EILDIENST 1/2010 - Aus dem Inhalt: 쎲 Neue Geschäftsstelle des Landkreistages NRW 쎲 Landkreisversammlung am 25.11.2009 쎲 Neue Wege bei der Suche ...

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EILDIENST
                                              1/2010

Aus dem Inhalt:
쎲   Neue Geschäftsstelle des Landkreistages NRW
쎲   Landkreisversammlung am 25.11.2009
쎲   Neue Wege bei der Suche nach Pflegeeltern
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Auf ein Wort

                                          Sicherung der ärztlichen
                                          Versorgung im ländlichen Raum
                                           Aus dem Fernsehen ist es geläufig: Das Bild des klassischen Landarztes. Dieser
                                           fährt über die Dörfer, kümmert sich aufopferungsvoll um seine Patienten und
                                           ist ein gerngesehener Gast bei allen Mitgliedern der örtlichen Gemeinschaft,
                                           weil er viel Zeit mitbringt für die gesundheitlichen und andere Probleme vor
                                           Ort. Dieses Klischee hat mit der heutigen Realität wenig zu tun. In Zeiten harter
                                           Rationierung der ärztlichen Leistungen, insbesondere durch die Budgetierung,
                                           erscheint dieser Eindruck vom Landarzt eher romantisch verklärt. Der Landarzt
                                           in der heutigen Zeit wird auf Hausbesuche und Fahrten zu seinen Patienten eher
                                           verzichten wollen, weil er diese nur mit einer allgemeinen geringen Pauschale
                                           vergütet und die zurückgelegten Kilometer nur zu einem kleinen Teil erstattet
                                           bekommt. Gerade Patienten, die weiter entfernt von dem jeweiligen Praxisstand-
                                           ort wohnen, sind insofern unter ökonomischen Bedingungen betrachtet eher
                                           problematisch. Hausbesuche sind aber vor allem bei akuten oder chronischen
                                           Erkrankungen unverzichtbar, da sich der Transport der Patienten bis in die Praxis
                                           in der Regel aus medizinischen Gründen verbietet.
                                           Insgesamt ist aus der zurückliegenden Zeit, aber vor allen Dingen mit Blick auf
                                           die nächsten Jahre die Tendenz zu erkennen, dass immer mehr Ärzte ihre Praxen
                                           im ländlichen Raum aufgeben bzw. keine Nachfolger für diese finden. Dies ist
insbesondere der Altersstruktur der Landärzte geschuldet, von denen ein erheblicher Teil in den nächsten Jahren in den
Ruhestand gehen wird. Nicht nur die schlechte Vergütungslage, sondern auch andere Faktoren lassen es jungen Medizinern
unattraktiv erscheinen, in ländlicher geprägten Bereichen Praxen zu übernehmen oder zu gründen.
Verschiedene Untersuchungen legen es nahe, dass insbesondere in den abseits der großen und mittelgroßen Städte liegen-
den ländlich strukturierten Bereichen Nordrhein-Westfalens mittelfristig ein Ärztemangel droht. Dies könnte dazu führen,
dass Patienten, namentlich nicht mehr so mobile ältere Menschen, in Zukunft weite Wege zurücklegen müssen, um einen
Arzttermin wahrzunehmen. Eine solche Entwicklung ist für den ländlichen Raum insgesamt problematisch, da eine gute
medizinische Versorgung – sei es ambulant, sei es stationär – zu Recht auch einen Standortfaktor für die Ansiedlung von
Unternehmen und Menschen darstellt.
Der originäre Sicherstellungsauftrag für niedergelassene Ärzte liegt bei den Kassenärztlichen Vereinigungen. Diese haben
die Möglichkeit, durch gezielte Zulassung von Arztpraxen in konkreter und kleinräumiger als bislang festgeschriebenen
Regionen Abhilfe zu schaffen.
Unabhängig davon haben die Kreise ihrerseits verschiedene Maßnahmen ergriffen, um der skizzierten Entwicklung ent-
gegenzuwirken. So gibt es Initiativen von Kreisen an den medizinischen Fakultäten der Hochschulen, um Nachwuchs für
Landarztpraxen zu gewinnen. In Kreisen werden Überlegungen angestellt, wie durch besondere Fördermaßnahmen die
Niederlassung im ländlichen Raum attraktiver gestaltet werden kann. Da aber die Instrumente der Einflussnahme für die
Kreisebene etwa auch durch kommunalwirtschafts- und wettbewerbsrechtliche Schranken begrenzt sind, hat der Land-
kreistag bereits im Jahre 2008 einen Dialog mit dem Gesundheitsministerium mit dem Ziel aufgenommen, dass die Landes-
regierung mit zusätzlichen Maßnahmen aktiv wird.
Im Sommer 2009 hat das Gesundheitsministerium zusammen mit dem Wissenschaftsministerium ein umfangreiches
„Aktionsprogramm zur Stärkung der hausärztlichen Medizin und Versorgung“ aufgelegt, das an vielen Stellen ansetzt,
um die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern (vgl. www.hausarzt.nrw.de). Herausragend ist die Mög-
lichkeit einer finanziellen Förderung mit einem Betrag von bis zu 50.000 € bei einer ärztlichen Niederlassung in sich pro-
blematisch entwickelnden Regionen. Die Bewerbungsfrist hierfür endet am 15. März 2010.
Wenngleich bereits jetzt ein großes Interesse an diesen Fördermöglichkeiten zu verzeichnen ist, sollten junge Mediziner
bei ihrer Standortentscheidung nicht ausschließlich finanzielle Aspekte im Blick haben, sondern auch berücksichtigen, dass
das Leben im ländlichen Raum – entgegen mancher veröffentlichter Meinung – durchaus viele positive Seiten hat und
gerade für junge Familien oftmals attraktiver ist als das Leben in Großstädten. Menschen am Beginn ihres Berufslebens
finden hier nicht nur insgesamt betrachtet gute Arbeitsvoraussetzungen, sie erhalten auch gute Rahmenbedingungen für
die Gründung von Familien. So ist Bauland im ländlichen Raum immer noch vergleichsweise günstig, die Lebenshaltung
im Ganzen preiswerter und der Freizeit- und Erholungswert der Umgebung kaum zu schlagen. Gerade auch Kinder haben
hier ganz besondere Entfaltungsmöglichkeiten. In aller Regel gibt es eine gute Versorgung mit Kita-Plätzen sowie durch-
aus ortsnah gelegene Grund- und weiterführende Schulen. Auch das kulturelle Angebot im ländlichen Raum wird häufig
unterschätzt.
Wünschenswert ist, dass viele junge Ärztinnen und Ärzte angesichts dieser Rahmenbedingungen die Überzeugung
gewinnen, dass es insgesamt durchaus attraktiv ist, eine Praxis im ländlichen Raum zu übernehmen bzw. zu eröffnen.
                                                                            Dr. Martin Klein
                                                                            Hauptgeschäftsführer
                                                                            des Landkreistages Nordrhein-Westfalen

                                                                                                                          1
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                                                    Auf ein Wort                                                                   1
    Kavalleriestraße 8
    40213 Düsseldorf
    Telefon 0211/ 300 491-0
    Telefax 02 11/ 300 491-660                      Aus dem Landkreistag
    E-Mail: presse@lkt-nrw.de
    Internet: www.lkt-nrw.de
                                                    Im Zeichen der Wirtschafts- und Finanzkrise: Landkreisversammlung
                                                    des Landkreistages Nordrhein-Westfalen am 25.11.2009                            4
    Impressum
                                                    Herausforderungen der Kreise, Städte und Gemeinden zur Bewältigung
    EILDIENST – Monatszeitschrift
    des Landkreistages                              der Finanzkrise – Rede von Innenminister Dr. Ingo Wolf                          5
    Nordrhein-Westfalen
    Herausgeber:
    Hauptgeschäftsführer                            Schwerpunkt: Neue Geschäftsstelle
    Dr. Martin Klein
                                                    als „Botschaft“ der Kreise
    Redaktionsleitung:
    Pressesprecherin Christina Stausberg
    Redaktion:                                      Landkreistag eröffnet neue Geschäftsstelle als „Botschaft“
    Beigeordneter Dr. Marco Kuhn
    Beigeordneter Reiner Limbach                    der Kreise im Düsseldorfer Regierungsviertel                                    7
    Referent Dr. Markus Faber
    Referentin Dr. Andrea Garrelmann
    Referentin Dorothée Heimann                     „Diesen Ort muss man haben!“ – Ansprache von Ministerpräsident
    Referent Dr. Christian von Kraack
    Referent Dr. Kai Zentara                        Dr. Jürgen Rüttgers zur Eröffnung der neuen Geschäftsstelle                     9
    Quelle Titelbild:
    Lothar Berns

    Redaktionsassistenz:                            Themen
    Christine Gröbner, Monika Dohmen
    Herstellung:                                    Verfassungsrecht muss krisentauglich sein –
    Druckerei und Verlag
    Knipping GmbH, Birkenstraße 17,                 Veranstaltung zu Finanzhilfen des Bundes für die Kommunen                      10
    40233 Düsseldorf

    ISSN 1860-3319                                  Vortrag von Prof. Dr. Stefan Korioth, Ludwig-Maximilians-Universität München   12

                                                    Vortrag von NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf                                    17

                                                    Das Porträt

                                                    Ulrich Rüther, Vorstandsvorsitzender der Westfälischen
                                                    Provinzial Versicherung AG                                                     20

