FÜHLE DEINE STADT. MAINZ - SHARING - DIE NEUE PHILOSOPHIE DES TEILENS KOMMUNALWAHL BLINDE IN MAINZ KAMPF GEGEN LEERSTAND KUZ ZUKUNFT GRILLPLÄTZE ...
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Fühle deine Stadt. Mainz. Mai 2014 Nr.41 Sharing - Die neue Philosophie des Teilens Kommunalwahl Blinde in Mainz Kampf gegen Leerstand KUZ Zukunft Grillplätze und Metzger im test Mopsalarm
sensor 05/14 3 Editorial / Inhalt Editorial Liebe Leser, land hört man auch oft das Wort Ko- marktwirtschaftliche Konzepte. Bei dafür bricht jedenfalls – trotz jeder kürzlich war ich im Urlaub in Hippis- Konsum (Kollaborativer Konsum). Es der Wohnungsvermietung wird mehr Utopie- und Naivitäts-Vorwürfe – un- tanien. Wir lebten in Höhlen, tranken geht darum, dass sich der Wohlstand Profit mit sog. „Teil-Vermietungen“ sere aktuelle Titelstory: Glück hoch2 bestes Wasser aus mineralhaltigen für alle erhöhen soll, je mehr unter al- gemacht als mit regulären Vermie- – vom Teilen – auch in Mainz. Und Bergquellen, brutzelten in der Sonne len Marktteilnehmern geteilt wird. In tungen. noch mehr wunderbare Geschichten und kühlten unsere Luxus-Körper mit der jüngeren Vergangenheit gewann Auch wenn es uns also nicht gefällt lesen Sie in der aktuellen Ausgabe, u. einem salzigen Meerwasser-Peeling. das Konzept insbesondere in Hinblick und auch wenn es zu viele (unnütze) a. unser aberwitziges Mops-Special, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit Wenn es dunkel wurde, gab es ein auf das Internet als „Tauschbörse“ an Produkte gibt, die man besser unter- wann hat es so etwas schon einmal ge- Feuer und jeder schmiss in die Pfan- Bedeutung. Sharing Ökonomie heißt einander teilen könnte und sollte, geben? Und nun endlich ganz aktuell: Wie gerecht ist ne, was er gerade so hatte. (Fast) alles nutzen statt besitzen. Ob Autos, Bohr- steht vor dem Teilen immer noch das die Kommunalwahl im Mai. Geben Sie wurde geteilt. Und wenn nichts da maschinen, Bücher oder Schlafplätze: Haben – zu Recht wie ich meine. am 25. Mai Ihre Stimme zur Gestal- war, klaubten wir Wasser-Schnecken Teilen ist das neue Haben! Doch ist es Verstehen Sie mich nicht falsch, ich tung unserer Stadt und Region ab. von den Felsen und schmissen sie in das wirklich? Ich denke, dahinter bin ein Freund von Utopien, Welt- Jetzt aber genug geredet. Ab in die den Kochtopf. Schmecken gar nicht steckt eine hehre Absicht: Abkehr verbesserer-Ideen und vom Träu- Sonne und viel Spaß beim Schmökern. mal schlecht. Das war nur eine der vom Überkapitalismus. Andererseits men, aber eine gesunde Portion unser Land? Reisen, wo mir jedes Mal wieder aufs wäre es naiv zu verlangen, alles zu Menschenverstand und Realismus David Gutsche Neue auffällt, dass vor allem die teilen. Es entspräche nicht der gerne mit eingeschlossen. sensor-KoKonsument Menschen, die kaum etwas besitzen, menschlichen Natur. Es funktioniert Teilen macht dennoch Freude. Tun am bereitwilligsten ihre wenigen Habseligkeiten miteinander teilen. in Nischen – von mir aus gerne zu- nehmend – doch das Konzept auf al- Sie es wo es Ihnen möglich ist, insbe- sondere fast uneingeschränkt im im- Impressum Und irgendwie kommt es mir zumin- les und jeden angewandt ist mehr als materiellen Bereich: Hier entsteht so- dest subjektiv so vor, als seien sie da- doppelbödig. Selbst Unternehmen gar mehr nach dem Teilen, als vorher Verlag GLM bei sogar noch glücklicher. und Produkte, die sich gerne mit die- da war, teilt man zum Beispiel Liebe, Gesellschaft für lokale Medien mbH Aus der Wirtschaft kommend hat sich sem neuen Trend / Titel schmücken Freude, Wissen, Freundschaft, etc. Vertretungsberechtigter Geschäftsführer: Bernd Koslowski, Veronika Madkour, schon etwas länger der Begriff der wollen, á la Carsharing oder Woh- Und besitzen Sie weniger, umso we- Dr. Hans-Paul Kaus „Share Economy“ oder „Sharing Öko- nungsvermietung á la Air BnB sind niger belastet Sie und umso leichter Erich-Dombrowski-Str. 2 | 55127 Mainz nomie“ eingeschlichen, in Deutsch- keine wahren Teiler. Dahinter stecken fällt es, wieder zu teilen. Eine Lanze (zugleich Anschrift der V.i.S.d.P.) Eine Tochtergesellschaft der Verlagsgruppe Rhein Main (VRM) Redaktions- & Anzeigenleitung David Gutsche (Verantwortlich i.S.d.P.) Tel: 06131/484 171 Fax: 06131/484 166 www.sensor-magazin.de hallo@sensor-magazin.de Mediaberatung Thomas Schneider Tel: 06131/484 153 anzeigen@sensor-magazin.de Art-Direktorin Miriam Migliazzi Titelbild dainz.net Mitarbeiter dieser Ausgabe Andreas Coerper, Anna Thut, Ann-Christin Eikenbusch, Dorothea Rector, Dr. Treznok, Elisa Biscotti, Felix Monsees, Gabriel Werchez, Ines Schneider, Jana Kay, Jo Gather, Julius ((( 6 ((( 37 Braun, Katharina Dubno, Kerstin Seitz, Lichi, ((( 38 Nehmen Sie teil an der deutschen Fairnessdebatte! Mara Braun, Monica Bege, Naomi Erlenwein, Nina Wansart, Tiffany Bahls, Tina Jackmuth, Inhalt Thomas Schneider, Repro / ISDN Team Diskutieren Sie mit uns und Staatsminister Alexander Schweitzer (SPD) Termine termine@sensor-magazin.de und Prof. Michael Hüther (IW) über Einkommensgleichheit, Altersvorsorge Geteilt durch X = Glück² Reflecta Filmfestival – Nach- tippsundtermine@vrm.de 6 ))) 21 ))) 41 ))) Veranstaltung des Monats Jetzt Verteilung und Beschäftigungsbedingungen. Die neue Philosophie des Teilens denken, umdenken, mitdenken Wildwuchs.tv r en unte WV Werbevertriebsgesellschaft mbH anmeld .ly/ 42 ))) Kleinanzeigen, Leserbriefe kostenlose Auslage in Mainz Innenstadt und 11 ))) Kommunalwahl im Mai 22 ))) Veranstaltungskalender und t http://bi sor Vororten an über 1.000 Auslageplätzen | Am 3. Juni 2014 von 18:00 – 21:00 Uhr im Kurfürstlichen Schloss in Mainz. 12 ))) Blinde in Mainz die Perlen des Monats und das Orts-Rätsel Gesamtauflage 40.000 Exemplare -sen impulse (20.000 Mainz / 20.000 Wiesbaden) It’s a long time no see 34 ))) Das tolle 2x5 Interview mit 14 ))) Paar des Monats – Wilder Wein Alexandra Wester sensor Abonnement www.sensor-magazin.de/abo 16 ))) Kampf gegen Leerstand 37 ))) Möpse in Mainz www.sensor-wiesbaden.de/abo 18 ))) Der große Test 38 ))) So Wohnt Mainz - Mit Schere, Druck Druckzentrum Rhein Main GmbH & Co. KG Grillen und Metzger Charme und Mops Alexander-Fleming-Ring 2 Bahnhofstraße 48, 67059 Ludwigshafen 20 ))) Das KUZ puzzelt an 40 ))) Horoskop und 65428 Rüsselsheim Telefon 0621 520 56-0, www.chemie-rp.de seiner Zukunft der Bruno des Monats
