FRÜHJAHR 2019 - Kampa Verlag
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Es ist so einfach: ein Buch und eine Wärm- flasche (oder eine Ziege). Liebe Buchhändlerinnen und Buchhändler, wenn die – hoffentlich gute – Ernte eingebracht ist, kann man sich zurücklehnen und lesen, wie der Landwirt auf dem Foto von Robert Doisneau. Und ich hoffe, Sie haben nach einem erfolgreichen Weihnachtsgeschäft auch ein wenig Zeit zum Ausruhen, Durchatmen und Lesen, bevor die Inventur ansteht und die nächste Bücherlawine anrollt. »Wie kann man nur in diesen Zeiten einen Verlag gründen?«, wurden wir in den letzten Monaten immer und immer wieder gefragt. »Das ist doch Irrsinn!« Nach dem ersten Pro- gramm haben wir die Antwort: Es ist Irrsinn, keine Frage, aber man kann – allerdings nur mithilfe von engagierten Buchhändlerinnen und Buchhändlern! Herzlichen Dank für Ihre Neugier, Ihr Wohlwollen, Ihre Unterstützung, Ihre Leseeindrü- cke, Ihre guten Worte und hoffnungsvollen Bestellungen, aber auch für Ihre konstruktive Kritik. Vor allem aber für Ihre Leidenschaft für Bücher – auch für unsere. Ohne Sie hätten wir nicht schon mit dem ersten Programm solche Erfolge feiern können. Mit einem ebenso schönen wie verkäuflichen zweiten Programm, mit bekannten Namen und einigen Entde- ckungen, möchten wir uns revanchieren. Die Zeiten sind nicht einfach, das wissen wir alle, die Klagen über die Lesekrise verstum- men nicht. Joseph Roth schrieb 1930: »Niemals werden wir Bücher so nötig haben wie Karotten. Vielleicht ist es so in der Ordnung. Karotten sind gesünder.« Das stimmt leider, Doisneaus Ziege würde wohl auch lieber eine Karotte essen als ein Buch. Aber wir bleiben notgedrungen optimistisch, denn ohne Bücher wäre das Leben ärmer (noch ein bisschen mehr als ohne Karotten). Ich wünsche Ihnen (und uns) im nächsten Jahr genug Geld in der Kasse, schöne Bücher und so viele Leser wie nur möglich. Herzlich, Ihr Daniel Kampa
INHALT KAMPA VERLAG GATSBY VERLAG LITERATUR DER KLEINE GATSBY 6 William Boyd, Blinde Liebe 76 Susan Hill, Stummes Echo 10 William Boyd, Brazzaville Beach / 78 Ricarda Huch, Der letzte Sommer Die neuen Bekenntnisse / Ruhelos 79 Tobias Wolff, Der Kasernendieb 12 Lea Singer, Der Klavierschüler 18 Olga Tokarczuk, Unrast GATSBY ORIGINALS 20 Marijke Schermer, Unwetter 80 Joseph Roth, Die Legende vom heiligen Trinker 26 Lucia Berlin, Welcome Home »Die Gründung des Kampa Verlags war GATSBY FAKSIMILE im Frühjahr 2018 eine der Sensationsmeldungen … KRIMI 82 Franz Kafka, Brief an den Vater Das Programm hat weit mehr zu bieten als 30 Louise Penny, Das Dorf in den roten Wäldern nur diesen einen großen Namen: Georges Simenon.« 34 Hansjörg Schertenleib, Die Hummerzange GESCHENKBUCH WDR, Köln 38 Dino Minardi, Ein Espresso für den Commissario 84 Der Proust-Fragebogen SIMENON – DIE GROSSEN ROMANE 90 Backlist 44 Der Mann, der den Zügen nachsah 92 Schaufenster 46 Die Stammgäste 96 Unsere Übersetzerinnen und Übersetzer 48 Der Bürgermeister von Furnes 49 Die Ferien des Monsieur Mahé SIMENON – MAIGRET 52 Maigret im Haus der Unruhe (Erstausgabe) 56 Die 2. Staffel der Maigret-Neuedition mit 12 Titeln 60 Maigret und der Mann auf der Straße (Retro ausgabe) KAMPA SALON 65 Billy Wilder, Hat es Spaß gemacht, Mr. Wilder? 66 Daniel Kehlmann, Der unsichtbare Drache 68 Siri Hustvedt, Wenn Gefühle auf Worte treffen
WILLIAM BOYD Der neue große Roman nach dem Weltbestseller Die Fotografin »William Boyd in Höchstform. BLINDE UMWERFEND.« LIEBE The Sunday Times »MITREISSEND.« The Guardian »FANTASTISCH.« Daily Mail
K A M PA LIT ER AT U R Ein Mann, dessen Herz sich nicht »Ein großes Lesevergnügen, umstimmen lässt. Eine Liebe, mitreißend, berührend und clever.« die von Paris über St. Petersburg The Guardian, London bis ans Ende der Welt führt. B rodie Moncur hat das absolute Gehör und gilt als Genie unter den Klavierstim- mern. Als er in Paris dem grandiosen Pianis Leseexemplar Wir werben in buchjournal ten John Kilbarron begegnet, nimmt sein und Buchhandelskatalogen Leben eine dramatische Wendung. Rasch zeigt sich, dass Brodies Künste unverzicht- Social-Media-Kampagne bar für Kilbarron sind. Gemeinsam feiern sie Triumphe in ganz Europa, führen in Plakat / Sonderdeko St. Petersburg ein luxuriöses Leben, das Brodie, aufgewachsen in einem schottischen Presseschwerpunkt Dorf als Sohn eines tyrannischen Pfarrers, sich nie hätte erträumen lassen. Und doch ist Buchtrailer das alles für Brodie unwichtig. Denn der WILLIAM BOYD, 1952 in Ghana als Sohn schottischer Eltern wahre Grund, weshalb er in die Dienste geboren, gilt als einer der bedeutendsten Erzähler der zeitgenös- sischen Literatur. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Preise. des genialen, aber unberechenbaren Pianis- Romane wie Brazzaville Beach, Ruhelos und Die Fotografin ten eingetreten ist, ist dessen Geliebte, die wurden zu internationalen Bestsellern. Zuletzt erschien in der Reihe Der kleine Gatsby im Kampa Verlag die Erzählung All die russische Sopranistin Lika. Wege, die wir nicht gegangen sind. William Boyd lebt mit seiner Brodie weiß, dass diese Liebe unmöglich ist, Frau in London und Südfrankreich. und setzt doch alles für sie aufs Spiel – auch sein eigenes Leben. Denn der Klavierstim- Lesereise mer, der mit wenigen Handgriffen über Er- folg oder Misserfolg eines Konzerts, ja einer Köln (lit.COLOGNE) Pianistenkarriere entscheiden kann, folgt sei- Berlin nem Herzen, das sich nicht umstimmen lässt. WILLIAM BOYD Hamburg Blinde Liebe Frankfurt am Main Originaltitel: Love is Blind Roman München Aus dem Englischen von Ulrike Thiesmeyer Zürich 512 Seiten | Hardcover mit Schutzumschlag ca. € (D) 24,– | ca. sFr 32,50 | ca. € (A) 24,70 ISBN 978 3 311 10004 1 | Auch als E-Book WG: 1112 | 11. März 2019 8/9
W I L L I A M B OY D »Großbritanniens größter lebender Romancier.« The Daily Telegraph, London »William Boyd schreibt mit größter Leichtigkeit über die schwierigsten Themen. Wir können uns glücklich schätzen, dass er für uns schreibt.« The Times, London »Seine Figuren sind genauso verführerisch wie seine Prosa.« The Washington Post »Ein eleganter, gewandter und zwanglos philosophischer Entertainer: clever und nachdenklich.« The New York Times Book Review »William Boyd ist auf einzigartige Weise mit einer angeborenen Liebe zum Erzählen gesegnet.« The New York Times 10/11