                                                    Im Fokus

                                                    Ich habe euch noch gefehlt? –
                    Kreise in Nordrhein-Westfalen
                                                    Kreis Kleve geht neue Wege bei der Suche nach Pflegeeltern                     22

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Medien-Spektrum:
Aktuelle Pressemitteilungen

Eröffnung der neuen Geschäftsstelle des Landkreistages
NRW mit Ministerpräsident Rüttgers und Innenminister Wolf –
Kreise sind unverzichtbar für NRW                                             23

Gemeinsame Forderung der kommunalen Spitzenverbände in NRW:
Jobcenter sollen erhalten bleiben – Plädoyer für eine Verfassungsänderung     24

Kommunen und Landschaftsverbände in NRW
gemeinsam für Menschen mit Behinderung                                        25

Kurznachrichten
Kurznachrichte

Allgemeines

Statistisches Jahrbuch Nordrhein-Westfalen 2009 erschienen                    25

Modellrechnung zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung
in den Städten und Gemeinden in NRW                                           25

Arbeit und Soziales

Demografischer Wandel: Zahl der NRW-Privathaushalte geht langfristig zurück   26

Kultur

Jahrbuch des Kreises Höxter 2010                                              26

Jahrbuch des Hochsauerlandkreises                                             26

Persönliches

Dr. Marco Kuhn neuer Erster Beigeordneter,
Reiner Limbach neuer Beigeordneter beim LKT NRW                               26

Neuer Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen               26

Hinweise auf Veröffentlichungen                                               27

                                                                                           3
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Aus dem Landkreistag

      Im Zeichen der Wirtschafts- und Finanzkrise:
      Landkreisversammlung des Landkreistages
      Nordrhein-Westfalen am 25.11.2009
 Nach der Kommunalwahl haben sich in der Landkreisversammlung die Gremien des Landkreistages Nordrhein-Westfalen neu kons-
 tituiert und die Verbandsspitzen wurden neu gewählt. Die Landkreisversammlung fand unmittelbar im Vorfeld der Eröffnung der neuen
 Geschäftsstelle des Landkreistages Nordrhein-Westfalen am 25.11.2009 in Düsseldorf statt. Im öffentlichen Teil der Versammlung
 sprach Innenminister Dr. Ingo Wolf zur Wirtschafts- und Finanzkrise.

                                                                                               oder die erhöhte Finanzbeteiligung der Kom-
                                                                                               munen bei der Krankenhausfinanzierung.

                                                                                               Anstehende Herausforde-
                                                                                               rungen für die Kreise
                                                                                               In der Konsolidierung der kommunalen
                                                                                               Haushalte und der Bewältigung der Fi-
                                                                                               nanz- und Wirtschaftskrise sehe er, so der
                                                                                               Präsident weiter, Schwerpunktthemen für
                                                                                               die Arbeit des Landkreistages in den näch-
                                                                                               sten Monaten und Jahren. Daneben seien
                                                                                               die Reform der Jobcenter und die künftige
                                                                                               Organisation der Betreuung von Langzeit-
                                                                                               arbeitslosen von herausragender Bedeutung,
                                                                                               über die im nächsten halben Jahr auf Bun-
                                                                                               desebene entschieden würde. Die aktuell
                                                                                               vorliegenden Pläne der Bundesregierung
                                                                                               dazu seien inakzeptabel.
Landkreisversammlung des Landkreistages NRW                           (Quelle: Lothar Berns)
                                                                                               Stärkung des verbands-
Rückblick: Eine Bilanz der                    eklatant steigenden Ausgaben für Sozial-         politischen Gewichts
letzten fünf Jahre                            leistungen der Kreise auf bundesrechtlicher
                                              Grundlage oder Leistungen der Jugendhilfe,       Das verbandspolitische Gewicht des Land-
Der Präsident des Landkreistages Nord-        aber auch die Mittelkürzungen des Landes         kreistages Nordrhein-Westfalen sieht Tho-
rhein-Westfalen, Landrat Thomas Kuben-        etwa bei der Streichung der Grunderwerb-         mas Kubendorff gestärkt. Dazu hätten die
dorff, erinnerte vor der Landkreisversamm-    steuer aus den GFG-Verbundgrundlagen             regelmäßigen Gespräche von Kreisvertre-
lung an wichtige kommunalrelevante The-
men der letzten fünf Jahre. Als besonderen
Erfolg hob er die Anfang 2008 in Kraft ge-
tretene Verwaltungsstrukturreform mit der
weitgehenden Kommunalisierung der Ver-
sorgungs- und Umweltverwaltung hervor.
Damit sei einer langjährigen Forderung des
Landkreistages entsprochen worden, wenn
auch die Frage der Angemessenheit des Be-
lastungsausgleichs vor dem Verfassungs-
gerichtshof noch geklärt werden müsse. In
den vergangenen Jahren sei es außerdem
gelungen, die Zuständigkeit der Landrätin-
nen und Landräte für die Kreispolizeibehör-
den zu bewahren, um eine hinreichende
und bürgernahe Polizeipräsenz zu gewähr-
leisten, die den jeweiligen örtlichen Gege-
benheiten Rechnung trägt. Neben weiteren
Erfolgen – zum Beispiel bei der Berücksich-
tigung kommunaler Vorstellungen bei der
Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen
Instrumente oder bei der Novellierung des
Sparkassenrechts – benannte Thomas Ku-
bendorff jedoch auch Themenfelder, für
die bisher keine Lösung im Sinne der Kreise
gefunden worden sei. Dazu gehörten ins-
besondere finanzpolitische Themen wie die     Präsident Landrat Thomas Kubendorff zieht Bilanz                         (Quelle: Lothar Berns)

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Aus dem Landkreistag

tern mit maßgeblichen Akteuren der Lan-         tages Nordrhein-Westfalen gewählt. Tho-         Besetzung des Vorstandes
despolitik, aber auch der Bundespolitik bei-    mas Kubendorff ist seit 1999 Landrat des        des Landkreistages NRW
getragen. Von der Verlegung der Geschäfts-      Kreises Steinfurt, seit 2002 Vizepräsident
stelle des Landkreistages in das Düsseldorfer   und seit 2004 Präsident des LKT NRW.            Die Landkreisversammlung beschloss im
Regierungsviertel sei ebenfalls ein zusätz-     Landrat Dr. Arnim Brux wird ebenfalls in        Gefolge der Novellierung des nordrhein-
licher Impuls für eine noch intensivere Ver-    seinem Amt des Vizepräsidenten des LKT          westfälischen Kommunalverfassungsrechts
bandsarbeit zu erwarten.                        NRW bestätigt. Seit dem Jahr 2002 ist er        und der Schaffung der Städteregion Aachen
                                                Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises. Neu ins        mehrere Satzungsänderungen. Die Städte-
Wahl des Präsidiums des                         Amt des Vizepräsidenten gewählt wurde           region Aachen ist neues Mitglied des LKT
Landkreistages NRW                              Landrat Thomas Hendele. Er folgt damit          NRW. Künftig gehören alle 30 Landräte so-
                                                Landrat Frithjof Kühn nach, der nicht mehr      wie der Städteregionsrat der Stadt Aachen
Einstimmig wurde Landrat Thomas Kuben-          für das Amt kandidierte. Thomas Hendele         dem Vorstand des LKT NRW an.
dorff erneut zum Präsidenten des Landkreis-     ist seit 1999 Landrat im Kreis Mettmann.
                                                                                                Innenminister Dr. Ingo Wolf
                                                                                                zur Wirtschafts- und
                                                                                                Finanzkrise
                                                                                                Innenminister Dr. Ingo Wolf thematisierte
                                                                                                in seiner Rede vor der Landkreisversamm-
                                                                                                lung die anstehenden Herausforderungen
                                                                                                der Kommunen zur Bewältigung der Wirt-
                                                                                                schafts- und Finanzkrise. Angesichts der
                                                                                                Befürchtungen der Kommunen im Hinblick
                                                                                                auf wegbrechende Steuereinnahmen und
                                                                                                die sozialen Folgelasten verwies er aber auch
                                                                                                auf die guten Erfolge des gemeinsam von
                                                                                                Land und Kommunen umgesetzten Kon-
                                                                                                junkturpakets. 1

                                                                                                1   Vgl. „‘Herausforderungen der Kreise, Städte
                                                                                                    und Gemeinden zur Bewältigung der Finanzkri-
                                                                                                    se.‘ Rede von Innenminister Dr. Ingo Wolf im
                                                                                                    öffentlichen Teil der Landkreisversammlung“ in
                                                                                                    diesem Heft, S. 5 ff.
Das neu gewählte Präsidium des LKT NRW mit dem Innenminister (v.l.n.r.): Vizepräsi-
dent Landrat Dr. Arnim Brux, Ennepe-Ruhr-Kreis, Innenminister Dr. Ingo Wolf, Präsident
Landrat Thomas Kubendorff, Kreis Steinfurt, Vizepräsident Thomas Hendele, Kreis Mett-                         EILDIENST LKT NRW
mann                                                                (Quelle: Lothar Berns)               Nr. 1/Januar 2010 00.12.01

      Herausforderungen der Kreise, Städte und
      Gemeinden zur Bewältigung der Finanzkrise –
      Rede von Innenminister Dr. Ingo Wolf
 Innenminister Dr. Ingo Wolf betonte eingangs, dass alle öffentlichen Haushalte von der momentanen wirtschaftlichen und finanziellen
 Krise betroffen seien. So weise der gegenwärtige Bundeshaushalt die höchste Neuverschuldung der Geschichte auf, der Haushalt von
 Nordrhein-Westfalen die zweithöchste Neuverschuldung in seiner Geschichte. Vor diesem Hintergrund müsse auch die Lage bei den
 kommunalen Finanzen betrachtet werden.

