbeitende bedeutet die können Mitarbeitende im Internet einsehen, ortsunabhängige Verfügbarkeit von Fort- Teilnahme an einer Fortbildung einen gro- welche Fortbildungen zur Verfügung stehen. bildungen und der Verzicht auf Reisezeit ßen Aufwand, weil sie aus unterschiedlichen Bislang werden 43 Kurse zu verschiedenen gemeint. Mitarbeitende können Fortbildun- Regionen extra nach Volmerdingsen anreisen medizinischen und pflegerischen Themen, gen zukünftig im Büro, in Computerräumen, müssen. Insbesondere bei mehrtägigen Fort- zur Arbeitssicherheit sowie zu IT & Daten- in der Wohngruppe oder auch von zu Hause bildungen können Mitarbeitende aus entfern- schutz angeboten. aus absolvieren. Nach erfolgreicher Teil- ten Standorten nicht abends nach Hause fah- So erhalten die Mitarbeitenden ein ziel- nahme wird ihnen die Zeit für die Fortbildung ren. Diese Reisezeit bedeutet wertvolle Zeit, gruppengerechtes Angebot, um sich persön- gutgeschrieben. in der sie nicht ihrer Arbeit nachgehen und lich weiterzuentwickeln und für neue berufli- Natürlich gibt es auch Themen, die nicht den Feierabend nicht mit der Familie verbrin- che Herausforderungen vorzubereiten. digital vermittelt werden können. „Fortbil- gen können. „Unser neues E-Learning-Angebot ist ein dungen, die eine praktische Übung erfor- In Zeiten der Digitalisierung gibt es neue modernes Instrument zur Entwicklung von dern, wie etwa ein Erste-Hilfe-Kurs oder Möglichkeiten, um Wissen auf elektroni- Fach- und Führungskräften. Zudem wird die Feuerlöschübungen werden auch zukünf- schem Weg zu vermitteln. Im Englischen wird Chancengleichheit zur Teilnahme an Fort- tig in Präsenz stattfinden“, erläutert Sabine das unter dem Begriff E-Learning zusammen- bildungen und gleichzeitig die Vereinbar- Kathmann, „häufig können jedoch die theo- Ann-Christin Lüke gefasst. Nach einer ausführlichen Pilotphase keit von Familie und Beruf erhöht“, betont retischen Grundlagen schon vorher über ein steht dieses Angebot seit Juli 2022 allen Mit- Sabine Kathmann, Leiterin des Personal E-Learning vermittelt werden.“ arbeitenden im Wittekindshof zur Verfügung. managements, den Mehrwert für die Mit Christian Fitte D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 19
Das Gruppenfoto Das Gruppenfoto Heilerziehungspfleger und Heilerziehungspflegerinnen Zu den 107 Absolventen des Evangelischen Berufskollegs Wittekindshof gehören die staatlich anerkannten Heilerziehungspfle- gerinnen und staatlich anerkannten Heilerziehungspfleger: Malina Gerkensmeyer, Phillip Gropp, Luca Jonas Zuch (alle Bad Oeynhausen), Felix Freise (Enger), Jeanette Dyck, Stefan-Alexander Frey, Svenja Rauer (alle Espelkamp), Maximilian Beckmann, Joshua Brüning, Kim Lukas Wagner (alle Herford), Sophie Hannemann, Maurice Schneider (beide Hiddenhausen), Gina Kolk- mann (Hille), Sabrina Bärwald (Kreuztal), Kim-Malina Südmersen (Lemgo), Miriam Bröderhausen, Carla Iburg, Laura Matschuck, Jennifer Rolfsmeyer (alle Löhne), Michel Beckschebe, Mara Franziska Voss (beide Lübbecke), Nicole Brozik, Liane Ens, Christian Herrmann, Markus Kreklau, Benjamin Oluschinsky, Aron Rolfs, Sabine Vogel (alle Minden), Jana-Marie Keisler (Petershagen), Leonhard Fertl, Andrea Korff (beide Porta Westfalica), Michaela Jahnke (Preußisch