K A M PA LIT ER AT U R Die großartigen Romane von William Boyd jetzt im Kampa Verlag »Einen William Boyd zu lesen ist, als würde man eine Flasche Wein öffnen, Feuer im Kamin machen, sich in seinem Lieblings- sessel zurücklehnen und darauf Brazzaville Beach, ein Ort am Rande Afrikas. Die junge »Das Erste, was ich tat, als ich diese Welt betrat, war meine »Eines Tages kommt jemand und bringt mich um«, hat vertrauen, dass dieser Meister Verhaltensforscherin Hope Clearwater sitzt an diesem Mutter zu töten.« So beginnt die Lebensgeschichte des John Sally Gilmartin ihrer Tochter schon vor Jahrzehnten Strand, der ihr Zuhause geworden ist, und fragt sich, was James Todd, geboren 1899, die fast ein ganzes Jahrhundert gesagt. Nun, da sie alt ist, macht Ruth sich ernsthaft seines Faches einen auf eine sie hier eigentlich macht. Sie braucht Zeit, um sich von umspannt und einmal rund um die Welt führt: von Edin- Sorgen und fragt sich, ob ihre Mutter unter Wahnvorstel- fesselnde und unvorhersehbare dem zu erholen, was geschehen ist. Zwei Geschichten burgh in die Schützengräben des Ersten Weltkriegs und lungen leidet. Schließlich offenbart Sally ihrer Tochter, will sie erzählen: Die erste spielt in England, wo sie mit weiter ins Berlin der wilden Zwanziger, wo Todd Rousseaus dass sie in Wahrheit nicht Sally Gilmartin heißt, sondern Reise mitnehmen wird.« einem genialen Mathematiker verheiratet war, eine Ehe, Bekenntnisse verfilmen will. Die Wirtschaftskrise macht Eva Delektorskaja, und dass sie als russische Emigrantin The Spectator, London die fürchterlich gescheitert ist, die zweite in Afrika, dem seine Pläne zunichte, und er zieht weiter nach Hollywood, 1939 in Paris vom britischen Geheimdienst angewor- Ort, an den sie geflüchtet ist. Sie beginnt, von den Schim- hofft auf seinen Durchbruch und landet in der McCarthy- ben wurde. Während alles, was Ruth je meinte, über ihre pansen zu erzählen, die sie beobachtet hat, bis ihr Chef Ära schließlich auf der Schwarzen Liste der Hollywood Mutter gewusst zu haben, langsam in sich zusammenfällt, anfing, ihre Arbeit zu sabotieren. Und dann war da noch Ten, als Nummer Elf. Ein rasanter Roman über einen spürt sie schon bald, dass ihre Mutter all das nicht ohne ihre Affäre mit Usman, einem ägyptischen Söldner, der unwiderstehlichen, vom Pech verfolgten Lebenskünst- Hintergedanken erzählt. Die ehemalige Spionin hat noch aufseiten der kongolesischen Regierung im Bürgerkrieg ler und eine Tour de Force durch das 20. Jahrhundert. einen letzten Auftrag, den sie nicht allein erledigen kann. kämpfte. Ein intellektueller Thriller, eine Abenteuer »Eine hintergründige, scharfzüngige Geschichte unserer »In hohem Maße lustvoll … immens spannend.« geschichte, vor allem aber ein großer Roman über Fragen Aktionspaket William Boyd Zeit.« Los Angeles Times Book Review Tobias Döring / Frankfurter Allgemeine Zeitung der Schuld und des menschlichen Zusammenlebens. »William Boyd ist ein begnadeter Erzähler.« Der Tages- 10 Ex. Blinde Liebe »Brazzaville Beach bietet ungeheuer tiefe Einblicke spiegel, Berlin 5 Ex. Ruhelos in das Drama des Lebens.« John Updike 3 Ex. Brazzaville Beach 3 Ex. Die neuen Bekenntnisse WILLIAM BOYD WILLIAM BOYD WILLIAM BOYD 1 Plakat Boyd, Blinde Liebe Brazzaville Beach Die neuen Bekenntnisse Ruhelos Originaltitel: Brazzaville Beach Originaltitel: The New Confessions Originaltitel: Restless Bestell-Nr. 978 3 311 80035 4 Roman | Aus dem Englischen von Gertraude Krueger Roman | Aus dem Englischen von Friedrich Griese Roman | Aus dem Englischen von Chris Hirte netto ca. € (D) 233,– | ca. sFr 316,– | ca. € (A) 240,– 416 Seiten | Klappenbroschur ca. 704 Seiten | Klappenbroschur 384 Seiten | Klappenbroschur ca. € (D) 16,– | ca. sFr 21,50 | ca. € (A) 16,50 ca. € (D) 19,– | ca. sFr 26,– | ca. € (A) 19,50 ca. € (D) 16,– | ca. sFr 21,50 | ca. € (A) 16,50 ISBN 978 3 311 10006 5 | Auch als E-Book ISBN 978 3 311 10008 9 | Auch als E-Book ISBN 978 3 311 10005 8 | Auch als E-Book WG: 1112 | 11. März 2019 WG: 1112 | 11. März 2019 WG: 1112 | 11. März 2019 12/13
K A M PA LIT ER AT U R Was die Liebe verlangt. »Lea Singer schreibt Romane Das Jahrhundertgenie und für leidenschaftliche Leser.« der Barpianist Elke Heidenreich Z ürichsee im Vorfrühling 1986. Ein er- folgreiches Leben soll gewaltsam been- det werden. Begründung: Ausweglosigkeit. Da sabotieren ein paar Minuten Musik die Vollstreckung. Es beginnt eine Flucht ins Leben hinein. Ein Barpianist lotst den Mann, den Schumanns Träumerei rettete, auf eine Reise in die Vergangenheit – zu dem angst- Digitales Leseexemplar voll gehüteten Geheimnis eines Jahrhundert vertrieb@kampaverlag.ch pianisten. 1937 hatte Vladimir Horowitz in der Schweiz eine Affäre begonnen, mit Lesereise der er seine ganze Karriere und seine Ehe mit Toscaninis Tochter aufs Spiel setzte. Presseschwerpunkt Vor sieben Jahren stieß Lea Singer auf bri- sante unveröffentlichte Briefe von Vladimir Social-Media-Kampagne Horowitz an einen jungen Schweizer na- LEA SINGER, 1960 in München geboren, studierte Kunst mens Nico Kaufmann. Der begabte Sohn Buchtrailer geschichte, Gesang, Musik- und Literaturwissenschaft. Mit ihren Romanen über historische Persönlichkeiten ist die gelernte aus gutbürgerlichem Haus wurde 1937 Köchin und promovierte Kunsthistorikerin ebenso erfolgreich sein erster Klavierschüler und sein Gelieb- wie mit ihren Sachbüchern, die sie als Eva Gesine Baur schreibt. Sie lebt in München und wurde für ihr belletristisches Werk mit ter. Als Jude verfolgt, war Horowitz Ende dem Hannelore-Greve-Literaturpreis ausgezeichnet. der dreißiger Jahre zum Aufbruch ins Exil gezwungen. Ein Trauma, aber auch die Chance, sein Leben zu ändern, sich end- lich zu sich selbst zu bekennen. Fünfzig Jahre später erzählt Nico Kaufmann, zu einem Barpianisten herabgesunken, einem Unbekannten von dieser Liebe und ihren nächtlichen Seiten. Er führt den Fremden zu den Luxushotels, in denen Horowitz LEA SINGER Der Klavierschüler mit ihm zwei Jahre lang seine Leidenschaft Roman im Verborgenen lebte, und immer näher ca. 224 Seiten | Leinen ca. € (D) 22,– | ca. sFr 30,– | ca. € (A) 22,60 heran an die brennenden Fragen: Wie viel ISBN 978 3 311 10009 6 | Auch als E-Book Mut fordert die Liebe? Und was geschieht WG: 1112 | 11. Februar 2019 mit dem, der seine Sehnsucht verleugnet? 14/15
