PUBLIK - AUF AUGENHÖHE IM LEBEN - SELBSTBESTIMMT ZU MEHR LEBENSQUALITÄT - Josefs-Gesellschaft
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Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 1 PUBLIK EIN INFOMAGAZIN DER JG-GRUPPE 2019 // NR. 53 AUF AUGENHÖHE IM LEBEN – SELBSTBESTIMMT ZU MEHR LEBENSQUALITÄT
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 2 INHALT 20 Kreative Wege, die Pflege zu stärken: Mit der Pflegekampagne „Weiß kann auch bunt sein“. Liebe Leserinnen und Leser, über 7.400 Menschen arbeiten in der Josefs-Gesellschaft Tag für Tag daran, die Lebens- 04 qualität von Menschen mit Beeinträchtigungen zu erhöhen. Egal ob alt, krank oder mit Behinderung – ein selbstbestimmtes Leben ist das Ziel all unserer Aktivitäten. Teilhabebericht: Warum er wichtig ist und was er aussagt. Dabei stellen wir unsere Arbeit immer wieder vielfältig auf den Prüfstand: Sind die von uns durchgeführten Maßnahmen die richtigen? Werden diese Maßnahmen wie geplant durchgeführt? Wird das gesetzte Ziel erreicht? Im Bereich Rehabilitation geht der jährliche JG-Teilhabebericht diesen Fragen auf den Grund. Die wichtigsten aktuellen Erkenntnisse 03 _ VORWORT daraus erfahren Sie in dieser JG Publik. 04 _ Teilhabe steigern – Funktioniert das auch? Zwei anschauliche Beispiele in dieser Ausgabe zeigen zudem, wie ein Gewinn an Le- 08 _ Selbstständigkeit und soziale Teilhabe? bensqualität konkret aussehen kann: Der 14-jährige Leon aus Rüdesheim lernte mithilfe – Für Leon kein Problem! seines Betreuers, eigenständig Bus zu fahren und ist nun in der Lage, seinen Bruder 10 _ Teilhabe mal anders! allein zu besuchen. Auch kleine Schritte der Teilhabe können die Lebensqualität entschei- 29 12 _ JG-Kongress: „Rückenwind für die dend erhöhen: Eine junge Autistin mit erheblichen Verhaltensauffälligkeiten kann dank in- Zukunft“ tensiver Eins-zu-eins-Betreuung in Aachen nun Zeit auf dem Spielplatz verbringen. 14 _ Wir machen die JG besonders! Wir wollen auch in Zukunft Menschen auf ihrem Weg zu einem Leben auf Augenhöhe 17 _ JG VOR ORT Hoch hinaus ging es für Menschen mit Behinderung aus fünf begleiten. Deshalb haben wir auf dem 12. Kongress der JG-Gruppe die Frage diskutiert, 18 _ Wir b(r)auen Zukunft JG-Einrichtungen beim ersten gemeinsamen Kletterevent. wie wir Herausforderungen – wie dem Bundesteilhabegesetz, dem demografischen Wan- 19 _ Service Learning – Lernen durch del, dem Pflegenotstand und der Digitalisierung – begegnen können. Engagement 26 _ „Trau dich, los!“ Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre! 20 _ Weiß kann auch bunt sein 27 _ Benefiz fürs Hospiz 22 _ „BeSt – Beraten & Stärken“ – 27 _ Mit CABito schnell und einfach zur gesuchten wir machen mit! Information 23 _ Sportliche Erfolge fördern die 28 _ Peter-Josef-Briefs-Schule feiert persönliche Entwicklung 50-jähriges Bestehen 28 _ Die „Bunte Gruppe“ im Vinzenz-Heim Dr. Theodor-Michael Lucas 24 _ Ein Grund zum Feiern: Umzug zum Geschäftsführer 10-jährigen WG-Bestehen 29 _ No Limits – Klettern ohne Grenzen 3
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 4 TEILHABE STEIGERN – FUNKTIONIERT DAS AUCH? MIT DEM TEILHABEBERICHT DER JOSEFS-GESELL- inhaltet sowohl Ergebnisse zum Case Management der habemanagement der einzelnen Unternehmen auch insgesamt 6.093 Leistungsberechtigte in der JG unsere SCHAFT SOLL DER ERFOLG UNSERER ARBEIT einzelnen JG-Unternehmen als auch die Zusammenfas- folgende Fragen beantwortet: Leistungen in Anspruch nehmen. Das Durchschnittsalter MESSBAR WERDEN. sung von Aspekten trägerweiter Relevanz. Jeder Ab- der Leistungsberechtigten liegt bei circa 30,5 Jahren. schnitt wird durch eine Einschätzung seitens der // Konnten wir die Teilhabemöglichkeiten erweitern Das zentrale Anliegen der Josefs-Gesellschaft (JG) ist es, Abteilung Rehabilitation abgeschlossen. oder zumindest beibehalten? Weiterhin wurde eine Abfrage zu allen in der JG durch- Menschen auf dem Weg zu einem selbstbestimmten // Ist dies eine der wichtigsten Fragen bei der Reflexion geführten Maßnahmen gestartet. Unter dem Begriff Leben zu begleiten und zu fördern, sodass sie ihr Leben In der Einführungsphase von Vivendi.JG gab es für den unserer Leistungen? durchgeführte Maßnahmen versteht man all jene nach den eigenen Wünschen, Bedürfnissen und Vorstel- ersten Jahresbericht 2017 keine klaren Vorgaben der // Haben die geplanten Maßnahmen gegriffen? Maßnahmen, die von den Mitarbeitenden erbracht und lungen gestalten können. Kurz gesagt: Unser Ziel ist es, Berichterstellung, da die Datengrundlage durch die // Wurden sie wie geplant durchgeführt? dokumentiert wurden (in diesem Fall ohne Medikamen- die Teilhabemöglichkeiten an der Gesellschaft für die uns schrittweise Einführung noch zu lückenhaft und die vor- // Haben sie die gewünschten Effekte erzielt? tengabe). Im Januar 2018 wurden ca. 115.000 Maßnah- anvertrauten Menschen zu erhöhen. Um zu evaluieren, herige Dokumentation in Papierform nur mit immensem // Haben wir die Ziele mit den Teilnehmenden erreicht? men in Vivendi.JG durchgeführt. Im Juni lag die Anzahl ob und inwieweit wir dieses Ziel erreichen, wurde 2017 Aufwand auswertbar war. Mit der fortschreitenden, flä- bei circa 250.000 und im Dezember bei 390.000. Diese der Teilhabebericht in der JG eingeführt. chendeckenden Implementierung von Vivendi.JG richtet So stellen wir dar, inwieweit die JG im vergangenen Jahr enorm steigende Zahl ist durch die schrittweise Einfüh- sich der Teilhabebericht 2018 nun erstmals nach klaren Teilhabe ermöglicht hat. rung der Software bedingt. Durch ihren Einsatz wird die WAS IST DER TEILHABEBERICHT? Vorgaben, die im Vorfeld den JG-Unternehmen über- detaillierte Erfassung der Maßnahmen erst möglich. Im Das JG-Teilhabemanagement bildet den zentralen mittelt wurden, und liefert somit wesentlich präzisere WELCHE ERGEBNISSE KANN MAN AUS DEN Laufe des Jahres 2018 sind fast alle Bereiche der JG Kern unserer Arbeit. Seit 2013 wird das Case Manage- Ergebnisse. TEILHABEBERICHTEN ZIEHEN? mit der Dokumentation in Vivendi.JG gestartet. ment als zentrales Steuerungselement im Teilhabe- Bezogen auf die Methode Case Management ist ein management in der gesamten JG eingesetzt. Beson- WARUM HEISST ER NICHT MEHR wichtiges Ergebnis des Teilhabeberichts, dass eine Die Zahl der nicht durchgeführten Maßnahmen lag im ders im Jahr 2016 wurde die Konzeption des JG-Teil- CASE-MANAGEMENT-BERICHT? deutliche Vereinheitlichung innerhalb der gesamten JG Dezember 2018 bei circa 6.300. Nicht durchgeführte habemanagements fokussiert und erzeugte viel Auf- Ursprünglich sollte der jetzige Bericht „Case-Manage- zu erkennen ist. Es