Z   war befände sich gegenwärtig nur die
    im Vergleich zur Zeit um die Jahrtau-
sendwende relativ kleine Zahl von 59 Kom-
                                                Als ein wesentliches Problem für die kom-
                                                munalen Finanzen machte Ingo Wolf die
                                                starke Schwankungsbreite der Gewerbes-
                                                                                                junkturkrisen, zum anderen aber auch für
                                                                                                das Verhältnis der Kommunen untereinan-
                                                                                                der. So sei in einigen Kommunen der Ertrag
munen in der Haushaltssicherung, aber diese     teuer aus. Die Gewerbesteuer sei die Steu-      der Gewerbesteuer um mehr als 90 Pro-
relativ niedrige Zahl sei primär durch das      er mit der größten Konjunkturabhängigkeit       zent gesunken, in anderen Kommunen sei
Neue Kommunale Finanzmanagement be-             unter allen staatlichen Einnahmequellen. Er     der Rückgang zum Teil aber weniger gra-
gründet. Die finanzielle Situation der Kom-     bezeichnete die Gewerbesteuer in diesem         vierend. Insgesamt sei die Ertragslage bei
munen sei in der Realität als schwieriger an-   Zusammenhang als „Achterbahnsteuer“.            der Gewerbesteuer vollkommen dispers und
zusehen, als es die Zahl von 59 Kommunen        Dies gelte zum einen für den zeitlichen Ver-    oftmals von Zufälligkeiten abhängig. Letzt-
in der Haushaltssicherung vermuten ließe.       lauf zwischen Aufschwungphasen und Kon-         lich sei die Gewerbesteuer die konjunk -

                                                                                                                                                5
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Aus dem Landkreistag

turabhängigste Finanzquelle im gesamten          pflichtung zur Sparsamkeit und Haushalts-         Hinsichtlich der Stärke der kommunalen Ebe-
staatlichen Einnahmesystem. Daher könne          konsolidierung auslösen würde. Gegen-             ne betonte der Minister, dass es ein großer
er sich – entsprechend der seit Jahrzehnten      wärtig werde auf Landesebene geprüft, ob          Vorteil der Verwaltungsstrukturen in Nord-
diskutierten, insbesondere von der FDP ver-      es ein Umsetzungsgesetz zur Schuldenbe-           rhein-Westfalen sei, dass es relativ große
tretenen Modelle – vorstellen, unter Ver-        grenzung auf Landesebene geben müsse.             Verwaltungseinheiten auf der Ebene der
zicht auf die Gewerbesteuer zukünftig zu         In einem Exkurs ging Minister Ingo Wolf auf       Kreise und kreisfreien Städte gebe. So sei
stetigeren und verlässlicheren Einnahmequel-     die Frage der Zulässigkeit einer Sperrklausel     die kleinste kreisfreie Stadt in Nordrhein-
len für die kommunale Ebene zu kommen.           für Kommunalwahlen und auf das Problem            Westfalen immerhin 110.000 Einwohner
                                                 der Überhang- und Ausgleichsmandate ein.          groß, der kleinste Kreis umfasse rund 140.000
                                                 Beide Themen seien im Nachgang zur Kom-           Einwohner. Die Durchschnittswerte für Krei-
                                                 munalwahl Ende August 2009, auch in eini-         se und kreisfreie Städte seien noch erheb-
                                                 gen Kreistagen, besonders aktuell geworden.       lich größer. Eine solche Größe unterscheide
                                                 Hinsichtlich einer möglichen Sperrklausel         die Kreise und kreisfreien Städte in Nord-
                                                 erklärte Ingo Wolf unmissverständlich, dass       rhein-Westfalen von den kommunalen Struk-
                                                 es aus seiner Sicht keine Form einer ver-         turen in vielen anderen Bundesländern, in
                                                 fassungsrechtlich unbedenklichen neuen            denen teilweise Kreisgrößen von deutlich
                                                                                                   unter 100.000 Einwohnern anzutreffen sei-
                                                                                                   en. Diese Leistungsstärke der nordrhein-
                                                                                                   westfälischen Kommunen sei Voraussetzung
                                                                                                   gewesen, dass ein solch großes und bun-
                                                                                                   desweit weitgehend einmaliges Projekt wie
Innenminister Dr. Ingo Wolf zur Wirtschafts-                                                       die Kommunalisierung der Umwelt- und
und Finanzkrise         (Quelle: Lothar Berns)                                                     Versorgungsverwaltung von der Landes-
                                                                                                   ebene auf die Kreise und kreisfreien Städte
Im weiteren Verlauf betonte der Minister,                                                          überhaupt möglich gewesen sei.
dass es jedoch auch positive Aspekte be-
züglich der finanziellen Situation der Kom-
munen gebe. So sei insbesondere das Kon-
junkturpaket II in Nordrhein-Westfalen sehr
gut gemanagt worden. Dies gelte vor allem        Ingo Wolf vor der Landkreisversammlung
im bundesweiten Vergleich, da in Nordrhein-                               (Quelle: Lothar Berns)
Westfalen ein unbürokratisches Verfahren
zur Verausgabung der Mittel gewählt wor-         Sperrklausel geben würde. Dies ließen die
den sei. Bundesweit gelte Nordrhein-West-        in dieser Frage bisher ergangenen Entschei-
falen als Vorbild für eine unbürokratische       dungen des Bundesverfassungsgerichts und
Umsetzung des Konjunkturpakets II. Auch          des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-
sei die kommunale Ebene im Rahmen der            Westfalen nicht zu. Eine adäquate Lösung
Umsetzung des Konjunkturpaketes II im            für eine faktische Sperrklausel wäre es, die
bundesweiten Vergleich sehr günstig ge-          kommunalen Vertretungen möglichst klein           In der Diskussion mit den Delegierten aus
stellt worden. Dass gegenwärtig noch nicht       zu halten, um so die notwendige Mindest-          den Kreisen             (Quelle: Lothar Berns)
sämtliche Gelder abgerufen worden seien,         stimmenzahl für einen Sitz faktisch relativ       Zum Schluss seiner Rede ging der Innenmi-
läge seiner Ansicht nach in erster Linie an      hoch zu halten. Mit einem solchen Verfah-         nister auf die Entscheidung der Landesre-
dem notwendigen – und auch nicht zu be-          ren könne in kleineren Gemeinden eine             gierung zur Verortung der Einheitlichen An-
anstandenden – zeitlichen Aufwand für Pro-       faktische Sperrklausel von 3 Prozent bis 5        sprechpartner bei den Kommunen ein. Er
jektauswahl, Planung und Ausschreibung.          Prozent erreicht werden. Auch hinsichtlich        stellte die Vorteile einer kommunalen Ver-
Hinsichtlich des Problems der Einheitskos-       des Problems der Überhang- und Ausgleichs-        ortung der Aufgabe der Einheitlichen An-
ten bedauerte Minister Dr. Ingo Wolf, dass       mandate, die bei der Kommunalwahl 2009            sprechpartner heraus, forderte jedoch die
ein Kompromissvorschlag des Landes von           in einigen Kreisen zu einer erheblichen Ver-      Kommunen auf, alles zu tun, um die ge-
kommunaler Seite nicht akzeptiert worden         größerung des Kreistages geführt hätten,          setzlich geforderte Zahl von 18 Einheitli-
sei. Im Rahmen eines zweiten Gutachtens          erklärte Ingo Wolf, dass es aus seiner Sicht      chen Ansprechpartnern durch Kooperatio-
habe sich gezeigt, dass es keine exakten         keine Alternative zum jetzigen System des         nen zwischen den Kreisen und kreisfreien
Nachberechnungsmöglichkeiten der Ein-            verhältnismäßigen Ausgleiches von Über-           Städten zu erreichen. Zugleich betonte er
heitslasten gebe. Aus seiner Sicht gebe es       hangmandaten gebe. Wenn man Überhang-             die Chancen von Kooperationen auf kom-
auch im Rahmen einer möglichen gericht-          mandate – und infolgedessen Ausgleich-            munaler Ebene, sowohl horizontal als auch
lichen Überprüfung keine Aussicht auf eine       smandate – verhindern wolle, so bliebe der        vertikal. Hier könnten wichtige Fortschritte
vollständig exakte Nachberechnung der Ein-       Weg, die Zahl der Wahlkreise im Verhältnis        bei der Effizienz der Erledigung von Ver-
heitslasten. Hier würde eine mögliche spä-       zur gesetzlichen Zahl der Sitze in einer          waltungsaufgaben erzielt werden.
tere Klage nicht weiterhelfen. Weiter ging       Kommunalvertretung, welches derzeit 1:2
der Innenminister auf die Schuldenbegren-        beträgt, zu verringern. Dann könnte die
zung im Grundgesetz ein. Er betonte, dass        Gefahr von Überhangmandaten und infol-
die Schuldenbegrenzung, die auch für die         gedessen auch von Ausgleichsmandaten                         EILDIENST LKT NRW
Länder gelten würde, eine erhebliche Ver-        faktisch verringert werden.                             Nr. 1/Januar 2010 00.12.01

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Schwerpunkt: Neue Geschäftsstelle als „Botschaft“ der Kreise

      Landkreistag eröffnet neue Geschäftsstelle
      als „Botschaft“ der Kreise
      im Düsseldorfer Regierungsviertel
 Wir wollen Meinung machen! Unter diesem Motto stand der Umzug des Landkreistages Nordrhein-Westfalen aus der Düsseldorfer
 Stadtrandlage in die Nachbarschaft des Landtags, der Staatskanzlei und der Ministerien. Als „Botschaft“ der Kreise soll die Ge-
 schäftsstelle ein Ort für das persönliche Gespräch und die Begegnung von Vertreterinnen und Vertretern der Kreise mit den Akteuren
 der Landespolitik sein – um die Belange der Kreise noch besser in die Landespolitik zu transportieren. Die neuen Räumlichkeiten in
 der Kavalleriestraße 8 wurden am 25. November 2009 mit einem Festakt eröffnet.

