Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Deutscher Journalisten-Verband                                         ISSN 1861-9517
             Landesverband Hessen e. V.                                                 Ausgabe 4
             Gewerkschaft der Journalisten                                                 2022

                       Foto des Jahres
                      von Boris Roessler

Mediengesetz:              Weiterbildung:          Ortsverbände:         Weihnachts-Satire:
Offene Kanäle geschont,    Das Seminarangebot      Wo die Vorsitzenden   Knorrs Klassiker
Bürgerradios gestärkt      im ersten Halbjahr      engagiert sind        endlich verfilmt

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Meinung                     Nachrichten                         Medien                                          Internes                                           Personalien

                                            Aus dem Inhalt
                                            Editorial:
                                            Sparen ja, aber bitte nicht an der falschen Stelle ................................................................................... 3
Organ des Landesverbandes
Hessen (Rheinbahnstraße 3, 65185            Pressefoto-Wettbewerb:
Wiesbaden) und des Deutschen                Wie Boris Roesslers Foto des Jahres zustande kam ............................................................................. 4
Journalisten-Verbandes e. V., Ge-           Wie groß die Resonanz auf die 16. Auflage war .................................................................................... 6
werkschaft der Journalisten.                Kommentar zur Qualität des Fotojournalismus . .................................................................................. 8
33. Jahrgang, Dezember 2022                 Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk:
Herausgeber:                                Was von Buhrows Brandrede geblieben ist ........................................................................................... 9
Deutscher Journalisten-Verband              „Journalismus im Hintetrland“:
Landesverband Hessen e. V.                  Best-Practice-Beispiele jenseits des Mainstreams ............................................................................... 11
V. i. S. d. P.:                             Rechtstipp:
Knud Zilian                                 Arbeitsplatzkündigung nicht klaglos hinnehmen ................................................................................ 12
Redaktion:                                  Hessisches Mediengesetz:
Jens Brehl (bre),                           Offene Kanäle und Bürgerradios können aufatmen ............................................................................ 13
Andreas Lang (ala),
                                            Weiterbildung:
Koordination:                               Das vielfältige Seminarangebot des DJV Hessen ................................................................................ 14
Andreas Lang
                                            Bundesverbandstag in Lübeck:
Schlussredaktion:                           Geht doch mit digitalen Abstimmungen .............................................................................................. 17
Andreas Lang, Maik Schulz
Titelbild:
Wolfgang Kühner
Anzeigen:
Axel Häsler
Anschrift der Redaktion:
Rheinbahnstraße 3
65185 Wiesbaden
Telefon: 06 11-3 4 1 9 1 24
Telefax: 06 11-3 4 1 9 1 30
E-Mail: info@djvhessen.de
Homepage: www.djvhessen.de

Erscheinungsweise:
viermal jährlich
Für Mitglieder im DJV Hessen ist der
Heftpreis im Mitgliedsbeitrag enthal-
ten.
ISSN 1861-9517
Gestaltung und Herstellung:
MSB VVW GmbH & Co. KG, Gotha                                                                                                                   Foto: ala

Veröffentlichungen, die nicht
                                            Orts- und Bezirksverbände:
ausdrücklich als Stellungnahme
                                            Neue Reihe: Wo und wie die Vorsitzenden engagiert sind . ................................................................ 18
des DJV-Vorstandes gekennzeich-
net sind, stellen die persönliche           Ortsverband Darmstadt:
                                            Europa-Abgeordneter Gahler zu Gast .................................................................................................. 20
Meinung des Verfassers dar. Für un-
verlangt eingesandte Manuskripte            Satire:
kann keine Haftung übernommen               „Erna, der Baum nadelt!“ – endlich auch im Bewegtbild ................................................................... 20
werden. Nachdruck, auch auszugs-            Kolumne:
weise, nur mit Genehmigung des              Kontrapunkte gegen Krisen ................................................................................................................... 22
Herausgebers.                               Fachausschuss Freie:
                                            Neuer Titel, neues Gesicht, neue Impulse ........................................................................................... 23
                                            „Fotografen haben Namen“:
  Achtung:                                  Erhebung wird kommendes Jahr fortgesetzt ....................................................................................... 24

  Texte für die nächste „Blickpunkt“-       Jenaer Medienrechtliche Gespräche:
  Ausgabe müssen an maxala@                 Instrumente für Jugendmedienschutz an der Hand ............................................................................ 25
  online.de eingereicht werden.
                                            Rezension:
                                            „Titanic“-Chefredakteur gibt Romandebüt .......................................................................................... 28

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
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Endlich wieder ein Jahr der Begegnungen
A                    A
    uch das Jahr 2022 war ein schwieriges, wenngleich es wie-
    der aufwärts ging. Man konnte sich wieder begegnen, Aug‘
in Aug‘ diskutieren, philosophieren oder
                                                                        nsonsten ist es ein Jahr des Sparens – aber bitte nicht
                                                                        an der falschen Stelle. Gerade Gewerkschaften – wie
                                                                                         auch Berufsverbände – sind ein wich-
auch einfach nur quatschen. Das hatte                                                    tiger Bestandteil unserer Demokra-
lange gefehlt in den Hochzeiten der Pan-                                                 tie. Und doch verzeichnen alle einen
demie. Und so habe ich mich auch sehr                                                    deutlichen Mitgliederschwund. Wir
gefreut, dass wir die Siegerehrung unse-                                                 als DJV Hessen sind noch gut auf-
res Fotowettbewerbs Hessen/Thüringen                                                     gestellt, auch weil unsere Serviceleis-
in diesem Jahr – nach zwei Jahren der As-                                                tungen gut und wichtig für die Mit-
kese – wieder in Präsenz feiern konnten.                                                 glieder sind.

B   esonders habe ich mich gefreut, dass
    die neue Landtagspräsidentin, Astrid
Wallmann, sich sehr schnell bereit erklärt
                                                                                         V   or allem der Rechtsschutz ist zur-
                                                                                             zeit stark gefragt, in Zeiten der
                                                                                         Krisen kein Wunder. Wer Einkom-
hatte, hierfür (so wie alternierend in Thü-                                              mensverluste hinnehmen muss, soll-
ringen die dortige Landtagspräsidentin                                                   te sich an unsere Geschäftsstelle in
Birgit Pommer) die Schirmherrschaft zu                                                   Wiesbaden wenden und prüfen las-
übernehmen. Und auch für die Siegereh-         Knud Zilian, Landesvorsitzender           sen, ob gemäß unserer Beitragsord-
rung war sie eine wahre Bereicherung. Sie      DJV Hessen                                nung ein zeitweiliges Absinken der
outete sich schnell als Freundin der Foto-         (Foto: Wolfgang Kühner)              Beiträge möglich ist.
grafie.

I n meiner Rede hielt ich aber auch nicht hinterm Berg, dass
  gerade unsere Kolleginnen und Kollegen Bildjournalisten
                                                                   U    nd damit will ich unseren Damen in der Geschäfts-
                                                                        stelle danken für ihren Einsatz für die Mitglieder. Dank
                                                                   auch an auch unseren Geschäftsführer Adrian Jäckel, der
immer noch keinen leichten Stand haben: Dumpingpreise für          sich sehr schnell in die rechtlichen Problematiken einge-
Bilder, oft keine Namensnennung der Urheber der Bilder in          arbeitet hat. Danken will ich auch meinen Kolleginnen und
Print und Online und die Tatsache, dass einige Medien auch         Kollegen im Vorstand, dass wir zusammen so gut durch
noch preiswertere oder gar kostenlose Bilder von Einsatzkräf-      die Pandemie und hoffentlich auch die Ukraine-Krise ma-
ten der Feuerwehr übernehmen, als sie von Fotojournalisten         növriert sind.
zu erwerben. Das verzerrt den Wettbewerb, das darf nicht sein,
das werden wir als DJV-Hessen immer wieder monieren, bei
Politik und Leitung von Einsatzkräften. Diese machen einen
guten Job. Der Job der Bildjournalisten ist, darüber mit ihren
                                                                   I hnen/Euch, lieber Mitglieder wünsche ich berufliche Erfolge,
                                                                     gesegnete Festtage und einen guten Start ins neue Jahr.

