FORSCHUNGSTURBO ZUKUNFTSDISKUSSION PISTENZAUBER - 4 I WINTER 2021 - Land Niederösterreich
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№4 I WINTER 2021 DAS JOURNAL F Ü R K U LT U R, W I R T S C H A F T U N D TO U R I S M U S FORSCHUNGSTURBO IST Austria in Klosterneuburg ZUKUNFTSDISKUSSION Landesstrategie 2030 PISTENZAUBER Skifahren im Waldviertel
INHALT №4 I WINTER 2021 EDITORIAL 04 FORSCHUNGSTURBO IST Austria in Klosterneuburg Liebe Leserinnen und Leser! 08 ZUKUNFTSDISKUSSION Landesstrategie 2030 Nach sehr herausfordernden Wochen in diesem Herbst müssen wir leider feststellen: Die Corona-Pandemie hat uns noch immer fest im Griff. Wir alle sind diese Krankheit leid, aber leider noch nicht los. Ich möchte Sie alle daher an dieser Stelle bitten: Sollten Sie 10 PISTENZAUBER es noch nicht getan haben, nutzen Sie eines der vielen Impfangebote, die wir in Nieder- Skifahren im Waldviertel österreich haben. Ob Impfzentrum, niedergelassener Arzt oder Impfbus, ob mit oder ohne Termin, ob Erst-, Zweit- oder Drittimpfung: Jeder Stich hilft, diese Pandemie endlich hinter 14 GROSSSTADTDSCHUNGEL uns zu lassen. Darum befürworte ich auch die generelle Impfpflicht: Sie ist notwendig, „Wildnis Stadt“ im Museum Niederösterreich damit wir endgültig rauskommen aus dieser unmöglichen Lockdown-Spirale. 18 GRENZVERKEHR Mit Zuversicht und Hoffnung erfüllt mich, dass wir in Niederösterreich auch in dieser Gesundheitszentrum „Healthacross“ in Gmünd nun schon 22 Monate andauernden Ausnahmesituation so vorgehen, wie wir das immer schon getan haben: Wir arbeiten zusammen und wir halten zusammen. Ich erachte das 20 ENERGIEWENDE für eine ganz besondere Stärke unseres Landes und denke hier vor allem auch daran, dass Klimaschutz in Niederösterreich sich mehr als die Hälfte unserer Landsleute in einem oder mehreren der über 20.000 Vereine freiwillig engagiert – sei es bei den Rettungs- und Blaulichtorganisationen, bei 23 PIXELNOSTALGIE Kultur-, Tourismus- und Sportvereinen, in Bildungs- und Sozial-Einrichtungen oder in einem Mosaike – Große Kunst der kleinen Steine der vielen weiteren ehrenamtlichen Vereine. Ohne dieses großartige Engagement der vielen Menschen, die anpacken und arbeiten, ohne dafür Geld zu verlangen, könnten 26 MAUERFALL wir viele Aufgaben im Land gar nicht stemmen und wäre unser Bundesland nicht so lebens- Junge Wissenschafter bringen Mauern zu Fall und liebenswert, wie es ist. Ihnen allen dafür ein großes und herzliches Dankeschön! 28 HELDENSAGEN Tatsache ist aber auch, dass wir in einer Zeit leben, in der die Herausforderungen Feldherren- und Heldendenkmäler wieder mehr werden. Neben der Corona-Krankheit denke ich da vor allem auch an neue Techniken und Technologien, die Fluch und Segen zugleich sind, oder auch den Klima- 30 FRISCHFISCH wandel. In Niederösterreich wollen wir uns bestmöglich auf die Herausforderungen der Wertvolle Lebensmittel aus dem Wasser Zukunft vorbereiten. Sei es durch Wissenschaft und Forschung, wie sie am IST Austria in Klosterneuburg betrieben wird, sei es durch das konsequente Umsetzen der Energiewende 32 MODELLCHARAKTER oder mit der Entwicklung der neuen Landesstrategie Niederösterreich 2030 – diesen Klimaregion Retzer Land und vielen weiteren zukunftsorientierten Themen sind Beiträge in der neuen Ausgabe der „Perspektiven“, die Sie soeben in Händen halten, gewidmet. Ich wünsche Ihnen viel 34 COACHINGZONE Freude bei der Lektüre und vor allem auch ein friedliches und gesegnetes Weihnachtsfest. Neue Aufgaben für die Kulturvernetzung Bleiben Sie gesund! Ihre Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner IMPRESSUM Vierteljahresschrift mit Reportagen, Beiträgen und Informationen zu Kultur, Geschichte, Wirtschaft, Wissenschaft und Tourismus in Niederösterreich Medieninhaber, Eigentümer, Herausgeber: Amt der NÖ Landesregierung, Landesamtsdirektion/Öffentlichkeitsarbeit Chefredakteur: Mag. Christian Salzmann, Redaktion: Mag. Rainer Hirschkorn, Grafische Gestaltung: hvkw 3109 St.Pölten, Landhausplatz 1, Telefon (02742) 9005 -12172, Fax (02742) 9005 -13550, E-Mail: presse@noel.gv.at Druck: Amt der NÖ Landesregierung, Landesamtsdirektion, Abt. Gebäudeverwaltung – Amtsdruckerei (Die Beiträge stehen in der Verantwortlichkeit der Autorinnen und Autoren und müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen) Fotos: Cover: Studio Kerschbaum, Inhalt: IST Austria, Waldviertel Tourismus/Fotostudio Kerschbaum, Daniel Hinterramskogler, Jürgen Burchhart (Sämtliche Aufnahmen entstanden unter Einhaltung der damals jeweils gültigen Covid-19-Regeln)
IST AUSTRIA: MIT RIESENSCHRITTEN ZUM WISSENSCHAFTSLEUCHTTURM FORSCHUNGS - TURBO Mit großer Beständigkeit erweitert Niederösterreich Schritt für Schritt das Institute of Science and Technology ( IST) Austria in Klosterneuburg. Jüngste Beispiele sind das neue Laborgebäude Sunstone Building am Campus, die gemeinsame Vereinbarung mit dem Bund zur langfristigen Finanzierung des Forschungsinstitutes sowie der IST-Park Klosterneuburg mit seinen Spin-off-Firmen. TEXT: JOHANNES SEITER „O b und wie sich Niederösterreich in Zukunft Jahre 2026 bis 2036 ermöglicht es, das Institut zu bewähren wird, das entscheidet sich schon heute einer Größe von etwa 1.000 Wissenschafterinnen und in unseren Hörsälen, Labors und Forschungs- Wissenschaftern auszubauen. „Niederösterreich festigt instituten. Es hängt von Kenntnissen, vom Wissen seine Qualität als Wirtschaftsstandort auch durch den und von Fertigkeiten, aber auch von den Werten und konsequenten Ausbau der Institutionen für Bildung Einstellungen ab, die wir unseren Studentinnen und und Forschung auf internationalem Niveau. Letztlich Studenten mit auf den Weg geben“, meint Landes- beruht jede wirtschaftliche Innovation auf wissenschaft- hauptfrau Johanna Mikl-Leitner zu den Ambitionen licher Forschung. Das IST Austria stärkt daher das Niederösterreichs, mit dem IST Austria zu einem noch Land“, sagt Mikl-Leitner. wettbewerbsfähigeren Wissenschaftsstandort zu werden. H I STOR I E WI SS ENSC HAFTSSTANDORT Geboren wurde die Idee vom österreichischen Quanten- Die langfristige Finanzierungszusage von Bund und physiker Anton Zeilinger beim Europäischen Forum Land in der Höhe von 3,28 Milliarden Euro für die Alpbach im Jahr 2002, als er meinte, man solle ein 04 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 05