Landkreistag repräsentiert
elf Millionen Bürgerinnen
und Bürger
Der Präsident des Landkreistages NRW,
Landrat Thomas Kubendorff, begrüßte die
mehr als 250 Gäste zur Eröffnung der neuen
Geschäftsstelle des Landkreistages Nord-
rhein-Westfalen, unter ihnen Ministerprä-
sident Dr. Jürgen Rüttgers, Innenminister
Dr. Ingo Wolf, Umweltminister Eckhard
Uhlenberg, eine Reihe von Staatssekretären
und eine große Anzahl von Landtagsabge-
ordneten aus allen Fraktionen. Er betonte
die Bedeutung, die die Kreise für viele Le-
bensbereiche der Bürgerinnen und Bürger
vor Ort haben – besonders für die Bereiche
Bildung, Wirtschaft und Umwelt, Arbeit,
                                                  Eröffnung der Geschäftsstelle des LKT NRW (v.l.n.r.): Der Präsident des Städte- und Ge-
Soziales und Gesundheit, Polizei und Ret-         meindebundes NRW, Bürgermeister Roland Schäfer, der Vizepräsident des LKT NRW,
tungswesen. Die Kreise bündelten und ko-          Landrat Thomas Hendele, Innenminister Dr. Ingo Wolf, Ministerpräsident Dr. Jürgen Rütt-
ordinierten die Bedarfe und Aktivitäten in        gers, der Präsident des LKT NRW, Landrat Thomas Kubendorff, der Vizepräsident des LKT
ihren Regionen. Als Spitzenverband der Krei-      NRW, Landrat Dr. Arnim Brux, der Hauptgeschäftsführer des LKT NRW, Dr. Martin Klein,
se sei der Landkreistag Nordrhein-Westfa-         der Zweite Landtagsvizepräsident, Oliver Keymis, MdL                  (Quelle: Lothar Berns)
len daher der Experte für die Interessen von
rund elf Millionen Menschen im Land – und         Dr. Jürgen Rüttgers in seinem Grußwort zu        munal getragen“, so der LKT-Präsident.
ein unverzichtbarer Partner für Landespar-        der Feststellung: Wenn man die SPD neben         „Die kommunale Familie benötigt drin-
lament und Landesregierung. Diese wichti-         sich habe, sei es gut, die CDU im Rücken         gend Hilfe.“
ge Funktion könne künftig durch die neue          zu haben. Ein besonderer Dank galt der           Die Pläne der Bundesregierung zur Neuor-
Geschäftsstelle – mitten im Herzen des Düs-       Landeshauptstadt Düsseldorf, die den Um-         ganisation der Jobcenter, die vor Kurzem
seldorfer Regierungsviertels – noch besser        und Ausbau der Geschäftsstelle mit zügigem       bekannt geworden waren, wies Thomas
wahrgenommen werden. Er freue sich daher          Verwaltungshandeln unterstützt habe. An-
besonders, dass so viele prominente Gäste         wesend war eine Vielzahl weiterer Koopera-
diesen Anlass heute feiern wollten, so Tho-       tionspartner aus der Freien Wohlfahrtspflege,
mas Kubendorff.                                   dem Finanzwesen, der Arbeitsmarktpolitik
                                                  sowie aus den kommunalen Schwesterver-
                                                  bänden und Landes- sowie kommunalen
                                                  Einrichtungen und weiteren landesweit tä-
                                                  tigen Institutionen.

                                                  Aktuelle Sorgen und
                                                  Probleme der Kreise
                                                  Thomas Kubendorff griff auch die aktuellen
                                                  Sorgen und Probleme aus dem Kreisbereich         Man kennt sich – Raum für persönliche Ge-
                                                  auf. Allen voran die Finanzkrise – eine Kri-     spräche. V.l.n.r.: Landrat Hagen Jobi, Ober-
Präsident Landrat Thomas Kubendorff be-           se von gewaltigen Dimensionen –, die sich        bergischer Kreis, Ministerpräsident Dr. Jür-
grüßt die Gäste der Eröffnungsfeier               ab dem kommenden Jahr im vollen Um-              gen Rüttgers, Innenminister Dr. Ingo Wolf,
                         (Quelle: Lothar Berns)   fang auswirken und gravierende Folgen für        LKT-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Klein
Ein herzliches Willkommen galt auch den           die Finanzlage der Kommunen haben wer-                                    (Quelle: Lothar Berns)
neuen Nachbarn des Landkreistages, der            de. „Die wesentlichen Lebensrisiken der Ge-      Kubendorff strikt zurück. Er unterstrich er-
NRW-Bank, der SPD-Landesgeschäftsstelle           sellschaft, sei es Arbeitslosigkeit, Pflegebe-   neut die Forderung des Landkreistages Nord-
und der CDU-Landesgeschäftsstelle. Diese          dürftigkeit, Grundsicherung im Alter oder        rhein-Westfalen nach einem Wahlrecht für
Nachbarschaft veranlasste Ministerpräsident       Behinderung, werden in hohem Maße kom-           die Kommunen, ob sie die Betreuung von

                                                                                                                                                7
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Schwerpunkt: Neue Geschäftsstelle als „Botschaft“ der Kreise

Langzeitarbeitslosen in Eigenregie oder auf        Grußworte und Einweihung
der Basis einer gleichberechtigten Zusam-
menarbeit mit der Bundesagentur für Ar-            Der Zweite Vizepräsident des Landtages
beit wahrnehmen wollten. Die vorliegenden          NRW, Oliver Keymis MdL, Fraktion Bündnis
Eckpunkte böten dafür keine Grundlage.             90/Die Grünen, überbrachte als Vertreter
Ein besonderer Dank gelte in diesem Zu-            der wegen einer Auslandsreise verhinder-
sammenhang aber der Landesregierung,               ten Landtagspräsidentin ein Grußwort. Für
die sich nicht nur für eine vernünftige Lö-        die kommunalen Spitzenverbände sprach
sung der Organisationsfrage eingesetzt ha-         der Präsident des Städte- und Gemeinde-
be, sondern auch eine Bundesratsinitiative         bundes Nordrhein-Westfalen, Bürgermeis-
zur Erhöhung der Bundesbeteiligung an              ter Roland Schäfer, Bergkamen. Schließlich
den Kosten für Unterkunft und Heizung
                                                                                                     Der Präses der Evangelischen Kirche in West-
eingeleitet habe.
                                                                                                     falen, Dr. h. c. Alfred Buß, weiht die neue Ge-
Diesen aktuellen Sorgen solle allerdings nicht                                                       schäftsstelle ein           (Quelle: Lothar Berns)
zu viel Gewicht an diesem besonderen Tag
eingeräumt werden, der eigentlich ein Grund                                                          individuelle Kunst-Design der neuen Ge-
zum Feiern sei. Präsident Thomas Kuben-                                                              schäftsstelle. Der national und international
dorff lud alle Gäste, besonders auch seine                                                           für sein künstlerisches Schaffen mit großer
Landratskollegen ein, die neue Geschäfts-                                                            Anerkennung versehene, im Oktober 2009
stelle rege zu nutzen: „Nutzen Sie ‚Ihre‘                                                            aus seinem Amt als aktiver Landrat ausge-
Botschaft in der Landeshauptstadt für Ih-                                                            schiedene Dieter Patt, Rhein-Kreis Neuss,
ren Kreis, für Besuchergruppen, Gespräche                                                            hat zwei große Wände in der neuen Ge-
oder für eigene Veranstaltungen!“                                                                    schäftsstelle künstlerisch gestaltet. Im Foyer

Diesen Ort muß man haben                           Zweiter Landtagsvizepräsident Oliver Key-
                                                   mis, MdL, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
In seiner Rede stellte Ministerpräsident Dr.                                (Quelle: Lothar Berns)
Jürgen Rüttgers – gerade vor dem Hinter-
grund der Finanzkrise – die Bedeutung ei-          weihte Präses Dr. h.c. Alfred Buß, Evange-
                                                   lische Kirche von Westfalen, als Vertreter
                                                   der beiden christlichen Kirchen im Land die
                                                   neue Geschäftsstelle ein. Musikalisch un-
                                                   termalt wurde der Festakt durch das „Duo
                                                   Aktivitées Cultouristiques“, Jürgen Löscher
                                                   und Manfred Heinen, von der Kreismusik-           Der Künstler und sein Werk. Landrat a. D.
                                                                                                     Dieter Patt vor dem Metallguss „Freiherr
                                                   schule Viersen. LKT-Hauptgeschäftsführer
                                                                                                     vom Stein“ (mit Innenminister Dr. Ingo
                                                                                                     Wolf).                 (Quelle: Lothar Berns)