Bildern zur Berichterstattung beizutragen.                         Euer Knud Zilian

                                                                                                       Frohe
                                                                                                       Festtage
                                                                                                       und einen
                                                                                                       besinnlichen
                                                                                                       Jahresausklang im
                                                                                                       Kreis der Familie
                                                                                                       oder mit guten
                                                                                                       Freunden und
                                                                                                       Kollegen

                                                                                                       Für das neue Jahr
                                                                                                       2023
                                                                                                       Gesundheit und
      c W. MINICH

                                                                                                       viel Glück
      O

                                                                                                        Foto:  Wolfgang Minich

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Meinung                     Nachrichten                       Medien                    Internes                    Personalien

Monumentaler Grabstein
Foto-Wettbewerb Hessen-Thüringen: dpa-Fotograf Boris Roessler gelingt
bedrückendes Foto des Jahres – Beste Serie von Steve Bauerschmidt

  Foto des Jahres: Inmitten einer niedergebrannten Waldfläche bei Münster in Südhessen löschen Feuerwehrleute nach tagelangem Kampf
  letzte Glutnester.                                                                                             Foto: Boris Roessler

Es bildete nicht – wie in den     nommen, für die von den            auch ein Zeichen der Hoff-         weil auf dieser Blickebene die
beiden Vorjahren – den Um-        DJV-Landesverbänden Hes-           nung aus. Denn Roessler hat        Dramatik der Naturkatastro-
gang mit der Pandemie in          sen und Thüringen berufene         den Ausschnitt so gewählt,         phe in der Umgebung von
Hessen ab. Es drückte auch        Jury des Fotowettbewerbs           dass die Straßenkreuzung,          Münster im südhessischen
nicht die Konsequenzen des        Hessen-Thüringen ragte es          die die Szenerie während           Kreis Darmstadt-Dieburg
Ukrainekriegs im benach-          unter den Einreichungen            der Nachlöscharbeiten an           gar nicht zum Ausdruck ge-
barten Thüringen aus. Und         von immerhin 55 Teilneh-           Glutnestern durchschnei-           kommen wäre. Stattdessen
dennoch kam auch das Foto         merinnen und Teilnehmern           det, ein Kreuz auf einem           hat er mittels Drohne eine
des Jahres 2022 an einer der      heraus.                            granitschwarzen Grabstein          Draufsicht gewählt. Damit
Katastrophen dieser Zeit                                             bildet. Überhaupt ist seine        konnte Roessler zum einen
und wie sie sich in unserer       In all der Schwärze und Tris-      Aufnahme eine durchdachte          die exakte Position des vom
Region niederschlagen nicht       tesse, die die verkohlten          Komposition, kein schneller        Straßenverlauf gebildeten
vorbei.                           Baumstämme auf den ers-            Schnappschuss.                     symbolischen Kreuzes wäh-
                                  ten Blick verbreiten, strahlt                                         len, konnte aber auch das
Boris Roessler hatte es Mit-      die Aufnahme des Frankfur-         Sie beginnt damit, dass er         Ausmaß der hektarweiten
te August nach einem Wald-        ter dpa-Fotografen bei ein-        nicht klassisch aus der Ho-        Zerstörung auf der abge-
brand in Südhessen aufge-         gehender Betrachtung doch          rizontalen fotografiert hat,       brannten Waldfläche ver-

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
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deutlichen, die das Motiv                                                                          deutungsvolle Details. Der
dominiert. Und die Macht-                                                                          gelbe Traktor und der blaue
losigkeit des Menschen und                                                                         Grubber zum Beispiel, mit
seiner Hilfsmittel, in diesem                                                                      denen der Agrar-Künstler
Fall spielzeugkleiner Feuer-                                                                       seine Solidarität mit der Uk-
wehrfahrzeuge und noch                                                                             raine zum Ausdruck bringen
winzigerer Löschschläuche,                                                                         will.
im Angesicht einer tagelang
ungebändigten Naturgewalt                                                                          Solche gute Nachrichten
vor Augen führen. Hand-                                                                            werden von Lesern und
werkskunst eines profes-                                                                           Zuschauern in ihrer News
sionellen Fotojournalisten                                                                         Fatigue nicht nur eingefor-
eben, die den ersten flüch-                                                                        dert, sie verdienen auch
tigen Blick des Betrachters                                                                        Aufmerksamkeit, wie sie in
bannt und in dessen ge-                                                                            diesem Fall nur guter Foto-
danklicher Fortsetzung in                                                                          journalismus produzieren
der Fantasie aus einem Bild                                                                        kann. Constructive Journa-
einen Film entstehen lässt.                                                                        lism mit der Kamera. Oder
Mit einem Plot, wie er in                                                                          wie es Laudator Matthias
einem schnellen Tweet oder                                                                         Haupt abstrahierend aus-
einem Post mit wenigen Zei-                                                                        drückte: „Die in den Fotos
chen nicht erzählt werden                                                                          erkennbare notwendige prä-
kann.                                                                                              zise Bedienung des schwe-
                                                                                                   ren Geräts und der trotz
  Drohne aufsteigen                                                                                allem aufgewirbelte Staub
       lassen                     Landtagspräsidentin Astrid Wallmann gratuliert Boris Roessler.   lassen sich mit etwas gu-
                                                                         Foto: Wolfgang Kühner    tem Willen vielleicht sogar
Dabei, so erzählt Roess-                                                                           auf die Weltpolitik übertra-
ler im Gespräch mit dem         die Symbolik, der verstören-      nem Siegerbild inszeniert        gen: Denn die politischen
„Blickpunkt“ war die Auf-       de Kontrast zwischen dem,         hat, zu formulieren, bleibt      Ereignisse in diesem Jahr
nahme ursprünglich so gar       was sein sollte und dem was       dem Betrachter überlassen.       führen schmerzhaft vor Au-
nicht geplant. Zunächst         geblieben ist. Die Folgen ei-     Es ist nicht sein erstes Foto,   gen, dass der Wunsch nach
wollte er nur am Ball blei-     nes Waldbrands, nicht ver-        das er für den Pressefoto-       Frieden großen Aufwand
ben, die Einladung von Feu-     sinnbildlicht durch züngeln-      wettbewerb eingereicht hat,      bedeuten kann.“
erwehrleuten zu Restlösch-      de Flammen, sondern durch         aber das erste, das er per
arbeiten annehmen. Keine        das, was sie übrig gelassen       Drohne aufgenommen hat.          Große Politik kondensiert
aufschreckenden lodernden       haben. Diese Komposition                                           auf einem kleinen Thürin-
Flammen mehr, sondern           war der Jury die Siegesprä-          Weitere Drohnen-              ger Acker. Im Fall der bes-
nur noch die Tristesse ver-     mie von 2000 Euro wert.             aufnahme prämiert              ten Serie wäre dieses Pa-
brannter Erde. Die aber im-                                                                        radebeispiel von Fotojour-
mer noch so heiß war, dass      Eigentlich, so Matthias           Interessanterweise hat die-      nalismus nicht ohne eine
sie nicht gefahrlos betreten    Haupt, Abteilungsleiter In-       ses Hilfsmittel zu gleich        weitere Fertigkeit möglich
werden konnte.                  formation und Kommunika-          zwei      Bestprämierungen       gewesen: der Pflege von
                                tion im Sparkassen- und Gi-       geführt. Denn auch die           Kontakten und Netzwer-
„Auf dem Boden sah das          roverband Hessen-Thürin-          beste Serie von Steve Bau-       ken. Am Vorabend seiner
alles nicht sonderlich spek-    gen, in seiner Laudatio wür-      erschmidt aus dem thürin-        einsamen Aktion hatte der
takulär aus.“ Was sich als      de das menschliche Auge in        gischen Nesse-Apfelstädt         Landwirt Bauerschmidt an-
das Glück eines findigen        einem Waldstück hoch auf-         entfaltet erst aus luftiger      gerufen und den Fotografen
Fotografen herausstellen        ragende grüne Bäume er-           Höhe betrachtet ihre volle       dazu gebeten. „Es war sein
sollte. Was zunächst nach       warten. Stattdessen hier ein      Wirkung: Das Peace-Zei-          Wunsch, dieses Zeichen in
einer fruchtlosen Dienst-       apokalyptischer Blick auf         chen, das ein Landwirt in        die Welt zu tragen und sicht-
reise roch, entpuppte sich      eingeknickte und verkohlte        sein Feld bei Erfurt gepflügt    bar zu machen.“ Dank eines
dank Roesslers Improvisa-       Stämme, wie Mikadostäbe           hat, ist vom Boden aus nicht     professionellen Fotografen,
tionsgabe und Geistesge-        auf einer riesigen Waldflä-       sichtbar. Seine Genese und       des Fotowettbewerbs der
genwart als Chance. Denn        che verteilt. „Was in einem       der imposante 200-Meter-         DJV-Landesverbände Hes-
er ließ eine Drohne aufstei-    intakten Wald aufgerichtet        Durchmesser des Endergeb-        sen und Thüringen und des
gen – und gewann damit          sein sollte, liegt hier am Bo-    nisses erschließen sich erst     Appells des Hauptsponsors
eine ganz andere Perspek-       den zerstört.“ Eine fiktive       mit dem exklusiven Blick         hat es seine Wirkung ent-
tive. Die so viele Facetten     Inschrift auf dem stilisier-      von oben herab. Die Sym-         faltet.
vermittelt: das Ausmaß, die     ten Grabstein mit schwarzer       biose aus Boden- und Luft-
beschränkten Hilfsmittel,       Platte, den Roessler mit sei-     aufnahmen enthüllen be-                        Andreas Lang