Als ihm eins der Sektgläser gereicht wurde, die der gen Minuten war alles vorübergezogen. Was nachklang, LEA SINGER Fremde den beiden spendiert hatte, stand er auf, spähte verbot für ein paar Atemzüge jedes Geräusch. Niemand blinzelnd in den Dämmer und lächelte verschwommen. applaudierte. Erst als der Pianist sich erhob und un Er spielte alleine weiter, verhaltener, als wollte er den sicher, als hätte ihn etwas aus dem Gleichgewicht ge- Ein Wunsch aus Gästen das Zuhören freistellen. Keiner schaute mehr nach vorn, bis auf den Fremden. Tiger Lilly kreuzte in bracht, in die Richtung ging, wo Lilly sich fläzte, begann es wieder zu lärmen. einer anderen Welt der Bar auf, in Jeans, T-Shirt und Turnschuhen, und setzte sich direkt neben den Lilly stand auf, ohne Grund, drückte den Pianisten auf den freigewordenen Fremden, eine Bierflasche in Stuhl und schlackerte der Hand. Im Bartschatten zum Stammtisch. Was die Bewohner vom Kreis 4 zusammenhielt war der immer selten gewesen im Kreis 4. Warum in der ehema- »Zögernd stiegen Töne auf wie klebten noch Make-up-Reste, Der Fremde saß zu- Aberglaube, der einzige gemeinsame Glaube: Jeder hier ligen Kohlehandlung eines stand, schwarz, gepflegt, ge- in die Stirn hatte die Monroe- eine Erinnerung an etwas Fernes, sammengesunken da. Sei- glaubte an Wunder. Vermutlich, weil ihnen nichts an- stimmt, Ibach stand in Goldschrift auf der Innenseite des Perücke eine Rille gedrückt. aber nie Vergessenes … Keinem ne Oberlippe bebte, sonst deres übrig blieb, nachdem sich früher oder später der Deckels, wusste keiner, aber als Exotikum half es beim Neu hier? Sie haben mir Sekt rührte sich nichts an ihm. an die Gerechtigkeit erledigt hatte. Dass der Aberglaube Wunderglauben fast so gut wie eine Sternschnuppe. spendiert. Jeder hier weiß, fiel auf, dass der Fremde weinte.« Das waren doch Sie, nicht mit Millionen Kondomen, Jointfiltern, Kronen- dass ich nach dem Singen nur sagte der Pianist in das korken, Einwegspritzen, künstlichen Fingernägeln, Der Mann am Klavier saß mit dem Rücken zu den Gä- das hier trinke. Er setzte die Profil hinein. Sie haben vom Teller gekratzten Spaghetti, Schraubverschlüssen sten, einer Großfamilie aus Enttäuschten, die sich lieber Flasche an. Der Fremde lehnte sich vor. Der spielt zu sich die Träumerei gewünscht, richtig? von Zweiliterflaschen Pinot Grigio oder Rumverschnitt nochmals enttäuschen lassen wollten, als den Glauben gut für eine Spelunke wie die hier, oder?, stichelte Tiger Wer sind Sie?, fragte der Fremde. im Müll gelandet war, hatte mit den Schutzengeln zu aufzugeben, diese Nacht werde sich ihnen etwas absolut Lilly. Der Fremde beugte sich noch weiter vor. Lilly Der Klavierspieler lächelte wieder auf diese Mädchen- tun. Sie schwebten nicht über allen, Unerwartetes offenbaren. beugte sich mit, sein Mund war nun nah am Ohr des art, lockend und lieb. Wollen Sie wissen, wer ich bin sie lebten mitten unter den anderen Dass die meisten hinglotzten, Fremden. Mein Lied, das hat er komponiert, der kommt oder wie ich heiße? vom Vieri das Wunder namens Er- als gegen Mitternacht ein Frem- von Beethoven und dem ganzen Zeug, kann das alles. Der Fremde schwieg. folg. Da war einer, der es vom Psy- der hereinkam, entging dem Pia- Kann er Schumann? Antwort eins ist bei mir nie zufriedenstellend, ich chiatriepfleger mit seinen handbe- nisten. Er blickte auf den Satin- Ob er was kann? weiß es nicht recht, keiner weiß es, vieles und irgendwie druckten Seiden zum Liebling der vorhang in Mauve hinter dem Schumann spielen. Die Träumerei. Fragen Sie ihn bit- auch gar nichts. Also Antwort zwei: Kaufmann, Nico Couturiers geschafft hatte, da gab es Klavier. Beringte Hände mit lan- te, ob er die Träumerei von Schumann spielen kann. Kaufmann, auch Lysis genannt. Künstler, die Enden vom Fleisch gen glitzernden Fingernägeln teil- Tiger Lilly lümmelte sich in die Senkrechte, murmelte Die anderen waren zu sehr mit sich beschäftigt, als käselaib erbettelt und Kippen ge- ten ihn und eröffneten den Blick etwas von Nazifilmmusik und schlurfte Richtung Kla- dass ihnen die stillen Männer an der dunkelsten Stelle sammelt hatten, deren Bilder nun auf einen Meter achtzig Sex-Ap- vier. Der Pianist blieb sitzen, fragte Tiger Lilly offenbar der Bar aufgefallen wären. Aktien waren, da waren Wirte, die peal. Ihre Frisur stammte aus dem etwas, fragte wohl auch nach; dass hier ein solches Stück Als Kaufmann den Fremden fragte, was ihn hierher aus den Bierkneipen und Hühner- Hollywood der Sechziger, das gewünscht wurde, musste ihn verblüffen. Reglos ver- getrieben habe, in diese Gegend, in diese Bar, um diese bratereien der Eltern Restaurants Outfit mit Melone, Strapsen und harrte er dann noch, als müsste er sich erst zurechtfin- Zeit, rückte der seinen Stuhl näher zu Kaufmann. Seit gemacht hatten, wo sich Leute aus High Heels in Schwarz aus den den, wandte sich jedoch nicht um. Er wollte also nicht heute Mittag habe er in Zürich eine Pianobar gesucht, in dem Kreis 1 vom Chauffeur vorfah- Siebzigern, die Figur aus dem wissen, von wem der Wunsch kam, dieser Wunsch aus der irgendwer Schumanns Träumerei spielen konnte, ren ließen und an einem Abend Model-Katalog von heute. Besse- einer anderen Welt. Hotelbars, Szenebars, Cocktailbars mit einem Klavier. mehr Trinkgeld aufs Tischtuch legten als die Großmut- re Beine hatte keine, Schulterpolster brauchte sie nicht. Einen Besenstiel in der Hand stellte sich Tiger Lilly in Die im Kreis 4 sei die achte oder neunte gewesen. Die ter im Monat mit sechzig Stunden an der Heißmangel Ihre Stimme betörte mit Rauch und Metall. Als sie zum den High Heels von vorher auf die Bühne und stieß wie letzte, die noch blieb. verdient hatte. Schluss ein Lied über Tiger Lilly brachte, jaulten die ein Tambourmajor auf den Holzboden, bis der Lärm Und warum musste es gerade dieses Stück sein? Fast jeder, der im Vieri aufgewachsen war, kam ir- Gäste schon bei den ersten Takten auf. verebbte. Es verging eine lange halbe Minute, bis der Ich wollte ihm danken. gendwann hierher zurück, wenigstens auf Besuch, um Der Fremde hatte sich weit vorn an die Seite gesetzt, Mann am Klavier begann. Kaufmann stutzte. Wem? zu schauen, ob der Wunderglaube dort noch immer dorthin, wo es am dunkelsten war und der Blick auf den Der Fremde saß da, ohne sich anzulehnen, die Lider Dem Stück, dem wollte ich danken. Ohne dieses wuchs. Rücken des Pianisten unverstellt. Auffallend gerade saß geschlossen. Stück wäre ich jetzt seit …, der Fremde schaute auf sei- der vor den Tasten und auffallend ruhig. Seine Schultern Zögernd stiegen Töne auf wie eine Erinnerung an et- ne Uhr, … seit vierzehn Stunden und dreißig, vielleicht Die einzige Pianobar des Kreis 4 lag in der Kanonengas- blieben reglos, nur von den Ellenbogen bis zu den Fin- was Fernes, aber nie Vergessenes. Der Pianist schien we- vierzig Minuten tot. se, und sie wirkte, als wäre ihr die Adresse peinlich. Sie gern bewegte er sich. Für einen Barpianisten unge- niger zu spielen als zu sinnieren, dem nachzulauschen, Dann stand er auf. duckte sich eingeschossig hinter einem Mietshaus aus wöhnlich. Auch dass er das Pedal nur sparsam bediente, was seine Finger da erweckten. Diese Musik passte nicht Ich muss gehen, sagte er ruhig. den Fünfzigern. Über dem Eingang verblasste der nicht hämmerte oder mitsang. Sein Haar wurde vom hierher. Doch sie war so leise, dass jeder hinhörte. Kaufmanns rechter Fuß war eingeschlafen. Trotzdem Schriftzug Kohlehandlung Egger. Klaviere waren schon Licht vergoldet, aber es war eindeutig weiß. Keinem fiel auf, dass der Fremde weinte. Nach weni- stand er ebenfalls auf. Ich komme mit, sagte er.
