FORUM PUBLIC MANAGEMENT - KDZ
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
FORUM PUBLIC MANAGEMENT www.kdz.or.at Risikomanagement: Nützt dem öffentlichen Sektor! #1 Risiken des Verwaltungshandelns: Muss, soll oder kann man diese steuern? Seite 4 Risikomanagement im Magistrat der Stadt Graz: Ein Erfahrungsbericht Seite 7 2014 CAF 2013: Schnittstelle von Qualitäts- und Risikomanagement Seite 10
INHALT #1 EDITORIAL 3 Risikomanagement GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG 4 Risiken des Verwaltungshandelns 7 Risikomanagement im Magistrat der Stadt Graz 2014 10 CAF 2013 12 Strategische Personalentwicklung III 15 Strukturen und Aufgaben anpassen 18 „Schau auf Linz“ 20 Neue Karten – altes Spiel 23 Das LIFE-Programm LITERATURAUSWAHL BÜCHER 26 Public Management/Governance 29 Finanzwirtschaft 31 Stadtwirtschaft IMPRESSUM: Eigentümer, Herausgeber und Verleger: KDZ LITERATURAUSWAHL ZEITSCHRIFTEN Redaktion: Mag. Thomas Prorok, 33 Public Management/Governance Mag. Michaela Bareis MA, Mag. Dr. Andrea Steffek 39 Finanzwirtschaft Postanschrift: 1110 Wien, Guglgasse 13 41 Stadtwirtschaft Telefon: +43 1 8923492-0 Fax: +43 1 8923492-20 E-Mail: institut@kdz.or.at Internet: www.kdz.or.at Angaben gemäß § 25 Mediengesetz vom 12.6.1981: KDZ Managementberatungs- und Weiter bildungsGmbH, 1110 Wien, Guglgasse 13 Geschäftsführer: Mag. Peter Biwald, CAF-Online Mag. Thomas Prorok (Stv.) Vorstand: Mag. Wolfgang Figl, Der CAF (Common Assessment SC Mag. Angelika Flatz, Framework) ist ein europaweit Bgm. Bernhard Müller, SR Mag. Martin Pospischill, angewandtes Qualitätsmana SC Dr. Matthias Tschirf, gementsystem der öffentlichen Gen. Sekr. Dr. Thomas Weninger Aufgabe des Forum Public Management Verwaltung. Es kann in allen Bereichen des öffent ist die praxisnahe Information von lichen Sektors auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene eingesetzt MandatarInnen, öffentlichen Bediensteten werden und wird in Österreich vom KDZ vertreten und weiterentwickelt. und anderen Interessierten aus Wirtschaft und Gesellschaft. NEU IST, dass die CAF-Anwendung ab sofort online erfolgen kann. Preis: Jahresabbonement So wird das Einsetzen des umfangreichen Selbstbewertungssystems (4 Ausgaben) E 18,- StudentInnen-Abo E 9,- + 10% USt. wesentlich erleichtert. Die CAF-BewerterInnen werden von CAF-Online zzgl. Versandspesen Schritt für Schritt durch den Bewertungsprozess geführt. Abschließend Kündigung nur zum Jahresende möglich werden die Ergebnisse der Bewertungen automatisch zusammenfasst Grafische Gestaltung: Martin Renner, www.rgd.at und übersichtlich für die weiteren Workshops aufbereitet. DTP-Produktion: Karin Hruschka, www.grafic.at Druck: facultas, Wien Nähere Informationen: www.caf-zentrum.at Titelbild: iStockphoto Zur Testumfrage: http://www.caf-zentrum.at/caf-online BESTELLUNGEN: bestellung@kdz.or.at 2 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
EDITORIAL Risikomanagement „Wie konnte das passieren?“ Diese Frage Wolfgang Neuhauser einen Verwandten des steht oft nach Skandalen auf der Tagesord- Risikomanagements: ein außergewöhnlich nung des politischen und medialen Diskur- umfassendes Beschwerdemanagement ses. Dabei geht es nicht nur um die riesigen system. Dimensionen wie bei der Hypo Alpe Adria. Auch im Kleineren stellen sich Fragen wie Weitere Beiträge befassen sich mit EU-För- „Warum hat Jahrzehnte lang niemand die derungen für Städte (Alexandra Schantl und Handkassa kontrolliert?“, „Warum konnte Margaretha Stubenrauch) und als KDZ eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter eine eferenzprojekt stellen wir unsere Vorgehens- kritische Nebenbeschäftigung für eine Firma weise in der Stadt Ansfelden vor. ausüben, die Aufträge von ihnen bekommt?“ „Warum konnte ein Bauprojekt finanziell Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre völlig aus dem Ruder laufen?“ Die Antwort und lade Sie ein, uns Kommentare zu auf diese Fragen ist auf den ersten Blick schicken. In der Online-Version des FPM relativ einfach: Es fehlte das Risikomanage- und auf der KDZ-Website können Sie jeweils ment! Der systematischen Analyse und am Ende der Artikel Kommentare senden. Bewertung der Risiken sowie der Definition und Umsetzung von Maßnahmen gegen Kommentar senden Risiken wurde keine Priorität beigemessen. Nun zeigt schon der vorherige Satz, dass die Sache doch nicht so einfach ist. Neben dem notwendigen Kulturwandel (Stichwort: Um- gang mit Fehlern) betrifft Risikomanagement die gesamte Organisation und somit alle Führungskräfte und viele Beschäftigte in unterschiedlichem Ausmaß. Aber für Organi- sationen des öffentlichen Sektors sollte im Thomas Prorok Europa des 21. Jahrhunderts das systema stv. Geschäftsführer KDZ tische Management der Risiken eine Selbst- verständlichkeit sein. Deshalb haben wir diese Ausgabe des FPM PS: Die KDZ-Wissensbilanz 2013 ist online! dem Risikomanagemt gewidmet und zeigen www.kdz.eu/Leitbild#Wissensbilanz unterschiedliche Wege dorthin. Dies beginnt mit einer Einführung in das Risikomanage- ment durch Alexander Maimer und Wolfgang Besuchen Sie uns auf: Oberascher und einem Praxisbeispiel aus der Stadt Graz. Die Beiträge von Thomas Prorok und Philip Parzer zeigen die Zu sammenhänge von Qualitäts- und Personal- management mit dem Umgang mit Risiken. Mit dem Artikel „Schau auf Linz“ präsentiert #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 3
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Risiken des Verwaltungshandelns Muss, soll oder kann man diese überhaupt steuern? von Alexander Maimer und Wolfgang Oberascher E rrare humanum est – irren ist mensch- lich, besagt eine bekannte lateinische Redewendung. Fehler passieren – jedem Weise, wie dies in strukturierter Form erfolgt, haben sich aus dem unternehmerischen Umfeld Modelle entwickelt, die zunehmend Menschen, im Privaten, wie auch im Beruf, für die öffentliche Verwaltung angepasst und sei die Arbeitsweise auch noch so korrekt und übernommen werden. Beispielsweise wird in strukturiert. Manchmal sind zudem nicht der Schweiz die Einführung eines Risiko erkennbare, externe Umstände dafür verant- managements bereits durch einzelne Kan- wortlich, dass etwas nicht so läuft wie tone verpflichtend für Kommunen vorge geplant, manchmal sind es auch bewusste sehen, in Holland ist dies seit rund zehn Umgehungshandlungen Einzelner. Jahren in Teilbereichen der öffentlichen Alexander Maimer Verwaltung gelebte Praxis und auch in Öster- Für die Organisation entstehen daraus reich zeigen sich erste Vorreiter, die ihre unerwartete Risiken, die mitunter erhebliche Risiken bewusst s teuern. Zunehmend Konsequenzen mit sich