                                Seite 5                     4/2022
Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Meinung                     Nachrichten                         Medien                          Internes                    Personalien

Ohne Worte
55 Fotografinnen und Fotografen beteiligen sich an 16. Auflage des
gemeinsamen Fotowettbewerbs der DJV-Landesverbände Hessen und Thüringen
Der Fotowettbewerb der DJV-Landesver-
bände Hessen und Thüringen bleibt eine
Marke, in der Branche, in der Landespoli-
tik und bei den Sponsoren. Mit diesem
guten Gefühl konnten die Organisatoren
nach der Preisverleihung zur 16. Auflage
Ende November den Hessischen Landtag
wieder verlassen.

Der hessische Landesvorsitzende Knud
Zilian konnte nicht oft genug betonen,
wie sehr solch ein Format vom Austausch
beim gemeinsamen Betrachten in Prä-
senz profitiert – eine Möglichkeit, die die
Pandemie zwei Jahre lang verwehrt hatte.

Zilian hob dies in seiner Eröffnungsrede
im Forum des Landtags hervor, bei den
Tonaufnahmen für die Homepage und               Ein bisschen Frieden: Peace-Zeichen auf einem Acker bei Erfurt.      Foto: Steve Bauerschmidt
die Social-Media-Kanäle des DJV Hessen,
aber auch im Smalltalk vor den Bildern,
die Vorstandsmitglied Axel Häsler und         der Preisverleihung präsent sind. Die neue             erreichen, meinte Wallmann in Anspielung
der Frankfurter Fotograf Wolfgang Minich      hessische Hausherrin Astrid Wallmann                   etwa auf die Vereidigung des damaligen
in stundenlanger Arbeit arrangiert hat-       nahm sich dafür fast zwei Stunden Zeit,                hessischen Umweltministers Joschka Fi-
ten. „Gute Fotos benötigen für Informa-       lobte die Qualität der Einreichungen. „Dank            scher für das Kabinett von Holger Börner
tionen nur einen Augenblick. Sie können       guter Fotografien werden Dinge sichtbar                in Turnschuhen. Oder sie bündelten einen
ohne Worte Geschichten erzählen. Sie          gemacht, die dem Auge und der Wahrneh-                 historischen Moment in einer Aufnahme,
dokumentieren, wie sich Mode, Städte          mung sonst entgangen wären“, würdigte                  so wie die Menschen, die am 9. November
und Natur verändert haben“, formulierte       sie. Sie formten eine Realität mit, die uni-           1989 die Berliner Mauer erklommen.
der hessische DJV-Chef im Vorwort zum         versell verständlich sei, unabhängig von
Ausstellungskatalog den Anspruch an vi-       Sprache und Nationalität. Als Zeitzeugnis-             Herausragende Beispiele fotografischer
suellen Qualitätsjournalismus.                se könnten sie mitunter ikonischen Status              Kunst, wie sie der Fotowettbewerb her-

Der unter vielfach erschwerten Rahmen-
bedingungen produziert werden muss.
So vergaß Zilian nicht, auf die prekäre
Situation vieler Fotografinnen und Foto-
grafen hinzuweisen. Nicht nur drückten
manche Verlage ihre Honorare, griffen
eher auf Bilder von Einsatzkräften zurück
oder beauftragten Redakteure, kosten-
schonend mal eben noch zum Smart-
phone zu greifen. Bei der Publikation
werde auch immer wieder der Name des
Urhebers unterschlagen, eine sich ver-
breitende Untugend mangelnder Wert-
schätzung und wirtschaftlich schädlich
für das Eigenmarketing.

    „Universell verständlich“
Guter Brauch ist es beim Fotowettbe-
werb, dass die Landtagspräsidentinnen die       Schwindelfrei: akrobatische Motorradshow vor dem Gothaer Rathaus.           Foto: Jacob Schröter
Schirmherrschaft übernehmen – und bei

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Meinung                        Nachrichten                            Medien                           Internes                       Personalien

                                                                                                            straße aufmerksam geworden, habe ihn
                                                                                                            überholt und sich an einer Stelle platziert, an
                                                                                                            der er den Kontrast zu den leuchtend gelben
                                                                                                            Rapsfeldern vor der Kulisse der nordthürin-
                                                                                                            gischen Stadt habe hervorheben können,
                                                                                                            berichtete der Fotograf.

                                                                                                            Mit der Kategorie „Umwelt und Natur“
                                                                                                            schließlich schließt sich der Kreis hin zum
                                                                                                            Foto des Jahres. Mit einem allegorischen
                                                                                                            Bild, das die Folgen des Hitzesommers für
                                                                                                            die Landwirtschaft im Vogelsbergkreis im
                                                                                                            besorgten Blick eines Bauers konzentriert,
                                                                                                            hat Lucas Bäuml, Redaktionsfotograf der
                                                                                                            Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das The-
                                                                                                            ma Klimawandel aufgegriffen, das auch
                                                                                                            dem Foto des Jahres von Boris Roessler
                                                                                                            zugrunde liegt.
 Besorgter Blick: Landwirt Peter Hamel überprüft den Wasserstand eines Trinkwassertanks.
                                                                                Foto: Lucas Bäuml
                                                                                                            Bäuml nannte das Pressefoto Hessen-Thü-
                                                                                                            ringen in einem Atemzug mit renommier-
vorbringe, verdeutlichten auch den Un-             Die Rubrik „Sport und Freizeit“ gewann                   ten Wettbewerben wie der „Rückblende“
terschied zwischen vermeintlichem Kön-             Christoph Keil aus Nordhausen mit dem                    der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei
nen mit dem eigenen Smartphone und                 bestdotierten Schnappschuss, der gleich-                 oder den World Press Foto Award. Ins-
genuiner Professionalität von Fotogra-             wohl wehtut. Für den Fuß des Verursachers                gesamt sind die mehrere hundert Einrei-
finnen und Fotografen mit geschultem               im rechten Winkel im Gesicht des gegne-                  chungen der 55 Fotografinnen und Foto-
Blick, unterschied die Landtagspräsiden-           rischen Spielers sah der Foulende zu recht               grafen, aus denen die achtköpfige Jury un-
tin zwischen Wunsch und Wirklichkeit.              gelb-rot.                                                ter Vorsitz von DJV-Landesvorstandsmit-
Weswegen sie eigene Versuche allenfalls                                                                     glied Axel Häsler die Qual der Wahl hatte,
an die heimische Wand hänge, während               In der Kategorie „Technik und Verkehr“ spie-             weniger von den Pandemiefolgen geprägt
ihr Büro Aufnahmen der Frankfurter Foto-           gelte sich einmal mehr die Nähe des Uk-                  gewesen und strahlten tendenziell wieder
grafin Barbara Klemm zierten.                      rainekriegs wider. Die Aufnahme von Marco                mehr Leichtigkeit und Augenzwinkern aus.
                                                   Kneise, Redakteur der „Thüringer Allgemei-               Auch weil das öffentliche Leben wieder
          Sechs Kategorien                         ne“ in Nordhausen, zeigt einen Marder-Pan-               mehr Motive dafür hergibt. Oder um es
           ausgeschrieben                          zer auf dem Weg zum Ringtausch nach Slo-                 in den prägnanten Worten des Landes-
                                                   wenien. Sie steht exemplarisch dafür, dass               vorsitzenden Knud Zilian auszudrücken:
In sechs Kategorien sind die Besten ge-            ein gutes Bild eine Mischung ist aus Intuition           „Bilder vom Schreibtisch im Home Office
kürt worden. In der Rubrik „Menschen               und Inszenierung: Auf dem Weg zur Arbeit                 zu machen, das geht gar nicht.“
und Momente“ überzeugte Jacob Schröter             sei er auf den Spezialtransport auf der Land-                                                  ala
aus Erfurt mit seinem Bild „Akrobatik in
schwindelerregender Höhe“ mit einer Ein-
lage von Hochseilartisten auf dem Gothar-
dusfest in Gotha. Fun fact am Rande: Als
die Aufnahme des streng geometrisch von
Seilen umspannten Rathausturms wäh-
rend der Laudatio auf der Leinwand einge-
spielt wurde, wäre beinahe das Thüringer
Vorstandsmitglied Bernd Seydel aufge-
standen, um sich den Preis abzuholen. Er
hatte eine nahezu identische Aufnahme
dieser außergewöhnlichen Konstellation
gemacht. Wofür zwei professionelle Foto-
grafen eben ein Auge haben …

