Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST

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Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
Fühle deine Stadt. Wiesbaden.

November 2014 Nr. 28

GO WEST – 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
ZEIGT EUCH, STUDIS AUFTANK-TIPPS FRAU VOM CHECKPOINT CHARLIE
Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
sensor 11/14                                                     3
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                                                                                                                                             Editorial                                                                                                                     Impressum
                                                                                                                      Deutschland ist wiedervereinigt, liebe   Mauerfall. Ein vom Volk ausgelöstes       Martin Mengden in seiner aktuellen          Verlag GLM
                                                                                                                      sensor-Leser, aber Wiesbaden …,          Ereignis purer Freude, das ein Jahr       Kolumne gar eine Teilung der Stadt          Gesellschaft für lokale Medien mbH
                                                                                                                                                                                                                                                     Vertretungsberechtigter Geschäftsführer:
                                                                                                                                                               später in der von der Politik gere-       in „Wies“ und „Baden“ beschreibt.
                                                                                                                                                                                                                                                     Bernd Koslowski, Veronika Madkour,
                                                                                                                      … unsere eigene Stadt, die wird im-      gelten Wiedervereinigung mündete,         Auf jeden Fall lohnt es sich, mitein-       Dr. Hans-Paul Kaus
                                                                                                                      mer wieder als „geteilte“ Stadt emp-     die vielen dann doch eine Spur zu         ander ins Gespräch zu kommen. Das           Erich-Dombrowski-Str. 2 | 55127 Mainz
                                                                                                                      funden und beschrieben. Als eine         schnell ging und – mit Folgen, die        hat vor wenigen Tagen wieder un-            (zugleich Anschrift der V.i.S.d.P.)
                                                                                                                      Stadt der, zumindest mentalen, Mau-      bis heute spürbar sind – eher als „An-    sere gemeinsame Veranstaltungs-             Eine Tochtergesellschaft der

                                  Nur das Beste
                                                                                                                                                                                                                                                     Verlagsgruppe Rhein Main (VRM)
                                                                                                                      ern, in der diametral gegensätzlich      schluss“ denn als echte Vereinigung       reihe mit dem Walhalla, „Der visio-
                                                                                                                      denkende, agierende und fühlende         empfunden.                                näre Frühschoppen“, gezeigt, diesmal        Redaktions- & Anzeigenleitung
                                                                                                                                                                                                                                                     Dirk Fellinghauer (Verantwortlich i.S.d.P.)

                                    für Sie.
                                                                                                                      Menschen leben. Nebeneinander, so-       Vielleicht ist gerade das Jubiläum        zum Thema „Fremd in der eigenen
                                                                                                                                                                                                                                                     Kleine Schwalbacher Str. 7 – 65183 Wiesbaden
                                                                                                                      gar gegeneinander, aber viel zu sel-     des Mauerfalls eine gute Gelegen-         Stadt“. Einen Fotorückblick finden          Tel: 0611/355 5268 Fax: 0611/355 5243
                                                                                                                      ten und viel zu wenig miteinander.       heit, auch über die Mauern in Wies-       Sie in dieser Ausgabe, alles rund           www.sensor-wiesbaden.de
                                                                                                                      An diesen Empfindungen ist sicher        baden und darüber, wie wir sie zu Fall    ums visionäre Wiesbaden auf der             hallo@sensor-wiesbaden.de
                                                                                                                      einiges dran. Aber mir scheint, dass     bringen können, nachzudenken. Eine        Seite wiesbadenervisionen.de. Sur-          Layout/Satz Thorsten Ullrich, www.175lpi.de
                                                                                                                      das Bedürfnis – interessanter- und       großartige Gelegenheit bietet sich am     fen Sie die mal an!                         Titelbild dainz.net
                                                                                                                      erfreulicherweise auf beiden Seiten      9. November, wenn – als Pendant zu        „Die“ Mauer ist weg, die Mauern
                                                                                                                                                                                                                                                     Mitarbeiter dieser Ausgabe
                                                                                                                      – wächst, dass in Wiesbaden end-         einer spektakulären Aktion in Ber-        müssen weg. Das findet und daran            Text Anja Baumgart-Pietsch, Monika Bege,
                                                                                                                      lich näher zusammenwächst, was zu-       lin – Heliumballons mit persönli-         glaubt mit unerschütterlichem Op-           Jan-Markus Dieckmann, Sabine Eyert-Kobler,
                                                                                                                      sammengenhört, dass besser zusam-        chen „Mauerfall“-Botschaften in den       timismus, Ihr                               Jan Gorbauch, Julia Gorbauch, Hendrik Jung,
                                                                                                                      menlebt, wer zusammengehört. Seit        Wiesbadener Himmel steigen sollen.                          Dirk Fellinghauer         Martin Mengden, Dorothea Rector, Falk Sinß,
                                                                                                                                                                                                                                                     André Werner
                                                                                                                      es sensor gibt, ist es auch unser An-    Vielleicht ist diese ganze Träumerei                      sensor-Mauerspecht
                                                                                                                                                                                                                                                     Foto/Illustration Daniel Bueche, Regina Brocke,
                                                                                                                      liegen, das „eine“ mit dem „anderen“     von einem „vereinten“ Wiesbaden                                                       Katharina Dubno, Julia Gorbauch, Marc „King
                                                                                                                      Wiesbaden bekannt und vertraut zu        aber auch einfach naiv, und das Ge-                                                   Low“ Hegemann, Simon Hegenberg, Hoch-
                                                                                                                      machen.                                  genteil bahnt sich den Weg. Am Ende                                                   schule RheinMain, Mattiaqua, Frank Meißner,
                                                                                                                      Unser Land, die ganze Welt eigent-       ist es vielleicht gar nicht so abwegig,                                               Lili Judith Oberle, Kai Pelka, Wiesbaden
                                                                                                                                                                                                                                                     Marketing, Christof Rickert, Jonas Werner-
                                                                                                                      lich, feiert in diesem Monat 25 Jahre    wie unser Verborgene-Welten-Autor
                                                                                                                                                                                                                                                     Hohensee, Michael Zellmer, Veranstalter- und
                                                                                                                                                                                                                                                     Herstellerfotos, Repro / ISDN Team

                                                                                                                                                                                                                                                     Lektorat Hildegard Tischer, www.rbht.de

                                                                                                                                                                                                                                                     Redaktions- und Anzeigenschluss:
                                                                                                                                                                                                                                                     15. des Vormonats

                                                                                                                                                                                                                                                     Verteilung
                                                                                                                                                                                                                                                     WV Werbevertriebsgesellschaft mbH
                                                                                                                                                                                                                                                     kostenlose Auslage in Wiesbaden | Innenstadt
                                                                                                                                                                                                                                                     und Vororten an über 1.000 Auslageplätzen |
                                                                                                                                                                                                                                                     Gesamtauflage 40.000 Exemplare
                                                                                                                                                                                                                                                     (20.000 Mainz / 20.000 Wiesbaden)

                                                                                                                                                                                                                                                     Wirtschaftlich beteiligt i.S. §9 Abs. 4 LMG
                                                                                                                                                                                                                                                     Rh.-Pf.:
                                                                                                                                                                                                                                                     Verlagsgruppe Rhein Main GmbH & Co. KG
                                                                                                                                                                                                                                                     Erich-Dombrowski-Str. 2 | 55127 Mainz
                                                                                                                                                                                                                                                     phG: Verlagsgruppe Rhein Main
                                                                                                                                                                                                                                                     Verwaltungsgesellschaft mbH
                                                                                                                                                                                                                                                     Geschäftsführer: Hans Georg Schnücker
                                                                                                                                                                                                                                                     (Sprecher), Dr. Jörn W. Röper, Mainz
                                                                                                                      ((( 12                         ((( 17                                                                                 ((( 34   Druck
                                                                                                                                                                                                                                                     Druckzentrum Rhein Main GmbH & Co. KG
                                                                                                                                                                                                                                                     Alexander-Fleming-Ring 2
                                                                                                                                                                                                                                                     65428 Rüsselsheim

                                                                                                                                                                                                                                                     Social Media

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                                                                                                                                                                                                                                                     www.twitter.com/sensorWI

                                                                                                                                                                                                                                                     sensor Wiesbaden ist Mitglied in der
                                                                                                                                                                                                                                                     Werbegemeinschaft Wiesbaden wun-
                                                                                                                      6 )))    Go West: 25 Jahre Mauerfall     18 )))   Hier tanken wir auf –            33 )))   Geschäft des Monats:               derbar und Medienpartner von ECHT
                                                                                                                      11 )))   Das Weg ist das Ziel – Börse             Das sensor-Team verrät                    Oxfam Shop                         Wiesbaden.

