Multiresistente Erreger - Informationsbroschüre - Sachsen.de

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Multiresistente Erreger - Informationsbroschüre - Sachsen.de
Multiresistente Erreger
Informationsbroschüre
Multiresistente Erreger - Informationsbroschüre - Sachsen.de
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen ................................................................................................................................................................................................................... 4

Einleitung - Multiresistente Erreger ............................................................................................................................................................................ 5

I.        Empfehlungen zur Verhütung und Bekämpfung von MRSA im Freistaat Sachsen - Sächsisches Herdbekämpfungsprogramm MRSA -
          Stand: März 2008 ........................................................................................................................................................................................................................................ 6

II.       MRSA in der ambulanten Patientenversorgung.............................................................................................................................................................................. 11

III.      Verhalten beim Auftreten von MRSA und anderen multiresistenten Erregern in stationären Pflegeeinrichtungen ................................................ 15

IV.       Umgang mit Trägern multiresistenter Keime in der ambulanten Pflege ................................................................................................................................ 17

V.        caMRSA - der ambulant erworbene MRSA ...................................................................................................................................................................................... 18

VI.       Maßnahmen bei MRSA-positiven Patienten im Rettungsdienst/ Krankentransportwesen .............................................................................................. 20

VII.      Enterobakterien und Nonfermenter mit problematischen Resistenzen durch ESBL, AmpC-Beta-Laktamasen, Carbapenemasen ...................... 22

VIII.     E S B L - MERKBLATT für Alten- und Pflegeheime......................................................................................................................................................................... 27

IX.       Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) .................................................................................................................................................................................... 29

X.        Hygienemaßnahmen bei Vorkommen von Clostridium difficile - eine AWMF-Leitlinie .................................................................................................... 34

                                                                                                                                                                                                                                                               | 3
Abkürzungen
              AWMF     Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
              CC17     clonal complex 17, klonaler Komplex 17 bei VRE
              CDAC     Clostridium difficile-assoziierte Diarrhoe
              CDC      Centers for Disease Control and Prevention (USA)
              caMRSA   community-acquired MRSA, ambulant erworbener MRSA
              DGKH     Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V.
              DGHM     Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V.
              EARSS    European Antimicrobial Resistance Surveillance System
              ECDC     European Centre for Disease Prevention and Control
              ESBL     Extended-Spectrum Beta-Laktamase
              EUCAST   European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing
              GRE      Glykopeptid-resistente Enterokokken
              haMRSA   hospital-acquired MRSA, im Krankenhaus erworbener MRSA
              haVRE    hospital-adapted VRE, „epidemische“ VRE
              KTW      Krankentransportwagen
              LUA      Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen
              MHK      minimale Hemmkonzentration
              MLST     Multilokus-Sequenz-Typisierung
              MRE      multiresistente Erreger
              MRSA     Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
              MSSA     Methicillin-sensibler Staphylococcus aureus
              NRZ      Nationales Referenzzentrum
              ORSA     Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus
              PBP2a    verändertes Penicillin-Bindeprotein (PBP) bei MRSA
              PCR      Polymerase chain reaction, Polymerase-Kettenreaktion
              PEG      Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V.
              PEG      perkutane endoskopische Gastrostomie
              PFGE     Pulsfeld-Gel-Elektrophorese
              PVL      Panton-Valentine-Leukozidin
              RKI      Robert Koch-Institut
              rtPCR    real time PCR
              RTW      Rettungswagen
              SCC      staphylococcal cassette chromosome, Staphylokokken-Genkassette
              TSST-1   Toxischer-Schock-Syndrom-Toxin-1
              VAH      Verbund für Angewandte Hygiene e.V.
              VRE      Vancomycin-resistente Enterokokken
              VRSA     Vancomycin-resistenter Staphylococcus aureus
              VSE      Vancomycin-sensible Enterokokken
              ZVK      Zentraler Venenkatheter

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Einleitung - Multiresistente Erreger
                In dieser Broschüre wurden die bisher durch die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesund-
                heits- und Veterinärwesen (LUA) Sachsen erschienenen Veröffentlichungen zum Thema multi-
                resistente Erreger (MRE) zusammengestellt. Sie soll kontinuierlich aktualisiert und erweitert
                werden. Ausführliche Artikel sind durch Überschriften gegliedert und am Ende noch einmal
                kurz zusammengefasst, um ein rasches Nachlesen z. B. der empfohlenen Hygienemaßnahmen
                und der wichtigsten Informationen zu ermöglichen.
                Die Broschüre ergänzt die bekannten Veröffentlichungen zu diesem Thema, die z. B. vom Ro-
                bert Koch-Institut oder der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. herausgege-
                ben wurden (www.rki.de, www.dgkh.de).

                Nosokomiale Infektionen mit multiresistenten Erregern sind ein wachsendes Problem in medi-
                zinischen Einrichtungen. Unterschiede in der regionalen Verbreitung oder auch zwischen
                verschiedenen Stationen innerhalb eines Krankenhauses spiegeln meist den durch das jeweils
                vorherrschende Antibiotikaregime ausgeübten Selektionsdruck wider, aber auch die Konse-
                quenz, mit der Hygienemaßnahmen durchgeführt werden.

                Die wichtigsten Erreger in diesem Zusammenhang sind der Methicillin-resistente
                Staphylococcus aureus (MRSA), Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) sowie Bakterien,
                die in der Lage sind Extended-Spectrum Beta-Laktamasen zu bilden (ESBL). Auch Infektionen
                mit multiresistenten Pseudomonas- und Acinetobacter-Stämmen nehmen zu. Eine Infektion
                mit diesen Erregern wird häufig initial mit einem unwirksamen Antibiotikum behandelt, was
                für die Patienten ein erhöhtes Risiko bedeutet, Komplikationen zu erleiden oder an der Infekti-
                on zu versterben. Die Behandlung ist i.d.R. langwieriger und teurer, die therapeutischen Mög-
                lichkeiten sind stark eingeschränkt und oft muss auf kostenintensive Reserveantibiotika mit
                ungünstigem Nebenwirkungsprofil zurückgegriffen werden.

                Gründe für den Anstieg der Infektionen durch MRE sind vor allem
                y eine Verschiebung innerhalb der Patientenpopulation hin zu älteren, multimorbiden und
                   abwehrgeschwächten Patienten
                y der Selektionsdruck durch breite Anwendung von Antibiotika, der durch die Zunahme von
                   MRE und der damit verbundenen Anwendung von Reserveantibiotika noch erhöht wird.

                Im europaweiten Vergleich liegen die Inzidenzen von MRE in Deutschland im mittleren Be-
                reich. Beispielsweise macht der Anteil von MRSA an allen Staphylococcus aureus-Isolaten, die
                am Nationalen Referenzzentrum für Staphylokokken untersucht wurden, in Deutschland etwa
                21% aus. In Ländern mit hohem Antibiotikaverbrauch wie Portugal, Italien und Frankreich
                beträgt er über 30% und in den Niederlanden, Norwegen und Finnland, wo strenge Regeln für
                Screening- und Hygienemaßnahmen beachtet werden, unter 3%.
                VRE rufen in Deutschland ca. 11% aller Infektionen, die durch Enterococcus faecium bedingt
                sind, hervor. In Italien liegt der entsprechende Prozentsatz bei etwa 25% und in Portugal sogar
                bei 50%, in den Niederlanden und Norwegen hingegen unter 5%.

                Das ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) sieht in der Verbreitung von
                MRE eine der größten Bedrohungen der Gesundheit in unserer Zeit.

                                                                                                           | 5
I.     Empfehlungen zur Verhütung und Bekämpfung von MRSA im
       Freistaat Sachsen - Sächsisches Herdbekämpfungsprogramm
       MRSA - Stand: März 2008

1.    Epidemiologie

                         Staphylococcus aureus ist ein unbewegliches, grampositives, koagulasepositives,
1.1   Erreger
                         kokkenförmiges Bakterium aus der Familie der Staphylococcaceae. Staphylokokken liegen in
                         Haufen oder Trauben angeordnet vor.
                         Innerhalb der Gattung Staphylococcus sind über 30 Spezies und Subspezies bekannt. Die für
                         die Humanmedizin wichtigste Spezies ist S. aureus. Sie kommt sowohl als harmloser
                         Besiedler als auch als Krankheitserreger (invasive Infektionen, Toxikosen, Mischformen) vor.
                         MRSA steht für Methicillin-resistenter S. aureus (synonym wird der Begriff ORSA für
                         Oxacillin-resistenter S. aureus verwendet). Man unterscheidet die haMRSA-Stämme (hospi-
                         tal-acquired MRSA), die sich seit den 70er- Jahren im Krankenhausbereich als Problemkeim
                         bei Risikopatienten ausbreiten, von caMRSA-Stämmen (community-acquiredMRSA), die
                         meist im ambulanten Bereich erworben werden und auch bei Menschen ohne Risikofaktoren
                         zu bedrohlichen Erkrankungen führen können.