bestehen jedoch auch weiterhin Un- Maßnahmen sind all jene, die zwar geplant waren, aber merksamkeit. ment-Jahresbericht“ heißen. Da der Fokus unserer terschiede. Diese sind unter anderem auf die verschie- aus bestimmten Gründen nicht erbracht wurden. Diese Arbeit aber auf den individuellen Teilhabemöglichkeiten denen Unternehmensgrößen und dementsprechende werden nun ebenfalls erfasst und mit einem kurzen Jedes JG-Unternehmen erstellt seit 2017 jeweils zum unserer Leistungsberechtigten liegt, wurde der Bericht Kommunikationsstrukturen zurückzuführen. So variieren Berichtseintrag dokumentiert, wobei auch die Gründe Jahresbeginn den Teilhabebericht für das vergangene dementsprechend in „Teilhabebericht“ umbenannt. beispielsweise die Anzahl der Mitarbeitenden bzw. Voll- festgehalten werden. Dieses Verhältnis (390.000 durch- Jahr. Dieser speist sich aus Vivendi.JG, einer Software- zeitkräfte im Case Management und die jeweiligen geführte Maßnahmen gegenüber 6.300 dokumentierten lösung, mit der in den vergangenen Jahren schrittweise Der Bericht dient dazu, die Wirkung unserer Leistungen durchschnittlichen Fallzahlen pro Case Manager oder nicht durchgeführten Maßnahmen) ist sehr positiv zu be- das gesamte Teilhabemanagement digitalisiert wurde. bezogen auf die Teilhabemöglichkeiten all unserer Leis- Case Managerin. werten. Basierend auf den Berichten aller Unternehmen erstellt tungsberechtigten darzustellen. Deswegen werden im die Abteilung Rehabilitation der JG-Zentrale einen ge- Teilhabebericht 2018 erstmals neben Informationen zu Basierend auf den verschiedenen Auswertungsmetho- Alle Auswertungen können eigenständig vor Ort von den meinsamen Teilhabebericht. Dieser Teilhabebericht be- Organisationsstrukturen/Prozessabläufen und dem Teil- den, die Vivendi.JG bietet, wurde aktuell ermittelt, dass verantwortlichen Mitarbeitenden (beispielsweise Case 4 5
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 6 Managerin oder Manager, Abteilungsleitung, Fachbe- an die einzelnen Leistungsbereiche der JG wird von der ments ist. Der Prozess des Teilhabemanagements geschichten deutlich werden. An anderen Stellen wie- reichsleitung) in Vivendi.JG erstellt werden, um Erkennt- Abteilung Rehabilitation vorgenommen. Darüber hinaus schafft Transparenz innerhalb der Leistungserbringung. derum besteht Anpassungsbedarf der Maßnahmen- nisse hinsichtlich der Wirksamkeit unserer Arbeit zu wurden die Prozessschritte Monitoring und Evaluation Diese ermöglicht allen Beteiligten, die für unsere Leis- und Zielplanung. Ausschlaggebend für die Erfolgsquote erlangen. Weitere Auswertungen geben etwa Auf- überarbeitet und die entsprechende Konfiguration in Vi- tungsberechtigten geplanten und erbrachten Leistun- ist jedoch auch bei optimaler Planung die Eigenmotiva- schluss über die: vendi.JG vorgenommen. Es ist davon auszugehen, gen nachzuvollziehen. Anhand des Monitorings kann tion der Leistungsberechtigten. Eine generelle Aussage dass weitere umfangreichere Anpassungen notwendig beispielsweise eine Aussage getroffen werden, ob die zur Erreichung der Teilhabeziele ist zurzeit noch schwer // Anzahl aller geplanten Maßnahmen werden, sobald die gesetzlichen Regelungen bezüglich vereinbarten Maßnahmen wirksam sind und somit zur zu treffen. Den JG-Unternehmen fehlen bisher oftmals // Anzahl von Ad-hoc-Maßnahmen der Gesamtplanung (Bundesteilhabegesetz) klar defi- Zielerreichung führen. die Vergleichsdaten. Eine valide Antwort auf die Frage, // Anzahl verschobener Maßnahmen niert sind. Dementsprechend wird auch die Funktions- inwieweit wir unsere Ziele im Bereich Teilhabesteigerung // Anzahl der geplanten, jedoch nicht bearbeiteten beschreibung Case Management überarbeitet. Durch die Software Vivendi.JG können die Teilhabeleis- erreichen, kann also erst dann gegeben werden, wenn (nicht dokumentierten) Maßnahmen tungen deutlich gezielter und transparenter gesteuert die Daten aus den Planungen und Dokumentationen Im Hinblick auf die Anpassungsnotwendigkeiten des und überwacht werden. Darüber hinaus wurde seitens der nächsten Jahre ausgewertet werden. WELCHE KONSEQUENZEN ERGEBEN SICH AUS DEN Systems Case Management an die gesetzlichen Än- der JG-Unternehmen festgestellt, dass in jenen Fällen, ERGEBNISSEN? derungen (besonders im Rahmen des Gesamtplan- in denen das Monitoring durchgeführt wurde, eine Die Auswertungen von geplanten und erbrachten Maß- Eine sich aus dem Teilhabebericht ergebende Konse- verfahrens) wird das zentrale Fortbildungsangebot positive Entwicklung zu verzeichnen ist, die zu einer ge- nahmen in Vivendi.JG zeigen aber beispielsweise, dass quenz ist, dass zukünftig Case Management-Maßnah- weitergeführt bzw. ausgebaut. Dabei werden die admi- steigerten Zielerreichung führt. weitere Anwenderschulungen der operativ tägigen Mit- men über Vivendi.JG noch detaillierter erfasst werden. nistrativen Aspekte fokussiert, insbesondere im Bereich arbeitenden nötig sind. Oftmals ist die Anzahl an nicht Mittelfristig ist vorgesehen, dass alle Case Manager und der Grundsicherung und der Fachleistungen (Beantra- Zudem berichten die JG-Unternehmen von breit gefä- bearbeiteten Maßnahmen auf die in Vivendi.JG hinter- Case Managerinnen der JG die von ihnen erbrachten cherten Angeboten, die den Leistungsberechtigten legte Teilhabeplanung zurückzuführen. Die Planungen gung von Hilfsmitteln etc.) sowie die Koordination ver- personenbezogenen Maßnahmen mit genauen Zeitwer- umfassende Teilhabemöglichkeiten in den unterschied- beinhalten derzeit noch häufig Maßnahmen, die zwar im schiedener Leistungsbereiche. lichsten Bereichen eröffnen. So hat sich beispielsweise Alltag geplant werden (beispielsweise Medikamenten- ten pro Leistungsberechtigtem oder Leistungsberechtig- INWIEFERN VERBESSERT DAS INSTRUMENT das Kardinal-von-Galen-Haus in Dinklage an einem Pro- gabe), jedoch durch die Leistungsberechtigten selbst ter in Vivendi.JG. dokumentieren. Ziel ist, die erbrachten jekt beteiligt, das den Leistungsberechtigten verschie- verantwortet werden. Dementsprechend gilt es, auch Leistungen mithilfe des Case Managements transparent DES TEILHABEBERICHTS DIE TEILHABE VON dene Freizeitaktivitäten bietet – sowohl einmalige als die Planungen kritisch zu prüfen. und objektiv darzustellen, um zum Beispiel einen ange- LEISTUNGSBERECHTIGTEN? auch regelmäßig stattfindende. messenen Stellenschlüssel berechnen zu können, aber Die Erstellung des Teilhabeberichts ermöglicht es den auch, um im Hinblick auf Leistungsvereinbarungen im JG-Unternehmen, ihre Leistungen im Hinblick auf be- WAS SIND DIE WESENTLICHSTEN ERKENNTNISSE Bundesteilhabegesetz ausreichend detailliert nachwei- stehende Teilhabemöglichkeiten zu überprüfen und ge- AUS DEN TEILHABEBERICHTEN 2018? Miriam Gummersbach sen zu können, welche Leistungen erbracht wurden. gebenenfalls Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Eine Erkenntnis aus den Teilhabeberichten 2018 ist, Abteilung Rehabilitation Durch die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Josefs-Gesellschaft dass durch die Evaluierungen seitens der Case Mana- Eine weitere Konsequenz ist die Anpassung des JG- der Teilhabemöglichkeiten wird ihnen bewusst, wie not- gerinnen und Case Manager in einzelnen Fällen Erfolgs- Teilhabemanagements. Eine differenzierte Anpassung wendig die aktive Umsetzung des JG-Teilhabemanage- 6 7