bringen. Risiken in erkennen auch die Rechnungshöfe bei ihren finanzieller Hinsicht, rechtliche Haftungs Prüfungen das Fehlen eines institutionalisier- risiken oder das Risiko, dass mit Antreten des ten Risikomanagements. Spezialisierte Ruhestands einer langgedienten Mitarbeiterin Einrichtungen, wie die Österreichische oder eines Mitarbeiters eine Wissenslücke in Bundesfinanzierungsagentur, veröffentlichen der Organisation entsteht. „Grundsätze des öffentlichen Finanzmanage- ments“, die Risikosteuerungsmaßnahmen für Das sind Risiken, die gerade in der heutigen die Finanzverwaltung beinhalten. Zeit nicht ignoriert werden können. Zuneh- Wolgang Oberascher mende Komplexität von Rechtsmaterien Risikomanagement in der verlangt dem Personal und Führungskräften öffentlichen Verwaltung? immer mehr vernetztes Wissen ab, Bürger Ein Risikomanagementsystem kann grob als innen und Bürger werden immer kritischer – die Gesamtheit aller organisatorischen Rege- die Fehlertoleranz sinkt – und die Verwaltung lungen und Mechanismen zur Risikoerken- sieht sich dazu noch einem zunehmenden nung und zum Umgang mit den Risiken des Effizienzdruck ausgesetzt. Mit gleichen Verwaltungshandelns und von Entschei- Mitteln soll immer mehr erledigt werden, dungen definiert werden. Es umfasst den Auf- wodurch der Druck auf die Handelnden bau geeigneter Instrumente an der richtigen zunimmt, die Fehlerwahrscheinlichkeit steigt Stelle. und somit auch wieder das Risiko für die Organisation. In diesem Zusammenhang Den ersten Schritt stellt in der Regel die entsteht auch ein verstärkter Druck zur Doku- Risikoinventur und -analyse dar. Hierbei gilt mentation von Vorgehensweisen und Tätig- es, die für eine Abteilung, für ein Referat oder keiten. eine Organisation, möglichen Risiken gesamthaft in strukturierter Form zu identifi- Wie kann gegengesteuert werden? zieren. Weiß man welche grundsätzlichen Kurzum: Die möglichen Risiken identifizieren Risiken möglich sind, erfolgt die Bewertung, und Mechanismen aufbauen, dass der Ein- d.h. die Bewertung des Risikos hinsichtlich trittsfall der Risiken reduziert wird. Zur Art und Schadensausmaß und Eintrittswahrschein- 4 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Abb. 1: Zukunftsfaktor Risikomanagement in Stadt und Gemeinde Quelle: Controller Institut/CMC, 2006 lichkeit. Daraus lässt sich eine Matrix erstel- einen bestimmten Wert sinkt, wird Mitarbeiter len, die aufzeigt, wie „brisant“ ein spezifischer A verständigt, wenn ein zweiter Schwellwert Risikofall ist. Abbildung 1 illustriert eine derar- erreicht wird, wird automatisiert Mitarbeiter A tige Matrix, die die entsprechend gewichteten verständigt und zusätzlich die Vorgesetzte B. Risiken für eine fiktive Organisationseinheit aufzeigt. Demgegenüber sind interne Kontrollsysteme tendenziell auf Ebene der Fachprozesse Die Risikoakzeptanzlinie legt fest, ab wann angesiedelt. Sie dienen der Einhaltung von tatsächliche Steuerungsmaßnahmen gesetzt organisatorischen und gesetzlichen Vorschrif- werden sollen. Diese unterscheidet sich je ten und weisen häufig auch Merkmale einer nach Organisation beziehungsweise Organi- Qualitätssicherung auf. Das Vier-Augen-Prin- sationseinheit und kann individuell auch wei- zip bei Bestellungen über einen Schwellen- ter links (geringere Risikoakzeptanz) oder wert wäre etwa eine organisatorische, in weiter rechts (höhere Risikotoleranz) liegen. Leistungsprozesse integrierte Sicherungs- maßnahme. Ein weiteres Beispiel wäre die Diese Darstellung bildet die Basis für den Auf- Funktionstrennung zwischen Bestellung, bau des tatsächlichen Risikomanagementsy- Buchhaltung und Z ahlungsfreigabe. stems. Nun sind die passenden Instrumente und Maßnahmen zu selektieren, mit welchen „Risikofrüherkennungssysteme jedem einzelnen Risiko am besten begegnet werden kann. Hier unterscheidet man in sind in der Regel an externen Risikofrüherkennungssysteme und internen Faktoren ausgerichtet.“ Kontrollsysteme. Ein wesentlicher Bereich, in dem die Funk Risikofrüherkennungssysteme sind in der tionstrennung maßgeblich von Bedeutung ist, Regel an externen Faktoren ausgerichtet und ist der Prozess der Darlehensausschreibung, funktionieren „auslöserorientiert“. Wenn bei- -auswahl und -genehmigung inklusive mög- spielsweise die Liquidität am Konto unter licher Maßnahmen zur Zinsabsicherung > #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 5
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG sowie Prozesse zur Veranlagung von der Bauverwaltung oder des Beschaffungs- Gemeindevermögen. wesens derartige Systeme bereits erfolgreich im Einsatz. Gleichzeitig bieten sich auch Vorteilhaft sind derartige Systeme zumeist Bereiche wie der Winterdienst oder die auch im Kontext der Qualitätssicherung. Baumpflege für entsprechende Systeme an, Für den Aufbau interner Kontrollsysteme sind da diese Gebiete intensiv mit Haftungsfragen in der Regel die relevanten Prozesse zu verknüpft sind. erfassen. Diese werden einheitlich dokumen- tiert und häufig mit Checklisten und einheit- Zum Aufbau eines qualifizierten Systems ist lichen Standards hinterlegt, sodass ein vor allem ein Bewusstsein über die Bedeu- Prozess durch unterschiedliche Mitarbeiter tung eines Risikomanagements wichtig. innen und Mitarbeiter gleich abgewickelt wird. Zudem sollte das Prozesswissen der Sachbe- D.h. eine Bürgerin oder ein Bürger kann sich arbeiterinnen und Sachbearbeiter d.h. jener sicher sein, dass sämtliche relevanten Fak Kolleginnen und Kollegen genutzt werden, toren berücksichtigt wurden. Zusätzlich ist die täglich die entsprechenden, risikorele- man nicht auf den Wissensstand einzelner vanten Abläufe bearbeiten. Erfahrungsgemäß Personen angewiesen, sondern nutzt das ist hier eine starke Zusammenarbeit zwischen Know-how der gesamten Organisation im Fachbereich und jener Stelle erforderlich, die Sinne eines Qualtitätsmanagement-Gedan- das Risikomanagement-System aufbaut. kens. Zuletzt ist es auch entscheidend, ein Risiko- Eine dokumentierte, einheitliche Vorgehens- managementsystem pointiert dort zu etablie- weise mit festgelegten Qualitätsstandards ren, wo es einen tatsächlichen Nutzen stiftet, hilft in jedem Fall bei allfälligen Problemen um unnötigen Administrationsaufwand zu ver- und Streitigkeiten bis hin zu Gerichtsver meiden. Ein wichtiger Leitsatz soll bei der fahren. Erstellung immer sein: „Nicht die Anzahl der Kontrollen, sondern die Qualität der Kontrol- len stehen im Vordergrund.“ < „Das Bewusstsein über die Bedeutung des Risikomanagements ist essentiell.