                         Resistenz
                         MRSA sind resistent gegen alle Beta-Laktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine,
                         Carbapeneme). Sie verfügen über das mecA-Gen, das für ein verändertes Penicillin-
                         Bindeprotein PBP2a mit einer stark verminderten Affinität zu Beta-Laktam-Antibiotika
                         kodiert. Dieses mecA-Gen liegt auf einer Staphylokokken-Genkassette (SCCmec), auf der
                         weitere Resistenzgene codiert sein können. haMRSA tragen i.d.R. die größere SCCmec I, II
                         oder III mit zusätzlichen Resistenzgenen gegen z. B. Chinolone, Makrolide, Lincosamide,
                         Aminoglykoside und Tetracycline. Deshalb handelt es sich bei haMRSA oft um multi-
                         resistente Stämme.
                         caMRSA tragen meist die kleinere SCCmec IV. Sie verfügen neben der Methicillin-Resistenz
                         i.d.R. nur über eine weitere Resistenz, in Mitteleuropa am häufigsten gegen Fusidinsäure.

                         Virulenz
                         S. aureus besitzt eine Vielzahl von Toxinen und Enzymen, die für die Pathogenese/ Virulenz
                         verantwortlich sind: Hyaluronidase, Lipase, DNAse ermöglichen die lokale Ausbreitung im
                         Gewebe. Plasmakoagulase schützt die Erreger durch Bildung eines Fibrinwalls vor Phagozy-
                         tose. Protein A bindet Antikörper am Fc-Teil. Hämolysine und Leukozidine schädigen be-
                         stimmte Wirtszellmembranen durch Porenbildung. Darüber hinaus können manche Stämme
                         Exfoliatine (Epidermolyse), das Toxischer-Schock-Syndrom-Toxin-1 (TSST-1) oder
                         Enterotoxine (Lebensmittelintoxikation) bilden.
                         Charakteristisch für caMRSA-Stämme ist die Bildung von Panton-Valentine-Leukozidin
                         (PVL), einem porenbildenden Zellgift, das vermutlich maßgeblich zu ihrer Virulenz beiträgt.

                         Infektionen: 4-10 Tage. Eine endogene Infektion kann jedoch auch Monate nach der initialen
1.2   Inkubationszeit
                         Besiedlung auftreten.
                         Intoxikationen: 2-6 Stunden

                         Menschen, die Keimträger sind (erkrankt oder klinisch gesund), selten Haustiere (Pferde,
1.3   Infektionsquelle
                         Hunde, Katzen, Schweine)

                         Schmierinfektion. Endogene (von der patienteneigenen Flora ausgehende) und exogene
1.4   Übertragung
                         (Hände des medizinischen Personals, Kontaktpersonen) Infektionen sind möglich.

                         Nach vorangegangener Besiedlung oder Infektion mit MRSA entsteht keine Immunität.
1.5   Immunität

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haMRSA:
1.6     Vorkommen
                                     Weltweit in medizinischen Einrichtungen, v.a. bei Patienten mit Risikofaktoren.
                                     Hochprävalenzländer sind z. B. USA und Japan mit einem MRSA-Anteil an allen S.-aureus-
                                     Isolaten aus Krankenhäusern von >50% sowie Portugal, Italien, Frankreich, England mit
                                     >30%. Niedrigprävalenzländer sind z. B. die Niederlande, Norwegen und Finnland mit 20%.
                                     caMRSA:
                                     Weltweit, auch bei jungen, gesunden Menschen. Im Jahr 2006 waren in Deutschland 2,7%
                                     der am Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Staphylokokken typisierten MRSA-Isolate
                                     caMRSA (2005: 1,5%), in den USA deutlich höhere Prozentzahlen.

2.      Klinik                       haMRSA:
                                     Alle Arten von Infektionen, v.a. Haut- und Wundinfektionen, Endokarditis, Pneumonie, Sepsis
                                     caMRSA:
                                     Vor allem multiple, rezidivierende und oft familiär gehäuft auftretende Abszesse, tiefgehende
                                     Haut- und Weichteilinfektionen, nekrotisierende Fasziitis, nekrotisierende Pneumonie

3.      Labordiagnostikk

                                     haMRSA:
3.1     Indiktionen zur Diagnostik
                                     y Bei Vorliegen von Infektionen
                                     y Screening im Krankenhaus:
                                       y Bei Wiederaufnahme mit bekannter MRSA-Anamnese
                                       y Bei Aufnahme oder Verlegung aus Einrichtungen oder Ländern mit hoher MRSA-
                                          Prävalenz
                                       y Bei Nachweis genotypisch gleicher MRSA-Stämme bei >2 Patienten in räumlichem
                                          oder zeitlichem Zusammenhang: alle Patienten der Behandlungseinheit und medizini-
                                          sches Personal
                                       y Das Krankenhaus kann weitere Screening-Indikationen festlegen (z. B. Patienten mit
                                          offenen/ chronischen Wunden oder Katheter-, Sonden- oder Tracheostomata-Träger)
                                     caMRSA:
                                       y Multiple, rezidivierende oder familiär gehäuft auftretende Abszesse
                                       y Tiefgehende Haut- und Weichteilinfektionen
                                       y Nekrotisierende Fasziitis oder nekrotisierende Pneumonie
                                       y Kontaktpersonen von caMRSA-Patienten

                                     Nachweis des Erregers (Anzucht/ Direktnachweis mittels Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR))
3.2     Diagnostische Verfahren
                                     und Nachweis der Oxacillin-Resistenz,
                                     bei caMRSA zusätzlich Nachweis des lukF-lukS-Gens (PVL) mittels PCR

3.2.1   Erregeranzucht/              y Anzucht auf bluthaltigen Nährmedien - Screening auf Nähragar mit Antibiotika-Zusatz
        S.-aureus-Identifizierung    y Abgrenzung von koagulase-negativen Staphylokokken (z. B. mittels Test auf Koagulase)
                                     y evtl. biochemische Bestätigung

3.2.2   Resistenzbestimmung          y Phänotypischer Nachweis der Oxacillin-Resistenz mittels Mikrobouillon-Verdünnungstest/
                                       Grenzkonzentrationstest. Keine alleinige Resistenztestung mit Agardiffusionstest, da häu-
                                       fig in vitro Heteroresistenzphänotyp vorliegt
                                     y Nachweis des PBP2a mit monoklonalen Antikörpern (Latexagglutination) möglich
                                     y Nachweis des mecA-Gens mittels (real-time-)PCR möglich
                                     y Empfindlichkeitsprüfung gegenüber weiteren Antibiotika
                                     y Bei V.a. caMRSA Überprüfung der Fusidinsäure-Empfindlichkeit

3.2.3   PCR                          y Direktnachweis von MRSA aus Originalmaterial (z. B. Nasenabstrich)
                                     y Nachweis des mecA-Gens mittels (real-time-)PCR aus Kulturmaterial
                                     y bei caMRSA zusätzlich Nachweis des lukF-lukS-Gens (PVL) aus Kulturmaterial

                                                                                                                                | 7
3.2.4   Typisierung                 Sicherung des epidemiologischen Zusammenhangs mehrerer Isolate z. B. mittels Pulsfeld-
                                    Gel-Elektrophorese (PFGE), Multilokus-Sequenz-Typisierung (MLST) bzw. Sequenzierung.
                                    Durchführung im Nationalen Referenzzentrum für Staphylokokken (siehe unter www.rki.de)

4.      Therapie                    haMRSA:
                                    Kombination aus Glykopeptid und Rifampicin oder – in Abhängigkeit vom Resistenzmuster –
                                    Fosfomycin, Clindamycin, Aminoglykoside, Chinolone oder Cotrimoxazol
                                    Reserveantibiotika sind Linezolid und Quinupristin/ Dalfopristin.
                                    caMRSA:
                                    Kombination aus Cotrimoxazol und Rifampicin oder Clindamycin und Rifampicin
                                    Reserveantibiotikum ist Linezolid.
                                    Auch kleinere Solitärfurunkel sollen bei caMRSA systemisch antibiotisch behandelt werden.