neues österreichisches Institut für hochwertige Grund- EXZ ELLENZ S PI N-OFF lagenforschung errichten. Im Jahr 2005 wurde ein So kommt das Forschungszentrum immer mehr in Es ist wichtig, dass das große Potenzial, das in den Konzept für das Projekt vorgelegt, ein Jahr danach die Schwung und wird immer größer: Im Herbst, drei Forschungsstätten, Fachhochschulen und Universitäten rechtliche und finanzielle Basis geschaffen. So wird seit Jahre nach der Grundsteinlegung, wurde das neue ruht, für Wirtschaft und Arbeitsplätze gehoben wird. dem Jahr 2007 am Rand des nördlichen Wienerwaldes Laborgebäude Sunstone eröffnet, das auf einer Grund- Dabei spielen Gründungen aus wissenschaftlichen Ein- in Klosterneuburg nach jenen Grundlagen geforscht, fläche von über 10.000 Quadratmetern auch Platz für richtungen, sogenannte Spin-offs, eine wichtige Rolle. die langfristig gesehen die unverzichtbare Basis für eine Scientific Service Unit bietet, um die Erweiterung Ein besonders gutes Beispiel dafür ist der international jeden wissenschaftlichen, technischen und wirtschaft- der Forschungsbandbreite am IST zu ermöglichen. So ausgerichtete Venture Fonds IST cube, der seit 2017 lichen Fortschritt bilden. Ausgerichtet auf Grund- können die Bausteine des Lebens künftig in der Kern- auf dem Gelände des IST Austria in Klosterneu- lagenforschung in den Fächern Biologie, Mathematik, spinresonanz-Facility erforscht werden. Dabei werden burg angesiedelt ist und Geld in Spin-off-Firmen Physik, Chemie und Informatik, werden die Geschicke etwa die Dynamiken und Funktionsweisen von Mole- investiert. Ende 2020 hat das IST-cube-Team eine des IST Austria vom Computerwissenschafter Thomas külen, zum Beispiel von Proteinen, untersucht. Auch groß angelegte Finanzierungsrunde erfolgreich ab- A. Henzinger gelenkt. die magnetischen und elektrischen Eigenschaften geschlossen: Ab sofort stehen mehr als 40 Millionen von kleinen Teilchen können analysiert werden, um Euro bereit, um zukunftsweisende wissenschaftliche WEI ZMANN-I NSTITUT beispielsweise Quantenphänomenen auf die Spur zu Forschungsprojekte zu kommerziell erfolgreichen namhafte private Investoren bei, darunter sind Fotos: Johann Pfeiffer, Günter Filzwieser, Jürgen Burchhart, IST Austria / Magic Lemur Productions Für Mikl-Leitner sind die knapp 3,3 Milliarden Euro kommen. Unternehmen zu entwickeln. u.a. die Mitterbauer-Beteiligungs-AG und die Vienna für das IST Austria bis zum Jahr 2036 „ein Turbo für Insurance Group (VIG). die Grundlagenforschung“. Das IST Austria sei zu Beim Mix aus theoretischen und experimentellen Mit den jetzt beträchtlich aufgestockten Mitteln „wird einem internationalen Anziehungspunkt für die besten Forschungsgruppen, die im Sunstone Building der IST cube Klosterneuburg zur Spin-off-Hauptstadt ER FOLGSGESC H IC HTE Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt arbeiten werden, wird die interdisziplinäre Forschung unseres Bundeslandes machen“, meint dazu Wirt- „Zuerst müssen wir investieren, um später ernten und geworden. „Dies hat dazu geführt, dass die Wissen- weiter gefördert. IST Austria-Präsident Thomas A. schaftslandesrat Jochen Danninger. In diesem Zusam- konsumieren zu können", bekennt sich Landeshaupt- schafterinnen und Wissenschafter ihre Tätigkeit in Henzinger meint über die Besonderheit des neuen menhang verweist er auf die landeseigene Techno- frau Johanna Mikl-Leitner zu dem eingeschlagenen Klosterneuburg nicht als einen Zwischenschritt, Bauwerkes: „Das Laborgebäude 5, das sogenannte logiebeteiligungsgesellschaft tecnet equity, die eben- Weg, „wissenschaftliche Arbeit attraktiv zu machen und sondern als einen Höhepunkt ihrer Karriere sehen“, Sunstone Building, vereint vier Gebäude in einem. Es falls Risikokapital-Investments in Hightech-Unter- Forschung nach Österreich und Niederösterreich zu sagt die Landeshauptfrau. sind Forschungsgruppen, die IST Austria Graduate nehmen tätigt; tecnet equity arbeitet auch intensiv mit bringen.“ Die weitere Entwicklung des Forschungs- Der bisherige Planungshorizont bis 2026 sieht ein School, eine Kernspinresonanz-Facility sowie die dem IST cube zusammen. Daraus sind mit Ribbon standortes Niederösterreich ist für sie zugleich ein Wachstum auf 90 Forschungsgruppen vor. Vergleiche Bibliothek untergebracht.“ Jedes neue Gebäude sei Biolabs und VALANX Biotech schon zwei gemein- lohnendes Instrument, die „großen Humanressourcen“ mit anderen internationalen Spitzeninstitutionen wie für das IST Austria ein Meilenstein, und das nächste same Investments auf dem Fachgebiet Life Science zu nutzen, was den „Mut voraussetzt, das Risiko für In- dem Weizmann-Institut zeigen, dass für weltweite Sicht- Laborgebäude befinde sich bereits in Bau. entstanden, die im IST-Park Klosterneuburg ange- vestitionen einzugehen.“ Die erfolgreiche Entwicklung barkeit und nachhaltige Spitzenleistungen eine Größe Das neue Sunstone Building wird das Zuhause von siedelt sind. dieser Einrichtung, die einen enormen Turbo für von etwa 150 Gruppen notwendig ist. Heinz Faßmann, zwölf Forschungsgruppen sein, die wie alle Forscherin- „Das Motto lautet: Die Spin-offs von heute sind die den Forschungs-, Wissenschafts- und Bildungsstandort Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und nen und Forscher am IST Austria ohne thematische innovativen Leitbetriebe von morgen“, hält Danninger Niederösterreich ausgelöst habe, führe deutlich vor Forschung, meint dazu: „Mit der 15a-Vereinbarung Vorgaben ihrer wissenschaftlichen Neugier folgen fest. Von den 40 Millionen Euro für den IST cube Augen, dass die seinerzeitige Entscheidung, das Institute zwischen Land Niederösterreich und Bund, die vom werden. „Das ist eine erfolgreiche Philosophie, die stammt die Hälfte vom Europäischen Investitions- of Science and Technology Austria in Klosterneuburg Ministerrat beschlossen und von Parlament und bereits in der Vergangenheit zahlreiche Erkenntnisse fonds (EIF). 3,5 Millionen Euro steuert das Land zu gründen, „richtig, wichtig und notwendig war“, niederösterreichischem Landtag verabschiedet wurde, für die Fragen der Zukunft geliefert hat und auch Niederösterreich bei, 3 Millionen Euro die Bundes- betont die Landeshauptfrau. ■ ist es dem IST Austria nun möglich, auf diese wichtige weiterhin die Grundlagenforschung vorantreiben Förderstelle aws – Austria Wirtschaftsservice. Den Größe anzuwachsen.“ wird“, erklärt Henzinger. Rest – mehr als 13 Millionen Euro – tragen rund 20 www.ist.ac.at, www.ist-cube.com 06 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 07