“ Kommentar senden Wann braucht es ein Risikomanagementsystem und wie baut man dieses auf? Grundsätzliches Kredo sollte sein: „Dort wo es Sinn macht“. Aus der Praxis gesprochen empfehlen sich finanzwirksame Prozesse. Nichtsdestoweniger sind auch in Prozessen MEHR INFORMATION Mehr zum Thema Risikomanagement und IKS erfahren Sie im KDZ-Seminar „Zukunftsfaktor Risikomanagement und interne Kontrollsysteme in Stadt und Gemeinde“ am 8.5.2014 in Linz (siehe Seite 14). 6 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Risikomanagement im Magistrat der Stadt Graz Wie die Implementierung im Rahmen des Internen Kontrollsystems gelungen ist – ein Erfahrungsbericht. von Josef Robert Zeiler E s besteht derzeit keine gesetzliche Ver- pflichtung in Österreich Risikomanage- ment in öffentlichen Verwaltungen einzufüh- Praktische Umsetzung Die Einführung von RM/IKS in den Fachbe- reichen erfolgt innerhalb einzelner Projekte ren. Und dennoch hat sich die Stadt Graz mit einer durchschnittlichen Dauer von zirka 2012 entschlossen, die Risiken in ihren 27 6 Monaten. Den Fachbereichen werden zur Fachabteilungen und 2 Eigenbetrieben struk- Durchführung der Risikoanalysen Vorlagen turiert zu erfassen und gezielt zu managen. auf der Basis von Microsoft-Excel und ent- sprechende Anleitungen zur Verfügung AD PERSONAM DI Josef Robert Zeiler ist als gestellt. Ein Einführungsprojekt beginnt mit Diplomierter Interner Revisor und einer umfangreichen Kick-Off-Veranstaltung, Informationssicherheitsmanager in in welcher die theoretischen Grundlagen und der Innenrevision der Stadt Graz tätig. auch die praktische Durchführung anhand Zu seinen Aufgaben zählen neben der Durchführung von Audits im Rahmen von Beispielen erläutert werden. Die Fachbe- der Revision, die Einführung von IKS reiche analysieren daraufhin selbstständig die und Risikomanagement sowie die Prozessrisiken. Einführung eines Informationssicher- heitsmanagementsystems in der Grazer Stadtverwaltung. Die Innenrevision nimmt während des Pro- jektes eine beratende Rolle ein und diskutiert mit den Fachbereichen periodisch deren Normative Grundlagen Einschätzungen. Die Verantwortung für die Die INTOSAI-Richtlinien für die Internen Einführung und Weiterführung des Risiko Kontrollnormen im öffentlichen Sektor stellen managements/IKS liegt aber eindeutig bei der die Grundlage für den risikoorientierten Auf- Fachabteilungsleitung. bau des internen Kontrollsystems (IKS) des Magistrats Graz dar. Basierend auf dem Die Schritte der Risikoanalyse sind im COSO-Modell fokussieren die INTOSAI- Einzelnen: Richtlinien u.a. auf die ethischen Aspekte der • Scoping: Schnelleinstufung der Fachbe- Geschäftsabläufe in der öffentlichen Verwal- reichsprozesse in 6 Gefahrenklassen tung. Ein IKS besteht laut Norm aus fol- (Abb. 1) zur Extraktion der „riskanten“ genden Komponenten: Prozesse. • Kontrollumfeld • Risikoanalyse: Durchführung einer detail- • Risikobeurteilung lierten Analyse der Risiken anhand der gro- • Kontrolltätigkeiten ben Prozessschritte; es erfolgt eine qualita- • Information und Kommunikation tive Bewertung jedes Risikos hinsichtlich • Überwachung der Eintrittswahrscheinlichkeit und der maximalen Schadenshöhe auf einer Skala von 1 bis 5. „Zu Risiken und Nebenwirkungen • Maßnahmendokumentation und Restrisiko: fragen Sie Ihren Risk Owner.“ Dokumentation der derzeit im > #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 7
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Abb. 1: Prozessauswahl für die Abteilung XY Risiko-Schnell- Risk‐Analyse (Scoping) Änderungsstand: ErstellerIn: 13.02.2014 Max Mustermann -3 -2 -2 -2 -3 -2 einstufung zur Gefahr von Amtsmiss- Gefahr von Amtshaf- Gefahr eines finanziellen Gefahr eines Gefahr für finanziellen Leib und Gefährdung max. Risiko der vor Kontrollen max. Risiko nach Vorauswahl der brauch, Untreue, tungsfällen, Schadens für Interesses Leben Datensicherh Kontrollen Relevanz für Bestechlichkeit, finanz. oder unbet. Dritte des "Kunden" eit (IST) P-Nr. Prozess Verantw. Risikoanalyse Vorteilsan- Image- Prozesse nahme etc. Schaden Führungsprozesse 1 Steuerung / Organisation (Controlling) AL -2 nein ja nein nein nein nein 3/3 1,5/3 Quelle: 2 Arbeitszuteilung / Vertretungsregelungen AL -5 ja ja nein nein nein nein 4/4 1/4 Magistrat der Stadt Graz 3 Dienstaufsicht AL -2 nein ja nein nein nein nein 3/4 1/4 4 Compliance (interne und externe Vorschriften) AL -7 ja ja ja nein nein nein 4/5 2/5 5 Wissensmanagement / Personalentwicklung AL -2 nein ja nein nein nein nein 3/3 1/3 Unterstützungsprozesse 7 Auftragsvergaben / Beschaffung Einkauf -11 ja ja ja ja nein ja 4/4 1/4 8 Budgeterstellung/-verwaltung Budget -2 nein ja nein nein nein nein 3/2 1/2 9 Kassengebarung Budget -8 ja ja nein nein ja nein 3/3 1/1 10 Öffentlichkeitsarbeit ÖA -2 nein ja nein nein nein nein 2/3 1/3 11 Vermögensverwaltung Budget -5 ja ja nein nein nein nein 4/2 1,5/1 12 Aktenverwaltung Kanzlei -7 ja nein nein ja nein ja 3/3 2/3 Abb. 2: RisikoͲKontrollͲMaƚƌŝdž 13 Postein- / Postausgang AbteilungXY Kanzlei -7 ja nein nein ja nein ja 3/3 2/3 Dokumentation der Kernprozesse ReferatXY derzeitiges Restrisiko durchgeführten inhärentes Risiko Nummer Prozess- 14 Vertragswesen (geschäftsführende Stelle) AL -7 ja ja Kontrollen derzeitige nein / Maßnahmen nein zur nein ja 3/4 max. 1/4 Eintritts- Rest-Risiko Priorität potentielle Risiken eindeutige Maßnahmen und des 15 Produkt/Prozess Beschwerdemanagement (inhärente Risiken) AL Kontroll-Ziele -7 nein Risikobewältigung ja ALLERnein (Auflistung Kontrollen) nein Kontroll-Nr. ja ja möglich- Schadens- keit 3/4 höhe 3/4 Restrisikos 1& Bescheiderstellung nach § XY Beurkundung der ReferentIn -11 ja ja ja ja nein ja 3/5 2/5 1/1 2 Anzeige kann verschwinden - wird nicht protokolliert keine Gefährdung der Gefährdung Gefährdung 1 1 Geburt Unternehmens- der des Daten- IT-Fachapplikationen Beurkundungsicherheit ohne Vermögens- schutzes Stichprobenkontrolle der Sammelakten durch sicherheit 4/4 Dokument nicht vorgelegt und trotzdem beurkundet Dokumentvorlage soll nicht K 2-01 1 4 Aufsichtsbehörde Quelle: möglich sein 1 Fileserver Ref 1 -5 ja nein ja Magistrat der Stadt Graz falsche Beurteilung soll nicht Stichprobenkontrolle der Sammelakten durch 3,5 / 4 wissentliche oder versehentliche falsche Beurteilung K 2-01 1,1 4 möglich sein Aufsichtsbehörde 2 Fachanwendung XY Ref 2 -2 nein nein ja Schreibfehler (bei Namen) Stichprobenkontrolle der Akten durch die 5/1 Schreibfehler sollen möglichst vermieden K 2-02 3,5 1 Referatsleitung werden ungerechtfertigtes Kassieren 3,5 / 4 Kassieren von Gebühren trotz Gebührenfreiheit von Gebühren muss keine 3,5 4 verhindert werden 2/1 Mitteilung nicht ausgegeben keine 2 1 ordnungsgemäße1/9 _Zeiler_Abbildung 1_4.xlsm Handkassenführung - 4/2 20 