                                                                                                                               für Auslandsaufenthalte                  Kraftquellen für die dunkle      34 )))   Der große Test: Saunen in          Wir danken unseren Förderabonnenten
                                                                                                                                                                        Jahreszeit                                                                   Andrea Baermann, Peter Blähser, Dennis
                                                                                                                      12 )))   Der Gang in die Tiefe:                                                             Wiesbaden                          Centner, Jan Deppisch, Sabine Drotleff, Fauth
                                                                                                                               Jüdisches Lehrhaus              20 )))   Veranstaltungskalender           37 )))   Essen und Trinken:                 & Gundlach GmbH, B   ­ arbara Haase, Talley
                                                                                                                                                                                                                                                     Hoban, Andreas & Mirjam Kempers-Handke,
                                                                                                                                                                        und die Perlen des Monats                 Dichterküche im Chiantikeller
                                                                                                                      14 )))   Wiesbaden 2040 – nach der                                                                                             Kerstin Hänsel, Kerstin Hennig, Sandra Hering,
                                                                                                                               velophilen Revolte              28 )))   Das große 2x5 Interview          38 )))   Kleinanzeigen und das              Peter Kabelitz, Sabine Krug, Sven Moritz, Jens
                                                                                                                                                                                                                                                     Rödiger, Ute Schmidt, Bettina Schreiber, Katrin
                                                                                                                                                                        mit Jutta Fleck, „Die Frau                Orts-Rätsel                        Walsdorfer, Julia Wilhelm, Mihaela Zaremba.
BAEUMCHER & CO · Rheinstr. 41 - Ecke Luisenpl. · 65185 Wiesbaden | WÄSCHEHAUS ANN · Webergasse 12 · 65183 Wiesbaden
                                                                                                                                                                        vom Checkpoint Charlie“                                                      www.sensor-wiesbaden.de/abo
RIEMA DESSOUS · Grabenstr. 39 · 65549 Limburg | WÄSCHE & BADEMODEN FÜR SIE & IHN · Binger Str. 94 · 55218 Ingelheim
                                   WÄSCHE-ECKE · Pariserstr. 119 · 55268 Nieder-Olm
Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
4                                           sensor 11/14                                                                                                                                                                                                                                                     sensor 11/14                                              5
    Sag bloß!                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Kolumne
                                                                                                                             @    Was ist los? Schicken Sie
                                                                                                                                  Ihre Neuigkeiten an hallo@
                                                                               Sag bloß!                                          sensor-wiesbaden.de                                                                                                                                               Falk Fatal
                                                                                                                                                                                                                                                                                  wartet auf den Untergang
                                                                               Neuer Oberkriminalist                     im Kurhaus genießen kann. Ob mit
                                                                               Amtswechsel im Bundeskriminal-            oder ohne Nachwuchs – die Vorbe-
                                                                               amt. Der bisherige stellvertretende       reitungen für das glamouröse Fest in
                                                                               Bremer Innensenator Holger Münch          allen Sälen und Salons, mit Livemu-                                                                                                                      Im Nahen Osten lodert ein Flächen-
                                                                                                    löst Jörg Ziercke    sik von den Nightbirds und exklu-                                                                                                                        brand aus Chaos, Gewalt, Terror, re-
                                                                                                    als BKA-Präsident    sivem Musikfeuerwerk um Mitter-                                                                                                                          ligiösem Fanatismus, Tod und Gier.
                                                                                                    ab. Der 53-jährige   nacht – laufen auf Hochtouren, der                                                                                                                       In den Regionen, in denen Islamis-
                                                                                                    verheiratete Vater   Vorverkauf für die begehrten Tickets                                                                                                                     ten die Oberhand haben, stillen diese
                                                                                                    zweier Söhne war     ebenso: www.wiesbaden.de/silvester                                                                                                                       ihren Blutdurst an den Ungläubi-
                                                                                                    bereits in den An-                                                                                                                                                            gen, während auf der anderen Seite
                                                                               fangsjahren seiner Laufbahn 1987-         Naspa wird rot                                                                                                                                           der Weltkugel fanatische Christen
                                                                               91 beim BKA tätig. Der Amtswech-          Zum 175-jährigen Jubiläum im Jahr                                                                                                                        irgend­etwas von intelligentem De-
                                                                               sel erfolgt bei der BKA-Herbsttagung      2015 plant die Nassauische Spar-                                                                                                                         sign faseln und einen Gott anbeten,       Endzeitfilm nehmen: Roland Em-
                                                                               am 19. November in Mainz.                 kasse einen historischen Schritt –                                                                                                                       der die Erde flutet und Feuer und         merich trifft auf George A. Romero.
                                                                                                                                            und einen klaren                                                                                                                      Schwefel auf Städte regnen lässt. In      Das Resultat wäre ein erstklassiger
                                                                               Club-News                                                    Schnitt: Die Napsa                                                                                                                    manchen US-Bundesstaaten haben            Apokalypse-Blockbuster. Aber das
                                                                               In der Schwalbacher Straße geht                              „wird rot“ und be-                                                                                                                    sie es sogar geschafft, dass der Irr-     hier sind nicht die Fantasien eines
                                                                               zum Jahreswechsel eine Ära zu Ende.                          kennt sich auch                                                                                                                       glaube vom „Intelligent Design“ in        Drehbuchautors, das ist die Welt im
                                                                               René Romahn, der den Keller-Tech-                            optisch zur Spar-                                                                                                                     den Lehrplänen der Schulen gelan-         Herbst 2014: verrückt, krank, kaputt.
                                                                               noclub New Basement zu einer weit                            kassen-Finanz-                                                                                                                        det ist.                                  Vor 25 Jahren fiel die Mauer in Ber-
                                                                                                   über die Stadt-       gruppe. Die ersten Auswirkungen der                                                                                                                      Und während die Konflikte des Na-         lin, und mit ihr ging der Warschauer
                                                                                                   grenzen hinaus        Anpassung werden schon in Kürze                                                                                                                          hen Ostens langsam, aber sicher auch      Pakt unter. Mit meinem kindlichen
                                                                                                   beachteten, auf-      zu sehen sein, weitere Schritte fol-                                                                                                                     stellvertretend in den westlichen In-     Gemüt glaubte ich damals wirklich,
                                                                                                   regenden Szene-       gen sukzessive bis zum Jahr 2017.                                                                                                                        nenstädten geführt werden, bietet         dass sich die Utopie einer Welt, in
                                                                                                   adresse gemacht       Der Vorstandsvorsitzende Stephan                                                                                                                         Scientology in der Wiesbadener Fuß-       der sich die Menschen respektieren
                                                                                                   hatte, will auf-      Ziegler präsentierte, schon stilecht                                                                                                                     gängerzone Stresstests an.                und friedliches miteinander leben,
                                                                               hören, „wenn es am schönsten ist“.        in neuer Krawatte, bei einer Presse-                                                                                                                     In Afrika bricht derweil eine tod-        schon bald verwirklichen könnte.
                                                                               Der Nachfolger steht bereit, ist aber     konferenz die Pläne und die beglei-                                                                                                                      bringende Epidemie aus. Zunächst          Dieser Optimismus hielt nicht lange.
                                                                               noch geheim. Neustart auf der ande-       tende Kampagne „S kommt!“.                                                                                                                               interessiert das hierzulande nur am       Ich glaube auch nicht, dass er je wie-
                                                                               ren Rheinseite. Der Kumi Klub, eine                                                                                                                                                                Rande. Afrika ist weit. Doch die Epi-     derkehren wird. Die Zeichen stehen
                                                                               Institution, an der Mainzer Rheinal-      Gastro-Neuigkeiten                                                                                                                                       demie breitet sich immer weiter aus,      auf Untergang. Machen wir das Beste
                                                                               lee, wird wiedereröffnet. Neuer Betrei-   Burger-Boom ohne Ende. Skeptiker                                                                                                                         überquert Ländergrenzen und fordert       daraus!
                                                                               ber wird David „Emparé“ Liebler, der      sagen den ganzen Läden, die derzeit                                                                                                                      mehr und mehr Todesopfer. Langsam
                                                                               dort bereits früher als Resident auf-     aus dem Boden sprießen, ein ähnli-                                                                                                                       erkennt man im Westen, dass etwas         fatalerror.biz
                                                                               gelegt hat: „Exzessive Partys, super      ches Schicksal wie den Bubble-Tea-                                                                                                                       dagegen getan werden muss. In ei-
                                                                    2014/15    Stimmung und eine einmalige Atmo-         oder Donutshops (der in der Fried-                                                                                                                       ner globalisierten Welt bleiben Viren
                                                                               sphäre sorgten früher jedes Wochen-       richstraße hat wieder zu, „Tasty Do-                                                                                                                     und Bakterien nicht lange an einem
                                                                               ende für lange Partynächte. Unser Ziel    nuts“ in der Kleinen Kirchgasse                                                                                                                          Ort, sondern verbreiten sich rasend        Rekordstadt
    FR, 03.10.14                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Wiesbaden
    SA, 04.10.14
    FR, 10.10.14                  “Enigma”                                     ist es, an diese Erfolge anzuknüpfen,     hält sich tapfer) voraus. Im Haupt-                                                                                                                      schnell. Schon bald fordert die Seu-
    SA, 11.10.14           von Éric-Emmanuel Schmitt                           aber auch frischen Wind und Verbes-       bahnhof hat das „Chillers“ Preope-                                                                                                                       che die ersten Todesopfer in den USA       Die erfolgreichste Romanauto-
                                                                               serungen mit einzubringen.“               ning für Geladene gefeiert, die of-                                                                                       Robert Hassler                 und in Europa. Noch beruhigen die          rin Deutschlands lebt in
                                   “Event”                                                                               fizielle Eröffnung soll in Kürze fol-                                                                                                                    Behörden. Alles ist sicher, niemand        Wiesbaden. Psychologische
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Krimis sind das Markenzeichen
                                von John Clancy                                Kurhaus-Silvester mit Kids                gen. „Mit viel Glück noch dieses                                                                                                                         muss sich vor Ebola fürchten. Viel-
                                   Gastspiel
                                                      N   8 9 f F .            Die Frage – Wo Silvester feiern? –        Jahr in Wiesbaden“ lautet die Zeit-
                                                                                                                                                                                                                                                                65 Jahre,         leicht ist dem so. Doch was, wenn          von Charlotte Link. Allein in

                       gv o nRDea g mTa rCB ohr r mea n n
    DO, 09.10.14 “Goethes Faust II - Die Playmobilshow”                        ist jedes Jahr schon schwierig genug.     ansage bei „Das!Burger“ in der Gra-                                                                             selbstständiger Handelsvertreter         nicht?                                     Deutschland wurden bislang
     17:30 Uhr!
                                                                              Noch schwieriger wird es, wenn noch
                                                                               eine weitere Frage dazukommt: Wo-
                                                                                                                         benstraße. „Nassau Beef & Burger“
                                                                                                                         kündigt das „Grand Opening“ für den                                                                            Vermissen Sie den Sommer, oder
                                                                                                                                                                                                                                                                                  Dann könnte man sich mit einer
                                                                                                                                                                                                                                                                                  neuen Droge aus den USA zubal-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             über 24 Millionen ihrer Bücher
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             verkauft. Die 1963 geborene
    FR, 24.10.14
    SA, 25.10.14               “Tag der Gnade”                                 hin mit den Kindern? „Einfach mit-        6. Dezember an. Ebenfalls ab Dezem-                                                                            freuen Sie sich auf den nahenden          lern. „Cloud Nine“ heißt sie und soll      Erfolgsschriftstellerin schrieb
                                                                               bringen“, sagt das Kurhaus, das in        ber will „Horns´n´Hoofs“ mit „Steaks                                                                           Winter?                                   ähnlich wirken wie LSD. Der Neben-         als 16-Jährige ihr erstes Werk,
                                von Neil LaBute
                                                                                                                                                                                                                                        Ich freue mich richtig auf den Winter.                                               drei Jahre später reichte sie ihr
    FR, 31.10.14                 “Achterbahn”                                  diesem Jahr zur bekannten rauschen-       & Seafood, Wine & Whisky“ in der
                                                                                                                                                                                                                                        Er gehört zu den Jahreszeiten einfach
                                                                                                                                                                                                                                                                                  effekt: Wer die Droge nimmt, fällt
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             selbst getipptes 800-Seiten-
                                                                                                                                                                  Text & Foto: Julia Gorbauch, Illustration: Marc “King Low” Hegemann