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 8 SELBSTSTÄNDIGKEIT UND SOZIALE TEILHABE? – FÜR LEON KEIN PROBLEM! Leon Weiss (r.) und sein Betreuer Jochen Klein (l.) an der Bushaltestelle des Sankt Vincenzstifts. „Ich wäre gerne Mitglied in der Feuerwehr. Und ich Gemeinsam fuhren Leon und er mehrfach die Strecke wartete, um zu sehen, ob Leon an der richtigen Stelle möchte öfter meinen Bruder in Rüdesheim besuchen.“ – von der Haltestelle vor dem Sankt Vincenzstift bis zur ausstieg. Dann kam der große Tag: Leon sollte auf ei- Diese bereits im Vorfeld geäußerten Wünsche wieder- Haltestelle in Rüdesheim. „Wir haben vor allem darauf gene Faust nach Rüdesheim fahren. Für Leon wohl ein holte Leon Weiss im Teilhabegespräch im April 2018. geachtet, dass Leon sich die Haltestelle in Rüdesheim kleineres Problem, als sein Bezugsbetreuer dachte: Der 14-Jährige wohnt im Vincenzpark des Sankt Vin- merkt, wo er aus- und später für die Rückfahrt wieder Leon machte sich auf die Reise – Jochen Klein fuhr un- cenzstifts in einer Wohngruppe mit elf Jungen. Er be- einsteigt“, erläutert der Betreuer. „Und was machst du bemerkt mit dem Auto hinterher. Doch Leon stieg an sucht die Vincenzschule Aulhausen und hat, wie sein als Erstes, wenn du aussteigst?“, fragt er Leon. „Ich der richtigen Stelle aus und marschierte in Richtung Kin- Bezugsbetreuer Jochen Klein bestätigt, viele lebens- schaue zuerst, um wie viel Uhr der Bus wieder zurück- derhaus zu seinem Bruder. praktische Fähigkeiten. Also überlegten er und die fährt. Damit er mir nicht, wie das letzte Mal, vor der Case Managerin Dana Haude, wie sie Leon unterstüt- Nase wegfährt“, lacht Leon. Selbst für solche Fälle ist Seitdem geht er oft vor die Tür und findet es „cool, weil zen könnten, seine Wünsche in die Realität umzuset- er gewappnet: Entweder er nimmt den nächsten Bus man ohne Erzieher unterwegs ist.“ Um seine Mutter zu zen. Die auf dem Teilhabegespräch und den fachlichen oder er ruft in der Wohngruppe an, ob ihn jemand ab- besuchen, nimmt er selbst die Fähre über den Rhein Sichtweisen basierenden Teilhabeziele und -maßnah- holen kann. Oder er kehrt in das Kinderhaus seines Bru- mittlerweile ohne Begleitung. Sein neues Ziel, die näch- men wurden verbindlich in einer Teilhabeplanung ver- ders zurück und fragt dort. Und für alle Fälle hat er ste Etappe, die in die weitere Teilhabeplanung mit auf- abschiedet. immer eine Art „Notfallausweis“ dabei: Darin stehen sein genommen wird und an der er mit Jochen Klein arbeitet: Name, seine Adresse und die Telefonnummer seiner Er möchte allein ins Kino gehen. Dafür muss er aber ein- Markus, der 12-jährige Bruder von Leon, wohnt in Wohngruppe. mal umsteigen. „Das schaffen wir auch“, sagt Jochen Hochseilgarten, haben die Frankfurter Feuerwehrhaupt- einem Kinderhaus des Sankt Vincenzstifts in Rüdes- Klein. Und bestätigt, dass die „neue“ Freiheit Leon wache besucht und haben Weihnachtsbäume einge- heim, etwa fünf Kilometer entfernt. Um sich zu sehen, Souverän erzählt Leon, dass er nicht nur seinen Bruder selbstbewusster gemacht hat: „Er geht aufrechter, er sammelt.“ mussten sie bislang warten, bis ein hauseigener Bus sie besucht, sondern auch nach Rüdesheim fährt, um klei- streckt die Brust raus, wenn er zum Bus geht. Er hat mitnehmen konnte. Spontane Besuche – Fehlanzeige. nere Einkäufe zu erledigen: „Kürzlich habe ich mir eine einen richtigen Schub in Richtung Selbstständigkeit Selbstständigkeit? Soziale Teilhabe? Für Leon Weiss Am besten wäre, Leon würde lernen, mit öffentlichen Hose und ein T-Shirt gekauft – ganz alleine“, berichtet gemacht.“ kein Problem! Verkehrsmitteln zu fahren, um unabhängiger zu werden, er stolz. „Wir haben das Busfahren-Lernen mit einem sagten sich Jochen Klein und Dana Haude. weiteren Ziel verknüpft“, ergänzt Dana Haude. „Nämlich, Und was ist mit Ziel zwei? Der Feuerwehr? Auch das dass er auch selbstständig einkaufen gehen kann.“ Bis ist erreicht: Leon ist mittlerweile Mitglied bei der Ju- Gesagt, getan: Jochen Klein druckte die Busfahrpläne es soweit war, wurde Leon nach und nach an die Bus- gendfeuerwehr in Aulhausen. „Ich war schon mal bei Birgitt Wagner Leitung Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit und CI aus und gemeinsam mit Leon studierte er die Abfahrten fahrt herangeführt. Nach den gemeinsamen Fahrten mit einer 24-Stunden Übung dabei, mit übernachten. Wir Sankt Vincenzstift, Rüdesheim-Aulhausen und Ankünfte – überhaupt, wie man einen Busfahrplan Jochen Klein kamen die Fahrten, bei denen er allein den treffen uns einmal die Woche, üben Feuerlöschen und liest. Schnell wurde die Theorie in die Praxis umgesetzt: Bus bestieg und Jochen Klein an der Endhaltestelle andere Dinge – und wir waren schon zusammen im 8 9
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 10 TEILHABE EINMAL ANDERS! AUCH VERMEINTLICH KLEINE SCHRITTE KÖNNEN GROSSE TEILHABE-STEIGERUNGEN BEDEUTEN. DAS ZEIGT DAS BEISPIEL VON SUSANNE (NAME GEÄNDERT), 19 JAHRE, DIE MIT FRÜHKINDLICHEM AUTISMUS, LEICHTER INTELLIGENZMINDERUNG MIT DEUTLICHER VERHALTENSSTÖRUNG UND NICHT ORGANISCHER ENKOPRESIS IM VINZENZ- HEIM AACHEN LEBT. Susanne ist eine junge Frau von 19 Jahren und lebt in der „Gruppe Grün“ im Vinzenz-Heim. Die junge Autistin profitiert vom hohen Personalschlüssel dieser speziellen Gruppe, deren Arbeit auch durch den Landschaftsver- band Rheinland (LVR) begleitet wird. Bei Aufnahme in der „Gruppe Grün“ war Susanne eine Jugendliche, die Ein kleiner, aber wichtiger Schritt der Teilhabe: Inzwischen kann Susanne (r.) ständig ihre Fünf-Punkt-Fixierung einforderte und nur mit ihrem Betreuer (l.) den Spielplatz besuchen. kleine Zeitspannen von wenigen Minuten bis zu maximal Wesentliche Faktoren, die diese eindrucksvolle Entwick- Weiterhin gelingt Teilhabe in der „Gruppe Grün“ über die einer Stunde ohne diese aushielt. In diesen Phasen er- lung unterstützt haben, sind die außergewöhnlich