LANDESSTRATEGIE 2030: DENKEN SIE BITTE AN IHRE ZUKUNFT! ZUKUNFTS- DISKUSSION Vor rund sechs Monaten wurde der Startschuss gegeben, jetzt läuft die Erarbeitung der neuen Landesstrategie Niederösterreich 2030 auf Hochtouren. So wurde im November die größte Haushaltsbefragung, die es jemals in Niederösterreich gegeben hat, durchgeführt. Und bei zwei Diskussionsveranstaltungen waren hochkarätige internationale Expertinnen und Experten zu Gast in Niederösterreich. TEXT: CHRISTIAN SALZMANN die Entwicklung dieser neuen Landesstrategie meint nen und Experten aus der ganzen Welt: Alan Webber, Mikl-Leitner: „Ein Prozess, der wahrlich einzigartig Bürgermeister von Santa Fe in New Mexico, und in Österreich ist und der vor allem auch so gestaltet George Njenga, Rektor der Strathmore Business School ist, wie wir das in Niederösterreich für gut, wichtig in Kenia, kamen dabei ebenso zu Wort wie Eser Sevinc und richtig erachten. Nämlich im Miteinander aller Manav, die General Managerin von Coca Cola für Parteien, die in der Landesregierung vertreten sind, Zentraleuropa, und Paul Lee, ehemaliger CEO auf Basis wissenschaftlicher Grundlagen und unter Ein- der ABC Entertainment Group. bindung nationaler und internationaler Expertinnen und Experten.“ ZUKUNFT DI S KUTI ER EN Die Austragungsorte der beiden Zukunftsdiskussionen EXPERTEN HÖR EN wurden nicht zufällig gewählt, erläutert Landeshaupt- Diese Expertinnen und Experten sind es auch, die frau Mikl-Leitner, es seien dafür „besonders spannende in Form mehrerer Zukunftsdiskussionen intensiv in die Orte in Niederösterreich“ ausgewählt worden. „Unser Erarbeitung der neuen Landesstrategie eingebunden Auftrag lautet, global zu denken und regional zu werden sollen. Bei den ersten beiden derartigen Veran- handeln. Dabei ist uns der Flughafen Vorbild und „D enken Sie bitte an Ihre Zukunft und jene der BÜRGER BEFRAGEN staltungen ist dies schon sehr gut gelungen. So waren Inspiration zugleich.“ Und auch Grafenegg, der zweite Kinder von heute in Niederösterreich. Was ist Für Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ist diese im September am Flughafen Wien-Schwechat der ehe- Veranstaltungsort, könne hier wichtige Impulse geben: aus Ihrer Sicht für ein besseres Leben wichtig?“. Befragung der Bürgerinnen und Bürger nichts weniger malige deutsche Vizekanzler, Umwelt-, Wirtschafts- und „Grafenegg ist nicht nur bekannt dafür, dass hier Kultur Diese Frage wurde den Niederösterreicherinnen als das „Herzstück unseres Zukunftsprozesses“. Denn Außenminister Sigmar Gabriel sowie die Fernseh- auf Kulisse trifft und dass es hier einen Spannungs- und Niederösterreichern im Rahmen des größten „eine Landesstrategie ohne Einbindung der Landsleute moderatorin, Buchautorin und Journalistin Nina Ruge bogen zwischen Geschichte und Moderne gibt. Grafen- je in Niederösterreich initiierten Bürgerbeteiligungs- – das wäre wie ein Gulasch ohne Saft“, zitiert sie zu Gast. Im November folgten in Grafenegg der egg steht auch dafür, wie man aus einer Vision Wirk- prozesses gestellt. Denn im Zuge der Entwicklung hier einen in Niederösterreich nur allzu bekannten Schweizer Trendforscher, Autor und Speaker David lichkeit machen kann,“ betont sie. der neuen Landesstrategie Niederösterreich 2030 Vergleich. Dem stimmt auch LH-Stellvertreter Franz Bosshart sowie die deutsche Autorin und Politikerin wurden im November über 800.000 Fragebögen an die Schnabl zu, der meint, die Beteiligung der Niederöster- Diana Kinnert. Moderiert wurden beide Veranstaltun- Die Arbeit an der Vision „Landesstrategie Niederöster- niederösterreichischen Haushalte verschickt, um die reicherinnen und Niederösterreicher sei „wahrschein- gen von Gustav Dressler und Steffi Burkhart, der Leite- reich 2030“ geht daher intensiv weiter. Schließlich gilt Meinungen und Ideen der Landsleute abzufragen – lich die wichtigste Säule“ der Zukunftsstrategie des rin des Zukunftsfeldes „Opinion leader“, während es Antworten auf die fünf großen Fragen zu finden, Fotos: Johann Pfeiffer, Günter Filzwieser und natürlich war eine Teilnahme auch online möglich. Landes. Und auch Landesrat Gottfried Waldhäusl hält die beiden anderen Zukunftsfelder „Bürgerbeteiligung“ die man sich im gesamten Prozess zur neuen Mittels einer Skala von „Sehr“ bis „Gar nicht“ konnten zur Haushaltsbefragung fest, für ihn sei es „selbstver- von Peter Filzmaier und „Wissenschaft“ von Christoph Landesstrategie stellt: Wovon leben wir morgen? alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei ihre ständlich, dass wir bei dieser Strategie die Landsleute Badelt geleitet werden. Wie leben wir morgen? Worauf achten wir morgen? Meinung zu Fragen nach der Bedeutung von Themen mitnehmen“. Bei der Diskussion mit Gabriel und Ruge standen – Wer wollen wir morgen sein? Wie organisieren wir uns wie Arbeitsplätze, Wirtschaftsstandort, Qualifzierung, Es gehe darum, Zukunftsfelder zu definieren, die den durchaus auch kontroversiell – vor allem die Themen morgen? Die nächste Zukunftsdiskussion ist bereits Angebote für Kinder und Jugendliche, Zusammenleben Menschen wichtig sind, betont die Landeshauptfrau Arbeit und Wirtschaft im Fokus, mit Bosshart und für den Jänner 2022 geplant, zwei weitere sollen in von Jung und Alt, Umwelt und Klima, Kunst und im Hinblick auf die Haushaltsbefragung, aber auch im Kinnert konnte man einen Blick in die großen den Monaten darauf folgen. Die große Abschluss- Kultur, Sport und Bewegung, Mobilität und Verkehr Blick auf die gesamte Zukunftsstrategie, die unter dem Zukunftstrends werfen. Erweitert wurde die internatio- veranstaltung ist für den Herbst nächsten Jahres sowie vielen weiteren mehr abgeben. Motto „Mein Land denkt an morgen“ steht. Über nale Perspektive durch Videostatements von Expertin- vorgesehen. ■ 08 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 09 Konzert im Kaiserhaus Beethovenhaus
SKIFAHREN GANZ OHNE ZIRKUS IM WALDVIERTEL PISTENZAUBER Wer an Skisport und Österreich denkt, der sieht meist unweigerlich die Pisten in den alpinen Bundesländern von Salzburg bis Vorarlberg vor sich. Nicht in erster Linie kommt einem dabei Niederösterreich in den Sinn, obwohl hier u.a. am Ötscher, am Hochkar und im Semmering- und Wechselgebiet beachtliche Skiregionen zu finden sind. Aber kaum jemand wird das Skifahren mit dem Waldviertel in Verbindung bringen – außer natürlich all jene, die hier Skifahren gelernt haben, und das sind gar nicht so wenige. Denn im nördlichen Waldviertel zeichneten so manche ihre ersten Bögen in den Schnee, stemmten die Knie zusammen, versuchten, dem Rutschen eine Richtung zu geben, und freuten sich mit steigender Begeisterung über zunehmenden Erfolg. TEXT: THOMAS SAMHABER I m Waldviertel, und zwar dort, wo man wirklich aufkommenden Skibegeisterung der 1950er-Jahre „oben“ ist, geschieht alle Jahre rund um Weihnachten junge Burschen die Materialseilbahn auf den Arra, um die Verwandlung von landwirtschaftlich geprägten, sich auf den Berg (manche sagen freilich Hügel dazu) ruhigen Dörfern in bunte und dicht bevölkerte kleine bringen zu lassen und dann mit den Skiern zu Tal Skiparadiese. Ein bisschen erinnert es an die Landung zu fahren. Als Toni Sailer 1956 in Cortina seine drei von Außerirdischen, wenn sich die Parkplätze füllen Olympia-Goldenen holte, baute der Höher-Wirt diesen und aus den Fahrzeugen kleine grellleuchtende Ge- Aufzug zu einem richtigen Bügellift um, einem der stalten aussteigen, mit bunten Helmen und über- ersten weit und breit. Dementsprechend erfolgte die dimensionalen Kunststoffstiefeln, an die wenig später Einweihung voller Stolz und mit geistlichem Segen. färbige Bretter geschnallt werden. 