                                                                                                     des Erdgeschosses ist der Metallguss „Frei-
                                                                                                     herr vom Stein“ zu sehen – ein Kopfporträt
                                                                                                     des Vaters der kommunalen Selbstverwal-
                                                                                                     tung. Eine Wand im großen Sitzungssaal im
                                                                                                     ersten Obergeschoss wurde mit dem Kunst-
Rede von Ministerpräsident Dr. Jürgen                                                                werk „Die kommunale Familie“ aus Holz
Rüttgers anlässlich der Eröffnung
                          (Quelle: Lothar Berns)
nes gemeinsamen Vorgehens heraus: An-
gesichts der Größenordnungen, um die es
in der Krise gehe, solle Schluss sein mit ei-
nem „Wer bezahlt was für mich“. Alle staat-
lichen Ebenen seien finanziell betroffen,
und nur durch ein gemeinsames Vorgehen
                                                   Der Präsident des Städte- und Gemeinde-
könne man Lösungen entwickeln. Dafür sei
                                                   bundes NRW, Bürgermeister Roland Schäfer,
gerade ein Ort wie die neue Geschäftsstelle
                                                   Stadt Bergkamen        (Quelle: Lothar Berns)
des Landkreistages eine unverzichtbare Vo-
raussetzung: Hier könnten Vorklärungen             Dr. Martin Klein bedankte sich bei den an         Dieter Patt und LKT-Hauptgeschäftsführer
stattfinden, die dann Basis für einen weiter-      Planung und Umbau Beteiligten und leitete         Dr. Martin Klein vor der „Kommunalen Fa-
gehenden Abstimmungsprozess sind. In die-          als Hausherr zum kulinarischen Teil der Ver-      milie“                   (Quelle: Lothar Berns)
sem Sinne schloss der Ministerpräsident:           anstaltung über.
„Diesen Ort muss man haben!“ 1                                                                       mit bunten Farbakzenten gestaltet – die
                                                   Kunstwerke in der                                 Kreise sind dort wohl kaum übersehbar zu
1 Vgl.
      Artikel „‘Diesen Ort muss man haben!‘ An-    Geschäftsstelle                                   identifizieren.
 sprache von Ministerpräsident Dr. Jürgen Rütt-
 gers zur Eröffnung der neuen Geschäftsstelle      Die Landkreise machen alles selbst, sogar                     EILDIENST LKT NRW
 des Landkreistages NRW“ in diesem Heft, S. 9      ihre Kunst – so lobte Jürgen Rüttgers das                Nr. 1/Januar 2010 00.12.01

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Schwerpunkt: Neue Geschäftsstelle als „Botschaft“ der Kreise

      „Diesen Ort muss man haben!“ – Ansprache
      von Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers
      zur Eröffnung der neuen Geschäftsstelle
 Im Anschluss an die Begrüßung durch LKT-Präsident Landrat Thomas Kubendorff, sprach Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers zu
 den Gästen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft. Angesichts des vertretenen „Who is Who“ des öffentlichen Lebens
 in Nordrhein-Westfalen stellte der Ministerpräsident dabei die Frage in den Raum, ob nicht eine verkürzte persönliche Begrüßung der
 Anwesenden angezeigt sei, zum Beispiel im Sinne von Paul Mikat, der bei so vielen wichtigen Amtsinhabern Ansprachen stets mit
 „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Titel“ begonnen habe. Er wolle sich dem anschließen und schlicht zur Einweihung der neuen
 Geschäftsstelle des Landkreistages im Herzen Düsseldorfs gratulieren.

D    ie Frage, warum ein wichtiger Verband
     so lange gebraucht habe, von den Au-
ßenbezirken Düsseldorfs bis in das Herz der
                                                   an den Angelegenheiten der Bürgerinnen
                                                   und Bürger. Jedenfalls brauche man sich um
                                                   die Demokratie keine Sorgen zu machen, so
                                                                                                   rung und beim steuerlichen Querverbund.
                                                                                                   Gute Lösungen zeichneten sich dadurch aus,
                                                                                                   nicht kommunal unfreundlich zu sein. Die
Stadt vorzustoßen, solle man sich nicht stel-      lange dieser Wettkampf um die Nähe zu den       in diesem Sinne in der Koalitionsvereinba-
len. Ohnehin gebe es ja nach offizieller Le-       Anliegen der Bürgerinnen und Bürger an-         rung verankerten Punkte werden nun in die
sart kein Regierungsviertel in Düsseldorf: In      halte. Dies sei in der Geschichte Nordrhein-    Phase ihrer Umsetzung gehen.
der Ecke um die Kavalleriestraße gebe es           Westfalens immer ein Stück Richtschnur          Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers wies
lediglich einige Ministerien, den Landtag,         und Stärke gewesen. Diese gute Tradition        jedoch auch auf ein Problem hin, das ihm
die Staatskanzlei, die Geschäftsstellen von        solle man nicht ändern. Erst jüngst habe        am Herzen liege. Die Debatte, die ihn be-
CDU und SPD. Auch wenn nun zudem die               man mit den Föderalismusreformen I und II       schwere, sei, dass es offensichtlich den öf-
Geschäftsstelle des Landkreistages hin-            das Kompetenzgefüge zwischen Bund und           fentlichen Händen schlecht gehe. Den Ge-
zugekommen sei, solle man die offizielle           Ländern erheblich verändert und nun gelte       meinden gehe es schlecht, den Kreisen gehe
                                                   es angestrengt zu arbeiten, um das geän-        es schlecht, den kreisfreien Städten gehe es
                                                   derte Gefüge zu leben. In dieser Hinsicht sei   schlecht. Auch bei den Landschaftsverbän-
                                                   man mit der Politik der Landesregierung auf     den sehe es schlimm aus. Die Bürgermeister
                                                   dem richtigen Weg. Da jedoch schon der          würden gewiss gerne wieder eine Debatte
                                                   Innenminister die großen Leistungen der         über die Höhe der Kreisumlage führen. Die
                                                   Landesregierung im öffentlichen Teil der        Landräte wiederum würden die gleiche Ar-
                                                   Landkreisversammlung herausgestrichen           gumentation dann gegenüber den Land-
                                                   und betont habe, brauche dies der Minis-        schaftsverbänden einsetzen. Letztlich wiesen
                                                   terpräsident nicht zu wiederholen. Hinzu-       jedoch alle mit den gleichen Argumenten –
                                                   fügen wolle er lediglich, dass es der Lan-      nämlich das die Haushaltslage schlimm

                          (Quelle: Lothar Berns)
Sprachregelung beibehalten, nicht von ei-
nem Regierungsviertel zu sprechen. Den-
noch verstehe er als Ministerpräsident, dass
der Hauptgeschäftsführer dies verständli-
cherweise anders sehe. Die Lage der neuen
Geschäftsstelle sei jedenfalls in doppelter
Hinsicht gut gewählt: Man habe die CDU
hinter und die SPD neben sich.
Bei einem solchen Anlass sei es sicher wich-
tig, die Bedeutung eines kommunalen Spit-
zenverbandes zu würdigen. Er tue dies also
hiermit – jedoch kurz und knapp, wie es
sich für jemanden gebühre, der selbst er-
fahren habe, wie wichtig die Arbeit sei – aus
seiner eigenen Tätigkeit als junger Jurist bei
einem kommunalen Spitzenverband. Aus
dieser Erfahrung wisse er, dass Landespoli-
tik gut sei, wenn sie kommunalfreundlich sei.
Welcher kommunale Spitzenverband je-
                                                                                                                            (Quelle: Lothar Berns)
doch der wichtigste sei, sei schwer zu ent-
scheiden: Die Landräte würden gewiss auf           desregierung gelungen sei, vieles für die       sei – auf das Land und erwarteten von die-
den Landkreistag verweisen, der anwesen-           Kommunen auch im Koalitionsvertrag der          sem die Lösung der Probleme. Jedoch ginge
de Präsident des Städte- und Gemeinde-             neuen Bundesregierung zu verankern, der         es nicht nur dem Land und allen im Land
bundes, Bürgermeister Roland Schäfer aus           nicht umsonst in der nordrhein-westfäli-        schlecht, Bundesfinanzminister Wolfgang
Bergkamen, werde sicherlich auf den Städ-          schen Landesvertretung in Berlin verhan-        Schäuble könne angesichts einer Neuver-
te- und Gemeindebund verweisen und be-             delt worden sei. Er verwies hierzu auf die      schuldung des Bundes in Höhe von 85
haupten, die Bürgermeister seien noch näher        Veränderungen bei der Wirtschaftsförde-         Milliarden Euro auch sagen, selbst dem