4 sensor 05/14 sensor 05/14 5 Quatsch & Tratsch Kolumne Quatsch & Tratsch @ Schicken Sie Ihre Neuigkeiten an hallo@sensor-magazin.de Isa Zentmaier facebook.com/sensor.mag twitter @ sensormagazin Tanz-Workshop 25 Jahre, Studentin 40 Jahre OPEN OHR (6. bis 9. Juni) der Stage School Dr. Treznok Zu seinem 40. Ju- Auf der Suche nach neuen Talenten Wo kommst du her? biläum widmet ruft die Anarchie in Mainz aus zwischen 16 und Also eigentlich aus Schwäbisch Hall in Baden-Württem- sich das OPEN OHR unter dem Titel 26 Jahren kommt die Hamburger Sta- berg. Seit ein paar Wochen verunstalten und Ökologie, und somit unterschei- „Maikäfer flieg“ dem Thema Krieg ge School vom 7. bis 9. Juni mit einem mehr und mehr Wahlplakate unsere den wir uns überhaupt nicht von den mit tollen Highlights, großartigen Intensiv-Workshop für Tanz, Gesang schöne Stadt. Man kann fast schon anderen Parteien. Es ist schwierig, Gästen und wunderbaren Künstlern. und Schauspiel nach Mainz. Bei ent- von einer Invasion sprechen. Irgend- eine wirklich andere Partei anzubie- Über 80 Programmpunkte können sprechender Qualifikation kann der welche Gesichter mit irgendwelchen ten. Die Ampelmädchen-Quote ist an Pfingsten auf der Zitadelle erlebt Workshop die Aufnahmeprüfung für Namen und irgendeinem Parteilogo eine Milchmädchen-Rechnung und werden. Mit dabei sind u.a. die dreijährige Profiausbildung erset- hängen überall herum und kämpfen bringt uns politisch nicht weiter. Kakkmaddafakka, theaterAKTion zen. Wir verlosen einen der Work- großformatig um die Gunst der Wäh- Als sensor-Redaktion stellt sich uns antagon, Judith Holofernes, Scott shop-Plätze im Wert von 285 Euro un- ler. Die Gesichter sind austauschbar natürlich auch die Frage, ob wir uns Matthew, Irie Révoltés, Die Well Brü- ter losi@sensor-magazin.de, Betreff wie die Parteilogos, und auch die überhaupt in die Politik einmischen der aus’m Biermoos, FiL, Jörg Arm- „Stage“. Der Gewinner sollte Vorbil- spärlichen Werbesprüche vermitteln dürfen oder aber ob wir im Gegenteil bruster, Turbostaat, Rah Rah, El dung in mindestens einer Disziplin mir nicht das Gefühl, dass irgendeine die Pflicht haben, es zu tun. Und was Mago Masin, The Elwins, Talking To mitbringen. Partei ein bestimmtes Profil hat. ist, wenn andere Parteien Webeanzei- Turtles, Anton Grübener, Rapid, Die Stattdessen scheinen auch die Inhal- gen bei uns kaufen wollen und wir Grenzgänger, 687performance, Mat- Neuer Fischladen te austauschbarer zu werden: Alle plötzlich eine ernstzunehmende Kon- thias Brodowy, Prof. Dr. Andreas Seit 10. April gibt’s frischen Fisch im Parteien sind jetzt für Ökologie, wol- kurrenz in der Parteienlandschaft Buro, Motorama und viele mehr. ehem. 05Diner. Das Restaurant in der len bezahlbaren Wohnraum schaffen sind? Als Medium, das von Anzeigen www.openohr.de Römerpassage heißt nun „Die Alte Lie- und den Einzelhandel unterstützen. lebt, sind wir schließlich bestechlich. Irgendwas geht ab be“. Der Name stammt von einem 1733 Als überzeugter Anarcho-Syndika- Ein Problem ist außerdem, wie wir Am 17. Mai alle mal zum Markt- erbauten und heutzutage bei Touristen list mache ich natürlich für keine unsere sensor-Redaktion in Wiesba- frühstück kommen und sensor Re- beliebten Holz-Bauwerk in Cuxhaven. Partei Werbung, da mir der Parla- den von der Visum-Pflicht befreien, dakteure treffen. Wir haben gehört, facebook.com/diealteliebe. mentarismus grundsätzlich suspekt ohne dass uns die Wähler das krumm da ginge irgendwas ... ist. Ich könnte mich darüber freuen, nehmen. dass alle Parteien im Grunde das Die parlamentarische Demokratie Startup Weekend Gleiche und unsere Welt ein Stück scheint eine schwierige Angelegen- Mainz lebenswerter machen wollen. Es heit zu sein, wenn man als Anarcho- In drei Tagen zum macht mich aber eher misstrauisch: Syndikalist Kolumnen schreibt und Walter hat Typ 2 Diabetes Start-up ist die Ziel- Neuer Cider Wenn alle Parteien sich für Ökologie die ganze Redaktion plötzlich Partei- vorgabe eines Startup Aus Wiesbaden und Mainz kommt der und bezahlbaren Wohnraum einset- politik machen möchte. Ich selbst Weekend Events vom 16. bis 18. Mai neue „Kiezbaum Cider“. Aus Bioäpfeln zen, warum braucht man dann über- habe ja eigentlich auch nichts gegen in der Verlagsgruppe Rhein Main. In gepresst und gekeltert, nach selbst haupt verschiedene Parteien? Könn- Parteien, sogar, wenn ihre Werbepla- diesen 54 Stunden haben die Teil- entwickelter Rezeptur, aus der Fla- ten sich nicht einfach alle zu einer kate austauschbar sind. Und ich finde nehmer Zeit, gemeinsam mit Mento- sche, auf die Hand. Die Gründer Se- Einheitspartei vereinigen? Und wor- es richtig, für bezahlbaren Wohnraum ren ein Businesskonzept zu erarbei- bastian Grüner, Robert Wagner und in liegt der Unterschied zwischen ei- zu sorgen und den Einzelhandel zu ten: mainz.startupweekend.org. Iwan Kunisch wollen eine herbe und ner Ein-Parteien-Diktatur und einer unterstützen. fruchtige Alternative zu Bier schaffen. Demokratie, in der es zwar verschie- Inwieweit die Mainzer Republik ist Novo Nord isk Vegan & Vegetarisch dene Parteien gibt, diese allerdings 1792/93 eine parlamentarische De- so r des Prem ium -sP oN Im Mai eröffnet Leyla Légume am Schwayers Sommerbar kaum Unterschiede aufweisen? mokratie war, ist mir völlig unklar. Gartenfeldplatz den „Schrebergar- Ab Mai öffnet im Volkspark wieder Eigentlich wollten wir, also die sen- Die Lage war so verworren, dass ten“. Zum Sortiment gehören Kum- täglich bei Sonnenschein (Mi-Sa ab 16 sor-Redaktion, uns in die Kommu- selbst Goethe, der damals in Mainz pir, Suppen, Salate und Limo – alles Uhr und sonn- / feiertags ab 12 Uhr) nalpolitik einmischen. Unsere Forde- weilte, nicht mehr durchblickte. Die vegetarisch. Die Idee und Ausarbei- der feine Biergarten am Schwayer: rungen nach gleichberechtigten Am- Dauer dieser ersten Republik auf tung des Ladens seien „100 % Neu- Cocktails, Milchshakes, Smoothies, pelmädchen statt diese 100%-Quote deutschem Boden war wahrscheinlich kann engagement stadt“ – die Speisen Bio oder zumin- Longdrinks, große Auswahl an Bieren, Wohnst du hier in der Neustadt? von Ampelmännchen, die Visum- zu kurz, um Politik zu machen. Vier dest regional (facebook.com/Schre- Shots, Softs, alles was die Leber be- Ich bin Anfang des Jahres von Hechtsheim in die Neu- Pflicht für Wiesbadener und die Ein- Jahre sollte eine Legislaturperiode diabetes verändern? bergartenMainz). Auch neu in der Neustadt: „Säfte, Superfood-Shakes, gehrt. Dazu gibt’s lecker gegrillte Fo- caccias und selbst gemachte Salate. Die Eröffnungsfeier mit BBQ, Drinks stadt gezogen und bereue das auf keinen Fall. Ich fühle mich hier super wohl und alles liegt zentral. Man kann eigentlich überall zu Fuß hin und abends beim feiern ge- führung der pränatalen Rente für nicht erwerbsfähige Embryonen sind schon dauern, wenn ich meine ehr- geizigen Ziele in der Weltpolitik vegane und rohköstliche Snacks“ nur einige wenige Punkte in unse- durchsetzen will. gibt es ab Anfang Mai in Möhren- und Livemusik ist am 1. Mai ab 14 Uhr. hen, bin ich auch nicht mehr abhängig vom Bus. rem politischen Programm. Bei der Damals, also zu Goethes Zeiten, ha- Das Diabetes-Engagement von Novo Nordisk geht weit über die Milieus neuem Laden „Eco Café“ in Kommunalwahl am 25. Mai hätten ben sich die Mainzer zu den Franzo- Entwicklung und Bereitstellung von innovativen Medikamenten der Adam-Karrillon-Str. 5. Verlagsmesse Design Was schätzt du am Stadtteil? wir sicher gute Chancen. sen geschlagen. Das ist heute nicht hinaus. Mit vielfältigen Aktivitäten und Projekten unterstützen wir Menschen mit Diabetes dabei, die chronische Erkrankung „Let´s talk ABOUT“ Ich finde die Neustadt hat ein besonderes Flair, es macht Um eine Partei mit eigenem Profil zu mehr nötig, zumal am 25. Mai, zu- bestmöglich in den Alltag zu integrieren – und beispielsweise durch Wein am Rhein lautet das Motto der Mainz auf jeden