In der Kategorie „Kultur und Gesell-
schaft“ zeigt das Siegerfoto des freien Frank-
furter Bildjournalisten Frank Rumpenhorst
Zuschauer in einem Open-Air-Kino vor der
farbgewaltigen Skyline der Bankmetropole
im Abendlicht. Eine Szenerie, wie sie zwei           Der Krieg so nah: Ein Marder-Panzer wird durch Nordthüringen transportiert.       Foto: Marco Kneise
Jahre lang nicht möglich gewiesen ist.

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Meinung                         Nachrichten                            Medien                     Internes                        Personalien

Sie haben‘s drauf
Gut, dass es den Pressefotowettbewerb der DJV-Landesverbände                 von der Demonstrationsfront aus. Wenn sie mit der Kamera in
Hessen und Thüringen gibt. Auch und gerade 15 Jahre nach                     der Hand nur schief angeschaut würden, sei das noch harmlos.
seiner Premiere. Das sagt sich auch der Hauptsponsor, der                    „Darüber können wir mittlerweile hinwegsehen.“ Schärfer treffen
Sparkassenverband Hessen-Thüringen, und trägt ihn weiter mit.                die unverhohlenen verbalen Attacken und Beleidigungen, auch
Das zeigten die angeregten Gespräche der politischen Prominenz               in der kleinsten Stadt. „Die kommen dann von Menschen,
vor den ausgestellten Bildern im Hessischen Landtag. Und das                 mit denen man Wochen zuvor eine ganz andere Geschichte
drückte sich – allem voran – in der ungebrochen hohen Qualität               gemacht habt“, beschreiben Thüringer Fotografen verstörende
der Wettbewerbsbeiträge aus, aus denen die Fachjury Jahr für                 Erfahrungen. Der Gedanke, sich vorsorglich mit Pfefferspray zu
Jahr wählen muss. Mit anderen Worten: Die Fotografinnen und                  wappnen, ist jedenfalls nicht mehr weit. Qualitätsjournalismus
Fotografen aus Hessen und Thüringen haben’s drauf.                           unter Rechtfertigungszwang.

Vor allem aber kann der Landesverband mit diesem Format ein                  Da machen sich die Sorgenfalten festangestellter Fotografen wie
wirksames Schlaglicht werfen auf die Arbeitsbedingungen der                  Roessler eher klein aus, der von den steigenden Anforderungen an
(überwiegend freiberuflichen) Fotografinnen und Fotografen                   die großen Agenturen berichtete, maßgeschneidertes Bildmaterial
im Land. Und diese können aus erster Hand erzählen von den                   auch für kleine Redaktionen zu liefern. Diese Erwartungshaltung
Umständen, unter denen dennoch klasse Aufnahmen gelingen.                    und die geografischen Distanzen erhöhen den Zeitdruck, stellen
Von dem besonderen Blick etwa auf den Straßenverkehr, der auf                im redaktionellen Alltag immer seltener die Bedingungen, um
den offenen Transporter mit einem Marder-Panzer gelenkt wird,                eine preisverdächtige Aufnahme zu inszenieren.
der dann abgefangen und vor einem leuchtend gelben Rapsfeld
vor Harzer Kulisse in den Fokus genommen wird.                               Wie sehr das in Hessen und Thüringen dennoch gelingt, davon legt
                                                                             auch die 16. Auflage des Fotowettbewerbs Hessen-Thüringen ein
Oder von den Tagen und Nächten, die in der Hochphase der                     eindrückliches visuelles Zeugnis ab. Und animiert Sponsoren wie den
Pandemie im Auto verbracht wurden, weil die Redaktionen                      Sparkassenverband Hessen-Thüringen, diese besondere Form der
nicht mehr erreichbar waren. Also wurde improvisiert,                        Öffentlichkeitsarbeit mit ungebrochenem Engagement zu fördern.
unter wegs editier t, und als Nahrungsquelle diente
hauptsächlich die Tankstelle, berichtete der Urheber des Foto                Das Video zur Preisverleihung auf YouTube: https://www.
des Jahres, Boris Roessler.                                                  youtube.com/watch?v=ArzEkv5vBc8
                                                                             Der Ausstellungskatalog: https://www.djv-hessen.de/
Beklemmender fallen die Berichte der Kollegen aus Thüringen                  landesverband/pressefoto-wettbewerb
                                                                                                                                          – Anzeige –

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Meinung                    Nachrichten                        Medien                       Internes                   Personalien