1971 wurden die Arra-Lifte in eine eigene Gesellschaft Drei Skidörfer sind hier im nördlichen Waldviertel zu umgewandelt, die mit der Errichtung einer Flutlicht- nennen: Schon nahe an der tschechischen bzw. ober- anlage und dem Einsatz von Schneekanonen – die österreichischen Grenze liegen Kirchbach, Karlstift hatten damals manche Tiroler Skizentren noch nicht – und Harmanschlag. Hier fällt mehr Schnee als anders- weiterhin zu den Pionieren, und das weit über die wo, er kommt früher und bleibt länger liegen. Aber Region hinaus, zählte. auch dann, wenn das malerische und für den Skisport Untrennbar verbunden ist die Erfolgsgeschichte des unabdingbare Weiß fehlt und die Landschaft auch zur Liftes in Harmanschlag mit dem Namen des ehemali- Winterszeit grünt, wird mit großen Anstrengungen und gen Langzeit-Geschäftsführers Helmut Minichshofer, modernen Beschneiungsanlagen nachgeholfen, um für der über Jahrzehnte leidenschaftlich und energisch für die vielen Besucher richtig schöne Pisten auszubreiten. den Lift kämpfte und dabei persönlich darauf achtete, dass keine Liftbügel unbesetzt blieben: „Paarweise ein- TRADITION steigen!“ war sein Slogan, und so begegnete er den Der Skisport in diesen Dörfern ist aber keine moderne ersten Snowboardern, die je einen eigenen Bügel für Erscheinung – modern war man hier schon anno sich in Anspruch nahmen, naturgemäß mit Skepsis. dazumal. In Harmanschlag zum Beispiel nutzten in der Heute werden die Arra-Lifte von einem jungen Team 10 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 11
rund um Geschäftsführer Peter Weinberger und Be- hier die einzige Naturrodelbahn im Waldviertel, auch triebsleiter Rainer Poiss professionell und nach wie vor sie hat schon eine lange Geschichte. Seit über 50 Jahren mit großer Begeisterung geführt. wird sie vom WSV Reichenau am Freiwald betrieben, In Kirchbach bei Rapottenstein war man mit der Lift- sie ist über einen Kilometer lang und sogar Schauplatz errichtung auch sehr früh dran. Hier war es der junge internationaler Rennen. sportbegeisterte Volksschullehrer Wolfgang Kupsa, der In Harmanschlag fühlen sich nicht nur bis zu 1.200 Gleichgesinnte fand und mit Beharrlichkeit den Traum Kinder, die pro Saison die zahlreichen Skikurse eines Skiliftes auf 700 Metern Seehöhe verwirklichte. besuchen, gut aufgehoben, auch die Snowboarder Am 8. Jänner 1967 erfolgte die Eröffnung des ersten schätzen den Hang mit seinen Flach- und Steilstücken, Umlauf- Schleppliftes im Waldviertel, die sogar Landes- während sich auf den Schanzen die Freestyler austoben hauptmann Andreas Maurer persönlich vornahm. können. Viele Menschen aus der Umgebung nutzen Nach Abnahme des Publikumszuspruchs und schwieri- nach der Arbeit die Flutlichtabende noch für ein paar gen Jahren stand man vor der Schließung. Hopp oder Schwünge - und das schon seit einer Zeit, als After- dropp: Man entschied sich für den mutigen Weg einer Work-Sport noch ein Fremdwort war. völligen Neugestaltung. 2001 übernahm ein eigener Auch das Skidorf Kirchbach beweist mit Einsatz Verein rund um Franz Jahn die Geschäfte, das hoch- und Originalität, dass kleine Lifte keineswegs Auslauf- motivierte Team modernisierte die Anlage, veranstal- modelle oder museale Erscheinungen sind – wie zum tete Skikurse und Rennen, sorgte für die Gastronomie Beispiel die besuchenswerte Brettersäge in Kirchbach. und brachte den kleinen Lift wieder in die Erfolgsspur. Sie sind im Gegenteil sehr lebendige, frequentierte Frei- zeitstätten mit hohem Unterhaltungwert, in Kirchbach Karlstift verfügt über die längsten Abfahrten im Wald- sogar mit der Möglichkeit, sich am „Big-Horse-Tower“ viertel. Sechs Kilometer Skipisten und drei Lifte, von im Eisklettern zu üben. denen die Besucher bis auf 1.040 Meter Seehöhe ge- bracht werden, stehen am Aichelberg zur Verfügung. GEM EI NSAM KEITEN Fotos: Waldviertel Tourismus/Studio Kerschbaum, Gemeinde Bad Großpertholz, ILD Temper-Samhaber, Skidorf Kirchbach, FVV Harmanschlag, Günter Filzwieser Und auch hier gehen die Anlagen auf die 1960er-Jahre Was alle diese Wintersportgebiete verbindet und zurück, die Gemeinde und die Gutsbesitzer Pfleiderer ihnen hoch anzurechnen ist: Sie alle leisten einen waren hier die Motoren. 1966 beschloss der Gemeinde- ungemein wichtigen Beitrag für das soziale Leben in rat die Errichtung, im Dezember 1969 kam dann recht- der Region, für wirtschaftliche Wertschöpfung, touristi- zeitig vor Saisonbeginn die Betriebsgenehmigung von sche Angebotserweiterung, die Vermittlung von Freude der Bezirkshauptmannschaft. Erster Geschäftsführer am Skisport und damit unverzichtbare Nachwuchs- war Theodor Pfleiderer, zehn Jahre später folgten arbeit. die Bürgermeister Heinrich Weichselbaum und Josef Was sie auch verbindet, ist die familiäre, weitgehend Jansen. Seit 2008 wird der Lift nun privat von Wolfgang stresslose und obendrein kostengünstige Form des Landl und seinem eingespielten Team erfolgreich Skifahrens. Wenn man im Stubaital oder in Zell am See betrieben. nach der Parkplatzsuche, den Fußmärschen, dem Anstellen in Menschenschlangen und den langen R EGIONAL – I NTER NATIONAL Seilbahnfahrten endlich mit dem Skifahren beginnen Als in den Dezembertagen 1989 die Grenzen zu kann, legt man im Waldviertel nach zehn Abfahrten unserem tschechischen Nachbarland aufgingen, öffnete schon die erste Pause ein. dieses seltene historische Wunder auch den Wald- viertler Skiliften den Zugang zu einer völlig neuen Ziel- gruppe. Die Menschen im kaum eine Autostunde ent- ˇ fernten Ceské ˇ Budejovice, das fast so viele Einwohner wie das gesamte Obere Waldviertel hat, schätzen die Wintersportangebote in der Nähe. Und manche Kinder können nach dem Wochenendausflug in das Wald- viertel in der Schule stolz sagen, sie waren in Österreich Skifahren. Schon sehr früh erkannten das zum Beispiel die Lifte in Harmanschlag und verbreiteten ihre Werbung in ganz Südböhmen in