                                von Eric Assous                                den Silvesterparty erstmals ganz ge-                         Dotzheimer Straße                                                                                                                     Menschen an und frisst ihr Fleisch.
                                                                                                                                                                                                                                        dazu. Außerdem ist es doch gemütlich,                                                Manuskript beim Rowohlt
                                                                               zielt Familien einlädt, auch mit den                         15 überzeugen. In                                                                                                                     Man nennt sie deshalb auch die
       17,- (reserviert)         9,- (ermäßigt)            19,- (Abendkasse)                                                                                                                                                            auf der Couch zu liegen, Kerzen anzu-                                                Verlag ein. Viele ihrer bisher
                           Karten unter 0611 - 98 827 340                      Jüngsten im stilvollen Ambiente des                          der Weißenburger                                                                                                                      „Zombie-Droge“. The Walking Dead
                                                                                                                                                                                                                                        machen, zu lesen, Tee zu trinken.                                                    rund 30 Bücher wurden
                     im Kartenvorverkauf “Tourist Information”                 Kurhauses die Silvesternacht zu ver-                         Straße hat, auf den                                                                                                                   lassen grüßen.
                     und unter www.kammerspiele-wiesbaden.de                   bringen. Kinder zwischen 6 und 14                            ersten Blick un-                                                                            Und was gefällt Ihnen besonders gut       Ganz zu schweigen von dem fort-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             übersetzt und verfilmt. In ihrem
                                                                                                                                                                                                                                        am Herbst?                                                                           aktuellen Buch „Sechs Jahre“
           An der Bergkirche      Lehrstraße 6          65183 Wiesbaden        Jahren können entweder gemeinsam          verändert, der legendäre „Weißen-                                                                                                                        währenden Raubbau an der Natur             beschreibt sie die Krebserkran-
                                                                               mit ihren Eltern bei stimmungsvol-        burger Hof“ wieder eröffnet. Die gute                                                                          Wenn bei langen Spaziergängen das         und der Verschwendung der Res-
                                                                                                                                                                                                                                        fallende Laub unter den Füßen raschelt.                                              kung und das Sterben ihrer
                                                                               ler Musik oder im Salon Carl Schu-        Seele Marianne serviert leider nicht                                                                                                                     sourcen, mit der wir uns langsam,          Schwester.
                                                                                                                                                                                                                                        Das mag ich sehr gerne.
                                                                               richt mit kindgerechten Angeboten         mehr, aber – man glaubt es kaum,                                                                                                                         aber sicher unsere Lebensgrundlagen        (Nach einer Idee von Dominik Voigtlän-
                                                                               eine Party nach ihrem Geschmack           aber wenn man sie kennt, dann wie-                                                                             Und woher schöpfen Sie Kraft, wenn        zerstören. Die zunehmende Zahl an          der, der mit „Rekordstadt Wiesbaden“
                                                                               feiern. Für professionelle Betreuung      der doch: die langjährige Besitzerin                                                                           es dann doch mal zu ungemütlich und       Naturkatastrophen und der Klima-           den 1. Preis in der Kategorie „Kreative
                                                                                                                                                                                                                                        dunkel draußen ist?                                                                  Ideen“ beim „Tourismuspreis – Für
                                                                               und Verpflegung wird gesorgt sein,        Helene Martin kehrt im November                                                                                                                          wandel zeigen, wohin die Reise geht.       meine Region“ gewann. Welche Rekorde
                                                                               sodass der Nachwuchs den Start ins        nochmal zurück, als „Aushilfe“ beim                                                                            Dann gehe ich ins Sportstudio. Ganz       Man könnte diese Beobachtungen             rund um Wiesbaden kennen Sie? Mail
    Weitere Stücke und Termine unter www.kammerspiele-wiesbaden.de             neue Jahr, genau wie die „Großen“,        kultigen Gänseessen.
                                                                                                                                                                                                                                        einfach.
                                                                                                                                                                                                                                                                                  prima als Ausgangspunkt für einen          an hallo@sensor-wiesbaden.de)
Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
6   sensor 11/14                                                                                                                              sensor 11/14                                       7
                                                                                                                                                                                     DDR / BRD

                   Go West
                                                                     Als Zweijähriger auf der Flucht               Konspirative Begegnungen
                                                                     „Oh ja, Mama, Lastauto fahren“, be-           Die Mutter hatte einen Cousin in Bonn, er stellte den Kontakt zu ei-
                                                                     geisterte sich der zweijährige Junge. Er      ner Fluchthilfeorganisation her. Alles lief über eine Kette von Mit-
                                                                     kauerte mit seinen Eltern im Dickicht.        telsmännern, Namen wurden nie ausgetauscht. Auf beiden Seiten
                                                                     Ihre schwarzgemalten Gesichter ver-           war man extrem vorsichtig. Das DDR-Regime arbeitete konzentriert
                    25 Jahre nach dem Mauerfall                      schmolzen mit der dunklen Nacht. Die          an der Infiltration und Zerschlagung derartiger Organisationen und
                                                                     nächsten Stunden würden über die Zu-          bei Verhören war die Stasi nicht zimperlich.
                    blicken drei Ex-DDRler in Mainz
                                                                     kunft von Martin Leutke und seinen            In den folgenden eineinhalb Jahren baute man während konspira-
                     und Wiesbaden auf ihr Leben                     Eltern entscheiden - die Flucht aus der       tiver Treffen gegenseitiges Vertrauen auf. „Wie in einem schlechten
                      zurück. Sie berichten von                      ihnen unerträglich gewordenen DDR             Film gab es Erkennungszeichen - mal eine gelbe Krawatte, mal
                                                                     stand bevor.                                  eine unter den Arm geklemmte Zeitung“, weiß Leutke aus Erzäh-
                        Bevormundung, Lügen, Stasi-                                                                lungen seiner Eltern. Am 22. August 1976 schließlich überbrachte
                         Überwachung und der                         Generationenübergreifende Schikanen           eine Mittelsfrau im Ostberliner Café „Unter den Linden“ die Nach-
                                                                     Auf dem Weg zum Kommunismus pro-              richt, die Familie solle sich in der übernächsten Nacht an einem
                          Sehnsucht nach Freiheit.                   pagierte die DDR-Staatsführung ein            bestimmten Kilometerstein im Unterholz an der von der Stasi über-
                                                                     atheistisches Weltbild. Kirchen galten        wachten Transitstrecke Nürnberg-Berlin verstecken. Zwischen Mit-
                            Text Monica Bege Fotos Katharina Dubno   als Zentren des Widerstandes. Martins         ternacht und ein Uhr käme ein Lieferwagen. Nach einem vereinbar-
                                                                     Großvater stellte als Pfarrer aus Sicht der   ten Erkennungsdialog wäre allen Anweisungen unbedingt Folge zu
                                                                     DDR-Führung einen ideologischen Geg-          leisten. „Die kurze Vorlaufzeit überraschte meine Eltern“, erzählt
                                                                     ner dar. Stasi-Mitarbeiter protokollierten    Leutke, „aber sie waren vorbereitet und hatten zu diesem Zeitpunkt
                                                                     akribisch den Wortlaut seiner Predigten.      längst über Monate hinweg alle persönliche Gegenstände aus ihrer
                                                                     Schikane auch bei Martins Vater, dem          Schwedter Wohnung entfernt.“ Während vieler Besuche bei An-
                                                                     Pfarrerssohn, ihm blieb das Abitur ver-       gehörigen und Freunden versteckten sie unbemerkt Fotos, Brie-
                                                                     wehrt. So absolvierte er eine Ausbildung      fe, handschriftliche Notizen und Urkunden in deren Kellerräumen.
                                                                     zum Krankenpfleger und legte seine Rei-       Nach der Flucht würde die Stasi ihre Wohnung durchsuchen und
                                                                     feprüfung auf der Abendschule ab. Das         alles beschlagnahmen. Weder verbliebene Kleidungsstücke noch
                                                                     anschließende Studium durfte er erst          andere Gegenstände sollten Hinweise auf einen Westkontakt geben.
                                                                     nach enormen Verzögerungen antreten.
                                                                     Mit Martins Geburt im Jahr 1974 beka-         Durch die Nacht in die Zukunft
                                                                     men die Eltern ihre Arbeitsstellen und        In stockdunkler Nacht setzte der Vater Frau und Kind im Unterholz
                                                                     eine Plattenbauwohnung in Schwedt an          ab, versteckte den Wagen in sicherem Abstand auf einem Waldweg.
                                                                     der Oder zugewiesen. Schlimmer noch           Dann stolperte er durch die Finsternis, hatte Schwierigkeiten, seine
                                                                     als die Wohnung im grauen Einheits-           Familie zu finden. Erst nach Mitternacht entdeckte er sie. Kurz vor
                                                                     bau waren die Giftschwaden, die von           ein Uhr stoppte ein Lieferwagen auf dem Seitenstreifen. Männer
                                                                     der dort ansässigen PCK-Raffinerie, dem       stiegen aus, ein schneller Wortwechsel und dann saß die Familie
                                                                     wichtigsten Kraftstofflieferanten der         im komplett mit Styropor ausgekleideten Laderaum. Die Isolierung
                                                                     DDR, über die Lande zogen. Das wenige         sollte die Wärmesensoren an der Grenzstation überlisten. Ladeflä-
                                                                     Wochen alte Baby reagierte mit nicht in       chen wurden im Transitverkehr verplombt. Waren sie bei Ausreise
                                                                     den Griff zu bekommenden Krankheiten.         intakt, konnten Transportfahrzeuge ohne weitere Kontrolle in den
                                                                     Neben all der Bevormundung war das            Westen passieren. Unbekannt ist bis heute, ob es einen zweiten
                                                                     Leben nun auch gesundheitlich nicht           Türmechanismus gab. Martins anfängliche Begeisterung über das
                                                                     mehr erträglich.                              „Lastauto“ wich einem unsicheren Schluchzen, „Hause fahrn“,
                                                                                                                                       flüsterte er. Als der Wagen nach einiger Zeit
                                                                                                                                       anhielt, vernahmen die Eltern die Stimmen der
                                                                                                                                       Grenzer. Sie gingen um den Wagen, rüttelten
                                                                                                                                       an den Türen. Schon ein leises Wimmern hätte
                                                                                                                                       sie verraten. Martin aber war glücklicherweise
                                                                                                                                       bereits eingeschlafen. Der Wagen rollte wieder
                                                                                                                                       an – sie passierten nach West-Berlin.
                                                                                                                                       Die Flucht barg ein enormes Risiko. Wäre
                                                                                                                                       sie nicht geglückt, hätte die Stasi Leutkes
                                                                                                                                       Eltern inhaftiert. Um nicht gegeneinander
                                                                                                                                       ausgespielt zu werden, hatte das Paar etwa-
                                                                                                                                       ige Aussagen festgelegt und ein mögliches
                                                                                                                                       Verhör immer wieder durchgespielt. Martin
                                                                                                                                       wäre zu seinen Großeltern oder in ein Pflege-
                                                                                                                                       heim gekommen, eine Zwangsadoption wäre
                                                                                                                                       aber auch möglich gewesen. „Das System war
                                                                                                                                       meinen Eltern unerträglich, insbesondere die
                                                                                                                                       permanente Gängelung durch den Staat, was
                                                                                                                                       Beruf, Freiheit, Erziehung oder Information
                                                                                                                                       anging“, sagt Leutke. „Sie waren wahnsinnig
                                                                                                                                       mutig und couragiert, aber nicht naiv. Ihre
                                                                                                                                       Vorbereitung war bis ins letzte Detail hoch-
                                                                                                                                       professionell. Letztlich haben sie mir ein Le-
                                                                                                                                       ben ermöglicht, das ich sonst so nicht gehabt
                                                                     Vor 38 Jahren wartete Martin Leutke im                            hätte. Sie haben die beste Entscheidung ihres
                                                                     Unterholz auf die Fluchthelfer                                    Lebens getroffen.“
Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
8                                          sensor 11/14                                                                                                                                                                                                        sensor 11/14                  9
    DDR / BRD                                                                                                                                                                                                                                                                    DDR / BRD