»Eine philosophische Erzählung »Dieser umwerfende Roman ist ein für unsere rasende Zeit.« leidenschaftliches Plädoyer The Financial Times, London für die verbindende Kraft von Erzählungen, die Purzelbäume durch Raum und Zeit schlagen.« The Guardian, London UNRAST OLGA Ein Roman TOKARCZUK erobert die literarische Welt »Ein grenzüberschreitender, temperamentvoller, reicher »Was wir berühren können, Roman, den man immer ob unseren eigenen Körper, die Hand eines anderen wieder lesen kann. Ein Buch wie beim Tanzen oder das zerknitterte Blatt eines ein wirklich guter Reisegefährte – Baumes – all diese Dinge haben in Olga Tokarczuks geistreich, charmant, Roman eine Bedeutung, die größer ist als die herausfordernd und immer Narrative, die Geschichte und Politik uns aufdrängen.« ein Gewinn.« Los Angeles Review of Books Glasgow Review of Books
K A M PA LIT ER AT U R Die ganze Welt in einem Roman. Woher kommst du, wohin gehst du?, Weltliteratur! rufen wir dem Reisenden zu. Verzaubernd, beunruhigend und ganz und gar originell – Unrast ist die Antwort Man Booker International Prize 2018 einer Meistererzählerin auf diese Fragen. N och nie wurde so viel gereist wie heute. Und doch ist die Sehnsucht, sich in der Welt zu verlieren, nicht gestillt, hat sich das Reisen trotz Massentourismus eine eigene Poesie bewahrt. Aber was heißt es, in dieser rasenden und zunehmend ver- netzten Welt ein Wanderer, ein Körper in Bewegung zu sein? Was heißt es, nicht nur Digitales Leseexemplar durch den Raum, sondern auch durch die vertrieb@kampaverlag.ch Zeit zu reisen? Unrast ist eine Wundertüte voller Geschichten, Mythen, Lebensbe- Presseschwerpunkt kenntnisse, Notizen und Gedanken über das Reisen und die Verbindung zwischen Seele und Körper, über Leben und Tod, Bewegung und Sein, Entwurzelung und Migration. Da ist die Ich-Erzählerin, die unentwegt OLGA TOKARCZUK, 1962 im polnischen Sulechów auf Wanderschaft ist, zu Fuß, im Auto, im geboren, studierte Psychologie in Warschau und lebt heute in Breslau. Sie ist eine der bekanntesten polnischen Autorinnen der Flugzeug oder gar in Gedanken. Oder Eryk, Gegenwart. Ihr Werk (bislang neun Romane und drei Erzählbän- den es als Fährmann in den hohen Norden de) wurde in zwölf Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 2015 bekam sie zum zweiten Mal den verschlagen hat und der irgendwann mit wichtigsten Schriftstellerpreis Polens, den Nike-Preis, für ihren seinen verdutzten Passagieren Kurs aufs tausend Seiten starken Roman Die Jakobsbücher, der im Kampa Verlag in Vorbereitung ist. 2017 wurde ihr Buch Gesang der offene Meer nimmt. Da ist der junge Mann, Fledermäuse unter dem Titel Die Spur von Agnieszka Holland der langsam dem Wahnsinn verfällt, als seine verfilmt. Zum Schreiben zieht Olga Tokarczuk sich in ein abgeschiedenes Berghäuschen an der polnisch-tschechischen Frau und sein Kind während eines Urlaubs Grenze zurück. plötzlich verschwinden, um ebenso plötz- lich wieder aufzutauchen. Und schließlich Chopins Schwester, die ihren Bruder abgöt- OLGA TOKARCZUK tisch geliebt hat und nun sein Herz auf eine Unrast allerletzte Reise nach Warschau begleitet. Originaltitel: Bieguni Roman Unrast ist ein Potpourri unterschiedlichs- Aus dem Polnischen von Esther Kinsky ter Geschichten, die aber, wie der Leser ca. 464 Seiten | Gebunden ca. € (D) 24,– | ca. sFr 32,50 | ca. € (A) 24,70 bald ahnt, einem geheimen Fahrplan folgen ISBN 978 3 311 10012 6 | Auch als E-Book und eine gemeinsame Destination haben. WG: 1112 | 11. Februar 2019 20/21
K A M PA LIT ER AT U R Wenn eine Lebenslüge Wie viel Aufrichtigkeit braucht eine gute Beziehung? alles zusammenhält Wie viel Schweigen verträgt sie? Ein ergreifender Roman über die Bruchstellen im Verhältnis zwischen Frauen und Männern E milias Leben scheint perfekt zu sein. Sie liebt ihren Job, ist glücklich ver- heiratet und Mutter zweier kleiner Söhne. Seit die Familie vor den Toren Amsterdams lebt, verbringen Emilia und ihr Mann ihre Zeit damit, den Kindern hinterherzuren- Digitales Leseexemplar nen, Freunde einzuladen und ihr Haus zu vertrieb@kampaverlag.ch renovieren. Sie erfreuen sich an den kleinen Dingen des Lebens. Doch dann bricht die Presseschwerpunkt Vergangenheit in die Gegenwart ein, die Erinnerung an ein traumatisches Erlebnis Buchtrailer überfällt Emilia, und ihre Welt gerät aus den Fugen … Zwölf Jahre lang hat Emilia ein schreckliches MARIJKE SCHERMER wurde 1975 in Amsterdam geboren, Geheimnis gehütet, kann sie es weiter ver- wo sie auch heute noch als Dramatikerin und Autorin lebt. Ihr Roman Unwetter wurde von der Kritik hymnisch gelobt, NRC bergen? Würde ihr Mann verstehen, dass sie Handelsblad nannte ihn »einen Roman, der keine Wünsche offen so lange geschwiegen hat? Während Emilia lässt«, Trouw setzte noch einen drauf: »Ein explosives Thema, ein überraschender Höhepunkt und zutiefst menschliche Figuren. mit ihrer Vergangenheit ringt, zieht das Marijke Schermer hat den perfekten Roman geschrieben.« Misstrauen ein in ihre Ehe. Und der Himmel über der ländlichen Idylle verfinstert sich. Ein Roman über die Paradoxien des Zu- sammenlebens – das Bedürfnis nach Frei- heit und die Sehnsucht nach Intimität, der die Frage stellt, ob wir einander je wirklich kennen können, ob nicht ein jeder von Ein wichtiger Roman, uns unter seiner eigenen Glasglocke lebt. MARIJKE SCHERMER Unwetter auch und gerade in Zeiten der Originaltitel: Noodweer Roman #MeToo-Debatte. Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers ca. 176 Seiten | Leinen ca. € (D) 20,– | ca. sFr 27,– | ca. € (A) 20,60 ISBN 978 3 311 10010 2 | Auch als E-Book WG: 1112 | 11. März 2019 2 2/2 3
Lucia Berlin »Sie kann eine Handvoll Staub aufnehmen und ihm pralles Leben einhauchen.« Erinnerungen Angela Schader, Neue Zürcher Zeitung und Briefe »Eine meiner Geschichten trägt den Titel Mein Leben ist ein offenes Buch – und das ist es zum größten Teil.«
stundenlang stehen. Abends puderte ich ihren Rücken wie wir, wenn sie verliebt waren. Erst später wurde mir LUCIA BERLIN mit Talkum und half ihr dabei, die vielen Nadeln aus klar, dass unsere Liebe wunderbarer war als jede andere. ihren Haaren zu entfernen. Ich mochte es, ihr Haar zu kämmen. Es war immer noch schwarz, dick und weich Corrales Road, Alameda, New Mexico »Schreiben ist wie ein Ort, und fiel bis zu ihren Kniekehlen. Wenn sie ihr Nacht- hemd anhatte, flocht sie ihr Haar zu einem langen Zopf. Stundenlang redeten und lachten wir bei Gallo-Wein. Andere Schriftsteller und Musiker kamen nach Albu- an den ich gehe, um bei mir zu sein, Wenn sie zum Gebet niederkniete, sah sie aus wie ein junges Mädchen. querque. Allen Ginsberg, Jack Kerouac, Gerry Mulli- gan, Dick Twardzik, Percy Heath. Der Bildhauer John Chamberlain kam, auch Stan Brakhage, ein Filme ein Ort der Geborgenheit.