Fall attraktiver im Vergleich zu anderen sein, müssen wir uns von den ande- sätzlich zur Kommunalwahl, die Eu- regelmäßiges Lauftraining Folgeerkrankungen vorzubeugen. Die Mainzer Weintage bieten vom 1. diesjährigen ABOUT in Stadtteilen. ren Parteien abgrenzen, da die ja ropawahl steigt. Wir könnten mit un- Interview & Foto: Anna Thut bis 4. Mai am Rheinufer kulinarische Mainz. Die Messe für Kleinverlage und austauschbar sind. Müssen wir dann serer sensor-Partei die Europa-Politik Erfahren Sie mehr unter www.novonordisk.de Genüsse, Imbissklassiker und vor al- Selbstverleger aus dem Umfeld der Was machst du gerade im Studium? in die Gegenposition gehen und ge- unterwandern, den sensor Paris, Rom, lem regionalen Wein. Live-Musik Kunst- und Designszene findet vom Ich beschäftige mich gerade mit dem schwäbischen Dia- gen Ökologie, für unbezahlbaren Lissabon oder Zagreb herausgeben und (bestimmt) tolles Wetter bieten 30. Mai bis 1. Juni im Vermesserge- lekt. Als Trend kann man schon sagen, dass die Deut- Wohnraum und für die Zerstörung und damit die Europa-Politik bestim- Changing Diabetes® ist eine eingetragene Marke der Novo Nordisk A/S, Dänemark. ein passendes Rahmenprogramm. bäude der FH Mainz in der Rheinstra- schen den bayerischen Dialekt sehr mögen. Aber ich des Einzelhandels sein? Wir wollen men. Mal sehen, was uns einfällt, Alla Prost! ße 23 statt. www.aboutabout.de. glaube, Schwäbisch ist eigentlich der schönste. aber auch bezahlbaren Wohnraum wenn wir erst mal an der Macht sind.
6 sensor 05/14 sensor 05/14 7 Sharing Geteilt durch X = Glück² Die neue Philosophie des Teilens Text Jo Gather Fotos Katharina Dubno „Geiz ist geil“ war vor einigen Jahren der Slogan eines großen quatscht man sich auf einmal mit deutschen Elektrogerätevertreibers. In jüngster Zeit bahnt sich einem Wildfremden und hat eine ein Trend an, der diese Aussage in Frage stellt. Immer mehr Men- Geschichte mehr zu erzählen. schen wollen gerne teilen. Und schenken. Sie teilen die Suppe, von der ein halber Topf übrig blieb, sie verschenken Bücher und Der Netzwerker Kleidung und Pflanzen und was ihnen sonst noch als „zu viel“ Mainz hat mit über 19.000 Mit- erscheint. Sie finanzieren im Schwarm die guten Ideen anderer gliedern bundesweit eine der größ- Menschen, fahren auf gelben gemieteten Fahrrädern durch die ten „Free your Stuff“-Gruppen auf Stadt und stellen ihr Sofa fremden Reisenden zur Verfügung. Facebook. Im Minutentakt werden Wie alle Trends, die mittels medialer Verbreitung von Hand zu hier „Needs“ und „Gives“ gepostet, Hand gereicht werden, hat auch dieses Kind einen Namen: Share beinahe nichts ist zu skurril, um Economy bzw. Share Community bzw. auf Deutsch: KoKonsum. einen neuen glücklichen Besitzer Ko steht für „kollaborativ“ und darum geht es den Beteiligten: zu finden – von 5x500g gefrore- Nicht mehr jeder muss alles haben, Zugang ist wesentlicher als ne Lunge für den geneigten Hun- Besitz. 90 Prozent der Produkte, die wir zu Hause haben, verwen- debesitzer über eine Rolle grüner den wir weniger als eine Stunde im Monat. Und im Durchschnitt Maschendrahtzaun bis zum kom- hat jede Person 40 teilbare Gegenstände in ihrem Haushalt. Be- pletten Hochbett. Initiator der Seite rühmtestes Beispiel ist die oft zitierte Bohrmaschine, die wenige und „Admin“, also Hüter darüber, Minuten ihrer Lebenszeit aktiv benutzt wird und viele Stunden ob das zugrundeliegende Teilprin- und Tage im Schrank vor sich hin verstaubt. Warum also nicht zip auch von allen Beteiligten ein- Man darf gespannt sein, an welcher Aufkleber an den Briefkasten kleben, die den Nachbarn mittels gehalten wird, ist der 23-jährige neuen Tausch-Idee „Free Your Stuff“- Symbolen anzeigt, dass sie den Bohrer gerne leihen können? Politikwissenschafts-Student Simon Gründer Simon Neumann aktuell bastelt Neumann. Gerade mal zwei Monate Einstmals ein Phänomen armer Gesellschaften, in denen Man- war Simon von Trier nach Mainz gezogen, da hat er bereits die gel herrscht, wird nun das Tauschzirkel-Prinzip unter gut situier- erste Sharing-Gruppe auf Facebook gegründet. Inzwischen be- ten Großstädtern salonfähig. Was ist passiert? Zum einen wirkt treut er mehrere Sharing-Gruppen in Mainz und hilft mit seinen das Internet als Verstärker der KoKonsumierer: Sharing-Start Up Erfahrungen in anderen Städten beim Aufbau eigener Free-your- Unternehmen schießen wie Pilze aus dem Web 2.0-Boden und stuff-Gruppen. helfen den Menschen beim geschmeidigeren Teilen. Zum zwei- Klar gibt es bei einer Gruppe in der Größe auch mal schwarze ten ist da ein gewisser Überdruss gegenüber dieser „Immer.Alles. Schafe, die etwa geschenkte Sachen an anderer Stelle weiterver- Sofort“-Mentalität. Dazu kommt ein steigendes Bewusstsein für kaufen wollen. Doch die Regeln sind einfach und deutlich auf die Endlichkeit und Ambivalenz von vielem, was wir tagtäglich der Seite präsentiert und die Gruppe reguliert sich von selbst. konsumieren: Rohstoffen für technische Gadgets mit eingeplanten Fehlverstöße werden umgehend an die Administratoren gemeldet Sollbruchstellen, Billigklamotten aus fernen Ländern und Bergen und wer sich nicht an das Free-Prinzip hält, wird vorgewarnt und von Lebensmitteln, die uns im Supermarkt der Wahl erwarten. fliegt raus, wenn weitere Fehlstöße vorkommen. Unterhält man sich mit Menschen, die sich dem KoKonsum ver- Simon ist Überzeugungstäter. Einer, der nicht lange fackelt, son- schrieben haben, kommt einem der Spruch: „Glück ist das einzi- dern macht. Es geht ihm um eine Reduktion von Müll im großen ge, was sich verdoppelt, wenn man es teilt“ nicht mehr wie eine Maßstab, ein längeres Verwenden von Dingen, die noch gebraucht Poesiealbum-Lyrik vor. Teilen scheint tatsächlich glücklich zu werden können. Gleichzeitig weiß er: „Man muss nicht unbedingt machen. Bestätigt übrigens auch die Wissenschaft: Die Mär vom kritisch konsumieren, nachhaltig denken um da zu agieren, son- egoistischen Raubtier Homo Sapiens ist widerlegt. Menschen sind dern man kann auch einfach denken ‚Ich hab nicht viel Geld soziale Tiere mit großem Neokortex und somit biologisch dazu und ich brauch ‚nen Schrank‘, also stell ich da mal einen Need bestimmt, zu kooperieren und Bindungen in sozialen Gemein- rein und dann hat man irgendwann einen Besteckkasten abzu- schaften einzugehen. Diese Bedürfnisse kommen in der Stadt geben und dann stellst du das auch rein. Das ist ein Geben und oftmals zu kurz. Vorbei sind die Zeiten der Großfamilien, immer Nehmen.“ Er selbst nutzt die Seite natürlich auch. So hat er sich mobiler wird der moderne Großstadtmensch und damit auch im- für seine letzte WG-Party über Free-your-stuff eine Diskokugel mer losgelöster aus verbindlichen Strukturen. Das ist ein drittes geliehen und für seine letzte Reise einen Handgepäckkoffer. Eine Geheimrezept der wachsenden Beliebtheit der Share Communi- weitere Gruppe, die Simon auf Facebook gegründet hat, war der ty. Denn hier finden Begegnungen statt. Da verabredet man sich Mainzer Ableger der „Foodsharer.“ Auch hier geht es ums Teilen zur Übergabe der Kompaktanlage am Bahnhof, und dann ver- und Reduzieren von Müll, ganz konkret: von essbarem Müll.