                                        Wunsch nach Reisefreiheit                    Bauernstaat rasant auf den wirtschaftlichen Untergang zusteuern
                                        „Die Planerfüllung der Volkseigenen Be-      und gibt zu bedenken, dass der im Sommer 1983 von Franz Josef
                                        triebe fand nur noch auf dem Papier statt.   Strauß eingefädelte Milliardenkredit der Bundesrepublik die Exis-
                                        Weil niemand verantwortlich sein wollte,     tenz der DDR möglicherweise nur verlängert hat.
                Jörg Zeitzmann wollte
                                        belog man sich selbst mit gnadenlos ge-      Nachdem die DDR am 1. August 1975 in Helsinki die KSZE-
                    mit seinem Volks­
                 wagen einfach in den
                                        schönten Statistiken. Jahrelang lebte die    Schlussakte unterzeichnet hatte und die dort vereinbarte Wahrung
                        Westen fahren   DDR von der Substanz, verschuldete sich      der Menschenrechte und Grundfreiheiten weiterhin nicht beach-
                                        beim Klassenfeind im Westen immer hö-        tete, stellte Zeitzmann 1978 einen Ausreiseantrag. Doch als „Ge-
                                        her“, erinnert sich Jörg Zeitzmann an die    heimnisträger“ könne man ihn unmöglich ausreisen lassen, so die
                                        frühen 70er Jahre in der DDR.                Absage beim Rat des Kreises. Der SED-Genosse hatte sich als Lan-
                                                                                     desverräter entpuppt, noch am gleichen Tag verlor er Arbeitsplatz
                                        Genosse Landesverräter                       und Parteizugehörigkeit. Der örtliche Pfarrer gab ihm eine Stelle als
                                        Der heute 71-Jährige wohnte mit seiner       Hausmeister und die Stasi öffnete die Akte „Glöckner“. 22 inoffizi-
                                        Familie in Sebnitz, nahe der tschechoslo-    elle Ermittler sollten hier ihre Berichte abheften.
                                        wakischen Grenze. Als Direktor im Amt
                                        für Arbeit und als SED Parteimitglied        Provokant eingeparkt
                                        setzte er sich für einen menschlicheren      Die Zeitzmanns waren Mitte dreißig, ihre Söhne sechs und acht
                                        Sozialismus, Reisefreiheit und den Weg-      Jahre, eine Flucht kam für sie nicht in Frage. Doch eine Karte
                                        fall der Mauer ein. Doch seine Ideen wa-     konnte noch ausgespielt werden: Der Freikauf politischer Gefange-       Hinter Mauern der Grausamkeit
                                        ren unerwünscht und vieles blieb uner-       ner durch die BRD war längst zum Finanzierungsmodell des maro-          „Meine Lehrer verhöhnten mich, weil ich Christin war“, sagt Birgit
                                        reicht. Zeitzmann sah den Arbeiter- und      den Arbeiter- und Bauernstaates avanciert. „Ich musste inhaftiert       Schlicke. Als Schülerin kam sie damit zwar zurecht, begann aber,
                                                                                     werden“, erklärt Zeitzmann und zeigt eine Fotografie seines „Tat-       das ganze Staatssystem in Frage zu stellen. Oft führte sie mit ih-
                                                                                     werkzeuges“, ein VW 1600 mit dem provokanten Schild im Seiten-          rem Vater politische Diskussionen und mit 14 Jahren wusste sie,
                                                                                     fenster: „Seit 2 Jahren will ich in die BRD. Wann kann ich endlich      dass sie in der DDR nicht bleiben wollte.
                                                                                     fahren?“. Er parkte das Auto gegenüber der SED-Kreisleitung. Kurz
                                                                                     darauf flogen die Türen auf, Parteigenossen stoben hinaus und           Vom Bildungswesen ausgeschlossen
                                                                                     verhüllten das Auto eilig mit Decken. Fünf Polizeiwagen schossen        Schlickes wohnten in Weißwasser, unweit der polnischen Gren-
                                                                                     um die Ecke und riegelten das Gebiet ab. Sie legten den „Glöck-         ze. Als Birgit zur 11. Klasse in die Oberschule wechselte, sah sie
                                                                                     ner“ in Handschellen und brachte ihn zur Untersuchungshaft nach         sich in allen Fächern einer massiven politischen Indoktrination
                                                                                     Dresden.                                                                ausgesetzt. „Wir mussten bestimmte Zeitungen lesen, wurden
                                                                                     Den Kindern sagten die Lehrer, ihr Vater sei ein Verbrecher, der        dazu abgefragt und mussten das FDJ-Hemd tragen“, erinnert
                                                                                     Ehefrau wurde die Arbeit als Erzieherin untersagt, sie musste nun       sich Schlicke. „Bei sportlichen Pflichtveranstaltungen zu Ehren
                                                                                     stupide Fabrikarbeit verrichten. Erpresserisch riet ihr die Stasi zur   des Sozialismus gab es Schießübungen auf Menschen-Silhouetten
                                                                                     Scheidung und Rücknahme des Ausreiseantrages. Ihr Mann kön-             und Weitwurf mit Handgranaten-Dummies.“ Rebellisch verwei-
                                                                                     ne sofort in den Westen ausreisen und sie bekäme ihren Arbeits-         gerte Birgit ihre Teilnahme, der Schuldirektor tobte.
                                                                                     platz zurück. Sie ließ sich nicht beirren.                              Nachdem die Eltern 1985 den Ausreiseantrag gestellt hatten, wur-
                                                                                                                                                             de die unbequeme Schülerin von der Schule verwiesen. Der Di-
                                                                                     Zu früh in Freiheit                                                     rektor rief zur Distanz zur „Vaterlandsverräterin“ auf, ehemalige
                                                                                     Zeitzmann saß sechs Monate mit fünf weiteren „Politischen“ in ei-       Mitschüler ließen ihr aus Angst vor Repressalien nun keine Schul-
                                                                                     ner kleinen Zelle in U-Haft. Körperliche Gewalt blieb ihm erspart,      unterlagen mehr zukommen. Der Staat bot inakzeptable Ausbil-
                                                                                     seelische Spuren hat diese Zeit dennoch hinterlassen. Sein damals       dungen zur Schweinezüchterin oder Baggerfahrerin an und selbst
                                                                                     23-jähriger Bruder war herzkrank. Im Osten konnte man ihn nicht         Volkshochschulkurse blieben Birgit verwehrt. „Das stand einem
                                                                                     operieren, in den Westen ließ man ihn nicht. Als sich sein Zustand      Bildungsverbot gleich“, so Schlicke.                                   Für Birgit Schlicke verblassen die
                                                                                     rapide verschlechterte und er verstarb, hatte Zeitzmann eigentlich      Die Familie wurde offensichtlich beschattet, das Telefon abgehört,     Erinnerungen an den Frauenknast nicht
                                                                                     schon die Zusage, sich in dieser Nacht noch von ihm verabschie-         sämtliche Briefe geöffnet und stümperhaft mit Tesafilm wieder
                                                                                     den zu können. Die Staatsanwältin blockte das Unterfangen we-           zugeklebt. Von dem Einbruch in ihre Wohnung mit Verwanzung
                                                                                     gen möglicher Fluchtgefahr in letzter Minute. Sie war es auch, die      aller Räume erfuhren Schlickes erst aus ihrer Stasi-Akte.              Freiheitsentzug. Gegen Abend wurde
                                                                                     das mit dreieinhalb Jahren ungewöhnlich hohe Strafmaß mit den                                                                                  ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
                                                                                     Worten „Wären Sie Maurer gewesen, hätten Sie nur neun Mona-             Auf Feindkontakt stand Arrest                                          In herabwürdigender Prozedur musste
                                                                                     te bekommen“ begründete. Zeitzmann war über das Ausmaß der              Schließlich gründete der Vater eine friedliche Protestgruppe Aus-      Birgit Kleider, Brille und Schmuck ab-
                                                                                     Haftdauer entsetzt.                                                     reisewilliger. Zu ihrem dritten Schweigemarsch auf dem Markt-          legen, alle Körperöffnungen wurden
                                                                                     Er wurde zum Strafvollzug nach Cottbus verlegt, sollte aber nach        platz sperrte die Stasi das Areal ab und nahm sämtliche Personali-     kontrolliert. Man steckte sie zu zwei
                                                                                     nur drei Monaten wieder bei Punkt Null ankommen: Mit der gro-           en auf. Tags darauf holte sie die Teilnehmer zu Einzelverhören ab.     „Politischen“ in eine 3 x 4 Meter große
                                                                                     ßen Amnestie zum 30. Jahrestag der DDR kam er im Herbst 1979            Birgit war 17 Jahre alt, als sie unterschrieb, künftig ungesetzliche   Zelle. Nachts flammten alle 20 Minuten
                                                                                     frei, war de facto kein politischer Häftling mehr. Somit blieb ihm      „Zusammenrottungen“ zu unterlassen. Die Lage spitzte sich indes        grelle Scheinwerfer auf, Wärter kontrol-
                                                                                     nur die ständige Ausreise-Anfrage beim Rat des Kreises. Hoffnung        weiter zu. 1987 tippte Birgit den Brief ihres Vaters an die Inter-     lierten per Türspion die vorgeschriebene
                                                                                     keimte, als man ihm nahelegte, statt beim Pfarrer doch in einem         nationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt/         Liegeposition: Rückenlage mit Händen
                                                                                     Volkseigenen Betrieb zu arbeiten. Er machte es. „Ostern 1981 hör-       Main ab. Er bat um Hilfe bei der Ausreise, schilderte die alltägli-    auf der Decke. Schlafentzug, ständige
                                                                                     ten wir von meinen West-Verwandten, dass sich etwas tat. Wir            chen Diskriminierungen. Über Bekannte gelangte der Brief sicher        Verhöre und Erniedrigungen – in der
                                                                                     sollten uns ruhig verhalten“, so Annelies Zeitzmann. Sie verab-         nach Frankfurt.                                                        U-Haft in Cottbus nahm Birgit in kür-
                                                                                     schiedeten sich von ihren Eltern.                                       Am 29. Februar 1988 wurde der Vater überraschend verhaftet.            zester Zeit 10 Kilo ab, hatte Haarausfall,
                                                                                     Am 19. Juni 1981 wurde Familie Zeitzmann nicht ganz uneigen-            Bei der anschließenden Hausdurchsuchung konfiszierten Stasi-           bekam psychosomatische Erstickungs-
                                                                                     nützig aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen. Für den Va-        Mitarbeiter persönliche Gegenstände. Die Stasi-Ausweise trugen         anfälle. Die Stasi legte ihr gefälschte
                                                                                     ter und die beiden Söhne kassierte die DDR je 20.000 DM, für die        keine Namen, nur unleserliche Unterschriften. Zwei Tage später         Geständnisprotokolle des Vaters vor, in
                                                                                     Mutter 80.000 DM. Nachdem sie im Zug den Grenzübergang Her-             holten sie Birgit zu stundenlangen Kreuzverhören ab. Die zermür-       Weißwasser streute sie Gerüchte, er habe
                                                                                     leshausen überquert hatten, waren sie „in der DDR unerwünsch-           benden Fragen zu ihrem Vater konterte sie mit frechen Antwor-          sich in seiner Zelle erhängt. Unter den
                                                                                     te Personen“. Heute wohnen sie in Mainz, vergessen werden sie           ten, ließ dabei aber den IGFM-Brief unerwähnt. Auf den Kontakt         seelischen Folgen dieses Terrors leidet
                                                                                     diese Zeit niemals.                                                     zur Feindorganisation stand eine Strafe von zwei bis zehn Jahren       Birgits Mutter bis heute.
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10                                        sensor 11/14                                                                                                                                                                                                                                               sensor 11/14                                            11
     DDR / BRD                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Auslandsaufenthalt