« Hernando de Aguirre 1419, Santiago, Chile S.A. Zwei Jahre lang lasen wir Don Quijote, diskutierten die macher. Wir hatten alle das Gefühl, Teil einer aufre- genden Ära zu sein, einer Ära der Lyrik und Malerei, Kapitel jeden Tag bis ins Kleinste. Eines Tages las ich im des Jazz. Wir hörten John Coltrane und Miles Davis, Juneau, Alaska nen, die Tischdecken und Servietten aus Leinen. Die Unterricht einen Abschnitt, in dem eine von Cervantes’ Aufnahmen von Lesungen mit Charles Olson, Robert Sie sagten, es war ein süßes kleines Haus mit vielen Zinnteller hatten Deckel; die Teller, das Besteck und die Figuren in einem Irren- Duncan und eines Auftritts Fenstern, robusten Holzöfen und Fliegengittern gegen Krüge waren schwer und gewichtig. Der Zucker in haus sagt, dass sie es reg- von Lenny Bruce. die Mücken. Es ging zur Bucht, zum Sonnenuntergang, Würfelform, mit Zangen serviert. Fingerschalen mit nen lassen könne, wann zu den Sternen und den hell leuchtenden Nordlichtern einer Zitronenscheibe in warmem Wasser. Alles an die- immer ihr danach sei. In West Thirteenth Street, hinaus. Meine Mutter wiegte mich, während sie zum sem Speisewagen war solide und großzügig, besonders diesem Moment verstand New York City Hafen hinuntersah, der immer voller Fischerboote und die großen, grauhaarigen Kellner, die lange weiße ich, dass Schriftsteller al- Am ersten Abend saß ich im Schlepper war, mit Erz beladene amerikanische und Schürzen trugen. Sie sprachen leise und waren freund- les machen können, was Fenster, schaute hinaus auf russische Schiffe. Meine Wiege stand im Schlafzimmer, lich zu mir, zu allen. In einer Küche von einem halben sie wollen. eine Feuerleiter, flüchtige Bli- wo es immer sehr dunkel oder mal einem Meter Größe Einmal im Monat gab es cke auf den rosafarbenen sehr hell war, erzählte sie mir, wurde das gesamte Essen Erdbebenübungen, bei Sonnenuntergang zwischen ohne die langen und kurzen von zwei sehr alten Män- denen wir unsere Hüte den Backsteinhäusern. In den Phasen der Jahreszeiten wei- »Ich habe an so vielen Orten nern gekocht, die während aufsetzten und die Hand- anderen Apartments schrien ter zu erklären. Das erste gelebt, absurd … Und weil ich der Arbeit die ganze Zeit schuhe anzogen, uns in sich Leute an oder unter- Wort, das ich sprach, war redeten und lachten. Zweierreihen aufstellten hielten sich leise miteinander. »Licht«. so oft umgezogen bin, ist ein Ort Das Beste an der Toilette und zügig und still hinun- Ich war begeistert. Das ist das sehr, sehr wichtig für mich. im Zug war, dass sich das ter in den Rosengarten Leben. Das ist New York! Mullan, Idaho Klosett zum Gras und den marschierten. Etwa jeden Dann wurde mir klar, dass Kürzlich las ich, dass der Ge- Ich suche immer nach einem Bahnschienen öffnete. Ich zweiten oder dritten Mo- ich die Leute im Fernsehen ruch von Blumen, besonders Zuhause.« weiß immer noch nicht, nat gab es ein echtes Erd- reden hörte, was ich zuvor von Rosen und Flieder, vor und in meinem fort beben, nie ein schlimmes, nicht gekannt hatte. Jahren tatsächlich viel inten- geschrittenen Alter ist es aber die Lehrer erinnerten siver war und ihr Duft mitt- mir peinlich zu fragen, ob sich alle an das schlimme. Edith Boulevard, Albu- lerweile durch Hybridisierung verdünnt ist. Das mag die Toiletten in Flugzeugen genauso sind. Lösen sich Señor Peña, der Physik- querque, New Mexico stimmen oder nicht; meine erinnerten Idaho-Düfte sind sämtliche persönlichen Abfallprodukte in der Atmo- lehrer, stieß mich einmal Hier lernte ich Angst ken- heftiger als die jeder heutigen Blume. Die Apfelblüten sphäre auf? Ich mochte es, den Boden anzustarren, der um, als er zur Tür stürzte. nen. Meine Angst vor den und die Hyazinthen waren buchstäblich berauschend. unter den Zugtoiletten vorbeiflog. Jahre später starben Drogendealern, meine Angst Ich lag im Gras unter dem Flieder und atmete, bis mir einige meiner Klassenkameraden während der Revoluti- vor der Droge, ihre Angst vor der Drogenpolizei, vorei- schwummrig war. In jenen Tagen drehte und drehte ich El Paso, Texas on. Einige wurden im Kampf getötet, andere begingen nander, davor, keinen Schuss setzen zu können. Das mich, bis mir so schwindlig wurde, dass ich nicht mehr Mamie hatte viele Gerüche, alle betäubend, wenn ich in später Selbstmord, weil die Welt, die sie gekannt hatten, Haus, versteckt, wie es war, und mit Wänden, die jedes stehen konnte. Vielleicht waren das die ersten Warnzei- der Mitte des großen Bettes im Schlafzimmer in ihr ver- verschwunden war. Geräusch fernhielten, verstärkte das Gefühl, sich immer chen und der Flieder meine erste Sucht. sank. Ihre Haut war weiß und feucht, genau wie die zu verstecken, herumzuschleichen. Mit der Sucht Textur und Temperatur von äthiopischem Fladenbrot. Hokonka Hall, University of New Mexico, Albuquer- kommt das Verstecken, das Lügen, der Verdacht. »Du Southern Pacific Railroad, Spokane – El Paso Ihre wunden Füße rieb sie jeden Abend mit Absor que, New Mexico schaust mir jetzt nur noch in die Augen, um zu sehen, Der Speisewagen war der schönste Ort, an dem ich je bine Jr. ein und trug stark riechende Salbe auf ihre Hüh- Die meisten Leute denken, dass ihre Liebe wunderbarer ob sie stecknadelgroß sind«, sagte er. Richtig. gewesen war. Die Eleganz seines aufregend Funken neraugen auf. Grandpa war Zahnarzt, und sie arbeitete ist, als es jede andere Liebe je gewesen sein kann. Es war sprühenden Teppichs, die Stühle mit den hohen Leh- als seine Assistentin, musste in ihren engen Korsetts meine erste Liebe. Ich dachte, alle Menschen fühlten so Aus dem amerikanischen Englisch von Antje Rávic Strubel
K A M PA LIT ER AT U R »Eine der besten Autorinnen »Lucia Berlins Prosa liest sich wie Lyrik und fühlt sich des 20. Jahrhunderts.« wie Erinnerung an. Welcome Home offenbart ihre Begabung, Privates in Literatur zu verwandeln.« Christopher Schmidt / Süddeutsche Zeitung, München The Washington Post L ucia Berlins Erzählungen, die zu den schönsten literarischen Wiederent deckungen der letzten Jahre gehören, gehen Digitales Leseexemplar vertrieb@kampaverlag.ch auch deshalb so unter die Haut, weil sich in ihnen ihr eigenes wechselvolles Leben spie- Plakat gelt. 18 Mal zog sie um, wurde mit 32 Jahren als Mutter von vier Söhnen bereits Presseschwerpunkt zum dritten Mal geschieden, war nirgends richtig zu Hause. Kurz vor ihrem Tod 2004 Buchtrailer LUCIA BERLIN (1936–2004) schrieb im Laufe ihres Lebens schrieb sie an einem Buch, das mehr als 77 Erzählungen, die meisten wurden in den 1980er und 1990er Jahren veröffentlicht. Dennoch war sie zu Lebzeiten kaum 20 kurze autobiografische Texte enthält, bekannt. Durch ihre Wiederentdeckung 2015 mit dem Band chronologisch geordnete Erinnerungen A Manual for Cleaning Women, der auf Anhieb ein New-York- Times-Besteller wurde, fand sie endlich die weltweite Anerken- an die Orte, die sie prägten und an denen nung, die ihr gebührt. Die 2016 unter dem Titel Was ich sonst auch ihre Geschichten spielen. Sie begin- noch verpasst habe veröffentlichte Auswahl daraus stand zehn Mit über nen 1936 in Alaska und enden (viel zu Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. 2017 folgte der zweite 60 Fotos Band Was wirst du tun, wenn du gehst. Im November 2018 früh) 1966 im Süden Mexikos, mehr Zeit erschien unter dem Titel Evening in Paradise in den USA eine weitere Sammlung mit 22 Erzählungen, die im Herbst 2019 im blieb ihr nicht. Ergänzt durch eine Aus- Kampa Verlag auf Deutsch herauskommt. wahl von Fotos und Briefen, gibt der von ihrem Sohn Jeff herausgegebene Band einen faszinierenden Einblick in den Lebens- LUCIA BERLIN stoff, aus dem Lucia Berlin ihre einzigar- Welcome Home tige Literatur geschaffen hat: »Da waren Erinnerungen, Bilder und Briefe Originaltitel: Welcome Home sie, die Geschichten ihrer Kindheit, die Mit einem Vorwort von Jeff Berlin wir so oft gehört hatten, als wir noch klein Aus dem amerikanischen Englisch von Antje Rávic Strubel waren. Nur geordnet und nicht mehr als »Einzigartig und hinreißend.« ca. 240 Seiten | Hardcover mit Schutzumschlag Fiktion getarnt« (Jeff Berlin im Vorwort). Vierfarbdruck Publishers Weekly, New York ca. € (D) 24,– | ca. sFr 32,50 | ca. € (A) 24,70 ISBN 978 3 311 10011 9 | Auch als E-Book WG: 1117 | 6. Mai 2019 28/29