Die Ruhe nach Buhrows Sturm
Was von der Brandrede des scheidenden ARD-Vorsitzenden
geblieben ist – und welche Rolle hr-Intendant Florian Hager zukommt
War da nicht ein Grundrau-                                                                                Augen-Prinzip bei Abschlüs-
schen im Hamburger Über-                                                                                  sen oder Genehmigungsvor-
see-Club? Hatte Tom Buhrow                                                                                behalten. Kein Wort davon,
da nicht Anfang November                                                                                  dass die seinerzeit wiederum
eine mediale Revolution aus-                                                                              eine Reaktion waren auf die
gerufen? Weniger von allem,                                                                               Causa Jürgen Emig. Der eins-
gegossen in einen Genera-                                                                                 tige Sportchef war wegen Be-
tionenvertrag? Als Privatmann                                                                             stechlichkeit, Beihilfe zur Be-
wohlgemerkt hat er seine                                                                                  stechung und Untreue im Amt
Thesen zur Programmreform                                                                                 zu einer Gefängnisstrafe und
im edlen Ambiente angeschla-                                                                              einer Schadenersatzleistung
gen, nicht als WDR-Intendant                                                                              an den hr verurteilt worden.
und schon gar nicht als zu die-
sem Zeitpunkt amtierender                                                                                       Unbequeme
ARD-Vorsitzender. Was ist aus                                                                                   Kreuzverhöre
seinem Plädoyer zur Moderni-
sierung des öffentlich-recht-                                                                             Die Ruhe nach Buhrows Navi-
lichen Rundfunks geblieben?                                                                               gationskurs für die Öffentlich-
War das nur ein Pfeifen im                                                                                Rechtlichen im Überseeclub
Walde oder ein Weckruf für die                                                                            trügt jedenfalls. Die öffentli-
Lordsiegelbewahrer des öf-                                                                                che Erregung mag abgeebbt
fentlich-rechtlichen Systems?                                                                             sein, hinter den Kulissen hält
                                                                                                          sie an. Das Eigenleben in der
Mit dem Abstand einiger Wo-                                                                               rbb-Chefetage wird die an-
chen und mit der Abkühlung                                                                                deren ARD-Anstalten teuer
der medialen Hyperventilation                           Stabile Säule in der Brandung: die Öffentlich-    zu stehen kommen. Aktuell
bleibt der Eindruck, dass die                           Rechtlichen versuchen sich wacker zu halten im    nicht (mehr) mit öffentlichen
                                                        Sturm der öffentlichen Debatten.     Foto: ala
Abschiedsrede des ARD-Vor-                                                                                Tribunalen, aber mit subtilen
sitzenden sich einreiht in die                                                                            Botschaften und kritischen
periodischen Nabelschauen         darauf reagiert haben, sind die     richtung einer solchen unab-        Kreuzverhören hinter ver-
zum Ist- und Soll-Zustand der     hessischen Landespolitiker,         hängig und frei von Zwängen         schlossenen Ausschusstüren.
klassischen audiovisuellen Me-    die das „Hessische Gesetz zur       und Proporzen agierenden            Weitere Anhörungen in den
dien. Die ob ihrer besonderen,    Modernisierung medienrecht-         Geschäftsstelle, die an wech-       Landtagen, erst recht in den
nämlich gebührenfinanzierten      licher Vorschriften“ geschärft      selnde Gremienvorsitzende           ostdeutschen, dürften nicht
Verantwortung um ihre gesell-     und die Kontrollmedien des          berichtet nicht, eher die Auf-      bequem werden, für die Inten-
schaftliche Relevanz ringen.      hr gestärkt haben. Am Dorn-         lösung eines Anachronismus.         dantinnen und Intendanten
                                  busch wird tatsächlich eine                                             nicht und auch nicht für den
Mit Buhrow mal wieder mit         Geschäftsstelle für den Rund-       Der Medienstaatsvertrag soll        neuen Klassensprecher, den
etwas mehr Theaterdonner.         funk- und Verwaltungsrat ein-       entsprechend angepasst wer-         ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke
Am Ende seiner langen öffent-     gerichtet, eine Forderung, die      den, hat Axel Wintermeyer,          vom SWR.
lich-rechtlichen Karriere geht    der DJV-Landesvorsitzende           Chef der Hessischen Staats-
es ihm offenbar auch um sein      und langjährige Gesamtper-          kanzlei, angekündigt. Und sei-      Im Kern hatte und hat Buhrow
Vermächtnis. Der Schlussak-       sonalratsvorsitzende Knud           nem Bundesland das moderns-         ja recht: So wird es nicht mehr
kord ist dennoch verklungen.      Zilian seit Jahren erhoben hat.     te Mediengesetz Deutschlands        lange weitergehen mit ARD
Die öffentliche Aufregung hat     Jetzt kommt das eigene Büro         attestiert. Das klingt fast so      und ZDF. Die Selbstherrlich-
sich genauso gelegt wie nach      also, mit der Folge, dass die       revolutionär wie Buhrows Kurs-      keiten beim rbb waren nicht
den Eigenmächtigkeiten, die       Gremienmitglieder sich nicht        buch für ARD und ZDF.               deren Todesstoß. Sie waren
sich die Senderspitze des rbb     länger an die Senderspitze                                              aber ein fatales Indiz, was im
herausgenommen hat.               wenden müssen, um sensib-           Wintermeyer glaubt, damit           System möglich ist. Buhrow
                                  le Fragen stellen zu können         dem Anspruch auf Checks and         signalisiert, dass er nicht nur
       hr-Gremien                 oder Auskünfte zu erhalten.         Balances beim hr ausreichend        verstanden hat, sondern aus
      unabhängiger                Ganz abgesehen davon, dass          Genüge getan zu haben.              Verzweiflung Mut schöpft.
                                  ein solches Büro in anderen         Schließlich verfolge der Sen-       Für ihn ist es an der Zeit,
Eine der wenigen, die mittler-    ARD-Anstalten gängige Praxis        der bereits eine überzeugende       weiterzudenken: Ausbruch
weile öffentlichkeitswirksam      ist: Ein Fortschritt ist die Ein-   Compliance-Praxis mit Vier-         aus dem dualen System von

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Foto des Jahres von Boris Roessler - DJV Hessen
Meinung                      Nachrichten                          Medien                      Internes                      Personalien

ARD und ZDF, Kassensturz
bei den Leistungen im linea-
ren Bereich und im kulturellen
Engagement, „eine Art verfas-
sungsgebende Versammlung
für unseren neuen, gemein-
nützigen Rundfunk“ und dar-
aus abgeleitet einen Genera-
tionenvertrag – Tom Buhrow,
der Konrad Adenauer der
Öffentlich-Rechtlichen, Vater
eines neuen Grundgesetzes
für ARD und/oder ZDF und/
oder was auch immer von ih-
nen bleibt.

    Hoffnungsträger
         Hager
Aktiv gestalten würde der 64-Jäh-
rige ein solches ohnedies nicht                                            Digital native unter den Analogen: Für das senderinterne
mehr. Das wären in der nächsten                                            Vorstellungsvideo haben die Jungen im hr-Intendant Florian Hager
Intendantengeneration vielleicht                                           auch in Rotlicht getaucht.                            Repro: ala
noch Yvette Gerner (55) von Ra-     Und dann ist auch Hager von der
dio Bremen, vor allem aber der      Wirklichkeit im öffentlich-rechtli-   zur Programmgestaltung umzu-         auf dem Intendantengipfel mit
neue ZDF-Intendant Nobert           chen Gefüge eingeholt worden.         wandeln.                             seinem SWR-Kollegen Kai Gniff-
Himmler (51) und dernoch recht      In der ersten Empörungswelle                                               ke, zu dem der DJV-Ortsverband
neue hr-Chef Florian Hager (46).    um die fragwürdigen Führungs-         Auch Hager ist nach der ersten       Wiesbaden im Oktober mit ein-
Er ist der Newcomer in der Füh-     praktiken beim rbb ist Hager in       Erregungskurve rhetorisch wie-       geladen hatte (siehe Artikel im
rungsriege, hat vor zehn Mona-      die PR-Offensive gegangen, hat        der in die Reserve gegangen,         vorherigen Blickpunkt).
ten Manfred Krupp beerbt. Mit       den Schaden fürs System nicht         wiederholt in öffentlichen Stel-
Vorschusslorbeeren ist Hager,       kleingeredet und besonnen er-         lungnahmen allenfalls sein Nar-      Und so ist Tom Buhrows ARD-
in der ARD kein Unbekannter,        klärt, warum er den hr davor          rativ von der Krise als Chance zur   Sinfonie mit dem Paukenschlag
in seine neue Führungsverant-       gefeit sieht. Der Gründungs-          Weiterentwicklung, vertrauens-       im Übersee-Club mit leisen Ak-
wortung gestartet. Skeptisch be-    geschäftsführer des öffentlich-       bildenden Maßnahmen und gu-          korden ausgeklungen. Er hat in
äugt von den Verteidigern des       rechtlichen Jugendkanals funk         tem Programm als Antwort auf         großer Besetzung aufgespielt
linearen Programms in Radio         ist zumindest ein Semi-digital-       schlechtes Management und            und das Thema groß variiert,
und TV hat er das Programm-         native, weiß die beiden medialen      die erdrückende Marktmacht           mit Crescendo und Fortissimo.
schema forsch aufgebrochen.         Welten zu vereinbaren, ist resi-      der Streamingdienste, dem ei-        Aber auf Spotify läuft schon der
Manchen Liebhabern gehen die        lient und eloquent genug, um          gentlichen Kontrahenten der Öf-      übernächste Song.
Störungen in den Hör- und Seh-      Druck von allen Seiten auszu-         fentlich-Rechtlichen. So äußerte                                 ala
gewohnheiten zu weit.               halten und in produktive Energie      sich der hr-Intendant etwa auch