                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Das Weg
             Brutalität im Frauenknast Hoheneck
             Nach fünf Monaten bekam Birgit mit Kirchenanwalt Wolfgang
             Schnur erstmals rechtlichen Beistand. Eine Farce, 1990 sollte
             „DER SPIEGEL“ Schnur als langjährigen Stasi-Mitarbeiter ent-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                    ist das Ziel
             larven. Dann konfrontierte man die 19-Jährige mit dem IGFM-
             Brief. „Die Verhandlung im August 1988 fand unter Ausschluss
             der Öffentlichkeit statt und war reines Theater. Das Urteil stand
             längst fest. Ich wurde zu zwei Jahren und sechs Monaten im
             berüchtigten Frauengefängnis Hoheneck verurteilt“, so Schlicke.                                                                                                      Die Welt steht offen, „Hessen total international“
             „Brutale Kindermörderinnen, drei ehemalige KZ-Aufseherinnen                                                                                                          zeigt Wege zu fernen Zielen.                                                                      Das Weite suchen – und finden: bei der
             und einige aggressive Fälle für die Psychiatrie saßen unter ande-                                                                                                                                                                                                  Infobörse „Hessen total international“
             rem dort ein“, so Schlicke. „Ich hatte panische Angst vor Gewalt
             und Lesben, wollte nur überleben.“ Die „Politischen“ steckte man
                                                                                                                                                                                  „Unsere Infobörse leistet einen wich-        den USA, andere vom Freiwilligen-         auch junge Berufstätige, Eltern, Leh-      menden Bedeutung von grenzüber-
             zu den Schwerverbrecherinnen, bei Gewalt schauten die Aufse-
                                                                                                                                                                                  tigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit          dienst in Südafrika oder „nur“ von ei-    rer sowie Akteure der Jugendarbeit         schreitender Mobilität und interkul-
             her weg. Eine der elf Frauen in der 30-Quadratmeterzelle drohte
                                                                                                                                                                                  der gesamten jungen Generation“,             nem Sprachkurs. Manche wollen vor         herzlich willkommen.“                      tureller Kompetenz sehen die Ak-
             Birgit das Gesicht zu zerschneiden, sollte sie sich nachts im Dop-
                                                                                                                                                                                  betont Projektkoordinatorin Hilde-           allem sich selbst, viele aber auch an-    Beate Fink vom Hessischen Sozial-          teure der Initiatoren-Arbeitsgruppe
             pelstockbett über ihr bewegen. Birgit hatte Glück und wurde von
                                                                                                                                                                                  gunde Rech vom Amt für Soziale               deren etwas Gutes tun. Welche per-        ministerium, dessen Minister Stefan        in der Internationalen Jugendarbeit
             der „Zellenältesten“ beschützt. In Akkordarbeit nähte sie täglich
                                                                                                                                                                                  Arbeit. „Gemeinsam die Welt entde-           sönliche Motivation auch den An-          Grüttner auch in diesem Jahr Schirm-       ein zentrales Arbeits- und Aufgaben-
             287 Bettbezüge. Privatsphäre gab es nicht. In Hoheneck herrschte
                                                                                                                                                                                  cken“ ist das Motto der 9. Jugend-           trieb gibt, als erste Anlaufstation ist   herr der Veranstaltung ist, fügt hinzu:    feld. Wer zur Börse kommt, kann sich
             militärischer Drill. Bei Appellen und Razzien wurden die Gefan-
                                                                                                                                                                                  Info-Börse „Hessen total internatio-         „Hessen total international“ das rich-    „Hessen total international bietet die     auch zu Stipendien, Auslands-BAföG
             genen gedemütigt, renitente Häftlinge kettete man im Arrest-
                                                                                                                         Good Bye DDR - Erleichterung, den                        nal“, auf der sich am 29. November           tige Ziel. Insgesamt 40 Anbieter und      spannende Möglichkeit, sich einen          und anderen Finanzierungsmöglich-
             keller an. In Dunkelzellen und Isolationshaft wurden die Frauen                                                  Knast überstanden zu haben
                                                                                                                                                                                  Jugendliche und junge Erwachsene,            Institutionen informieren über Ju-        umfassenden Überblick über weltweite       keiten beraten lassen. Mit Blick auf
             gepeinigt und seelisch gebrochen. Nicht selten gellten qualvolle
                                                                                                                                                                                  die es in die weite Welt hinaus zieht,       gendbegegnungen, Freiwilligenar-          Projekte und Programme von Kultur-         den großen Erfolg von „Hessen total
             Schreie durch die Nacht. Nervenzusammenbrüchen folgten ru-                       Eindrücke aus der dort oft unbekann-
                                                                                                                                                                                  über ganz unterschiedliche Wege ins          beit, Friedensdienste, Schüleraus-        austauschorganisationen, lokalen und       international“ in den letzten Jahren
             higstellende Psychopharmaka und Selbstmordversuche. Trauma-                      ten Zeit vor dem Mauerfall. Geblieben
                                                                                                                                                  In Wiesbaden findet am 9. No-   Ausland informieren und austau-              tausch, Praktika, Au-Pair und Work        regionalen Trägern der Jugendhilfe,        erwarten die Veranstalter auch in die-
             tisiert schweigen viele ehemalige Insassen bis heute über ihre                   ist jedoch Verbitterung. „Die Täter wur-
                                                                                                                                                  vember eine gemeinschaftliche   schen können. Internationale Bil-            & Travel-Aufenthalte.                     Vereinen und freien Trägern aus den        sem Jahr wieder rund 1.000 Besucher.
             grausamen Erlebnisse.                                                            den nicht konsequent zur Rechenschaft               kreative Mitmach-Aktion an-     dungs-, Reise- und Begegnungspro-            „Das Besondere an dieser Veran-           Bereichen der außerschulischen Ju-         9. Jugend-Info-Börse „Hessen total
             Nach dem Mauerfall wurde Birgit entlassen. Mit ihrer Familie                     gezogen, das Unrechtsregime scheint                 lässlich „25 Jahre Mauerfall“   gramme werden vorgestellt.                   staltung ist, dass sie sich nicht nur     gendbildung und der Internationalen        international“, Samstag, 29. Novem-
             verließ sie Anfang Dezember 1989 die DDR. Sie musste reden,                      rehabilitiert. Die Bundesregierung hat              statt. Was genau an diesem      Ausland ist nicht gleich Ausland:            bei Gymnasiasten, sondern auch bei        Jugendarbeit zu verschaffen.“              ber, 10 bis 16 Uhr, Kunst- und Mu-
             um das Geschehene zu verarbeiten, mit „Gefangen im Stasi-                        es versäumt, die Stasi als verbrecheri-             Tag passieren wird, steht in    Nicht nur die geografischen Ziele            Haupt-, Real- und Gesamtschülern                                                     sikschule – Kulturforum, Friedrich-
             Knast“ schrieb sie ein beeindruckendes Buch. Besucht sie heute                   sche Organisation publik zu machen“,                unserem Bericht auf Seite 17.
                                                                                                                                                                                  sind sehr unterschiedlich, sondern           großer Beliebtheit erfreut“, betont       Fit für die Globalisierung                 straße 16, gegenüber Dern’sches
             als Zeitzeugin Schulklassen, hinterlässt sie tiefe und lebendige                 so Schlickes klare Meinung.
                                                                                                                                                                                  auch die inhaltlichen. Die einen träu-       Hildegunde Rech, wie „grenzenlos“         Angesichts der Globalisierung und          Gelände. Eintritt frei. www.hessen-
                                                                                                                                                                                  men von einem High School Year in            es zugeht: „Selbstverständlich sind       der damit einher gehenden zuneh-           total-international.de

                 DAS
                 NACHSTE
                 HEIMSPIEL
                 des SV Wehen Wiesbaden
                 in der BRITA-Arena

                                                                        S.C. Fortuna Köln
                                          Samstag /                      22.11.14                                / 14:00 Uhr