Merci beaucoup für den Enthusiasmus Tabernac*, was für ein Erfolg! »Raffiniert konstruiert, spannend von der ersten bis »Die Konstruktion der Geschichte ist von schnurren- zur letzten Seite, ein Krimi der Extraklasse!« Gabriele Schulte-Hostede / Hugendubel, Ulm der Perfektion. Fast noch aufregender ist es allerdings, den Figuren dabei zuzusehen, wie ihre moralischen Krimibestenliste Konflikte, wie Gefühle von Schuld und Reue und »Was für eine tolle Story.« Rachedurst sie an den Rand bringen – und manch der FAS und von Deutschlandfunk Kultur Claudia Kürten / Buchhandlung für ausgesuchte einen darüber hinaus.« Literatur Ulrich Klinger, Köln Marcus Müntefering / Der Spiegel, Hamburg »Wow, da haben Sie zu Beginn Ihres neuen Verlages »Immer wieder im Leben kommen kleine Sternstunden, SPIEGEL-Bestsellerliste Paperback aber einen Kracher an Land gezogen!« diese hatte ich gerade. Das erste Progamm des Kampa Elke Spieker / Buchhandlung Weber, Erkrath Verlags hat mich sprachlos vor Freude gemacht. Meine geliebte Louise Penny taucht in der Vorschau auf. Ich »Ein mit Herz und Verstand geschriebener Spitzen- krimi.« glaube, die Kunden, die sie so vermisst haben, werden ihren Augen nicht trauen.« »Eine Entdeckung.« Der Spiegel Rainer Rönsch / Sächsische Zeitung Cornelia Hüppe / Krimibuchhandlung Miss Marple, Berlin »Louise Penny ist eine Meisterin des Cliffhangers.« »Liebenswerte Charaktere, Spannung, Humor – ich Sylvia Staude / Frankfurter Rundschau * Tabernac ist einer der freue mich schon auf die nächsten Bände!« beliebtesten Kraftausdrücke Manuela Zieske / Boesner, Hannover in Québec, der neben Wut oder Überraschung vor allem Freude ausdrückt. 30/31 31/31
K A M PA K R IMI Die erfolgreichste Krimiserie Kanadas geht weiter – . und kehrt gleichzeitig zu ihren Anfängen zurück. »Ein wenig erinnert der stets beherrschte, unerwartet kaltblütige Gamache an Fred Vargas’ Adamsberg … Louise Penny verdient Inspector Gamaches hierzulande ein zahlreiches Krimipublikum.« Sylvia Staude / Frankfurter Rundschau allererster Fall in Three Pines Digitales Leseexemplar vertrieb@kampaverlag.ch R ückblende: Wie ist Gamache eigentlich zu seinem Wochenend- haus in Three Pines gekommen? Als er Wir werben in Buchhandelskatalogen noch nicht Polizeichef von Québec war, sondern nur Chef der Mordkommis- Social-Media-Kampagne sion in Montréal, führte ihn ein Fall in das charmante Dorf mitten in den kana- Plakat dischen Wäldern, wo jeder jeden kennt und man auf seine Nachbarn zählen kann. Die Idylle wird jäh zerstört, als am Erntedankfest, einem leuchtend klaren Herbsttag, die Leiche von Jane Neal LOUISE PENNY , 1958 in Toronto geboren, arbeitete nach gefunden wird – getötet durch den Pfeil ihrem Studium der Angewandten Kunst achtzehn Jahre lang als Rundfunkjournalistin und Moderatorin in ganz Kanada. Mit dem einer Armbrust. Es kann sich nur um Schreiben begann sie erst spät. Ihr erster Roman Das Dorf in den einen Jagdunfall handeln, denn wer hätte roten Wäldern wurde weltweit als Entdeckung des Jahres gefeiert, und auch die folgenden Gamache-Krimis wurden vielfach einen Grund gehabt, die pensionierte ausgezeichnet und eroberten die Bestsellerlisten in vielen Lehrerin umzubringen? Ländern. Louise Penny lebt in Sutton bei Québec, einem kleinen Städtchen, das Three Pines zum Verwechseln ähnelt. Inspector Gamache muss die Sache auf- klären, damit der Dorffrieden wieder- hergestellt wird. Dabei wird er nicht nur den Mörder finden, sondern auch Freunde, wie die Buchhändlerin Myrna, LOUISE PENNY Das Dorf in den roten Wäldern die schrullige alte Dichterin Ruth oder Der erste Fall für Gamache Originaltitel: Still Life Gabri und Olivier, das schwule Paar, das Die Nr. 1- »Louise Penny ragt aus dem die Pension im Dorf führt. Und Gamache Vormals unter dem Titel Denn alle tragen Schuld Kriminalroman | Aus dem kanadischen Englisch Krimireihe Krimi-Allerlei heraus!« schließt Three Pines bei seinen Ermitt- von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck aus ca. 368 Seiten | Klappenbroschur Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Essen lungen so sehr ins Herz, dass aus dem ca. € (D) 16,90 | ca. sFr 21,90 | ca. € (A) 17,40 Kanada ISBN 978 3 311 12006 3 | Auch als E-Book Tatort ein Sehnsuchtsort für ihn wird. WG: 1121 | 11. Februar 2019 Auch als Hörbuch bei DAV 32/33
MAINE Eine der schönsten Regionen der USA bekommt endlich ihre eigene Krimiserie H ansjörg Schertenleib lebte zwanzig Jahre lang in Irland. Heute pendelt er zwischen der Schweiz und Spruce Head Island in Maine, USA, wo er auch Die Hummerzange geschrieben hat: mit Blick auf Seal Harbor mit den Lobsterbooten. Der Transport seiner Bibliothek und Plattensammlung von Irland nach Maine dauerte per Containerschiff mehrere Monate. Aber literarisch saß Hansjörg Schertenleib in seiner neuen Heimat dennoch nicht auf dem Trockenen: The Lobster Lane Book Shop in Spruce Head mit schätzungsweise 100 000 Büchern liegt nur eine Meile von seinem Haus entfernt. Seine zwei anderen Lieblingsbuch- handlungen in der Gegend sind Owl & Turtle in Camden und hello hello books in Rockland. M eilenweite Küstenlinien mit weiß ge- tünchten Leuchttürmen prägen das Bild ebenso wie die Hummerboote und die bunten Bojen, die auf den Wellen des Atlantiks tanzen. Unzählige Seen und Flüsse im Hinterland, gi- gantische Bergpanoramen, Verkehrsschilder, die vor Elchen warnen, und Kiefernwälder, so weit das Auge reicht. Im Bundesstaat Maine, dem Herzstück New Englands ganz im Norden der US-amerikanischen Ostküste, trifft raue, unbe- rührte Natur auf malerische Fischerdörfer. In den Hafenrestaurants stehen regionale Speziali- täten auf der Karte: Hummer in allen Varianten, Austern und Blaubeerkuchen. Aber trotz dieser Postkartenidylle hat Maine auch handfeste Pro- bleme: vor allem Drogenmissbrauch und Drogen- schmuggel (die kanadische Grenze ist nicht weit). Und auch der Gegensatz zwischen den Reichen aus Boston und New York, die hier Ferienhäu- ser besitzen, und den Einheimischen, die bei schlechter Hummerernte schnell ums Überleben kämpfen, führt immer wieder zu Spannungen.