Tagesstruktur und hauswirtschaftliche Aufgaben inner- lebten wir sie fahrig, extrem impulsgesteuert, hochgra- kleine Aufgaben im Sinne von begleiteten Botengängen umfangreiche und individuell angepasste Eins-zu-eins- halb der Wohngruppe. Aktuell steht für die junge Frau dig irritierbar und verunsichert. Eine Möglichkeit, sich zu übernehmen oder auch mit den anderen Bewohne- Begleitung durch Fachkräfte sowie die Kooperation mit ihr eigener Körper im Mittelpunkt. Auch bei dieser Ent- gegenüber Angeboten und Einlassungen durch Dritte rinnen und Bewohnern an kurzen Unternehmungen teil- der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Univer- wicklung wird sie kompetent durch den psychologisch- aufgeschlossen und aufnahmefähig zu zeigen, war zunehmen. sitätsklinikums Aachen in Form von fachärztlicher Beglei- heilpädagogischen Dienst und von Mitarbeitenden kaum zu beobachten. tung und regelmäßigen Visiten vor Ort in Susannes begleitet. Stille Teilhabe also, die unbemerkt von der Ge- Eine Eigenart Susannes, die sie auch bis heute noch in Lebensumfeld. Heute erleben wir Susanne anderen sellschaft geschieht. Über kurze Phasen der Defixierung wurde sie in enger euphorischen oder auch „negativ überdrehten“ Momen- Menschen gegenüber interessiert. Sie hält die Defixie- Begleitung durch die Mitarbeitenden sukzessive an ten begleitet: Sie reißt unter anderem Brillen aus Gesich- rung über Stunden aus, weiß aber scheinbar, dass sie immer längere Intervalle ohne Fixierung gewöhnt. tern. Durch die enge Begleitung und Aufsicht durch sich jederzeit wieder in diese „Sicherheit“ begeben kann. Mitarbeitende der „Gruppe Grün“ ist es gelungen, dass Aus den Ausflügen der Bewohnerinnen und Bewohner Anja Clusmann Gleichzeitig sollte ihr eine regelmäßige sichere und ver- Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit traute Tagesstruktur Orientierung und Halt geben. Wäh- Susanne diesem Impuls nun nicht mehr permanent fol- der Wohngruppe im Sozialraum sind mittlerweile um- Vinzenz-Heim Aachen rend dieser Zeit bot man Susanne innerhalb eines engen gen muss. Insgesamt erscheint sie unter sukzessive fangreichere Aktivitäten geworden, die Susanne eine und klaren Regelwerks an, Spaziergänge zu machen, reduzierter Medikation psychisch deutlich stabilisiert. spannende und erlebnisreiche Freizeit gewährleisten. 10 11
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 12 JG-KONGRESS: „RÜCKENWIND FÜR DIE ZUKUNFT“ Unter dem Titel „Rückenwind für die Zukunft“ trafen sich 180 Menschen aus den Unternehmen der Josefs- Gesellschaft Ende November 2018 in Bonn. Wie kön- „Wir sollten in der JG noch besser darin werden, voneinander zu lernen In vielfältigen Workshops konnten die Kongress-Teilnehmenden nen Sozialunternehmen die Herausforderungen der und unsere Kräfte bei übergreifenden Themen zu bündeln“, sind sich Best-Practice-Beispiele aus der JG kennenlernen. Zukunft meistern? – Fachvorträge und Best-Practice- JG-Personalleiter Frank Mühr (l.) und Personalleiter des Vinzenz-Heims, Achim Steinbusch (r.), in ihrem Vortrag „Ohne Mitarbeiter geht gar nichts“ Beispiele aus den JG-Unternehmen gingen dieser Frage auf den Grund. BEST PRACTICE FÜR MEHR TEILHABE UNSERE MITARBEITENDEN SIND UNSERE Darüber hinaus erweitern und ändern sich sowohl die WICHTIGSTE RESSOURCE Anforderungen der Leistungsträger als auch – erfreu- Gesellschaftliche Entwicklungen wie der demografische licherweise – das Bewusstsein für Teilhabe und Empo- Wandel und neue Erwartungen, die Mitarbeitende Marius Hermann berichtet im Workshop „Unterstützte Kommunikation – werment der Leistungsberechtigten. Wie wir diese ihrem Arbeitgeber entgegenbringen, stellen unsere Menschen eine Stimme geben“ mithilfe eines Talkers von seinen Erfahrungen. Anforderungen erfüllen können, verdeutlichten Work- Sozialunternehmen in vielerlei Hinsicht vor große Her- shops mit Best-Practice-Beispielen, die von innovativen ausforderungen. Unsere Mitarbeitenden sind unsere men begeistern können, zeigten auf dem Kongress Gruppenangeboten im Bereich Wohnen über digitale wichtigste und in vielen Bereichen auch eine knappe unter anderem die Workshops unseres im Herbst 2018 Planung und Dokumentation bis hin zur modernen Ressource. Wie wir ihre persönliche Situation weiter abgeschlossenen Personalentwicklungsprojekts „Über- Orthopädie-Technik und zur Unterstützten Kommuni- verbessern und sie somit langfristig für unser Unterneh- regional vernetzt – Lokal profitieren“. kation reichten. Die große Auswahl an Workshops und Vorträgen ermöglichte allen Teilnehmenden, ihrem Interesse entsprechend neue Impulse zu erhalten. BUNDESTEILHABEGESETZ – GUT VORBEREITET HERAUSFORDERUNGEN BEGEGNEN RÜCKENWIND FÜR DEN MENSCHEN IM Rechtliche Veränderungen – wie das Bundesteilhabe- MITTELPUNKT gesetz, mit seinen Neuerungen im Bereich der Lei- stungserbringung und der Finanzierung sowie seinem Mit vielfältigem fachlichen Input und spannenden Anliegen der Ambulantisierung und der Kostensenkung Diskussionen zeigte der JG-Kongress 2018, wie die – erfordern zusätzlich neue Ideen für unsere Arbeit. Auf Herausforderungen der kommenden Jahre zu Chancen mögliche Lösungsansätze in diesen Themenbereichen werden. So können wir mit Rückenwind in die Zukunft ging Dr. Thorsten Hinz von der Caritas Behindertenhilfe starten, um auch weiterhin den Menschen in den Mit- und Psychiatrie e.V. Berlin in seinem Vortrag ein, ebenso telpunkt unserer Arbeit zu stellen. wie Rechtsanwalt Dr. Martin Nanzka, der in seinem Vor- trag Tipps für erfolgreiche Gespräche mit Leistungs- trägern gab. Darüber hinaus erläuterte Rechtsanwalt Lara Mohn Unternehmenskommunikation Dr. Peter Krause den Status quo des Bundesteilhabe- Josefs-Gesellschaft gesetzes und warf einen besonderen Blick auf dessen Guter Geist – gute Stimmung. Das Abschlussfoto mit allen Kongress-Teilnehmenden nach dem gemeinsamen Gottesdienst. praktische Umsetzung bei den Leistungserbringern. 12 13