5.      Sanierung

                                    haMRSA:
5.1     Indikation
                                    Im Krankenhaus soll eine Sanierung von MRSA-Trägern durchgeführt werden. In Alten- und
                                    Pflegeheimen und im ambulanten Bereich wird eine Sanierung in Abhängigkeit vom Risiko-
                                    potential empfohlen.
                                    caMRSA:
                                    Eine Kolonisation soll sowohl in medizinischen Einrichtungen als auch im ambulanten Be-
                                    reich immer saniert werden.

                                    Zur Dekolonisierung von haMRSA und caMRSA:
5.2     Maßnahmen
                                    Dauer der Sanierungsmaßnahmen: 5 Tage
                                    y Nasenvorhöfe: 3 x tgl. Mupirocin-Nasensalbe
                                    y Rachenraum: 3 x tgl. Gurgeln mit 0,1%iger Chlorhexidinlösung oder
                                      Octenidinlösung
                                    y Wunden:          3 x tgl. Octenidin, bei kleineren Läsionen (
Bei Besiedelung oder Infektion mit haMRSA bzw. caMRSA
6.2   Hygienemaßnahmen

                                        in stationären medizinischen Gesundheitseinrichtungen:

                                        y Isolierung oder Kohortenisolierung von Patienten
                                        y Strikte Händehygiene des medizinischen Personals
                                        y Anlegen eines patientenbezogenen Schutzkittels bei Betreten des Zimmers
                                        y Tragen von Einmalhandschuhen und Mund-Nasen-Schutz bei der Pflege am Patienten
                                        y Mindestens tägliche Wischdesinfektion aller patientennahen und potentiell kontaminier-
                                          ten Flächen
                                        y Verwendung patientenbezogener Stethoskope, Thermometer u.ä.
                                        y Information von Patienten und Angehörigen

                                        in Alten- und Pflegeheimen:
                                        y Strikte Händehygiene des medizinischen Personals
                                        y Tragen eines bewohnerbezogenen Schutzkittels, von Einmalhandschuhen und ggf. Mund-
                                          Nasen-Schutz bei der Pflege am Bewohner
                                        y Mindestens tägliche Wischdesinfektion aller bewohnernahen und potentiell kontaminier-
                                          ten Flächen
                                        y Verwendung bewohnerbezogener Stethoskope, Thermometer u.ä.
                                        y Evtl. Isolierung oder Kohortenisolierung besiedelter und infizierter Bewohner
                                        y Bei Einhaltung aller Standardhygienemaßnahmen i.d.R. jedoch keine Einschränkung
                                          sozialer Kontakte notwendig. Vorsicht ist allerdings im Kontakt mit Menschen geboten,
                                          die durch offene Wunden oder chronische Hauterkrankungen besonders infektionsgefähr-
                                          det sind.
                                        y Körperpflegegegenstände (Handtücher, Seife, Rasierer etc.) nicht gemeinsam benutzen
                                        y Wäsche bei mindestens 60°C waschen
                                        y Verbandswechsel mit no-touch-Technik
                                        y Information von Bewohnern und Angehörigen

                                        im ambulanten Bereich:
                                        y Händehygiene
                                        y Körperpflegegegenstände (Handtücher, Seife, Rasierer etc.) nicht gemeinsam benutzen
                                        y Wäsche bei mindestens 60°C waschen
                                        y Verbandswechsel mit no-touch-Technik
                                        y Bei Einhaltung aller Standardhygienemaßnahmen i.d.R. keine Einschränkung sozialer
                                          Kontakte notwendig. Vorsicht ist allerdings im Kontakt mit Menschen geboten, die durch
                                          offene Wunden oder chronische Hauterkrankungen besonders infektionsgefährdet sind.
                                        y Die Einbestellung MRSA-positiver Patienten in die Arztpraxis sollte im Sinne einer funkti-
                                          onellen Trennung am Ende der Sprechzeiten erfolgen, anschließend ist eine gründliche
                                          Flächendesinfektion durchzuführen.

                                        Alle mit- bzw. nachbehandelnden medizinischen Einrichtungen sowie der Krankentransport
                                        müssen über das MRSA-Trägertum eines Patienten vorab informiert werden.

                                        haMRSA:
6.3   Maßnahmen bei Kontaktpersonen
                                        Bei Häufung im Krankenhaus Screening auf haMRSA bei Patienten und Personal der betrof-
                                        fenen Station. Bei Trägertum Sanierungsversuch.
                                        caMRSA:
                                        Bei allen nahen Kontaktpersonen sollten Abstriche aus den Nasenvorhöfen entnommen
                                        werden. Träger sollen saniert werden.

                                        MRSA-Träger unter dem medizinischen Personal sollten bis zur nachgewiesenen Sanierung
6.4   Tätigkeitsverbot/-einschränkung
                                        (drei negative Abstriche an aufeinanderfolgenden Tagen drei Tage nach Abschluss der Sanie-
                                        rung) keine Patienten behandeln und pflegen.

                                                                                                                                  | 9
Literatur

1. Kommission für Krankenhaushygiene         2. Robert Koch-Institut. Staphylokokken-       Aufmerksamkeit. Epid Bull 2005; 30:
   und Infektionsprävention. Empfehlungen       Erkrankungen, insbesondere Infektionen      466-467
   zur Prävention und Kontrolle von             durch MRSA; RKI-Ratgeber Infektions-     4. Robert Koch-Institut. Fachtagung der AG
   Methicillinresistenten   Staphylococcus      krankheiten – Merkblätter für Ärzte         Nosokomiale Infektionen am RKI zur In-
   aureus-Stämmen (MRSA) in Kranken-            2007                                        tensivierung der Umsetzung von Präven-
   häusern und anderen medizinischen Ein-    3. Robert Koch-Institut. cMRSA: Heterore-      tionsstrategien bei MRSA. Epid Bull
   richtungen. Bundesgesundheitsbl 1999;        sistenzphänotyp erfordert besondere         2007; 5: 31-38
   12: 954-958