Kassaführung Kassenfehlstände in Kassen Prüfung der Führung der Kassen K 20-01 2 2 Vermeidung von Kassenfehlbeständen Fachbereich implementierten Maßnahmen Laufende „Pflege“ der Risiken zur Minimierung des konkreten Risikos; Risikomanagement kann nur wirksam sein, jegliche Maßnahmen zur Risikominimie- wenn Risiken ernst genommen und laufend rung werden angeführt (Abb. 2). Dabei beobachtet werden. Dazu wurde im Magistrat kann es sich um manuelle oder Graz ein jährlicher Überarbeitungszyklus ein- automatische (IT-System-immanente) geführt. Sogenannte Risk Owner haben die Kontrollen oder andere Absicherungs Aufgabe, die Risikoanalysen mind. jährlich zu maßnahmen handeln. Auf Grundlage überarbeiten, d.h. beispielsweise bei Prozess- dieser laufenden Maßnahmen/Kontrollen veränderungen Risiken neu zu bewerten und erfolgt anschließend die Einstufung des entsprechende Maßnahmen zu planen. Die derzeitigen Restrisikos (Abb. 3). Fertigstellung der Überarbeitung in den Fach- • Maßnahmenplanung: Ergeben sich aus bereichen ist an die Innenrevision zu melden. der bisherigen Analyse mittlere oder hohe Restrisiken, so planen die Fachbereiche Lessons learned und Ausblick zusätzliche Maßnahmen zur weiteren Zurzeit haben etwa 2/3 der Fachbereiche des Verminderung des Restrisikos. Magistrats Graz die Einführung des Risiko- managements/IKS abgeschlossen. Bereits 8/95 jetzt kann man sagen, dass der Zugang zum Thema von Abteilung zu Abteilung sehr unter- schiedlich ist. Einerseits wird das System sehr gut angenommen und selbständig wei- „Risikomanagement hilft, terentwickelt, auf der anderen Seite gibt es Schlafstörungen zu vermeiden.“ aber auch kritische Stimmen aufgrund des 8 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG nicht unerheblichen Zeitauf- wandes während der Einführung. Erfolgskritisch für eine sinnvolle und wirksame Umsetzung im Fachbereich ist, während der Einführungsphase allen Füh- rungskräften den Nutzen zu verdeutlichen und v.a. das Bewusstsein zu schaffen, dass sie selbst es sind, die für die Risiken verantwortlich sind. Das IKS der Fachbereiche bildet im Magistrat Graz künftig die Grundlage für Prüfungen der Innenrevision. Dabei verfolgen wir einen risikoorientierten Prüfungs- ansatz, über w elchen die risiko- reichsten Prozesse prioritär durch die Innenrevision auditiert wer- den. Tiefergehende Prüfungen finden in weiterer Folge erst dann statt, wenn das geprüfte IKS nicht funktionsfähig oder wirksam sein sollte. Durch das Design der Risiko managementprozesse und das Zusammenspiel zwischen Fach- abteilungen und Innenrevision stellen wir im Magistrat Graz sicher, dass allen Komponenten des COSO-Modells entspre- chend Rechnung getragen wird. < Abb. 3: Risikomatrix Quelle: Magistrat der Stadt Graz Kommentar senden #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 9
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG CAF 2013 Schnittstelle von Qualitäts- und Risikomanagement von Thomas Prorok C AF (Common Assessment Framework) ist das Qualitätsmanagementsystem für den öffentlichen Sektor in Europa. In die vernünftiges und praktikables Maß (ALARP: As Low As Reasonably Practicable). Für den CAF ist Risikomanagement ein wichtiger Teil Neuauflage „CAF 2013“ wurden die aktuellen des umfassenden Qualitätsmanagements und Herausforderungen des öffentlichen Sektors wird deshalb als Zielvorgabe einer „guten sowie von Public Management und Gover- europäischen öffentlichen Verwaltung“ defi- nance eingearbeitet. Dabei spielt das Thema niert. Risikomanagement eine besondere Rolle. Dies spiegelt auch die Bedeutung wider, die „CAF und Risikomanagement das Risikomanagement in vielen Städten und Dienststellen von Bund und Ländern derzeit greifen ineinander.“ spielt. Konkret fordert der CAF im Themenfeld „Füh- Als österreichisches CAF-Zentrum war das rung“ von den Führungskräften und dem KDZ in die Weiterentwicklung des CAF 2013 Führungssystem, dass diese eingebunden. In fast allen EU-Ländern sind • einen Werterahmen schaffen, der für alle Programme zur Weiterentwicklung des Beschäftigten handlungsleitend ist, Risikomanagements inklusive der Korrup • ein Managementsystem entwickeln, das tionsprävention festzustellen. Dementspre- unethischem Verhalten vorbeugt, chend haben diese auch in den neuen CAF • Korruptionsprävention betreiben und Eingang gefunden. Vereinfacht gesagt, ist der • ein Management-Informationssystem CAF ein Fragebogen für die Dienststellen des entwickeln, das Informationen aus dem öffentlichen Sektors (Abteilung, Referat, Sek- Risikomanagement und dem internen tion, Ministerium, Amt der Landesregierung, Kontrollsystem sowie Informationen über Bezirkshauptmannschaft oder Stadt). Stellt die Zielerreichung enthält. sich bei der Beantwortung des Fragebogens heraus, dass die Dienststelle in den gefor- Beispiele hierfür sind das Nutzen von Leit derten Bereichen noch nicht (ausreichend) bildern zur Förderung einer offenen Kultur und tätig ist, finden sich im CAF Handlungsan von Werten in der Organisation. Risiko leitungen – auch für die Weiterentwicklung management- und interne Kontrollsysteme des Risikomanagements. kommen zum Einsatz. Vier-Augen-Prinzip, Rotationsprinzip und Funktionstrennungen CAF und Risikomanagement greifen ineinan- sind umgesetzt, Vorkehrungen zur Daten der: Beiden geht es um die dauerhafte Ein- sicherheit und zum Datenschutz getroffen führung von Prozessen zur Verbesserung der sowie potenzielle Risiken definiert. Verhaltens- Organisation. Dabei lassen sich die folgende kodizes erläutern die Bedeutung der Werte der Unterschiede herausarbeiten. Organisation für die einzelnen Tätigkeitsfelder Der CAF ist umfassender, da er die Weiterent- und beschreiben verständlich das korrekte wicklung der Gesamtorganisation zum Ziel Verhalten bei Interessenkonflikten, wie hat. Risikomanagement fokussiert auf die Geschenkannahme, Nebenbeschäftigungen, Prozesse zur Reduktion der Risiken auf ein Unvereinbarkeiten und dem „Anfüttern“. 10 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Themenfeld „Strategie und Planung“ legt fest, Im Finanzmanagement und hier vor allem dass eine Organisation im europäischen im Budgetvollzug spielt Risikomanagement öffentlichen Sektor systematisch interne eine manchmal unterschätzte Rolle. Kassa- Stärken und Schwächen zu analysieren hat prüfungen, diverse Auswertungen, das Vier- und hierzu auch die Gefahren und Chancen Augen-Prinzip, die Budgetüberwachung und bedacht werden. Beispiele hierfür sind Total Kompetenzabgrenzungen sind ausgewählte Quality Management mit dem CAF oder Beispiele für Verbesserungsmaßnahmen. EFQM (European Foundation for Quality Management), die SWOT-Methode (strength, „Der CAF kann genutzt werden, weakness, opportunities, threads) sowie implementiertes Risikomanagement und um die Sensibilität für das interne Kontrollsysteme. Risikomanagement zu erhöhen.