8 sensor 05/14 sensor 05/14 9 Sharing Sharing Büchlein, Büchlein, Du musst wandern. Von der einen Hand zur anderen Gittas liebste Tauschwährung: Sebastian gewährte selbst gekochte Marmelade seinen Unterstützern Ein- blicke ins Filmgeschäft Nischengeschichten ist seit Jahren ein Beweis dafür, In Zeiten knapper Staatskassen und Schuldenbremse ist der Kul- dass nicht alles vandaliert wird, tursektor nicht der erste, der ein großes Stück von der Finanz- was nicht nachts bei Drei auf Torte abbekommt. Viele gute Ideen versauern in Schubladen, den Bäumen ist. Vielmehr wird weil das Geld für ihre Produktion fehlt. Doch auch hier hat sich diese öffentliche Minibibliothek Die Essensretter mussten auch die Essensretter raus. Im Moment sind sie auf der durch die Share-Community einiges getan, das Zauberwort heißt liebevoll gehegt und gepflegt Rund 80 Kilogramm Lebensmit- Suche nach einem neuen Zuhause für eine zentrale Verteilstelle. „Crowdfunding“. Viele Einzelpersonen finanzieren gemeinsam das und mit einem nicht enden tel schmeißt jeder Deutsche im Jahr Leila betont aber: Der Verteiler ist gut, aber „Foodsharing“ ist ein Musikalbum, den Film, die Reportage, die sie gerne hören, sehen, wollenden Strom neuer Bü- durchschnittlich weg und unfassbare viel größeres Projekt. Da geht es von „Ich hab zu viel gekocht, lesen wollen. Größte deutsche Crowdfunding-Plattform ist start- cher versehen, die mitgenom- 50 Prozent aller Nahrungsmittel lan- möchte jemand den Rest aufessen“ über „Ich fahr morgen in Ur- next.de. Fast 10 Millionen Euro wurden hier bereits gesammelt, men werden wollen. Oder der den in Deutschland insgesamt in der laub, aber mein Kühlschrank ist noch halbvoll“ bis zu andersrum über 1500 Projekte erfolgreich unterstützt, und dabei ist die Seite Metzger, der einem neben der Tonne. Containern, bei dem nachts „Es ist Sonntag, ich wollte Gurkensalat machen und hab gar keine gerade mal vier Jahre jung. Fleischworscht auch noch eine die Supermarkt-Mülldepots nach noch Gurke, hat vielleicht noch jemand eine?“ Sebastian Jansen (26 Jahre) ist Absolvent der FH Mainz und glück- Auswahl seiner Lieblings-DVDs genießbaren Lebensmitteln durchfors- licher Crowd-Gefundeter. Für seinen Abschlussfilm „Das Mädchen zum kostenlosen Probesehen mit nach Hause gibt. Allüberall wird tet werden, war in den vergangenen Wer wie Gitta und Leila regelmäßig die Reste vom Feste verkocht, von Kasse 2“ gelang es ihm, die fehlenden 5.000 Euro durch Ein- geteilt. Foodsaverin Leila bringt es schön auf den Punkt: Teilen Jahren eine Form der Auflehnung der ändert auch seine Ess- und Kochgewohnheiten, bekommt ein zelspenden auf startnext zu sammeln. Auch beim Crowdfunding bringt neues Teilen hervor. Und macht glücklich. Versprochen! gegen diese Ressourcenverschwen- klares Gefühl dafür, was gerade zu dieser Jahreszeit im Überfluss herrscht die Philosophie eines Gebens und Nehmens. Die Spender dung. Allerdings rechtlich im Graubereich angesiedelt und auf vorhanden ist, verkocht etwa im Sommer stiegenweise Erdbeeren erhalten, je nach Höhe ihrer Unterstützung, entsprechende „Dan- zugekniffene Augen und aufgeschlossene Müllcontainer seitens zu Marmelade, zaubert Serviettenknödel aus altem Brot und legt Noch bis zum 15. Mai findet übrigens die Rheinland-Pfalz keschöns“. Das reichte von einer DVD über ein Menü vom Regis- der Supermarktleiter angewiesen. Ein Versuch, diesem Nacht und Crouton-Vorräte für die nächsten acht Jahre an. „Man kocht sai- Tischtausch-Aktion statt. Küchen- und Wohnzimmer-Tische seur bis zur Sprechrolle im Film. Für Sebastian liegt der große wurden getauscht und stehen nun als Gast in einem fremden Nebel-Status ein Ende zu bereiten und das Problem und seine Lö- sonaler“, so Gitta. Statt zu sagen: Heute gibt’s Lasagne, also kauf Charme dieser Art der Finanzierung in der Möglichkeit, Geschich- Haus und bereit, mit Ihren Gastgebern Gäste zu empfangen. sung ins Tageslicht zu verlegen, ist Foodsharing.de. Initiiert von ich Nudelplatten und Tomaten, fängt man an, mutig und krea- ten jenseits vom öffentlich-rechtlich-förderfähigen Mainstream Gäste sind u.a. Personen, die ihren Tisch auch tauschten und Filmemacher Valentin Thurn, der „Taste the Waste“ in die Kinos tiv aus dem Vorgefundenen etwas Leckeres zu kreieren. Und auch zu erzählen. Ein Nischenmarkt eben. Personen, die neugierig und offen sind und die Menschen brachte, ist die Seite eine Plattform für alle, die gerne helfen wol- beim eigenen Kaufverhalten anzusetzen finden die beiden wichtig. um die Tische besuchen möchten. Interessierte rufen an / len, die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Dabei ist die Leila nimmt sich inzwischen im Supermarkt oft bewusst Sachen, Fahrräder & Bücher zum mieten mailen, wann Sie willkommen sind. Überall im Land liegen Initiative nicht als Konkurrenz zu Einrichtungen wie der etablier- die schon ein wenig kaputt sind und fragt an der Kasse, ob sie Wer nun denkt, alles was geteilt werden will, muss zuerst durchs Flyer mit den Kontaktdaten der TischGastgeber aus. Ab dem ten Tafel zu verstehen, sondern soll diese ergänzen und mit ihnen die billiger bekommt. Oder fragt den Kunden neben sich, ob man Internet, sei beruhigt. Es gibt sie auch, die analogen Tauschoptio- Zeitpunkt, wo Gäste, Beobachter, Kunstinteressierte mit dem Hand in Hand arbeiten. sich nicht eine Riesenpackung Spitzpaprika teilen soll. Beides hat nen. Einige sind gelb, mobil und inzwischen fester Bestandteil des Projekt in Berührung kommen, liegt es in der Händen der Gitta Bender (29 Jahre) und Leila Grosse (23 Jahre) sind zwei der immer geklappt, sie hat noch nie komische Blicke geerntet. Dass Mainzer Stadtbildes geworden. Als vor drei Jahren die Andock- Gäste sowie Gastgeber, was sich entwickeln wird. Was, wenn Mainzer Botschafterinnen der Foodsharing-Initiative, sie helfen mit, Teilen je mehr man sich damit beschäftigt, zur Lebensphilosophie stationen für die MVG-Räder wie Pilze aus dem Boden schossen, sich Gäste melden, oder gar vor der Tür stehen? Was sie die 50 lokalen FoodsaverInnen zu koordinieren, stellen Kontakte zu werden kann, bestätigen sowohl Gitta als auch Leila. bieten wollen und können, wird auf dem Tisch stehen (im war manch einer skeptisch: Gibt es tatsächlich einen Markt für Kontaktgespräch kann im Voraus klar verhandelt werden, kooperierenden Läden, Cafés, Marktstandbetreibern oder auch Kitas Und langsam wird man auch auf höherer Ebene auf die Essens- Menschen, die kein eigenes Rad wollen, sondern lieber jedes Mal was der Gesundheit abträglich oder sonst fehl oder richtig her und sorgen dafür, die gute Idee des Essenrettens in die Welt retter aufmerksam: Ende März fand ein erstes Treffen mit Mitar- ein neues leihen? Aber der Erfolg gibt den Verkehrsbetrieben recht: am Platz wäre). Das Gastgeschenk kommt dazu und los geht zu tragen. Im letzten Jahr gab es sogar eine feste Anlaufstelle für beitern des Umweltministeriums statt, die Interesse angemeldet 15.500 registrierte Fahrrad-Leiher haben sich im vergangenen Jahr es – das Kennenlernen. Ein Tisch in Mainz steht bei clara.wo- Essensretter, den „Fairteiler“ im Kulturverein Peng im alten Auto- haben, im Rahmen der laufenden Kampagne „Rheinland-Pfalz zusammengelegt 340.000mal auf die gelben Drahtesel geschwun- ersdoerfer@web.de. Weitere Tische in RLP unter blog.tisch- haus an der Saarstraße. Mit Kühlschrank und Waschstraße für das isst gut“ zu kooperieren (Interessierte können sich auf lebensmit- gen. Und die MVG geht für 2014 von noch höheren Zahlen aus. transaktion.de und www.facebook.com/tischtransaktion. gerettete Obst und Gemüse. Als das Peng dann ausziehen musste, telretten.de melden). Und auch der immer volle Bücherkasten am Rhein zum Beispiel