10 |
II.      MRSA in der ambulanten Patientenversorgung
                                               die ersten MRSA-Stämme mit zusätzlichen          Patienten mit einer MSSA-Septikämie vergli-
Der Methicillin-resistente Staphylococcus      Resistenzen        gegenüber        weiteren     chen. MRSA-Patienten wurden demnach
aureus (MRSA) ist als Erreger nosokomialer     Antibiotikaklassen. MRSA sind resistent          durchschnittlich 6,4 Tage länger stationär
Infektionen gefürchtet. Krankenhäuser sind     gegen alle Beta-Laktam-Antibiotika (Penicil-     behandelt und verursachten ca. doppelt so
auf sein Auftreten vorbereitet und haben in    line, Cephalosporine und Carbapeneme). Sie       hohe Therapiekosten (22.735 versus 11.205
der Regel hygienische Maßnahmen festge-        bilden     ein     verändertes     Penicillin-   US-$). Die etwa dreifach erhöhte Letalität
legt, um eine Weiterverbreitung zu verhin-     Bindeprotein PBP2a mit einer stark vermin-       bei MRSA-Septikämien war allerdings bei
dern. Doch wie begegnet der behandelnde        derten Affinität zu Beta-Laktam-Antibiotika.     multivariater Analyse der Daten nicht mehr
Arzt Besiedelungen oder Infektionen mit        Das mecA-Gen, das für die Beta-Laktam-           statistisch signifikant, d.h. die Risikofaktoren
MRSA im Alten- und Pflegeheim oder im          Resistenz kodiert, wird oft gemeinsam mit        für eine Infektion mit MRSA waren auch
ambulanten Bereich? Was ist ein hospital-      anderen Resistenzgenen erworben, die zu-         entscheidend für die ungünstigere Prognose
acquired und was ein community-acquired        sammen       auf    einer   Staphylokokken-      der Patienten mit einer Septikämie durch
MRSA, wodurch unterscheiden sie sich und       Genkassette (SCCmec) liegen. Deshalb han-        MRSA.
was bedeutet das für die Therapie?             delt es sich bei MRSA häufig um multiresis-
                                               tente Stämme. Weitere Resistenzen sind am        Risikofaktoren für eine Besiedelung oder
2.1.   Vorkommen      von   Staphylococcus     häufigsten gegen Chinolone, Makrolide,           Infektion mit MRSA sind:
       aureus                                  Lincosamide,        Aminoglykoside        und
                                                                                                y Längerer Aufenthalt im Krankenhaus,
                                               Tetracycline gerichtet.
                                                                                                   insbesondere auf Intensivstation
Staphylokokken sind weit verbreitete, gram-    In den USA, wo die Prävalenz von MRSA
                                                                                                y Vorangegangener chirurgischer Eingriff
positive Bakterien, die beim Menschen so-      unter S.-aureus-Isolaten inzwischen bei 35
                                                                                                y Vorliegen einer oder mehrerer Grunder-
wohl als Kommensalen als auch als Krank-       bis 70% liegt, treten bereits Vancomycin-
                                                                                                   krankungen
heitserreger vorkommen. Die bedeutendste       resistente MRSA (VRSA) auf. Die verbleiben-
                                                                                                y Vorangegangene Behandlung mit Antibi-
Spezies in der Humanmedizin ist S. aureus.     den therapeutischen Möglichkeiten sind hier
                                                                                                   otika
Seinen Namen „der Goldene“ verdankt er der     drastisch eingeschränkt.
                                                                                                y Wundflächen (v.a. Verbrennungen) und
gelblichen Pigmentierung seiner Kolonien
                                                                                                   chronische Hautläsionen (z. B. Ulcus
auf Blutagar.                                  In der Vergangenheit dauerte es (Ausnahme:
                                                                                                   cruris, Dekubitus)
Bei 30 bis 40% aller Menschen besiedelt S.     Vancomycin) von der Einführung neuer
                                                                                                y Vorhandensein von intravasalen Kathe-
aureus dauerhaft oder vorübergehend Haut       Substanzklassen bis zum Auftreten resisten-
                                                                                                   tern (z. B. ZVK, Dialyse-Shunt) und
oder Schleimhäute, vornehmlich den Nasen-      ter S.-aureus-Stämme durchschnittlich nur
                                                                                                   Wunddrainagen
Rachenraum, ohne dass dies Krankheitswert      etwa 4 Jahre - ein ständiger Wettlauf zwi-
                                                                                                Die volkswirtschaftlichen Kosten von Erkran-
erlangt. Ca. 70% des medizinischen Perso-      schen der Entwicklung neuer Chemothera-
                                                                                                kungen und Kolonisierungen durch MRSA in
nals und beinahe 100% der Menschen mit         peutika auf der einen und neuer Mutanten
                                                                                                Deutschland werden auf ca. 430 Millionen €
ekzematöser Haut sind kolonisiert.             auf der anderen Seite.
                                                                                                jährlich geschätzt.
Bei invasiven Infektionen durch S. aureus
handelt es sich überwiegend um endogene,       2.3.    haMRSA
                                                                                                2.4.     caMRSA
also von der patienteneigenen Flora ausge-
hende Infektionen. In Krankenhäusern und       Die MRSA-Stämme, die sich seit den 70er-
                                                                                                Seit den 90er-Jahren wurden vor allem in
Pflegeeinrichtungen werden jedoch 10 bis       Jahren weltweit zum Problemkeim in Kran-
                                                                                                Nordamerika und Australien vermehrt ambu-
20% der S.-aureus-Infektionen durch die        kenhäusern entwickelt haben, nennt man
                                                                                                lant erworbene Infektionen durch MRSA
Hände des medizinischen Personals übertra-     haMRSA (hospital-acquired MRSA). In
                                                                                                beobachtet. Die ersten Fälle wurden bei
gen.                                           Deutschland liegt ihr Anteil an allen S.-
                                                                                                nationalen Minderheiten beschrieben, doch
                                               aureus-Isolaten heute bei etwa 21% (1). Sie
                                                                                                bald traten Infektionen in allen Bevölke-
2.2.   Resistenzentwicklung bei S. aureus      zeigen die Tendenz zur epidemischen Aus-
                                                                                                rungsschichten auf, auch bei jungen und
                                               breitung im Krankenhaus und können
                                                                                                gesunden Menschen ohne erkennbare Risi-
Bei S. aureus wurden schon bald nach Ein-      schwere Infektionen wie Wundinfektionen,
                                                                                                kofaktoren. Als in den USA vier Kinder an
führung der Antibiotikatherapie in den 40er-   Beatmungspneumonien und Sepsisfälle
                                                                                                einer nekrotisierenden Pneumonie durch
Jahren zahlreiche Resistenzphänotypen          verursachen. Dabei sind sie nicht virulenter
                                                                                                ambulant erworbene MRSA starben, erlangte
beobachtet. Die ersten Penicillinase (Beta-    als Methicillin-sensible S. aureus (MSSA),
                                                                                                der Erreger als Verursacher einer sogenann-
Laktamase)-bildenden Stämme wurden nur         aber wesentlich schwieriger zu behandeln.
                                                                                                ten „new emerging disease“ vermehrte
drei Jahre nach Einführung des Penicillins     Sie tragen meist die Resistenz-codierenden
                                                                                                Aufmerksamkeit, und der Begriff communi-
beschrieben. In Deutschland bilden inzwi-      SCCmec I, II oder III-Genkassetten.
                                                                                                ty-acquired MRSA (caMRSA) wurde einge-
schen 70 bis 80% der S.-aureus-Stämme          In einer Studie aus den USA (2) wurden die
                                                                                                führt.
Penicillinase.                                 Dauer des stationären Aufenthaltes, die
1961 wurde der erste Methicillin-resistente    Therapiekosten und der Krankheitsverlauf bei
S. aureus beschrieben, in den 70er-Jahren      Patienten mit einer MRSA-Septikämie versus