                                                                                                                                                9
Schwerpunkt: Neue Geschäftsstelle als „Botschaft“ der Kreise / Themen

Bundeshaushalt ginge es schlecht. Als Mi-          „Wer bezahlt was für mich?“ verkürzen. Es     würden. Der Bund habe diese Verantwor-
nisterpräsident Nordrhein-Westfalens teile         sei dem ganz entschiedenen Einsatz der Lan-   tung ebenso akzeptiert wie die Länder. Es
er die Ansicht auch mit Bundeskanzlerin Dr.        desregierung zu verdanken, dass im Koali-     könne nicht sein, dass angesichts der der-
Angela Merkel, dass die derzeitige Wirt-           tionsvertrag nunmehr die Einrichtung einer    zeitigen Situation gesagt werde, meine Auf-
schafts- und Finanzkrise noch nicht über-          Dialogplattform zur kommunalen Finanzla-      gaben kann ich nicht mehr machen. Aus fi-
                                                                                                 nanzieller Perspektive sei dies aber für jede
                                                                                                 der beteiligten Ebenen nachvollziehbar. Da-
                                                                                                 her biete die Dialogplattform eine wichtige
                                                                                                 Chance für neue Perspektiven. Er unter-
                                                                                                 strich dies unter Hinweis auf die erst am
                                                                                                 Vorabend gefundenen Strategien für die
                                                                                                 WestLB. Diese seien ein langes Stück Arbeit
                                                                                                 gewesen. Es habe deutlich unterschiedliche
                                                                                                 Positionen geben, die jedoch alle hätten
                                                                                                 nachvollzogen werden können. Es habe nie-
                                                                                                 manden gegeben, der eine offensichtlich
                                                                                                 falsche oder ‚ungehörige’ Position vertre-
                                                                                                 ten habe. Jeder habe berechtigte Anliegen
                                                                                                 gehabt. Diese seien alle beachtet worden,
                                                                                                 und die gefundene Lösung mache ihn froh:
                                                                                                 Sie bedeute eine Befreiung zu neuen Mög-
                                                                                                 lichkeiten, zu 25 Jahren ohne substantielle
                                                                                                 Gefährdung. Das Gleiche treffe auf die erst
                                                                                                 am Vortag erfolgte Erklärung von General
                                                                                                 Motors (GM) zu, die Arbeitsplätze in Bo-
                                                                                                 chum zu erhalten. All dies zeige, wenn man
                                                                                                 gemeinsam etwas mache, gehe etwas. Dies
                                                                                                 sei auch – und gerade – bei einem vielfälti-
                                                                                                 gen Staatssystem über Parteigrenzen hin-
                                                                                                 weg möglich. Eine unverzichtbare Voraus-
                                                                                                 setzung für diesen Ansatz stelle jedoch eine
(Quelle: Lothar Berns)
                                                                                                 Geschäftsstelle wie die des Landkreistages
wunden sei. Die Wirtschaft gehe in diesem          ge auf Bundesebene beschlossen worden         dar. Ein Ort wie die Geschäftsstelle sei der
Jahr um etwa fünf Prozent zurück. Das sei          sei. Dort sollten Bund, Länder und kommu-     Ort, an dem die Vorklärungen stattfänden,
ein Rückgang in einer nie gekannten Grö-           nale Spitzenverbände gemeinsam nach Lö-       damit Austausch möglich sei. „Diesen Ort
ßenordnung seit Bestehen der Bundesre-             sungen der gegenwärtigen Situation suchen.    muss man haben!“.
publik. Angesichts dieser Größenordnun-            Entscheidend sei dabei, dass alle gemein-
gen solle man mit dem Jammern aufhören,            sam miteinander und nicht – wie bisher –                 EILDIENST LKT NRW
die Debatte nicht auf eine Streiterei um           zwei Beteiligte über den dritten sprechen           Nr. 1/Januar 2010 00.12.01

                                   Verfassungsrecht muss krisentauglich
                                   sein – Veranstaltung zu Finanzhilfen
                                   des Bundes für die Kommunen
                                   Von Matthias Stork,
                                   Wissenschaftlicher Mitarbeiter am
                                   Freiherr-vom-Stein-Institut
 Im Rahmen der Vortragsreihe „Kommunalverwaltung aktuell – Wissenschaft und Praxis“ veranstaltete das Freiherr-vom-
 Stein-Institut am 12. November 2009 im Alexander von Humboldt-Haus der Universität Münster eine Vortragsveranstaltung zum
 Thema „Finanzhilfen des Bundes für die Kommunen – Verfassungsgebung nach Konjunkturlage?“.
 Als Referenten nahmen der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Ingo Wolf, und Prof. Dr. Stefan Korioth, Inhaber des
 Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Kirchenrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München, teil 1. Im Mittelpunkt der Ver-
 anstaltung stand die – unter dem Eindruck der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise erfolgte – erneute Änderung des erst im
 Rahmen der Föderalismusreform I neu eingefügten Art. 104 b GG.

I m Rahmen des Konjunkturpaketes II wer-
  den derzeit viele Konjunkturmaßnahmen
                                                   umgesetzt, die nur durch die Einführung
                                                   eines neuen Art. 104 b Grundgesetz ermög-
                                                   licht werden. Danach kann der Bund „in
                                                                                                 reiche zur Verfügung stellen, für die eigent-
                                                                                                 lich die Bundesländer zuständig sind, zum
                                                                                                 Beispiel für die Sanierung von Schulgebäu-
1 Vergl.
      die nachfolgenden Artikel ab S. 12 in die-   außergewöhnlichen Notsituationen“ den         den. Ist es aber überhaupt sinnvoll, wenn
 sem Heft.                                         Kommunen unmittelbar Finanzhilfen für Be-     Schwankungen in der Konjunkturlage und

10
Themen

Reaktionen auf die Krise unmittelbaren Nie-     gewährleisten sei. Die sich in einem „Anzie-    ereinnahmen zu erhalten. An die Vertreter
derschlag im Grundgesetz finden? Wie könnte     hen der Bundeszügel“ widerspiegelnde po-        von Kreisen und Gemeinden gewandt, warn-
stattdessen eine nachhaltige Lösung aus-        litische Interessenlage griff Prof. Janbernd    te der Innenminister davor, gänzlich die Fol-
sehen und wie lassen sich kurzfristige Än-      Oebbecke, Geschäftsführender Direktor des       gen einer größeren Eigenverantwortlich-
derungen des Grundgesetzes in Zukunft           Freiherr-vom-Stein-Instituts an der Univer-     keit bei eigendisponierbaren Finanzquellen
vermeiden? Ist eine Änderung der Finanz-        sität Münster, auf. Für die notwendige          aus den Augen zu verlieren. Diese bestün-
verfassung oder der Aufgabenverteilung          Mehrheit im Bundestag hätten auch Fach-
erforderlich? Besteht eine zunehmende Ein-      politiker aus anderen Ressorts von der Not-
flussnahme des Bundes? Die Bedeutung und        wendigkeit der Reformschritte überzeugt
Reichweite des Themenkomplexes der er-          werden müssen, was per se leichter falle, je
neuten Verfassungsänderung bei Art. 104 b       mehr Kontrolle der Bund bei der Verwen-
GG offenbarte sich auch in der anschlie-        dung der Gelder behalte. In die gleiche Rich-
ßenden Diskussion unter der Leitung des         tung argumentierte Martin Klein mit dem
Hauptgeschäftsführers des Landkreistages        Hinweis, dass hinter einer Verfassungsän-
NRW, Dr. Martin Klein. Ausgehend von der        derung auch die jeweilige politische Moti-
Frage des Umgangs mit der Verfassung reich-     vation beachtet werden müsse, die im Fall
te die angesprochene Themenpalette vom          einer großen Koalition zu anderen Ergeb-
Finanzausgleich über den Wettbewerbsfö-         nissen kommen könne als bei dem jetzigen
deralismus bis hin zur Neuordnung der Ar-       Regierungsbündnis.
beitsgemeinschaften nach dem SGB II.            Damit wurde die Frage aufgeworfen, wie
Weitgehende Einigkeit herrschte bei Refe-       die Finanzsituation von Ländern und Kom-
renten und Diskussionsteilnehmern sowohl        munen verbessert werden kann, ohne zu
bei der Frage der Notwendigkeit von Finanz-     stark von Finanzhilfen des Bundes und da-
hilfen des Bundes als auch bei der Bewer-       mit auch von einer politischer Einflussnah-
tung der Umsetzung durch eine erneute           me der Bundesebene abhängig zu sein.
Änderung des Art. 104 b GG. Innenminis-         Innenminister Ingo Wolf plädierte für eine
ter Dr. Ingo Wolf stellte heraus, dass die im   Stärkung des Wettbewerbsföderalismus. In
Rahmen des Zukunftsinvestitionsgesetzes         der starken Reglementierung der Finanzhil-
gewährten Finanzhilfen für bestimmte In-        fen manifestiere sich ein Misstrauen, so der
frastrukturerneuerungen dringend benö-          Innenminister, welches auf den Versuch ei-
tigt worden seien und die Kommunen durch        ner stetigen Nivellierung der Finanz- und
die Investitionspauschale weitgehende Frei-     Lebensverhältnisse in den Ländern zurück-
heiten bei der Verwendung der Mittel be-        zuführen sei. Ein stärkerer Wettbewerbsfö-
sitzen würden. Gleichwohl, unterstrich be-      deralismus und eine größere Einnahmeau-
sonders Prof. Stefan Korioth, müsse die         tonomie der Länder seien Ausdruck einer
nachträgliche „Anpassung“ der Verfassung        bislang nicht berücksichtigten Kultur des
an das ZuInvG zur Legitimierung der Fi-         Wettbewerbs mit Entwicklungspotenzial zu
nanzhilfen mit einem Schwerpunkt in der         einem verantwortungsvolleren Umgang mit
Bildungsinfrastruktur als äußerst kritisch      Finanzmitteln. Das Vertrauen auf Finanz-
betrachtet werden. Das Dilemma zwischen         hilfen, so der Innenminister weiter, bremse     Prof. Dr. Janbernd Oebbecke, Geschäfts-
politischen Handlungsnotwendigkeiten zur        in wirtschaftlichen Notlagen die Anstren-       führender Direktor des Freiherr-vom-Stein-
Abmilderung der Finanzkrise und dem ge-         gungen, innovativ die Entwicklung auf Lan-      Instituts an der Universität Münster, be-
bührenden Umgang mit der Verfassung             des- oder Kommunalebene zu steuern. Mit         grüßt die Gäste der Veranstaltung.
hob der Innenminister, der an beiden Föde-      Blick auf eine größere finanzielle Autonomie
ralismusreformen mitgewirkt hat, immer wie-     der Bundesländer richtete der Innenminis-       den vor allem in der Verantwortungsüber-
der hervor. Die folgenden Beiträge zeigten      ter den Blick auch auf Finanzverteilungsmo-     nahme für Fehler im Umgang mit den finan-
aber, dass Alternativen für Finanzhilfen an     delle im Ausland. Stefan Korioth relativierte   ziellen Mitteln. Vor dem Hintergrund der
Länder und Kommunen bestehen. Für Dis-          aber Hoffnungen, Modelle aus Staaten wie        demografischen Entwicklung dürfe zudem
kussionsbedarf sorgte vor allem der im Vor-     der Schweiz oder den USA auf Deutschland        nicht davor zurückgeschreckt werden, Ein-
trag von Prof. Stefan Korioth vorgestellte      zu übertragen. Während in den genannten         richtungen notfalls zu schließen und stärker
Weg, Ländern einen größeren finanziellen        Staaten die vertikale Aufgabenverteilung        mit anderen Gemeinden zu kooperieren.
Rahmen zur Abmilderung der Wirtschafts-         nach Sachbereichen stattfinde, sei – so Ste-    Mit der notwendigen Neuordnung der Ar-
krise über die Steuerverteilung zu gewähren.    fan Korioth einschränkend – in Deutsch-         beitsgemeinschaften nach § 44 b SGB II bis
Anhand der finanzpolitischen Stellschraube      land im Wesentlichen die Staatsfunktion         Ende 2010 trat anschließend ein Themen-
Umsatzsteuerbeteiligung, so erläuterte der      Maßstab für die vertikale Aufgabenab-           bereich in den Mittelpunkt der Aufmerksam-
Professor, sei die Tendenz beim Bund zu er-     schichtung. Ansatzpunkt für Änderungen          keit, der die bisherigen Diskussionspunkte
kennen, den Ländern keine ungebundenen          sei dementsprechend auch nicht die Fi-          zum Umgang mit der Verfassung sowie die
Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, son-     nanzverfassung, sondern die Aufgabenver-        zunehmende Einflussnahme des Bundes auf-
dern die Verwendung des Geldes an fest-         teilung mit einer stärkeren Herabzonung         griff. Der Einschätzung von Martin Klein,
umrissene Tatbestände zu knüpfen. Die Zur-      von Gesetzgebungszuständigkeiten auf            einer Kommunalisierung der Aufgabe oder
verfügungstellung von Finanzmitteln über        die Länder und die Kommunen. Janbernd           der Einführung eines Wahlrechts der Kom-
die Umsatzsteuerbeteiligung beinhalte aber      Oebbecke wies zudem darauf hin, dass die        munen zur Entscheidung für das Options-
den Nachteil, dass im Rahmen des darauf         geringe Popularität der Verkündung einer        modell werde sich der Bund entgegenstel-
folgenden Finanzausgleichs eine passgenaue      höheren Abgabenlast das Interesse einiger       len, schloss sich Stefan Korioth mit Hinweis
Zuteilung wie über Art. 104 b GG nicht zu       Länder begrenze, eigendisponierbare Steu-       auf das hohe Finanzierungsvolumen von ca.