  Was das Millionendefizit im hr-Haushalt zur Folge hat
  Nicht nur die Erwartungshaltungen als erster Full-Digital-              vor dem Gremium an. Nicht nur um finanziell handlungsfähig
  Intendant der ARD lasten schwer auf Florian Hager, den Neuen            zu bleiben und von der Inflation nicht erstickt zu werden. „Wir
  am Dornbusch. Ganz praktisch muss sich der 46-Jährige mit               werden in den kommenden zehn Jahren erleben, dass die digitale
  Altlasten auseinandersetzen, die immer weniger Spielraum für            die lineare Mediennutzung einholt“, prognostizierte er.
  Innovation und digitale Transformation lassen.
                                                                          Die Folge, die im öffentlichen Teil nur skizziert wird: Der hr werde
  Der Kassensturz beim hr, über den Mitte Dezember der                    (noch) kleiner werden, speziell im linearen Programmangebot.
  Rundfunkrat befand, weist ein beträchtliches Defizit von                Damit will der Intendant aber auch insgesamt flexibler werden.
  44 Millionen Euro aus. Im Haushaltsplan für 2023 stehen                 „Mit unseren Programmangeboten müssen wir für die Menschen
  Aufwendungen in Höhe von 597 Millionen Euro Erträge von                 in Hessen relevant bleiben“, gibt Hager als Strategie vor. „Das ist
  knapp 553 Millionen gegenüber. Größte Hypothek bleiben die              am Ende unsere wichtigste Legitimation.“
  Rückstellungen für die Altersvorsorge.
                                                                          Schwacher Trost für die Haushalter im hr: Wenige Tage zuvor hatte
  „Wir müssen uns völlig neu aufstellen, um auch in Zukunft               der benachbarte SWR mitgeteilt, dass er seinen Haushalt 2023 mit
  unserem Auftrag gerecht werden zu können“, kündigte Hager               einem Fehlbetrag von rund 147 Millionen Euro kalkuliert.  ala

                                    Seite 10                      4/2022
Meinung                        Nachrichten                          Medien                         Internes                      Personalien

Aus der Umklammerung
Welche neuen Wege vier Journalismus-Projekte gehen –
Dritte Station der DJV-Reihe von „Journalismus im Hinterland“
Wie kann Journalismus fernab der etab-                                                                     „Tsüri“ fing laut Simon Jacobi, Chefredak-
lierten großen Medienhäuser aussehen?                                                                      teur und Verleger, als Selbsthilfeprojekt
Und welche Chancen bieten sich freien                                                                      für angehende Journalist:innen an. Die
Journalisten? Fünf alternative Journalis-                                                                  beiden großen Tageszeitungen in der
mus-Projekte aus Deutschland, Öster-                                                                       Stadt würden seit Jahren Stellen abbau-
reich und der Schweiz gaben Anfang De-                                                                     en. Zudem sei die Zielgruppe „ein eher
zember Einblicke. Es war die dritte Ver-                                                                   älteres Publikum“. Diese Lücke hätten die
anstaltung der Reihe „Journalismus im                                                                      Journalismus-Studenten schließen und
Hinterland“. Organisiert vom DJV-Bun-                                                                      junge Menschen mit konstruktivem und
desfachausschuss Freie fand sie dieses                                                                     partizipativem Journalismus an relevante
Mal in Konstanz (Baden-Württemberg)                                                                        Themen heranführen wollen. „Die Welt
statt. Das Motto: „Hinterland – Journa-                                                                    braucht unser Projekt nicht. Aber Zürich
listische Grenzgänger im Dreiländereck                                                                     vermutlich schon“, sagen sie selbst. „Tsü-
– Kleine und große Projekte: Wie sie sich                                                                  ri.ch“ sollte es eigentlich nur zwei Jahre
finanzieren und was wir daraus lernen                                                                      geben. Von der Gründung eines neuen
können“.                                                                                                   Medienhauses hatten sie Abstand ge-
                                                                                                           nommen. Alle hätten ihnen abgeraten.
Vorgestellt wurden nicht nur Inhalte und                              Auch jenseits der Hauptstraße        „Es sei nicht finanzierbar, die Medien-
Möglichkeiten der Teilhabe für Rezipient:in-                          gedeiht kreativer Journalismus.      krise zu groß.“ Nun gibt es das Angebot
nen. Thematisiert wurden zudem alternati-                                                  Foto: ala      immer noch.
ve Finanzierungsmodelle, also über Anzei-
genkunden und Abonnements hinaus. Bei              berichtete. Das Online-Magazin „Seemoz“                 Der Weg, den die Macher einschlugen,
diesen journalistischen Projekten bieten die       gibt es seit 2007, „Kontext“ startete 2011 und       habe Vor- und Nachteile. „Der Vorteil: Wir
Macher:innen den Rezipient:innen eine wei-         „Tsüri.ch“ vier Jahre später.                        haben Tsüri konsequent vom Inhalt herge-
tere Option neben den Informationskanälen                                                               dacht, weil ein Geschäftsmodell für zwei
der großen Zeitungsverlage und Rundfunk-            „Am Gemeinwohl orientiert“                          Jahre unnötig ist. Der Journalismus steht
häuser und sorgen damit für ein breiteres                                                               bis heute im Zentrum. Der Nachteil: Wer
Angebot und Diversität.                            Die Macher:innen von „Karla“ sagen: „Der             etwas gründet und keine Ahnung hat, wie
                                                   bisherige Journalismus findet keine Antwor-          Geld zu verdienen ist, hat es schwer. Das
Am Vormittag lag der Fokus auf dem noch            ten auf die Herausforderungen unserer Zeit.          Aufbauen von Geschäftsmodellen hat
jungen Angebot „Karla“. Bei dem Konstan-           Eher verschärft er mit seiner Klickgetrieben-        viel Zeit und Kraft gekostet. Aber es hat
zer Stadtmagazin dreht sich alles um „eine         heit noch die Verrohung des öffentlichen             funktioniert.“ Werbung, Veranstaltungs-
neue Art des Lokaljournalismus“, wie sie           Diskurses und forciert die gesellschaftliche         sponsoring und die Unterstützung über
selber sagen. „Multimedial, partizipativ und       Spaltung.“ Mit ihrem Modell wollen sie da-           die Community finanzierten inzwischen
gemeinwohlorientiert.“ Die Macher:innen            her gemeinnützigen Lokaljournalismus ma-             das Portal.
sagen, „dass man die Welt heute nur ver-           chen. „Der nicht auf Profite aus ist, sondern
stehen kann, wenn man sie aus verschiede-          sich am Gemeinwohl orientiert.“ Sie wollen           Zweiten Gedanken entwickeln
nen Blickwinkeln betrachtet. Faktenbasiert.        nach eigener Aussage Journalismus, Partizi-
Frei von Ideologie“. Am Nachmittag boten           pation und Bildung miteinander verbinden.            Der Protest um Stuttgart 21 und die Un-
drei weitere Projekte Einblicke in ihren Alltag:   „Wir wollen mit karla den Bürger:innen die           zufriedenheit mit der Berichterstattung
die Stadtmagazine „Tsüri“ aus Zürich und           Möglichkeit bieten, einzutauchen und selbst          der etablierten Medien führte zur Grün-
„Seemoz“ aus Konstanz, die Stuttgarter Wo-         zu erleben, was Journalismus und aktive Mit-         dung der Stuttgarter Wochenzeitung
chenzeitung „Kontext“ und der Radiosender          gestaltung bedeuten.“                                „Kontext“. Mittlerweile erscheint sie
„Proton“ aus dem österreichischen Bundes-                                                               seit elf Jahren einmal in der Woche als
land Vorarlberg.                                   Die Redaktion fokussiere sich dabei auf              Onlinezeitung und einmal als Beilage
                                                   Schwerpunktthemen statt auf das Abbilden             in der Wochenendausgabe der „TAZ“,
Während sich die Gründer:innen von „Kar-           vom Tagesgeschehen wie es lokale Tages-              wie Redakteur Oliver Stenzel erklärte.
la“ vor gut zwei Jahren zusammenschlossen,         zeitungen in der Regel machen. Auch werde            Sie sei werbefrei und unabhängig, trage
sie im Mai eine große Crowdfunding-Aktion          von der ersten Sekunde der Recherche Par-            sich durch Spenden. „Kontext“, so be-
ins Leben riefen und im November dann              tizipation mitgedacht. Die Vision sei, „Karla“       schreiben es die Macher:innen selbst,
mit dem Magazin online gegangen sind,              zu einer „mutigen und progressiven Denk-             zeichne sich durch eine unabhängige
gibt es die anderen journalistischen Projekte      fabrik für Stadt und Region zu machen“.              Redaktion und als Verein für ganzheit-
schon länger. Das Älteste ist der freie Radio-     „Karla“ ist werbefrei. Die Finanzierung läuft        lichen Journalismus aus. Geboten wür-
sender „Proton“. Seit 1999 sendet er, wie          über Abos, Förderungen, Spenden und Ein-             den lange Texte, zweite Gedanken und
Rainer Roppele, Mitgründer und Moderator,          nahmen aus Eintritten und Seminaren.                 Recherche.