                                                                                                                                          | 11
2001 wurde in Europa der erste caMRSA-Fall     noch weitere Pathogenitätsfaktoren eine         Einhaltung der basishygienischen Maßnah-
beschrieben, retrospektive Studien zeigen      Rolle spielen (11, 12).                         men - hier selbst bei Unterbringung im
allerdings, dass es auch schon in den 90er-    Das Resistenzspektrum von caMRSA ist in         Zweibettzimmer nur selten vorkommt. Unter
Jahren unerkannte Infektionen mit caMRSA       der Regel schmaler als das von haMRSA.          konsequenter Einhaltung aller Standard-
gab. In Deutschland stieg der Anteil von       Neben der mecA-Gen-vermittelten Beta-           hygienemaßnahmen ist eine Teilnahme am
caMRSA an allen MRSA-Isolaten, die am          Laktam-Resistenz verfügen caMRSA meist          Gemeinschaftsleben und an Therapieangebo-
Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für           lediglich über eine weitere Resistenz. Der in   ten möglich. haMRSA-Träger sollten jedoch
Staphylokokken untersucht wurden, von          Mitteleuropa am häufigsten vorkommende          nicht mit Bewohnern das Zimmer teilen, die
1,1% im Jahr 2004 auf 2,7% im Jahr 2006        Stamm weist eine Fusidinsäure-Resistenz         durch offene Wunden sowie Katheter-,
(1). Studien aus Regensburg legen nahe, dass   auf. Da Fusidinsäure vor allem in der Derma-    Sonden- oder Tracheostomata besonders
es sich hierbei um eine Untererfassung         tologie als Lokal-Antibiotikum Anwendung        infektionsgefährdet sind.
handelt, da bei ambulanten Infektionen oft     findet, muss hier die Möglichkeit einer Se-
keine Erregerbestimmung durchgeführt wird.     lektion resistenter caMRSA-Stämme beson-        Bei einer Besiedelung mit caMRSA sollte
In den USA haben sich caMRSA-Stämme            ders beachtet werden (13).                      sowohl in medizinischen Einrichtungen als
schnell ausgebreitet und verursachen heute                                                     auch ambulant immer eine Sanierung ange-
schon 15 bis 75% der ambulant erworbenen       Klinik und Diagnostik                           strebt werden.
Haut- und Weichteilinfektionen (3, 4).
Zur Übertragung kommt es zwischen Men-         Infektionen durch caMRSA manifestieren          Zur Sanierung eines haMRSA- oder
schen, die engen körperlichen Kontakt haben    sich meist als multiple und rezidivierende,     caMRSA-Trägertums sollten über 5 Tage
oder Hygieneartikel gemeinsam benutzen,        oft familiär gehäuft auftretende Abszesse       folgende Maßnahmen erfolgen:
also beispielsweise zwischen Familienmit-      und tiefgehende Haut- und Weichteilinfekti-
gliedern, Geschlechtspartnern, Sportlern,      onen. Hier sollte auch im ambulanten Be-        y Dekolonisation der Nasenvorhöfe:
Gefängnisinsassen, medizinischem Personal      reich immer eine gezielte Diagnostik auf          3 x tgl. Mupirocin-Nasensalbe oder
und Patienten (5, 6).                          caMRSA erfolgen. Seltene, aber lebensbe-          Octenidin-Lösung
                                               drohliche Erkrankungen, bei denen immer an      y Dekolonisation des Rachenraumes:
caMRSA wurden mehrmals als Erreger einer       caMRSA gedacht werden sollte, sind die            3 x tgl. Gurgeln mit 0,1%iger
nekrotisierenden Pneumonie mit einer hohen     nekrotisierende     Fasziitis   und     die       Chlorhexidin- oder Octenidin-Lösung
Letalität bei jungen Menschen beschrieben,     nekrotisierende Pneumonie (7, 14).              y Dekolonisation von Wunden:
oft im Zusammenhang mit einem grippalen                                                          3 x tgl. Octenidin-Lösung, bei kleineren
Infekt (7).                                    An erster Stelle der Diagnostik bei S.-           Läsionen      (>3    cm2)    ist    auch
                                               aureus-Nachweis steht die Analyse des             Mupirocinsalbe möglich
Panton-Valentine-Leukozidin und Resis-         Resistenzmusters. Die gleichzeitig vorliegen-   y Dekolonisation anderer Körperstellen:
tenzen                                         de Methicillin- und Fusidinsäure-Resistenz        1 x tgl. Ganzkörperwaschung einschließ-
                                               ist immer caMRSA-verdächtig (13). Die             lich der Haare mit einer antiseptischen
caMRSA verursachen zwar überwiegend            weiterführende Diagnostik umfasst den             Waschlotion
Infektionen im ambulanten Bereich, können      Nachweis des mecA-Gens (Methicillin-            y Flächendesinfektion der Dusche/Wanne
aber auch in Krankenhäuser sowie Alten-        Resistenz) und des lukF-lukS-Gens (PVL) mit       nach jeder Benutzung
und Pflegeheime eingeschleppt werden (8).      der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR).           y Zur Verhinderung der Rekolonisierung
Der Ort des Auftretens alleine ist also kein   Sinnvoll ist auch eine molekularbiologische       während der Sanierung: täglicher Wech-
ausreichendes     Unterscheidungskriterium     Typisierung, durch die Erregerisolate den         sel von Bettwäsche, Kleidung und Kör-
gegenüber haMRSA.                              verschiedenen MRSA-Stämmen zugeordnet             perpflegeutensilien (Waschlappen, Hand-
                                               und epidemiologische Zusammenhänge                tücher). Persönliche Gegenstände (z. B.
Charakteristisch für caMRSA-Stämme ist         (Infektionsketten) aufgeklärt werden können       Rasierer) sind nach Anwendung zu desin-
das Vorhandensein der im Vergleich zu          (15).                                             fizieren bzw. auszutauschen. Verzicht auf
haMRSA kleineren SCCmec IV-Einheit in den                                                        Deo-Roller.
meisten Fällen sowie die Fähigkeit, den        2.5.    Vorgehen bei Besiedelung mit MRSA
Pathogenitätsfaktor       Panton-Valentine-                                                    Der Erfolg der Sanierung muss durch Kont-
Leukozidin (PVL) zu produzieren. PVL ist ein   Sanierungsmaßnahmen                             rollabstriche bestätigt werden. Zur Aufhe-
porenbildendes Zellgift, das hochspezifisch                                                    bung der Isolierung im Krankenhaus sind
an polymorphkernige Leukozyten und Mak-        Im Krankenhaus wird im Allgemeinen eine         negative Abstriche an drei aufeinander
rophagen bindet und sie lysiert. Das lukF-     Sanierung von haMRSA-Trägern angestrebt.        folgenden Tagen nötig, die frühestens drei
lukS-Gen, das für PVL kodiert, ist auf einem   Dies gelingt jedoch v.a. bei Patienten mit      Tage nach Abschluss der Sanierungsmaß-
Plasmid lokalisiert, das durch Bakteriopha-    chronisch offenen Wunden nicht immer            nahmen bzw. nach Beendigung einer anti-
gen zwischen verschiedenen S.-aureus-          nachhaltig. In Alten- und Pflegeheimen          biotischen Therapie entnommen werden
Stämmen übertragen werden kann. S.-            sowie im ambulanten Bereich wird eine           sollen. Weitere Kontrollabstriche sollten in
aureus-Stämme mit PVL sind virulenter als      Sanierung nicht grundsätzlich, sondern in       Abhängigkeit einer möglichen Gefährdung
solche ohne PVL (9, 10). Neuere Studien        Abhängigkeit von der epidemiologischen          durchgeführt werden. Auch im ambulanten
lassen allerdings vermuten, dass bei der       Situation und vom individuellen Risiko emp-     Bereich und im Alten- und Pflegeheim sollte
Entstehung großflächiger Gewebsnekrosen        fohlen, da eine Weiterverbreitung - bei         der Sanierungserfolg durch drei negative