                                             WIR ROCKEN’S. GEMEINSAM. | #wirgemeinsam
                                            Tickets an den bekannten Vorverkaufsstellen, in der Geschäftsstelle sowie im Web auf www.SVWW.de
Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
12                                             sensor 11/14                                                                                                                                                                                                                                        sensor 11/14                                              13
     Horizonte                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Horizonte

     Eine der Thorarollen hat während der Naziherrschaft
     auf dem Dachboden eines Hausmeisters überlebt. Zum                                                                                         In jeder Ecke der Synagoge gibt es
     Thoraschmuck gehören Wimpel, Mantel, Schild, Zeige­                                                                       interessante Details zu entdecken, bei regelmäßigen
     stab und Thorakrone oder zwei kleine Krönchen.                                                                                           Führungen werden sie genau erklärt.
                                                                                                                                                                                     Ihren knapp 850 Mitgliedern bietet
                                                                                                                                                                                     die jüdische Gemeinde etwa dreißig
                                                                                                                                                                                     Veranstaltungen pro Woche. Auch

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Der Gang
                                                                                                                                                                                     diese stehen grundsätzlich Besuchern
                                                                                                                                                                                     von außen offen. Seit dem vergange-
                                                                                                                                                                                     nen Jahr gibt es für externe Interes-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                in die Tiefe
                                                                                                                                                                                     sierte aber sogar ein eigenes Angebot:
                                                                                                                                                                                     das jüdische Lehrhaus. Teilnehmer
                                                                                                                                                                                     schwärmen von bereichernden Ein-
                                                                                                                                                                                     blicken. Im nun dritten Semester geht
                                                              Großes Interesse beim Tag der offenen Tür, die Besu­                                                                   es den Veranstaltern, so sagen sie im
                                                              cher lauschen den Erläuterungen von Jacob Gutmark.
                                                                                                                                                                                     Vorwort zur Programmbroschüre, um                                          Kochen, Tanzen, Talmud – die jüdische Gemeinde
                                                                                                                                                                                     „die Erweiterung des Spektrums von
                                                                                                                                                                                     Themen, die innerlich und atmosphä-                              ­Wiesbaden öffnet sich mit einem besonderen A
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  ­ ngebot
                                                                                                                                                                                     risch die komplexe Vielfalt des jüdi-                                     speziell für Besucher von außen. Das Jüdische
                                                                                                                                                                                     schen Lebens in den verschiedenen                                 ­Lehrhaus vermittelt vielfältige Einblicke in Religion
                                                                                                                                                                                     Kulturen der Welt darstellen“.
                                                                                                                                                                                     Von allen Synagogen und jüdischen                                 und Kultur. Das Interesse ist groß, der Erkenntnis­
                                                                                                                                                                                     Gebetshäusern Wiesbadens ist nur                            gewinn – auch jenseits der Lebenswirklichkeit – ebenso.
                                                                                                                                                                                     die Synagoge an der Friedrichstraße
                                                                                                                                                                                     während der Reichspogromnacht im
                                                                                                                                                                                     November 1938 nicht vollständig zer-
                                                                                                                                                                                     stört worden. „Man hatte Angst, dass
                                                                                                                                                                                     die umliegenden Gebäude in Brand
                                                                                                                                                                                     hätten geraten können, auch das Po-
                                                                                                                                                                                     lizeipräsidium an der Ecke Bahnhof-
                                                                                                                                                                                     straße“, erläutert der Geschäftsfüh-
                                                                                                                                                                                     rer der jüdischen Gemeinde, Steve
                                                                                                                                                                                     Landau. 1946 konnte die aus dem          tung des Kochkurses könne eben-          Antworten auf Fragen, über die
                                                                                                                                                                                     Jahr 1887 stammende Synagoge da-         falls nachgedacht werden, da die         man nie nachgedacht hat
                                                                                                                                                         Eine Gedenktafel erinnert   her wieder eingeweiht werden. In         Termine immer schnell ausgebucht         „Das ist unheimlich interessant. Der
                                                                                                                                                              an das wechselhafte
                                                                                                                                                                                     den 60-er Jahren wurde sie abgeris-      seien. Mit dem jüdischen Lehrhaus        Gang in die Tiefe beschäftigt mich         Das jüdische Lehrhaus
                                                                                                                                                          Schicksal der Synagoge.
                                                                                                                                                                                     sen, und es entstand das heutige Ge-     – einem Angebot der Erwachsenen-         nachhaltig“, findet Daniela Neu-           Veranstaltungen des jüdischen Lehr-
                                                                                                                                                                                     bäude, ein lichtdurchflutetes Gottes-    bildung des „lebensbegleitenden Ler-     mann. Mit ihrer Lebenswirklichkeit         hauses im November:
                                                                                                                                                                                     haus mit zahlreichen bunten Glas-        nens“ ähnlich einer Volkshochschule      habe die Auseinandersetzung mit ju-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  2., 11.30 Uhr, Jüdische Gemeinde,
                                                                                                                                                                                     fenstern, in dem die Plätze für die      – greift man die Idee einer Frankfur-    ristischen Fragen aus dem Altertum
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Friedrichstr. 33 und Roncalli-Haus,
                                                                                                                                                                                     Frauen oben auf der Empore und für       ter Einrichtung aus den 20-er Jah-       zwar nicht viel zu tun. Aber es sei für
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Friedrichstr. 26-28: Jüdischer Lehrtag:
                                                                                                                                                                                     die Männer unten im Saal vorgese-        ren auf. Einer Zeit, als in Wiesbaden    sie eine Gelegenheit, ihren jüdischen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  „Liebe-Nächstenliebe-Gottesliebe“
     Jede Franse des         1946 wurde die Synagoge der Jüdischen Gemeinde in der Friedrichstraße wieder                                                                            hen sind. Eine der Thorarollen, aus      noch etwa 3.000 Juden gelebt haben.      Wurzeln nachzuspüren. Die 56-Jäh-
     Gebetsschals soll       eingeweiht. In dem lichtdurchfluteten Gotteshaus sitzen bei Gottesdiensten die                                                                          denen im Gottesdienst gelesen wird,      „Das ist eine alte Tradition von Franz   rige hat schon an allen Angeboten          4., 20.30 Uhr, Villa Schnitzler, Biebri-
     eines der 613 Ge- und   Männer unten im Saal, die Frauen oben auf der Empore.                                                                                                   hat den zweiten Weltkrieg überlebt.      Rosenzweig, Martin Buber und Erich       des Lehrhauses teilgenommen und            cher Allee 42: Sprünge ins Meer des
     Verbote der Thora
                                                                                                                                                                                     Ein Hausmeister, der sie auf einem       Fromm. Auch in Wiesbaden war so          freut sich insbesondere, wenn sich die     Talmud, ab 10., montags 19 Uhr, Jü-
     repräsentieren.                                                                                                                                                                                                                                                                                              dische Gemeinde, Friedrichstr. 33:
                                                                                                                                                                                     Dachboden verwahrt hatte, gab sie        etwas damals schon da“, berichtet Ja-    Gelegenheit bietet, die erlernten isra-
                                                                                                                                                                                     der Gemeinde zurück.                     cob Gutmark, der Dezernent für Kul-      elischen Tänze zu tanzen. Auch Ast-        ­Israelische Tänze, 23., 9.30 Uhr, Jüdi-
                                                                                                                                                                                     Schulklassen,      Kirchengemeinden      tur der jüdischen Gemeinde.              rid Hegenbart, die das Lehrhaus über        sche Gemeinde: Kochen mit Hülsen-
                                                                                                                                                                                     oder andere Gruppen können sich          Ziel des alten wie des neuen Lehr-       jüdische Freunde kennen gelernt hat,        früchten (fast ausgebucht, nächster
                                                                                                                                                                                     durch die Synagoge führen und die        hauses war und ist die Vermittlung       nutzt die komplette Angebotspalette.        Termin: 7.12.: Israelische Küche).
                                                                                                                                                                                     Bedeutung diverser Besonderheiten        von Wissen über die jüdische Kultur.     „Es kommen Fragen auf, über die man        Jeweils dienstags (außer in den Schul­
                                                                                                                                                                                     erklären lassen – ein Angebot, dass      Ohne dabei missionieren zu wollen.       zuvor nie nachgedacht hat, und man         ferien und am ersten Dienstag des
                                                                                                                                                                                     es schon länger gibt, seit der Ein-      Herzstück des aktuellen Programms        versucht, gemeinsam eine Antwort zu        Monats), 20.30 Uhr, Villa Schnitzler:
                                                                                                                                                                                     richtung des jüdischen Lehrhauses        sind zwei Veranstaltungen mit dem        finden. Für mich selbst habe ich schon     Bibel, rabbinisch ausgelegt.
                                                                                                                                                                                     im vergangenen Sommer aber noch          Rabbiner der Gemeinde. Zum einen         viel mitgenommen: Ich ent­decke eine       Kostenfreie Führungen durch die Sy-
                                                                                                                                                                                     stärker genutzt wird. Etwa 60 Füh-       wird dabei die Bibel rabbinisch aus-     Welt, die jüdische, dadurch fühle ich      nagoge (60 bis 90 Minuten) können
                                                                                                                                                                                     rungen finden mittlerweile pro Jahr      gelegt. „Die Liebe zum Text ist bei      mich bereichert“, erläutert sie. Wün-      jederzeit individuell vereinbart werden
                                                                                                                                                                                     statt. Auch die anderen Veranstaltun-    der rabbinischen Auslegung deutlich      schen würde sie sich lediglich, dass       unter 06 11 / 9 33 30 30 oder Lehrhaus@
                                                                                                                                                                                     gen des Lehrhauses, zu denen auch        zu spüren, und die Nähe zum Text         in Zukunft noch mehr Menschen von          jg-wi.de
                                                                                                                                                                                     Erkundungen der jüdischen Fried-         ist größer“, erklärt Rabbi Avraham       diesem Angebot Gebrauch machen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Außerdem gibt es im November zahl-
                                                                                                                                                                                     höfe oder ein Tageskurs über „Juden      Zeev Nussbaum. Man vergleiche bei        Das wünscht sich auch die jüdische
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  reiche Veranstaltungen des Kultur-
                                                                      Auf einer Thorarolle sind die fünf Bücher Mose in                     Der Geschäftsführer der Jüdischen        im Iran“ gehören, sind sehr erfolg-      der Veranstaltung die verschiedens-      Gemeinde. „Für uns ist das eine exis-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  festivals „Tarbut – Zeit für jüdische
                                                                      hebräisch aufgeschrieben. Aus einer Thorarolle wird in                Gemeinde, Steve Landau, leitet auch      reich. „Im nächsten Semester wol-        ten Bibelübersetzungen, von Martin       tenzielle Frage. In einer Gesellschaft
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Kultur“: www.jg-wi.de/Tarbut
                                                                      jüdischen Gottesdiensten gelesen, das Lesen ist aber                  das Lehrhaus. Jacob Gutmark ist          len wir das Angebot der Tagesse-         Buber bis Martin Luther. Das zweite      zu leben, die mehr über uns weiß, ist
                                                                      eher ein Singen.                                                      ­Vorstandsmitglied und Kulturdezer­
                                                                                                                                                                                     minare von einem auf drei auswei-        Angebot des Rabbiners nennt sich         sicherer“, betont Jacob Gutmark.           Alle Termine und Informationen gibt
     Nach der Führung durch die Synagoge wurden die                                                                                          nent der jüdischen Gemeinde.                                                                                                                                         es unter www.jg-wi.de
     Besucher zum Laubhüttenfest geladen, das an den
                                                                                                                                                                                     ten“, erläutert Steve Landau, der das    „Sprünge ins Meer des Talmud“ und                                 Hendrik Jung
     Auszug aus Ägypten erinnert.                                                                                                                                                    Lehrhaus leitet. Über eine Auswei-       findet einmal pro Monat statt.                                 Fotos Kai Pelka
Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
14                                           sensor 11/14                                                                                                                                                                                                                               sensor 11/14                                                                15
     Verborgene Welten                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Leben in der Stadt