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 14 WIR MACHEN DIE JG BESONDERS! STEFAN NIESSEN MANUELA BIER UND DANIA KUNZE hat im Vinzenz-Heim eine steile Karriere BETTINA THOMAS waren einfach zum richtigen Zeitpunkt am hingelegt. Innerhalb von nur sechs Jah- entwickelte sich im Antoniushaus Hochheim von einer Französisch-Lehrerin zur ren stieg er vom Pflegehelfer im Aegi- richtigen Ort. Die Mitarbeiterinnen im Senio- Expertin für Unterstützte Kommunikation. Als Französisch-Lehrerin kam sie 1990 dius-Fog-Haus zu dessen Leitung auf. renzentrum des Heinrich-Hauses nahmen BRITTA LOTZ, DOROTHEA GERTH UND GRIT WELSCH an die Peter-Josef-Briefs-Schule (PJBS) des Antoniushauses, um dort ein Aus- Nach seinem Anerkennungsjahr als am Firmenlauf in Koblenz teil, als einer der siedlerkind zu unterrichten. „Damals gab es noch einen Hauptschulzweig und ich Heilerziehungspfleger arbeitete er als Läufer mitten im Trubel der Laufveranstal- erhielten für ihre langjährige Tätigkeit im Haus Elisabeth in Dillenburg das übernahm die Rolle der ‚kreativen Sprachlehrerin‘,“ sagt sie heute. Fachkraft in zwei stationären Wohn- tung einen Herzinfarkt erlitt. Manuela Bier re- Caritas-Ehrenzeichen in Gold. Seit 1988 ist Britta Lotz in der Hauswirtschaft gruppen und war Stellvertretender Ab- animierte den am Boden liegenden Mann des Hauses tätig, zunächst als Auszubildende, danach als Hauswirtschafterin 2003 lehrte sie in einer Klasse, in der ein Kind nicht sprechen konnte. Es war klar, teilungsleiter des Aegidius-Fog-Hauses. mit Herzdruckmassage, bis der Rettungs- und seit 1995 als hauswirtschaftliche Betriebsleitung. Sowohl Dorothea Gerth dass für dieses Kind eine besondere Förderung nötig war, damit es sich ausdrü- Die Leitung der Abteilung übernahm er wagen eintraf. Währenddessen rief Dania als auch Grit Welsch begannen ihre Tätigkeit als Altenpflegerinnen im An- cken könnte. Und es war klar, dass das Kind wegen einer Cerebralparese etwas im Jahr 2017 und ist seitdem für Kunze den Notarzt und verschaffte ihr genü- schluss an ihre Ausbildung im Jahr 1998 und sind seit dieser Zeit als Pflege- anderes benötigte als Gebärdensprache. Bettina Thomas organisierte sich jede 42 Menschen mit Behinderung zustän- gend Freiraum für die Maßnahme, indem sie fachkräfte im Haus Elisabeth tätig. Grit Welsch absolvierte in dieser Zeit die Menge Fachliteratur und nahm sie mit in den Urlaub. „Ich habe die Bücher ver- dig. „Ich versuche, die Kolleginnen und dafür sorgte, dass die Unbeteiligten weiter- Weiterbildung zur Praxisanleiterin und begleitete mehrere Jahre die Ausbildung schlungen wie Krimis“, weiß sie noch heute. So stieß sie auf den „Lehrgang Unter- Kollegen mitzunehmen und für die liefen – was gar nicht so einfach war. So er- neuer Pflegefachkräfte. „In dieser Funktion konnte ich meine Erfahrung an die stützte Kommunikation“ („LUK“), der heute an die Universität Köln angegliedert ist. Arbeit und Entwicklung neuer Ideen zu möglichten die beiden, dass der Betroffene künftigen Fachkräfte weitergeben. Das war mir besonders wichtig“, erläuterte begeistern“, erklärt der 28-Jährige. Und wenige Tage später erschöpft, aber glück- sie, als ihr durch den Präsidenten des Deutschen Caritasverbands zum Dank Mittlerweile ist Bettina Thomas Dozentin in diesem Lehrgang. „Ich sehe, wie einfach wie geht seine berufliche Entwicklung lich seinen Geburtstag feiern konnte. Nach für ihre langjährige Mitsorge und Mitarbeit das Caritas-Ehrenzeichen in Gold es teilweise ist, Lebenssituationen zu verbessern, wenn man das nötige Fachwis- weiter? „Ich bin noch recht jung und Angaben der Ärztinnen und Ärzte wäre der verliehen wurde. sen im Bereich Unterstützte Kommunikation hat.“ Das gelte für die Betroffenen weiß noch nicht so recht, wo der Weg Läufer ohne die Reanimation und die Unter- ebenso wie für deren Umfeld. Sie arbeite aktuell mit einem Mädchen, das seit zwei hingeht. Aber ich kann sagen, dass ich stützung verstorben. „Das hat gezeigt, wie Wochen einen Talker besitzt. „Sie blüht auf. Es ist unglaublich, welchen Wortschatz meinen Beruf zurzeit sehr gerne ausübe wichtig es ist, dass mehr Menschen einen sie sich in dieser kurzen Zeit erarbeitet hat.“ Neben der passenden Technik zähle und die Zusammenarbeit im Fachbe- Ersthelfer-Kurs absolvieren“, so die beiden vor allem der zwischenmenschliche Aspekt: „Kreativität ist in meinem Beruf gefragt, reich Erwachsenenwohnen und dar- Lebensretterinnen, die übrigens trotz allem das ist individuelle Arbeit und Beziehungsarbeit.“ über hinaus sehr schätze.“ den Firmenlauf noch erfolgreich beendeten. 14 15
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 16 JG VOR ORT Teilhabe- bericht WIR B(R)AUEN ZUKUNFT MIT CABITO SCHNELL UND EINFACH Josefsheim | S. 18 ZUR GESUCHTEN INFORMATION Kardinal-von-Galen-Haus | S. 27 NO LIMITS – KLETTERN 6.093 MENSCHEN SPORTLICHE ERFOLGE FÖRDERN DIE PERSÖN- WEISS KANN AUCH BUNT SEIN OHNE GRENZEN Josefsheim | S. 29 LICHE ENTWICKLUNG Eduardus-Krankenhaus | S. 20 nehmen Leistungen von uns im Bereich Unsere Leistungsnehmenden Benediktushof | S. 23 Rehabilitation in Anspruch. sind im Durchschnitt NO LIMITS – KLETTERN 30,5 JAHRE alt. OHNE GRENZEN Benediktushof | S. 29 EIN GRUND ZUM FEIERN: 13 TEILHABEBERICHTE DIE „BUNTE GRUPPE“ UMZUG ZUM 10-JÄHRIGEN WG-BESTEHEN JOVITA Rheinland | S. 24 NO LIMITS – KLETTERN OHNE IM VINZENZ-HEIM werden in den JG- Unternehmen Vinzenz-Heim | S. 28 GRENZEN „TRAU DICH, LOS!“ JOVITA Rheinland | S. 29 Rehabilitations-Zentrum geschrieben. Jedes JG-Unternehmen Stadtroda | S. 26 im Bereich Rehabilitation schreibt einen solchen Bericht. Die Abteilung Rehabilitation der JG-Zentrale fasst rund 400.000 MASSNAHMEN die Ergebnisse dann in einem über- geordneten Teilhabebericht zusammen. BENEFIZ FÜRS HOSPIZ Haus Elisabeth | S. 27 werden in der JG im Bereich PETER-JOSEF-BRIEFS- Rehabilitation monatlich erbracht. SCHULE FEIERT 50- SERVICE LEARNING – JÄHRIGES BESTEHEN LERNEN DURCH ENGA- Antoniushaus | S. 28 GEMENT 112 Heinrich-Haus | S. 19 NO LIMITS – KLETTERN NO LIMITS – KLETTERN OHNE GRENZEN CASE MANAGERINNEN OHNE GRENZEN „BEST“ – „BERATEN & Antoniushaus | S. 29 STÄRKEN“ – WIR UND CASE MANAGER 11 Heinrich-Haus | S. 29 MACHEN MIT! haben im Jahr 2017 in der JG gearbei- Sankt Vincenzstift | S. JG-Unternehmen nutzen tet. Davon sind 62 Prozent über die die Software Vivendi.JG für das Deutsche Gesellschaft für Care und JG-Teihabemanagement. Case Management (DGCC) zertifiziert und 35 Prozent über die JG-eigene Case-Management-Fortbildung. 16 17 17