12 |
Abstriche bestätigt werden. Im Fall eines       Ansonsten ist eine Einschränkung der sozia-      infektionsgefährdeten Personen besteht.
Misserfolgs können die Maßnahmen wieder-        len Kontakte i.d.R. nicht angezeigt.             Deshalb muss in Alten- und Pflegeheimen
holt werden (16, 17).                                                                            über eine Sanierung situationsabhängig
                                                Eine Häufung von zwei oder mehr zusam-           entschieden werden.
Hygieneempfehlungen                             menhängenden       Fällen   von    MRSA-
                                                Infektionen im Alten- und Pflegeheim oder        Auch caMRSA werden durch Schmierinfekti-
Infektionen mit MRSA sind i.d.R. Schmierin-     in ambulanten Praxen ist an das zuständige       on übertragen. Da sie über weniger Resisten-
fektionen. Dementsprechend ist die hygieni-     Gesundheitsamt meldepflichtig (IfSG § 6,         zen als haMRSA verfügen und gewöhnlich
sche Händedesinfektion mit einem VAH-           Abs. 3).                                         die kleineren SCCmec IV-Elemente tragen,
gelisteten alkoholischen Desinfektionsmittel                                                     haben sie ähnliche Wachstumseigenschaften
die wichtigste Hygienemaßnahme.                 Therapie                                         wie MSSA und werden deshalb von diesen
                                                                                                 nicht verdrängt. Sie sind virulenter und
Empfohlene Hygienemaßnahmen:                    Systemische Infektionen durch haMRSA             verursachen auch bei Gesunden im ambu-
y Strikte Händehygiene des medizinischen        können mit einer Kombination aus einem           lanten Bereich hartnäckige Infektionen,
  Personals                                     Glykopeptid und Rifampicin therapiert wer-       typischerweise der Haut und Weichteile.
y Tragen       eines     bewohnerbezogenen      den. Weitere mögliche Kombinationspartner        Eine Besiedelung mit caMRSA soll daher
  Schutzkittels, von Einmalhandschuhen          könnten – abhängig vom Resistenzmuster           immer saniert werden.
  und ggf. Mund-Nasen-Schutz bei der            des     MRSA-Stammes         –    Fosfomycin,
  Pflege am Bewohner (im Alten- und Pfle-       Clindamycin, Aminoglykoside, Chinolone und
  geheim)                                       Cotrimoxazol sein. Auch die Reserveantibio-
y Mindestens tägliche Wischdesinfektion         tika Linezolid, das parenteral und oral verab-
  aller bewohnernahen und potentiell kon-       reicht werden kann, und Quinupristin/
  taminierten Flächen (im Alten- und Pfle-      Dalfopristin können eingesetzt werden.
  geheim)
y Verwendung bewohnerbezogener Stetho-          Zur Therapie von Haut- und Weichgewebe-
  skope und Thermometer (im Alten- und          Infektionen durch caMRSA steht z. B. eine
  Pflegeheim)                                   Kombination      von    Cotrimoxazol    und
y Evtl. Isolierung oder Kohortenisolierung      Rifampicin zur Verfügung. Reserveantibioti-
  besiedelter und infizierter Bewohner (im      kum ist Linezolid (MRSA-Pneumonien wegen
  Alten- und Pflegeheim)                        der besseren Gewebegängigkeit immer mit
y Information von Bewohnern und Angehö-         Linezolid therapieren). Bei Infektionen mit
  rigen (im Alten- und Pflegeheim)              caMRSA müssen auch kleinere Solitärfurun-
y Körperpflegegegenstände (Handtücher,          kel systemisch antibiotisch behandelt wer-
  Seife, Rasierer etc.) nicht gemeinsam be-     den. Bei Betroffenen und ihren Kontaktper-
  nutzen                                        sonen sollten Abstriche aus dem Nasenvor-
y Wäsche bei mindestens 60°C waschen            hof genommen und gegebenenfalls eine
y Verbandswechsel mit no-touch-Technik          Sanierung durchgeführt werden (17, 19, 20).
y I.d.R. keine Einschränkung sozialer Kon-
  takte notwendig. Vorsicht ist allerdings      2.6.    Zusammenfassung
  im Kontakt mit Menschen geboten, die
  durch offene Wunden oder chronische           haMRSA stellen vor allem im Krankenhaus
  Hauterkrankungen besonders infektions-        ein Problem dar. Wo vermehrt Antibiotika
  gefährdet sind.                               zum Einsatz kommen, sind sie aufgrund ihrer
                                                Resistenzen im Vorteil, und sie werden durch
Die Einbestellung MRSA-positiver Patienten      Schmierinfektion, v.a. über die Hände des
in die Arztpraxis sollte im Sinne einer funk-   medizinischen Personals, relativ leicht über-
tionellen Trennung am Ende der Sprechzei-       tragen.
ten erfolgen, anschließend ist eine gründli-    Wo der Selektionsdruck durch Antibiotika
che Flächendesinfektion durchzuführen. Alle     fehlt, werden die großen Resistenz-
mit- bzw. nachbehandelnden medizinischen        codierenden Staphylokokken-Genkassetten
Einrichtungen sowie der Krankentransport        (SCCmec I bis III) der haMRSA-Stämme
müssen über das MRSA-Trägertum eines            jedoch zu einem Nachteil, da sie zu energie-
Patienten vorab informiert werden (16, 17,      aufwendigeren Zellteilungen führen und die
18).                                            Generationszeit verlängern (21, 22). Deshalb
                                                werden den Gesunden besiedelnde haMRSA
MRSA-Positive sollten keinen Kontakt zu         im ambulanten Bereich i.d.R. nach einigen
besonders gefährdeten Personen (z. B. mit       Monaten von Methicillin-sensiblen S.-
offenen Wunden oder Stomata) haben.             aureus-Stämmen (MSSA) verdrängt. Vorsicht
                                                ist allerdings geboten, wenn Kontakt zu

                                                                                                                                        | 13
Literatur
1. Robert Koch-Institut. Zur MRSA-                    ton-Valentine leucocidin gene in sou-        16. Robert Koch-Institut. Empfehlungen zur
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    2006. Epid Bull 2007; 6: 41- 46                   Infect Dis 2005; 24: 419-422                     Methicillin-resistenten Staphylococcus
2. Lodise TP et al. Clinical and economic       9.    Konig B et al. Effects of Staphylococcus         aureus-Stämmen (MRSA) in Kranken-
    impact of methicillin resistance in pa-           aureus leucocidins on inflammatory me-           häusern und anderen medizinischen Ein-
    tients with Staphylococcus aureus bac-            diator release from human granulocytes.          richtungen. Bundesgesundheitsbl 1999;
    teremia. Diagn Microbiol Infect Dis               J Infect Dis 1995; 171: 607-613                  42: 954-958
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    ty-acquired methicillin-resistant Sta-            aureus: Bedeutung des Pathogenitäts-             pie und Hygienemaßnahmen. Dtsch Med
    phylococcus aureus USA 300 clone as               faktors Panton-Valentine Leukozidin.             Wochenschr 2005; 130: 586-588
    the predominant cause of skin and soft-           Dtsch Med Wochenschr 2005; 130:              18. Robert      Koch-Institut.    Methicillin-
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    emergency department. N Engl J Med                harboring an enterotoxin gene cluster. J     19. Witte W. Wir müssen in Deutschland auf
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    acquired methicillin-resistant Staphylo-          leucocidin among community-acquired              C. Bedrohliche Zunahme Methicillin-
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    for Panton-Valentine leukocidin and               cillin-resistant Staphylococcus aureus in        1497-1499
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    cet 2002; 359 (9308): 753-759               15.   Linde H, Lehn N. Methicillin-resistenter         resistance levels in Staphylococcus au-
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    fections due to MRSA carrying the Pan-            130: 582-585

14 |
III. Verhalten beim Auftreten von MRSA und anderen multiresisten-
     ten Erregern in stationären Pflegeeinrichtungen

Ältere Menschen haben aufgrund verschie-        y Die einzelnen Hygienemaßnahmen wer-        y Einmalpapiertücher und Händehygiene
dener Ursachen (Bettlägerigkeit, Dekubitus,       den immer in Abhängigkeit vom individu-      seitens des Bewohners vor allem bei na-
Harnwegskatheter, Diabetes mellitus, offene       ellen Risiko des jeweiligen Heimbewoh-       saler Besiedelung
Wunden, hoher Pflegebedarf u.a.) eine er-         ners und des Mitbewohners umgesetzt.       y Transurethraler Harnwegskatheter nur bei
höhte Disposition gegenüber Infektionen         y Soziale Kontakte zu Angehörigen, Besu-       strenger Indikationsstellung und nur ge-
(Risikofaktoren). Im Alter kommt es häufiger      chern und Mitbewohnern unterliegen           schlossene Systeme
zu Infektionen der Haut, Weichteile und           keinen Einschränkungen, jedoch sind ko-    y Mitarbeiter mit chronischen Hautverän-
Harnwege. In den letzten Jahren haben             lonisierte/infizierte Hautläsionen, Wun-     derungen (z.B. Ekzeme) sollen MRSA-
antibiotikaresistente Erreger (z.B. MRSA,         den oder Tracheostomaöffnungen abzu-         positive Bewohner nicht betreuen
VRE, ESBL u.a. MRE) im Krankenhaus aber           decken.
auch in Alten- und Altenpflegeheimen zu-                                                     Reinigung/Desinfektion
nehmende Bedeutung erlangt. Durch Kran-         Räumliche und funktionelle Isolierung        y Bewohnernahe Flächen routinemäßig bei
kenhausverlegungen kann es zur Einschlep-       y Nicht grundsätzlich, sondern nur bei          Heimbewohnern mit Risikofaktoren
pung der Erreger ins Heim und durch Rück-          Heimbewohnern mit Risikofaktoren not-     y Fußboden im Bewohnerzimmer neben
verlegungen zur Einschleppung ins Kranken-         wendig                                       der routinemäßigen Reinigung bei Kon-
haus kommen.                                    y Isolierung des Bewohners bei:                 tamination und Schlussdesinfektion
                                                   y Kontakt zu besonders infektionsge-      y Information und Belehrung des Reini-
MRSA-besiedelte Heimbewohner stellen für              fährdeten    Bewohnern      (Wunden,      gungsdienstes
den gesunden Menschen und damit auch für              Atemwegsinfektionen, Katheter, Son-    y Reinigung der Zimmer mit MRSA-Trägern
das Pflegepersonal sowie für Familienange-            den, Absaugen usw.)                       immer am Ende eines Reinigungsdurch-
hörige bei richtigem Verhalten keine Infekti-      y Desorientiertheit, mangelnder Comp-        ganges
onsgefahr dar. Allerdings ist eine Kolonisie-         liance                                 y Instrumentendesinfektion im Zimmer
rung von Kontaktpersonen und damit eine            y Mangelnder persönlicher Hygiene            oder geschlossener Transport zur Aufbe-
Weiterverbreitung durchaus möglich.             y Eine eigene Nasszelle sollte vorhanden        reitung
Eine Übertragung von resistenten Keimen            sein.                                     y Wäsche: Bettwäsche, Handtücher, Unter-
innerhalb von Heimen ist selten, jedoch bei     y Kohortenisolierung ist möglich.               bekleidung während der Sanierung täg-
Ausbrüchen die Regel.                                                                           lich wechseln
                                                Händehygiene, Schutz vor Kontamination          y Sammlung im Zimmer in keimdichten
Die wichtigste Schutzmaßnahme gegen eine        y Strikte hygienische und prophylaktische           Säcken
Weiterverbreitung von MRSA und zur Vor-           Händedesinfektion seitens des Personals       y Waschen bei 60°C mit einem geliste-
beugung von Ausbrüchen ist die strikte          y Tragen von Schutzhandschuhen und                  ten Desinfektionsmittel
Einhaltung der Händehygiene des Personals         Schutzkleidung beim Umgang mit dem         y Geschirr: Reinigungsverfahren im Ge-
bei Pflege- und Behandlungsmaßnahmen              Bewohner, mit infektiösem Material und        schirrspüler oder zentral (Transport ohne
und die Einhaltung weiterer notwendiger           potenziell kontaminierten Gegenständen        Zwischenlagerung)
Hygienemaßnahmen.                                 (ggf. Aufhängen der Schutzkleidung im
                                                  Zimmer mit der Außenseite nach außen       Entsorgung
Maßnahmen beim Auftreten von MRSA                 bei aerogener Keimverbreitung, Wechsel     y Als Abfall der Gruppe B (AS 18 01 04) in
                                                  täglich und sofort bei Verschmutzung)         dicht verschließbaren Plastiksäcken
Allgemein                                       y Anlegen eines Mund-Nasen-Schutzes vor      y Spitze und scharfe Gegenstände in
y Aufklärung und Unterweisung des Perso-          Betreten des Zimmers in der Schwerst-         durchstichsicheren Behältern (AS 18 01
   nals zum Umgang mit MRSA-positiven             und Langzeitpflege bei/beim:                  01)
   Bewohnern                                      y Versorgung ausgedehnter Wunden           y Lagerung und Transport verschlossen und
y Information des Betreuungspersonals             y endotrachealen Absaugen eines besie-        kontaminationssicher
   über neue MRSA-positive Bewohner                  delten Nasen-Rachen-Raumes des
y Erfassung positiver Befunde                        Bewohners
y Einbeziehung des Gesundheitsamtes beim          y Bettenmachen, wenn Bewohner stark
   Auftreten von zwei oder mehr Fällen im            schuppendende Haut hat
   zeitlichen und räumlichen Zusammen-          y Abdecken offener Wunden
   hang