                                       Seite 11                      4/2022
Meinung                        Nachrichten                          Medien                         Internes                    Personalien

  Abseits des Herkömmlichen                                                                                     Während Idealismus und Passion
                                                                                                                zwar unabdingbar sind, kann mit
„Seemoz“ in Konstanz bildete sich ebenfalls                                                                     ihnen allein wohl kaum der Le-
aus einer Unzufriedenheit heraus. Nämlich                                                                       bensunterhalt bestritten werden.
über die der „konservativen Tageszeitung“.                                                                      Bleibt die Bezahlung im Journalis-
Das Team bestehe aus einer „kleinen Grup-                                                                       mus aus, kann er eigentlich nur
pe Journalist:innen und Fachleute“, die „das                                                                    als Hobby und Ehrenamt, nicht
Geschehen im Bodenseeraum engagiert                                                                             aber als Beruf betrieben werden.
und konstruktiv begleiten“. Sie verstehen                                                                       Hoffnung machen da Projekte
sich „als alternatives Medienprojekt“. Sie                                                                      wie „Karla“, „Tsüri“ und „Kon-
bieten Bildungsveranstaltungen an und fi-                                                                       text“. Sie spiegeln den Wunsch
nanzieren sich als Verein über Werbebanner                                                                      nach Veränderungen in der Medi-
und Spenden.                                                                                                    enlandschaft und denken gleich-
                                                                                                                zeitig Entlohnung mit. Sie wollen
Bei „Proton“ gehe es in erster Linie darum,                                                                     frischen Journalismus und weg
Gruppen und Menschen, die keinen Zugang                                                                         von den Arbeitsweisen der oft-
zu den lokalen Medien haben, die Möglich-                                                                       mals „konservativen Medienhäu-
keit zu bieten, ihre jeweilige Kultur, Sprache,                                                                 sern“, die sich – auch aufgrund
Weltsicht und vieles mehr öffentlich zu                                                                         der eigenen Strukturen – meist
machen, wie Rainer Roppele, Mitgründer                                                                          an ein älteres Publikum richten,
und Moderator, erklärte. Der Radiosen-                                                                          ja fast schon klammern. Tragen
der beschreite nicht nur Wege abseits des                                                                       neue Journalismus-Modelle sich
                                                    Innovation statt Tradition: Neue Modelle
Mainstreams, er sei auch multikulturell und         bereichern die Medienlandschaft, müssen sich                und die Mitarbeitenden finanziell,
mehrsprachig aufgestellt. Die Sendungen             am Ende aber auch rechnen.        Foto: ala                rütteln sie damit nicht nur ordent-
würden hauptsächlich von ehrenamtlichen                                                                         lich an den Monopolstellungen
Sendungsmacher:innen gestaltet. Vor Ort                                                                         vieler alteingesessener Verlage,
gebe es noch einen privaten sowie einen öf-       aufrecht zu erhalten, doch bei den Personal-       sie bereichern in jedem Falle die Medien-
fentlich-rechtlichen Rundfunksender.              kosten wird es dann wieder schwieriger. Bei        landschaft.                Hanna Maiterth
                                                  „Proton“ werden Inhalte seit Beginn an von
 Steter Kampf ums Überleben                       Ehrenamtlichen produziert. Bei „Seemoz“                            Im Netz:
                                                  reicht es, wenn überhaupt, nur für einen mitt-
Deutlich wurde in den Vorträgen auch, wie         leren dreistelligen Betrag, wie die Macher         https://karla-konstanz.de/
groß die Herausforderung der Finanzierung         sagten. Indes haben „Kontext“ und „Tsüri“          https://tsri.ch/
bleibt. So gelingt es den Macher:innen in         buchstäblich immer wieder ums Überleben            https://www.seemoz.de/
der Regel zwar über Förderungen, Spenden          kämpfen müssen. Bei „Karla“ wird sich noch         https://radioproton.at
und Mitgliedsbeiträge den regulären Betrieb       zeigen, wie gut sie gerüstet sind.                 https://www.kontextwochenzeitung.de/

Keine Angst vor einer Klage
Der Rechtstipp: Im Poker um den Erhalt des
Arbeitsplatzes keine guten Karten aus der Hand geben
Heutige Zeiten machen klar,          drei Wochen ab                                         Gründen rechts-      So weit geht auch die Novellie-
es geht aus Sicht des Arbeit-        Erhalt des Kün-                                        unwirksam ist,       rung des Nachweisgesetzes,
nehmers nicht immer nur um           digungsschrei-                                         so muss er in-       wenn es in § 4 Nr. 14 dem Arbeit-
den Erhalt eines Arbeitsplatzes.     bens. So sieht                                       nerhalb von drei       geber auferlegt, auf genau diese
Denn bei dem aktuellen Fach-         es § 4 Satz                                           Wochen nach           Frist hinzuweisen: „(…) das bei
kräftemangel ist natürliche          1 im Kün-                                                Zugang der         der Kündigung des Arbeitsver-
Fluktuation angezeigt. Umso          digungs-                                                   schriftlichen    hältnisses von Arbeitgeber und
mehr sollte ein Arbeitnehmer         schutzge-                                                  Kündigung        Arbeitnehmer einzuhaltende
keine Angst davor haben, etwa        setz vor:                                                   Klage beim      Verfahren, mindestens das
im Rahmen einer Kündigungs-          „Will ein Ar-                                               Arbeits-        Schriftformerfordernis und die
schutzklage gegen seinen Ar-         beitnehmer                                                 gericht auf      Fristen für die Kündigung des
beitgeber vorzugehen.                geltend ma-                                               Feststellung      Arbeitsverhältnisses (…)“.
                                     chen, dass eine                                         erheben, dass
Dabei sind grundlegende Dinge        Kündigung so-                                         das Arbeitsver-       Der Arbeitsplatz kann es Wert
zu beachten. Zum einen die Frist     zial ungerecht-                                       hältnis durch die     sein, zum einen für dessen Er-
für die Erhebung einer Kündi-        fertigt    oder                                      Kündigung nicht        halt zu kämpfen, aber auch um
gungsschutzklage. Diese beträgt      aus      anderen                                    aufgelöst ist.“         diesen nicht einfach für umsonst

                                      Seite 12                      4/2022
Meinung                        Nachrichten                         Medien                          Internes                       Personalien

herzugeben. Ob eine Abfindung         beitsplatz unserer Mitglieder ver-   Das deutsche Arbeitsrecht ist           ausbildungsvertretung und den
drin ist, lässt sich nicht pauschal   teidigen. Auch wenn das Mitglied     eine Sammlung von vielen Ein-           Betriebsrat zu vergessen.
sagen. Eine Prüfung im Einzelfall     nicht unbedingt will, so sollte um   zelgesetzen. Ein gutes Blatt lässt
ist genauso erforderlich wie ein      jeden Preis um diesen gerungen       sich insoweit nur dann generie-         Viele Stellen und Gegebenheiten
Verfahren im Einzelfall. Das gro-     werden. Denn der Arbeitgeber         ren, sofern insoweit eine weiträu-      können den Kündigungsschutz
ße Pokerspiel vor den Arbeits-        muss stets zu spüren bekom-          mige Prüfung erfolgt, vom Mut-          stärken. Je stärker dieser Schutz,
gerichten ist in jedem Fall durch     men, dass eine Kündigung sozia-      terschutzgesetz über den Schutz         desto stärker die Abfindung. Dies
eine Kündigungsschutzklage            le Existenzen gefährdet. Je besser   Schwerbehinderter bis hin zum           führt letztlich zu guten Karten auf
erstmal eröffnet.                     die Karten des Arbeitnehmers         Entgeltfortzahlungsgesetz und           der Hand, um das Pokerspiel um
                                      sind, desto höher die Abfindung.     viele weitere Bestimmungen              die Höhe der Abfindung vor den
Für unsere Mitglieder tue ich ge-     Der Kündigungsschutz kann in-        mehr. Um nicht das Berufs-              deutschen Arbeitsgerichten zu
nau das: so gut es geht den Ar-       soweit gemessen werden.              bildungsgesetz oder die Jugend-         gewinnen.            Adrian Jäckel