                                                                                                                                          11
Themen

                                                                                               als mit der Verfassung nicht vereinbar an.
                                                                                               Neben der rechtlichen rückte aber wiede-
                                                                                               rum auch die politische Komponente in den
                                                                                               Fokus. Als maßgebliche Schwierigkeit bei der
                                                                                               Umsetzung stelle sich das Bemühen um ein
                                                                                               einheitliches Meinungsbild unter den 16
                                                                                               Bundesländern heraus, so der Innenminister.
                                                                                               Mitunter sei unter dem Aspekt „finanzieller
                                                                                               Lockmittel“ des Bundes ein Abweichen eini-
                                                                                               ger Bundesländer nicht ausgeschlossen.
                                                                                               Trotz einer übereinstimmend konstatierten
                                                                                               Zunahme bundespolitischer Einflüsse er-
                                                                                               munterte Prof. Dr. Stefan Korioth zum Ab-
                                                                                               schluss Länder und Kommunen dazu, die
                                                                                               ihnen zustehenden Einflussmöglichkeiten
                                                                                               auch in ihrem Sinne zu nutzen und bei der
                                                                                               Verteilung von Geldern gestaltend mitzu-
                                                                                               wirken. Innenminister Dr. Ingo Wolf plä-
                                                                                               dierte abschließend für eine Stärkung der
                                                                                               Länderkompetenzen und eine am Subsidi-
                                                                                               aritätsprinzip angelehnte Aufgabenvertei-
                                                                                               lung.
Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des LKT NRW, moderiert die Diskussion.
50 Milliarden Euro an. Gleichzeitig sah Ste-    tretern und auch vom Innenminister unter-                 EILDIENST LKT NRW
fan Korioth aber die von kommunalen Ver-        stützte Position für eine Kommunalisierung           Nr. 1/Januar 2010 00.00.00

      Vortrag von Prof. Dr. Stefan Korioth,
      Ludwig-Maximilians-Universität München
I. Einführung                                   Investitionen verwendet werden sollen. Vier    titionen die Wirtschaftstätigkeit anregen
                                                Fünftel der öffentlichen Investitionen wer-    oder sogar kräftig fördern zu müssen. Im
An der Fassung des Themas fällt zweierlei       den von den Ländern getätigt und von die-      zweigliedrigen Bundesstaat mit dreigliedri-
auf. Erstens: Ganz unbefangen wird von Fi-      sen vier Fünfteln wiederum zwei Drittel von    gem Verwaltungsaufbau rücken dann die
nanzhilfen des Bundes an die Kommunen           den Gemeinden. Investitionstätigkeit im öf-    Gemeinden ganz von selbst in den Mittel-
gesprochen. Gemeint sind Zahlungen des                                                         punkt der Aufmerksamkeit – mit allen Pro-
Bundes auf der Grundlage des Art. 104 b                                                        blemen, die für die kommunale Ebene
Grundgesetz (GG), der 2006 in der Absicht                                                      damit außerhalb des warmen finanziellen
ins Grundgesetz eingefügt wurde, die seit                                                      Regens verbunden sein können.
1969 bestehende Grundlage für Investi-                                                         Noch etwas Zweites fällt an der Fassung
tionshilfen in Art. 104 a Abs. 4 GG präzisie-                                                  des Themas auf. Es spricht von „Verfas-
rend fortzuführen, und der bereits 2009                                                        sungsgebung nach Konjunkturlage“. Dies
wieder geändert wurde. Rechtlich ist die                                                       betrifft den Art. 104 b GG und seine Be-
Redeweise von Bundeshilfen an die Kom-                                                         handlung in den beiden Stufen der Födera-
munen nicht ganz korrekt. Im zweigliedri-                                                      lismusreform 2006 und 2009; die ange-
gen Bundesstaat stehen sich Bund und Län-                                                      sprochene Problematik reicht jedoch weit
der gegenüber, die Gemeinden gelten als                                                        darüber hinaus. In den letzten 20 Jahren
Teil der Länder. Sie sind keine dritte Ebene                                                   hat die Zahl der Verfassungsänderungen in
des Bundesstaates. Dies bringt die Finanz-                                                     bedenklicher Weise zugenommen. Hierbei
verfassung an etwas versteckter Stelle in                                                      zeigt sich eine veränderte Rolle der Verfas-
Art. 106 Abs. 9 GG zum Ausdruck. Aus die-                                                      sung. Die ursprüngliche Funktion des Grund-
ser Mediatisierung der Gemeinden durch                                                         gesetzes, in seinem staatsorganisatorischen
die Länder folgt: Unmittelbare Finanzbe-                                                       Teil Rahmenordnung für die Politik zu sein,
ziehungen zwischen Bund und Gemeinden                                                          also unbedingt verbindliche Grenzen politi-
sind ausgeschlossen. Finanzhilfen für die                                                      scher Gestaltung zu setzen, innerhalb die-
Kommunen müssen vom Bund an die Län-            Prof. Dr. Stefan Korioth                       ser Grenzen aber der Politik weitgehend
der gegeben werden; diese haben dann die                                                       freie Verfügungsräume zu geben, verän-
Aufgabe, die Gelder an die Gemeinden            fentlichen Bereich ist also vorrangig Inves-   dert sich immer mehr. Wir können feststel-
weiterzuleiten. Wenn dennoch heute von          tition vor Ort durch die Gemeinden. Daher      len, dass neue Verfassungsnormen immer
Finanzhilfen des Bundes an die Kommunen         liegt es nahe, dass sich das Interesse des     stärker einer bestimmten politischen Situa-
die Rede ist, dann zeigt dies, worum es bei     Bundes auf die Gemeinden richtet, wenn         tion ihre Entstehung verdanken und be-
den Finanzhilfen in der Sache geht. Es han-     die Bundespolitik meint, in wirtschaftlich     stimmte Kompromisse von Bund und Län-
delt sich um Zahlungen des Bundes, die für      schwierigen Zeiten durch öffentliche Inves-    dern sowie den Parteien, die nur aus der