                                                                                                                                    | 15
Verlegung und Transport in externe Ein-       Sanierung (siehe auch 2.5)                      Eine im Krankenhaus bzw. Heim begonne-
richtungen (z. B. Krankenhaus)                (nicht routinemäßig zu fordern, nach Rück-      ne Sanierung/Therapie ist bei Verlegungen
y Information der Zieleinrichtung und des     sprache mit dem behandelnden Arzt nach          fortzuführen.
   Krankentransportes                         Abwägung der Gefährdung des Bewohners
y Abdeckung von Wunden und Läsionen           und der epidemiologischen Gesamtsituation)      Erfolgskontrolle
y bei Besiedelung im Mund-Rachen-Raum:        y Bei nasaler Besiedelung                          y Ab 3. Tag nach Abschluss der Sanie-
   Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sei-          y Lokalantibiotische bzw. lokalantisepti-         rung 3 negative Abstriche an aufei-
   tens des Bewohners empfehlenswert                 sche      Sanierung      (Mupirocin-,          nanderfolgenden Tagen
Schutzausrüstung des Krankentransportes:             Octenidin-Salbe)                            y Ggf. weitere Kontrollen nach längeren
Handschuhe, Schutzkittel, ggf. Mund-Nasen-        y Antiseptische Behandlung von Mund-              Zeitabständen
Schutz (eine spezielle Schutzausrüstung ist          höhle und Rachen (Gurgeln, Austupfen
nicht erforderlich!)                                 usw.)                                    y Keine mehrmaligen Sanierungsversuche.

Screening in der Schwerst- und Langzeit-      y Bei Besiedelung der Haut                      Mit MRSA besiedelte Mitarbeiter sollten
pflege                                          y Tägliche antiseptische Ganzkörperwa-        möglichst aus der direkten Betreuung der
y Nur beim Auftreten von 2 oder mehr               schungen                                   Bewohner abgezogen bzw. mit Schutzklei-
   Fällen im zeitlichen und räumlichen Zu-      y Danach Wechsel der Bettwäsche und           dung tätig werden. Die Sanierung und Er-
   sammenhang wird ein Screening bei Be-           der persönlichen Wäsche                    folgskontrolle ist analog den Bewohnern
   wohnern und Personal empfohlen, wenn         y Desinfektion oder Austausch persönli-       vorzunehmen.
   ein Verdacht auf Weiterverbreitung be-          cher Pflegeutensilien (Rasierer, Zahn-
   steht.                                          bürste)

16 |
IV. Umgang mit Trägern multiresistenter Keime in der ambulanten
    Pflege
Patienten mit einer Infektion mit multiresis-   Erreger umfassend und aktuell geschult        y Sofern nicht grundsätzlich Einwegmate-
tenten Keimen werden in der Regel bis zur       sein.                                           rial als Schutzkleidung getragen wird, ist
Heilung ihrer Grundkrankheit im Kranken-        Wichtigste und wirksamste Maßnahme zur          textile Schutzkleidung mindestens bei
haus behandelt. Zum Zeitpunkt der Entlas-       Prävention von multiresistenten Keimen ist      60°C zu waschen.
sung aus der stationären Behandlung kann        die Händehygiene:                             y Bei der Gefahr der Erregerübertragung
mitunter noch eine Besiedlung (Kolonisation)    y Tragen von Handschuhen und Schutzklei-        durch Aerosole sollte ein Mund-Nasen-
z. B. mit MRSA (Nasen-Rachenraum, Wund-            dung (patientenbezogen, Schutzkleidung       Schutz getragen werden.
flächen) oder VRE (Darm) vorliegen.                kann in der Wohnung des zu Pflegenden
Zu Hause verlieren sich die multiresistenten       verbleiben) bei allen Pflegemaßnahmen      Sollte eine Sanierung eines Patienten, der
Mikroorganismen bei Patienten ohne invasi-         notwendig, bei denen Kontakt zu Körper-    mit MRSA besiedelt ist, aus Gründen der
ve Eingriffe meist ohne Therapie oder Sanie-       ausscheidungen und damit auch Kontakt      Infektionsprävention im Rahmen der häusli-
rung, da im häuslichen Milieu der Selekti-         zu Erregern möglich ist (Bettenmachen,     chen Pflege notwendig sein, sind alle dazu
onsdruck durch Antibiotikagabe für diese           Katheterpflege, Wundversorgung usw.)       erforderlichen Maßnahmen mit dem behan-
Mikroorganismen fehlt sowie belastende          y Nach Ablegen der Handschuhe ist eine        delnden Hausarzt abzusprechen und sorgfäl-
psychische und soziale Faktoren wegfallen.         hygienische Händedesinfektion erforder-    tig durchzuführen (siehe auch 2.5):
Normale soziale Kontakte unter Familienan-         lich.                                      y Dekontamination des Nasenraumes mit
gehörigen stellen unter diesen Umständen        y Beim Verlassen des Zimmers ist eine             geeigneten Präparaten
kein Risiko dar. Dagegen besteht eine ernst        hygienische Händedesinfektion durchzu-     y Dekontamination der Haut durch tägliche
zu nehmende Gefährdung für Säuglinge,              führen.                                        Ganzkörperwaschung            einschließlich
Kleinkinder und Personen mit großflächigen      y Gegenstände und Flächen sind bei Kon-           Kopfhaare, anschließend Seiflappen und
Wunden, nässenden Ekzemen oder für Ab-             tamination einer Scheuer-Wischdesin-           Handtücher wechseln
wehr- und Immungeschwächte, auf die u.U.           fektion zu unterziehen.                    y Infizierte Hautstellen täglich behandeln
multiresistente Erreger übertragen werden       y Entsorgungsgüter sind sofort in geeigne-    y Antiseptische Behandlung der Mundhöhle
können, wenn Hygienemängel in der Pflege           ten verschließbaren Plastesäcken/ -tüten       und des Rachenraumes durch Austupfen,
zugelassen werden.                                 dem Müll beizugeben. Spitze und scharfe        Spülen oder Gurgeln mit Antiseptika
                                                   Gegenstände, von denen eine Verlet-        y Desinfektion persönlicher Gegenstände (z.
Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste müs-          zungsgefahr ausgehen kann, sind in             B. Brille, Haarbürste, Rasierapparat)
sen zur Problematik der multiresistenten           durchstichsicheren Behältnissen verpackt   y Täglicher Wäschewechsel
                                                   in den Müll zu geben.