Vom Kahlschlag verschont
Neues hessisches Mediengesetz verschont Offene Kanäle und
stärkt die Bürgerradios – LPR wird zur Medienanstalt Hessen
Seit Anfang Dezember gilt in Hessen ein neu-      ren. Für die ehrenamtlich betriebenen Radios
es Gesetz zur Modernisierung medienrecht-         in Darmstadt, Frankfurt, Wiesbaden, Rüs-
licher Vorschriften. Das seit 34 Jahren im        selsheim, Marburg, Kassel und Eschwege
Kern unverändert gebliebene „Gesetz über          stellt die Novelle die Partizipation des Nicht-
den privaten Rundfunk in Hessen“ (HPRG)           kommerziellen Lokalen Hörfunks (NKL) an
ist vom hessischen Landtag durch das „Hes-        der digitalen Entwicklung, insbesondere bei
sische Gesetz über privaten Rundfunk und          der technischen Verbreitung, sicher.
neue Medien“ (HPMG) ersetzt worden.
                                                  Die Förderung von Medienkompetenz wird
Das Gesetz ist die Grundlage der Arbeit der       im neuen Gesetz zu einer zentralen Aufgabe
LPR Hessen, die jetzt nicht mehr „Hessische       der Medienanstalt – durchaus eine Wert-
Landesanstalt für privaten Rundfunk und           schätzung des Gesetzgebers der bisherigen
neue Medien“, sondern kurz und bündig             Arbeit der in Kassel angesiedelten Anstalt.
Medienanstalt Hessen heißt. Die Gesetzes-         Damit wird neben den klassischen Regulie-
novelle war angesichts der Medienentwick-         rungsaufgaben erstmals auch ein verbind-
lung und fortschreitender Digitalisierung         licher Rahmen für die Präventionsarbeit der
überfällig, sorgt für erforderliche Anpassun-     Medienanstalt und deren Finanzierung fest-
gen an den aktuellen Medienstaatsvertrag          gelegt. Medienkompetenz gilt als Schlüs-
                                                                                                        Jörg Steinbach ist Vorsitzender der Ver­samm­
der Länder und gleicht die hessische Rechts-      selqualifikation für Teilhabe und Chancen-
                                                                                                        lung der LPR Hessen, die neuerdings schlicht
lage an die veränderte Situation der Medien       gleichheit in der digitalen Gesellschaft.             Medienanstalt Hessen heißt.         Foto: ala
in Hessen an.
                                                  Seit vielen Jahren leistet die Medienanstalt
In den vier Offenen Kanälen, die in Offen-        in Kindertagesstätten und Schulen erfolgrei-        anstalt Hessen jährlich mehr als 400.000
bach, Gießen, Fulda und Kassel als Bürger-        che Arbeit zur Förderung der Medienkompe-           Euro. Das Geld aus der Rundfunkabgabe
fernsehen von der Medienanstalt Hessen            tenz von Kindern und Jugendlichen. Auch für         dient ausschließlich der Entwicklung und
betrieben werden, soll es Änderungen ge-          Eltern, Lehrer und Erzieher gibt es entspre-        Förderung der digitalen technischen Infra-
ben. Zu einem befürchteten Kahlschlag bei         chende Angebote. Künftig soll nicht allein          struktur zur Verbreitung von privaten Hör-
den Offenen Kanälen wird es aber nicht            dem Nachwuchs, sondern auch den älteren             funkprogrammen in Hessen und damit als
kommen. Der Gesetzgeber hat auf Kritik aus        „Silver Surfern“ gezeigt und erklärt werden,        Instrument zur Sicherung von Medienviel-
den vier Städten und auf Vorschläge aus der       wie man sich gut und vor allem sicher in der        falt. Wie diese Förderaufgabe ab dem Jahr
Medienanstalt reagiert und den ursprüngli-        digitalen Welt bewegt.                              2026 weiter gewährleistet werden kann, lässt
chen Gesetzentwurf verändert. Jetzt hat die                                                           das neue Gesetz aktuell noch offen.
Medienanstalt die Option, Medienbildungs-                    Rundfunkabgabe
zentren einzurichten und deren Betrieb im                    droht zu entfallen                       Für die privat-kommerziellen Rundfunk-
Zusammenspiel mit zwei Offenen Kanälen –                                                              Veranstalter bietet die Lockerung der Wer-
auch im Interesse lokaler Vielfalt – weiterhin    Sorgen bereitet der Medienanstalt der bisher        beregeln im neuen Gesetz neue Finanzie-
zu finanzieren. An einer Lösung für die wei-      geplante Wegfall der Rundfunkabgabe, die            rungsmöglichkeiten. Die bisher bestehende
teren zwei Offenen Kanäle wird gearbeitet.        kommerzielle Hörfunkveranstalter für ihre           Pflicht zur landesweiten Ausstrahlung von
                                                  UKW-Verbreitung in Hessen zu entrichten             Werbung für die Veranstalter in Hessen sieht
Die sieben Bürgerradios in Hessen werden          haben. Diese Abgabe soll Ende des Jahres            das neue Gesetz nun nicht mehr vor.
durch das neue Gesetz eine Stärkung erfah-        2025 auslaufen, dann fehlen der Medien-                                          Jörg Steinbach

                                      Seite 13                       4/2022
Meinung                    Nachrichten                      Medien                        Internes                Personalien

Vielfältig wichtig: Die Seminare des
DJV Hessen für unsere Mitglieder
Die Bilanz der Seminare des DJV Hessen 2022
und die Aussicht auf das Angebot im ersten Halbjahr 2023
Reden, zuhören, lernen – all dies geht       Miteinander direkt zu reden ist schließ-       Journalismus ist ein Markt, doch wie prä-
auch sehr gut online. 2022 haben wir das     lich doch das Beste.                           sentiere ich mich und welche Honorare
mit dem Seminarangebot des DJV Hes-                                                         kann ich fordern?
sen wieder bewiesen. Alle 14 Seminare        Um mittelfristig reagieren zu können,
fanden virtuell statt. Es ging u.a. um       steht vorerst die Seminarplanung für die       Contentmarketing wurde und wird als Zu-
Podcast-Formatentwicklung, Kalender          Monate bis zur Sommerpause (Januar bis         kunft im Print- und Onlinemarkt geprie-
als Chance für Journalisten*innen und        Juli) fest.                                    sen. Für viele Journalisten*innen ist es
darum, was man gegen Hatespeech tun                                                         bereits die Gegenwart. Aber wie erstelle
kann. Alle Seminare wurden sehr gut ge-      Der Themenmix wird beibehalten bzw.            ich ein Produkt? Wie verhandele ich über
nutzt, wobei es bei einigen Beschränkun-     ausgebaut um möglichst allen Fragen/           Verträge und Vergütung?
gen in der Teilnehmerzahl geben muss-        Ansprüchen unserer Mitglieder gerecht
te. Für diese Seminare gibt es eine neue     zu werden.                                     Als Gesamtpaket bringen die Seminare
Chance – versprochen.                                                                       uns alle weiter.
                                             Die Kurz-Übersicht über die Seminare:
Eine persönliche Bitte habe ich: Nutzt die                                                  Der Markt verändert sich.
Resonanzbögen! Gebt uns, gerne auch          Podcast sind ja (meistens) sehr schön
mündlich und persönlich Eure Einschät-       und machen (auch meistens) viel Spaß,          Wir verändern uns auch, aber unser jour-
zung zu den Seminaren und bringt Eure        aber wie verdiene ich als Journalist*in da-    nalistischer Anspruch bleibt erhalten.
Seminarwünsche ein. Nur so können wir        mit Geld?
gemeinsam noch besser werden.

2023 starten wir wieder durch und hoffen
über das gesamte Jahr auch einige Semi-
nare in Präsenz durchführen zu können.

                                                                                   Rolf Skrypzak
                                                                                   Seminarkoordinator DJV Hessen

Anmeldungen/Informationen
DJV Landesverband Hessen e.V.
Rheinbahnstraße 3, 65185 Wiesbaden, www.djv-hessen.de
E-Mail: info@djvhessen.de; Tel. (0611) 3419124; Fax (0611) 3419130

Alle Termine gelten unter Vorbehalt.
Bitte informieren Sie sich über die Homepage des DJV Hessen. Danke.
                                  Seite 14                   4/2022
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