“ Themenfeld „Personalmanagement“ fordert, Qualitätsmanagement und der CAF legen dass Weiterbildungen und Kommunikations- besonderen Wert darauf, dass alle genannten maßnahmen für den Umgang mit Risiken und Maßnahmen zu objektiven Ergebnissen und Interessenkonflikten sowie Integrität und Wirkungen führen. Im Themenfeld „Leistungs- Ethik angeboten und genutzt werden. Die ergebnisse“ ist daher festgelegt, dass Reak Beschäftigten müssen die Möglichkeit haben, tionen der Führungskräfte auf Ergebnisse Schulungen zu den Themen zu absolvieren. und Erkenntnisse des Risikomanagements Die Führungskräfte haben sich darum zu vorliegen müssen. Dies setzt voraus, dass kümmern, dass diese Schulungen in Ergebnisse aus dem Controlling, dem Risiko- Risiko-Selbsttest Anspruch genommen werden. management, den internen Kontrollen und dem internen Kontrollsystem, von Audits und Systembezogenes Risiko Stichprobenkontrollen vorliegen. Aufgabenkonzentration auf einzelne Bedienstete Außenkontakte (Wirtschaft, Bürger/innen) zahlreich Schlussfolgerung Bedeutung der Position des Organs für die Entscheidung hoch Budget/Haushaltsmittel für Auftragsvergaben hoch Dauer der Entscheidungsprozesse lang Einfluss auf Vorgänge durch andere (interne) Stellen Der CAF fordert die Nutzung von Risiko Entscheidungs- und Ermessensspielraum groß Fachliche Mängel oder/und Führungsschwäche management und internen Kontrollsystemen Genehmigung und Kontrolle/Revision in einer Hand in der Verwaltung. Dabei gibt er Hinweise für Interesse für Antragsteller/innen von vitaler Bedeutung Kontrollsystem (z.B. Vier-Augen-Prinzip, Dienstaufsicht) fehlt die qualitätsvolle, umfassende Einführung Kosten der Genehmigung für Antragsteller/innen hoch Öffentliches und privates Interesse werden nicht unterschieden und Weiterentwicklung dieser Instrumente. Rechtsvorschriften komplex und unübersichtlich Transparenz des Verfahrens fehlt Es zeigt sich, dass der CAF genutzt werden Ungewollte Verselbstständigung einzelner Referate/Bediensteter kann, um die Sensibilität für die Notwendig- Aufgabenspezifisches Risiko keit des Risikomanagements zu erhöhen und Abfallwirtschaft, Be-/Entwässerungsprojekte (Umweltauflagen) Auftragsvergaben die ersten Schritte in diese Richtung zu Bauangelegenheiten (Hochbau, Tiefbau, Haustechnik) Beschaffungswesen (Einkauf) gehen. < Bewilligungen/Genehmigungen Dienstleistungsvergabe (z.B. Wartung, Reinigung) Flächenwidmungs- und Planungsangelegenheiten Kommentar senden Förderungen/Subventionen Forschungsaufträge Fremdenrecht Führerscheinwesen Großprojekte (Gewerbe und Umwelt) Grundstücksangelegenheiten (Kauf, Pacht, Miete) Gutachten (Amtssachverständige, Externe) Kontrollen (Revisionstätigkeit) WEITERFÜHRENDE LITERATUR Kulturförderung Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen (Fleischverwertung) Risikoselbsttest „Korruptionsrisiko“ Wien – Stadt Wien, MA53 – Presse und Informationsdienst (Hrsg.): Eine Frage der Ethik. Handbuch zur Korruptionsprävention. Märkte und Messen aus der Bewertung der system- und aufgaben- Personaleinstellungen spezifischen Steuerprüfung Risiken mit dem Ampelsystem 2. Aufl. Wien 2009, 49 S., http://www.wien.gv.at/verwaltung/ Straßenverkehrsüberwachung ergibt sich das Vergnügungsgewerbe, Risiko für die Dienststelle Veranstaltungen internerevision/ethik.html [Download: 03.02.2014]. Quelle: http://www.wien.gv.at/verwaltung/internerevision/ethik.html Wirtschaftsförderung - Gewerbeansiedlung Wohnwesen, Wohnbau-, Sanierungsförderung Zulassungsverfahren (z.B. Arzneimittel) 29 #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 11
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Strategische Personalentwicklung III Management von Personalrisiken von Philip Parzer D as Management von Personalrisiken ist ein auch im öffentlichen Sektor bisher noch vernachlässigtes Themenfeld. Während menhang zwischen Organisationserfolg, kompetenter Führung, Engagement der Beschäftigten sowie einer professionellen zumindest in den Bereichen des Finanz-, Personalentwicklung besteht.3 In diesem Investitions- und Liquiditätsmanagements Beitrag soll gezeigt werden, wie der Personal- Maßnahmen der Risikobewertung und entwicklungsbedarf unter risikoorientierten -steuerung ansatzweise vorliegen, ist der Gesichtspunkten bestimmt und somit ein wichtige Bereich des Personals noch weit wichtiger Schritt in Richtung Sicherung der gehend „unterbelichtet“. Leistungsfähigkeit einer Organisation gesetzt werden kann. Management von Personalrisiken – Warum? Risikofelder Diese Frage verwundert, zumal die Kosten für Für den Personalbereich können grob fol- Rekrutierung von Mitarbeiterinnen und Mitar- gende Risikofelder unterschieden werden4: beitern1 erfahrungsgemäß in einer Bandbreite • Strategierisiko: Es fehlen wichtige Orientie- zwischen 0,5 Jahresgehältern bei Geringqua- rungsrahmen in Form von Strategien und lifizierten und 1,5 Jahresgehältern bei Hoch- Leitlinien, ein gemeinsames Verständnis zu qualifizierten liegen.2 Negative Auswirkungen Leistung, KundInnenorientierung etc. einer Fehlbesetzung und/oder einer Vernach- • Engpassrisiko: Es fehlen Leistungsträger lässigung der Ressource Personal in Form innen und Leistungsträger. einer Verschlechterung des Arbeitsklimas, • Anpassungsrisiko: Es fehlen den Anforde- Demotivation und innerer Kündigung, erhöhte rungen entsprechend qualifizierte Krankenstandstage, das Sinken der Produk Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. tivität und Leistungsqualität etc. sind dabei • Austrittsrisiko: Die Leistungsträgerinnen noch nicht berücksichtigt. Wenn man darüber und Leistungsträger verlassen die Arbeit- hinaus noch das Verhältnis der Personalaus- geberinnen und Arbeitgeber freiwillig. gaben an den Gesamtausgaben einer Orga- • Motivationsrisiko: Es wird nur soviel getan, nisation betrachtet, drängt sich folgende damit man zumindest nicht negativ auffällt Frage auf: Wie stellen wir sicher, dass wir („Dienst-nach-Vorschrift-Mentalität“). unser Personal richtig beschaffen, einsetzen, • Loyalitätsrisiko: Die Beschäftigten schädi- fördern und weiterentwickeln? gen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vorsätzlich. Demgegenüber verdeutlichen sowohl viele • Führungsrisiko: Hierzu zählen u.a. ein un Umfragen, als auch Erfahrungen aus unserer flexibler Führungsstil, intransparente Ent- Beratungspraxis, dass ein direkter Zusam- scheidungen, fehlende Führungsskills etc. 1 z.B. Kosten der unbesetzten Stelle, Anwerbungskosten, Kosten des Auswahlprozesses, Aus- und Fortbildungskosten, Einarbeitungs kosten, Fehlerquoten in der Einarbeitungsphase etc. 2 vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen. Kosten-Nutzen-Analyse. Berlin 2006, S 16. 