tschechischer Sprache. Heute sind Menschen aus Tschechien beim Personal ebenso wie bei den Gästen selbstverständlicher Teil einer gelebten Nachbarschaft. Und die Angst, dass man seinen im Skiparadies ver- irrten Sprössling verzweifelt suchen muss, braucht man BESONDER H EITEN hier auch nicht zu haben, denn im Waldviertel führen Jedes dieser Skigebiete verfügt neben einem professio- alle Abfahrten zu einem netten Gasthaus wie der Karl- nellen Gästeservice, modernen Beschneiungsanlagen stifterhütte oder dem Kirchbochstodl. In Harmanschlag und Flutlicht über seine ganz persönlichen Qualitäten. kann man sogar wählen und den Einkehrschwung zum So sind bei den Aichelbergliften in Karlstift spezielle Arrahof oder ins 50 Meter entfernte Schwingerl lenken Angebote für Kinder und die Nähe zu den ausgedehn- – also durchaus überschaubar. Skifahren ganz ohne ten Langlaufloipen zu erwähnen. Zudem findet sich Zirkus eben. www.waldviertel.at/skifahren ■ 12 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 13
„WILDNIS STADT“ IM HAUS FÜR NATUR IM MUSEUM NIEDERÖSTERREICH GROSSSTADT- DSCHUNGEL Die Definition – zwischen unbeeinflusster Naturlandschaft und furchteinflößender Stätte der Unbehaustheit – mag nicht eindeutig sein, klar ist aber, dass sie in Niederösterreich heuer groß im Kommen ist. In Lunz am See bewohnt die Wildnis, stellvertretend für das Naturreservat Dürrenstein, seit Mitte Mai ein eigenes Haus, Anfang Oktober ist sie dann auch ins Museum eingezogen: Das Haus für Natur im Museum Niederösterreich in St. Pölten präsentiert bis Anfang 2023, wann immer es die CoV-Maßnahmen zulassen, die „Wildnis-Stadt“. TEXT: RAINER HIRSCHKORN A propos Definition: Eine Großstadt sollte zwar die Stadt tatsächlich ist und wie viele verschiedene mindestens 100.000 Einwohner beherbergen, Lebensräume sie dennoch bietet – etwa den Pflanzen- das Haus für Natur beschränkt sich aber in pionieren wie Breit- und Spitzwegerich, Gänse- seiner Schau über urbane Flora und Fauna bewusst blümchen oder Löwenzahn, den klassischen Über- nicht auf die Landeshauptstadt, wenngleich diese mit lebenskünstlern. Dass sie kein Unkraut, sondern nütz- vielen Fotos, Videos und Geschichten durchgehend liche Heilmittel (der Spitzwegerich etwa gegen Insekten- prominent ins Bild gerückt ist. „Mitteleuropäische stiche) sind, vermittelt hier erstmals ein QR-Code, Städte gehören zu den artenreichsten Orten über- dessen Dekodierung weiteres Wissenswertes wie zum haupt“, sagt Ronald Lintner, wissenschaftlicher und Beispiel Rezeptideen für zu Hause zu Tage fördert. zoologischer Leiter des Hauses, Verantwortlicher für den Bereich Naturkunde der Landessammlungen LOSUNGEN UND LÖSUNGEN Niederösterreich und Kurator der Schau. So wie die QR-Codes die gesamte Ausstellung durch- ziehen, folgt man stets auch Tierspuren, wobei man TIGER, LÖWEN UND BÄR EN am Boden immer wieder auch Kotmodelle findet, die Er macht deutlich, dass Stadt nicht nur Häuserschluch- entsprechend zuzuordnen sind (bei einem besonderen ten, Faltbeton und Autoschlangen bedeutet, sondern „Prachtexemplar“ eines Hundstrümmerls, erzählt auch einen Hotspot für Pflanzen und Tiere, denen der Kurator mit schelmischem Lächeln, sei es anfangs Grünstreifen, Blumeninseln, Brachflächen, Parkan- besonders schwierig gewesen, das schockierte Reini- lagen, Keller, Hausfassaden und Dachböden ein Mosaik gungspersonal fernzuhalten). an Lebensräumen bieten. Freilich geht es in „Wildnis Zu erraten gibt es – freilich auf eine weniger drastische Stadt“ nicht nur um die Tiere und Pflanzen, sondern Art – natürlich auch für Kinder genug: Die Eule Poldi, auch um Themen wie Artenschutz, Biodiversität und das Museumsmaskottchen, begleitet ebenfalls ab den Umweltbildung. „Augen auf! Wer mit offenen Augen Gänseblümchen durch die Schau und lädt zu verschie- durch eine Stadt geht, kann jeden Tag etwas Neues denen Rätseln und Spielen ein. So zeigt ein Steckspiel sehen“, appelliert Lintner, empfiehlt die Ausstellungs- über Ersatzlebensräume (wie Nische statt Höhle, Häuser- broschüre als handlichen Führer durch den Naturraum statt Felsschlucht), was die Tiere in der Stadt sehen, Stadt und verspricht Begegnungen mit Tigern, Löwen erklingen – wenn schon nicht Amsel, Drossel, Fink und und Bären. Star, so doch – die Stimmen von Buchfink, Kohlmeise Solcherart neugierig geworden, betritt man die Aus- und Lachmöwe, sprechen verschiedene Nagespuren stellung und wird zunächst mit einer Luftbildaufnahme gegen jede Beißhemmung, veranschaulicht ein Magnet- St. Pöltens konfrontiert, die deutlich macht, wie verbaut spiel, wer wo wohnt, bringt ein hochgehobener Holz- 14 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 15
scheit – zumindest via Bildschirm – allerlei Krabbel- die Ausstellungsmacher zu der Frage „Knappe Kost WI LDNI S STATT STADT auch die Glühwürmchen: Die Männchen der Großen wesen zutage, erklärt ein Federspiel, welche Feder zu trotz bester Lage?“: Untersuchungen haben gezeigt, Dass es manchmal auch skurrile Blüten treibt, wenn Glühwürmchen fliegen übrigens, ohne zu leuchten, die welchem Vogel gehört, und erzählen schließlich die dass Nestlinge in der City blasser und weniger „fit“ als Wildtiere die Stadt erobern, zeigt ein Film von „Wiener männlichen Kleinen Gühwürmchen leuchten im Flug, Wildtiere selbst in einem Kriechtunnel ihre Version am Stadtrand sind. Das liegt am Stress ebenso wie an Wildnis“ in der Videoecke, in dem ein Feldhamster das und die Weibchen beider Arten locken mit ihrem vom Leben in der Stadt. der „Stadtnahrung“. Wachs aus Friedhofskerzen frisst. Dieser „Friedhofs- Leuchten die Männchen an. Gleich daneben themati- hamster“ – Ronald Lintner weiß von Exemplaren, die siert eine Straßenlaterne die Lichtverschmutzung in der STADT-LAND-TI ER STADT STATT WI LDNI S sich dabei die Backen derart vollgestopft haben, dass sie Stadt und die Auswirkungen von künstlicher Beleuch- Wobei sich dieses Stadtleben im Haus für Natur in viele Die Fütterung etwa von Tauben (in der Schau ist die Be- aus dem Kerzenbehälter nicht mehr so einfach heraus- tung, während ein Fledermaus-Quiz u. a. danach fragt, – durchgehend mit Dioramen inklusive Klappsystemen zeichnung „Ratten der Lüfte“ mit einem Fragezeichen gekommen sind – ist freilich nicht der Einzige, der in- wo sie sich in der Stadt besonders wohlfühlen und und Kurzvideos veranschaulichte - Lebensräume versehen) führt zum Themenblock der Konfliktfelder, mitten der „Ewigen Ruhe“ sehr aktiv ist: Auch für Rehe, wie sie sich in der Dunkelheit orientieren. Bevor es dann gliedert: den Baum und die Blumeninsel (mit einer die in der „Wildnis Stadt“ zwangsläufig auftreten – der Hasen, Äskulapnattern, Krähen, Dohlen und viele in der „Wildnis Stadt“ vollends finster wird, lässt brütenden Ente im Hochbeet in Balkonien), den Dach- Steinmarder etwa, der bestimmte Teile parkender Autos weitere Tiere erweist sich der Friedhof tatsächlich als sich noch mittels bereitliegender Taschenlampen an boden mit seinen Dohlen und Siebenschläfern, den zum Fressen gern hat, der Biber, der als Ökoingenieur Lebensretter. den schwarzen Wänden so manches versteckte Tier Balkon mit seinen Marienkäfern und Kohlmeisen bei der Auswahl seines Baumaterials nicht zimperlich Neben den Begräbnisstätten führt ein mit Präparaten entdecken. („Kein Balkon ist zu klein für Maßnahmen zur Be- ist, der Specht, der die Hausfassade aufklopft, der Vogel, von Damhirschen, Muflons, Wildschweinen, Hühnern „Was braucht man für Naturbeobachtung?