10 sensor 05/14 sensor 05/14 11 Wahlen Wir Kumpir Schreber garten Die wunderbare Kommunalwahl rückt näher. Plakate allenthalben baren Bundesland eine Partei ins machen es mehr als deutlich. Man Rennen zu schicken, bedarf es „le- Neu am Gartenfeldplatz! und Frau kann nicht mehr durch die diglich“ 250 Unterstützer-Unter- Straßen latschen, ohne gegen die schriften. Und bereits ab einem Eröffnung im Mai „Mainz Gestalten“ der CDU zu ren- Wahlergebnis von 1,7 Prozent ist es nen oder sich von Dr. Eckart Lensch möglich, einen von 60 Sitzen im angrienen zu lassen. Zu allem Über- Rathaus beim Stadtrat zu erlangen. fluss findet zeitgleich auch Laut dem gegenwärtigen ➔ facebook.com /SchrebergartenMainz die Europawahl statt, weswe- Stand des Wählerverzeich- gen wir uns außerdem mit nisses kommt Mainz auf Slogans zu einem stabilen 158.000 Wahlberechtigte. Euro, starken Europa und anderem beschäftigen dür- Elf Parteien treten an fen. Der ein oder andere mag Mitte April fand im Rathaus sich an dieser Stelle fragen, die Bekanntgabe der einge- wieso die großartigste aller reichten Listen statt. Elf zur Wahl antretenden Partei- Wahlvorschläge liegen nun en, die MfS (Mainzer für sen- vor. Neben den etablierten sor), nicht präsent ist im Parteien wie CDU, SPD, Schilderwald. Nun, dafür lassen Grüne und FDP haben sich Bündnis- sich vielerlei Gründe finden: Neben se wie die AfD, ProMainz und das Am 25. Mai ist es so weit. Die kommunalen dem Hauptgrund, dass unsere hand- überwiegend aus dem türkischen gebastelten Plakate von der Stadt Weichen werden neu gestellt. Milieu kommende Bündnis für Inno- nicht zugelassen wurden, sahen wir Haben Sie schon Ihren Favoriten? vation und Gerechtigkeit (BIG) mit auch nicht die Notwendigkeit, noch ihren Listen angemeldet. Außerdem weiter in Erscheinung zu treten, da treten die Freien Wähler an, die Lin- alle vernünftigen Menschen sowie- ke, die ÖDP und erstmalig auch die so von unserer fundierten Bericht- Mainzer Piratenpartei. erstattung und unseren Putschplä- Wir Wähler haben nun die Möglich- nen beeinflusst werden, so dass sie keit, bis zu drei Stimmen auf einen mit Garantie am Wahlsonntag ihre Bewerber oder eine Bewerberin zu Kreuzchen an der richtigen Stelle konzentrieren. Dies nennt man in setzen. Nein, tatsächlich war es so, der Fachsprache „Kumulieren“. Oder dass wir käuflich sind wie verrückt man verteilt seine Stimmen auf ver- – Nutten des Kapitals sozusagen. schiedene Listen. Das nennt man Wir haben hier nämlich einige Par- „Panaschieren“. tei-Anzeigen im Heft (für Unsum- Keine 5 Prozent zerraufen. Hier ist eigentlich die Also schnappen Sie sich die Wahlbe- men von Euroletten), verbunden Die Wahl ist jedenfalls nicht ganz Chance, etwas zu verändern und nachrichtigungen, die die Stadt in mit der Bitte an unsere Leser, zur unwichtig. Die Gewählten bestim- mitzubestimmen. Leider ist die diesen Tagen versendet, und machen Wahl doch lieber eine dieser Partei- men über zahlreiche Rahmenbedin- Wahlbeteiligung jedoch oft unterir- Sie am 25. Mai einen hübschen Spa- en zu wählen (hüstel). Da konnten gungen lokaler und regionaler Wirt- disch. Seit 1989 ist sie um mehr als ziergang zum Wahllokal und tun das wir einfach nicht nein sagen und schaft, Kultur und Politik. Über Din- 20 Prozent gesunken. Nicht nur des- Richtige. Wir verlassen uns drauf. schulen unsere Direkt-Kandidaten ge, mit denen sich unsere halb gibt es in dieser Wahl keine daher momentan zu Wurstfachver- Heft-Protagonisten manchmal tag- 5-Prozent-Hürde wie zur Bundes- Tiffany Bals käufern um. täglich beschäftigen und die Haare tagswahl. Um in unserem wunder- Illustration dainz.net
12 sensor 05/14 sensor 05/14 13 Blind in Mainz Blind in Mainz It’s a long time no see Wie behindertenfreundlich ist Mainz? Der letzte Teil unserer Reihe: Blinde Schiedsrichter Andreas hat alles im Blick beim Spezial-Tischtennis ohne Sicht tennis. Die Platte, die unter seinen mit den Händen mehr in Bewegung, herrscht bei dem Thema ein gutes donnernden Schlägen erzittert, erin- scheint das Spiel anders zu antizipie- Klima, wir reden häufig und offen nert auf den ersten Blick eher an Bil- ren. Vielleicht, weil er nicht von Ge- miteinander und auch zwischen Ter- Ein Handschuh dient als Schutz lard oder Tischfußball. Aus hellem burt an blind ist, eine Erinnerung hat minen sind die Dienstwege kurz“, er- Holz extra für den „Reha und Ge- daran, wie die Welt aussieht – und zählt Sascha Müller, im Stadtpla- sundheitssport Mainz e.V.“ gefertigt, sich deshalb weniger auf sein Gehör nungsamt zuständig für Verkehrs- ist diese von einem etwa 20 Zenti- verlässt? „Was ich definitiv feststelle und Mobilitätsmanagement. Ein “Wer sich über die Blindheit meter hohen Rand umgeben. In der ist, dass Erblindete eine bessere Ori- früher Erfolg in Sachen Leitsystem definiert, grenzt sich aus” entierung haben als ich“, kommen- Mitte thront eine Bande, die der Ball war die City-Meile, inzwischen ist sie nicht treffen darf: „Er muss drunter tiert Melanie. Sie behilft sich mit dem veraltet. „Wir halten uns in der Aus- Die Schuhe schenken Mela- durch“, erklärt Melanie. „Sonst gibt Smartphone: „Das macht mich noch führung heute an das, was bundes- nie gute fünf Zentimeter es einen Strafpunkt.“ mal selbstständiger. Über bestimmte weit Standard ist, damit sich auch Seit 2012 gibt es den Verein mit der- Apps kann ich mir alles ansagen las- Besucher zurechtfinden.“ „Ich habe keine Bilder im Kopf, weil jetzt ist der Punkt erreicht, an dem die zeit zwölf Mitgliedern, jeden Samstag sen, die Bedienung ist total einfach Müller beschreibt das Thema als eine ich nicht weiß, was Bilder sind.“ Me- Bildung leidet, weil ich keine speziel- werden die Duelle an der Tischtennis- und zum Navigieren in unbekannten Querschnittsaufgabe und erklärt: lanie Hambrecht zuckt mit den Schul- le Schule besuche.