3 vgl. dazu z.B.: Gallup Engagement Index 2012. Accenture High Performance Workforce Studie 2010. Innovators Club: Umfrage Personalmanagement der Kommunen im demographischen Wandel 2011. 4 vgl. dazu: Zdrowomyslaw, Norbert (2007): Personalcontrolling: Der Mensch im Mittelpunkt. Erfahrungsberichte, Funktionen und Instrumente. Gernsbach 2007; Althuber, Thomas (2013): Management von Personalrisiken – Ein Baustein für den nachhaltigen Unternehmenserfolg, in CFO Aktuell 2013, Nr. 6. 12 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Diese Risiken wirken direkt auf die Produktivi- sonellen Parameter – wie Altersstruktur, tät und Leistungsfähigkeit einer Organisation Qualifikationsstruktur, Fluktuation, Kranken- ein. Denn letztendlich sind es die Mitarbeiter standstage, Weiterbildungstage, Personalein- innen und Mitarbeiter, die die Art und Weise satz, Anzahl und Qualität der Bewerbungen der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen etc. – differenziert nach Abteilungen, entscheidend beeinflussen. Funktionsgruppen etc. über einen Beobach- tungszeitraum von 3-5 Jahren erhoben und Risikoidentifikation und Bewertung dargestellt. Diese Informationen können weit- Um diese Personalrisiken in den Griff zu gehend aus den internen Personalstatistiken bekommen und die richtigen Maßnahmen zu gewonnen werden. Sinnvoll ergänzt werden setzen, bedarf es zunächst einer qualifi- kann dieser Bereich durch eine Mitarbeiter zierten Einschätzung der aktuellen Personal- Innenbefragung und/oder Interviews mit situation. Dabei hat sich die nachfolgende Schlüsselpersonen. Ergebnis ist ein differen- Vorgehensweise bewährt. ziertes und aussagekräftiges Bild zur gegen- wärtigen Personalsituation. Kommunikation sicherstellen: Personalent- wicklungsthemen unter dem Vorzeichen „Risikomanagement“ sind meist mit gewissen „Eine bewusste Steuerung der Personal- Vorbehalten verbunden. Um Gerüchten vor- risiken sichert die Leistungsfähigkeit.“ zubeugen, bedarf es einer frühzeitigen Infor- mation aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Risiken identifizieren und bewerten: Die in der die Notwendigkeit, der Nutzen und das unmittelbaren Vorgesetzten sind jene Projektkonzept vorgestellt und diskutiert wer- „Seismographen“, die das Personalrisiko für den. Im Vorfeld dazu ist auf Ebene der Füh- ihren Bereich am zutreffendsten einschätzen rungskräfte ein gemeinsames Verständnis zu können. In diesem Kreis werden die Ergeb- Dringlichkeit, Zielsetzung und dem Nutzen nisse zum „Quick-Check“ vorgestellt, diskutiert dieser Maßnahme herzustellen. und um weitere wichtige Aspekte ergänzt. Auf dieser Grundlage werden die einzelnen Quick-Check zur Personalstruktur durch Risikofaktoren benannt und deren Eintritts- führen: Hier werden die wesentlichen per wahrscheinlichkeit bewertet. > Personalrisikoportfolio (Beispiel) Quelle: KDZ #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 13
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Maßnahmen zur Risikovermeidung – ntwicklungsprozesses sichert die Ergebnis- E Personalentwicklungsbedarf qualität und kann fachliche Sichtweisen und Wie aus der vorgelagerten Analyse konkrete Vorschläge einbringen. Durch die enge Maßnahmen für die Personalentwicklung Zusammenarbeit im Führungsteam sind gewonnen werden können, verdeutlicht die rasche Umsetzungsentscheidungen möglich, Abbildung anhand eines typischen Personal- die auch auf breiter Ebene akzeptiert werden. risikoportfolios (Auszug). Fazit Die von den Führungskräften vorgebrachten Der Fokus auf Risiken ist auch im Personal- Risikofaktoren werden priorisiert und gemein- management des öffentlichen Sektors von sam der konkrete Personalentwicklungsbe- steigender Bedeutung. Risikomanagement darf je Risikofeld (Ziele – Maßnahmen – ermöglicht es, frühzeitig den Personalent- Instrumente) definiert. So kann am Beispiel wicklungsbedarf zu erkennen, Maßnahmen des Engpassrisikos in Form von fehlenden zu realisieren, die die Personalarbeit messbar Nachwuchsführungskräften bewusst in den macht und nachhaltig weiterbringt und somit Aufbau ebendieser Zielgruppe durch maß die Leistungsfähigkeit der gesamten Organi- geschneiderte Entwicklungsprogramme, sation jetzt und in Zukunft sicherstellt. < Potenzialgespräche etc. investiert werden. Eine neutrale externe Moderation dieses Kommentar senden VORANKÜNDIGUNG KDZ SEMINAR Zukunftsfaktor Risikomanagement und interne Kontrollsysteme in Stadt und Gemeinde 08.05.2014, Linz: Arcotel Nike GmbH Ein geringeres Ertragsanteilaufkommen oder eine Fehleinschätzung im Verwaltungsverfah- ren sind nur zwei mögliche Risiken für Österreichs Städte und Gemeinden. Erstes ist für die Verwaltung nicht steuerbar, zweites kann aus nachvollziehbaren Gründen geschehen. Die Konsequenzen sind sehr unterschiedlich. Wie damit professionell umgegangen werde kann, ist Thema dieses Seminars. Schwerpunkte: • Grundsätze des Risikomanagement – Was kann es (nicht), wie sieht „Risikomanagement“ aus? • Welche internen und externen Risikoarten gibt es? • Welche Instrumente gibt es zur Erkennung und Bewertung möglicher Risiken? • Welche Handlungsoptionen gibt es im Umgang mit den verschiedenen Risikoarten? • Wie wird ein Risikomanagement in der eigenen Organisation verankert? • Themenfokus internes Kontrollsystem: Wie sieht ein IKS aus, für welche Bereiche ist es geeignet und was gilt es im Aufbau zu berücksichtigen? • Gruppenarbeit: Gemeinsam entwickeln wir eine Risiko-Klassifikations-Matrix für eine Organisationseinheit, bewerten die Risiken und leiten Maßnahmen ab. Vortragende: • Mag. Alexander Maimer (KDZ) • Mag. Wolfgang Oberascher (KDZ) Information/Anmeldung: Detaillierte Informationen erhalten Sie unter http://www.kdz.or.at/seminare 14 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Strukturen und Aufgaben anpassen Verwaltungsreform in Ansfelden – Nachahmung wird empfohlen von Wilhelm Wilfinger und Peter Biwald D ie Verwaltungsreform in Ansfelden wurde mit der Prüfung des Landesrechnungs- hofs Oberösterreich im Jahr 2004/2005 Reformen im Stadtamt Die Reformerfordernisse wurden in den Folgejahren konsequent umgesetzt. Die eingeleitet. Für das Stadtamt wurden damals Strukturen im Stadtamt wurden in Richtung folgende Reformerfordernisse festgehalten: Geschäftsgruppen weiterentwickelt. Vier • Straffen der Aufbauorganisation mit einer Geschäftsgruppen –Bürgerservice