“, fragt wahrung der Artenvielfalt!“, unterstreicht Lintner), die der trotz Greifvogelsilhouette gegen die Glasscheibe und Exoten wie Schmuckschildkröten oder Mandarin- Ronald Lintner abschließend und gibt mit „Lust, Fassade mit ihren Mauerseglern, die Brache mit ihren knallt. Freilich verlässt man den Raum nicht, ohne mit enten bestückter Raum auch zu den Hausgärten, Parks Zeit und ein paar einfache Tipps“ gleich auch selbst Wildkaninchen und ihrem Schmetterlingsflieder, das Tipps und Lösungsvorschlägen versorgt worden zu und Wasserflächen. Dazu zeigen zwei Naturfilme die Antwort. Genug davon hält die neue Ausstellung Begleitgrün mit seinen Heuschrecken und Stadt-Cham- sein: eine Kollektion unterschiedlicher Muster zur Ver- das Leben im und am kühlen Nass – Eisvögel an der im Haus für Natur in jedem Fall parat. Und die Tiger, pions und nicht zuletzt die Bahndämme als wichtige meidung von Glaskollisionen (die Silhouetten von Traisen und Graureiher am Viehofner See inklusive. Löwen und Bären? Die hat man tatsächlich auch Verbreitungskorridore. Raubvögeln funktionieren nicht, es geht immer auch gesehen – wenn auch in Gestalt von Tigerschnegeln, Zwei Lebensräume sind sogar mit lebenden Tieren – um die Spiegelungen z. B. von Bäumen, weiß Lintner), WER WAC HT I N DER NAC HT? Ameisenlöwen und Bärtierchen. Aber auch sie spielen seit 2020 hat das Haus für Natur ja eine Genehmigung Tipps, was mit einem verletzten Vogel zu tun ist, wenn Besonderes Augenmerk wird dann noch auf die eine wichtige Rolle in der „Wildnis Stadt“ ... ■ Fotos: Daniel Hinterramskogler als Zoo der Kategorie A – bestückt: mit Zitterspinnen es doch einmal gekracht hat (der Tierschutzverein „Nachtschwärmer“ gelegt, wenn ein Multimediaraum und besonders putzigen Waldmäusen mit ihren St. Pölten versorgt pro Jahr rund 600 Wildtiere), die „Wildnis Nacht“ ans Licht bringt und das nächtliche charakteristischen großen Augen und Ohren. Die Ersatzquartiere zwischen Mai und August für den Treiben von Dachsen, Füchsen, Kaninchen, Fröschen Turmfalken in der Schau bekommt man hingegen nur Sommergast Mauersegler, Sommerquartiere für den und Konsorten in Wien zeigt. Ein besonders possier- Ausstellungsdauer: bis 12. Februar 2023; in einem Film zu sehen, aufgenommen in ihrer Nist- Dachstuhlbewohner Fledermaus, im Mauerbereich fix liches Beispiel stammt freilich aus St. Pölten - ein Biber, reguläre Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag höhle im Karl-Marx-Hof in Wien. Dass in der Bundes- integrierte Nistkästen oder künstliche Nester für die der nachts um 2 Uhr mitten auf der Straße von einem bzw. Feiertag von 9 bis 17 Uhr; hauptstadt bis zu 400 Brutpaare gezählt werden, führt Mehlschwalben nach einer Fassadensanierung. Autofahrer gefilmt wurde. Nicht fehlen dürfen hier www.museumnoe.at. 16 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 17
GRENZÜBERSCHREITENDES GESUNDHEITSZENTRUM „HEALTHACROSS“ IN GMÜND GRENZ- VERKEHR Direkt an der südböhmischen Grenze wird im Waldviertel die Gesundheitsversorgung großgeschrieben: In Gmünd ging vor wenigen Wochen das „Healthacross“-Gesundheitszentrum in Betrieb, in dem sowohl tschechische als auch österreichische Patienten medizinisch aufs Beste betreut werden. TEXT: PHILIPP HEBENSTREIT samen Lebens- und Wirtschaftsräume. Das neue ‚Health- direkt an der Grenze zu Tschechien war im Frühling across‘-Gesundheitszentrum ist so ein gemeinsamer 2019. Danach wurden 104 Stahlpfähle für den Holz- Arbeits- und Lebensraum“, erklärte Landesrat Martin riegelbau in den Boden getrieben, die Holzfassade Eichtinger. Und Gmünds Bürgermeisterin Helga wurde heuer im Frühling fertiggestellt. Gefördert wurde Rosenmayer ergänzte: „Menschen wollen dort leben, das 2,5 Millionen Euro teure Bauvorhaben durch Mittel wo es auch eine gute Gesundheitsversorgung gibt. Für des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Ent- unsere Region – und ich betrachte das Waldviertel und wicklung des ländlichen Raumes; errichtet wurde das Südböhmen als eine Region – konnte mit dem ‚Health- Gebäude von der Stadtgemeinde Gmünd. across‘-Gesundheitszentrum in Gmünd ein einzig- artiges Projekt umgesetzt werden. Ich freue mich riesig VER BI NDEND und danke allen, die dazu beigetragen haben.“ Begonnen hat alles mit „Healthacross for future“, einem INTERREG-Projekt der Initiative „Healthacross“, in AR BEITS PLATZ deren Rahmen das Gesundheitszentrum geplant Rund 40 Menschen sollen hier im Vollbetrieb arbeiten. wurde. Elke Ledl, die Leiterin von „Healthacross“, er- Die Ordinationen der Hausärzte mit Ordinations- innert sich: „Kooperationen von Nachbarn verbessern die assistentinnen und einer Krankenpflegerin haben be- Versorgung der Menschen über die Grenzen hinweg. reits uneingeschränkt geöffnet, die weiteren Mieterin- Ressourcen können gemeinsam genutzt werden, M ehr als 400 Kilometer lang war der Eiserne grenzüberschreitenden Gesundheitszentrums in nen und Mieter ziehen nach und nach ein. Von Anfang Erfahrungen und Wissen ausgetauscht werden – wie Vorhang zwischen Niederösterreich und der Gmünd wird eine solche Vision der Zusammenarbeit an mit dabei war Manfred Mayer, der Manager man es neben dem Waldviertel und Südböhmen auch ehemaligen Tschechoslowakei. Jahrzehnte- mit Südböhmen wahr. Für die Menschen auf beiden des „Healthacross“-Gesundheitszentrums in Gmünd. in unseren weiteren Kooperationen zwischen dem lang waren die Menschen nördlich und südlich dieser Seiten der Grenze startet damit ein neues Angebot „Besonderen Wert haben wir bei der Planung darauf Weinviertel und Südmähren, Hainburg und Bratislava Grenze voneinander getrennt, obwohl die Nachbarn oft an ärztlicher, pflegerischer und therapeutischer gelegt, dass für die Menschen in der Region Dienstlei- sowie Wiener Neustadt und Sopron sieht.