“ Die Teenagerin platte ausgetragen. Andreas ist der Städten ist es nicht wegzudenken.“ „Manchmal stehen verschiedene In- tern. „Ich meine, selbst wenn da Bil- wechselt auf die Deutsche Blinden- Schiedsrichter. Mit seiner Handpfeife Wieder lacht die junge Frau. „Früher teressen einander auch im Weg.“ der sind, woran soll ich das erken- studienanstalt in Marburg und zieht gibt er das Signal zum Aufschlag und musste ich der Nase nach zum nächs- Kompromisse müssen oft zwischen nen? Wie soll ich wissen, ob es das ins dortige Internat. „Damals war das verkündet die aktuellen Spielstände. ten Mägges, jetzt lasse ich mir ansa- Barrierefreiheit und Denkmalschutz ist, was Sehende meinen, wenn sie okay, für meine Eltern und für mich.“ „Ein sehender Schiedsrichter ist gen, wo ein Bäcker ist.“ gefunden werden – oder innerhalb von Bildern sprechen?“ Pflicht“, sagt Melanie. Auch beim der Barrierefreiheit: „Für einen Geh- Es ist ein sonniger Tag. Wer das kleine „Der Nase nach zum Mägges“ Spiel sind Sehende erlaubt, jeder „Ich kann alles erreichen“ behinderten brauche ich an Halte- Tor zum hinteren Garten der Maria- Nach der Schule folgt die Ausbildung Spieler trägt ohnehin eine Augen- Die Orientierung in Mainz ist ihr an- stellen eine Absenkung, gleichzeitig Ward-Schule öffnet, den trifft die zur Fremdsprachensekretärin. Für ei- maske. „Es gibt ja Sehbehinderte mit fangs schwer gefallen. „Mainz ist muss ich das so umsetzen, dass mir vollkommene, kitschige Schönheit nen Job am Max-Planck-Institut Restsicht, das wäre unfair.“ Der Schlä- sehr verwinkelt, es gibt viele kleine ein Sehbehinderter nicht quasi in die des Nachmittags: Die Blumen blühen, zieht Melanie nach Mainz. „Ich hatte ger ist nicht rund, sondern sieht aus Gassen. Wiesbaden oder Mannheim Lücke stürzt“, verdeutlicht Müller. Vögel zwitschern launig, die Sonne nie Angst davor, rauszugehen, wie wie ein kleines Paddel. Im Spiel darf finde ich intuitiver, wenn es darum Vereint werden die Bedürfnisse in ei- scheint auf eine Nonne herab, die ich es von anderen Blinden kenne.“ nur eine Hand genutzt werden, ge- geht, wie eine Stadt gewachsen ist.“ ner „getrennten Führung“, bei der zwischen den Beeten kniet. Melanie Wieder ein leichtes Achselzucken. schützt durch einen Handschuh. „Der Auf das Leitsystem verlässt sie sich für Blinde ein anderer Weg vorgege- Reiner legt sich den Ball zurecht hört die Vögel, die Sonne aber sieht „Die Leute sagen, man wird als Blin- Ball ist ja sehr schnell, wenn man den vor allem an Haltestellen. „Da sind ben wird als für Rollstuhlfahrer. „Es sie nicht, denn die 30-Jährige ist von der ausgegrenzt, aber wer sich über abbekommt tut das sonst echt weh“, auch die Ansagen eine Erleichte- ist wichtig, dass wir uns dem Thema Geburt an blind. „Ich habe das nie als die Blindheit definiert, grenzt sich sagt Melanie, die mit Plateauturn- rung.“ An etwa 150 der rund 800 Barrierefreiheit widmen, auch, aber Einschränkung empfunden, weiß aber selbst aus“, erklärt sie. „So bist du gar schuhen an der Platte steht und la- Mainzer Haltestellen leuchten heute nicht nur im Sinne der Inklusion“, auch: Das habe ich meinen Eltern, nicht“, bekräftigt Andreas Hanewald. chend erklärt: „Ich bin so klein, dass die Tafeln mit Abfahrtsinformatio- erklärt Sascha Müller, denn: „Mit speziell meiner Mutter zu verdanken.“ Der 40-Jährige ist Melanies Lebens- ich sonst keine gute Höhe habe für nen, gut 20 Prozent dieser 150 Stopps dem demografischen Wandel wird liegen. „Vorteil Melanie“, verkündet Der fällt auf, dass ihr Kind mit ein gefährte, die beiden haben sich im das Spiel.“ Dessen Ziel ist es, Tore zu sind zudem mit einer Ansagetaste das ‚zu Fuß gehen’ immer mehr zum Andreas, seine Freundin ballert ihrem paar Monaten nach nichts greift, ge- Job kennen gelernt. Wie macht man schießen: Auf jeder Seite der Platte ausgerüstet. Wird sie gedrückt, ver- zentralen Verkehrsmittel.“ Also müs- Kontrahenten den nächsten Ball mit nerell wenig reagiert. So wird die sich ein Bild vom Partner, wenn die kann der Ball, der bei jeder Bewegung kündet eine Stimme, wann welcher sen Wege für die Fußgänger geschaf- Schwung ins Tor und gewinnt aber- Blindheit entdeckt, deren Ursache Augen keine Informationen übermit- rasselt, in der Platte versenkt werden. Bus einfährt. Etwa 1/5 aller Stopps fen werden. mals. „Ich wurde nie in dem Bewusst- wohl eine Infektion während der teln? „Ich mache mir ein Bild davon, Melanie bewegt den Kopf mit dem verfügen über ein Leitsystem, das am sein aufgezogen, etwas nicht zu kön- Schwangerschaft ist. „Meine Mutter ob er lieb ist, ehrlich, zuverlässig. Der Weg des Balles. Die Aufmerksamkeit, Boden Orientierung bietet. „Wenn In der Halle der Maria-Ward-Schule nen, nur weil ich blind bin“, erklärt ist da aktiv ran und hat dafür gesorgt, Rest ist mir egal. Und dass Blinde mit der sie das Spielgerät verfolgt ist Haltestellen neu oder umgebaut wer- derweil sind Barrieren samstags von sie. „Der Gedanke existiert bei mir gar dass ich in einen normalen Kinder- Menschen abtasten, um zu erfühlen, so greifbar, fast scheint es, als würde den, ist Barrierefreiheit heute ohne- 14 bis 18 Uhr kein Thema. Unter oh- nicht – und genau deswegen kann ich garten, eine normale Schule konnte, wie sie aussehen, ist eh ein Mythos“, sie die Ohren aufstellen wie ein Raub- hin Standard“, erklärt MVG-Presse- renbetäubendem Lärm donnern sich genau so gut oder schlecht alles errei- unterstützt von einer Integrations- sagt Melanie und lacht. tier auf der Lauer. sprecher Michael Theurer. Dazu ha- Melanie und Reiner die Bälle auf der chen wie jeder Sehende.“ kraft.“ Im Gymnasium wird sie einmal Im Hintergrund ist währenddessen Das Sonnenlicht fällt durch die gro- ben auch die Quartalsgespräche Platte entgegen, Letzterer ist spürbar wöchentlich von einem Blindenlehrer ein lautes, rasselndes Klappern zu ßen Fenster schräg in die Halle, in zwischen Behindertenverbänden und gefrustet davon, auch im zweiten Mara Braun begleitet, der rät in der 7. Klasse zum hören. In der Turnhalle übt Reiner der es angenehm kühl ist. Reiner ist Verwaltung beigetragen. „In Mainz Satz sehr schnell sehr weit zurückzu- Fotos Anna Thut Schulwechsel. „Sein Argument war, Hoster seinen Aufschlag beim Tisch-