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 18 WIR B(R)AUEN ZUKUNFT SERVICE LEARNING – erfahrenen Geschäftsmänner Wolf- Dieter Bremecker, Jürgen F. Kullmann, LERNEN DURCH ENGAGEMENT Heinz Jürgen Petig und Tom Moog – erarbeitete zusammen mit dem Team AZUBIS DES BERUFSBILDUNGSWERKS NEUWIED der Brauerei einen Fünf-Jahres-Plan. UNTERSTÜTZEN DIE JUGENDFREIZEITSTÄTTE KELBERG „Im Herbst haben wir mit einem zwei- tägigen Workshop die Grundlagen Immer mehr Schulen und Universitäten in Deutschland dafür gelegt“, berichtet Gerhard setzen anstelle des konventionellen Unterrichts auf das Freund, Geschäftsführer der JOSEFS- sogenannte Service Learning. Hier werden den Lernen- Brauerei. „Mitarbeiterinnen und Mitar- den sowohl das soziale Engagement zur Förderung des beiter aus allen Bereichen waren Gemeinwohls nahegebracht als auch fachnahe Inhalte dabei. Dabei haben wir die ehrgeizige, vermittelt. Somit schafft das Konzept ein Bewusstsein aber realistische Vision entwickelt, den für verantwortliches soziales Handeln und stellt einen Umsatz in den kommenden fünf direkten Bezug zwischen theoretisch Erlerntem und JOSEFS-BRAUEREI LEGT FÜNF-JAHRES-PLAN Jahren von 1,2 Mio. Euro pro Jahr auf 8 Mio. Euro zu praktisch Anwendbarem her. Auch im Berufsbildungs- FÜR WACHSTUM VOR steigern.“ Schon im laufenden Jahr 2019 sollen knapp werk (BBW) des Heinrich-Hauses in Neuwied wird die eine Fachklasse der Elektroausbildung am „Lernen mit 1,8 Mio. Euro erreicht werden. neue Lehrmethode erfolgreich eingesetzt. Engagement“. Gemeinsam erstellten die Azubis eine „Jetzt b(r)auen wir für die Zukunft“ – unter diesem Motto Trockenbauwand. Neben dem fachgerechten Aufbau startet die JOSEFS-Brauerei in Olsberg-Bigge ein Pro- Das Ergebnis soll laut Planung in diesem Jahr bei knapp JUGENDFREIZEITSTÄTTE FREUT SICH ÜBER der Trockenbauwand und der Farb- und Produktaus- gramm, mit dem Umsatz, Ergebnis und Anzahl der Ar- 72.000 Euro liegen, 2023 dann bei knapp 1,9 Mio. Euro. UNTERSTÜTZUNG wahl für Wandbeläge und Vorhänge stand auch die beitsplätze für Menschen mit Behinderung in der Damit können neue Arbeitsplätze geschaffen werden: Auszubildende verschiedener Berufsbilder engagierten sichere elektrische Installation im Mittelpunkt des Pro- Brauerei deutlich gesteigert werden sollen. Bis zu 20 sind insgesamt möglich, also doppelt so viele sich in der Jugendfreizeitstätte Kelberg gemeinsam für jekts. Zudem installierten sie moderne LED-Leuchten sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Men- den guten Zweck. Die Jugendfreizeitstätte Kelberg ist und strichen Teile der Holzfassade. Um am Ende das Gegründet im Jahr 2000 war die JOSEFS-Brauerei die schen mit Behinderung wie bisher. Erreicht werden soll ein Selbstverpflegerhaus für Bildungs- und Freizeitmaß- fertige „Produkt“ übergeben zu können, arbeiteten die erste Brauerei in Europa, die Menschen mit Behinderung all dies durch einen Ausbau der Bestandskunden, die nahmen in der Nähe des Nürburgrings. Da das Haus Azubis der verschiedenen Gewerke Hand in Hand. sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze bot. Derzeit Gewinnung neuer Kunden, die Einführung neuer Pro- von einem gemeinnützigen Verein durch ehrenamtlichen arbeiten hier zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dukte, die Erschließung neuer Marktsegmente und die Einsatz der Mitglieder betrieben wird, war die tatkräftige GEMEINSAME UNTERNEHMUNGEN STÄRKEN DEN Behinderung. „Als Integrationsfirma gehört die Brauerei Optimierung der Prozesse in der Produktion. Unterstützung dem Verein sehr willkommen, um das ZUSAMMENHALT zum ‚ersten Arbeitsmarkt‘. Sie orientiert sich an den Ge- Haus weiterhin Jugendgruppen zur Verfügung stellen zu Neben der gemeinsamen Arbeit bot besonders die setzen des Markts“, betont Dr. Theodor-Michael Lucas, „Die JOSEFS-Brauerei ist DIE Inklusionsbrauerei können. Mit Platz für Gruppen von bis zu 51 Personen Freizeitgestaltung Möglichkeiten, die Sozialkompetenz Vorstandssprecher der Josefs-Gesellschaft, zu der die Deutschlands mit einer einzigartigen Geschichte“, sagen und einer idyllischen Lage im Wald bot das Haus ein der Auszubildenden zu fördern. Gemeinsam wurden Brauerei gehört. „Um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, die vier Experten der Business Clinic. „Sie hat engagierte ideales Betätigungsfeld für die Auszubildenden. sowohl Unternehmungen abgestimmt als auch Essens- müssen wir konkurrenzfähige Produkte am Markt plat- und motivierte Mitarbeitende und verdient es, einen ent- pläne und Küchendienste organisiert. Höhepunkt der zieren und die Kunden dauerhaft überzeugen.“ sprechenden Platz am Markt zu bekommen.“ Deshalb ENGE ZUSAMMENARBEIT IM TEAM Freizeitgestaltung war der Besuch der Kartbahn am lautet unser Motto: „Jetzt b(r)auen wir für die Zukunft“. Insgesamt 10 Auszubildende aus dem ersten Lehrjahr Nürburgring. Für eine Integrationsfirma sei dies eine besondere der Abteilung Farbe und Raum und Elektro des BBW Herausforderung, sagt Lucas. Deshalb hat sich die Neuwied arbeiteten in der Jugendfreizeitstätte mit. Be- Mario Polzer Martin Seul JOSEFS-Brauerei im Herbst vergangenen Jahres Unter- gleitet wurden sie von Berufsschullehrkräften sowie zwei Unternehmenskommunikation Studiendirektor zur Koordination stützung geholt: Die Business Clinic – das sind die vier Josefsheim Bigge Ausbildern. Erstmalig beteiligte sich dieses Jahr auch Berufsbildende Schule des Heinrich-Hauses Neuwied 18 19
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 20 WEISS KANN AUCH BUNT SEIN Die Pflegeschülerinnen und -schüler aus dem Eduar- Patienten auf das Thema Pflege gelenkt. Die Menschen dus-Krankenhaus setzen sich mit einer Kampagne für beginnen, Fragen zu stellen: Warum hängen diese Bil- ein realistisches, modernes Berufsbild der Pflege ein. der hier? Wer ist das denn? „Wir möchten, dass die Unterrichtsbesuche an Gymnasien und eine Postkar- Menschen, die uns hier auf den Stationen besuchen, tenserie helfen, das Image der Pflege zu verändern und anfangen, Fragen zu stellen. Wir wünschen uns auch, junge Menschen für den Beruf zu begeistern. dass die jungen Menschen in den Schulen anfangen, Dinge zu hinterfragen und neugierig zu sein auf das, „Das Pflegebild, das die meisten Menschen in unserer was dahintersteckt. Wenn wir das mit unserer Postkar- Gesellschaft haben, ist völlig veraltet. Pflege ist wie tenaktion erreichen, ist für den Pflegeberuf, seine Zu- Bergsteigen im Team: Du benötigst Mut, Ausdauer und kunft und auch die Zukunft derer, die in nächster Zeit Empathie“, erklärt Sarah Kuhl. Die 22-Jährige weiß, gepflegt werden möchten, schon viel getan“, erläutert wovon sie spricht. Seit Herbst 2017 arbeitet sie im Edu- Mike Runge, Schulleiter der Pflegefachschule Köln am Die Schülerinnen und Schüler der Pflegefachschule Köln Franziska Betz, Robin Orth, Charlotte Sobik und Lisa Weber gestalten den Unterricht im ardus-Krankenhaus und hat mit ihren Kolleginnen und Eduardus-Krankenhaus. Schaurte-Gymnasium in Köln-Deutz. Kollegen in ihrer noch jungen Karriere schon so manche Folge personeller Unterbesetzung erfolgreich als Teil DIE PFLEGEFACHSCHULE KÖLN BERÄT ein Blatt vor den Mund zu nehmen und bekommen wir den Verantwortlichen in der Politik, den Vereinen und eines tatkräftigen Teams gemeistert. WEITERFÜHRENDE SCHULEN auch genauso ehrliche Antworten. Die Postkarten sind Interessenvertretungen nicht abnehmen. Das müssen Um jungen Menschen in Schulen ein positives, moder- dabei der Türöffner, um bei den Schülerinnen und die jetzt bald mal hinbekommen!