                                                                                                                                                                                                                                                 Zeigt euch, Studis!
                                                                                                                                                                           Wer nach Wiesbaden kommt, merkt
                                                                                                                                                                           sofort: Das hier ist eine Studenten-

                                           Wiesbaden 2040                                                                                                                  stadt. Wer diesen Satz liest, merkt so-
                                                                                                                                                                           fort: Da stimmt was nicht. Stimmt, so
                                                                                                                                                                           ganz stimmt das nämlich nicht. Man
                                                                                                                                                                           muss schon ganz genau hinschauen                                                      Klar gibt es viele Studenten in Wiesbaden.
                                                                                                                                                                           oder ganz spezielle Ecken und Events
                                                                                                                                                                                                                                                                Man sieht nur so wenig von ihnen. Die Reihe
                                                            Nach der velophilen Revolte                                                                                    aufsuchen, um zu merken: Wiesba-
                                                                                                                                                                           den ist auch eine Studentenstadt. An                                          „Studentenfutter“ soll helfen, das zu ändern.
                                                                                                                                                                           Studenten mangelt es zwar tatsäch-
     Alles begann mit der Freilegung des Bachs 2015:        Der Streit um einen kleinen Bach hatte sich zu ei-      Jahr 2030 startete die groß angelegte Unabhän-         lich nicht, aber: Wo stecken die bloß?
     Der Beschluss der Stadt, den Wellritzbach am Platz     nem Bürgerkrieg entwickelt. Schlichtungsversu-          gigkeitskampagne „Raus aus den 50ern – rein in         Ganz viele ausschließlich in den Hör-
     der deutschen Einheit und anderswo an die Ober-        che wurden unternommen, doch die Vevos ließen           die eigene Stadt“. Das anschließende Referendum        sälen und ansonsten im Auto oder im
     fläche zu legen und so allgemein nutzbar zu ma-        sich von ihren Forderungen nicht abbringen: Sie         unter den Bewohnern Vevo-naher Stadtteile ging         Zug, weil sie zwar in Wiesbaden stu-      Turniere in Volleyball, Basketball       auf der Professoren sich als DJs ver-
     chen, war der Samen, aus dem alsbald der erste         bestanden auf einem flächendeckenden Radweg-            mit 73 % zugunsten der Unabhängigkeit aus. Da-         dieren, aber nicht hier leben.            und Futsal, allesamt ausschließlich      suchen.
     Spross der Separation keimte.                                                                                                     mit war es besiegelt: Die Stadt     Kein Idealzustand, finden viele und       mit gemischten Mannschaften. Wis-        Mitglieder im Netzwerk der Wis-
     Damals, 2015, überwarfen sich                                                                                                     „Wies“ war geboren. Schon um        auch das Netzwerk der Wissenschaft.       senschaft unterhaltsam und mitten        senschaft sind die Landeshauptstadt
     zwei Strömungen innerhalb der                                                                                                     nicht länger die Bezeichnung        Dieses ist angetreten, langsam, aber      im wahren Leben – dafür steht der        Wiesbaden, die Hochschule Rhein-
     Stadt zum ersten Mal: Als einige                                                                                                  der Feinde im Namen zu tra-         sicher sichtbarer werden zu lassen,       abendliche Science Slam, der Gegen-      Main, die EBS Universität für Wirt-
     Stadtbewohner begannen, nach                                                                                                      gen, benannte sich der verblie-     dass Wiesbaden auch eine Studen-          entwurf zu drögen Vorlesungen: Es        schaft und Recht, die Hochschule
     ihren Vorlesungen an der Hoch-                                                                                                    bene Teil Wiesbadens kurz da-       tenstadt ist. Ein Weg zum Ziel ist die    gilt, in zehn Minuten die Gunst des      Fresenius, die IHK Wiesbaden und
     schule oder nach der Arbeit in                                                                                                    rauf in „Baden“ um.                 Veranstaltungsreihe „Studentenfut-        Publikums mit ungewohnt spritzig         die Wiesbaden Stiftung. Weitere Mit-
     der Agentur an dem neuen Bach                                                                                                     Schnell reagierten die Gastro-      ter“, die im November wieder Stu-         präsentierten wissenschaftlichen In-     streiter sind willkommen – Kontakt
     zu picknicken, häuften sich im                                                                                                    nomie, der Einzelhandel und         denten der Stadt und die Stadt den        halten zu gewinnen. „Studentenfut-       über die städtische Stabsstelle Hoch-
     gleichen Maß die Beschwerden                                                                                                      die Kulturszene auf die Spal-       Studenten näherbringen will.              ter meets Exground“ heißt es am 15.      schulstandort, Telefon 0611/31-5692,
     anderer Bevölkerungsgruppen.                                                                                                      tung: Während in Wies sich zu-      Während bei der Auftaktveran-             November, wenn Studis beim Film-         Mail hochschule@wiesbaden.de
     Besonders nahmen diese An-                                                                                                        nehmend vegane und vegeta-          staltung am 13. November mit der          festival willkommen sind, sich den
     stoß daran, dass die Bachbe-                                                                                                      rische Restaurants ansiedelten,     Schriftstellerin und Philosophin          Film „Ping Pong Summer“ bei freiem       www.facebook.com/studentenfutter-
     nutzer immer häufiger Park-                                                                                                       Ateliers, Galerien, Agenturen,      Thea Dorn zum Thema „Leben 2.0“           Eintritt anzuschauen. „My Prof is My     wiesbaden
     plätze nutzten, um dort Fahrrä-                                                                                                   Kneipen und sogar ein eigenes       der Geist angeregt wird, geht es ei-      DJ“ – ob das eine Drohung oder Ver-                                                   Wahnsinn. Nach nur 43 Jahren weisen
     der abzustellen. Sie wurden als                                                                                                   Stadttheater eröffneten, die eine   nen Tag später sportlich zur Sache.       heißung ist, erfahren nur jene, die zu                    Dirk Fellinghauer           seit kurzem auch in Wiesbaden Schilder
     „lächerliche Radler“ beschimpft,                                                                                                  offene und freundschaftliche        Das Hochschulsportteam organisiert        der Party in den Kulturpalast gehen,             Foto Hochschule RheinMain            den Weg zur Hochschule.
     die wohl keine Arbeit hätten, zu                                                                                                  Vernetzung und Kooperation
     der sie fahren müssten.                                                                                                           zu pflegen begannen. Das Rad-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Tic
                                                                                                                                                                                     Wiesbadener Hochzeitsmesse                                                                                                                                  k
     Es folgte eine Reaktion, die                                                                                                      wegnetz und die Carsharing-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  ets
     heute als Vorläufer der „velo-                                                                                                    Infrastruktur wurden ausge-                                                                                                                                                                                      onl
     philen Revolte“ bezeichnet wird:                                                                                                  baut, vielerorts Parkplätze ab-                                                                                                                                                                                      ine!
     Die Wut und die Angst der im-                                                                                                     geschafft und die Anschaffung
     mer größer werdenden Fahrrad-
     szene war nicht zuletzt infolge
                                                                                                                                       von E-Bikes finanziell geför-
                                                                                                                                       dert, um auch den Bewohnern
                                                                                                                                                                                     im
                                                                                                                                                                                    im    Schloss Biebrich 8./9. November                                                 11-18 Uhr
     der Beschimpfungen so dring-                                                                                                      die uneingeschränkte Teilhabe                                                                                          3x tägl. Modenschau
     lich geworden, dass ihre vor-                                                                                                     an der neuen Stadtkultur zu er-
     mals friedlichen Demonstrati-                                                                                                     möglichen. Dagegen waren es
     onen immer gewaltsamer ver-                                                                                                       vor allem Autohäuser, schicke
     liefen. Die Gewalt eskalierte                                                                                                     Currywurstbuden, Burgerläden
     schließlich, als bekannt wurde,                                                                                                   und Seniorenheime, die zuneh-
     dass ein älterer Herr einer jun-                                                                                                  mend das Stadtbild von Baden
     gen Fahrradfahrerin seinen Geh-                                                                                                   prägten. Durch die Imageschär-
     stock zwischen die Speichen ge-                                                                                                   fung verzeichneten beide Städte
     rammt hatte, weil sie aus Angst vor dem Straßen-       netz, das viele Parkplätze kostete. Später verlor das   massiven Zuzug entsprechend sympathisierender
     verkehr auf dem Gehweg gefahren war. Solidarisch       Zerwürfnis mehr und mehr von seinem Fahrrad-            Bevölkerungsteile von außerhalb.
     flogen seither Speichen-Reflektoren und Luftpum-       bezug. Die Vevos drängten jetzt auf nichts weni-        Die Städtefeindschaft war damit aber alles an-
     pen gegen Windschutzscheiben, Webseiten wurden         ger als eine ordnungs- und wirtschaftspolitische        dere als beendet: Autofahrer, die Wies durchfuh-