“ nur wenige Meter voneinander entfernt gelebt haben. Versorgung“, betonte Landeshauptfrau Johanna Mikl- stungen entstehen, die auch benötigt werden und den Und wo früher Menschen unter Todesangst über die Leitner bei der Eröffnung. Menschen tatsächlich helfen“, verrät er. Und so gibt Mit der Eröffnung des „Healthacross“-Gesundheits- Grenze nach Österreich geflüchtet sind, wird heute In das gleiche Horn blies auch der tschechische Ge- es im Gesundheitszentrum einen Kinderarzt, eine zentrums wurde nun auch das Projekt „Healthacross for für die Menschen der Region zusammengearbeitet: sundheitsminister Adam Vojtech,ˇ der den großen Sinn Hebamme und eine Ergotherapeutin, einen Facharzt future“ erfolgreich abgeschlossen, das vor zwei Jahren Im „Healthacross“-Gesundheitszentrum im direkten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unter- für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, zwei Ortho- beim „INTERREG Project Slam“ der Europäischen Grenzgebiet zwischen Gmünd und Ceské Velenice strich: „Es hat sich ja gezeigt, dass Gesundheit keine päden, fünf Physiotherapeutinnen bzw. -therapeuten Union in Brüssel unter 50 Einreichungen den dritten helfen sich Österreicher und Tschechen gegenseitig. Grenzen kennt. Auch Corona kennt keine Grenzen. und einen Neurologen. Auch eine Psychotherapeutin, Platz erreichte. Welchen Stellenwert dieses Projekt hat, Und: Beim Tornado haben unsere Kollegen aus Öster- eine Logopädin, eine ADHS-Lerntrainerin, ein Trainer unterstreicht auch EU-Gesundheitskommissarin Stella VI S IONÄR reich tatkräftig mitgeholfen.“ für Kinder, ein Laserstudio-Fachmann und weitere Kyriakides: „Die Initiative ‚Healthacross‘ ermöglicht eine „Wenn Regionen gemeinsam grenzüberschreitend Experten werden hier tätig sein. Sie alle werden sich grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung für die Fotos: Philipp Monihart denken und grenzüberschreitend zusammenarbeiten, LEBENSWERT um Patientinnen und Patienten aus Österreich und Menschen im Grenzraum von Niederösterreich und kann aus der Vision einer grenzenlosen Versorgung „Die Erfolge der Kohäsionspolitik der EU sind Erfolge, Tschechien kümmern, wobei für letztere durch das auch Tschechien. Das grenzüberschreitende Gesundheits- Realität werden. Die Initiative ‚Healthacross‘ hat die eine gesamte Region betreffen, wie hier in Gmünd. aus Tschechien stammende medizinische Personal die zentrum in Gmünd repräsentiert die Werte Europas sich seit fast 15 Jahren dem grenzüberschreitenden Sie fördern die Infrastruktur, Investitionen in Forschung Sprachbarriere wegfällt. Spatenstich auf dem über 600 und ist ein Vorzeigebeispiel für Gesundheitskoopera- Gedanken verschrieben. Mit der Eröffnung des ersten und Wissenschaft, Arbeitsplätze – einfach die gemein- Quadratmeter großen Areal in der Bleylebenstraße tionen über die Grenzen hinweg.“ ■ 18 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 19
KLIMASCHUTZ IN NIEDERÖSTERREICH ENERGIEWENDE Niederösterreich hat bereits vor Jahren den Weg in Richtung Energiewende eingeschlagen, wie zahlreiche Weichenstellungen und Maßnahmen der jüngeren Vergangenheit unter Beweis stellen. Auch künftig will das Land diesen Weg entschlossen weitergehen. TEXT: MANUELA EICHINGER- HESCH D er Schutz des Klimas ist eine der großen zehnte Pkw auf Niederösterreichs Straßen elektrisch globalen Herausforderungen der Menschheit. unterwegs sein soll, ab 2030 sogar jeder fünfte. Die Folgen eines diesbezüglichen Nichthandelns Zur Erreichung dieser Fahrplan-Ziele hat das Land im sind zwar noch nicht so augenscheinlich wie bei Anschluss das NÖ Klima- und Energieprogramm 2030 der Corona-Pandemie, dafür aber von nicht weniger erstellt, das von der Abteilung Umwelt- und Energie- enormer Tragweite: Dürrekatastrophen, Waldbrände wirtschaft koordiniert wird. Erstmals soll den Aus- und das Schmelzen des Grönlandeises sind nur einige wirkungen des Klimawandels auf zwei Schienen be- Beispiele. Auch in Niederösterreich ist – mit dem Borken- gegnet werden: erstens durch Emissionsreduktion den käferbefall der Fichten in letzter Zeit – bereits ein Temperaturanstieg beschränken und so unbeherrsch- Vorbote der Klimakrise sichtbar geworden; Hitze und bare Folgen vermeiden, zweitens die Auswirkungen des Trockenheit haben auch bei uns stark zugenommen. Klimawandels durch Anpassung beherrschbar machen. Klimaschutz und Klimawandel-Anpassung sind also DI E WEIC H EN S I ND GESTELLT untrennbar verbunden, daher vereint man erstmals Daher ist jede Region der Erde gefordert, das ihre zu tun. Maßnahmen aus beiden Sektoren in einem gemein- Das Land Niederösterreich fokussiert sich seit mehreren samen Umsetzungsprogramm. Ein Beispiel: Die Wärme- Jahren auf dieses Thema und ist dabei schon vielfach dämmung von Gebäuden reduziert die erforderliche aktiv geworden. So kann etwa seit 2015 der gesamte Heizenergie und schützt so das Klima. Gleichzeitig ver- landesweite Strombedarf bilanziell zu 100 Prozent aus hindert ein derart saniertes Gebäude die Überhitzung erneuerbarer Energie gedeckt werden. Weitere große der Räume in heißen Sommern. Diese gemeinsame Schritte waren 2019 das Verbot von Ölheizungen in Betrachtung hilft, Fehlanpassungen zu vermeiden. Eine Neubauten oder das Aus für das letzte Kohlekraftwerk solche wäre die Anschaffung eines Kühlgeräts, das zwar im Bundesland. gegen Hitze wirkt, durch zusätzlichen Energieverbrauch Die Voraussetzungen, den erfolgreichen Weg der blau- aber das Klima weiter anheizt. gelben Energiewende weiter zu beschreiten, sind gut: Dieses Klima- und Energieprogramm 2030 stellt Man verfügt über große erneuerbare Energiepotenziale, einen klaren Arbeitsauftrag für die Landesverwaltung innovative Unternehmen, motivierte Gemeinden, dar, dazu zählt auch, selbst Vorbild im eigenen Tun engagierte Bürger und Bürgerinnen sowie eine ebenso zu sein, die vorhandenen Kompetenzen unseres engagierte Landesverwaltung. Von letzterer wurden Bundeslandes im Sinne unseres Klimas zu nutzen und im Auftrag der Landesregierung in den vergangenen außerhalb der Landes-Zuständigkeiten auf die Bundes- Monaten konkrete Instrumente erarbeitet und Maß- ebene einzuwirken. nahmen gesetzt, die gewährleisten sollen, dass es im Land energietechnisch positiv weitergeht. Es handelt H EH R E Z I ELE sich dabei um den NÖ Klima- und Energiefahrplan, das Die nächsten Schritte der blau-gelben Energiepolitik NÖ Klima- und Energieprogramm sowie um diverse zum Klimaschutz lauten: die Landesverwaltung bis 2035 praktische und bewusstseinsbildende Projekte. klimaneutral machen, fossile Ölheizungen im