“, so lautet die einhel- „Kreativ, aktiv und empathisch – diese Eigenschaften nes Bild vom Pflegeberuf zu vermitteln, kooperiert die Schülern der weiterführenden Schulen Interesse zu lige Meinung der Heldinnen und Helden des Pflege- prägen unseren Berufsstand. Und aus diesen Eigen- Pflegefachschule Köln mit weiterführenden Schulen. wecken. alltags aus dem Eduardus-Krankenhaus. schaften heraus sind unsere Ideen für die Postkar- tenmotive entstanden“, ergänzt Hanar Muster. Die Postkartenserie kombiniert Porträts von unterschied- lichen Pflegeschülerinnen und -schülern im Kasak (der klassischen Berufskleidung in der Pflege) mit provokan- ten und quergedachten Schlagworten, die auf humo- rige Art und Weise mit Klischees über die Pflege spielen. Informationen über die Pflegeausbildung und Videos, die die Motive der Karten weiter erläutern, sind auf der Website der Kampagne zu finden. GROSSE MOTIVE ERZEUGEN AUFMERKSAMKEIT Die Karten lagen zunächst für einige Monate in Cafés und Bars in der Region Köln/Bonn aus. Nun hängen Schülerinnen und Schüler der Pflegeschule gehen in „Unsere Pflegegeneration ist selbstbewusst, initiativ und Susanne Walter die Postkartenmotive im Zugang zu jeder Station des ihrer Arbeitskleidung und mit Arbeitsmaterialien in ein Impulsgeber! Wir können mit unserer Kampagne Öffentlichkeitsarbeit Eduardus-Krankenhaus Eduardus-Krankenhauses als großformatiges Bild. So Schulen und stellen ihren Beruf vor. Das kommt „echt“ etwas von diesem Pflegeverständnis nach außen tra- wird auch auf Station die Aufmerksamkeit der Besu- rüber und gut an. Denn die Schülerinnen und Schüler gen. Das Umsetzen von Strategien für mehr Pflegeper- cherinnen und Besucher sowie der Patientinnen und sprechen untereinander auf Augenhöhe, fragen, ohne sonal und leistungsgerechte Bezahlung jedoch können 20 21
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 22 BEST – BERATEN UND STÄRKEN SPORTLICHE ERFOLGE FÖRDERN „BeSt“ bietet uns im Modellprojekt darüber hinaus eine Beratung der gesamten Organisation mit externen Trai- DIE PERSÖNLICHE ENTWICKLUNG nerinnen und Trainern. Dabei diskutieren und überprüfen Fach- und Leitungskräfte fast aller Bereiche die existie- SPORT FÖRDERT DAS SELBSTBEWUSSTSEIN UND tenzschein und darf „die renden Konzepte und Abläufe. Zudem bearbeiten sie DIE INTEGRATION VON MENSCHEN MIT BEHINDE- Kleinen“ im Club mittrai- konkrete Fragestellungen, wie: RUNG – DAS ZEIGT AUCH DAS BEISPIEL VON AN- nieren. An den Wochen- DREA KUHNE AUS BOCHOLT. enden nimmt sie meist // Welche baulichen Gegebenheiten bergen Risiken an Turnieren teil. Fürs (z. B. Schwimmbad, Pausenhof, Gruppenbäder, Andrea Kuhne, 25 Jahre, aus Bocholt, ist seit mehr als Privatleben – Familie, Mehrbettzimmer …)? Und wie können wir diese drei Jahren Klientin im Ambulant Betreuten Wohnen des Freunde – bleibt da Gefährdungssituationen entschärfen? Benediktushofs Maria Veen. Aufgrund einer geistigen wenig Zeit. Ein Glück für // Wie können wir die Intimsphäre der und des Ein- Behinderung hat Andrea Kuhne eine gesetzliche Be- Andrea, dass ihr Freund zelnen schützen – und wie bilden wir das in einem treuerin, die sie in finanziellen und vertraglichen Ange- ebenfalls Judoka ist und Pflegestandard ab? legenheiten vertritt. Und sie hat Silke Stronzik. Die bezüglich des Sports Das Sankt Vincenzstift ist eine von bundesweit rund 100 // Wie kann unser Beschwerdesystem noch bekannter 32-jährige Erzieherin besucht Andrea Kuhne einmal pro ähnlich „tickt“. Einrichtungen, die an „BeSt“, einem bundesweiten und gut nutzbar werden? Woche in ihrer Wohnung und unterstützt sie im Alltag. Modellprojekt zum Schutz von Mädchen und Jungen Themen wie Haushaltsführung, Einkauf oder Wäsche- Andrea Kuhn ist mit mit Behinderung vor sexualisierter Gewalt in Institutio- Leistungsnehmende beteiligen sich an der Organisa- pflege stehen dabei auf dem Programm, aber auch ihrem Leben und ihrem nen teilnehmen. „BeSt“ steht für „Beraten und Stärken“. tionsberatung, indem sie beispielsweise anhand von Gespräche über ihre Arbeit in einer Bocholter Großkü- Werdegang zufrieden. Ziel des Projekts ist, Kinderschutzkonzepte zu optimie- Fotos Orte und Situationen benennen, wo Menschen che und vor allen Dingen über Andreas große Leiden- Früher hat sie in Bocholt ren, Leitungskräfte und Mitarbeitende für das Thema sich innerhalb der Einrichtung unwohl oder unsicher schaft, den Judo-Sport. „Sport ist mein Leben“, sagt in einer Einrichtung ge- sexualisierte Gewalt und Gewaltprävention zu sensibili- fühlen, damit diese sicherer werden. Darüber hinaus die junge Frau, in deren Wohnzimmer unzählige Medail- lebt und gearbeitet. Inzwischen ist sie auf dem ersten sieren und zu qualifizieren sowie Präventionskurse für werden Leistungsnehmende sensibilisiert und dabei len, Urkunden und Pokale von ihren Erfolgen „erzählen“. Arbeitsmarkt angekommen und hat eine eigene Woh- Kinder und Jugendliche durchzuführen. unterstützt, einen grenzwahrenden Umgang einzuüben. nung. „Ich bin sehr ehrgeizig“, sagt sie von sich und ist Die vom Sankt Vincenzstift entwickelte Broschüre Mehrmals war Andrea Kuhne Behindertensportlerin des fest davon überzeugt, dass der Sport ihr Selbstbe- Seit 2017 haben Leitungskräfte und Mitarbeitende aus „Meine Rechte“ in Leichter Sprache kommt hierbei zum Jahres im Kreis Borken. Sie hat bereits an mehreren in- wusstsein gestärkt und ihre persönliche Entwicklung allen Bereichen der Sankt Vincenzstift gGmbH an ver- Einsatz. So werden die Leistungsnehmenden darin be- ternationalen Judo-Turnieren teilgenommen. 2018 er- positiv beeinflusst hat. schiedenen Fortbildungen teilgenommen, um das stärkt, sich bei Grenzverletzungen zu wehren bzw. sich kämpfte sie sich bei der Judo-Europameisterschaft für Thema Schutz vor sexualisierter Gewalt für alle in den Unterstützung bei einer Vertrauensperson zu holen. geistig behinderte Menschen in London in ihrer Ge- „Andrea ist eine starke Frau, die in einigen Lebens- Fokus zu rücken. Parallel zu den Fortbildungen für Mit- wichtsklasse die Goldmedaille. Damit ist sie G-Judo- bereichen Unterstützung benötigt. Auf der Judo-Matte arbeitende fand der erste Kurs „Ben und Stella wissen Beraten, Stärken – dafür steht das Programm „BeSt“. Europameisterin 2018. Der Begriff „G-Judo“ stammt macht ihr kaum jemand was vor, da geht die Post ab“, Bescheid“ statt, in dem sich acht Mädchen und Jungen Ergänzend gehören Analyse, Sensibilisierung und Schu- aus dem Niederländischen und heißt dort, frei übersetzt, weiß die Betreuerin Silke Stronzik, die ihre Klientin auch mit mittlerem Hilfebedarf mit Sexualität und sexualisier- lung dazu. Nicht punktuell, nicht zeitlich begrenzt. Es ist „Judo mit einem Handicap“ oder auch „Gehandicapt schon bei Wettkämpfen erlebt hat. „Ich traue ihr, ins- ten Übergriffen, Grenzen und Grenzverletzungen sowie eine fortdauernde Aufgabe für uns alle – nicht nur in Judo“. Trainiert wird hierbei auch mit nicht behinderten besondere in sportlicher Hinsicht, noch eine Menge den Rechten jeder und jedes Einzelnen auseinander- einem Bereich, sondern alle Bereiche und Hierarchie- Judoka. zu.