inkl. stärkeren Bündelung der Aufgaben nach Soziales und Standesamt, Finanzen inkl. Geschäftsgruppen; Kinderbetreuung und Schulen, Bauen und • Ausbau der Personalentwicklung mit Planen sowie Betriebe – bilden gemeinsam Wilhelm Wilfinger zeitgemäßen Stellenprofilen, einer Quali mit der Präsidialabteilung die zentralen fizierung der Führungskräfte sowie einer Lebensbereiche der Ansfeldener Bürgerinnen kontinuierlichen Weiterbildungsplanung; und Bürger ab. Innerhalb der Geschäftsgrup- • Optimierte Prozesse und angepasste pen wurde größere Einheiten – und damit Leistungen; weniger Referate – geschaffen. Mit dem • Ausbau der Bürgerservicestelle im Stadt- Ausbau des Bürgerservices wurden sowohl amt und errichten einer Servicestelle im im Rathaus (Stadtteil Haid) wie auch im Kulturzentrum. Anton-Bruckner-Centrum (Stadtteil Ans felden) jeweils eine Bürgerservicestelle Ausgehend davon wurde ein mehrjähriger geschaffen. intensiver Prozess in allen Bereichen der Stadtverwaltung eingeleitet, der vom KDZ Im Bereich der Personalentwicklung stand Peter Biwald fachlich und prozessual begleitet wurde. In von Beginn an der Ausbau der Weiterbildung diesem dynamischen Prozess wurde die im Mittelpunkt. Im Bereich der Führungs Basis geschaffen, die es der Stadtgemeinde kräfteentwicklung wie auch Sachbearbeiter in der Finanz- und Haushaltskrise 2009/2010 Innen-Qualifizierung lagen zentrale Reform- ermöglichte, auf die Ergebnisse der schwerpunkte. Die Modernisierung der Reformen zurückzugreifen und auch radikal Stellenprofile war dabei nützlich. einzusparen. Die Reformen sind auch von Evaluierungsphasen begleitet gewesen. So Schließlich bildete die Aufgaben- und Lei- wurden zuletzt im Jahr 2013 im Stadtamt die stungskritik mit der damit verbundenen Personalausstattung und der Leistungs Weiterentwicklung zentraler Prozesse einen katalog, sowie im Wirtschaftshof die Ergeb- wichtigen Reformschwerpunkt. Im Rahmen nisse und Wirkungen der bisherigen Reform- der Aufgaben- und Prozessoptimierung wur- maßnahmen evaluiert. den im Reinigungsbereich die Standards weiterentwickelt und vereinheitlicht, ein neues Schulwartekonzept umgesetzt (wodurch statt 7 nur mehr 5 Schulwarte erforderlich sind) sowie das Facility Management umfassend „Der Ausbau der Weiterbildung neu organisiert. Damit wurde die Betreuung und Qualifizierung stand sämtlicher Gebäude der Stadt – von der im Mittelpunkt.“ Instandhaltung über die Vermietung bis > #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 15
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG zu laufenden Betreuung – in einer Organisa unzureichenden Strukturen, die fehlende tionseinheit gebündelt und entsprechende Arbeitsplanung sowie die unreflektierten Qualitätsverbesserungen, aber auch Ein Leistungsstandards kritisch beurteilt. Folglich sparungen erzielt. wurden im ersten Schritt im Jahr 2005/2006 Teamstrukturen geschaffen, die einen weit- Im Jahr 2012 wurde erstmals ein Open Bud- aus verbesserten Einsatz der Mitarbeiter get erstellt. Der Haushalt von Ansfelden innen und Mitarbeiter in ihren Aufgaben- wurde nach Zielgruppen differenziert aufbe- feldern und einen höheren Effizienzgrad reitet und auf politischer Ebene diskutiert und ermöglichten. Sechs Teams sind in den weiterentwickelt. Die Evaluierung der Struk- Bereichen Straßen, Grünflächen, Müllabfuhr, turen, Aufgaben und Personalausstattung im Gebäudeinstandhaltung, Freibad und Fried- Jahr 2013 wird zu einer weiteren Straffung hof im Einsatz. Mit dieser Neugliederung der Strukturen – und damit verbundenen wurde auch das Auftragswesen zwischen Einsparungen auch im Führungsbereich – Politik, Verwaltung und Bauhof neu gestaltet. sowie Aufgabenoptimierungen führen. Im Rahmen der Reform-Evaluierung im Jahr Reformen im Bauhof 2013 wurde die Teamgliederung als pas- Einen wichtigen Reformbereich bildet der sende Maßnahme bestätigt. Weiterent Bauhof Ansfelden. Hier wurden im Rahmen wicklungsbedarf zeigte sich jedoch in der der Rechnungshof-Prüfung vor allem die Schärfung des Rollenverständnisses der Nicht nur das Stadtzentrum von Ansfelden wurde umgebaut. Foto: Stadt Ansfelden 16 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG andelnden Führungskräfte – von der h besetzt werden. Die Umsetzung des Geschäftsgruppenleitung bis Teamleitung – Schulwartekonzepts führte in diesem Zeit- sowie einer damit einhergehenden Überarbei- raum dazu, dass zwei Schulwarte reduziert tung des internen Auftragswesens. Die Wei- werden konnten. Im Wirtschaftshof mussten terentwicklung des Auftragswesens geht mit sieben Dienstposten (das sind rund 15 Pro- einem neugestalteten Berichtswesen einher. zent) nicht nachbesetzt werden. In Summe konnten rund 650.000 Euro an Personal Ab 2006 wurden auch die Aufgaben kritisch kosten nachhaltig eingespart werden. Die analysiert und weiterentwickelt. Mit dem Personalkosten im Jahr 2014 bewegen sich Anpassen von Standards konnten wesent- somit auf dem Wert von 2009. liche Einsparungen bei den Personal- und Sachressourcen erzielt werden. Ein Beispiel dafür ist der Grünflächenbereich, in dem die „Aufgaben kritisch analysieren Standards durch Rückbau von Straßenbe- und weiterentwickeln.“ gleitgrün wie auch von Kreisverkehren ange- passt werden konnten. Im Freibad konnte die Ein kleiner Teil konnte durch bestehende Arbeitsorganisation und Diensteinteilung Spielräume bei der Auslastung sowie Arbeits- soweit optimiert werden, dass hinsichtlich der und Diensteinteilung gehoben werden. Die Betriebsführung ein Best-Practice-Niveau Mehrheit der Optimierungen erforderte jedoch erreicht werden konnte. Im Winterdienst eine Anpassung der Leistungsstandards konnte durch adaptierte Einsatzpläne und sowie der zentralen Prozesse, wobei dabei Bereitschaftsdienste das Überstundenaus- Anpassungen auf ein vertretbares Niveau, maß wesentlich reduziert werden. und keine Schließungen von Einrichtungen im Mittelpunkt standen. Die Reform der Arbeitsorganisation bildete einen weiteren Schwerpunkt: So wurden die Mit der kontinuierlichen Verwaltungsreform Pausenregelungen auf das Erforderliche konnte auch ein wichtiger Beitrag zur Haus- angepasst und besser in den Tagesablauf haltskonsolidierung geleistet werden. Damit integriert. Die Arbeitsplanung wurde auf Basis ist es der Stadtgemeinde Ansfelden 2014 des Auftragswesens kontinuierlich weiterent- gelungen, trotz widriger Rahmenbedin- wickelt sowie eine Monats- und Wochenpla- gungen (hohe Transferleistungen für Kran- nung etabliert. kenanstalten und Sozialhilfe) wieder einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und Konsequenzen der Reformen damit dem in Oberösterreich strengen Die Reformen haben Auswirkungen auf den Regime für Abgangsgemeinden wieder zu Personaleinsatz. So mussten beispielsweise entkommen. < seit 2010 fünf Dienstposten im Stadtamt (das sind rund zehn Prozent) nicht mehr nach Kommentar senden #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 17