14 sensor 05/14 sensor 05/14 15 Start-up ((( Weinexperten zwischen edlen Tropfen ))) Die Liebe verschlug Anna Lilienstroem nach mo- Austausch zwischen den Reben aus der Region. Spanische oder griechische Weine natelanger Fernbeziehung vor einem Jahr an den Annas und Eckards Wege kreuzten sich über und die ein oder andere exotische Rebsorte wie Rhein. Die Liebe zu einem Mann und zum hiesigen Eckards Freund Tim (Annas Ehemann) sozusagen zum Beispiel die Orangentraube frischen das An- Wein. Seit einiger Zeit ist sie mit diesem Mann im Weinberg. Als die Schwedin vor einem Jahr gebot auf. Ein Schwerpunkt liegt auf ökologisch verheiratet. Tim ist sein Name und er ist ein ehem. ohne konkrete Jobaussicht nach Mainz zog, half angebauten Weinen und Perlweinen, aber auch Studien- und Winzerkollege des anderen Mannes sie zunächst in Eckards Weingut aus. Bei der täg- klassisch ausgebaute Weine sind vertreten. Ihr in Annas beruflichem Leben, mit dem sie kürzlich lichen Zusammenarbeit wurde schnell klar, dass Konzept: „Alle unsere Weine stammen von eher einen eigenen Weinladen in Mainz eröffnet hat: beide in puncto Wein auf einer Wellenlänge lie- kleineren Weinbetrieben oder Winzern, die wir Eckard Höbel ist sein Name und der Name des La- gen. „Am Anfang habe ich das Deutsche mit persönlich kennen und denen wir ins Handwerk dens lautet „Wilder Wein“. Fast eine Ménage-à- rheinhessischem Akzent zwar nicht immer gleich schauen können“, erklärt das Geschäftspaar. Und trois könnte man meinen, doch alle verbindet verstanden“, erinnert sich Anna, doch Verständi- beide motiviert zudem die Möglichkeit, sich auf hauptsächlich ihr Interesse zum Wein. Seit letztem gungsschwierigkeiten sind heute passé. Ihr geistiger, kreativer, aber auch körperlicher Ebene Sommer ist sogar ein gemeinsamer Garten hinzu Deutsch klingt nahezu perfekt und Eckard betont: zu betätigen, nämlich bei der Arbeit im Weinberg. gekommen, in dem alle zusammen „An der frischen Luft, in der Natur zwi- mit ihren Familien, Eckard mit Part- schen den Reben fühle ich mich sehr nerin und drei Söhnen, Anna mit wohl“, schwärmt Anna und Eckard er- Ehemann Tim und in Kürze eigenem gänzt: „Die meisten Kollegen mit Stu- Wilder Wein Nachwuchs, auch ihrer Experimen- dium stehen nicht mehr selbst im tierfreude am eigenen Gemüseanbau Weinberg, sondern widmen sich dem freien Lauf lassen. Verkauf oder der Repräsentation. Mir macht die manchmal körperliche Ar- Hoch aus dem Norden beit allerdings ebenso Spaß.“ Anna kommt ursprünglich aus Schweden und hat in Göteborg Bio- Anna Lilienstroem und Eckard Höbel Auch wenn Anna und Eckard auf Um- medizin und Weinwissenschaft stu- sind kein Paar. Trotzdem verbindet wegen zu ihrem neuen „Job“ gekom- diert. Eine ungewöhnliche Wahl, gibt men sind, ist das für beide noch immer sie zu, vor allem in ihrer kühlen Hei- sie ihre Leidenschaft zum Wein. kein Schlusspunkt. Zwar werden bei mat, in der der Weinbau eher die Anna Themen wie Biomedizin und Ausnahme bildet. „Mich hat beides Wein in der bevorstehenden Babypau- gleichermaßen interessiert, “ sagt se erst einmal hinten anstehen. Später Anna. „ Zum Wein bin ich über meine Ausbildung „Anna verfügt über Fachwissen, weiß wie man ei- jedoch würde sie gerne auch wieder einmal im Be- als Barmeisterin und Sommelier gekommen. Dar- nen guten Wein macht und hat gleichzeitig einen reich der Forschung arbeiten. Eckard fehlt zudem über wollte ich dann mehr wissen.“ gastronomisch-sommelierischen Hintergrund. noch der Doktortitel. Den strebte er ursprünglich Eckard Höbel dagegen kommt vom Rhein. Ihm Außerdem sind wir beide bereit, immer mal etwas in Politikwissenschaft an. Vielleicht wird es in Zu- wurde das Faible für Wein im elterlichen Winzer- Neues auszuprobieren.“ So kam es schließlich zu kunft dann einer in „Weinwirtschaft“. Bis auf wei- betrieb in Rheinhessen in die Wiege gelegt. Den- der Idee, gemeinsam ein Geschäft zu eröffnen. teres wird man die schwedische Weinexpertin und noch hat auch er sich zunächst anders orientiert: den studierten Winzer aber persönlich im „Wilder Der studierte Politologe arbeitete längere Zeit für Wilder Wein am Rhein Wein“ antreffen. eine Kommunikationsagentur und als Weinsach- Vor drei Monaten eröffneten sie ihren Weinladen verständiger und Verkoster für Fachzeitschriften. „Wilder Wein“ in der Mainzer Rheinallee zwischen www.wilderwein-mainz.de 2008 folgte dann der Bachelor in Weinbau und Frauenlobstraße und Grüner Brücke. Beide möch- Tina Jackmuth Oenologie in Geisenheim. Seitdem widmet er sich ten ihre Begeisterung für Weine mit ihren Kunden Foto Katharina Dubno hauptsächlich eigenen Weinkreationen auf sei- teilen. Das Sortiment stammt überwiegend aus nem Weingut in Mommenheim. Eckards „Weinschmiede“ und von Weinbetrieben
16 sensor 05/14 sensor 05/14 17 Leerstand Leerstand Kampf gegen Und die riesige Kommissbrotbäcke- chen endlich eine Leerstandssteuer“, das Gebäude den „Status als Denk- rei am Ende der nördlichen Neu- schimpft einer der Teilnehmer und mal beantragen“. Die Geschichte stadt befindet sich – genau wie vor die Truppe zieht weiter. der Trinkhallen reicht schließlich Leere kurzem noch der Osteiner Hof – im bis zum Anfang des 19. Jahrhun- Besitz der Bundesvermögensanstalt. Stadt ist machtlos derts zurück. Damals war Leitungs- Doch spätestens 2016 wird die Bun- Gegenüber am Hauptbahnhof ver- wasser in Mainz ungenießbar. Nur deswehr ausziehen, die das Gebäude fällt ein neunstöckiges Hochhaus – Trinkhallen versorgten die Bür- gleichzeitig Kulturschaffenden Räu- teilweise als Lager nutzt. Und dann das ehemalige Ärztehaus. Hinter dem ger mit sauberem Wasser. Heute me zu geben. Wie funktioniert das? könnte auch diese Immobilie end- Hotel soll einer der Bonifatius-Türme ist das Gebäude an der Haltestelle Wir haben jeden Mittwochabend ab Leerstand bleibt ein Problem – gültig leer zu neuer Verfügung ste- zur Hälfte unbenutzt sein. Weiter in Lessingstraße eines der letzten sei- 19 Uhr ein offenes Wohnzimmer in trotz Happy End für den hen und ein ganzes Quartier maß- der Großen Langgasse reiht sich ein ner Art in Mainz. Was aber genau der Schnittstelle. Dort können die geblich beeinflussen. verlassenes Geschäft an das nächste. daraus werden soll, ist unsicher. Leute ihren Bedarf an Räumen an- Osteiner Hof. Wie geht es weiter „Die hohen Ladenmieten ziehen im- Es gibt viele Interessenten. Schon melden. Und dann schauen wir, wo mit schönen Projekten wie der Verfallener Glanz mer wieder längerfristige Leerstände vor einigen Jahren gab es einen es passende leerstehende Gebäude Vor dem Hotel Eden haben sich eini- nach sich“, kommentiert die Stadt. Ideenwettbewerb - und Gewinne- für sie gibt. Das meiste realisieren wir Trinkhalle, der Kommisbrot- ge Personen versammelt. Der Treff- Doch das Problem beschränkt sich rin Beate Schumann hatte Großes über die Wohnbau Mainz, der viele bäckerei und dem Hotel Eden? punkt ist kein Zufall. Die Stadtrats- nicht auf Mainz: Recherchen des bri- vor: „Statt Schnaps und Zigaretten Immobilien in der Stadt gehören. Bei fraktion der Grünen hat zu einem tischen „Guardian“ zufolge stehen in könnte man einen Gemüseimbiss anderen leerstehenden Immobilien Rundgang zu den Leerständen der der EU so viele Wohnungen leer, dass betreiben. Die Trinkhalle könnte ist die größte Schwierigkeit, die Be- Stadt eingeladen. „Wir werden es man alle Obdachlosen unterbringen natürlich auch als Teststandort für sitzer zu finden. nicht schaffen, alles in einem Spa- könnte. Nur: Bei Immobilien in Pri- Start-ups dienen. So können junge ziergang abzugehen“, warnt Stadt- vatbesitz ist die Politik machtlos. Entwickler ausprobieren, wie ihre Warum? Ideen ankommen.