Oldendorf), Cora Charlotte Dyszbalis (Rahden), Lisa Altemeier, Charlene Pavic, Carmen Wobker (alle Rödinghausen), Lea-Sophie Reimler und Tim Ole Seifert (beide Vlotho). Sozialassistenz mit Schwerpunkt Heilpädagogik Erfolgreich ihre Ausbildung als staatlich geprüfte Sozialassistentin oder - assistent mit Schwerpunkt Heilpädagogik haben abgeschlossen: Rouven Noel Brentführer, Christian Enns, Sarah Marie Falkner, Jose- fine Gerdes, Mona Spanke, Aleksandar Vasic, Samuel Wagner, Angelika Weiler (alle Bad Oeynhausen), Charline Miller (Bielefeld), Stefan Fertig, Nora Janzen, Sarah Klassen, Leonie Ladwig (alle Espelkamp), Lukas Schröder (Hille), Marvin Orbke, Lea-Deborah Parpart, (beide Kirchlengern), Tobias Witt (Löhne), Gideon Garen, Melissa Zapke (beide Lübbecke), Michelle Küsters (Porta Westfalica) und Niklas Gohlke. 20 D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2
Das Gruppenfoto Sozialassistenz und geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) Zusätzlich die Weiterbildung als geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) haben abgeschlossen: Anja Schäfer (Bad Oeynhausen), Norbert Hillebrand (Belm), Stefan Kastrup (Bielefeld), Lisa Pape (Bückeburg), Georg Franz, Lilia Hellweg, Everline Odera Ulrich (alle Espelkamp), Tanja Rettig (Lübbecke), Bianca Giller (Minden), Sascha Langhans, Selcan Songün (beide Nienburg), Maren Kolwes (Porta Westfalica), Andreas Busenius (Spenge) und Insa Dankleff (Wietzen). Michael Hagemeier aus Löhne hat nur die Weiterbildung als geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) abgeschlossen. Erzieher und und Erzieherinnen Die Ausbildung als staatlich anerkannte Erzieherin und staatlich anerkannter Erzieher am Evangelischen Berufs kolleg Wittekindshof haben abgeschlossen: Miriam Baurichter, Katharina Epp, Evelyn Frank, Larissa Korsmeier, Jean- Pierre Reitmeier, Sophie Rongen (alle Bad Oeynhausen), Nadine Flentje (Bad Salzuflen), Louisa Scholz (Blomberg), Julia Katharina Reifert (Bünde), Nikola Doreen Erk (Diepenau), Robin Massilge (Espelkamp) Juliane Karl, Aike Frieder Schäfer (beide Herford), Nicole Meinsen, Paul Simon von Behren, (beide Hille), Irina Fieguth (Lübbecke), Verena Henschel, Maleen Heuer, Laura Hölzel, Franziska Meyer, Michel Wanek (alle Minden) , Jastine Sieveking (Osnabrück), Tanya Janine Hach-Klein, Daniela Penner, Jan Filipp Prelle, Nuria Rehberg, Carolin Richard, Jana-Marie Schlottmann (alle Porta Westfalica), Malin Bekemeier (Preußisch Oldendorf), Ksenia Scheller (Schüttorf), Yildiz Yildirim, Zara Yildirim (beide Stadthagen) und Marcel Heinrichs (Vlotho) Impressum Durchblick Zeitschrift der Diakonischen Stiftung Wittekindshof Herausgeber: Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Zur Kirche 2, 32549 Bad Oeynhausen Versand: Wiegmann GmbH, Petershagen Theologischer Vorstand (v.i.S.d.P.) info@wittekindshof.de Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht Redaktion: Texte und Fotos soweit nicht anders benannt: unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Ann-Christin Lüke, Jaqueline Patzer Ann-Christin Lüke und Jaqueline Patzer Alle Rechte vorbehalten. Gestaltung und Layout: Wilfried Gandras, Hamburg Nachdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung Druck: Druckerei + Verlag Kurt Eilbracht der Redaktion. GmbH & Co KG, Löhne Gedruckt auf zertifiziertem 100-prozentigem Altpapier. D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 21