12
Themen

Situation heraus verständlich sind, verbind-    die zweite Reformstufe in einer Art und          kraft eigener Entscheidung in ihren Haus-
lich festschreiben. Dies führt dazu, dass die   Weise geändert worden, die mit dem ur-           halten bestimmten Ausgabenzwecken zu-
ursprünglich sehr kurzen und knappen, mit       sprünglichen Ansatz der Föderalismusre-          führen können. Neben der Zuteilung von
weiten Begriffen versehenen Verfassungs-        form nichts mehr zu tun hat. Damit stellt        steuerlichen Ertragshoheitsrechten kennt
normen immer detaillierter und spezieller       sich die Frage nach dem Warum und nach           der Finanzausgleich aber auch zwei Um-
werden. Sie sind häufig nicht mehr Leit-        der Berechtigung der Änderung. Meine The-        verteilungsschritte, zum einen den Länder-
planke, sondern Gestaltungsobjekt der Po-       se lautet: Die Änderung des Artikels 104 b       finanzausgleich und zum anderen Bundes-
litik. Der Vorrang der Verfassung (Art.1 Abs.   GG durch die Föderalismusreform II, die im       ergänzungszuweisungen, jeweils nach Art.
3, Art. 20 Abs. 3 GG) gerät ins Wanken,         Folgenden der Gegenstand sein wird, ist im       107 Abs. 2 GG. Rechtstechnisch geht es hier
die Funktionen von Verfassung und Gesetz        Großen und Ganzen angemessen. Sie macht          nicht um die Zuteilung von dinglichen Rech-
vermischen sich. Schlimmer noch: Normen,        allerdings deutlich, dass der Anspruch, den      ten auf bestimmte Steuereinnahmen, son-
die ins Gesetz gehören, aber stattdessen in     kooperativen Föderalismus grundgesetz-           dern um Finanzzuweisungen, also um An-
weitläufige Verfassungsnormen aufgenom-         licher Prägung auf ein System der Eigen-         sprüche einer Gebietskörperschaft gegen
men werden, lassen sich zukünftig nur er-       ständigkeit und Unabhängigkeit der Ge-           andere Gebietskörperschaften auf Zahlung
schwert (vgl. Art. 79 Abs. 2 GG) abändern       bietskörperschaften umzustellen, verfehlt        bestimmter Geldmittel. Ziel dieser Umver-
und verringern so den Gestaltungsbereich        ist und an der politischen Wirklichkeit im       teilung ist es, Disparitäten in der Finanz-
der Politik1. Hinzu kommt dann noch häu-        Bundesstaat scheitert und scheitern muss.        kraft der Länder, die nach der Steuervertei-
fig, dass Anspruch und Wirklichkeit der Ver-    Wir sollten von der Vorstellung Abschied         lung entstanden oder noch vorhanden sind,
fassungsnovellen auseinanderfallen. Unter       nehmen, dass wir auf dem Weg zu einem            in bestimmtem Umfang auszugleichen. Auch
diesen Gesichtspunkten sind die beiden Stu-     entflochtenen Bundesstaat sind. Was sich         für diese Finanzzuweisungen im Finanz-
fen der Föderalismusreform mehr als kritisch    abzeichnet, ist eine Entwicklung innerhalb       ausgleich ist aber charakteristisch, dass sie
zu sehen. Dies möchte ich nur mit wenigen       des kooperativen Bundesstaates, die immer        den begünstigten Gebietskörperschaften
Bemerkungen skizzieren. Die Föderalismus-       stärker auf eine zentrale Steuerung setzt.       ungebundene Mittel verschaffen. Auch die-
reform I hatte sich das Ziel gesetzt, die Un-   Wir bewegen uns immer deutlicher auf ei-         se Mittel können kraft freier Entscheidung
abhängigkeit und Eigenständigkeit der bun-      nen Bundesstaat zu, in dem sich die Anzie-       durch den Haushaltsgesetzgeber bestimm-
desstaatlichen Gebietskörperschaften zu         hungskraft des größten Etats und die Macht       ten Ausgabenzwecken zugeführt werden.
stärken und zu einer Entflechtung im Bun-       des Bundes gegenüber Ländern und Kom-            Der Finanzausgleich insgesamt hat nach der
desstaat beizutragen. Dieser explizite An-      munen durchsetzen. Die nächsten Jahre            ständigen Rechtsprechung des Bundesver-
spruch ist allenfalls zum Teil verwirklicht     werden entscheidend dafür sein, ob die Län-      fassungsgerichts die zentrale Aufgabe, allen
worden. Betrachtet man das Gesamtergeb-         der bereit sind, diesen Weg weiter mitzuge-      Gebietskörperschaften eine aufgabenan-
nis der Verfassungsnovelle 2006 – von ei-       hen. Ein Prüfstein hierfür wird insbesondere     gemessene Finanzausstattung zu verschaf-
ner echten Reform kann ohnehin nicht die        die Neugestaltung des bundesstaatlichen          fen3. Es geht um eine sachgerechte Auftei-
Rede sein – , so zeigt sich, dass die Grund-    Finanzausgleichs ab dem Jahre 2020 sein.         lung der Finanzmacht – im modernen Staat,
prinzipien des grundgesetzlichen Bundes-        Damit genug der Vorbemerkungen. Die Fi-          der praktisch immer durch den Einsatz von
staates weitgehend erhalten geblieben sind,     nanzhilfen des Bundes an die Kommunen            Geld tätig wird, ist dies eine grundlegende
aber einige von der Reformintention nicht       auf der Grundlage des Art. 104 b GG will         Voraussetzung effektiver Staatlichkeit vor
gedeckte Akzentverschiebungen stattgefun-       ich im Folgenden in drei Stufen erörtern.        allem für die Länder.
den haben. Im Bereich der Gesetzgebungs-        Zunächst werde ich die Finanzhilfen in das       Das Grundgesetz kennt aber auch Finanz-
kompetenzen ist, alles in allem betrachtet,     Gesamtsystem der Finanzbeziehungen von           zuweisungen außerhalb des Finanzaus-
eine Stärkung des Bundes festzustellen. So-     Bund, Ländern und Gemeinden (II.) einord-        gleichs. Die wichtigsten Fälle normieren die
weit die Föderalismusreform I bereits Fi-       nen. Sodann wird es um die für die gegen-        Art. 91a und 91b GG im Zusammenhang
nanzthemen berührte, insbesondere bei           wärtige Rechtslage mehr als aufschlussrei-       der Gemeinschaftsaufgaben, Art. 104 b GG
den Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91 a        che Historie der Finanzhilfen seit 1949 gehen    mit den Finanzhilfen des Bundes und Art.
und b GG und bei den Finanzhilfen des Art.      (III.). Den Abschluss bilden Überlegungen        106 a GG mit den Zuweisungen des Bundes
104 b GG, lässt sich ebenfalls feststellen,     zur Neugestaltung des Art. 104 b GG durch        für den öffentlichen Personennahverkehr
dass das Entflechtungsziel keinesfalls ver-     die zweite Stufe der Föderalismusreform in       in den Ländern. Rechtstechnisch ist für die
wirklicht wurde. Allenfalls ansatzweise und     diesem Jahr (IV).                                Finanzzuweisungen außerhalb des Finanz-
kompromisshaft hat sich der verfassungs-                                                         ausgleichs charakteristisch, dass nur vertika-
ändernde Gesetzgeber der Problematik und        II. Art. 104b GG im                              le Zuweisungen des Bundes an die Länder
seiner eigenen Zielsetzung genähert und             System der Bund-Länder-                      möglich sind. Es gibt keine unmittelbaren
auch hier im Ergebnis das Gewicht des                                                            Finanzzuweisungen des Bundes an die
Bundes verstärkt2. Ähnliches gilt für die
                                                    Finanzbeziehungen                            Kommunen, und es gibt auch keine Fi-
jetzt vorliegenden Normen der Föderalis-        Im Zentrum der bundesstaatlichen Finanz-         nanzzuweisungen der Länder an den Bund.
musreformstufe II. Ihr Kern, die neuen Ver-     verfassung steht der insgesamt vierstufige       Die Finanzzuweisungen außerhalb des Fi-
schuldungsregeln für Bund und Länder, sind      Finanzausgleich nach Art. 106 und 107 GG.        nanzausgleichs sind somit in vertikaler Hin-
rechtstechnisch und systematisch proble-        Hier geht es zunächst um die vertikale und
matisch; sie verstärken die finanzpolitische    horizontale Zuteilung sämtlicher Steuerein-
Stellung des Bundes und weichen der zen-        nahmen auf Bund, Länder und Gemeinden
tralen Problematik der staatlichen Kredit-      in Art. 106 und 107 Abs. 1 GG. Rechtstech-
                                                                                                 1 Dazu
aufnahme aus, die darin besteht, ausga-         nisch werden Ertragshoheitsrechte verteilt,              nachdrücklich auch P. Selmer, Die Föde-
benpolitische Disziplin zu üben.                die so etwas wie dingliche Rechte auf be-          ralismusreform II – Ein verfassungsrechtliches
                                                                                                   monstrum simile, NVwZ 2009, S. 1255 (1259 f.).
Dass Anspruch und Wirklichkeit der Föde-        stimmte Steuermittel darstellen. Die Zuteilung   2 Dazu S. Korioth, Neuordnung der Bund-Län-
ralismusreformen I und II auseinanderge-        von steuerlichen Ertragsrechten vermittelt         der-Finanzbeziehungen?, ZG 2007, S. 1 ff.
hen, hat man am Beispiel der Novelle 2006       den begünstigten Gebietskörperschaften           3 BVerfGE 72, 330 (388 ff.); 86, 148 (264); 108,

inzwischen bemerkt. Art. 104b GG ist durch      eigene und ungebundene Mittel, die sie             1 (15).

                                                                                                                                              13
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