“ setzten. Neben einer ausgebildeten Trainerin waren zwei ebenen übergreifend – von der Haustechnik bis zur Fachkräfte des Bereichs Kinder und Jugend dabei, die Geschäftsführung. Nach der Arbeit trainiert Andrea Kuhn mehrere Stunden in 2019 auch als Mentoren für zukünftige Kurse zu „Ben täglich im Dojo, dem Trainingsraum des SC Budokan Marit Konert Öffentlichkeitsarbeit und Stella“ weitergebildet werden. Folgekurse für die Bocholt. Dort kann sie sich auspowern, erlebt Team- Benediktushof, Reken Leistungsnehmenden sind gemeinsam mit dem psy- Birgitt Wagner, Dagmar Magerl, Veronika Link geist und Geselligkeit. Sie besitzt einen Trainerin-Assis- chologisch-heilpädagogischen Fachdienst geplant. Mitarbeiterinnen des Sankt Vincenzstifts 22 23
Jg-publick_2019.qxp_Layout 1 20.03.19 06:58 Seite 24 EIN GRUND ZUM FEIEREN: türlich eine Perspektive für die Wohngemeinschaft ent- wickeln mussten“, erklärt Matthis Reichstein, Kaufmän- Straße, keine Kirchenglocken, keine Feuerwehr. Einfach mehr Ruhe.“ Einziger Wehmutstropfen ist die etwas we- nische Leitung der JOVITA Rheinland, die Situation. „Die niger zentrale Lage. Die vier müssen nun etwas längere UMZUG ZUM 10-JÄHRIGEN vier Mieterinnen und Mieter der Wohngemeinschaft haben dabei ganz klar betont, dass sie auf jeden Fall Wege auf sich nehmen. zusammen umziehen wollen. Dieser Wunsch hatte für PLÄNE FÜR DIE ZUKUNFT WG-BESTEHEN uns oberste Priorität“, fügt er hinzu. Für die längeren Wege scheint der Garten zu entschä- digen, wie man an den Wünschen für 2019 erkennen DER IDEALE WOHNORT kann: Während Arnd die Anschaffung eines neuen Ra- Bei der Suche nach einer neuen Bleibe hatten die vier senmähers plant, möchte Christine Blumen im Garten eine eigene Idealvorstellung: „Sie haben immer betont, pflanzen und Claus möchte einen alten Baum fällen. dass sie gerne ein eigenes Häuschen mit Garten hät- Robin wünscht sich ein Auto zum Einkaufen. Er plant ten“, erklärt Ronald Maurer, Abteilungsleitung der Villa zudem den Ausbau eines Zimmers für eine Carrera- Im Januar 2018 konnten wir mit der Villa Gauhe eine Gauhe. Der entscheidende Kontakt kam dann über eine Bahn. neue Einrichtung in der JG-Familie willkommen heißen. Bekannte zustande. „Es war an der Stelle eine glückli- Die JOVITA Rheinland, jüngste Tochtergesellschaft der che Fügung, dass wir in der Jahnstraße ein Haus ange- „Die Entfernung ist wohl weniger das Problem als die JG, übernahm die Trägerschaft der Villa Gauhe von der boten bekamen, das genau den Vorstellungen der vier Hanglage und der Berg. Wir bekommen aber für das Caritas Betriebsführungs- und Trägergesellschaft (CBT). Mitbewohnerinnen und -bewohner entsprach.“ Ambulant Betreute Wohnen in Eitorf zeitnah ein Fahr- Die Einrichtung ist fest verwurzelt in der Region Eitorf zeug eines anderen Standorts, sodass die Wohnge- und besteht im Kern aus der namensgebenden Villa, Was ursprünglich mal als anbieterverantwortetes Kon- meinschaft beim Einkaufen durch Mitarbeitende welche ursprünglich vom Industriellen Julius Gauhe er- zept geplant war, hatte sich bereits in der alten Woh- unterstützt werden kann“, erklärt Dr. Thomas Pruisken, richtet wurde. Das Angebot für Menschen mit Behinde- nung zu einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft Fachliche Leitung der JOVITA Rheinland. rung wurde in der über 25-jährigen Geschichte durch entwickelt. „Nachdem klar war, dass den vieren das einen angrenzenden Erweiterungsbau, eine Außen- Häuschen gefällt, haben wir nur als Zwischenmieter das Für die Feier zum 10-jährigen Bestehen der Wohnge- wohngruppe sowie Angebote des Ambulant Betreuten Objekt besorgt und mit Fördermitteln der JG vor Ort die meinschaft gibt es auch schon Pläne: Ein Grillfest im Wohnens ergänzt. Letzteres umfasste auch eine Wohn- notwendigen Renovierungsarbeiten und Schönheits- Garten mit Freunden, Eltern, Betreuenden und natürlich gemeinschaft im Zentrum von Eitorf. reparaturen durchgeführt. Die Vermieterin hat dankens- Ronald Maurer, der das Projekt als Abteilungsleitung werterweise den Einbau eines zweiten Badezimmers erst möglich gemacht hat. NOTWENDIGE VERÄNDERUNGEN UND NEUE finanziert“, erklärt Reichstein. HERAUSFORDERUNGEN DER FÜNFTE MITBEWOHNER Mit der Übernahme durch die Josefs-Gesellschaft ist ZU BESUCH IN DER WOHNGEMEINSCHAFT Die Wohngemeinschaft in der Jahnstraße hat sich um eine entscheidende Veränderung verbunden: Aufgrund Gut zwei Monate nach dem Einzug sind wir zu Gast in einen Mitbewohner vergrößert: „Wir haben eine Haus- der fehlenden Barrierefreiheit der alten Villa muss ein der Wohngemeinschaft bei Kaffee und Kuchen. Auf die katze, den Findus. Wir kümmern uns alle um ihn“, erklä- Ersatzbau geschaffen werden. Ein ideales Grundstück Frage, warum sie auch weiterhin zusammen wohnen ren die vier. „Jetzt müssen wir aufhören“, sagt Arnd. hierfür war schnell gefunden: Mitten im Herzen Eitorfs wollten, führt Arnd aus, dass sie gute Freunde sind. „Fast „Müssen uns beeilen, es muss noch eingekauft werden.“ auf eben dem Grundstück, auf welchem aktuell noch wie ein Ehepaar“, ergänzt Christine und lacht dabei. das Gebäude mit der alten Wohngemeinschaft steht. Angst vor dem Umzug hatten die vier nicht. „Wir wollten Christine Brodhuhn, Arnd Spelleken und Claus Reich sowieso raus“, sagt Claus. „Gerne so wohnen, wie die wohnten dort bereits seit Januar 2009 zusammen. 2012 im Lärchenweg (gemeint ist die Außenwohngruppe), ein kam Robin Themann dazu. Haus mit Garten haben wir uns gewünscht“, verdeutlicht Arnd. Die Frage, ob sie sich wohlfühlen, wird fast wie im „Wir standen also im vergangenen Jahr vor dem Pro- Chor von allen beantwortet: „Ja, es ist viel besser hier.“ Matthis Reichstein Ronald Maurer blem, dass wir einerseits das Grundstück für den Die Gründe dafür können die Mitbewohnerinnen und Kaufmännische Leitung Abteilungsleitung Villa Gauhe geplanten Ersatzbau benötigten, andererseits aber na- -bewohner klar benennen: „Nicht so viel Lärm von der JOVITA Rheinland JOVITA Rheinland 24 25
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