                                                                                                                                                                                  www.Wiesbadener-Hochzeitsmesse.de
     errichtet, auf denen man besonders aggressive Au-      Neuausrichtung der Stadt. Sie forderten unter an-       ren, wurden mit Vegi-Schnitzeln und Schutzble-
     tofahrer und militante Fußgänger listete. Ein ext-     derem die Förderung privat organisierter Straßen-       chen beworfen, an den Grenzen verzeichnete man
     remer Flügel der sich abgekürzt „Vevos“ nennen-        festkultur, Urban Gardenings, Sharing Economics         unverändert massive gewaltsame Zusammenstöße
     den Revolutionäre setzte seine kratzenden Fahr-        etc. Zaghafte Angebote seitens der Politik wurden       zwischen Wies- und Badenern.
     radschlüssel bald auch gegen bislang unauffällig       als faule Kompromisse abgetan.                          Aus diesem Grund begann man zu dieser Zeit mit
     gebliebene SUVs ein. Im Gegenzug wurden syste-         Daraufhin ereignete sich etwas, das von heutigen        dem Bau der Mauer, die das Bild beider Städte
     matisch Fahrradreifen zerstochen, Bremsbacken          Stadthistorikern als „weiche Separation“ bezeich-       heute, 2040, leider so maßgeblich prägt.
     demontiert und Radgabeln angesägt. Um das Jahr         net wird: Vevo-nahe Bürger zogen massenhaft in                                                                         veranstaltet von:
     2025 war es unter Autofahrern üblich geworden,         die Stadtteile Westend, Rheingauviertel, Bergkir-                                         Martin Mengden
     keinen Wagen unterhalb einer gewissen Größe zu         chenviertel, Sympathisanten der Konter-Revolu-                                      Bild Simon Hegenberg
     kaufen. Nur selten wurde noch weniger als sech-        tion flüchteten sich in die verbliebenen Stadtteile.
     zig Stundenkilometer gefahren, an Ampeln wurde         Der separatistische Flügel der Vevos hatte in „ih-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         ®

                                                                                                                                                                                                                                                                                                       DAS BUNDESWEITE REGIONALMAGAZIN

                                                                                                                                                                                                                                                                                                       TraumHochzeit-Magazin.de

     nicht mehr gehalten.                                   ren“ Stadtteilen nun die Überhand gewonnen. Im
Fühle deine Stadt. Wiesbaden - GO WEST - 25 JAHRE MAUERFALL JÜDISCHES LEHRHAUS SAUNA-TEST
16                                            sensor 11/14                                                                                                                                                                                                               sensor 11/14                                               17
     Leben in der Stadt                                                                                                                                                                                                                                                                                           Geschichte

                                                                                                                                                                       Die Mauer ist weg. Seit 25 Jahren.        ein Treffen mit einem Zeitzeugen und                Auf großer Fahrt. Die Schüler der Wolfram-von-Eschenbach-
                                                                                                                                                                       Zum Jubiläum des Mauerfalls blickt        einen Austausch mit Schülern der Al-              Schule in Berlin. Zurück zu Hause, verwandeln sie ihre Eindrü­
                                                                                                                                                                                                                                                                      cke in ein Kunstprojekt zum 25. Jahrestag des Mauerfalls.
                                                                                                                                                                       die Welt erneut auf Berlin und kommt      fred-Nobel Schule in Berlin. Zurück
                                                                                                                                                                       nach Berlin. Am Abend des 9. No-          in Wiesbaden und „live“ inspiriert,
                                                                                                                                                                       vember werden Stars wie Peter Gab-        entwerfen die Schüler nun ein Kunst-
                                                                                                                                                                       riel, Die Fantastischen Vier, Udo Lin-    projekt zum Thema „25 Jahre Mau-
                                                                                                                                                                       denberg und Paul Kalkbrenner am           erfall“, das am 9. November in Wies-
     Bis auf den letzten Platz besetzt. Die besondere Kulisse des                                                                                                      Brandenburger Tor auftreten, D  ­ aniel   baden parallel zu den Feierlichkeiten
     Walhalla-Spiegelsaals als inspirierende Umgebung für Visionen.                                                                                                    Barenboim dirigiert Beethovens „Ode       in Berlin ausgestellt wird.
     Das Improtheater „Schwarze Oliven“ fasst das Geschehen spontan                                                                                                    an die Freude“. Und Tausende leucht-
     unterhaltsam zusammen.
                                                                                                          Erdal Aslan hilft seit einem Jahr mit der multikulturellen
                                                                                                                                                                       ende weiße Ballons werden, dies           Helium aus dem Walhalla,
                                                                                                 ­Stadtteilzeitung „Mensch Westend“ der Verständigung zwischen         schon ab dem 7. November, auf ei-         Botschaften aus dem Herzen
                                                                         In der visionären                den vielfältigen Kulturen unserer Stadt auf die Sprünge.     ner Strecke von 15 Kilometern ent-        Wiesbaden wird so zum Teil der Ak-
                                                                         Minute kommt                                                                                  lang des einstigen Verlaufs der Mauer     tion und lässt auch Mauern fallen.
                                                                         das Publikum zu                                                                               quer durch Berlin an die ehemalige        Am 9. November ab 12 Uhr sind alle
                                                                         Wort, hier Ab­
                                                                                                                                                                       Teilung der Stadt erinnern. Hinter je-    eingeladen, zum Walhalla Theater, ei-
                                                                         dullah Zadran,
                                                                         links neben ihm
                                                                                                                                                                       dem Ballon steht ein Ballonpate mit       nem passend besonderen Ort für diese
                                                                         Thomas Pargen,                                                                                seiner persönlichen Botschaft. Zum        besondere Aktion, in die Mauritius-
                                                                         Vorsitzender des                                                                              stimmungsvollen Höhepunkt des Ju-         straße zu kommen. Dort bekommen
                                                                         Unternehmer­                                                                                  biläums lassen die Paten am Abend         die Wiesbadener Helium, um ihren
                                                                         netzwerks „Wirt­
                                                                                                                                                                       des 9. November die Ballons auf der       Ballon zu füllen und an der Schwal-
                                                                         schafts Forum
                                                                                                                                                                       ganzen Länge der Installation stei-       bacher Straße – die als „Grenze“ zum

                                                                                                                                                                                                                                                                 Die Mauern
                                                                         Wiesbaden“.
                                                                                                                                                                       gen. Erdacht und organisiert wurde        Wesend in gewisser Weise die Stadt
                                                                                                                                                                       das Ganze mit Hilfe aus Wiesbaden.        Wiesbaden teilt – aufzuhängen. Ge-
                                                                                                                                                                       Die Wiesbadener Livekommunika-            meinsam mit den Ballons aus Berlin

     Visionen                                                                                                                                                                                                                                                    müssen weg
                                                                                                                                                                       tionsagentur „circ“ ist, gemeinsam        lassen die Wiesbadener ihre Ballons,
                                                                                                                                                                       mit der Berliner Agentur Kulturpro-       die es im Vorfeld bei Perfect Day und
                                                                                                                                                                       jekte, maßgeblich an dem sinnlichen       im Lalaland gibt, von dort mit ganz
                                                                                                       Gesungene Vision. Chris Hastrich (Chris & Taylor) will mit

     im Blick
                                                                                                         seinem Projekt „Trevor“ und dem Song „It get´s better“
                                                                                                                                                                       und emotionalen Spektakel beteiligt       persönlichen Botschaften zur Frage
                                                                                                              Zeichen gegen Mobbing und Homophobie setzen.             – und schlägt eine Brücke in unsere       „Welche Mauer möchtest Du zu Fall
                                                                                                                                                                       Stadt und durch unsere Stadt.             bringen“?“ in den Himmel steigen.                   Vor 25 Jahren fiel „die“ Mauer.
                                                                                                                                                                       Kürzlich organisierte „circ“ eine drei-   Das genaue Programm stand bei Re-
                                                                                                                                                                                                                                                                      Das Jubiläum feiert Berlin mit
                                                                                                                                                                       tägige Fahrt mit Schülern der Wolf-       daktionsschluss noch nicht fest, wei-
                                                                                                                                                                       ram-von-Eschenbach-Hauptschule            tere Infos ab 1. November auf www.            Ideen aus Wiesbaden. Und Wiesbaden
      „Der visionäre Frühschoppen“ im Walhalla-                                                                                                                        aus Wiesbaden nach Berlin. Ziel der       sensor-wiesbaden.de                                      feiert mit Blick nach Berlin.
      Spiegelsaal diskutierte bei der 6. Ausgabe                                                                                                                       Aktion sollte sein, Kindern aus so-
      rege, inspiriert und inspirierend die Frage:                                                                                                                     zial schwachen Familien das Thema         https://fallofthewall25.com/
                                                                                                                                                                       „Deutsche Teilung“, „Mauer“ und „Le-
      „Fremd in der eigenen Stadt – Wie selbst-                                                                                                                        ben in der DDR“ näherzubringen. Sie                          Dirk Fellinghauer
      verständlich lebt in Wiesbaden zusammen,                                                                                                                         erlebten eine spezielle Stadtführung,                   Foto Lili Judith Oberle
      wer zusammengehört?“ ein Foto-Rückblick
      von Jonas Werner-Hohensee. Bericht und
      alle Fotos ab 30.10. auf www.sensor-wies-
      baden.de und www.wiesbadenervisionen.de                                                       André Muno leitet die bundesweite Klimabündnis-Kampagne
                                                                                                    „Stadtradeln“, die in diesem Sommer endlich auch in seiner
                                                                                                                       Heimatstadt Wiesbaden angekommen ist.

                                                                                                                                                                                                                                Auch für
                                                                                                                                                                            EVIM Bildung | Campus Klarenthal
                                                                                                                                                                                                                                       teiger!
                                                                                                                                                                                                                              Quereins
                                                                                                                                                                           Gemeinsam                                                                     Tag der offenen Tür
                                                                                                                                                                                                                                                         8. November • 14 Uhr bis 17 Uhr

                                                                                                                                                                             Lernen und Leben                                                            • Die Campus Grundschule
                                                                                                                                                                                                                                                         • Die Campus Integrierte Gesamtschule
                                                                                                                                                                                                                                                         • Die Campus Gymnasiale Oberstufe

     Als „Keynote“ liest „Verborgene Welten“-Autor Martin Mengden seine neue
     Kolumne „Wiesbaden 2040“. Auf dem Podium lauschen (v. links) Moderator                    Angelika Dautzenberg erklärt ihr Kunstprojekt „Belle Rue Malade –             Am Kloster Klarenthal 7a, 65195 Wiesbaden
     Dirk Fellinghauer und die Visionäre André Muno, Petra Monsees, Angelika                 Von den Seiten der Stadt, die zueinander nicht finden“, zu der sie die          Tel: 0611 72 44 24-14, www.campus-klarenthal.de
     ­Dautzenberg, Chris Hastrich und Erdal Aslan.                                           Ermordung eines Straßenmusikers am Warmen Damm inspiriert hat.
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