K A M PA K R IMI Zerklüftete Küsten, raue Felsen und »Ich verbringe die Hälfte des Jahres an der wilden Küste Maines eine Leiche in der Hummerbucht auf einer kleinen Insel im Atlantik. Es wäre dumm, die großartige, dramatische Landschaftsbühne unter diesen weiten Himmeln nicht literarisch zu bespielen.« Hansjörg Schertenleib auf Spruce Head Island V or vier Jahren haben sich die Schwei- zer Kriminalpolizistin Corinna Hol- der und ihr Mann Michael ein Cottage auf Spruce Head Island in Maine gekauft. Hier wollten sie nicht nur ihre Ferien, sondern später auch den Ruhestand verbringen. Doch seit neun Monaten ist Michael tot, gestor- Leseexemplar ben bei einem Verkehrsunfall. Als Corinna vertrieb@kampaverlag.ch das erste Mal allein nach Maine reist, wird sie von ihren Erinnerungen eingeholt. Aber Social-Media-Kampagne viel Zeit zum Trauern bleibt nicht, denn als sie im kalten Atlantik schwimmen gehen Plakat will, findet sie eine übel zugerichtete Lei- che: Dem Mann wurde eine Hummerzan- Presseschwerpunkt HANSJÖRG SCHERTENLEIB, geboren 1957 in Zürich, ge in die Augen gerammt. Corinna nimmt ist gelernter Schriftsetzer und Typograph. Seit 1981 veröffentlicht er Prosa, Lyrik und dramatische Texte. Seine Romane wie der die Ermittlungen auf, zumal sie den Toten Lesereise Bestseller Das Regenorchester wurden in zahlreiche Sprachen kannte: Es ist Norman Dunbar, und der übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Zwanzig Jahre lang lebte Schertenleib, der auch aus dem Englischen übersetzt, in Irland. hatte nicht wenig Feinde. Es könnte eben- Heute pendelt er zwischen der Schweiz und Spruce Head Island so eine seiner Frauengeschichten sein, die in Maine, USA. Zuletzt erschien im Kampa Verlag in der Reihe Der kleine Gatsby seine Novelle Die Fliegengöttin. ihm zum Verhängnis geworden ist, wie auch seine eher unrühmliche Rolle als Investor bei ominösen Geschäften auf der Insel. Oder besteht ein Zusammenhang zu der Initiative gegen die größte Lobsterfabrik auf Spruce Head Island? Als Fremde auf der »Hansjörg Schertenleib Insel werden Corinna viele Steine in den HANSJÖRG SCHERTENLEIB Weg gelegt, aber sie lässt sich nicht beirren. fesselt den Leser.« Die Hummerzange Ein Maine-Krimi Frankfurter Rundschau Kriminalroman ca. 240 Seiten | Klappenbroschur ca. € (D) 14,90 | ca. sFr 19,90 | ca. € (A) 15,30 ISBN 978 3 311 12004 9 | Auch als E-Book WG: 1121 | 6. Mai 2019 36/37
Wenn Commissario Marco Pellegrini morgens auf der Terrasse des »Der schönste Ort der Welt.« Albergo seiner Eltern hoch über Como steht und den Ausblick auf George Clooney den glitzernden See genießt, fragt er sich doch, ob es richtig war, zur Polizia di Stato zu gehen, statt in das Familienunternehmen einzusteigen. Dass Pellegrini zumindest ab und zu Hotelgäste und Einheimische Doch dann wird eine Leiche gefunden … mit ihrem ersten caffè versorgt, ist ein schwacher Trost. Denn dann klingelt doch wieder sein telefonino, und er wird in der Questura gebraucht …
K A M PA K R IMI Ein Fall für einen starken Espresso: Commissario Pellegrini ermittelt, wo andere Ferien machen – und wäre fast selbst Hotelier geworden. Commissario Pellegrini Ohne Espresso löst er keinen Fall – und die Kaffeemaschine und der tote Student bedient er mindestens so gut wie seine Dienstwaffe. Er ist kein George Clooney, macht aber immer bella figura – ob in Uniform oder in Zivil. C ommissario Marco Pellegrini hatte sich auf die ersten warmen Frühlingstage D ie meisten Menschen würden sagen, dass es keine Gemeinsamkeiten zwi- schen einem Barista und einem Commissario gefreut. Zu gern hätte er in Ruhe den einen oder anderen caffè in der Bar des Familien- betriebs genossen, ehe die Touristenmassen gibt. Pellegrini war da anderer Meinung. an den Comer See strömen. Denn dann ist Beide mussten gut zuhören können, in den es auch bei der Polizia di Stato mit der Ruhe Leseexemplar Leuten das Bedürfnis wecken, reden zu vorbei. Doch die Realität holt ihn früher vertrieb@kampaverlag.ch wollen, ohne sich dessen bewusst zu sein. ein als erwartet: Ein Student wird in seiner Die Unterschiede kamen erst zum Tragen, völlig verwüsteten Wohnung aufgefunden – Social-Media-Kampagne wenn alles gesagt war. Während der Baris erwürgt. Schnell zeigt sich, dass der Tote ta die Geheimnisse gleich einem Beicht über außerordentlich viel Geld verfügte, Plakat vater für sich behielt, war es die Aufgabe das weder von seinen halblegalen Vermie- des Commissario, sich alle Informationen tungsgeschäften noch von seinem dubiosen Presseschwerpunkt für die Ermittlungen zunutze zu machen.« Nebenjob kommen konnte. Woher hatte er so viel Geld? Und wurde er deswegen er- mordet? Commissario Pellegrini übernimmt den Fall, wird bei den Ermittlungen aber Bester Caffè für Sie! nicht nur mit seiner eigenen Vergangenheit Bestellen Sie ein Lese- konfrontiert, sondern muss auch noch läs exemplar und schicken Sie tige Streitereien in seinem Team schlichten. uns Ihre Leseeindrücke oder dekorieren Sie Tisch oder Schaufenster mit Dino Mi- nardis Ein Espresso für den Commissario. Zu gewinnen gibt es ein DINO MINARDI Caffè-Überraschungsset sowie als Hauptpreis Ein Espresso für den Commissario Lavazza-Kaffee für ein Jahr: für Sie privat Pellegrinis erster Fall (25 kg) oder für Ihre Buchhandlung (100 kg). Kriminalroman DINO MINARDI ist das Pseudonym eines deutschen Autors. ca. 208 Seiten | Klappenbroschur Einsendeschluss ist der 31. Mai 2019: Der ausgebildete Psychologe ist im Rheinland tätig und hat ca. € (D) 14,90 | ca. sFr 19,90 | ca. € (A) 15,30 vertrieb@kampaverlag.ch. beruflich wie privat lange Zeit in Norditalien verbracht. Ein ISBN 978 3 311 12005 6 | Auch als E-Book Espresso für den Commissario ist sein erster Kriminalroman. WG: 1121 | 11. März 2019 40/41
Die Gesamtausgabe Eine Kooperation der Verlage Kampa und Hoffmann und Campe »Ein Mammutprojekt.« »Ein Genie.« Nils Minkmar / Der Spiegel, Hamburg Daniel Kehlmann »Eine so große Simenon-Ausgabe hat es auf Deutsch noch nie gegeben.« Thomas Bodmer / Die Weltwoche, Zürich »Ein Großprojekt, das mit souveräner Sorgfalt angegangen wird.« Alex Rühle / Süddeutsche Zeitung, München »Die Edition justiert das Bild Georges Simenons neu.« Stefan Lüddemann / Neue Osnabrücker Zeitung »Ein verlegerischer Kraftakt zweier Verlage.« Hartmut Wilmes / Kölnische Rundschau »Ein wahres Fest.« Christiane Oelrich / dpa, Hamburg »Georges Simenon gehört zu den Großen – und ins 21. Jahrhundert.« Manuel Müller / Neue Zürcher Zeitung