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG „Schau auf Linz“ Ein transparentes Beschwerdemanagement der Stadt von Wolfgang Neuhauser B ei „Schau auf Linz“ handelt sich um eine moderne Form des Beschwerdemanage- ments, mit dem Ziel, eine bürgernahe, effizi- lesen. Auch die Antworten der Stadt und Kom- mentare anderer Benutzerinnen und Benutzer sind auf der Homepage und in der App für alle ente und transparente Problemlösung für die Interessierten einsehbar. Gerade diese Trans- Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Damit parenz kommt offensichtlich bei der Bevölke- soll das Wohn- und Lebensumfeld in Linz in rung sehr gut an: Nach einem Jahr online sind einem guten Zustand gehalten werden. 3.900 Meldungen und ein Vielfaches an Kom- mentaren dazu eingegangen. 198.675 Besu- AD PERSONAM Wolfgang Neuhauser ist Bereichsleiter cherinnen und Besucher, das sind zirka 545 des Teleservice Centers (Call Center) pro Tag, haben im ersten Jahr auf „Schau auf des Magistrats Linz sowie Initiator und Linz“ zugegriffen. Projektleiter von „Schau auf Linz“. Er hat auch das Thema Wissensmanage- ment, ausgehend vom Call Center der Bisher haben sich bereits 1.081 Userinnen und Stadt Linz, in anderen klassischen User registriert. Der Großteil der Meldungen Bereichen der Stadtverwaltung voran- wird allerdings ohne Registrierung eingebracht, getrieben. Neuhauser ist nebenberuf- die Angabe einer E-Mail-Adresse ist aber lich als Kommunikationstrainer tätig und dabei auf öffentliche Einrichtungen verpflichtend. Die App wurde 4.348 Mal spezialisiert. heruntergeladen (iOS 2.205, Android 2.143 Downloads). Dazu wurde eine Website und eine mobile Variante (APP) für Smartphones geschaffen. Erfahrungen der Redaktion Sowohl auf der Website, als auch von unter- Betreut wird die Online-Beschwerdeplattform wegs – via Smartphone-App – können Scha- von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des densfälle ohne viel Aufwand gemeldet wer- Teleservice Centers, das bereits seit vielen den. Die Meldungen landen – öffentlich Jahren bestens eingespielt ist. Vom Teleser- sichtbar – am Stadtplan der Homepage, vice Center werden die Anliegen an die Fach- meist mit Foto und Koordinaten. dienststellen weitergeleitet. Und auch dort lösen sie natürlich einen Aufwand aus, wenn Ein neuer Zugangskanal dieser auch nach Art der Anliegen sehr unter- oder doch mehr? schiedlich ist. Das Besondere ist eigentlich nicht der Zugangskanal, sondern die Transparenz. Die Zahl der Meldungen und Kommentare, die Die Markierungen am Stadtplan lassen für wir aus dem Netz entfernen mussten, sind ver- alle erkennen, wo und wann etwas gemeldet nachlässigbar. Bei zu einseitigen, oder aus wurde. Zusätzlich ist durch die Einfärbung anderen Gründen etwas „grenzwertigen“ einer „Ampel“ der Bearbeitungsstatus abzu Meldungen und Kommentaren „bestraft“ die Community die Verfasserin bzw. den Verfasser meist umgehend und sorgt hier weitgehend für „In der Stadt Linz ist das Wissens- ein Gleichgewicht der Meinungen. „Schau auf management eng mit dem Linz“ trägt auch ein wenig zum Bewusstsein Beschwerdemanagement verbunden.“ bei, dass es in einer Stadt eben verschiedene 18 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT #1 2014
GRUNDLAGEN FÜR POLITIK UND VERWALTUNG Bedürfnisse gibt, deren Berechtigung man nicht bewerten muss und um die sich die Stadt- verwaltung neutral zu kümmern hat. Hunde besitzerinnen und -besitzer/Nicht-Hunde besitzerinnen und -besitzer, Radfahrerinnen und -fahrer, Autofahrerinnen und -fahrer etc., alle geben ihre Kommentare aus ihrer Sicht ab und irgendwie scheint sich vieles zu relativie- Foto: © Report Verlag ren. Nach wie vor hat die überwiegende Zahl der Anregungen eine hohe Qualität. Die Zufrie- denheit der Nutzerinnen und Nutzer wird immer wieder direkt in Kommentaren ausgedrückt: „Super Stadtverwaltung, tolles Service, danke liebes Team – macht weiter so…“. Am 30.1.2014 hat Linz für die Plattform „Schau auf Linz“ den eAward im Bereich „Verwaltung E-Government“ erhalten. Für die Meldung des Problems stehen ver- schiedene Kategorien, wie „Verkehrsmaß- Bürger mit ihrer Stadtverwaltung, aber auch nahmen“ (das sind Anregungen z.B. zu untereinander. Wer sich die Einführung einer Ampelintervallen, Fahrspuren, Radwegen, solch transparenten Plattform überlegt, sollte Begegnungszonen also gestalterische/plane- nicht mit den technischen Fragen beginnen, rische Vorschläge), Müllablagerungen, Fahr- sondern eines nicht außer Acht lassen: die bahn-/Gehsteigschäden, Beleuchtungskörper Antwort auf die Frage, ob man diese Transpa- und Ähnliches zur Auswahl. Von allen Dingen, renz will, hängt davon ab, was dadurch zum die man als Defekt bzw. Beschädigung Vorschein kommt. Etwas salopp ausgedrückt: bezeichnen kann, wird nahezu 100 Prozent Man kann sich auch als Verwaltung mit so erledigt. Bei „Verkehrsmaßnahmen“ also „pla- einer Plattform blamieren, nämlich dann, wenn nerischen“ Vorschlägen wird ca. ein Viertel, so notwendige Prozesse im Hintergrund wie angeregt, umgesetzt. (Beschwerdemanagement) nicht vorhanden, nicht genau definiert, oder in der Praxis nicht Voraussetzung für die Einführung eingehalten werden. Hier kommt auch das Die Plattform stößt auch auf Interesse bei Wissensmanagement ins Spiel, das bei der anderen Städten und Gemeinden, es gibt hier Stadt Linz eng mit dem Beschwerdemanage- laufend Anfragen und auch bereits Umset- ment verflochten ist. zungen. Die Homepage ist auf Open-Source- Basis entwickelt und die Source Codes wer- Der Veranstalter des den von uns unentgeltlich weitergegeben.1 international renom- Eine gemeinsame Marke „Schau auf...“ hätte mierten Medienwett den Vorteil, dass sich die gleichartige App bewerbs „Prix Ars Elec- auch in anderen Städten unter dem Namen tronica“, hat „Schau auf etabliert und dort leichter gefunden werden Linz“ von sich aus für kann, Synergien bei Weiterentwicklungen und den Wettbewerb 2014 Foto: © Magistrat der Stadt Linz Updates sind zu erwarten. nominiert. Das unter- streicht welche breite Ein wesentlicher Faktor des Erfolges der Platt- Aufmerksamkeit die form liegt in der Transparenz und den Kommu- Plattform schon er- nikationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und reicht hat. < 1 Dies umfasst allerdings nicht die App. Kommentar senden #1 2014 KDZ FORUM PUBLIC MANAGEMENT 19
Sie können auch lesen