“ Die Stadt darf uns bei Privatbesitz den Eigentümer nicht verraten. Und Kommissbrotbäckerei Makler oder große Immobilienfir- Auch für die Zukunft der Kommiss- men sind nur am Profit orientiert brotbäckerei gibt es einige Pläne. und mit einer Zwischennutzung Die ehemalige Garnisonsbäckerei – lässt sich kaum Geld machen. errichtet 1902 – liegt an der stark befahrenen Rheinallee in Höhe der Lohnt sich eine Zwischennutzung Moselstraße. Vor einem Jahr grün- denn für die Eigentümer? dete sich die Initiative „Kulturbä- Durchaus. Denn durch die Nutzung ckerei“. Ihre Mitglieder wollen aus hält der Zwischennutzer den Raum dem Gebäude ein soziokulturelles in Schuss. Unter Umständen streicht Zentrum machen, einen Ort der Be- er, repariert kleine Dinge selbst und gegnung und „ein lebendiges, mo- gestaltet seinen eigenen zwischen- dernes, urbanes Quartier“. Aktuell genutzten Laden oder sein Büro sammeln sie noch „Ideen und Pro- optisch ansprechend. Bei einem jekte“. Doch am Ende könnte dem Leerstand kleben schnell Plakate an Objekt ein ähnliches Schicksal blü- den Fensterscheiben, das passiert bei hen wie dem Osteiner Hof: Büros und einer Zwischennutzung nicht. Und Wohnungen statt Kultur. „Es besteht Aktiv gegen Leerstand: Nicola sensor: Der Verein „Schnittstelle5“ wenn sich die Idee des Zwischennut- durchaus Grund zur Sorge, dass ein Diehl und Oliver Konter von setzt sich für die Zwischennutzung zers durchsetzt, kann er langfristig dringend benötigtes soziokulturel- der Zwischennutzungsagentur von leer stehenden Gebäuden ein. Ist vielleicht sogar eine höhere Miete les Zentrum für einen Stadtteil mit „Schnittstelle5“ Leerstand ein Problem in Mainz? finanzieren. Außerdem wird dadurch 27.000 Einwohnern aufgrund ei- Nicola Diehl: Es gibt sicher andere die Aufmerksamkeit auf einen Leer- ner Wohnraumnutzung nicht mehr Städte, die mehr Leerstand haben stand gelenkt, so dass sich mögli- möglich wäre“, sagt Thorsten Lange, – zum Beispiel in Ostdeutschland. cherweise schneller neue Mieter fin- Verlassen: Die letzte Trinkhalle der Neustadt Kommissbrotbäckerei bald soziokulturelles Zentrum? Einst das beste Haus am Platze: Kreisvorstandssprecher der Mainzer Aber wenn ich mir die immensen den. Zwischennutzung bringt allen Das Central Hotel Eden Grünen. Deshalb sei es wichtig, dass Mietpreise und den hohen Bedarf in Seiten etwas: Der Zwischennutzer Der Osteiner Hof hat einen neuen mit den Fachbehörden. Und auch rätin Katharina Binz die etwa 20 Solange von Gebäuden keine Gefahr die Verwaltung eine „zügige Vorpla- Mainz ansehe, dann kann es nicht kann sich ausprobieren und präsen- Besitzer. Es sei „ein Gebäude, das die der Balkon des Gebäudes bleibt den Interessenten. Vor 120 Jahren war ausgeht, kann die Stadt Privateigen- nung zur Kommissbrotbäckerei“ er- sein, dass so viele Gebäude leer tieren und zahlt eine geringe Miete. Herzen der Mainzer bewegt“, sagt Fastnachtern am 11.11. erhalten. das Eden noch Treffpunkt für Film- tümer nicht zum Handeln zwingen. stelle, und dass für den Tag der Frei- stehen. Und das Problem wird sich Der Eigentümer hat kleine Mietein- OB Michael Ebling, der nach dem Leerstand also kein Problem? stars und Promis. Heute ist vom gabe des Gebäudes ein „tragfähiges noch verschärfen. nahmen und jemanden, der sich um Verkauf „nur glückliche Gesichter“ alten Glanz nichts mehr zu spüren: Historische Trinkhalle Konzept zur reinen soziokulturellen seine Immobilie kümmert. Und nicht sieht. Denn: Der viel befürchte- Zahlreiche Leerstände Taubenkot, vernagelte Fenster, brö- Anders ist der Fall bei der leer ste- Inwiefern? Nutzung“ ausgearbeitet werde. zuletzt profitiert die Stadt von der te Leerstand nach dem Abzug der Nicht ganz. Zwar heißt es aus der ckelnder Putz. Seit 2008 befindet henden Trinkhalle an der Lessing- Immer mehr Läden ziehen aus den Belebung vormals leerer, toter Orte. Bundeswehr ist Geschichte. Ende Pressestelle der Stadt: Mainz sei sich der Bau im Besitz der Mainzer straße: Eigentümer des Gebäudes Lösungsansatz Städten oder gehen Pleite. Die Leu- Zwischennutzungen beleben Viertel, März wurde die Flagge eingeholt. von der Thematik „im Verhältnis Familie Soibelmann. Da die Sanie- ist das Finanzamt. Das Grundstück Eine Lösung, wie man Leerstände be- te kaufen eben verstärkt über das inspirieren andere Menschen, kultu- Das Musikkorps spielt „Time to Say zu anderen Großstädten, aufgrund rung immer teurer wurde, drehte gehört der Stadt Mainz. Anfang ver- kämpfen kann, sieht Nicola Diehl im Internet. Deshalb braucht es neue relle Projekte oder Gründungsideen Goodbye.“ Und gleich darauf geht der hohen Attraktivität, nur gering die Bank offenbar den Geldhahn zu. gangenen Jahres wurde ein Antrag Konzept der Zwischennutzung. Zu- Konzepte für innerstädtisches Leben. umzusetzen und schaffen Freiräume die Immobilie weiter an regionale betroffen“. Dennoch finden sich Daraufhin geschah lange Zeit nichts. auf die Übertragung der Trinkhal- sammen mit fünf Freunden gründete Die Innenstädte waren in den letzten für die Stadtgesellschaft. Und so für Investoren. Mehr als 10 Millionen auch hier zahlreiche Leerstände: Doch vor einigen Monaten erschien le an die Stadt gestellt. Der CDU- sie die Zwischennutzungs-Agentur Jahren immer ein Ort des Konsums. ein lebendiges Mainz. Euro wollen die schätzungsweise für Das Grandhotel Central Eden am das Gebäude auf der Internetseite Stadtbezirksvorsitzender Karsten „Schnittstelle5“ in Mainz. Ihre Visi- Und vielleicht ist es an der Zeit, dass die „behutsame Restaurierung“ und Hauptbahnhof bevölkern seit sechs „Immobilienscout“ zum Verkauf. Für Lange hofft, dass dieses Verfahren on ist es, dass Künstler und Kreative sie wieder ein Ort der Bürger werden. www.schnittstelle-mainz.de den Umbau in die Hand nehmen. Jahren hauptsächlich Tauben. Die 2,5 Millionen Euro. Ob die Familie „spätestens zum dritten Quartal be- leer stehende Räume für kurze Zeit Über die Zwischennutzung versucht Julius Braun Entstehen sollen Luxuswohnungen Trinkhalle an der Lessingstraße ist schon einen neuen Investor gefun- endet sein wird“. Er setzt sich für nutzen. Wie das genau funktioniert, ihr Leerstände zu bekämpfen und und edle Büros. In enger Absprache seit mehr als drei Jahren verlassen. den hat, ist unbekannt. „Wir brau- eine baldige Lösung ein und will für erklärt sie im Interview. Fotos Anna Thut
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