die schließlich zu Morden, Serienmorden, Weltkriegen stellte man Töpfe mit Wasser auf die Flamme, wenn Be- AUSZUG AUS DEM NACHWORT führen. such nahte. Genau das, Demütigung und Kränkung, widerfährt Popinga. Er entdeckt, dass er von den wirklichen Spie- Aus der nachgerade anfallartigen Arbeitsweise Simenons Axel Hacke über len im Leben ausgeschlossen war. erklärt sich die ungeheure Dichte der Handlung auch dieses Buches. Von der Arbeitsweise des Autors zur Le- Der Mann, der den Zügen nachsah Simenon hat oft dargelegt, dass er aus dem Gefühl he- raus schreibe, »an meinen Beruf kann ich nur glauben, seweise des Lesers ist es ein direkter Weg. Man kann nicht aufhören, wird hineingesogen in den Strom der wenn er vom Unbewuss- Geschichte und kann sie ten gesteuert wird«. Ja, kaum aus der Hand legen. wenn er der Vernunft, der Popinga bricht in etwas W ie viele Simenon-Romane habe ich gelesen? Reflexion, der Rationali- auf, das er Freiheit nennt. So ist das auch mit Kees Popinga. Schon mit zwanzig Fünfzig, sechzig? Ich weiß es nicht. tät die Oberhand gäbe, Aber natürlich handelt es hätte er sich befreien wollen, aber er hatte nicht den Aber keiner hat mich so beschäftigt wie Der Mann, wenn er sich selbst zu gut sich nicht um Freiheit, Mut dazu, und es fehlte der Anlass. Was er nun plötz- der den Zügen nachsah; im Laufe der Jahrzehnte habe kennte, würde er nicht weil er gar nicht weiß, was lich entdeckt, war allerdings schon immer da, er hat es ich den Roman immer wieder zur Hand genommen. (So mehr schreiben können, Freiheit sein könnte – es bloß nicht erkannt. Jetzt wird es unübersehbar, und es was macht man ja nicht mit irgendeinem Buch.) er verlöre »die Schärfe ist nur Einsamkeit, die als führt ihn auf die Eisenbahngleise, wo er in der Kälte Warum? meines Unterbewussten«. Freiheit empfunden wird. nackt auf dem Metall liegt und auf einen dieser bösartig Obwohl ihn Psychoana- pfeifenden Züge wartet – und schließlich bis an jenen Es gibt vieles, das mich an Simenon fasziniert: die lyse reizte, lehnte er sie Ich bin ein Kind der fünf- Ort, den man zu Simenons Zeiten noch »Irrenhaus« Knappheit und Präzision seiner Dialoge; die Handlung, doch aus genau diesem ziger Jahre und erkannte, nannte. die er so vorantreibt, dass sie Grund ab, denn er dürfe als ich Der Mann, der den einen nicht loslässt; seine Fä- sich nicht kennen, um Zügen nachsah mit viel- Man bleibt sein Leben lang higkeit, in sehr wenigen Wor- Romane zu schreiben. leicht dreißig zum ersten ein kleiner Junge, bis man ten eine Situation und ihre »Im Laufe der Jahrzehnte entdeckt, dass dieses Leben Mal las, in Popingas lee- Seine Arbeitsweise spie- rer Welt, in seinen Krän- Atmosphäre so dicht zu be- habe ich den Roman immer mehr zu bieten hat, als man gelte das wider. Jeder, der kungen und Verletzungen schreiben, dass man sie mit sich zu nehmen traute, und den Sinnen spürt: »Die Züge wieder zur Hand genommen. dass die großen Jungs sich sich mit diesem Autor mehr von dem wieder, auch nur kurz beschäftigt was mir passiert war, als stießen bösartige Pfiffe aus. (So was macht man ja nicht mit dieses »mehr« immer schon hat, kennt sie: Er schrieb mir lieb sein konnte: eine Der ganze Lärm von draußen genommen haben. Nur dass mit den dumpfen und den irgendeinem Buch.)« es ihnen auch nicht viel ge- ohne Pause über Tage Gesellschaft, die von spitzen Tönen und dem Keu- und Wochen, ohne abzu- nichts träumte als vom holfen hat, und dass ein chen der Maschine war wie brechen, kontinuierlich Materiellen, Menschen, Kleiner, der nun endlich bei ein Orchester; dazu manch- und so schnell wie mög- denen jedes größere Ge- den Großen mitmachen mal das Zischen eines Autos mit Vollgas auf der Fern- lich, aus dem Gefühl für seine Hauptfigur heraus: »Ich fühl abhandengekommen war. Die Welt meiner Eltern. will, nicht viel mehr ernten wird als Gelächter. straße.« stecke regelrecht in der Haut der Figur.« Er nannte das Im Mörder Kees sah ich etwas von mir selbst (wie man Doch: Was ist dieses »mehr vom Leben« schon? Das alles findet man in jedem Simenon, auch die Un- seltsamerweise den »Gnadenzustand«. Simenon lebte in oft in Figuren Simenons etwas von sich selbst erkennt), Ein Haufen Geld, die Frau eines anderen, eine Mä- ausweichlichkeit des Geschehens, das, meistens von ir- den Handelnden, aber selbstverständlich blieb er dabei ohne darüber sehr viel nachzudenken, weil Nachden- tresse in der Großstadt, mehr nicht, na ja, das Lachen gendeinem Zwischenfall ausgelöst, seinen Gang nimmt. Simenon. ken über das eigene Gefühlsleben eben nun mal nicht über einen wie Popinga, das ist es auch noch. »Ich brauche etwas, was den Lebenslauf meiner Figur Wer die Biografie dieses Autors kennt, wird vieles aus zum Programm gehörte, das mir mitgegeben war. Die- plötzlich verändert«, hat Simenon einmal gesagt, ein dessen Leben in diesem Buch wiedererkennen, und ses Programm lautete eher, mit so wenig Gefühl auszu- Es gebe nichts Schlimmeres, das man dem Menschen Autounfall, ein Herzinfarkt, eine Erbschaft, oft etwas wenn es solche Details sind wie die Kasserollen, die Po- kommen wie möglich. antun könne, als die Demütigung, hat Simenon einmal viel Unbedeutenderes, etwas, was in jedem Leben pas- pingas Mutter aufs Feuer stellte »für den Fall, dass ir- gesagt, »lieber einen Menschen töten, als ihn demütigen, sieren kann und auch passiert. »Wir stürzen uns dann gendjemand hereingeschaut hätte«. Es gab in diesem Aber dieses Sich-Erkennen im Anderen und das Reali- ihn ablehnen, ausstoßen, ihm das Gefühl nehmen, dass förmlich auf diesen Zwischenfall«, sagte er, »auf diese elenden Haushalt nichts zu essen außer Brot, aber das sieren, dass man mit den eigenen Beschränkungen und er zu einer Gemeinschaft gehört, dass er wie die anderen unwesentliche Begebenheit, um unser Leben zu ändern. sollte keiner wissen. Im Haushalt von Simenons Groß- inneren Tragödien nicht alleine ist, tröstet schon, so hat ist«. Der Psychiater Reinhard Haller hat ein ganzes In Wirklichkeit wollten wir das schon mit zwanzig, hat- mutter, der Mutter seiner Mutter, handhabte die Haus- das auch Simenon selbst gesehen. Daher kam dieses Buch über Die Macht der Kränkung geschrieben. De- ten aber nicht den Mut dazu.« frau das genauso. Man war arm, aber jeder sollte den- suchtartige Lesen, das ich nur von Simenons Büchern mütigungen und Kränkungen setzen jene Energien frei, ken, es werde gerade ein gutes Essen zubereitet, also kenne.
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