Bestand konsequent ersetzen, die Stromgewinnung aus PV-An- PROGRAM M NAC H FAH R PLAN lagen verzehnfachen, Treibhausgas-Emissionen bis 2030 Am 13. Juni 2019 wurde vom NÖ Landtag zunächst der um 36 Prozent reduzieren, verstärkt auf E-Mobilität Klima- und Energiefahrplan beschlossen. Dabei geht es setzen und der Bevölkerung mittels Mobilitätsgarantie vor allem um die Abkehr von fossilen Energieträgern, den Zugang zur öffentlichen Mobilität gewährleisten. die für rund drei Viertel aller Emissionen verantwortlich Gleichzeitig will man sich im Hinblick auf den Klima- sind. Der Fahrplan umfasst hierzu eine Reihe konkreter wandel etwa durch eine stärkere Ausrichtung des Ziele wie die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen Katastrophenmanagements auf die Risken des Klima- um 36 Prozent, die Erzeugung von 2.000 Gigawatt- wandels, die landesweite Sicherstellung der Wasserver- Stunden Photovoltaik (PV) und 7.000 Gigawatt-Stunden fügbarkeit und -qualität, den Schutz vor lokalen Windkraft, die Versorgung 30.000 zusätzlicher Haushalte Starkregenereignissen und Erosion, den Ausbau eines mit Wärme aus Biomasse und erneuerbarem Gas, effektiven Hochwasserschutzes oder auch durch die die Schaffung 10.000 neuer Jobs durch „grüne Techno- Erhöhung der Klimaresilienz durch Biodiversität nach- logien“ und schließlich die Vorgabe, dass ab 2025 jeder haltig an die klimatischen Veränderungen anpassen. > 20 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 21
diesem Tag waren auf www.sonnenkraftwerk-noe.at 2.500 Paneele zu haben, die nach nur 13 Minuten zur Gänze reserviert waren. Insgesamt wurden bis März 2021 bereits 11.300 Paneele vergeben. Diese bilden 24 Photovoltaik-Anlagen, die 2022 errichtet werden und sich auf alle Bezirke Niederösterreichs verteilen. Mit Planung, Errichtung und Betreuung dieser Anlagen werden durchwegs regionale Firmen beauftragt, damit die Betriebe vor Ort gestärkt werden – was ebenso dem Klima zugutekommt, Green Jobs schafft und wirtschaft- lichen Aufschwung verspricht. In Summe werden auf rund 150 Landesgebäuden PV- Anlagen mit in Summe 20 Megawattpeak Leistung in- stalliert. Dafür sind Investitionen in einer Höhe von rund 46 Millionen Euro erforderlich. Der nächste Verkauf wird voraussichtlich im Frühjahr 2022 stattfinden. Bis 2024 sollen die PV-Potenziale der rund 150 Landesge- bäude dann vollständig genutzt und jährlich über 13.000 Paneele verkauft worden sein. E-MOBI LITÄT Neben PV ist die Förderung von E-Mobilität ein wesentlicher Pfeiler der niederösterreichischen Energie- und Klimapolitik, dessen Vorteile auf der Hand liegen: weniger Lärm und Feinstaub, kein Stick- bzw. Schwefel- oxid und weniger Energieverbrauch. Niederösterreichs Bekenntnis zur E-Mobilität offenbaren u. a. der seit 2015 jährlich stattfindende „e-Mobilitätstag“, die Vergabe einer Förderung beim E-Auto-Kauf bis Ende 2020, die Durch- führung der Umfrage „Elektromobilität in Niederöster- reich“ sowie die E-Mobilitäts-Feldversuche in Seiten- stetten und Echsenbach. Die Umfrage und die Feldver- Das NÖ Klima- und Energieprogramm 2030 kann für suche brachten wertvolle Erkenntnisse: etwa, dass die diese Vorhaben als „Rezept“ betrachtet werden und ist hiesigen Stromnetze für eine breite Ausrollung der auch aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll – um von E-Mobilität prinzipiell gut gerüstet und dass E-Autos fossilen Energieimporten unabhängig zu werden und bereits weitestgehend alltagstauglich sind. MOSAIKE – GROSSE KUNST DER KLEINEN STEINE PIXELNOSTALGIE höhere Schadens- und Anpassungskosten sowie einen drohenden Zukauf von Emissionszuweisungen aus dem BEWUSSTS EI N SC HAFFEN Ausland zu vermeiden. Nicht zuletzt trägt das Programm Erwähnenswert sind in diesem Rahmen auch die „Lan- auch dazu bei, dass Niederösterreich seinen Markt ding Page“ namens „Klimawandeln“, auf der ersichtlich für klimaschonende Technologien ausbaut und so einen ist, „was ein Land tun kann“ (www.klimawandeln.at), positiven Impuls für Wachstum und Wohlstand im und die Abhaltung von inzwischen bereits drei Jugend- Setzen sich heute digitale Fotos und Bilder durch unzählige Pixel zusammen, Fotos: Ernst Reinberger, Jürgen Burchhart, Günter Filzwieser, Museum Niederösterreich Land setzt. klimakonferenzen, bei denen sich die Spitze der so wurden bereits im Altertum Kunstwerke aus tausenden kleinen, bunten Steinen Landespoltik nicht nur die Sorgen der Jugend anhört, zu einem Bild zusammengefügt. In vielen Kirchen etwa sind Mosaike SONNENKRAFT sondern sie auch ermutigt, ihren Beitrag zur Energie- farbenfrohe Bilddokumente, die Motive aus dem Glauben darstellen. Rund um die Realisierung der klima- und energiepoliti- wende zu leisten. Die verpixelten Wandgemälde wurden aber auch im Mittelalter und in der Neuzeit schen Pläne des Landes wurden zuletzt einige konkrete Abgesehen von diesen „handfesten“ Projekten ist nicht gerne angebracht und schmücken bis heute Hausfassaden, öffentliche Projekte durchgeführt. Das „Sonnenkraftwerk Nieder- minder wichtig, bei den Menschen entsprechendes Be- Gebäude, Schulen, Kapellen und Museen. österreich“ etwa ist ein Meilenstein in Richtung des wusstsein für diese Thematik zu schaffen. Ein Instrument TEXT: WOLFGANG ZIMPRICH kontinuierlichen Ausbaus der erneuerbaren Energie dazu war die Ausstellung „Klima & Ich“, die im Museum und könnte das größte PV-Sonnenkraftwerk Europas Niederösterreich in St. Pölten gezeigt wurde. Die Aus- werden. Im Rahmen des Projektes sollen bis 2024 stellung erklärte das Thema wissenschaftlich fundiert auf allen geeigneten Landesgebäuden PV-Anlagen und gab konkrete Anweisungen, was jede und jeder zum installiert werden, wobei die Bevölkerung eingeladen ist, Klimaschutz beitragen kann. Nicht zuletzt war die Schau Paneele an diesen Anlagen zu erwerben und so das auch Anlass, den Museumsbetrieb auf Nachhaltigkeit zu Projekt mitzufinanzieren. Ein Anteil kostet 900 Euro, prüfen; Ergebnis war die Verleihung des Österreichi- pro Anteil werden über eine Laufzeit von zehn Jahren – schen Umweltzeichens an das Museum Niederösterreich jährlich am 3. Mai – 98,89 Euro ausgezahlt. Pro Bürger – als erstes Museum im Bundesland und als zweites oder Bürgerin können fünf Paneele je Anlage erworben österreichweit. Überdies konnten viele Vorschläge werden. der Ausstellungsbesucher und -besucherinnen zu den Der Startschuss für dieses „größte Bürgerbeteiligungs- Themen Energiewende und Klimaschutz gesammelt projekt Österreichs“ fiel am 18. November 2020. An werden. ■ 22 PERSPEKTIVEN 04 /2021 PERSPEKTIVEN 04/2021 23
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