Blick zurück Vom Heilpädagogischen Seminar zum Berufskolleg Mit Beginn der 1960er Jahre rückten die freien Schwestern theoretisch ausgebildet. auch, einen Krankenpflegelehrgang einzu- Interessen von Menschen mit Behinderung Dabei gab es neben einem pflegerisch-medi- richten, der mit einem staatlich anerkann- zunehmend ins Blickfeld der Gesellschaft. Die zinischen Teil auch einen psychiatrischen und ten Examen abgeschlossen werden konnte. Medien schenkten diesen Personengruppen heilpädagogischen Anteil. Eine wenige Stun- Anstaltsleiter Johannes Klevinghaus und der mehr Aufmerksamkeit und auch im Bundes- den umfassende Unterweisung reichte ange- Rektor der Wittekindshofer Schule, Gerhard tag und den Landesparlamenten wurde über sichts der wachsenden Zahl an unterstützten Brandt, setzten sich in der Folgezeit mit dem die Lebenssituationen der Kinder, Jugendli- Menschen mit unterschiedlichen Förderbe- Plan dieser beiden nebeneinander laufen- chen und Erwachsenen debattiert. Als Ergeb- darfen nun nicht mehr aus. „Die Besonderheit den Lehrgänge auseinander, führten Gesprä- nis wurden entsprechende Gesetze verab- heilpädagogischen Helfens liegt darin, aus che mit anderen Einrichtungen, aber auch schiedet. einer gründlichen Kenntnis des Behinderten mit Behörden. Die finanzielle Belastung war Im Wittekindshof folgte daraus ein regel- die noch offenen Bildungs- und Erziehungs- jedoch zunächst zu groß. rechter Boom an neuen Bildungs- und Aus- möglichkeiten zu erspähen und mittels son- Schließlich entschloss man sich doch, bildungsmöglichkeiten und -einrichtungen. derpädagogischer Maßnahmen zu nutzen“, eine staatlich anerkannte Ausbildungsstätte Dies betraf nicht nur die Differenzierung zur hieß es 1964 in der Wittekindshofer Informa- im Wittekindshof einzurichten. 1964 hatte Förderung von Bewohnerinnen und Bewoh- tionsbroschüre „Wir suchen das Leben“ zur sich der nordrhein-westfälische Landesver- nern, sondern auch die Ausbildungen der Gründung des Heilpädagogischen Seminars. band der Lebenshilfe e.V. gegründet. Unter Mitarbeitenden. Schon von Beginn an hatte dem Dach der Lebenshilfe waren im Rahmen man die Brüder und Zusatzausbildung der Behindertenhilfe offene heilpädagogi- Schon 1961 prüfte die Anstalts- sche Tageseinrichtungen für Menschen mit leitung, wie den Mitarbeitenden geistiger Behinderung jeden Alters entstan- eine vertiefende heilpädagogische den. Häufig arbeiteten dort Mitarbeitende, Zusatzausbildung angeboten wer- die keine heilpädagogische Ausbildung hat- den könnte. Es folgten Überlegun- ten und darin geschult werden sollten. Des- gen, eine Fachschule oder eine halb trat die Lebenshilfe an den Wittekindshof Höhere Fachschule für Heilerzie- heran, sich an der Ausbildung zu beteiligen. hung zu gründen. Im Raum stand „Dem Heilpädagogischen Seminar Witte- Archiv Wittekindshof oben links: Johannes Klevinghaus, oben rechts: Gerhard Brandt links: Mit dieser Anzeige in der Informationsbroschüre „Wir suchen das Leben“ von Juli 1964 machte der Wittekindshof auf die Gründung des Heilpädagogischen Seminars aufmerksam.