                                                                                                                                        | 17
V.        caMRSA - der ambulant erworbene MRSA
Der Begriff „caMRSA“ steht für ambulant           MRSA sind resistent gegen alle Beta-            fisch an polymorphkernige Leukozyten und
erworbenen           („community-acquired“)       Laktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalo-       Makrophagen bindet. Durch die Poren wer-
Methicillin-resistenten     Staphylococcus        sporine, Carbapeneme). Testsubstanz für die     den chemotaktische Faktoren freigesetzt, die
aureus. MRSA sind bisher vor allem als            Methicillin-Resistenz ist Oxacillin, weshalb    zu Vasodilatation und vermehrtem Einstrom
Erreger nosokomialer Infektionen bekannt.         synonym zu MRSA auch der Begriff „ORSA“         von Leukozyten führen. Die Zelle wird lysiert
Man spricht hier auch von haMRSA (hospi-          (Oxacillin-resistenter S. aureus) verwendet     und stirbt. Es kann zu großflächigen Ge-
tal-acquired MRSA). Im Gegensatz dazu             wird.                                           websnekrosen kommen.
verursacht caMRSA überwiegend Infektionen         Angriffspunkt aller Beta-Laktam-Antibiotika     PVL ist ein aus zwei Komponenten zusam-
im ambulanten Bereich, auch bei jungen und        ist eine für den Zellwandaufbau der Bakteri-    mengesetztes Protein, das durch das lukF-
gesunden Menschen ohne erkennbare Risi-           en essentielle Transpeptidase, die auch         lukS-Gen codiert wird. Dieses Gen ist auf
kofaktoren. Klinisch manifestiert sich eine       Penicillin-Bindeprotein (PBP) genannt wird.     einem Plasmid lokalisiert, das durch Bakte-
Infektion oft durch multiple und rezidivie-       Beta-Laktame hemmen die Aktivität dieser        riophagen zwischen verschiedenen S.
rende Abszesse und tiefgehende Haut- und          Transpeptidase und somit den Zellwandauf-       aureus-Stämmen übertragen werden kann.
Weichteilinfektionen, aber auch lebensbe-         bau. MRSA verfügen über ein verändertes
drohliche Erkrankungen kommen vor.                Penicillin-Bindeprotein PBP2a mit einer         Resistenzfaktoren
                                                  geringen Affinität zu Beta-Laktamen, so dass
Charakteristisch ist die Fähigkeit von            trotz Anwesenheit von Beta-Laktam-              PVL-MRSA haben in der Regel ein schmale-
caMRSA-Stämmen, den Pathogenitätsfaktor           Antibiotika die Zellwandsynthese mithilfe       res Resistenzspektrum als haMRSA. Neben
Panton-Valentine-Leukozidin zu produzieren        PBP2a ablaufen kann.                            der     Resistenz    gegen     Beta-Laktam-
(PVL-MRSA).                                       Da die genetische Information für die Beta-     Antibiotika (mecA-Gen-vermittelt) verfügen
                                                  Laktam-Resistenz (mecA-Gen) oft gemein-         caMRSA meist nur über eine weitere Resis-
Staphylococcus aureus und MRSA                    sam mit anderen Resistenzgenen erworben         tenz, oft gegen Makrolide oder Chinolone.
                                                  wird, handelt es sich bei MRSA häufig um        Der in Mitteleuropa verbreitetste Stamm
Staphylokokken kommen beim Menschen               multiresistente Erreger. Weitere Resistenzen    weist eine Fusidinsäure-Resistenz auf (far-1-
sowohl als Kommensalen von Haut und               sind beispielsweise gegen Chinolone, Makro-     Gen). Da Fusidinsäure vor allem in der Der-
Schleimhäuten als auch als Krankheitserre-        lide, Tetracycline und Aminoglykoside ge-       matologie als Lokal-Antibiotikum Anwen-
ger vor. Die wichtigste Spezies in der Hu-        richtet. In den USA, wo die Prävalenz von       dung findet, muss hier die Möglichkeit einer
manmedizin ist Staphylococcus aureus. Die         MRSA unter S. aureus- Isolaten inzwischen       Selektion von resistenten caMRSA-Stämmen
klinische Symptomatik der durch diesen            bei 35 bis 70% liegt, hat der um das 10fache    besonders beachtet werden.
Erreger verursachten Erkrankungen umfasst         angestiegene Verbrauch von Vancomycin
invasive Infektionen,        toxin-vermittelte    schon zum ersten Auftreten Vancomycin-          Klinik
Erkrankungen (z. B. Lebensmittelvergiftun-        resistenter MRSA geführt. Bei solchen Erre-
gen) sowie Mischformen.                           gern sind die therapeutischen Möglichkeiten     Typischerweise verursachen caMRSA rezidi-
Bei den Infektionen handelt es sich bei-          drastisch eingeschränkt.                        vierende und multiple Abszesse, die familiär
spielsweise um Furunkel, Karbunkel, Impeti-                                                       gehäuft auftreten können, sowie tiefgehende
go, Wundinfektionen, Otitis media, aber           Risikofaktoren für Infektionen mit MRSA         Haut- und Weichgewebeinfektionen, oft
auch Endokarditis, Pneumonie und Sepsis.          sind längere Aufenthalte im Krankenhaus         ohne erkennbare Eintrittspforte. Furunkel,
Mischformen sind die Dermatitis exfoliativa       oder in Pflegeeinrichtungen, intensivmedizi-    Karbunkel, Wundinfektionen, Panaritium und
(Ritter-Erkrankung), bullöse Impetigo und         nische Maßnahmen, längere Antibiotika-          nicht-bullöse Impetigo kommen vor. Seltene,
das Syndrom des Toxischen Schocks.                behandlung, chirurgische Eingriffe, Vorliegen   aber schwere Krankheitsbilder sind die
Da 70 bis 80% der S. aureus-Stämme in             einer Grunderkrankung und engere Kontakte       nekrotisierende     Fasziitis    sowie     die
Deutschland Penicillinase bilden, sind bei der    mit „MRSA-positiven“ Menschen. Aufgrund         nekrotisierende Pneumonie. Letztere tritt oft
Therapie Penicillinase-feste Penicilline Mittel   der eingeschränkten Therapiemöglichkeiten       als Superinfektion eines grippalen Infekts vor
der Wahl.                                         haben Infektionen mit MRSA im Vergleich zu      allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen
                                                  sensiblen S. aureus eine schlechtere Progno-    Erwachsenen auf und hat eine Letalität von
In den letzten zwanzig Jahren haben sich          se.                                             ca. 70%.
Methicillin-resistente     Staphylokokken
(MRSA) als Problemkeim in medizinischen           caMRSA                                          Epidemiologie
Einrichtungen zunehmend verbreitet. In
Deutschland sind inzwischen über 20% aller        Pathogenitätsfaktor      Panton-Valentine-      Erste Fälle von PVL-MRSA wurden Anfang
am Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für           Leukozidin                                      der 1990er-Jahre bei nationalen Minderhei-
Staphylokokken untersuchten S. aureus-                                                            ten in den USA und Australien beschrieben.
Isolate MRSA.                                     Das Panton-Valentine-Leukozidin (PVL) ist       Bald darauf wurden vermehrt ambulant
                                                  ein porenbildendes Zellgift, das hochspezi-     erworbene Infektionen mit MRSA bei Kin-

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