Blick zurück kindshof ist daher die Aufgabe gestellt, heil- pädagogische Fachkräfte für den Dienst an geistig Behinderten nicht nur in Anstalten und Heimen, sondern auch in Sonderkinder- gärten, Tagesstätten, Beschützenden Werk- stätten und Wohnheimen auszubilden“, wie es in dem Informationsheft von 1964 weiter heißt. Das besondere Merkmal des Studiums war, dass es berufsbegleitend stattfand. Die Teil- nehmenden konnten also ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit weiter nachgehen. Das Studium sollte vier Semester mit je 20 Unter- richtswochen umfassen, die sich auf zwölf Stunden pro Woche aufteilten, also insgesamt 960 Stunden. Letztlich wurde es auf sechs Semester und insgesamt 1200 Stunden inklu- sive eines mehrwöchigen Praktikums und ver- schiedener Studienfahrten ausgedehnt. tischen Arbeit gestanden hatten, den Besuch und Pflegeanstalten, die Lebenshilfe sowie Schwierig erwies sich die Anschubfinanzie- des Seminars ermöglichen. Dies war der der Landesverband der Inneren Mission. Auch rung. Eine Beteiligung an dem berufsbeglei- maßgebliche Grund, die Ausbildung berufs- mit der Wissenschaft kam es zu Kooperatio- tenden Seminar lehnte das Kultusministerium begleitend anzubieten. Die Teilnehmenden nen, so mit den Pädagogischen Hochschulen in Düsseldorf ab, weil es nicht als Ersatzschule des ersten Ausbildungsgangs verdeutlichen in Köln und Dortmund. Man erhoffte sich Syn- anerkannt werden konnte. Kleine Starthilfen das. Die 21 Teilnehmenden waren zwischen ergieeffekte und gegenseitige Unterstützung kamen schließlich vom Landesverband der 21 und 56 Jahre alt und brachten unterschied- bei den Bemühungen nach staatlicher Aner- Inneren Mission, dem Landschaftsverband lichste Berufserfahrungen mit. So war eine kennung. Westfalen-Lippe (LWL) und der Bezirksregie- Diakonisse ebenso dabei wie ein Teilnehmer Die Finanzierungsfrage klärte sich, wobei rung in Detmold. Der LWL sagte zu, die Kosten mit kaufmännischer Ausbildung. der Wittekindshof die Hauptlast trug. Das des Seminars im Pflegesatz zu berücksichti- wurde aber in Kauf genommen, weil man mit gen. Trotz der noch nicht gesicherten Finan- Studienfahrten dem Seminar über eine moderne Bildungs- zierung wurde das Heilpädagogische Seminar Teil der Ausbildung waren auch etliche Stu- einrichtung für Mitarbeitende in der Behin- Wittekindshof am 6. November 1964 eröffnet. dienfahrten zu anderen deutschen, schwei- dertenhilfe verfügte, die sogar für andere Leiter war Gerhardt Brandt. Zu den Lehrenden zerischen oder niederländischen Einrichtun- Einrichtungen zum Vorbild wurde. 1968 sollten neben Mitarbeitenden des Wittekinds- gen. Leiter Gerhardt Brandt ging es dabei um konnte ein eigenes Gebäude an der Pfarrer- hofes auch externe Fachkräfte gehören. die Erweiterung des Gesichtskreises und die Krekeler-Straße bezogen werden, das seit Im Juli 1965 wurde die heilpädagogische Anregungen für die eigene Arbeit. Ein kluger 2000 den Namen Gerhardt-Brandt-Haus trägt. Zusatzausbildung vom Arbeits- und Sozial Schachzug war die Besetzung des Prüfungs- 1972 wurde das Heilpädagogische Seminar in ministerium Nordrhein-Westfalens staat- ausschusses. Mit ihm vernetzte sich der Witte „Fachschule für Sozialpädagogik mit Schwer- lich anerkannt. Abgelehnt wurde jedoch der kindshof mit allen für seine Arbeit wichtigen punkt Heilpädagogik“ umbenannt. Sie war Antrag, das Heilpädagogische Seminar als Stellen. Den Vorsitz trug man dem Arbeits- nun staatlich anerkannte Ersatzschule. 1998 Private Fachschule betreiben zu dürfen. Man und Sozialministerium an, Sitz und Stimme wurde aus der Fachschule Wittekindshof das wollte auch Menschen ohne höheren Schulab- hatten darin auch der LWL, der Verband Deut- Evangelische Berufskolleg Wittekindshof. schluss oder denen, die bisher nur in der prak- scher Evangelischer Heilerziehungs-, Heil- Michael Spehr D u rc h b l i c k 2 -2 0 2 2 23
Sie können auch lesen